OGH 4Ob107/99k

OGH4Ob107/99k27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M. S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Kreuz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Vavrovsky Kommandit-Partnerschaft Dr. Karl Ludwig Vavrovsky, Rechtsanwaltskanzlei in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert 300.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 11. Jänner 1999, GZ 2 R 97/98t-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 29. Jänner 1998, GZ 12 Cg 28/98k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 13.725 S (darin 2.287,50 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, daß ihr die Beklagte für jeden Schaden zu haften habe, der durch die Verweigerung von Gutschriften, insbesondere die am 6. 5. 1997 erfolgte Verweigerung der Gutschrift von 100 Mio S auf dem Sparbuch Nr 309028633 lautend auf M. S***** GmbH entstehen werde, in eventu, die Beklagte sei schuldig, eine Einzahlung von 300.000 S auf dem Sparbuch der Klägerin entgegenzunehmen und eine Gutschrift mit Valutadatum 20. 5. 1997 in dieser Höhe auf dem Sparbuch vorzunehmen, dies binnen 14 Tagen. Sie sei Eigentümerin des genannten Fixzinssparbuchs, das am 14. 5. 1996 bei der Beklagten mit einer Einlage von 50.000 S eröffnet worden sei. Die Beklagte habe der Klägerin mit Schreiben vom 22. 5. 1996 bestätigt, daß für das Sparbuch ein fixer Zinssatz von 5 % p.a. bis 14. 5. 1999 als vereinbart gelte. Überdies sei bestätigt worden, daß Einzahlungen auf das Sparbuch jederzeit in unbegrenzter Höhe ohne Änderung des Zinssatzes oder der Laufzeit möglich seien. Die Klägerin habe mehrmals versucht, den Betrag von 100 Mio S auf das Sparbuch zu überweisen, die Beklagte habe jedoch die Gutschrift dieses Betrags auf dem Sparbuch schuldhaft und rechtswidrig verweigert. Die Klägerin habe durch Bestätigung nachgewiesen, daß kein Verdacht auf Geldwäscherei bestehe. Am 21. 5. 1997 sei auch die Einzahlung von 200.000 S auf das Sparbuch verweigert worden. Die Klägerin habe für die beabsichtigte Einzahlung auf das Sparbuch mehrere Tranchen von dritter Seite aufgenommen. Für die Tranche von 100 Mio S müsse sie Zinsen von 4,6 % p.a. zahlen; den Differenzzinssatz von 0,4 % p.a. hätte sie lukrieren können. Zum Eventualbegehren bringt die Klägerin vor, selbst unter Zugrundelegung des Standpunkts der Beklagten, das Fixzinsensparbuch sei ein Produkt für Kleinanleger, hätte die Beklagte jedenfalls einen Betrag von 300.000 S entgegennehmen und eine Gutschrift in dieser Höhe spätestens am 20. 5. 1997 im Sparbuch vermerken müssen.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie wendet - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ein, im Sparbuch der Klägerin werde darauf verwiesen, daß für die Einlagen auf Sparbücher die Bedingungen für Spareinlagengeschäfte der Beklagten (in der Folge: Sparbedingungen) Geltung hätten, die durch Schalteraushang bei den Geschäftsstellen der Beklagten bekannt gewesen seien. Gemäß Punkt 1/I/3 der Sparbedingungen habe sich die Beklagte vorbehalten, jederzeit die Entgegennahme von Einzahlungen ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Das Schreiben vom 22. 5. 1996 sei nicht so zu verstehen, daß die Beklagte die Verpflichtung übernommen hätte, jederzeit Einzahlungen in unbegrenzter Höhe tatsächlich entgegenzunehmen; vielmehr sei lediglich ausgedrückt, daß Einzahlungen - sofern sie angenommen würden - in jeder Höhe auf den Zinssatz und die Laufzeit keinen Einfluß hätten. Die Angestellten der Beklagten hätten sich bei Abgabe ihrer Zusage vom 22. 5. 1996 über die von der Klägerin beabsichtigte Höhe der Einzahlung und die beabsichtigte gewerbliche Ausnutzung des für Kleinsparer gedachten Fixzinssparbuchs in Irrtum befunden; dieser sei durch die Klägerin veranlaßt worden oder habe ihr offenbar auffallen müssen und sei rechtzeitig aufgeklärt worden. Beim Fixzinssparbuch handle es sich um ein Produkt, das die Beklagte auf dem Markt eingeführt habe, um bei fallenden Zinsen Sparer auf breiter Basis zum Sparen anzuregen; es sei beabsichtigt gewesen, damit insgesamt 300 bis 400 Mio S als Spareinlagen hereinzunehmen. Selbst wenn die Erklärung vom 22. 5. 1996 rechtsverbindlich sein sollte, handle es sich um ein Dauerschuldverhältnis, das jederzeit aus wichtigem Grund gelöst werden könne. Die Aufrechterhaltung des Schuldverhältnisses sei der Beklagten nicht mehr zumutbar. Die Beklagte habe bereits vor dem Einzahlungsversuch der klagenden Partei von 100 Mio S am 7. 4. 1997 den Verkauf des Fixzinssparbuches eingestellt und die Einzahlungsmöglichkeit wesentlich eingeschränkt, weil sie die Mißbrauchsmöglichkeit erkannt habe. Dem Eventualbegehren werde entgegengehalten, daß die Klägerin nie gefordert habe, einen Betrag unter 100 Mio S auf das Sparbuch einzulegen.

Die Klägerin hält dem entgegen, die Sparbedingungen der Beklagten seien zwischen den Streitteilen nicht vereinbart worden, weil der Geschäftsführer der Klägerin erstmals am 21. 5. 1997 in einer Filiale der Beklagten gewesen sei. Punkt 1/I/3 der Sparbedingungen sei sittenwidrig und ungewöhnlich und daher nichtig; jedenfalls seien die Parteien durch ihre Individualvereinbarung aber davon ohnehin abgegangen. Bei der Klägerin handle es sich um eine Kapitalgesellschaft, weshalb die Angestellten der Beklagten von vorneherein nicht damit rechnen hätten können, daß sie eine sogenannte "Kleinsparerin" sei. Der diesbezüglich behauptete Irrtum sei im übrigen erst in der Klagebeantwortung geltend gemacht und daher jedenfalls nicht rechtzeitig aufgeklärt worden. Ein wichtiger Grund für die vorzeitige Auflösung des ein Dauerschuldverhältnis zwischen den Streitteilen begründenden Vertrags bestehe nicht. Die Beklagte habe sich auf ein Geschäft eingelassen, das typisch für das Anbieten von Sparprodukten sei; daß sich die Zinsen anders als von ihr prognostiziert entwickelt hätten, gehöre zum typischen Risiko des Bankengeschäfts.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:

Die Klägerin beschäftigt sich vorwiegend mit der Promotion für zwei Kunden in osteuropäischen Ländern. Ihr Geschäftsführer und einziger Gesellschafter war bis vor kurzem auch Prokurist der S***** GmbH. In dieser Eigenschaft kam er mit Gerd F*****, dem Filialleiter-Stellvertreter einer Filiale der Beklagten, in Kontakt. 1996 eröffnete die S***** GmbH ein Kapitalsparbuch bei der Beklagten mit einer Einlage von 40 Mio S. Gerd F***** bot dem Geschäftsführer dabei auch ein Fixzinssparbuch mit einer Verzinsung von 5 % und einer Laufzeit von drei Jahren an; er bezog sich dabei auf ein Produktbeschreibungsblatt, aus dem eine Begrenzung der Spareinlage der Höhe nach nicht zu entnehmen war. Es wurde auch darüber gesprochen, daß jene Summe, die auf dem Kapitalsparbuch lag, nach Ende der Laufzeit von einem Jahr möglicherweise auf das Fixzinssparbuch gelegt und dadurch Zinsen von 5 % lukriert werden könnten. Am 13. 5. 1996 verfaßte Gerd F***** ein von ihm und dem Filialleiter unterfertigtes, an die Klägerin gerichtetes Schreiben mit (ua) folgendem Inhalt:

"Wir beziehen uns auf das mit unserem Herrn F***** geführte Telefonat und bieten Ihnen zur Veranlagung in unbegrenzter Höhe folgendes Produkt an:

5 % Fix-Zins-Sparbuch, Laufzeit bis 14. 5. 1999

5,25 % Fix-Zins-Sparbuch, Laufzeit bis 14. 5. 2000

5,50 % Fix-Zins-Sparbuch, Laufzeit bis 14. 5. 2001;

Mindesteinlage auf allen Fix-Zins-Sparbüchern 50.000 ATS. Einzahlungen sind in unbegrenzter Höhe ohne Laufzeitverlängerung jederzeit möglich."

Daraufhin eröffnete die Klägerin ein Fixzinssparbuch bei der Beklagten mit der Nr 3090028633 lautend auf die Klägerin mit einer Einlage von 50.000 S. Alle Vertragsverhandlungen erfolgten telefonisch oder schriftlich. Nach Überweisungen des Betrages von 50.000 S wurde der Klägerin das Sparbuch zugesandt. Mit Schreiben vom 22. 5. 1996 an den Geschäftsführer der Klägerin bestätigten Gerd F***** und der Filialleiter wie folgt:

"Fixzinssparbuch Nr. 3090028633 lautend auf M. S***** GmbH.

Sehr geehrter Herr S*****, bezugnehmend auf das heutige Telefonat mit unserem Herrn F***** bestätigen wir Ihnen gerne, daß es sich bei dem oa Sparbuch um ein "Fix-Zins-Sparbuch" mit einem Fixsatz von 5 % pa bis 14. 5. 1999 handelt. Einzahlungen auf das Sparbuch sind jederzeit in unbegrenzter Höhe ohne Änderung des Zinssatzes oder der Laufzeit möglich. Die Zinsgutschrift erfolgt jährlich am 31. 12., eine Behebung der kapitalisierten Zinsen ist vorschußzinsfrei innerhalb von 30 Tagen möglich. Die Behebung der Zinsen und des Kapitals am Laufzeitende erfolgt ebenfalls vorschußzinsfrei ...".

Gerd F***** wies den Geschäftsführer der Klägerin nicht darauf hin, daß Einlagen nach den Sparbedingungen abgelehnt werden können. Die Sparbedingungen waren dem Geschäftsführer der Klägerin auch nicht bekannt. Erst am 21. 5. 1997, also mehr als ein Jahr nach Eröffnung des Sparbuchs, betrat der Geschäftsführer der Klägerin erstmals eine Filiale der Beklagten, in welcher die Sparbedingungen ausgehängt waren; ihr Punkt 1/I/3 lautet: "Die Bank behält sich vor, jederzeit die Entgegennahme von Einzahlungen ohne Angabe von Gründen abzulehnen." Im Sparbuch selbst findet sich ein Hinweis auf die Geltung der Sparbedingungen und eventueller Bedingungen für Sondersparformen in der jeweiligen Fassung, die durch Schalteraushang in den Geschäftsräumen der Bank kundgemacht werden. Bei der Beklagten gab es keine Weisung an die Mitarbeiter, die Kunden auf eine der Höhe nach beschränkte Möglichkeit zur Einzahlung auf Fixzinssparbücher hinzuweisen; diese Produkte wurden geschaffen, um Sparern auf breiter Basis die Möglichkeit der Veranlagung zu 5 % zu bieten. Die Beklagte ging intern von einer gesamten Veranlagungssumme von rund 200 bis 300 Mio S aus.

Ende März 1997 erklärte sich die S***** GmbH bereit, der Klägerin 200 Mio S in zwei Tranchen zur Verfügung zu stellen, die auf dem von der Beklagten für die Klägerin geführten Sparbuch angelegt werden sollten. Dieser Betrag wurde durch die S***** GmbH bei einer Bank in Form einer "Fixvorlage" refinanziert; darunter versteht man einen für eine bestimmte Laufzeit aufgenommenen Kredit zu einem bestimmten Zinssatz, der aus gebührenrechtlichen Gründen nicht schriftlich verhandelt wird. Anfang April 1997 verpfändete die Klägerin das Sparbuch der kreditgebenden Bank; zugleich mit der Übergabe des Sparbuchs erteilte der Geschäftsführer der S***** GmbH der kreditgebenden Bank den Auftrag, darauf einen Betrag von 100 Mio S zur Anweisung zu bringen; ein zweiter Teilbetrag in gleicher Höhe sollte einige Wochen danach überwiesen werden. Die Klägerin verpflichtete sich, während der Laufzeit des Sparbuchs 4,6 % Zinsen an die S***** GmbH zu zahlen. Am 7. 4. 1997 wurden von einem Konto der S***** GmbH bei der kreditgebenden Bank 100 Mio S auf das Sparbuch der Klägerin bei der Beklagten überwiesen. Mit interner Weisung vom 7. 4. 1997 wurde der Verkauf von Fixzinssparbüchern bei der Beklagten eingestellt und für die laufenden Sparbücher ein maximaler Einzahlungsbetrag festgelegt. Am 9. 4. 1997 wurde ein stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Beklagten von der Einzahlung auf das Sparbuch der Klägerin informiert; er ordnete an, daß die 100 Mio S durch die Beklagte nicht angenommen, sondern rücküberwiesen werden sollten, was auch geschah. Nach Rücküberweisung wurde der Betrag auf ein Konto der Klägerin erlegt, die am 18. 4. 1997 einen neuerlichen Versuch unternahm, von dort 100 Mio S auf ihr Sparbuch zu überweisen. Auch diesmal verweigerte die Beklagte die Entgegennahme des Betrags. Die kreditgebende Bank bestätigte mit Schreiben vom 28. 4. 1997, daß kein Verdacht auf Geldwäscherei hinsichtlich des Betrags von 100 Mio S bestehe. Mit Schreiben vom 6. 5. 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß eine Einzahlung auf das Sparbuch nicht akzeptiert werde. Am 21. 5. 1997 versuchte der Geschäftsführer der Klägerin, 200.000 S auf deren Sparbuch bei der Beklagten zur Einzahlung zu bringen; auch dieser Betrag wurde nicht angenommen. Der Betrag von 100 Mio S wurde mittlerweile anderweitig veranlagt. Die Klägerin hat sich gegenüber der S***** GmbH verpflichtet, dieser im Falle der vorzeitigen Rückführung bzw Nichtausnutzung des Betrags von 200 Mio S 1 0/00 per Monat für jedes nicht ausgenützte Monat der Laufzeit zu ersetzen und ihr auch allenfalls anfallende Gebühren zu bezahlen.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, die Streitteile hätten im Mai 1996 einen Spareinlagevertrag mit der (die Sparbedingungen abändernden) Abrede geschlossen, daß die Beklagte verpflichtet sei, Einlagen in unbegrenzter Höhe ohne Änderung der Laufzeit und der Zinsen anzunehmen. Der Klägerin stehe es daher frei, bis zum Ende der Laufzeit des Sparbuchs am 14. 5. 1999 Nacheinlagen in unbegrenzter Höhe zu tätigen. Da derzeit die Höhe des Schadens, der der Klägerin durch die generelle Weigerung der Beklagten, Nacheinlagen von ihr entgegenzunehmen, entstehen werde, noch nicht feststehe, sei eine Leistungsklage zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich. Das Feststellungsinteresse der Klägerin müsse daher bejaht werden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe, es werde der Beklagten gegenüber festgestellt, daß sie der Klägerin für jeden Schaden zu haften habe, der durch die Verweigerung der Entgegennahme von Einzahlungen und von entsprechenden Gutschriften, insbesondere die am 6. 5. 1997 erfolgte Verweigerung der Entgegennahme einer Einzahlung und der Gutschrift von 100 Mio S auf dem Sparbuch der Klägerin, entstehen werde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Sparbedingungen würden nach der oberstgerichtlichen Judikatur zur Geltung der AGB von Unternehmen mit Massengeschäften, wie vor allem Banken und Versicherungen, auch dann Vertragsinhalt, wenn sie der Kunde nicht kenne, dh wenn keine spezielle Bekanntmachung des Inhalts dem Kunden gegenüber erfolgt sei. Letztlich komme es aber nicht darauf an, ob die Sparbedingungen Vertragsgegenstand geworden seien. Punkt 1/I/3 der Sparbedingungen sei nämlich durch eine anders lautende Vereinbarung der Streitteile abgeändert worden. Diese Vereinbarung einer unbegrenzten Einlagemöglichkeit erscheine zwar retrospektiv im Hinblick auf die sodann erfolgte Senkung des Zinsniveaus aus Sicht der Beklagten gewagt; ausgehend von der Erwartung, daß die Zinsen im wesentlichen stabil bleiben würden, sei aber die Bereitschaft der Beklagten zu einer solchen Vereinbarung auch nicht derart abwegig, daß man annehmen müsse, der Geschäftsführer der Klägerin habe seine Gesprächspartner praktisch bewußt "hineingelegt"; solches habe die Beklagte im übrigen auch gar nicht behauptet. Ein Dauerschuldverhältnis könne aus wichtigem Grund aufgelöst werden kann; entgegen der Auffassung der Beklagten könne ein wichtiger Grund allerdings nicht darin erblickt werden, daß die Beklagte das mit ihrer Zusage, sie werde Einlagen auf das Fixzinssparbuch in unbegrenzter Höhe entgegennehmen, verbundene wirtschaftliche Risiko offenbar unterschätzt habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, das Spareinlagengeschäft sei als Darlehensvertrag zu beurteilen, der - als Realvertrag - erst durch den Akt der realen Geldübergabe zustandekomme; an letzterem fehle es hier. Auch nach der Konsensualvertragstheorie habe der Darlehensnehmer (hier: die Beklagte) nur ein Recht, aber keine Pflicht, die vereinbarte Darlehensleistung anzunehmen. Auch bestünden vertragliche Beziehungen nur zur Klägerin, nicht aber zur S***** GmbH, von deren Konto die Überweisung auf das Sparbuch der Klägerin erfolgt sei. Im übrigen liege ein Dauerschuldverhältnis vor, das die Beklagte aus wichtigem Grund (nämlich der Einzahlung eines unüblich hohen Geldbetrages, womit die Beklagte bei Vertragsabschluß nicht habe rechnen müssen) beenden habe dürfen.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß nach den erstgerichtlichen Feststellungen die Klägerin am 18. 4. 1994 von einem auf sie lautenden Konto 100 Mio S auf ihr Fixzinssparbuch überweisen wollte, die Beklagte jedoch (ebenso wie beim ersten Überweisungsversuch am 7. 4. 1997) die Annahme des Geldes verweigert hat; es kann danach nicht zweifelhaft sein, daß die Klägerin im eigenen Namen und in ihrer Eigenschaft als Vertragspartnerin der Beklagten solche Gelder zur Einlage bringen wollte, über die sie - auf ihrem eigenen Konto - auch verfügungsbefugt war. Nicht zielführend sind auch die Ausführungen der Beklagten zur Qualifikation des Spareinlagengeschäftes als Darlehen, das anzunehmen der Gläubiger nicht verpflichtet sei: Der Oberste Gerichtshof hat zur Rechtsnatur des dem Spareinlagengeschäft zugrundeliegenden Vertrags schon wiederholt ausgesprochen, daß er darin weder einen unregelmäßigen Verwahrungsvertrag, noch ein Darlehen, sondern

vielmehr einen Vertrag sui generis erblickt (SZ 43/121; SZ 50/127 =

EvBl 1978/120 = QuHGZ 1978, 166; zum Meinungsstand in der Literatur

vgl die Übersicht bei Berger, Das Recht des Sparbuchs, 27). Unter diesem Gesichtspunkt ist es unbedenklich, die schuldrechtliche Verpflichtung einer Bank gegenüber ihren Kunden, Spareinlagen entgegenzunehmen, als zulässig und wirksam zu beurteilen. Beizupflichten ist dem Berufungsgericht darin, daß ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Dauerschuldverhältnisses zwischen den Streitteilen nicht darin liegen kann, daß die Beklagte offenbar von der Höhe der zu erwartenden Einlagen auf das Sparbuch der Klägerin unrichtige Vorstellungen hatte.

Die Beklagte bekämpft die Ansicht der Vorinstanzen, sie sei an die Erklärung ihrer Angestellten gebunden, daß jederzeit Einzahlungen in unbegrenzter Höhe auf das von der Klägerin eröffnete Sparbuch möglich seien. Die Klägerin habe es nämlich im Wissen um die geplante Verwendung des Sparbuchs unterlassen, die Beklagte darüber zu unterrichten, daß Beträge auf das Sparbuch überwiesen werden sollten, die nach der Verkehrsanschauung als unüblich für Fixzinssparbücher anzusehen seien. Der Klägerin habe klar sein müssen, daß die Angestellten der Beklagten die Erklärung, auf die sich die Klägerin nunmehr berufe, nie abgegeben hätten, wäre ihnen das Vorhaben der Klägerin bekannt gewesen. Dieser Erklärungsirrtum mache die Vereinbarung zwischen den Streitteilen anfechtbar.

Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn feststeht, daß der Erklärende meint, etwas anderes zu erklären, als er wirklich erklärt, also über die Bedeutung seiner Erklärung irrt; ein Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum) bezieht sich hingegen auf Punkte, die außerhalb des Geschäftsinhaltes liegen (Koziol/Welser I10 121). Bei der Beurteilung der Bedeutung von Erklärungen kommt es in jedem Fall auf den objektiven Erklärungswert an, also darauf, wie ein redlicher Empfänger der Erklärung diese unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen mußte (MietSlg 42.110; ÖBA 1990, 843; ÖBA 1992, 745; SZ 66/93 uva). Hat die Beklagte auf ausdrückliches Nachfragen des Geschäftsführers der Klägerin diesem gegenüber bestätigt, daß auf das Fixzinssparbuch Einzahlungen in unbegrenzter Höhe jederzeit möglich sind, durfte die Klägerin diese eindeutige und keineswegs unklare Erklärung dahin verstehen, daß ihr auch Einlagen in dreistelliger Millionenhöhe offenstehen; dies umso mehr, als ja schon im vorangegangenen Gespräch über ein Kapitalsparbuch der S***** GmbH mit einer Einlage von 40 Mio S davon die Rede war, nach Laufzeitende des Kapitalsparbuchs die darauf veranlagten Gelder auf ein Fixzinssparbuch zu übertragen. Ihre internen Überlegungen, mit ihrem Produkt "Fixzinssparbuch" insgesamt ein Veranlagungsvolumen von maximal 300 Mio S zu erreichen, hat die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht offengelegt; damit wurden diese Motive von der Klägerin auch nicht als Vertragsinhalt akzeptiert. Ein unter dem Gesichtspunkt der Irrtumsanfechtung erheblicher Motivirrtum (weil das Motiv einer Vertragspartei einvernehmlich zum Vertragsinhalt gemacht worden ist, vgl EvBl 1973/27) liegt demnach nicht vor. Einer - von der Beklagten vermißten - Aufklärung durch die Klägerin vor Vertragsabschluß darüber, zu welchem Zweck die Klägerin das Fixzinssparbuch eröffnet, bedurfte es schon deshalb nicht, weil die Klägerin nur die bei solchen Geschäften übliche Absicht verfolgt hat, aus der Einlage von Geld Zinsgewinne zu lukrieren. Die Vorinstanzen haben deshalb zutreffend einen Anspruch auf Vertragsanfechtung infolge Irrtums verneint.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Klägerin auch ein Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO zuzubilligen: Das rechtliche Interesse an der Feststellung, der Schädiger hafte für alle künftigen Nachteile aus einem schädigenden Ereignis, wird von der Rsp regelmäßig dann bejaht, wenn die Möglichkeit offenbleibt, daß infolge dieses Ereignisses in Zukunft noch ein Schaden eintreten wird. Nicht dagegen ist es erforderlich, daß bis zum Schluß der Verhandlung bereits ein Schaden eingetreten ist. Es genügt vielmehr, daß sich ein solcher Vorfall, der einen konkreten Schaden hätte auslösen können, bereits ereignet hat und sich wiederholen kann oder ein Schaden auch ohne weiteres Zutun des Schädigers eintreten kann (ecolex 1990, 406 mwN; SZ 68/5 mwN uva). Berücksichtigt man, daß die Laufzeit des Fixzinssparbuches der Klägerin erst im Mai 1999 endet, die Beklagte weitere Einlagen darauf jedoch vertragswidrig verweigert, ist die Möglichkeit des Eintritts eines zukünftigen Schadens der Klägerin unabhängig davon zu bejahen, ob sie die von der Beklagten schon bisher zurückgewiesenen Einlagegelder ohne Zinsverlust anderweitig veranlagen konnte oder nicht. Der Revision konnte deshalb auch unter diesem Aspekt kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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