OGH 2Ob204/10d

OGH2Ob204/10d20.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Steger Kowarz Mitterauer Rechtsanwälte OG in St. Johann im Pongau, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Weinberger Gangl Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 39.919,49 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. September 2010, GZ 4 R 159/10w-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 27. Mai 2010, GZ 7 Cg 61/09w-14, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.968,28 EUR (darin 328,05 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 20. 3. 2007 gewährte die klagende Partei der V***** GmbH einen Abstattungskredit über den Betrag von 350.000 EUR, der in 36 monatlichen Kapitalraten 9.723 EUR jeweils am Monatsletzten beginnend mit 30. 6. 2007 zurückzuzahlen war. Die Zinsen und Nebengebühren waren zu den vierteljährlichen Abschlussterminen zu bezahlen. Die Rückzahlung sollte - aber nur bei entsprechender Deckung - durch Abschöpfung von einem Geschäftsgirokonto erfolgen, das die Kreditnehmerin wenige Tage vor Abschluss des Kreditvertrags (am 12. 3. 2007) bei der klagenden Partei eröffnet hatte.

Zur Besicherung des Kredits schlossen die klagende Partei und die beklagte Partei (diese unter ihrem früheren Firmenwortlaut) einen Bürgschaftsvertrag, in welchem letztere die Haftung als Bürgin und Zahlerin bis zur Höhe von 50 % des jeweils aushaftenden Kreditsaldos, maximal jedoch 175.000 EUR übernahm.

Beiden Verträgen wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der klagenden Partei in der damals gültigen Fassung zugrundegelegt. Mag. Alfred W***** war Geschäftsführer sowohl der Kreditnehmerin als auch der beklagten Partei. Zweck des Abstattungskredits war ein von der Kreditnehmerin im Kosovo geplantes Projekt. Kurz nach Abschluss des Kreditvertrags wurde Mag. Alfred W***** zwar als Geschäftsführer der Kreditnehmerin abgelöst. Er war in weiterer Folge aber als Prokurist dieses Unternehmens tätig und führte weiterhin die Verhandlungen mit der klagenden Partei.

Zwischen 26. 3. und 20. 4. 2007 wurde der gesamte Kreditbetrag ausbezahlt. Nachdem die Kreditnehmerin in Zahlungsschwierigkeiten geraten war, kam es am 26. 3. 2008 zu folgender Vereinbarung mit der klagenden Partei:

Der Kredit wird bis Mai 2008 tilgungsfrei gestellt und ist danach zurückzuzahlen in 24 monatlichen Kapitalraten in Höhe von jeweils 11.748 EUR, beginnend ab Juni 2008. Die Zinsen und Nebengebühren sind zu den Abschlussterminen zu bezahlen. Bei Deckung zu Lasten Kontonummer […]. Die Laufzeit des Kredits endet wie bisher am 31. 5. 2010.

Die Vereinbarung wurde schriftlich festgehalten und sowohl von der Geschäftsführerin der Kreditnehmerin als auch von Mag. Alfred W***** für die beklagte Partei unterzeichnet. Zusätzlich wurde mündlich vereinbart, dass auf dem Girokonto der Kreditnehmerin ein Überziehungsrahmen in Höhe von 132.000 EUR eingeräumt werde, der bis spätestens 30. 6. 2008 zurückgeführt werden sollte. Bis dahin sollte laut Mag. Alfred W***** die Startphase des Projekts im Kosovo abgeschlossen sein.

Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen gab der Sachbearbeiter der klagenden Partei in das bankinterne EDV-System ein, dass die neuen Kreditraten (11.748 EUR) automatisch vom Girokonto abgebucht und auf dem Kreditkonto gutgeschrieben werden. Dabei ließ er allerdings unberücksichtigt, dass diese Überweisungen eine entsprechende Deckung des Girokontos voraussetzten.

Obwohl das Girokonto zu diesem Zeitpunkt mit mehr als 132.000 EUR überzogen war, wurde am 30. 6. 2008 ein Betrag von 16.581,84 EUR, bestehend aus der Kapitalrate für Juni und den quartalsmäßigen Zinsen, vom Girokonto ab- und auf dem Kreditkonto gutgebucht. Am 31. 7. 2008 wiederholte sich dieser Vorgang mit der Kapitalrate für den Monat Juli. Erst im August 2008 stellte der zuständige Sachbearbeiter fest, dass die Überweisungen nicht der Vereinbarung vom März 2008 entsprochen hatten, worauf er - am 19. 8. 2008 - die Stornierung der beiden irrtümlichen Buchungen auf dem Kreditkonto und die Rückbuchung auf das Girokonto veranlasste. Da die zur „automatischen Umbuchung“ führenden Eingaben im EDV-System aber nicht geändert worden waren, wurden am 29. 8. 2008 die zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Kreditraten abermals vom Girokonto ab- und auf dem Kreditkonto gutgebucht. Diesmal belief sich der Betrag auf insgesamt 40.077,84 EUR, bestehend aus drei Monatsraten (darin neuerlich die Kapitalraten für Juni und Juli) und den per 30. 6. 2008 fällig gewordenen Zinsen. Vor dieser Buchung betrug der Minussaldo auf dem Girokonto 153.489,43 EUR. Als der Sachbearbeiter der klagenden Partei die „neuerliche irrtümliche Buchung“ feststellte, veranlasste er am 18. 9. 2008 wieder die Stornierung bzw Rückbuchung. Erst jetzt wurde auch eine entsprechende Korrektur der Eingaben im EDV-System vorgenommen, sodass in weiterer Folge keine Abbuchungen mehr vom Girokonto zu Gunsten des Kreditkontos erfolgten.

Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 9. 10. 2008 (Beilage ./K) wurde der Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Kreditnehmerin mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen.

Im Februar 2009 fand ein erstes Gespräch zwischen Vertretern der klagenden Partei und Mag. Alfred W***** über die Rückführung der offenen Beträge und die Bürgenhaftung statt.

Die beklagte Partei hatte bei der klagenden Partei ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von ca 155.000 EUR. Im März 2009 versuchte Mag. Alfred W***** von diesem Sparbuch 50.000 EUR bar abzuheben. Diese Summe entsprach dem Betrag, mit dem er auch persönlich für den Rückstand auf dem Geschäftskonto der Kreditnehmerin haftete. Er sah von der Behebung aber vorerst ab, weil ihm ein Vertreter der klagenden Partei erklärte, dass eine solche Barabhebung kein gutes Licht auf die laufenden Verhandlungen über die Rückführung des Kredits werfen würde.

Bei einem weiteren Gespräch am 12. 3. 2009, bei dem beide Seiten Vorschläge unterbreiteten, kam es zu keiner Einigung. Daraufhin erklärten die Vertreter der klagenden Partei die Fälligkeit des Kredits.

In dem dieses Gespräch zusammenfassenden Schreiben der klagenden Partei vom 13. 3. 2009 wurden der aushaftende Kreditsaldo mit 302.339,19 EUR und der Haftungsbetrag der beklagten Partei mit 151.199,60 EUR festgehalten. Der letzte Absatz dieses Schreibens lautete auszugsweise:

Hinsichtlich des Guthabens zu Sparbuch […] erklären wir die Aufrechnung […].

In der darauf folgenden Korrespondenz vertrat die beklagte Partei den Standpunkt, dass die Umbuchungen vom Girokonto auf das Kreditkonto nicht storniert hätten werden dürfen, wodurch sich der offene Kreditsaldo entsprechend verringert und die beklagte Partei nur mit 115.199,10 EUR gehaftet hätte. Die beklagte Partei bot an, diesen Betrag durch Abhebung vom Sparbuch und Überweisung auf das Kreditkonto zu entrichten, wobei jedoch der Restbetrag von der Sparbucheinlage der beklagten Partei zufließen sollte. Damit war die klagende Partei nicht einverstanden. In einem Schreiben ihres Rechtsvertreters vom 10. 6. 2009 erläuterte sie ihren Standpunkt ua wie folgt:

[...]

Meine Mandantin wird aber im Falle einer Behebung von ihrem Recht auf Aufrechnung Gebrauch machen.

Im Falle einer Auflösung des Sparbuchs wird sie einen Betrag einbehalten, welcher bis 50 % des jeweils aushaftenden Kreditsaldos […] entspricht, maximal aber 175.000 EUR.

Lautet der Auftrag ihrer Mandantin aber auf Behebung eines geringeren Betrags kann (und wird) meine Mandantin auch nur mit diesem Betrag gegenrechnen.

[...].

Ein am 18. 6. 2009 von Mag. Alfred W***** unternommener Versuch, in einer Filiale der klagenden Partei vom Sparbuch 115.199,10 EUR bar abzuheben und auf das Kreditkonto einzuzahlen, scheiterte vorerst daran, dass der Filialleiter zuerst mit einem zuständigen Kollegen Rücksprache halten wollte, was an diesem Tag nicht gelang. Mag. Alfred W***** und der Filialleiter verblieben derart, dass die Angelegenheit in den nächsten Tagen geklärt und ein neuer Termin vereinbart werden sollte. Am 30. 6. 2009 behob Mag. Alfred W***** schließlich den genannten Betrag und überwies ihn auf das Kreditkonto der Hauptschuldnerin.

Der Debetsaldo auf dem Kreditkonto betrug per 31. 3. 2009 303.760,16 EUR; die Hälfte davon sind 151.880,06 EUR. Unter Berücksichtigung der quartalsmäßigen Zinsen ergab sich per 30. 6. 2009 ein Haftungsbetrag von 155.118,59 EUR, der sich auf Grund der am 30. 6. 2009 geleisteten Zahlung auf 39.919,49 EUR verringerte.

Mit der am 24. 3. 2009 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei zuletzt die Zahlung von 39.919,49 EUR sA. Sie habe den Kredit mit 20. 3. 2009 zur Rückzahlung fällig gestellt, die Kreditnehmerin und die beklagte Partei seien seither im Verzug. Für die beklagte Partei sei infolge der im März 2008 getroffenen Vereinbarung klar gewesen, dass die Abbuchungen vom Girokonto am 30. 6., 31. 7. und 29. 8. 2008 nur irrtümlich erfolgt sein konnten. Die klagende Partei sei berechtigt gewesen, diese Buchungen auf dem Kreditkonto zu stornieren und wieder dem Girokonto anzulasten. Die klagende Partei habe ihre Absicht bekundet, eine Aufrechnung der offenen Verbindlichkeit der beklagten Partei mit dem auf deren Sparbuch erliegenden Guthaben vorzunehmen. Dazu hätte es aber der Vorlage des Sparbuchs durch die beklagte Partei bedurft. Diese habe jedoch das Sparbuch nicht vorgelegt und dadurch eine Aufrechnung vereitelt.

Die beklagte Partei wandte im Wesentlichen ein, die klagende Partei habe durch die erwähnten Buchungsvorgänge den Saldo zu ihren Lasten eigenmächtig verändert, sodass in Summe ein um 68.407,68 EUR höherer Saldo bestehe. Die klagende Partei sei zur Stornierung der Gutbuchungen nicht berechtigt gewesen. Am 12. 3. 2009 habe die klagende Partei die Aufrechnung mit dem Guthaben aus dem Sparbuch erklärt. In der Folge habe sie die Rückführung des der Höhe nach gerechtfertigten Betrags von 115.199,10 EUR vereitelt. Die beklagte Partei habe beim ersten Termin schon klargestellt, mit einer entsprechenden Aufrechnung einverstanden zu sein. Durch die verspätete Annahme der Teilzahlung sei der beklagten Partei ein Zinsenschaden in Höhe von 3.072 EUR entstanden. Bei früherer Annahme der Teilzahlung hätten sich auch die Prozesskosten um 4.105,48 EUR reduziert. Hätte die klagende Partei die von ihr behaupteten irrtümlichen Buchungen nicht durchgeführt, wäre der Kredit schon früher, nämlich zum 30. 6. 2008 fällig gestellt worden, wodurch sich die Forderung gegenüber der beklagten Partei um 8.493,64 EUR reduziert hätte. Die beklagte Partei wende die genannten Beträge kompensando gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung als zu Recht, die eingewendeten Gegenforderungen von 3.072 EUR und 8.493,64 EUR hingegen als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren statt. Die weitere Gegenforderung von 4.105,48 EUR wies es zurück. Es ging im Wesentlichen vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und erörterte rechtlich, dass die Gutbuchungen im Verhältnis zwischen „den Streitteilen“ (gemeint: der klagenden Partei und der Kreditnehmerin), also in einem zweipersonalen Verhältnis, keine abstrakte Verbindlichkeit begründet hätten. Fehle es an einem rechtsgültigen Überweisungsauftrag, gehe die Gutschrift ins Leere und sei daher wirkungslos. Aus diesem Grund sei die klagende Partei berechtigt gewesen, die irrtümlichen Umbuchungen zu stornieren. Den eingewendeten Gegenforderungen fehle es an einer rechtlichen Grundlage. Die klagende Partei habe nie die Annahme einer Teilzahlung abgelehnt. Bei den eingewendeten 4.105,48 EUR handle es sich um eine Prozesskostenfrage, die nicht mit der Hauptsache zu entscheiden sei. Die beklagte Partei hätte es ebenso wie die Kreditnehmerin jederzeit in der Hand gehabt, den Kredit vertragsgemäß zurückzuführen.

Das Berufungsgericht bestätigte mit einer geringfügigen Ausnahme - hinsichtlich eines Betrags von 320 EUR sA wurde das Klagebegehren abgewiesen - diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Es führte aus, im Gegensatz zum dreipersonalen Verhältnis begründe die Gutschrift im zweipersonalen Verhältnis keine abstrakte Verbindlichkeit, da keine Anweisungslage bestehe. Hier liege eine eingliedrige (innerbetriebliche) Überweisung im zweipersonalen Verhältnis vor, bei der es nur um die Beziehungen zwischen der kontoführenden Bank und der Kontoinhaberin des Kredit- und auch Girokontos, der Kreditnehmerin, gehe. Der Gutschrift komme nur deklaratorische Bedeutung zu, weshalb die Bank eine grundlose Gutschrift ohne weiteres berichtigen könne. Auch gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Bankgeschäfte (Z 40 Abs 2) sei die Bank berechtigt, irrtümlich vorgenommene Gutschriften jederzeit zu stornieren. Dem Storno komme dabei ebenfalls bloß deklaratorische Bedeutung zu. Es sei nichts anderes als die Mitteilung, dass eine Gutschrift unwirksam sei und keinen Anspruch des Empfängers begründen könne. Maßgebend sei das der Gutschrift zugrundeliegende Verhältnis, hier demnach die Vereinbarung, wonach eine Überweisung vom Girokonto auf das Kreditkonto (nur) bei Deckung des Girokontos zulässig sei. Eine vereinbarungswidrige Abbuchung vom Girokonto habe durch den entgegengesetzten Buchungsvorgang rückgängig gemacht werden dürfen.

Zu der in der Berufung angesprochenen Frage der wirksamen Aufrechnung mit bzw gegen das Sparguthaben der beklagten Partei vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, nach der Rechtsprechung sei eine Bank nicht berechtigt, ihre Forderung durch einseitige Aufrechnung gegen eine Forderung des Kunden aus einem Spareinlagenvertrag zu kompensieren. Die Aufrechnung mit einem Rückzahlungsanspruch aus einem Sparguthaben gegen eine Forderung der Bank sei jedenfalls im Hinblick auf § 32 Abs 2 und 3 BWG nur dann zulässig, wenn der die Kompensation begehrende Sparer das Sparbuch vorlege. Auch die einvernehmliche Aufrechnung sei nur Zug um Zug gegen die Vorlage des Sparbuchs möglich. Im vorliegenden Fall sei das Sparbuch erstmals am 18. 6. 2009 vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Aufrechnung möglich gewesen. Tatsächlich habe die klagende Partei die Aufrechnung erst 12 Tage später, am 30. 6. 2009, akzeptiert. Die Zinsenbelastung für 12 Tage betrage rund 320 EUR; in diesem Umfang sei die Berufung berechtigt.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, da es noch klarstellender Ausführungen des Obersten Gerichtshofs bedarf; sie ist aber nicht berechtigt.

Die beklagte Partei macht geltend, die klagende Partei sei nicht berechtigt gewesen, durch eigenmächtige Rückbuchungen auf das Girokonto der Kreditnehmerin das Haftungsvolumen für die Kreditbürgin im streitumfänglichen Ausmaß zu erhöhen. Der Sachverhalt gebiete die analoge Anwendung der für das dreipersonale Verhältnis geltenden Grundsätze, weil mit der Transaktion in die Rechtssphäre der beklagten Partei unmittelbar eingegriffen worden sei; dieser gegenüber hätten auch Schutz- und Aufklärungspflichten bestanden. Da die Interessenlage der beklagten Bürgin mit jener eines Überweisungsempfängers vergleichbar sei, habe die klagende Partei ihr gegenüber mit der Gutschrift auf dem Kreditkonto der Kreditnehmerin ein abstraktes Schuldversprechen abgegeben.

Im Übrigen sei die Aufrechnung bereits mit der Aufrechnungserklärung der klagenden Partei als vollzogen anzusehen und die Forderung der klagenden Partei somit getilgt. Ab diesem Zeitpunkt hätte die beklagte Partei nicht mehr über ihr Sparguthaben verfügen können, ohne bei jedem Abhebungsversuch der Aufrechnung ausgesetzt zu sein. Der Vorlage der Sparurkunde komme unter diesen Umständen nur deklaratorische Bedeutung zu.

Hiezu wurde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass die Vorinstanzen den Inhalt der Schreiben der klagenden Partei vom 13. 3. 2009 (Beilage ./L = Beilage ./1) und vom 10. 6. 2009 (Beilage ./9) nicht bzw zusammengefasst wiedergegeben haben. Da sich aber jeweils beide Parteien zum Beweis ihres Prozessvorbringens auf diese Urkunden beriefen (vgl auch AS 47), ist der Urkundeninhalt als unstrittig anzusehen. Es ist prozessual unbedenklich, unstrittiges Parteivorbringen - und dazu gehört auch der Inhalt einer von beiden Seiten für bedeutsam angesehenen Urkunde - ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO). Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht, weshalb zum besseren Verständnis dieser Entscheidung die wesentlichen Passagen aus den erwähnten Schreiben eingangs wiedergegeben werden konnten (vgl 2 Ob 137/08y; 2 Ob 119/09b; 2 Ob 206/09x; RIS-Justiz RS0121557).

I. Zur Stornierung der Gutschriften:

1. Jede Bürgschaft - auch die Verpflichtung des Bürgen und Zahlers (§ 1357 ABGB) - ist gegenüber der Hauptschuld akzessorisch (RIS-Justiz RS0032169), dh von der Hauptschuld auch in ihrem Fortbestehen und Erlöschen abhängig (8 Ob 2082/96a mwN). Zahlungen des Hauptschuldners und gleichwertige Vorgänge beseitigen die Bürgenverpflichtung, sofern die Tilgung endgültig ist (P. Bydlinski in KBB³ § 1363 Rz 1). Dem Bürgen - auch dem Bürgen und Zahler - stehen grundsätzlich alle Einwendungen aus dem Bestand und dem Erlöschen der Hauptschuld offen. Das gilt auch für solche, die geltend zu machen der Hauptschuldner unterlassen hat (8 Ob 2082/96a; RIS-Justiz RS0032150).

Die von der beklagten Partei erhobenen Einwendungen könnten nach diesen Grundsätzen nur dann erfolgreich sein, wenn die strittigen Buchungsvorgänge zur endgültigen Tilgung der Kreditverbindlichkeit der Hauptschuldnerin im geltend gemachten Umfang und damit zu einer entsprechenden Reduktion der Bürgenhaftung geführt hätten. Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

2. Im dreipersonalen Verhältnis gilt der an eine Bank erteilte Überweisungsauftrag als Sonderfall der bürgerlich-rechtlichen Anweisung (2 Ob 107/08m mwN; RIS-Justiz RS0109095). Der Überweisungsempfänger erwirbt aufgrund eines derartigen Überweisungsauftrags noch keinen unmittelbaren Rechtsanspruch gegen die Bank (2 Ob 107/08m mwN; RIS-Justiz RS0017140). Ein solcher Anspruch entsteht erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Überweisungsempfängers, die ein abstraktes Schuldversprechen der Bank begründet und nach herrschender Auffassung als zugangsbedürftige Annahme der Anweisung zu verstehen ist. Sie ist jedenfalls ab dem Zeitpunkt unwiderruflich, in dem nach dem Willen der Bank die Daten der Gutschrift zur vorbehaltlosen Bekanntgabe an den Überweisungsempfänger zur Verfügung gestellt werden, sodass der jeweilige Kontostand vom Kunden - auf welchem Wege auch immer - in Erfahrung gebracht werden und der Kunde über den gutgeschriebenen Betrag verfügen kann (2 Ob 107/08m mwN).

Im zweipersonalen Verhältnis entspricht es hingegen der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung (3 Ob 507/86; 4 Ob 129/06h) und Lehre (Koziol, Die Gutschrift, JBl 1984, 120 [121]; ders in ÖBA 1987/20 [Anmerkung zu 3 Ob 507/86], 120 [121 f]; ders in ÖBA 2007/1401 [Glosse zu 4 Ob 129/06h], 222 [225 f]; ders in ÖBA 2011/1725 [Anmerkung zu 3 Ob 82/10w], 506 [508]; Koziol/Koch in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht III² [2008] Rz 1/80; Janisch, Online Banking [2001] 70), dass die Gutschrift keine abstrakte Verbindlichkeit des Kreditinstituts begründen kann, weil keine Anweisungslage besteht. Maßgebend ist das der Gutschrift zu Grunde liegende Verhältnis (4 Ob 129/06h), somit das materiell-rechtliche Verhältnis der Parteien (Koziol in ÖBA 2007, 226). Da die Gutschrift bloß deklaratorische Bedeutung hat, kann eine grundlose Gutschrift ohne weiteres berichtigt werden (Koziol/Koch aaO Rz 1/97).

Im vorliegenden Fall lagen den strittigen Gutschriften die im Rahmen des Kreditverhältnisses getroffenen Vereinbarungen zwischen der klagenden Partei und der Hauptschuldnerin zugrunde, wonach die Kreditraten nur bei ausreichender Deckung des Girokontos von diesem zurückzuführen waren. Die Gutschriften wurden demnach im zweipersonalen Verhältnis zwischen der Bank und ihrer Kundin erteilt (und storniert). Dass die beklagte Partei als Bürgin und Zahlerin für den Kreditsaldo im vertraglich festgelegten Umfang haftet, macht das Verhältnis nicht in obigem Sinne dreipersonal, weil auch dadurch keine Anweisungslage geschaffen wird und die Rechtsstellung des Bürgen mit jener eines Überweisungsempfängers nicht vergleichbar ist. Die von der beklagten Partei angestrebte analoge Anwendung der Rechtsprechung zur Gutschrift im dreipersonalen Verhältnis kommt daher nicht in Betracht.

3. Das zweipersonale Verhältnis wird im Schrifttum dahin charakterisiert, dass die Bank nicht - wie beim dreipersonalen Verhältnis - aufgrund eines Überweisungsauftrags einer dritten Person tätig wird, sondern selbst an den Kunden eine Leistung erbringen will (Koziol in JBl 1984, 121; Janisch aaO 69). Hier lag den strittigen Buchungsvorgängen - wie erörtert - der Auftrag der Hauptschuldnerin an die klagende Partei zugrunde, den aushaftenden Kreditsaldo von ihrem Girokonto (bei Deckung) zurückzuführen. Nahm nun die klagende Partei die Buchungen entgegen diesem Auftrag vor, war sie nicht nur berechtigt, sondern der Hauptschuldnerin gegenüber zur Rückbuchung sogar verpflichtet, weil sie dieser die auftragsgemäße Führung der Konten schuldete und die Hauptschuldnerin auch einen vertraglichen Anspruch auf die Mitteilung des richtigen Kontostands hatte (vgl 2 Ob 196/03t). Den Buchungsvorgängen kam jeweils nur deklaratorische Bedeutung (im Sinne der unrichtigen/richtigen Mitteilung der jeweiligen Salden) zu, weshalb sich durch sie an der Höhe des Kreditsaldos tatsächlich nichts änderte (vgl Iro in ÖBA 2005/1284 [Glosse zu 3 Ob 196/04a], 484 [486]). Dementsprechend bewirkte das Storno aber auch keinen Eingriff in die Rechtsstellung der beklagten Partei.

4. Davon unabhängig bestanden während der gesamten Dauer des Bürgschaftsverhältnisses umfassende Sorgfaltspflichten der klagenden Partei gegenüber der beklagten Partei (RIS-Justiz RS0108422, RS0032306; P. Bydlinski in KBB³ § 1364 Rz 4). Zweifellos beruhten die vertragswidrigen Buchungsvorgänge auf einer Nachlässigkeit des Sachbearbeiters der klagenden Partei. Im Hinblick auf die bisherigen Ausführungen bestand vor den Stornierungen aber keine Pflicht zur Verständigung der beklagten Partei, schon gar nicht war ihre Zustimmung erforderlich. Auch allfällige Regressansprüche der beklagten Partei gegen die Hauptschuldnerin wurden durch die Rückbuchungen nicht beeinträchtigt. Denkbar wäre zwar, dass die beklagte Partei im Vertrauen auf den unrichtigen Kontostand disponierte und ihr dadurch ein Vertrauensschaden entstand (vgl Koziol/Koch aaO Rz 1/101). Ein derartiger Schaden wurde von ihr im Rahmen ihres Aufrechnungseinwands aber nicht geltend gemacht.

Dass die klagende Partei den Kredit ohne die irrtümlichen Buchungen schon früher fällig gestellt hätte, steht nicht fest. Auf die daraus abgeleitete Gegenforderung (8.493,64 EUR) kommt die beklagte Partei in ihrer Revision ohnehin nicht mehr zurück.

5. Zusammenfassend ist zu diesem Beschwerdepunkt der Revision der beklagten Partei somit festzuhalten, dass die strittigen Gutschriften und Stornierungen auf den Konten der Hauptschuldnerin für den Umfang der Bürgenhaftung der beklagten Partei ohne Bedeutung sind. Ein Eingriff in ihre materiell-rechtliche Rechtsstellung wurde dadurch nicht bewirkt.

II. Zur Aufrechnung gegen die Spareinlage der beklagten Partei:

1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Spareinlagenvertrag ein Vertrag sui generis, der gewisse Elemente eines Darlehens oder eines depositum irregulare enthält (SZ 43/121; 6 Ob 69/97h; 4 Ob 107/99k; 7 Ob 128/04f; vgl Griss in KBB³ § 959 Rz 3; Binder in Schwimann, ABGB³ IV § 959 Rz 7; Apathy in Apathy/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II² [2008] Rz 3/8). Der Einleger hat gegen das Kreditinstitut ein Forderungsrecht auf Rückzahlung des erlegten Geldbetrags (SZ 43/121; 6 Ob 69/97h; 7 Ob 128/04f; Apathy aaO Rz 3/44). Nähere Regelungen enthalten die §§ 31 f BWG:

§ 31 Abs 1 Satz 1 BWG definiert Spareinlagen als Geldeinlagen bei Kreditinstituten, die nicht dem Zahlungsverkehr, sondern der Anlage dienen und als solche nur gegen die Ausfolgung von besonderen Urkunden (Sparurkunden) entgegengenommen werden dürfen. Gemäß § 32 Abs 1 BWG ist auf der Sparurkunde jede Einzahlung auf eine Spareinlage und jede aus einer Spareinlage geleistete Auszahlung zu vermerken. § 32 Abs 2 Satz 1 BWG bestimmt, dass Auszahlungen aus einer Spareinlage nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden dürfen. Nach § 32 Abs 3 Satz 1 BWG darf über Spareinlagen durch Überweisung - von bestimmten Ausnahmen abgesehen - oder durch Scheck nicht verfügt werden.

Demnach dürfen Auszahlungen aus einer Spareinlage nur gegen Vorlage der Sparurkunde erfolgen, auf der sie zu vermerken sind. Ebenso sind Überweisungen zu Lasten der Spareinlage grundsätzlich unzulässig. Der Kunde kann allerdings gegen Vorlage der Sparurkunde den zu überweisenden Betrag abheben und anschließend auf ein anderes Konto einzahlen (Apathy aaO Rz 3/43). Haben die Vertragspartner keine Bindung der Spareinlage für eine bestimmt Frist vereinbart, so kann der Kunde seinen Rückzahlungsanspruch jederzeit geltend machen (Apathy aaO Rz 3/45). Der Anspruch wird mit der Vorlage der Sparurkunde zur sofortigen Auszahlung fällig gestellt.

2. Zur Befugnis der Bank mit einer eigenen Forderung gegen eine Spareinlage ihres Kunden einseitig aufzurechnen, liegt bisher nur eine - dies verneinende - Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vor (6 Ob 688/77 = SZ 50/127). Nach dem dort beurteilten Sachverhalt hatte der Sparer das Sparbuch einem Gläubiger als Kaution übergeben. Dieser legte das Sparbuch nach Eintritt des Kautionsfalls der Bank zur Auszahlung vor, die dabei jedoch eigene Forderungen aus einem überzogenen Gehaltskonto des Sparers in Abzug brachte.

Der Oberste Gerichtshof verneinte die Anwendbarkeit des (die Aufrechnung gestattenden) damaligen P. 7 AGBKrU auf Sparkonten, verwies auf die Rechtsprechung betreffend das Aufrechnungsverbot bei Guthaben auf Girokonten (SZ 47/9) und argumentierte dahin, dass nach § 22 KWG [1939] Spareinlagen ihrer Zweckbestimmung gemäß von jedem nicht baren Zahlungsverkehr ausgeschlossen seien und dass Auszahlungen nur gegen Vorlage des Sparbuchs bewirkt werden dürften. Der daraus hervorgehende Geschäftszweck verbiete die Kompensation von Forderungen des Kreditinstituts gegen den Erleger mit dessen Forderung auf Rückzahlung der Spareinlage, denn damit würde in nicht barer Weise - dh in anderer Weise als durch Rückzahlung der Spareinlage gegen Vorlage des Sparbuchs - über die Spareinlage verfügt. Im Übrigen gestatte § 56 Abs 2 ZPO ausdrücklich die gerichtliche Sicherheitsleistung durch Erlag von Sparbüchern; diese Art der Sicherheitsleistung wäre aber vollkommen sinnlos, wenn es dem Kreditinstitut freistünde, mit allfälligen vor der Begründung des Pfandrechts iSd § 56 Abs 3 ZPO gegen den Erleger entstandenen Gegenforderungen zu kompensieren.

In der Lehre wurde diese Entscheidung, vor allem aber ihre Begründung, überwiegend abgelehnt (vgl Avancini, Österreichisches Bankvertragsrecht I [1987] Rz 9/78; Iro, ebendort, Rz 4/114; Kerschner, Aufrechnungsprobleme bei Bankgeschäften, ÖBA 1989, 254 [262 ff]; Berger, Das Recht des Sparbuchs [1989] 148 f; Dullinger, Handbuch der Aufrechnung [1995] 145 f; dies in Rummel, ABGB³ II/3 § 1440 Rz 29; Heidinger in Schwimann, ABGB³ VI § 1440 Rz 28; Apathy aaO Rz 3/84 ff mwN).

Die im Wesentlichen Avancini (aaO) folgenden Kritiker der Entscheidung wandten ein, das KWG (nunmehr § 32 Abs 3 BWG) verbiete zwar gewisse Verfügungen über die Spareinlage, doch sei eine auf welche Weise auch immer herbeigeführte Erfüllung durch den Schuldner keine „Verfügung“, denn „verfügen“ über eine Spareinlage könne nur der Gläubiger, nicht der Schuldner. Eine Kompensation sei auch mit der Auffassung vereinbar, dass Auszahlungen aus Spareinlagen nur gegen Vorlage des Sparbuchs vorgenommen werden dürften. Es gehe nämlich nicht um die Frage, auf welche Weise eine Auszahlung zu erfolgen habe, sondern nur darum, dass sie nur gegen Vorlage des Sparbuchs vorgenommen werden dürfe. Lege nun aber der Sparer das Sparbuch der Bank vor - und das müsse er, wenn er Auszahlung verlange - und gebe die Bank dabei eine Aufrechnungserklärung ab, dann bewirke sie eine Auszahlung gegen Vorlage des Sparbuchs. Schließlich sei mit dem Zahlungsverkehr, dem die Spareinlagen nach dem KWG (nunmehr § 31 Abs 1 BWG) nicht dienen dürften, der Zahlungsverkehr des Sparers mit Dritten, eingeschränkt auf Zahlungen des Sparers an Dritte, gemeint. Die Rückzahlung der Spareinlage gehöre hingegen nicht zu dem Zahlungsverkehr, von dem Spareinlagen ausgeschlossen bleiben sollten. Somit stehe auch die vorerwähnte Zweckbestimmung der Spareinlage einer unbaren Rückzahlung nicht entgegen. Auch das auf § 56 Abs 2 ZPO gestützte Argument wurde im Hinblick auf die Ermessensübung der Gerichte bei der Zulassung von Einlagebüchern zur Bewirkung einer Sicherheitsleistung als nicht überzeugend erachtet.

Zustimmend äußerte sich hingegen Rabl (Zur Aufrechnung mit und gegen Sparguthaben, ecolex 1997, 745), der überdies für die Zeit vor Beendigung des Einlagenvertrags auf die aus § 962 ABGB abgeleitete mangelnde Berechtigung der Bank dem Sparer die Auszahlung (durch Aufrechnung) vorzeitig aufzudrängen und für die Zeit danach auf das Aufrechnungsverbot des § 1440 Satz 2 ABGB verweist (auf § 1440 Satz 2 ABGB abstellend auch Kerschner aaO 264 f; das Ergebnis der Entscheidung wegen fehlender Gegenseitigkeit billigend ferner Apathy aaO Rz 3/84 FN 424).

3. Die weitere einschlägige Entscheidung 6 Ob 69/97h = ÖBA 1998/673, 44 [Dullinger] betraf den umgekehrten Fall der Aufrechnung mit einer Spareinlage gegen eine Forderung der Bank. Diese wurde - allerdings nur gegen Vorlage des Sparbuchs (§ 32 Abs 2 BWG) - als grundsätzlich zulässig angesehen. Da die Vorlage dort nicht mehr möglich war - das Sparbuch war kurze Zeit vorher der Bank ausgefolgt worden - wurde das Bestehen einer Aufrechnungslage letztlich verneint (nur zu letzterem krit ansonsten aber zust Dullinger; dies in Rummel aaO § 1440 Rz 29; ebenso Rabl aaO; vgl auch Heidinger aaO § 1440 Rz 28 und Holly in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1440 Rz 38, beide mit dem Hinweis auf die Unstreitigkeit der Aufrechnungsmöglichkeit des Bankkunden mit seinem Sparguthaben, wobei das Sparbuch vorzulegen sei).

Selbst die Kritiker der Entscheidung SZ 50/127 gingen in diesem Sinne erkennbar davon aus, dass auch die Aufrechnung der Bank gegen eine Spareinlage (erst) bei Vorlage des Sparbuchs wirksam möglich sei (Berger aaO 149; Avancini aaO Rz 9/78; nun ebenso Apathy aaO Rz 3/15 FN 88 und Rz 3/85; vgl auch Binder aaO § 959 Rz 8). Damit stimmt nicht nur die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, sondern auch die in Punkt II.1 dargestellte Rechtslage und die Entscheidung 6 Ob 69/97h überein.

4. Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Lehre müssen die Aufrechnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung vorliegen (1 Ob 638/95; 3 Ob 175/05i; 3 Ob 82/08t; RIS-Justiz RS0120622; Griss aaO § 1438 Rz 3; Dullinger in Rummel aaO § 1438 Rz 10). Dies gilt auch für die Aufrechnungsvoraussetzung der Fälligkeit der Forderung des Aufrechnungsgegners, es sei denn, dass der Aufrechnende zur Erfüllung vor Eintritt der Fälligkeit berechtigt ist (1 Ob 70/06a; 3 Ob 252/09v; RIS-Justiz RS0033731; Griss aaO § 1439 Rz 1; Dullinger aaO § 1439 Rz 7).

Die klagende Partei hat in ihrem Schreiben vom 13. 3. 2009 die Aufrechnung erklärt. Zu diesem Zeitpunkt war die Forderung der beklagten Partei auf Rückzahlung ihrer Spareinlage mangels Vorlage des Sparbuchs noch nicht fällig. Da die klagende Partei gemäß § 32 Abs 2 BWG ohne Vorlage der Sparurkunde zur Auszahlung aus der Spareinlage - und somit zur vorzeitigen Erfüllung des Rückforderungsanspruchs - nicht berechtigt war, konnte die Aufrechnungserklärung nicht im Sinne einer Zahlung wirksam werden (RIS-Justiz RS0033716). Ob die beklagte Partei am 18. 6. 2009 das Sparbuch zur Auszahlung vorlegte, geht aus den Feststellungen nicht mit Sicherheit hervor (so aber deren - die beklagte Partei nicht beschwerende - Auslegung durch das Berufungsgericht, die zu einer rechtskräftigen Teilabweisung führte); jedenfalls aber erfolgte die Vorlage am 30. 6. 2009. Die beklagte Partei behob einen Betrag von 115.199,10 EUR, den sie anschließend auf das Kreditkonto der Hauptschuldnerin überwies. In diesem Umfang wurde die Kreditforderung demnach nicht durch Aufrechnung, sondern durch Überweisung getilgt.

Die Revisionsbehauptung, auch die beklagte Partei habe die Aufrechnung erklärt, ist durch die Feststellungen nicht gedeckt. Auch die weitere Behauptung, ihrem Geschäftsführer sei - offenbar gemeint: trotz Vorlage des Sparbuchs - die Auszahlung der im März 2009 geforderten 50.000 EUR verweigert worden, geht nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, wonach der Geschäftsführer der beklagten Partei aufgrund der von einem Vertreter der klagenden Partei im Hinblick auf die „laufenden Verhandlungen“ geäußerten Bedenken von der Abhebung „vorerst abgesehen“ hat. Auf diese Argumente ist daher nicht weiter einzugehen.

5. Unter den dargelegten Umständen ist es nicht erforderlich, auf die gegen die Entscheidung SZ 50/127 vorgebrachte Kritik näher einzugehen. Selbst wenn man dieser folgen würde und entgegen der bisherigen Rechtsprechung (und auch gegen die auf § 1440 Satz 2 ABGB gestützten Einwände) die Aufrechnung der Bank gegen eine Spareinlage ihres Kunden für zulässig anzusehen wäre, würde diese aus den dargelegten Erwägungen im vorliegenden Fall jedenfalls daran scheitern, dass es am 13. 3. 2009 an einer wirksamen Aufrechnungserklärung fehlte und das Sparbuch (mit Sicherheit) erst am 30. 6. 2009 vorgelegt wurde. Es kann auch auf sich beruhen, ob das Schreiben vom 10. 6. 2009 als bedingte Aufrechnungserklärung verstanden werden könnte.

III. Die Revision der beklagten Partei muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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