OGH 2Ob196/03t

OGH2Ob196/03t12.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Burghard Seyr und Dr. Roman Schobesberger, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei T*****, vertreten durch Dr. Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 82.410,99 sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. Juni 2003, GZ 1 R 88/03f-13, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Von folgendem Sachverhalt ist zusammengefasst auszugehen (§ 510 Abs 3 ZPO):

Sowohl die Klägerin als auch deren Geschäftspartnerin D***** GmbH (im Folgenden kurz: Schuldnerin), welche der Klägerin ein Vermittlungshonorar in Höhe des Klagebetrages von EUR 82.410,99 schuldete, unterhielten bei der beklagten Bank Girokonten. Am 17. 5. 2002 erteilte die Schuldnerin der Beklagten per Telebanking einen ersten Überweisungsauftrag in Höhe dieses Betrages auf das Konto der Klägerin, dessen Durchführung jedoch abgelehnt wurde, weil zufolge der schlechten finanziellen Lage der Schuldnerin von der Beklagten nur (mehr) Professionistenrechnungen zur Überweisung angenommen wurden. Am 24.6. 2002 erteilte die Schuldnerin der Beklagten einen erneuten Telebankingauftrag über diese Summe (und weitere hier nicht verfahrensgegenständliche Beträge). Auch dieser Überweisungsauftrag zugunsten der Klägerin wurde von der beklagten Partei (zunächst) abgelehnt und führte sie den Telebankingauftrag lediglich hinsichtlich der Restbeträge durch. Am 27. 6. 2002 reklamierte eine Sekretärin der Schuldnerin bei der Beklagten die Nichtdurchführung der Überweisung an die Klägerin. Weil die die bisherigen Transaktionen bearbeitende Sachbearbeiterin der Beklagten gerade nicht erreichbar war, veranlasste eine andere Mitarbeiterin (da sie den von der Erstgenannten zuvor gesetzten Rückbuchungsvermerk "Kein Konto" missgedeutet hatte), dass der Betrag von EUR 82.410,99 am 28. 6. 2002 auf das Konto der Klägerin überwiesen wurde, wo er am selben Tag gutgeschrieben wurde. Am 29. 6. 2002 erhielt der Geschäftsführer der Klägerin den diesbezüglichen Kontoauszug. Erst am 2. 7. 2002 bemerkte die erste Mitarbeiterin der beklagten Partei diesen Vorgang und veranlasste umgehend die Rückbuchung vom Konto der Klägerin auf das Konto der Schuldnerin, wobei aufgrund eines weiteren unterlaufenen Fehlers am 4. 7. 2002 auf dem Konto der Klägerin zunächst sowohl eine Soll- als auch eine Habenbuchung über eben diesen Betrag aufschien und erst nach Bemerken auch dieses Fehlers die Sollbuchung auf dem Konto der Klägerin und die Habenbuchung auf jenem der Schuldnerin erfolgte. Vor dieser Rückbuchung betrug der Habenstand am klägerischen Konto EUR 51.504,55. Am 14. 8. 2002 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Konkursverfahren eröffnet.

Dem von der Klägerin bereits seit 23. 7. 1998 unterhaltenen Girokonto lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen idF vom 15. 9. 1979 zugrunde, nach deren Punkt 8 (4) "Gutschriften, die infolge eines Irrtums, eines Schreibfehlers oder aus anderen auf Seite der Kreditunternehmung liegenden Gründen vorgenommen werden, ohne dass ein entsprechender Auftrag vorliegt, die Kreditunternehmung durch einfache Buchung rückgängig machen (stornieren) darf." Mit Wirkung vom 8. 1. 2001 wurden diese AGB durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen österreichischer Sparkassen ersetzt, nach deren Z 38 (2) "das Kreditinstitut Gutschriften, die es aufgrund eines eigenen Irrtums vorgenommen hat, jederzeit stornieren kann. In anderen Fällen wird das Kreditinstitut die Gutschriften nur dann stornieren, wenn ihm die Unwirksamkeit des Überweisungsauftrages eindeutig nachgewiesen wurde. Durch einen zwischenzeitigen Rechnungsabschluss wird das Recht zum Storno nicht beseitigt. Besteht das Storno zu Recht, kann das Kreditinstitut die Verfügung über die gutgeschriebenen Beträge verweigern." Nach Z 37 (3) "begründet die Übernahme eines Überweisungsauftrages durch die Kreditinstitute allein noch keinerlei Rechte eines Dritten gegenüber dem Kreditinstitut."

Die Klägerin begehrt nunmehr die Rückzahlung des Betrages von EUR 82.410,99 sA, in eventu dessen Gutschreibung auf ihr Konto mit Wertstellung 26. 6. 2002.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Gutbuchung ohne einen von der Beklagten angenommenen Überweisungsauftrag erfolgt sei, sodass sie zufolge der geltenden AGB zur Rückbuchung berechtigt gewesen sei. Einer allenfalls berechtigten Klageforderung wurde ein Kondiktionenanspruch der Beklagten in eben dieser Höhe aufrechnungsweise eingewendet, weil sie aufgrund der Nichtannahme des Überweisungsauftrages der Schuldnerin eine rechtsgrundlose Leistung an die Klägerin erbracht habe; außerdem stützte sie ihre Gegenforderung auch auf die zivilrechtlichen Grundsätze der Irrtumsanfechtung, weil der Klägerin aus den Texten der Überweisungsbelege offenbar auffallen hätte müssen, dass die streitgegenständliche Buchung bloß irrtümlich erfolgt sei.

Das Berufungsgericht sprach - in teilweiser Stattgebung der Berufung der beklagten Partei - mit mehrgliedrigem Urteil aus, dass die Klagsforderung mit EUR 51.504,55 zu Recht und die eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht besteht und verurteilte demgemäß die beklagte Partei zur Zahlung dieses Betrages samt Staffelzinsen; das Mehrbegehren von EUR 30.906,44 sA wurde abgewiesen. Des weiteren wurde die beklagte Partei (im Sinne des Eventualbegehrens) schuldig erkannt, der klagenden Partei den Betrag von EUR 30.906,44 mit Wert vom 26. 6. 2002 auf deren Konto bei der beklagten Partei gutzuschreiben. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich (ebenfalls zusammengefasst) damit, dass die festgestellten bloß bankinternen Umstände keinen Einfluss auf die Wirksamkeit und Verbindlichkeit der Gutschrift und der damit verbundenen Tilgung der Verbindlichkeit der Schuldnerin gegenüber der Klägerin zeitigen könnten; die Gutschrift sei hiebei (als nach außenhin gesetzter Rechtsakt) auch als Annahme der Anweisung (gegenüber dem Überweiser) rechtsverbindlich erklärt worden. Diesem Vorgang habe auch ein gültiger Überweisungsauftrag (seitens der Schuldnerin zugunsten der Klägerin) zugrunde gelegen, weshalb dem geltend gemachten Bereicherungsanspruch der Boden entzogen sei, weil weder das Valuta- noch das Deckungsverhältnis unwirksam gewesen seien. Von einem erkennbaren Irrtum der beklagten Partei habe die Klägerin ebenfalls nicht ausgehen müssen, und wäre ein solcher schließlich auch nicht rechtzeitig aufgeklärt worden, weil durch die vorgenommene Gutschrift und die damit erfolgte Ermittlung des Tagessaldos unter Berücksichtigung des Debetsaldos bereits eine Disposition zugunsten der Klägerin vorgenommen worden sei. Auch eine Berufung auf ihre AGB müsse scheitern, weil hierin einer Bank kein gegenüber der allgemeinen Regelung des § 871 ABGB erweitertes Recht zur außergerichtlichen Geltendmachung eines Irrtums eingeräumt werden dürfe und die Bestimmung der Z 38 (2) eine Stornierung auch nur bei Fehlen oder Unwirksamkeit eines Überweisungsauftrages vorsehe. Ein Barzahlungsanspruch der Klägerin bestehe freilich nur in Höhe ihres Habenguthabens in Höhe des Tagessaldos, darüber hinaus aber (in Höhe des bestandenen Debetsaldos) nur in Form einer bloßen Gutschreibung aus dem Rechtstitel des Schadenersatzes, weil die beklagte Partei schon aufgrund des Giro- und Kontokorrentvertrages zu einer richtigen Kontoführung verpflichtet gewesen sei.

Die ordentliche Revision wurde für nicht zulässig erklärt, weil sich das Berufungsgericht an die Grundsätze der höchstgerichtlichen Judikatur gehalten habe und es sich um einen Einzelfall handle.

Die hiegegen erhobene und auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der beklagten Partei ist zufolge Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Da die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht mit der Rechtsprechung des Höchstgerichtes in Widerspruch steht, ist den Rechtsmittelausführungen seitens des erkennenden Senates nur Folgendes kurz (§ 510 Abs 3 ZPO) entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Der an eine Bank erteilte Überweisungsauftrag ist ein Sonderfall der bürgerlich-rechtlichen Anweisung (SZ 70/264; RIS-Justiz RS0109095, RS0019656, RS0017140). Die Verpflichtung der Bank zur Durchführung einer (Giro-)Überweisung ist durch den Girovertrag begründet (7 Ob 188/99v; RIS-Justiz RS0033030). Dieser wiederum ist eine Vereinbarung zwischen der Bank und einem Kontoinhaber, durch die sich die Bank verpflichtet, ihr aufgetragene Leistungen, die dem bargeldlosen Zahlungsverkehr dienen, also die Gutschrift eingehender Beträge, die Besorgung von Überweisungen, die Entgegennahme von Einzahlungen auf das Konto und die Leistung von Zahlungen zu Lasten des Kontos durch buchmäßige Umschreibungen zu bewirken (SZ 59/51; RIS-Justiz RS0032931), mit anderen Worten: Das Girogeschäft ist die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abbuchungsverkehrs in laufender Rechnung (6 Ob 550/95). Jedenfalls im Zeitpunkt der Gutschrift auf sein Konto (nicht also etwa einer bloßen Bestätigung eines erhaltenen Überweisungsauftrages: RIS-Justiz RS0032943, RS0017127) erlangt der Kunde einen unmittelbaren Anspruch gegen die Bank (SZ 54/28), gelangt doch mit der Gutschrift der Zahlung auf dem Konto diese in das Vermögen des Kontoinhabers (RIS-Justiz RS0033004, RS0032949). Dies gilt auch, wenn durch diesen Kontoeingang (wie hier teilweise) ein Debetsaldo abgedeckt wird (10 Ob 226/00h).

(Nur) bei Fehlen eines Überweisungsauftrages (SZ 54/2), irrtümlicher Doppelüberweisung durch die Bank oder irrtümlicher Überweisung einer anderen als der tatsächlichen Währung läge die Leistung einer nicht angewiesenen Bank vor, die mangels Vorliegens eines rechtlichen Grundes nach Bereicherungsrecht vom tatsächlichen (unberechtigten) Empfänger rückforderbar wäre (RIS-Justiz RS0020125, RS0052473; vgl auch Koziol, Die Gutschrift, JBl 1984, 120 [126]); Selbiges hat nach der Rechtsprechung zu gelten, wenn einem Empfänger irrtümlich mehr als der Überweisungsbetrag gutgeschrieben wurde (4 Ob 612/87). Keiner dieser Fälle war hier gegeben.

Die Vernachlässigung der ihr obliegenden Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ist einer Bank als Verschulden zuzurechnen (SZ 38/169). Der durch eine vertragswidrige (Ab-)Buchung vom Girokonto eines Bankkunden bewirkte Nachteil ist durch einen entgegengesetzten Buchungsvorgang (im Sinne einer Naturalrestitution) wiederum restlos auszugleichen (SZ 68/59).

Soweit die beklagte Partei vermeint, wegen rechtzeitiger Aufklärung ihres Geschäftsirrtums (rück-)leistungsfrei zu sein, weil die klagende Partei (bis zur tatsächlichen Rückbuchung am 4. 7. 2002) noch keinerlei Dispositionen über das Geld (gemeint: im Sinne einer weitergehenden Transaktion) getätigt habe, ist auf die Sachverhaltsfeststellungen zu verweisen, wonach der Geschäftsführer der Klägerin (zufolge vorangegangener mehrfacher Mahnvorgänge) das Einlangen der Zahlung seiner Schuldnerin abgewartet und am Kontoauszug zur Kenntnis genommen hatte, dass sich hiedurch sein zunächst im Debet befindlicher Saldo auf nunmehr EUR 60.372,26 Haben gewandelt hatte; da im Berufungsverfahren außer Streit gestellt wurde, dass sich dieser Habenstand bis zur effektiven Rückbuchung durch die beklagte Partei auf EUR 51.504,55 wiederum verringert hat, ergibt sich daraus bereits rechnerisch zwingend, dass sehr wohl (im Vertrauen auf den Buchstand) Kontendispositionen - und damit Handlungsweisen im Vertrauen auf die Handlungsweise des Irrenden (RIS-Justiz RS0016223) - getätigt worden sein mussten, wobei die Klägerin ebenfalls feststellungskonform auch weder wusste noch wissen musste, dass es sich um eine "Fehl-"überweisung handelte (vgl 4 Ob 612/87). Darauf, dass ein Banktagesauszug einen Kontostand richtig wiedergibt, hat aber der Kunde einen Rechtsanspruch (SZ 68/59).

Höhe und Fälligkeit des Zinsenbegehrens bilden im Revisionsverfahren keinen Streitpunkt mehr.

Die außerordentliche Revision ist damit zufolge Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen.

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