AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2024:W119.2217699.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde 1.) des XXXX , geb. XXXX , 2.) der XXXX geb. XXXX 3.) der XXXX , geb. XXXX , 4.) des XXXX , geb. XXXX und 5.) des XXXX , geb. XXXX , alle StA Usbekistan, alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gregor KLAMMER, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.11.2023, Zahlen: ad 1.) 1098775409/221496320, ad 2.) 1098775507/221496346, ad 3.) 1214529504/221496354, ad 4.) 1306552805/221496397, und ad 5.) 1306553007/221496362, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Sie alle sind Staatsangehörige Usbekistans.
1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten nach illegaler Einreise am 12.12.2015 Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, zu welchen sie am darauffolgenden Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt wurden.
Als Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er mit einem Freund auf einer Baustelle in Samarkand gearbeitet habe. Der Arbeitgeber habe beide zu einer anderen Person, einem Mullah mit einem langen Bart, gebracht, wo alle drei übernachtet hätten. Der Beschwerdeführer und sein Freund hätten am nächsten Tag jeder US-Dollar 500 bekommen, wobei der Beschwerdeführer nicht gewusst habe, wofür das Geld gewesen sei. Etwa zwei Wochen später seien alle drei wieder zu diesem Mullah gegangen und der Beschwerdeführer und sein Freund hätten jeder US-Dollar 300 erhalten. Er könne wiederum nicht angeben, wofür das Geld gewesen sei, vielleicht für irgendwelche Arbeiten. Eine Woche später sei dieser Mullah mit drei Personen zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen und habe ihm gesagt, dass der Beschwerdeführer und sein Freund nach Syrien zum IS einrücken sollten. Der Beschwerdeführer habe seinen Arbeitgeber angerufen und diesem gesagt, dass der Mullah ihn nach Syrien in den Krieg schicken wolle. Der Arbeitgeber habe dann gesagt, dass der Beschwerdeführer flüchten solle.
Die Beschwerdeführer leisteten Ladungen zu Einvernahmeterminen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) für Juli und September 2018 keine Folge.
Im XXXX wurde die Drittbeschwerdeführerin in Österreich geboren.
Am 20.02.2019 fand die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt statt. Zu den Gründen der Ausreise brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er als Baumeister bei privaten Hausbauern gearbeitet habe. Eines Tages habe der Arbeitgeber gesagt, dass er einen Auftrag hätte, wobei man das Dach einer neu gebauten Moschee fertigstellen solle. Der Beschwerdeführer, sein Kollege und der Arbeitgeber seien gemeinsam in dieses Dorf gefahren und hätten die Moschee angesehen. Es seien ältere Männer mit Bärten gekommen und hätten mit ihnen wegen Arbeitsbedingungen gesprochen und US-Dollar 600.- für zwei Personen als Anzahlung angeboten. Es sei vereinbart worden, dass die Arbeit an der Moschee beginnen sollte, nachdem das Haus des bisherigen Arbeitgebers fertiggestellt sei. Nachdem die Arbeiten abgeschlossen gewesen seien, hätten der Beschwerdeführer und sein Kollege sich erkundigt, wann sie mit der Moschee beginnen sollten. Die älteren Männer hätten gesagt, dass die Materialien noch nicht da seien und sie in dieser Zeit ein Buch lesen sollten. Sie hätten gefragt, ob sie Suren aus dem Koran lesen könnten, was der Beschwerdeführer verneint habe. Dann hätten die Männer gesagt, dass sie dieses Buch fertiglesen sollten. Am 4. Dezember seien die Männer in der Nacht, gegen 24 Uhr, zum Beschwerdeführer gekommen und dessen Vater habe mit ihnen gesprochen. Der Beschwerdeführer sei dann gerufen worden und es seien alte Männer dort gewesen, die gesagt hätten, dass sie den Beschwerdeführer mitnehmen würden. Der Beschwerdeführer habe sie aufgefordert zu warten, sei zurück ins Haus gegangen und habe den zuvor genannten Arbeitgeber angerufen und gefragt, warum die Männer gekommen seien. Der Arbeitgeber habe gesagt, dass es zwei Varianten gebe. Entweder würden diese Männer den Beschwerdeführer töten oder nach Syrien schicken, weil diese Männer ihm 600 US-Dollar bezahlt hätten. Der Beschwerdeführer habe dann seine Frau mitgenommen, die Sachen schnell eingepackt und sie seien geflüchtet. Drei Tage später habe er seinen Vater angerufen und dieser habe ihm mitgeteilt, dass die Männer nochmals gekommen seien und nach dem Beschwerdeführer gefragt hätten. Der Erstbeschwerdeführer gab auf Nachfrage an, dass er die Namen der alten Männer nicht kenne und er sie nur ein paar Mal gesehen habe. Sein früherer Arbeitgeber habe ihm gesagt, dass diese Männer ihn nach Syrien schicken können, die Männer selber hätten dies nicht gesagt. Der Erstbeschwerdeführer wisse nicht, ob er dort arbeiten oder sich eventuell an einem Kampf beteiligen sollte.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie und ihre Tochter keinen eigenen Fluchtgründe hätten.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.03.2019, Zahlen 1.) 1098775409-151982190, 2.) 1098775507-151982173 und 3.) 1214529504-181176110, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkte I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Usbekistan (Spruchpunkte II.) abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkte III.), gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer jeweils eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Usbekistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkte V.) und die Frist für deren freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte VI.).
Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2019, GZ W192 2217697-1/2E, W192 2217699-1/2E und W192 2217695-1/2E, gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z. 3, 57 AsylG 2005 i. d. g. F., § 9 BFA-VG i. d. g. F. und §§ 52, 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt:
„[…]
Eine gemeinsame minderjährige Tochter dieser beschwerdeführenden Parteien hält sich, ebenso wie die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin unverändert in Usbekistan auf, wo der Erstbeschwerdeführer bis zur 2015 erfolgten Ausreise einer beruflichen Tätigkeit als Bauarbeiter nachgegangen ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer durch einen bärtigen Mullah oder ältere Männer aus einer Moschee bedroht wurde oder nach Syrien zum IS geschickt werden sollte. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine individuellen Rückkehrbefürchtungen vorgebracht. Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass die beschwerdeführenden Parteien im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wären.
Es besteht für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin als jeweils gesunde leistungsfähige Personen im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf sowie ihre Tochter im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Diese liefen auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert zahlreiche Angehörige der beschwerdeführenden Parteien auf, zudem steht es ihnen offen, wie bereits im Vorfeld ihrer Ausreise, im Elternhaus des Erstbeschwerdeführers Wohnsitz zu nehmen.
Die gesunden und unbescholtenen beschwerdeführenden Parteien gehen im Bundesgebiet jeweils keiner nachweislich legalen Erwerbstätigkeit oder ehrenamtlichen Arbeit nach, sind in keinem Verein Mitglied und haben keine Verwandte oder sonst enge soziale Bezugspunkte in Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin hat einen Deutschkurs besucht, jedoch keinen Nachweis über bereits vorhandene Deutschkenntnisse oder anderweitige Integrationsbemühungen vorgelegt.“
Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt:
„Wie bereits in der Beweiswürdigung der angefochtenen Bescheide zutreffend ausgeführt worden ist, haben sich die beschwerdeführenden Parteien zur Begründung ihrer Anträge auf internationalen Schutz ausschließlich auf eine behauptete Bedrohung des Erstbeschwerdeführers durch einen Mullah oder durch mehrere alte Männer aus einer Moschee gestützt, wobei jedoch dieses Vorbringen aufgrund der grob widersprüchliche Darstellung durch den Erstbeschwerdeführer während der Erstbefragung und anlässlich der Einvernahme vor dem BFA nicht glaubhaft war.
[…]
Die Verfolgungsbehauptungen der Beschwerdeführer sind daher nicht glaubwürdig und es liegt vielmehr nahe, dass diese nach Österreich gereist sind, um ihre wirtschaftliche Lebenssituation zu verbessern.
Im Hinblick auf die Rückkehrsituation verwies die belangte Behörde überdies zu Recht darauf, dass die volljährigen Beschwerdeführer, welche Tadschikisch, Usbekisch und Russisch beherrschen, arbeitsfähig und arbeitswillig seien und neuerlich zu einer eigenständigen Bestreitung ihres Lebensunterhalts im Herkunftsstaat in der Lage sein werden. Die beschwerdeführenden Parteien leiden jeweils an keinen Erkrankungen und können Usbekistan auf dem Luftweg problemlos erreichen. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert zahlreiche enge Angehörige der beschwerdeführenden Parteien auf, sodass ihnen zudem die Möglichkeit offen stünde, anfänglich auf Unterstützung durch ein soziales Netz zurückzugreifen. Zur Erleichterung einer Rückkehr könnten die beschwerdeführenden Parteien zudem eine finanzielle Rückkehrhilfe gemäß § 52a BFA-VG in Anspruch nehmen.
Das BFA hat in den angefochtenen Bescheiden nicht festgestellt, dass alleine aufgrund des Umstandes der Ausreise und Antragstellung auf internationalen Schutz der beschwerdeführenden Parteien – welche sich weder im Vorfeld ihrer Ausreise noch während ihres Auslandsaufenthalts regimekritisch oder öffentlich religiös betätigt haben – ein maßgebliches Risiko einer staatlichen Verfolgung respektive der Anwendung von Folter erkannt werden kann. Die beschwerdeführenden Parteien haben im gesamten Verfahren keine Rückkehrbefürchtungen in Zusammenhang mit ihrem Auslandsaufenthalt geäußert und jeweils festgehalten, dass sie im Vorfeld ihrer Ausreise nie von Problemen mit den usbekischen Behörden betroffen gewesen seien; auch berichteten sie von keiner nach ihrer Ausreise erfolgten behördlichen Suche nach ihren Personen, insbesondere an ihrer früheren Wohnanschrift, wo sich unverändert Familienangehörige der beschwerdeführenden Parteien aufhalten. Es kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführenden Parteien ins Blickfeld der usbekischen Behörden geraten und daher im Fall einer Rückkehr einem konkreten Risiko einer staatlichen Verfolgung aufgrund ihrer Ausreise und Asylantragstellung im Ausland im Sinne der in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 08.03.2019 angesprochenen Anfragebeantwortung von ACCORD vom 19.01.2019 unterliegen würden. […]“
Am XXXX wurden im Rahmen von Verfahren zur Beschaffung von Ersatzreisedokumenten Heimreisezertifikate für die Beschwerdeführer ausgestellt.
Die Beschwerdeführer missachteten ihre Ausreiseverpflichtung und verblieben weiterhin illegal im Bundesgebiet.
Im weiterer Folge und während des illegalen Aufenthalts der Eltern wurden der Viert- und der Fünftbeschwerdeführer in Österreich geboren ( XXXX ).
2. Zweiter (gegenständlicher) Antrag auf internationalen Schutz:
Am 05.05.2022 brachten die Beschwerdeführer die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz ein.
Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdiensts begründete der Erstbeschwerdeführer dies damit, dass er vor zwei bis drei Wochen mit seinem Vater gesprochen habe, der ihm mitgeteilt hätte, dass zwei- bis dreimal die Polizei bei ihm gewesen wäre und nach dem Erstbeschwerdeführer gesucht hätte. Der Vater solle bei dessen Rückkehr die Polizei informieren. Sie hätten erfahren, dass die Familie in Österreich um Asyl angesucht habe, weshalb ihr Leben in Gefahr wäre. Die drei Kinder seien hier geboren, sie alle wollten hierbleiben. Dies seien alle Fluchtgründe.
Die Zweitbeschwerdeführerin bezog sich im Wesentlichen auf die Fluchtgründe ihres Gatten, der von der Polizei gesucht würde, und erklärte, sie wären deswegen alle in Gefahr.
Anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 21.06.2023 gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, letztes Jahr im April hätte ein Polizist in Zivil bei seinen Eltern zuhause nach ihm gefragt und seitdem komme die Polizei regelmäßig dorthin. Jemand von der Botschaft habe die Behörde in Usbekistan darüber informiert, dass der Erstbeschwerdeführer aktuell in Österreich sei. Am XXXX hätte er einen Termin bei der usbekischen Botschaft gehabt, sei aber aus Angst nicht hingegangen und habe dann einen zweiten Asylantrag gestellt. Die Polizei lasse seine Eltern nicht in Ruhe, letzten Monat wären diese Leute zu fünft wieder bewaffnet bei ihnen zuhause gewesen, hätten ihre Ausweise gezeigt und das Haus durchsucht. Die Familie habe einen vom Großvater geerbten Koran und auch zwei Bücher mit Gebeten, die von den Polizisten gefunden worden seien. Diese Leute hätten seinem Vater gesagt, der Erstbeschwerdeführer wäre ein Terrorist, der im Ausland um Asyl angesucht habe, von ihm verlangt, den Erstbeschwerdeführer zu finden, und ihm gedroht, sie würden die in der Heimat befindliche XXXX jährige Tochter des Erstbeschwerdeführers verfolgen. Darum habe der Erstbeschwerdeführer sich entschieden, die Tochter per Flug nach Russland zu schicken, zur Cousine seiner Ehefrau. Diese Verfolgung dauere schon ein Jahr.
Damals im Jahr 2013 hätten er und sein Freund in einem Dorf, auf einer Baustelle einer Moschee gearbeitet. Dort befindliche ältere bärtige Männer hätten ihm Arbeit beim Bau einer Moschee im Ausland angeboten - der ältere Mann habe gesagt, in Syrien, und ihm auch 300 US-Dollar Anzahlung gegeben. Abends seien Leute mit langen Bärten zu ihm nach Hause gekommen, um ihn nach Syrien zu bringen, und die Beschwerdeführer deshalb ins Ausland geflüchtet. Er vermute, dass die Polizei ihn aus diesem Grund sucht.
Die Kinder hätten keine eigenen Asylgründe.
Die Zweitbeschwerdeführerin erklärte am selben Tag, sie wolle nicht zurück nach Usbekistan. Ihre drei Kinder würden hier in Österreich aufwachsen und den Kindergarten besuchen. In Usbekistan bestehe Lebensgefahr für ihren Mann und auch für ihre XXXX jährige Tochter. Die Polizei besuche sehr oft ihre Schwiegereltern und frage nach ihrem Ehemann. Sie wolle nicht, dass ihre Kinder die gleichen Probleme hätten, und die älteste Tochter nach Österreich bringen. Es gebe zwar keinen Krieg und die Sicherheitslage sei ruhig in Usbekistan, aber es drohe ihrem Mann und ihrer Familie Gefahr. Seine Arbeitgeber seien Wahhabiten gewesen und hätten verlangt, dass ihr Mann sich dieser Bewegung anschließe. Er habe dies abgelehnt, diese Leute hätten ihn verfolgt und deswegen seien sie geflüchtet. Wegen seiner Flucht glaube die Polizei, er wäre Mitglied dieser Bewegung gewesen.
In weiterer Folge langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer zu den Länderinformationen bei der Behörde ein. Beigelegt wurden ein Mietvertrag lautend auf die Zweitbeschwerdeführerin sowie ein Sozialversicherungsauszug (Bestätigung der Anmeldung einer Beschäftigung) des Erstbeschwerdeführers.
Mit Bescheiden jeweils vom 22.11.2023 wies das Bundesamt die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte I) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte II). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurden den Beschwerdeführern nicht erteilt (Spruchpunkte III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkte IV) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß § 46 FPG nach Usbekistan zulässig sei (Spruchpunkte V). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgelegt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkte VI).
Gegen diese Bescheide wurde jeweils fristgerecht mit gemeinsamem Schriftsatz Beschwerde erhoben, der ein AMS-Bescheid vom 15.12.203 (Beschäftigungsbewilligung) und ein Empfehlungsschreiben für den Erstbeschwerdeführer, eine Deutschkursanmeldebestätigung, ein Empfehlungsschreiben und eine Einstellungszusage als Verkäuferin vom Juni 2023 (Teilzeit) für die Zweitbeschwerdeführerin, sowie Kindergartenbestätigungen der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer angefügt wurden.
Am 25.09.2024 führte das Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Tadschikisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der das Bundesamt entschuldigt nicht teilnahm, der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zu den Lebensumständen und Fluchtgründen der Familie ausführlich befragt wurden, die erkennende Richterin das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Usbekistan in das Verfahren einführte und eine zweiwöchige Frist zur Abgabe einer Stellungnahme gewährte.
Die Stellungnahme – v.a. zur Integration der Beschwerdeführer - langte am 10.10.2024 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden dieser ein Dienstvertrag des Erstbeschwerdeführers als Bauhilfsarbeiter sowie ein Auszahlungsnachweis für September 2024 beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Verfahrensgang wird wie unter Punkt I. ausgeführt festgestellt.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.
Sie alle sind Staatsangehörige Usbekistans, Angehörige der tadschikischen Volksgruppe und bekennen sich zum moslemischen Glauben. Ihre Muttersprache ist Tadschikisch, sie sprechen auch Usbekisch und haben die Eltern auch Russischkenntnisse.
Die Beschwerdeführer sind grundsätzlich gesund und leiden an keinen ernsten physischen oder psychischen Krankheiten. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig.
Die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin befinden sich unverändert in Usbekistan, wo der Erstbeschwerdeführer neun Jahre die Schule besuchte und bis zur 2015 erfolgten Ausreise einer beruflichen Tätigkeit als Bauarbeiter/Dachdecker nachgegangen ist. Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte in der Heimat elf Jahre die Gesamtschule und erlernte den Beruf der Schneiderin.
Die Beschwerdeführer konnten weiterhin keine gegen sie gerichtete oder künftig drohende Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen.
Das neue Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers basiert im Wesentlichen auf den rechtskräftig als unglaubwürdig festgestellten Fluchtgründen des Vorverfahrens.
Folglich ist auch nicht glaubhaft, dass die in der Heimat befindliche gemeinsame minderjährige Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin wegen ihres Vaters bedroht wurde und deswegen zu Verwandten nach Russland fliehen musste.
Für die Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer wurden weiterhin keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht, sie bezogen sich auf jene des Erstbeschwerdeführers.
Ebenso wenig droht den Beschwerdeführern wegen ihres Aufenthalts und ihrer Asylantragstellung im Bundesgebiet Verfolgung in Usbekistan.
Seit dem Abschluss des Vorverfahrens sind keine Umstände eingetreten, wonach den Beschwerdeführern allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in Usbekistan aktuell mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder ihnen im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Es besteht für den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin als jeweils gesunde leistungsfähige Personen im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf sowie für ihre Kinder im Falle einer Rückkehr nach Usbekistan keine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit. Sie laufen auch nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Im Herkunftsstaat halten sich unverändert Angehörige der Beschwerdeführer auf, zudem steht es ihnen offen, wie bereits im Vorfeld ihrer Ausreise, im (Eltern-) Haus des Erstbeschwerdeführers Wohnsitz zu nehmen.
Der Erstbeschwerdeführer arbeitet (erst) seit 23.06.2023 im Bundesgebiet als Bauhilfsarbeiter. Er besuchte keine Deutschkurse und verfügt über einfache Deutschkenntnisse. Mitglied in einem Verein ist er nicht, hat aber nach eigenen Angaben österreichische Freunde.
Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte zwar Deutschkurse, erwarb jedoch keine Zertifikate. Sie hat brauchbare Deutschkenntnisse und laut eigenen Angaben Freunde im Bundesgebiet.
Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer besuchen den Kindergarten.
Weiter familiäre Bindungen oder enge soziale Beziehungen der Beschwerdeführer im Bundesgebiet existieren nicht.
Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.
Zur Lage im Herkunftsstaat:
Politische Lage
Usbekistans politisches System zählt zu den autoritären Systemen (HRW 13.1.2021; vgl. FH 28.4.2021, BS 2020, SWP 7.2020, ÖB 9.2020). Die Legislative und die Justiz sind der Exekutive untergeordnet. Innerhalb der Exekutive verfügt der Präsident über die meisten Machtbefugnisse. Der Präsident wird für maximal zwei Amtszeiten von jeweils fünf Jahren direkt gewählt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, KAS 16.1.2020, SWP 7.2020, AA 9.3.2021a, AA 9.3.2021b). Gegenseitige Kontrollmechanismen innerhalb der Regierung fehlen (FH 6.5.2020). Der Präsident ernennt und entlässt unter anderem den Ministerpräsidenten, Minister, die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs und des Obersten Gerichtshofs sowie die Gouverneure der Gebietsverwaltungen. Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (GIZ 12.2020a; vgl. CIA 26.10.2021, BAMF 8.2021). Der Einsetzung eines neuen Ministerkabinetts durch den Präsidenten muss seit 2019 das Parlament zustimmen (SWP 7.2020).
Im Zuge der Präsidentenwahl vom 24.10.2021 erfolgte die Wiederwahl von Schawkat Miromonowitsch Mirsijojew als Staatspräsident für eine zweite Amtsperiode mit einem Stimmenanteil von 80,1%. Insgesamt traten 5 Kandidaten, darunter eine Frau, zur Wahl an. Die Wahlbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellte fehlenden Pluralismus und Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren fest. Mitglieder der Opposition waren von der Wahl ausgeschlossen. Die Wahlbeteiligung betrug 80,8% (OSZE 25.10.2021; vgl. BAMF 8.11.2021, ZWK 25.10.2021). Schlüsselpositionen sind von Mitgliedern der Familie des Präsidenten besetzt (FH 3.3.2021; vgl. SWP 7.2020).
Usbekistan hat ein Zweikammer-Parlament (Olij Maschlis), dessen Abgeordnete für fünf Jahre gewählt werden. Das Unterhaus umfasst 150 Sitze und wird direkt gewählt. Das Oberhaus, der Senat, besteht aus 100 Abgeordneten. 84 Abgeordnete werden von Regionalräten gewählt, und 16 Abgeordnete werden vom Präsidenten ernannt (FH 3.3.2021; vgl. FH 6.5.2020, AA 9.3.2021b).
Die letzten Parlamentswahlen (Wahl des Unterhauses) fanden im Dezember 2019 statt (Stichwahl 5.1.2020) (USDOS 30.3.2021; vgl. EN 6.1.2020, AI 16.4.2020). Die Wahlbeteiligung betrug im ersten Wahlgang 71,1% und im zweiten Wahlgang 62,8% (ZA 31.1.2020). Die Wahlbeobachtungsmission der OSZE stellte fest, dass sich zwar die gesetzlichen Vorgaben gebessert haben und unabhängige Stimmen auf mehr Toleranz stießen, dass jedoch ein echter Wettbewerb nicht stattgefunden hat und die Verfahrensregeln am Wahltag nicht gänzlich eingehalten wurden. Es kam unter anderem zu mehrfachen Stimmabgaben. OSZE-Wahlbeobachter zeigten sich wegen des Fehlens unabhängiger Oppositionsparteien besorgt. Auch waren keine unabhängigen Kandidaten zugelassen. Es wurde eine Frauenquote von 30% für das Parlament eingeführt (OSZE 13.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, AI 16.4.2020, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, BS 2020). Im Zuge der letzten Parlamentswahl kam die Präsidentenpartei, die Liberaldemokraten, auf 53 Sitze (35%). Die Demokratische Partei Millij Tiklanisch (Nationale Wiedergeburt) kam auf 36 Sitze (24%), die Sozialdemokratische Partei Adolat (Gerechtigkeit) auf 24 Sitze (16%), und die Volksdemokratische Partei kam auf 22 Sitze (15%). Die Ökologische Partei Usbekistans kam auf 15 Sitze (10%). Alle diese Parteien sind regierungsfreundlich (OSZE 13.5.2020; vgl. KAS 16.1.2020, FH 3.3.2021).
Mahallas (Nachbarschaftskomitees) sind gemäß der Verfassung lokale Selbstverwaltungskörper. Seit 1992 sind sie in den Staatsapparat eingegliedert. Dadurch wurden die Mahallas zu Einrichtungen, welche vom Staat strikt kontrolliert werden (FH 28.4.2021; vgl. GIZ 12.2020a, USDOS 30.3.2021).
Mit der Europäischen Union hat Usbekistan ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen abgeschlossen, welches 1999 in Kraft trat (AA 9.3.2021b; vgl. EEAS 17.11.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021a): Usbekistan: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/steckbrief/206788?openAccordionId=item-206802-1-panel , Zugriff 10.11.2021
- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021
- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.11.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw45-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=3 , Zugriff 16.11.2021
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021
- EEAS – European Union External Action Service (17.11.2020): Factsheet: EU-Uzbekistan Relations, https://eeas.europa.eu/sites/default/files/eeas-ca_ministerial_factsheets-2020-uzbekistan-v5.pdf , Zugriff 30.10.2021
- EN – Eurasianet (6.1.2020): Uzbekistan: Little change in parliament, but more women represented, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022185.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021
- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020a): Länderinformationsportal: Usbekistan – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/usbekistan/geschichte-staat/ , Zugriff 5.5.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- KAS – Konrad Adenauer Stiftung (16.1.2020): Ergebnisse der Parlamentswahlen in Usbekistan, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/ergebnisse-der-parlamentswahlen-in-usbekistan-2019 , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.10.2021): INTERNATIONAL ELECTION OBSERVATION MISSION – Republic of Uzbekistan – Presidential Election 24 October 2021 – STATEMENT OF PRELIMINARY FINDINGS AND CONCLUSIONS, https://www.osce.org/files/f/documents/4/9/502203.pdf , Zugriff 10.11.2021
- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (13.5.2020): REPUBLIC OF UZBEKISTAN: PARLIAMENTARY ELECTIONS 22 December 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/9/3/452170_1.pdf , Zugriff 10.11.2021
- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (31.1.2020): Parlamentswahlen in Usbekistan: Trotz »Neuer Wahlen« alles beim Alten?, https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/139/ZentralasienAnalysen139.pdf , Zugriff 10.11.2021
- ZWK – Zentrale Wahlkommission [Usbekistan] (25.10.2021): Предварительные результаты выборов Президента Республики Узбекистан [Vorläufiges Ergebnis der Präsidentenwahl der Republik Usbekistan], https://saylov2021.uz/ru/news/2021/10/25/ozbekiston-respublikasi-prezidentligiga-sajlov-otkazuvchi-sajlov-uchastkalarining-barchasida-sajlov-byulletenlari-sanab-chiqildi , Zugriff 16.11.2021
Sicherheitslage
Landesweit, aber insbesondere in den Grenzregionen zu Afghanistan und in den Grenzgebieten zu Tadschikistan und Kirgisistan, ist von einer latenten Gefährdung durch islamistisch orientierte extremistische Gruppen auszugehen (AA 29.10.2021). Derzeit ist die Landgrenze zu Afghanistan geschlossen (BMEIA 11.10.2021). Die usbekischen Vollzugsbehörden unterhalten eine Terroristen-Watchlist (USDOS 24.6.2020a). Laut usbekischen Behörden schlossen sich in den vergangenen Jahren tausende usbekische Bürger verschiedenen islamistischen militanten Gruppierungen in Syrien und Irak an (RFE/RL 19.2.2020). Usbekische Staatsangehörige stellen einen nicht geringen Teil von Foreign Terrorist Fighters (FTF) (ÖB 9.2020). Im April 2021 wurden 24 Frauen und 69 Kinder (Familien von IS-Kämpfern) aus Syrien repatriiert. Bisher repatriierte Usbekistan 438 Frauen und Kinder aus Syrien, Irak und Afghanistan (Reuters 30.4.2021; vgl. ÖB 9.2020).
Die Islamische Bewegung Usbekistans verfolgt das Ziel eines Regierungsumsturzes und der Schaffung eines islamischen Staats. Die Bewegung ist vor allem in Afghanistan aktiv. Die Islamische Bewegung Usbekistans unterhält seit einem Jahrzehnt Beziehungen zur El Kaida und den Taliban. 2015 legte die Islamische Bewegung Usbekistans den Treueeid auf ISIS ab. Die zahlenmäßige Stärke der Islamischen Bewegung Usbekistans ist unbekannt (USDOS 24.6.2020b).
Immer wieder kommt es zu ethnischen Unruhen im Raum des Ferganatals – dem Dreiländereck, wo sich die Landesgrenzen von Usbekistan, Kirgisien und Tadschikistan treffen (RFE/RL 5.6.2020). Das Ferganatal ist von zum Teil strittigen Grenzverläufen betroffen (BMEIA 11.10.2021). Im Nahbereich des Ferganatals befinden sich zahlreiche Exklaven, beispielsweise die Exklave Sokh. Diese Exklave gehört zu Usbekistan, ist mit ethnischen Tadschiken besiedelt, immer wieder ein Unruheherd und befindet sich in Kirgisien [ca. 20 Kilometer von der nächstgelegenen usbekischen Stadt, Rishtan, auf dem Festland entfernt] (RFE/RL 5.6.2020). Im März 2021 einigten sich die Ministerpräsidenten von Usbekistan und Kirgistan auf einen Vertrag zur Beendigung der Grenzstreitigkeiten, beispielsweise in Bezug auf die 85.000 Einwohner umfassende Exklave Sokh. Der Vertrag sieht unter anderem die Öffnung zahlreicher Grenzübergänge vor und eine Einigung über umstrittene Gebietsteile, darunter Zugang zu Bewässerungsinfrastrukturen (EN 26.3.2021).
Außenpolitisch bekennt sich die Regierung zur Neutralität (SWP 7.2020; vgl. ÖB 9.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021
- BMEIA – Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten [Österreich] (11.10.2021): Reiseinformation: Usbekistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021
- EN – Eurasianet (26.3.2021): Kyrgyzstan, Uzbekistan sign deal to end border disputes, https://www.ecoi.net/de/dokument/2047906.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- Reuters (30.4.2021): Uzbekistan repatriates 93 women, children from Syrian camp, https://www.reuters.com/world/middle-east/uzbekistan-repatriates-93-women-children-syrian-camp-2021-04-30/ , Zugriff 10.11.2021
- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (5.6.2020): Uzbek President Visits Eastern Region Wracked By Ethnic Unrest, https://www.ecoi.net/de/dokument/2031008.html , Zugriff 10.11.2021
- RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (19.2.2020): Uzbekistan Detains 21 Suspected Members Of Banned Islamist Militant Group, https://www.ecoi.net/de/dokument/2024972.html , Zugriff 10.11.2021
- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2020a): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 1 - Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2032580.html , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (24.6.2020b): Country Report on Terrorism 2019 - Chapter 5 - Islamic Movement of Uzbekistan (IMU), https://www.ecoi.net/de/dokument/2032623.html , Zugriff 10.11.2021
Rechtsschutz / Justizwesen
In der Praxis ist die Justiz weder unabhängig noch unparteilich, obwohl dies von der Verfassung garantiert ist (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020). Die Justiz ist politischem Druck durch die Exekutive und Legislative ausgesetzt (FH 3.3.2021; vgl. BS 2020, UNHRCC 20.4.2020, ÖB 9.2020).
Richter werden vom Obersten Justizrat nach Zustimmung des Senats für eine verlängerbare Amtszeit von fünf Jahren ernannt und können vom Obersten Justizrat entlassen werden (USDOS 30.3.2021; vgl. BAMF 8.2021). Die Richter der Höchstgerichte werden vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt (CIA 26.10.2021; vgl. UNHRCC 20.4.2020). Der Präsident spielt eine gewichtige Rolle bei der Ernennung von Mitgliedern des Obersten Justizrats (UNHRCC 20.4.2020). Experten berichten über einen Mangel an qualifiziertem Personal in der Justiz, über Korruption und die dominierende Rolle von Staatsanwälten im Justizsystem. In Usbekistan gibt es nur wenige Rechtsanwälte, vor allem außerhalb der Hauptstadt (FH 6.5.2020; vgl. UNHRCC 20.4.2020).
Gesetzlich ist das Recht auf ein faires und öffentliches Gerichtsverfahren garantiert, jedoch wird dieses Recht in der Praxis nicht immer respektiert (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, FH 28.4.2021). Obwohl gemäß dem usbekischen Strafgesetzbuch die Unschuldsvermutung gilt, folgen Richter für gewöhnlich den Empfehlungen der Staatsanwälte. Angeklagte haben unter anderem das Recht, an Gerichtsverfahren teilzunehmen und Beweismittel vorzulegen. Jedoch lehnen Richter Anträge der Verteidigung häufig ab und verweigern damit die Ladung zusätzlicher Zeugen sowie die Aufnahme entlastender Beweismittel. Bei Bedarf werden ein Rechtsbeistand und Dolmetscher kostenlos zur Verfügung gestellt. Glaubhaften Berichten zufolge handeln staatlich bestellte Verteidiger jedoch routinemäßig im Interesse der Regierung und nicht ihrer Mandanten (USDOS 30.3.2021).
Die Generalstaatsanwaltschaft und Gesetzesvollzugsbehörden setzen gelegentlich Mitglieder der Justiz unter Druck, um so die Urteilsfindung zu beeinflussen. Richter stützen ihre Urteile oft ausschließlich auf Geständnisse und Zeugenaussagen, welche in manchen Fällen durch Misshandlungen, Bedrohung Familienangehöriger oder anderweitig durch Zwang gewonnen wurden. Diese Methoden wenden Behörden üblicherweise vor allem in Fällen von religiösem Extremismus an. Gesetzlich ist es verboten, im Rahmen von Gerichtsverfahren Beweismaterial zu verwerten, welches durch Folter gewonnen wurde. Es gibt ein Recht auf Berufung. Zwar führen Berufungen selten zur Aufhebung eines Urteils, doch kann in manchen Fällen eine Verringerung oder Aussetzung von Strafen erwirkt werden (USDOS 30.3.2021).
Bürger können bei Zivilgerichten wegen behaupteter Menschenrechtsverletzungen durch Beamte (mit Ausnahme von Ermittlern, Staatsanwälten und Richtern) Klage erheben. Es wird berichtet, dass Bestechungsgelder für Richter Gerichtsentscheidungen beeinflussen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021
- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRCC – United Nations Human Rights Council (20.4.2020): General Assembly: Visit to Uzbekistan – Report of the Special Rapporteur on the independence of judges and lawyers (A/HRC/44/47/Add.1), https://www.ecoi.net/en/file/local/2032720/A_HRC_44_47_Add.1_E.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Sicherheitsbehörden
Zivilbehörden üben im Allgemeinen eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus, jedoch sind die Strukturen der zivilen Behörden von den Sicherheitsdiensten durchdrungen (USDOS 30.3.2021). Usbekistans Sicherheitsdienste verfügen über weitreichende Befugnisse (HRW 13.1.2021). Es gibt Berichte, dass die Regierung bzw. Regierungsvertreter rechtswidrige und willkürliche Tötungen begangen haben. Straffreiheit ist ein allgegenwärtiges Problem. Es kam zu einer leichten Steigerung von Strafverfolgungen von Beamten, welche beschuldigt wurden, Missbrauchsdelikte begangen zu haben (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020).
Usbekistan verfügt über vier Institutionen zur Untersuchung krimineller Aktivitäten. Für Strafverfolgung, die Aufrechterhaltung der Ordnung und Untersuchung allgemeiner Straftaten ist die dem Innenministerium unterstellte Polizei zuständig. Der Nationale Sicherheitsdienst, dessen Vorsitzender direkt dem Präsidenten gegenüber berichtspflichtig ist, befasst sich mit Fragen der nationalen Sicherheit und nachrichtendienstlichen Themen, einschließlich Terrorismus, Korruption, organisiertem Verbrechen, Grenzkontrollen und Suchtgift. Die Generalstaatsanwaltschaft ist für die Strafverfolgung und die Untersuchung von Straftaten zuständig (USDOS 30.3.2021). Die Nationalgarde ist für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verantwortlich. Sie widmet sich unter anderem der Terrorismusbekämpfung und leitet die Untersuchung von Straftaten ein. Die Nationalgarde hat polizeiliche Aufgaben, z.B. Schutz der öffentlichen Ordnung bei Versammlungen und Demonstrationen, Fahndungseinsätze und Ermittlungen in Strafsachen sowie Kontrolle der Einfuhr, Verbreitung und Ausfuhr von Waffen. Die umfangreichen Kompetenzen der Nationalgarde machen diese zu einem militarisierten Gesetzesvollzugsorgan (FH 6.5.2020; vgl. USDOS 30.3.2021, SWP 7.2020).
Die Regierung benutzt die geschätzt 12.000 Nachbarschaftskomitees (Mahallas) als Informationsquelle über potenzielle „Extremisten“. Diese Komitees bieten verschiedene soziale Unterstützungsfunktionen an, fungieren aber auch als Informanten für die Regierung und Gesetzesvollzugsbehörden und geben Auskunft über Mitglieder der Ortsgemeinschaft. Mahallas in ländlichen Gebieten sind tendenziell einflussreicher als in Städten (USDOS 30.3.2021).
Usbekistans Streitkräfte setzen sich aus der Armee, Luftstreitkräften, Luftabwehrkräften, der Nationalgarde und den internen Sicherheitstruppen des Innenministeriums zusammen. Die Gesamttruppenstärke der Streitkräfte sowie der Sicherheitsdienste beträgt gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2021 zwischen 50.000 und 60.000 (CIA 26.10.2021).
Seit September 1994 ist Usbekistan Mitglied von Interpol (Interpol o.D.).
Quellen:
- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021
- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021
- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- Interpol (o.D.): Member Countries: Uzbekistan, https://www.interpol.int/Who-we-are/Member-countries/Asia-South-Pacific/UZBEKISTAN , Zugriff 10.11.2021
- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik / Andrea Schmitz (7.2020): Die Transformation Usbekistans: Strategien und Perspektiven, https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2020S13_Usbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Folter und unmenschliche Behandlung
Gemäß dem Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen sind Folter und Misshandlungen zur Erlangung von Geständnissen, zur Informationsbeschaffung und als Strafmaßnahme für Verdächtige und Inhaftierte weiterhin verbreitet. Gesetzlich ist die Anwendung von Folter sowie unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Land verboten. Im November 2019 rief Usbekistan einen Nationalen Anti-Folter-Präventionsmechanismus ins Leben. Am 10. August 2020 unterzeichnete der Präsident ein Dekret, welches zur Bekämpfung von Folter von Gefangenen unter anderem die Anwesenheit eines Verteidigers während Zeugenbefragungen vorsieht. Usbekistan hat den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und das Übereinkommen gegen Folter ratifiziert. Das Fakultativprotokoll der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen ratifizierte Usbekistan nicht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, AI 7.4.2021, HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021, AA 9.3.2021b, UNCAT 14.1.2020). Ehemalige politische Häftlinge berichten, geschlagen und gefoltert worden zu sein. Gemäß der Ombudsperson ereignen sich 80 bis 90% der Folterfälle bzw. -beschwerden in Untersuchungshaftanstalten (USDOS 30.3.2021). Es kam in manchen Fällen zu Entlassungen und Strafverfolgung von Beamten, welche in Missbrauchsfälle involviert gewesen waren (FH 3.3.2021).
Gerichten ist es untersagt, Beweise zu verwenden, welche durch Folter gewonnen wurden (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Der UN-Menschenrechtsausschuss zeigt sich besorgt über die zu restriktive Definition des Folterbegriffs im Strafgesetzbuch. Demnach kommen als mögliche Folteropfer nur Beteiligte an Strafverfahren und ihre nahen Angehörigen in Frage (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020). Auch der Täter-Typus ist eingegrenzt. Der UN-Menschenrechtsausschuss kritisiert, dass in den Genuss von Amnestien auch Personen kommen, welche wegen Folter oder Misshandlungen verurteilt wurden (UNHRC 1.5.2020). Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich besorgt, dass Folterdelikte mit nur höchstens zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sind (UNCAT 14.1.2020).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (9.3.2021b): Usbekistan: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/politisches-portrait/206826 , Zugriff 10.11.2021
- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021
- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Korruption
Korruption ist weit verbreitet (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Von Korruption betroffen sind unter anderem der Bildungssektor, das Gesundheitswesen (FH 6.5.2020; vgl. BS 2020) und die Justiz (USDOS 30.3.2021). Bestechungen unter Beamten der unteren und mittleren Ebenen sind gebräuchlich und finden teilweise nicht einmal verdeckt statt (FH 3.3.2021). Es ist gelungen, die Kleinkorruption von Beamten der unteren Ebenen einzudämmen, doch verschließen die Behörden ihre Augen vor Korruption, Nepotismus und anderen Formen von Machtmissbrauch der regierenden Eliten (FH 6.5.2020).
Anti-Korruptionsmechanismen sind schwer umsetzbar (BS 2020). Korruption durch Beamte ist strafbar, jedoch setzt die Regierung die gesetzlichen Vorgaben nicht effektiv um. Beamte, welche in korrupte Aktivitäten verwickelt sind, bleiben häufig straffrei (USDOS 30.3.2021). Entgegen internationalen Standards sind nicht alle Formen von Korruption unter Strafe gestellt (UNHRC 1.5.2020). 2020 wurde durch ein präsidentielles Dekret die Anti-Korruptionsagentur geschaffen. Zu ihren Aufgaben gehört die Untersuchung von Korruptionsdelikten. Die Anti-Korruptionsagentur ist dem Präsidenten unterstellt und hat Berichtspflichten gegenüber dem Parlament (USDOS 30.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Es existiert eine zwischenbehördliche Anti-Korruptionskommission (BS 2020).
Gemäß dem Corruption Perceptions Index 2020 von Transparency International wird Usbekistan mit 26 von 100 Punkten bewertet (0=sehr korrupt, 100=sehr wenig korrupt). Usbekistan liegt auf Rang 146 von 180 untersuchten Staaten, gleichauf mit Bangladesch und der Zentralafrikanischen Republik (Der Corruption Perceptions Index misst das von Experten und Geschäftsleuten wahrgenommene Korruptionsniveau im öffentlichen Sektor) (TI 2021).
Quellen:
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (6.5.2020): Nations in Transit 2020 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2029667.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- TI – Transparency International (2021): Corruption Perceptions Index 2020, https://images.transparencycdn.org/images/2020_Report_CPI_EN.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Allgemeine Menschenrechtslage
Von Freedom House wird Usbekistan als ein unfreies Land (not free) eingestuft (FH 3.3.2021). Zu den gravierendsten Menschenrechtsproblematiken in Usbekistan gehören: Berichte über körperliche und seelische Misshandlungen Inhaftierter durch Sicherheitskräfte (teils mit Todesfolge); willkürliche Verhaftungen, Isolationshaft und verlängerte Haftzeiten; politische Gefangene; Einschränkungen der Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Bewegungs- und Religionsfreiheit sowie der Zivilgesellschaft; Fehlen freier und fairer Wahlen; Menschenhandel, einschließlich Zwangsarbeit; Kriminalisierung sexueller Beziehungen zwischen Männern; Diskriminierung von LGBTI-Personen (USDOS 30.3.2021).
Für den Schutz der Menschenrechte sind mehrere Institutionen zuständig, darunter: das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte; Komitee für demokratische Institutionen; NGOs und Selbstverwaltungskörper der Bürger im Parlament; das Nationale Zentrum für Menschenrechte (BS 2020). Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte untersucht Menschenrechtsverletzungen, unterstützt die Anpassung der Gesetzgebung an internationale Standards, vermittelt in Streitigkeiten zwischen Bürgern und gibt nicht-verbindliche Empfehlungen ab hinsichtlich Entscheidungen von Regierungsbehörden. Das Büro der Ombudsperson für Menschenrechte darf unangekündigt Haftanstalten inspizieren (USDOS 30.3.2021). Die Ombudsperson ist dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Das Büro der Ombudsperson ist personell und finanziell unzureichend ausgestattet (UNCAT 14.1.2020).
Im Zuge des jährlichen Menschenrechtsdialogs zwischen Usbekistan und der Europäischen Union zeigte sich die EU besorgt über Meinungsfreiheitsdefizite, das Thema NGO-Registrierungen, Folter und Misshandlungen in Gefängnissen, Frauenrechte und Diskriminierungen. Die Europäische Union betonte die Notwendigkeit, ehemalige Gefangene zu rehabilitieren (HRW 13.1.2021).
Im Oktober 2020 wurde Usbekistan bei der Plenarsitzung der UN-Generalversammlung erstmalig in den UN-Menschenrechtsrat gewählt (ZA 4.12.2020; vgl. ÖB 9.2020).
Quellen:
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
-
- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (4.12.2020): Chronik 28.9.-27.11.2020 Usbekistan (Nr. 144), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/144/ZentralasienAnalysen144.pdf , Zugriff 10.11.2021
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen in usbekischen Gefängnissen stellen sich in manchen Fällen als hart und lebensbedrohlich dar. Es herrschen Lebensmittelknappheit, massive Überbelegung, körperliche Misshandlungen, unzureichende hygienische Bedingungen und medizinische Versorgungsmängel. Folter wird häufig angewendet (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021, UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020).
Das Innenministerium berichtete im Jahr 2020, dass 22.867 Personen in 43 Gefängnissen und 11 Untersuchungshaftanstalten inhaftiert sind. Von den 43 Gefängnissen sind 18 „geschlossene Strafanstalten“ und 25 offene Anstalten zur Wiedereingliederung. Die Haftanstalten werden vom Innenministerium beaufsichtigt (USDOS 30.3.2021; vgl. WPB o.D.). Im August 2019 wurde infolge eines präsidentiellen Dekrets das wegen Folter berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis Jaslik geschlossen (AI 16.4.2020; vgl. FH 28.4.2021).
Für Rechtsanwälte gestaltet sich der Zugang zu ihren Mandanten in Haftanstalten als schwierig (UNHRCC 20.4.2020). Es ist Inhaftierten verboten, religiöse Feste zu begehen. Familienangehörige Inhaftierter berichten, dass ihnen die Regierung nur wenige bis keine Informationen über den Gesundheitszustand ihrer inhaftierten Angehörigen zukommen lässt (USDOS 30.3.2021).
Es kommt vor, dass Gefangene (oft solche, welche wegen religiöser Anklagepunkte verurteilt wurden) nach Ablauf ihrer Haftstrafe nicht enthaftet werden. Haftzeiten werden aufgrund von Vorwürfen zusätzlicher Delikte, beispielsweise Gründung einer kriminellen Vereinigung oder Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen, verlängert. Gesetzlich ist eine solche Vorgehensweise erlaubt (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Tausende von Personen, hauptsächlich friedliche Glaubensanhänger, sind wegen „Extremismus“ und aus politischen Gründen inhaftiert. Seit September 2016 wurden mehr als 50 politische Gefangene freigelassen, darunter Rechtsaktivisten, Journalisten und Oppositionsaktivisten (HRW 13.1.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021).
Mehrere unabhängige Beobachter erhalten beschränkten Zugang zu Strafvollzugsanstalten, wie Untersuchungshaftanstalten, Frauengefängnissen sowie Gefängniskolonien. UNICEF stattet den vier Jugendstrafkolonien des Landes regelmäßig Besuche ab. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat seit 2013 keine Gefangenen mehr besucht (USDOS 30.3.2021; vgl. AI 16.4.2020, UNHRC 1.5.2020).
Die Ombudsperson für Menschenrechte sowie die Generalstaatsanwaltschaft haben die Befugnis, Beschwerdefälle zu untersuchen. Die Ombudsperson darf Empfehlungen abgeben. Mehrere Familienangehörige von aktuell oder ehemalig Inhaftierten berichten, die Ombudsperson hätte auf Beschwerden nicht reagiert. Es gibt Berichte, dass Beschwerden nicht objektiv untersucht werden und dass in vielen Fällen Beschwerden wegen Sicherheitsbedenken erst gar nicht eingebracht werden (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020).
Jährlich gewähren Behörden Inhaftierten Amnestien, wovon verschiedene Personengruppen profitieren, beispielsweise Personen, welche wegen religiösen Extremismus verurteilt wurden (USDOS 30.3.2021). Anlässlich des Nawruz-Festes sowie des Fastenmonats Ramadan begnadigte der Präsident im Jahr 2021 insgesamt 240 Personen (ZA 6.4.2021; vgl. ZA 14.6.2021).
Quellen:
- AI – Amnesty International (16.4.2020): Human Rights in Eastern Europe and Central Asia - Review of 2019 - Uzbekistan [EUR 01/1355/2020], https://www.ecoi.net/de/dokument/2028175.html , Zugriff 10.11.2021
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRCC – United Nations Human Rights Council (20.4.2020): General Assembly: Visit to Uzbekistan – Report of the Special Rapporteur on the independence of judges and lawyers (A/HRC/44/47/Add.1), https://www.ecoi.net/en/file/local/2032720/A_HRC_44_47_Add.1_E.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
- WPB – World Prison Brief (o.D.): Uzbekistan – Overview, https://www.prisonstudies.org/country/uzbekistan , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (14.6.2021): Chronik 22.3.-23.5.2021 Usbekistan (Nr. 147), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/147/ZentralasienAnalysen147.pdf , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (6.4.2021): Chronik 25.1.-21.3.2021 Usbekistan (Nr. 146), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/146/ZentralasienAnalysen146.pdf , Zugriff 10.11.2021
Todesstrafe
In Usbekistan ist die Todesstrafe gesetzlich für alle Straftaten abgeschafft (AI 4.2021; vgl. WCADP o.D.). Im Jahr 2008 ratifizierte Usbekistan das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (UN-OHCHR o.D.).
Quellen:
- AI – Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.amnesty.org/en/wp-content/uploads/2021/05/ACT5037602021ENGLISH.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021
- WCADP – World Coalition Against the Death Penalty (o.D.): Uzbekistan, https://worldcoalition.org/pays/uzbekistan/ , Zugriff 10.11.2021
Religionsfreiheit
Die Verfassung sieht Religions- und Glaubensfreiheit vor sowie eine Trennung von Staat und Religion (USDOS 12.5.2021; vgl. BS 2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Infolge eines neuen Religionsgesetzes, welches der Präsident im Juli 2021 unterzeichnete, wurde das Verbot des Tragens religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit aufgehoben (ZA 1.8.2021; vgl. BAMF 8.2021). Politische Parteien auf der Grundlage religiöser Prinzipien sind ebenfalls verboten (USDOS 12.5.2021; vgl. BAMF 8.2021). Gesetzliche Einschränkungen religiöser Aktivitäten sind zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit, der Gesellschaftsordnung oder Moral erlaubt (USDOS 12.5.2021). Alle religiösen Institutionen und Vereinigungen werden vom Staat strikt kontrolliert (BS 2020; vgl. USCIRF 4.2021). Religiöse Literatur muss vom Staat genehmigt werden (USCIRF 4.2021).
Schätzungsweise sind zwischen 88% und 96% der usbekischen Bevölkerung (insgesamt ca. 31 bis 34 Millionen Menschen) Muslime. Die meisten Muslime sind Sunniten der hanafitischen Rechtsschule. Gemäß der Regierung ist ungefähr 1% der Bevölkerung schiitischen Glaubens (dschafaritische Rechtsschule). Ca. 2,2% der Bevölkerung sind russisch-orthodox (2019: 3,5%). Gemäß Angaben der Regierung umfassen die restlichen 1,8% der Bevölkerung Katholiken, ethnisch-koreanische Christen, Baptisten, Lutheraner, Siebenten-Tags-Adventisten, Protestanten, Pfingstgemeinden, Zeugen Jehovas, Buddhisten, Bahai, Mitglieder der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein und Atheisten (USDOS 12.5.2021). Die jüdische Bevölkerung wird auf bis zu 10.000 Personen geschätzt. Es gibt keine Berichte über antisemitische Handlungen oder Diskriminierung von Juden (USDOS 30.3.2021).
Alle religiösen Gruppen sind verpflichtet, sich beim Justizministerium zu registrieren. Religiöse Aktivitäten nicht registrierter religiöser Organisationen sind illegal. Die Registrierungsanforderungen sind hoch. Unter anderem ist ein Bewilligungssschreiben der örtlichen Nachbarschaftskomitees (Mahallas) erforderlich, welche damit zur Diskriminierung nicht-muslimischer religiöser Minderheiten beitragen und Registrierungsanträge unbegründet ablehnen dürfen. Das neue Religionsgesetz reduzierte die erforderliche Anzahl an Mitgliedern zur Gründung einer örtlichen Religionsgemeinschaft von 100 auf 50, welche nun jedoch alle derselben Stadt/Distrikt entstammen müssen. Das Komitee für religiöse Angelegenheiten überwacht die Aktivitäten registrierter religiöser Gruppen. Personen, welche der Mitgliedschaft in verbotenen muslimischen Organisationen verdächtigt werden, wie auch deren Familienangehörige sind Verhaftungen, Verhören und Folter ausgesetzt (USDOS 12.5.2021; vgl. FH 3.3.2021, USCIRF 1.2020, ÖB 9.2020, Forum 18 5.7.2021). Gemäß dem Komitee für religiöse Angelegenheiten sind 2.293 religiöse Organisationen registriert. Unter den 190 registrierten nicht-muslimischen Gruppen befinden sich 38 orthodoxe Kirchen, fünf katholische Kirchen, 60 Pfingstgemeinden, 24 Baptistenkirchen, zwei lutheranische Kirchen, ein Königreichssaal der Zeugen Jehovas, acht jüdische Gemeinden, ein buddhistischer Tempel usw. (USDOS 12.5.2021; vgl. BS 2020, FH 3.3.2021).
Medien berichten, dass die Regierung den Zugang zu einigen Webseiten mit religiösen Inhalten blockiert. Missionarische Tätigkeiten und privater Religionsunterricht sind verboten (USDOS 12.5.2021). Personen unter 18 Jahren dürfen an Gebeten in Moscheen nur dann teilnehmen, wenn sie von Verwandten begleitet werden (BAMF 8.2021). Zivilgesellschaftliche Gruppierungen und der UN-Menschenrechtsausschuss äußern Besorgnis über die breite und schwammige Gesetzesdefinition von „Extremismus“ (UNHRC 1.5.2020; vgl. USDOS 12.5.2021, HRW 13.1.2021, ÖB 9.2020). Leiter katholischer Gemeinden berichten nicht mehr über Überwachungen katholischer Gottesdienste (USDOS 12.5.2021). Seit einer Regierungsdirektive vom Dezember 2018, welche Razzien auf religiöse Gemeinschaften allgemein verbot, wurde diese Art von Verfolgung weitgehend eingestellt (USCIRF 11.2020). 2017 verkündete der Präsident, dass ungefähr 16.000 von 17.000 Personen aus einer offiziellen Liste gestrichen worden waren, welche Namen von Personen enthielt, die wegen religiösen Extremismus verurteilt oder verdächtigt worden waren (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Die Anzahl der aus religiösen Gründen Inhaftierten ist unbekannt (USDOS 30.3.2021) und beträgt nach Schätzungen mehrere tausend Personen (USCIRF 4.2021; vgl. FH 28.4.2021, EN 13.10.2021).
Gemäß dem Christenverfolgungsindex von Open Doors befindet sich Usbekistan auf Rang 21 (Vorjahr: Rang 18). Laut diesem Index bedeutet der Rang 21 ein sehr hohes Ausmaß der Verfolgung (OD 2021). Christen muslimischer Herkunft werden am stärksten verfolgt, sowohl durch den Staat als auch durch ihre Familien, Freunde und die Gesellschaft. Für Konvertitinnen besteht die Gefahr, entführt und mit Muslimen zwangsverheiratet zu werden (OD o.D.).
Quellen:
- BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (8.2021): Länderreport 42: Usbekistan (Allgemeine Länderkunde und Menschenrechtslage in ausgewählten Themenfeldern), https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2021/laenderreport-42-Usbekistan.pdf?__blob=publicationFile&v=2 , Zugriff 10.11.2021
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- EN – Eurasianet (13.10.2021): Under 'reformist' president, Uzbekistan continues to jail thousands of Muslims, https://www.ecoi.net/de/dokument/2062229.html , Zugriff 16.11.2021
- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- Forum 18 (5.7.2021): President to sign restrictive new Religion Law?, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055517.html , Zugriff 16.11.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- OD – Open Doors (2021): Weltverfolgungsindex 2021, http://www.opendoors.at/sites/default/files/wvi_2021_index_top_50.pdf , Zugriff 10.11.2021
- OD – Open Doors (o.D.): Usbekistan, http://www.opendoors.at/index/UZ , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): Uzbekistan – USCIRF-recommended for special watchlist – Annual Report 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052994/Uzbekistan+Chapter+AR2021.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (11.2020): ISSUE UPDATE: JEHOVAH’S WITNESSES, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045309/2020+Issue+Update+-+Jehovahs+Witnesses.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (1.2020): Country Update: Uzbekistan - Assessing Religious Freedom in Uzbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2024439/2020+Uzbekistan+Country+Update.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051730.html , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (1.8.2021): Chronik 24.5.-8.7.2021 Usbekistan (Nr. 148), https://www.laender-analysen.de/zentralasien-analysen/148/ZentralasienAnalysen148.pdf , Zugriff 10.11.2021
Ethnische Minderheiten
Die Gesamtbevölkerung Usbekistans setzt sich aus ca. 83,8% Usbeken, 4,8% Tadschiken, 2,5% Kasachen, 2,3% Russen, 2,2% Karakalpaken und 1,5% Tataren zusammen. Andere ethnische Gruppen machen nach Schätzungen aus dem Jahr 2017 4,4% aus (CIA 26.10.2021).
Beschwerden über gesellschaftliche Gewalt oder Diskriminierung ethnischer Minderheiten sind selten. Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten volle politische Rechte (USDOS 30.3.2021). Ethnische Diskriminierung ist gesetzlich verboten (FH 3.3.2021).
Die Staatssprache ist Usbekisch. Russisch ist als Sprache der interethnischen Kommunikation gesetzlich vorgesehen (USDOS 30.3.2021). Die am häufigsten gesprochenen Sprachen sind Usbekisch (74,3%), Russisch (14,2%) und Tadschikisch (4,4%). 7,1% der Bevölkerung sprechen andere Sprachen. In der Autonomen Republik Karakalpakstan sind gemäß der Verfassung von Karakalpakstan die karakalpakische und die usbekische Sprache gleichberechtigt. In der Praxis wird das öffentliche und soziale Leben von der usbekischen Sprache beherrscht (CIA 26.10.2021; vgl. IWPR 17.5.2019).
Quellen:
- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- IWPR – Institute for War and Peace Reporting (17.5.2019): Uzbekistan: Keeping the Karakalpak Language Alive, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008893.html , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Usbekistan hat die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Frauen ratifiziert (UN-OHCHR o.D.). Gesetzlich sind Frauen den Männern gleichgestellt (USDOS 30.3.2021). Der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen stellte im April 2020 fest, dass zwischen Männern und Frauen in Usbekistan Ungleichheit herrscht, Geschlechtsstereotypen bedient werden und dass Frauen in der Legislative und Judikative unterrepräsentiert sind. Außerdem zeigte sich der Menschenrechtsausschuss besorgt über Kinder- und Zwangsehen, Polygamie, häusliche Gewalt und mangelnden Opferschutz (HRW 13.1.2021).
Frauen genießen formal gleiche politische Rechte [wie Männer], sind aber nicht in der Lage, sich selbstständig zu organisieren, um ihre politischen Interessen in der Praxis zu vertreten. Frauen sind in Führungspositionen weiterhin unterrepräsentiert (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Es wurde eine Frauenquote von 30% für das Parlament eingeführt (OSZE 13.5.2020; vgl. ÖB 9.2020). Die Regierung stellt nur wenige Daten zur Verfügung, um Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen feststellen zu können (USDOS 30.3.2021). Die Bildungschancen von Frauen werden durch diskriminierende kulturelle und religiöse Normen begrenzt (FH 3.3.2021).
Im Jahr 2019 unterzeichnete der Präsident ein Gesetz über häusliche Gewalt. Bestrafungen für häusliche Gewalt sind unzureichend. Schutzmechanismen existieren, sind aber laut Aktivisten von geringem Nutzen für Opfer. Kulturelle Normen halten Frauen und deren Familien davon ab, offen über Vergewaltigung zu sprechen. Vergewaltigungen werden selten gemeldet oder strafrechtlich verfolgt. Vergewaltigung in der Ehe ist nicht ausdrücklich unter Strafe gestellt. Sexuelle Belästigung ist laut Gesetz nicht ausdrücklich verboten (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, FH 3.3.2021). Bevor eine Scheidung eingereicht werden kann, müssen sich verheiratete Personen, darunter auch Opfer häuslicher Gewalt, vor den Versöhnungsausschuss der Mahallas (Nachbarschaftskomitees) begeben (UNHRC 1.5.2020). Es gibt von der Regierung und von NGOs betriebene Zufluchtsstätten für Opfer häuslichen Missbrauchs. Auch existieren Telefon-Hotlines für Opfer (USDOS 30.3.2021).
Polygamie, obwohl gesetzlich verboten, wird in einigen Teilen des Landes inoffiziell praktiziert und mit bis zu drei Jahren Haft und einem Bußgeld bestraft. Die betroffenen Frauen werden nicht bestraft (USDOS 30.3.2021).
In bestimmten Bereichen besteht Geschlechtertrennung, nämlich bei Festen, religiösen Riten sowie im ländlichen Milieu (GIZ 12.2020b).
Quellen:
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020b): Länderinformationsportal: Usbekistan – Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/ , Zugriff 5.5.2021
- HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World report 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043741.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (13.5.2020): REPUBLIC OF UZBEKISTAN: PARLIAMENTARY ELECTIONS 22 December 2019 - ODIHR Election Observation Mission Final Report, https://www.osce.org/files/f/documents/9/3/452170_1.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Kinder
Die usbekische Staatsbürgerschaft wird durch Geburt auf dem Territorium des Landes erworben oder auch von den Eltern abgeleitet. Alle Geburten werden im Allgemeinen sofort registriert (USDOS 30.3.2021; vgl. UNHCR 17.3.2020). Usbekische Behörden berichten, 185 Fälle verkaufter Babys zwischen 2017 und 2020 protokolliert zu haben. Gemäß dem Innenministerium waren die Beweggründe der betroffenen Mütter mehrheitlich finanzielle und soziale Unsicherheit (EN 12.1.2021). Die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren beträgt 1,7% (Stand: Jahr 2021) (WHI 2021).
In Usbekistan herrscht Schulpflicht. Die ländliche Bevölkerung hat weniger Möglichkeiten als die Stadtbevölkerung, eine solide Ausbildung zu erhalten und eine Arbeit zu finden. Weibliche Personen haben theoretisch und praktisch gleiche Bildungschancen [wie männliche Personen] und machen von diesem Recht häufig Gebrauch (BS 2020). Obwohl das öffentliche Bildungssystem kostenlos ist, dürfen Schulen informelle Gebühren einheben (USDOL 29.9.2021). Es kommt häufig vor, dass Studierende gegen Bezahlung von Bestechungsgeldern bessere Noten erhalten. Nur 9,5% der Bevölkerung im Studierendenalter haben Zugang zu höherer Bildung (BS 2020). Das gesetzliche Mindestalter für Erwerbstätigkeit liegt bei 16 Jahren. Das Gesetz erlaubt Teilzeitarbeit ab einem Alter von 15 Jahren. Die Beschäftigung in einigen gefährlichen Bereichen ist für Kinder und Jugendliche verboten. Kinderarbeit ist nicht weit verbreitet. Unter anderem existieren einzelne Fälle von Kinderarbeit bei der Baumwollproduktion und -ernte und auch Fälle kommerzieller sexueller Ausbeutung. Von der Regierung angeordnete Kinderarbeit ist nicht feststellbar (USDOS 30.3.2021).
Sexuelle Ausbeutung von Kindern ist gesetzlich verboten. Kinderprostitution ist mit einem Bußgeld und einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bedroht. Kinderpornografie wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von drei bis zu fünf Jahren geahndet. Das Strafausmaß für Vergewaltigung Minderjähriger beträgt 15 bis 20 Jahre Haft. Gewalt gegen Kinder wird gesellschaftlich als Familienangelegenheit betrachtet (USDOS 30.3.2021). Körperliche Züchtigung von Kindern zu Hause ist nicht verboten. In Schulen und Tagesbetreuungseinrichtungen ist die körperliche Züchtigung von Kindern nicht ausdrücklich verboten, ebenso nicht als Disziplinarmaßnahme in Strafanstalten (GI 1.2020).
Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich besorgt über die Situation von Kindern in Haftanstalten, über die Anwendung von Isolationshaft als Disziplinarstrafmaßnahme und über mangelnde Möglichkeiten regelmäßiger familiärer Kontakte (UNCAT 14.1.2020). Es wurden Fälle von Folter und Belästigung festgestellt (Humanium o.D.).
Das gesetzliche Mindestalter für Eheschließungen beträgt 18 Jahre. In Ausnahmefällen dürfen Distriktsbehörden das Heiratsalter um ein Jahr herabsetzen. In einigen ländlichen Gebieten werden 15-jährige oder jüngere Mädchen im Rahmen religiöser, nicht offiziell vom Staat anerkannter Zeremonien verheiratet (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). Der Anteil der Frauen, welche vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet werden, wird auf 7% geschätzt (Humanium o.D.).
Usbekistan hat die Kinderrechtskonvention ratifiziert (UN-OHCHR o.D.). Am 22.4.2019 unterzeichnete der Präsident eine Verordnung, welche das Amt einer Ombudsperson für die Rechte von Kindern schuf (ZA 28.6.2019; vgl. ÖB 9.2020).
Quellen:
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- EN – Eurasianet (12.1.2021): Uzbekistan: 185 newborns sold over four-year period, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043752.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- GI – Global Initiative to End All Corporal Punishment of Children (1.2020): Corporal punishment of children in Uzbekistan, www.endcorporalpunishment.org/wp-content/uploads/country-reports/Uzbekistan.pdf , Zugriff 16.11.2021
- Humanium (o.D.): Kinder in Usbekistan: Kinderrechte in Uzbekistan verwirklichen, https://www.humanium.org/de/usbekistan/ , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (17.3.2020): Uzbekistan to end statelessness for 50,000 people, https://www.unhcr.org/news/press/2020/3/5e70b9474/uzbekistan-end-statelessness-50000-people.html , Zugriff 10.11.2021
- UN-OHCHR – United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): Uzbekistan: Status of Ratification – Interactive Dashboard, https://indicators.ohchr.org/ , Zugriff 10.11.2021
- USDOL – US Department of Labor [USA] (29.9.2021): 2020 Findings on the Worst Forms of Child Labor: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2061991.html , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
- WHI – Welthunger-Index (2021): Usbekistan, https://www.globalhungerindex.org/de/uzbekistan.html , Zugriff 10.11.2021
- ZA – Zentralasien-Analysen (28.6.2019): Chronik 20.4.-21.6.2019 Usbekistan (Nr. 135), https://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen135.pdf , Zugriff 10.11.2021
Bewegungsfreiheit
Die Verfassung garantiert Bewegungsfreiheit im In- und Ausland sowie das Recht auf Emigration und Repatriierung. Von der Regierung werden diese Rechte in der Praxis respektiert (USDOS 30.3.2021). Die Bewegungsfreiheit im Inland wird durch ein Aufenthaltsregistrierungssystem (Propiska) beschränkt, welches beispielsweise den Umzug vom Land in Städte erschwert (EN 15.1.2020; vgl. FH 28.4.2021). Für In- und Auslandsreisen ist ein Wohnsitzregistrierungsstempel im Inlandspass erforderlich. Gelegentlich kommt es im Rahmen von Visum-Antragsverfahren zu zeitlichen Verzögerungen bei der Planung von Reisen sowie Emigration (USDOS 30.3.2021).
Für Auslandsreisen benötigen Bürger Usbekistans einen separaten Reisepass, welcher vom Innenministerium ausgestellt wird und für zehn (Erwachsene) bzw. fünf Jahre (Minderjährige) gültig ist (USDOS 30.3.2021). Im Jahr 2019 wurde das Ausreisevisasystem abgeschafft (FH 3.3.2021; vgl. ÖB 9.2020). Dennoch erfordern Auslandsaufenthalte weiterhin eine Genehmigung. Ehemalige politische Gefangene werden gemäß Berichten an Auslandsreisen gehindert, auch wenn sie beispielsweise dringend einer medizinischen Behandlung bedürfen (UNHRC 1.5.2020; vgl. ÖB 9.2020).
Quellen:
- EN – Eurasianet (15.1.2020): Uzbekistan sustains poverty by blocking internal migration, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022847.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (28.4.2021): Nations in Transit 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2050464.html , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Grundversorgung und Wirtschaft
Ein beträchtlicher Anteil der Bevölkerung ist von Armut bedroht (BS 2020). Im Jänner 2021 berichtete der Präsident, dass zwischen 12% und 15% der Bevölkerung in Armut leben (USDOS 30.3.2021). Staatliche Gehälter und Pensionen sind relativ niedrig (BS 2020). Ca. 2,5% der Bevölkerung sind unterernährt (WHI 2021). 28% der Bevölkerung haben keinen Zugang zu Wasserversorgung. In vielen Städten und Dörfern ist die örtliche Bevölkerung mit einer mangelnden Infrastruktur für Gas und Strom konfrontiert (BS 2020).
Zu den bedeutendsten usbekischen Exportgütern zählen Erdgas, Baumwolle/Textilien, Nahrungsmittel sowie Metalle (WKO 6.2021a). Usbekistan ist weltweit der fünftgrößte Baumwollexporteur und der siebtgrößte Baumwollproduzent (CIA 26.10.2021; vgl. ÖB 9.2020). Das Land besitzt eine starke industrielle Basis (WKO 6.2021b). Alle landwirtschaftlichen Flächen sind Staatseigentum (HF o.D.). Präsident Mirsijojew hat die Monopolkontrolle der Regierung über die Vermarktung von Baumwolle und Getreide abgeschafft (CACI 28.4.2020). Im Doing Business Ranking der Weltbank hat sich Usbekistan in den letzten acht Jahren um 97 Plätze auf Rang 69 verbessert. Zu den wichtigsten Reformen seit 2016 zählt die im September 2017 beschlossene Wechselkursliberalisierung. Seither wird die usbekische Währung (Som) durch den Marktwert bestimmt (WKO 6.2021a). Die weit verbreitete Korruption und die extensive staatliche Kontrolle der Wirtschaft hemmen die Privatwirtschaft (FH 3.3.2021).
Die usbekische Wirtschaft verzeichnete seit der Öffnung des Landes 2017 ein starkes Wirtschaftswachstum (WKO 6.2021b). Trotz der Coronakrise ist die usbekische Wirtschaft im Jahr 2020 mit ca. 1,6% gewachsen (WKO 3.11.2021; vgl. WB o.D.). Die Arbeitslosigkeit betrug im ersten Halbjahr 2021 10,2%. Die Exporte stiegen um 12,3%, und die öffentliche Verschuldung fiel im ersten Halbjahr 2021 auf 38,5% des BIP. Die Inflation ist im Juni 2021 auf 11% gesunken (WB o.D.). Zahlreiche Maßnahmen wurden eingeführt, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie vor allem für Einzelunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen abzufedern: Aufschub von Steuerprüfungen; Erstreckung von Zahlungsfristen für verschiedene Steuern; Reduktion von Steuern und öffentlichen Gebühren; zinsfreie Kredite für besonders betroffene Wirtschaftssektoren (z.B. Tourismus); Exportfördermaßnahmen usw. (WKO 3.11.2021). Für Unternehmen und Personen mit niedrigem Einkommen wurden Subventionen eingeführt (WKO 6.2021b).
Quellen:
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- CACI – Central Asia-Caucasus Analyst (28.4.2020): Uzbekistan’s “System Reset", http://www.cacianalyst.org/resources/20-04-28FA-Aripov-Uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021
- CIA – Central Intelligence Agency [USA] (26.10.2021): The World Factbook: Uzbekistan, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/uzbekistan/ , Zugriff 2.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- HF – Heritage Foundation (o.D.): 2021 Index of Economic Freedom: Uzbekistan, https://www.heritage.org/index/country/uzbekistan , Zugriff 3.5.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft Usbekistan [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht Usbekistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2063649/USBE_%C3%96B-Bericht_2020_09.pdf , Zugriff 10.11.2021
- WB – World Bank (o.D.): The World Bank in Uzbekistan: Overview – Economy, https://www.worldbank.org/en/country/uzbekistan/overview#economy , Zugriff 10.11.2021
- WHI – Welthunger-Index (2021): Usbekistan, https://www.globalhungerindex.org/de/uzbekistan.html , Zugriff 10.11.2021
- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (3.11.2021): Coronavirus: Situation in Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/coronavirus-infos-usbekistan.html , Zugriff 10.11.2021
- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (6.2021a): Länderreport Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/usbekistan-laenderreport.pdf , Zugriff 10.11.2021
- WKO – Wirtschaftskammer Österreich [Österreich] (6.2021b): Wirtschaftsbericht Usbekistan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/usbekistan-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Sozialsystem
In Usbekistan existiert ein System der Sozialversicherung (SSA 3.2019). Der Mechanismus zur Identifizierung Bedürftiger ist unzureichend. Vor allem die Mahallas (Nachbarschaftskomitees) werden von der Öffentlichkeit kritisiert, und ihnen wird ein intransparentes Finanzsystem und willkürliche Verteilung von Geldern vorgeworfen (EN 26.8.2020). Die Mahallas bieten verschiedene soziale Hilfeleistungen an, darunter Unterstützung älterer Personen, Alleinerziehender oder kinderreicher Familien (USDOS 30.3.2021).
Im Falle einer Mutterschaft werden 100% des Einkommens 56 Tage vor und 56 Tage nach dem Geburtstermin ausbezahlt. Falls Komplikationen auftreten oder im Falle von Mehrlingsgeburten kann der Unterstützungszeitraum auf 70 Tage ausgeweitet werden. Berufstätige Mütter, welche Kinder unter zwei Jahren betreuen, erhalten 200% des monatlichen Mindestlohns. Mütter, welche Kinder zwischen zwei und drei Jahren betreuen, dürfen unbezahlten Urlaub nehmen. Kleinkindbeihilfen sind vorgesehen für Kinder unter zwei Jahren und sind einkommensabhängig, außer im Falle Alleinerziehender und bei Familien mit mindestens einem beeinträchtigten Kind. Kleinkindbeihilfen betragen 200% des monatlichen Mindestlohns. Auf Empfehlung der örtlichen Nachbarschaftskomitees können z.B. bedürftige Familien in den Genuss von Familienbeihilfen kommen. Familienbeihilfen betragen das 1,5- bis 3-fache des monatlichen Mindestlohns für drei Monate. Dieser Zeitraum kann unter bestimmten Bedingungen ausgedehnt werden. Sozialhilfen für Familien sind vorgesehen für bedürftige Familien mit Kindern unter 14 Jahren. Ausbezahlt werden 50% des monatlichen Mindestlohns für ein Kind, 100% für 2 Kinder, 140% für drei Kinder und 175% für vier oder mehr Kinder. Sozialhilfen für Familien werden für einen (verlängerbaren) Zeitraum von sechs Monaten ausbezahlt (SSA 3.2019).
Um sich für eine Arbeitslosenunterstützung zu qualifizieren, muss die betreffende Person während der letzten zwölf Monate mindestens zwölf Wochen gearbeitet haben oder sich zum ersten Mal als arbeitssuchend registrieren. Die Leistung kann gekürzt, ausgesetzt oder entzogen werden, z.B. wenn der Versicherte aus disziplinarrechtlichen Gründen entlassen wurde, das Dienstverhältnis ohne triftigen Grund beendet hat oder wenn der Versicherte betrügerische Ansprüche geltend gemacht hat. Die Arbeitslosenunterstützung beträgt 50% des Durchschnittslohns des Versicherten während der letzten 26 Wochen und mindestens 100% vom monatlichen Mindestlohn (SSA 3.2019).
Im Falle von Krankheit gibt es finanzielle Unterstützung für Einwohner Usbekistans, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, in Bildungskarenz oder arbeitslos sind. Das Krankengeld beläuft sich auf 60% des letzten Monatsgehalts bei weniger als acht Jahren ununterbrochener Beschäftigung und auf 80% bei mindestens acht Jahren Beschäftigung (SSA 3.2019).
Das Pensionsantrittsalter liegt bei 60 Jahren für Männer mit 25-jähriger Berufserfahrung und bei 55 Jahren für Frauen mit 20-jähriger Berufserfahrung. Alterspensionen werden abhängig vom Einkommen des Versicherten ausbezahlt. Personen mit niedrigem Einkommen erhalten die monatliche Mindestpension. Mit Stand November 2018 betrug die monatliche Mindestpension (Alterspension) 396.500 Som [ca. EUR 32]. Eine Alters- bzw. Sozialpension steht einkommensabhängig zu für Männer ab 60 Jahren mit weniger als 25 Jahren Berufserfahrung und für Frauen ab 55 Jahren mit weniger als 20 Jahren Berufserfahrung. Die Alters- bzw. Sozialpension beträgt 243.300 Som [ca. EUR 20] monatlich (Stand November 2018) (SSA 3.2019).
Es gibt Invaliditätspensionen, welche gemäß zwei Invaliditätskategorien ausbezahlt werden: Gruppe I (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, permanenter Betreuungsbedarf) und Gruppe II (Vollinvalidität, Arbeitsunfähigkeit, kein permanenter Betreuungsbedarf). Personen mit den Invaliditätsgraden I und II erhalten bei weniger als 25 Jahren Erwerbstätigkeit (Männer) oder weniger als 20 Jahren Erwerbstätigkeit (Frauen) 55% des durchschnittlichen Monatslohns von fünf aufeinanderfolgenden Jahren während der letzten zehn Jahre. Die Mindestpension für Personen mit den Invaliditätsgraden I und II beträgt 100% der monatlichen Mindestpension (Alterspension) (SSA 3.2019).
Die Hinterbliebenenpension beträgt 30% des monatlichen Durchschnittseinkommens des verstorbenen Angehörigen und mindestens 50% des monatlichen Mindestlohns (SSA 3.2019).
Leistungen werden an die Entwicklung der Lebenserhaltungskosten angepasst (SSA 3.2019).
Quellen:
- EN – Eurasianet (26.8.2020): Uzbekistan: Charities resist government monopolization of social protection, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036816.html , Zugriff 10.11.2021
- SSA – Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 - Country Summaries: Uzbekistan, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/uzbekistan.pdf , Zugriff 10.11.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend. Ein zuverlässig funktionierendes Rettungswesen ist auch in den Städten nicht überall existent. Auch in Taschkent und Samarkand entspricht die medizinische Versorgung vielfach nicht europäischem Standard (AA 29.10.2021; vgl. Gov.uk o.D.). Die meisten Krankenhäuser sind unzureichend ausgestattet, und die Hygienebedingungen sind ebenfalls ungenügend, vor allem in Spitälern in ländlichen Regionen (Gov.uk o.D.). In Usbekistan gibt es 558 Krankenhäuser (BS 2020).
Armutsbezogene Krankheiten wie Tuberkulose, aber auch HIV/AIDS sind auf dem Vormarsch (GIZ 12.2020b; vgl. AA 29.10.2021). Das Gesetz schützt HIV-Infizierte vor Diskriminierung. HIV-positive Personen berichten über soziale Isolation und Diskriminierung durch Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, Gesundheitspersonal, Strafverfolgungsbehörden, Vermieter und Arbeitgeber. Das Militär hat HIV-positive Rekruten aus der Armee ausgestoßen (USDOS 30.3.2021).
Die Verfassung garantiert usbekischen Bürgern kostenfreien Zugang zur Gesundheitsversorgung. Das von der Regierung garantierte Basisleistungspaket umfasst Primärversorgung, Notfallversorgung, Behandlung sozial bedeutender und gefährlicher Krankheiten (insbesondere übertragbare Krankheiten sowie einige nicht-übertragbare Krankheiten, darunter schlechte psychische Gesundheit und Krebserkrankungen) sowie die spezielle (sekundäre und tertiäre) Versorgung von Bevölkerungsgruppen, welche von der Regierung als vulnerabel eingestuft werden. Medikamente, die stationär verabreicht werden, sind im Basisleistungspaket enthalten und werden kostenlos abgegeben. Ambulant verschriebene Medikamente sind nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen, darunter HIV/AIDS-Patienten, Patienten mit Diabetes oder Krebs sowie für bei Hilfsorganisationen registrierte, alleinstehende Pensionisten, kostenlos (BDA 22.9.2017).
Weil das vom Staat bereitgestellte Budget nicht ausreicht, um alle Kosten zu decken, wird erwartet, dass Patienten informelle Zahlungen in Form von Geschenken oder Bestechungsgeldern leisten. In sekundären und tertiären Pflegeeinrichtungen wird zunehmend auch der Ansatz formeller Zahlungen gefördert (BDA 22.9.2017).
Quellen:
- AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (29.10.2021): Usbekistan: Reise- und Sicherheitshinweise (COVID-19-bedingte Reisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/usbekistan-node/usbekistansicherheit/206790 , Zugriff 10.11.2021
- BDA – Belgian Desk on Accessibility / Belgian Immigration Office [Belgien] (22.9.2017): Question & Answer BDA-20170117-UZ-6438
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
-
- GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH [Deutschland] (12.2020b): Länderinformationsportal: Usbekistan – Gesellschaft, https://www.liportal.de/usbekistan/gesellschaft/ , Zugriff 5.5.2021
- Gov.uk – Webseite der Regierung [Großbritannien] (o.D.): Foreign travel advice Uzbekistan: Health, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/uzbekistan/health , Zugriff 21.10.2021
- USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048165.html , Zugriff 10.11.2021
Rückkehr
Das Thema der Migration ist in Usbekistan auf der Gesetzesebene unzureichend und uneinheitlich ausgearbeitet, was zu unregulierten Migrationsströmen führt. Fragen der Rückkehrmigration werden in nationalen Entwicklungsstrategieplänen erörtert, so im Rahmen der Entwicklungsstrategie für die Jahre 2017-2021. Eine einheitliche Migrationspolitik existiert nicht. Auch wurde bisher nicht das Gesetz „Über die Migration“ verabschiedet. Im Jahr 2018 wurde Usbekistan Mitglied der Internationalen Organisation für Migration (IOM) (IOM 2020).
Im Exil Lebende werden von der usbekischen Regierung transnational unterdrückt. Während der vergangenen sechs Jahre kam es zu Attentaten gegen Exilanten (FH 2.2021). Das Interesse der usbekischen Behörden an rückkehrenden usbekischen Staatsangehörigen richtet sich vor allem danach, wie lange sie im Ausland waren und in welchen Staaten sie sich während dieses Zeitraums aufgehalten haben. So ist nach einer Rückkehr aus dem Ausland mit einer kurzen Befragung durch die Polizei zu rechnen. Bei der Rückkehr aus einem Krisenland (etwa Syrien) hingegen besteht ein besonderes Interesse der usbekischen Behörden an Rückkehrern. Solche Befragungen stellen sich langwierig und intensiv dar (ÖB 18.3.2019).
Das Anti-Folter-Komitee der Vereinten Nationen zeigt sich beunruhigt über Berichte, dass nationale Sicherheitsbeamte im Geheimen Exilanten gegen deren Willen nach Usbekistan zurückbringen. Viele der Betroffenen werden versteckt festgehalten und angeblich gefoltert sowie misshandelt, um Geständnisse oder die Belastung anderer Personen zu erzwingen (UNCAT 14.1.2020).
Oppositionsgruppen sind hauptsächlich aus dem Exil tätig. Heimische Unterstützer oder Familienangehörige von im Exil lebenden Oppositionellen werden verfolgt, und ihnen wird die Teilnahme an Wahlen untersagt (FH 3.3.2021; vgl. UNHRC 1.5.2020). Menschenrechtsverteidiger und Journalisten im Exil werden geheim überwacht und sind das Ziel von Phishing- und Spyware-Angriffen (AI 7.4.2021; vgl. FH 2.2021).
Der Präsident ersuchte usbekische Bürger im Ausland, nach Usbekistan zurückzukehren und mit ihren Fähigkeiten, Wissen und Expertise einen Beitrag zur Umgestaltung des Landes zu leisten (BS 2020; vgl. TD 31.5.2019).
Eine Überschreitung der Grenze unter Verletzung der geltenden rechtlichen Bestimmungen wird mit einer Geldstrafe, Freiheitsbeschränkung oder Freiheitsstrafe von drei bis fünf Jahren bestraft (ÖB 18.3.2019).
Quellen:
- AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World’s Human Rights; Uzbekistan 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048789.html , Zugriff 10.11.2021
- BS – Bertelsmann Stiftung (2020): Uzbekistan Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029522/country_report_2020_UZB.pdf , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (2.2021): Out of Sight, Not Out of Reach. The Global Scale and Scope of Transnational Repression, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045035/Complete_FH_TransnationalRepressionReport2021_rev020221.pdf , Zugriff 10.11.2021
- FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Uzbekistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052877.html , Zugriff 10.11.2021
- IOM – Internationale Organisation für Migration (2020): Возвратная миграция: международные подходы и региональные особенности Центральной Азии [Rückkehrmigration: Internationale Zugänge und regionale Besonderheiten Zentralasiens], https://publications.iom.int/system/files/pdf/return-migration-in-ca-ru.pdf , Zugriff 10.11.2021
- ÖB – Österreichische Botschaft [Österreich] (18.3.2019): Information per E-Mail
- TD – The Diplomat (31.5.2019): Can Return Migration Be a ‘Brain Gain’ for Uzbekistan?, https://thediplomat.com/2019/05/can-return-migration-be-a-brain-gain-for-uzbekistan/ , Zugriff 10.11.2021
- UNCAT – United Nations Committee against Torture (14.1.2020): Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CAT/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2023235/G2000804.pdf , Zugriff 10.11.2021
- UNHRC – United Nations Human Rights Committee (1.5.2020): International Covenant on Civil and Political Rights: Concluding observations on the fifth periodic report of Uzbekistan (CCPR/C/UZB/CO/5), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027965/G2010846.pdf , Zugriff 10.11.2021
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der die Beschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aus der mündlichen Verhandlung am 25.09.2024 und dem persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin dabei gewinnen konnte, sowie den vorgelegten oben näher angeführten - Dokumenten.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer, zu ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, ihrem Lebenslauf, der Schulbildung und Berufserfahrung sowie der familiären Situation in der Heimat gründen sich in den festgestellten Punkten auf ihre diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben in den Verfahren.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführer und auf dem Umstand, dass im Verfahren keine ärztlichen Dokumente vorgelegt wurden. Zwar stellte die Zweitbeschwerdeführerin nunmehr vage in den Raum, sie hätte durch die Geburt der Kinder Herzschmerzen, führte das jedoch nicht weiter aus, nannte keine ärztlichen Behandlungen und gab im Übrigen durchgehend an, sie sei arbeitsfähig.
Dass die Beschwerdeführer ihr Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen konnten, basiert auf folgenden Überlegungen:
Wie bereits das Bundesamt ausführte, basiert das neue Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers im Wesentlichen auf den rechtskräftig als unglaubwürdig festgestellten Fluchtgründen des Vorverfahrens und ist zudem in wesentlichen Punkten vage, ausweichend, widersprüchlich und insgesamt nicht plausibel.
Im ersten Verfahren hatten sich die Beschwerdeführer zur Begründung ihrer Anträge auf internationalen Schutz zusammengefasst ausschließlich auf eine behauptete Bedrohung des Erstbeschwerdeführers durch einen Mullah bzw. durch mehrere alte bärtige Männer aus einer Moschee gestützt, die ihm zunächst Geld gegeben und ihn laut damaliger Erstbefragung zum IS nach Syrien hätten schicken wollen, bzw. – in der seinerzeit vor dem Bundesamt geschilderten Version - ihm zunächst Arbeit an einer Moschee angeboten und ihn danach gesucht hätten, wobei sein Arbeitgeber vermutet haben soll, sie würden ihn entweder töten oder nach Syrien schicken wollen. Jedoch war, wie das Bundesverwaltungsgericht im rechtskräftigen Vorerkenntnis ausführte, dieses Vorbringen aufgrund der grob widersprüchlichen Darstellung durch den Erstbeschwerdeführer während der Erstbefragung und anlässlich der Einvernahme vor dem Bundesamt nicht glaubhaft.
Im gegenständlichen Verfahren brachte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung zum Folgeantrag am 05.05.2022 vor: „Ich habe mit meinem Vater vor ca. 2-3 Wochen gesprochen. Er sagte mir, dass die Polizei bei meinem Vater war und nach mir sucht. Sie waren 2-3 Mal bei meinem Vater. Mein Vater soll die Polizei informieren, wenn ich zurück in mein Heimatland kehre. Wir sind in unserer Heimat in Gefahr. Wir können nicht zurück, da die die nach uns suchen erfahren haben, dass wir hier in Österreich sind und um Asyl angesucht haben. Das Leben meiner Familie ist in Gefahr. Mein Vater hat uns darüber informiert. Ich will nicht zurück, ich kann nicht zurück, meine drei Kinder sind hier geboren. Wir wollen hier bleiben. Das sind alle unsere Fluchtgründe, unsere alten bleiben bestehen. Mehr Fluchtgründe haben wir nicht.“
Vor der Behörde gab er dann am 21.06.2023 im Wesentlichen an, letztes Jahr im April hätte ein Polizist in Zivil bei seinen Eltern zuhause nach ihm gefragt und seitdem komme die Polizei regelmäßig dorthin. Jemand von der Botschaft habe die Behörde in Usbekistan darüber informiert, dass der Erstbeschwerdeführer aktuell in Österreich sei. Am XXXX hätte er einen Termin bei der usbekischen Botschaft gehabt, sei aber aus Angst nicht hingegangen und habe dann einen zweiten Asylantrag gestellt. Die Polizei lasse seine Eltern nicht in Ruhe, letzten Monat wären diese Leute zu fünft wieder bewaffnet bei ihnen zuhause gewesen, hätten ihre Ausweise gezeigt und das Haus durchsucht. Die Familie habe einen vom Großvater geerbten Koran und auch zwei Bücher mit Gebeten, die von den Polizisten gefunden worden seien. Diese Leute hätten seinem Vater gesagt, der Erstbeschwerdeführer wäre ein Terrorist, der im Ausland um Asyl angesucht habe, von ihm verlangt, den Erstbeschwerdeführer zu finden, und ihm gedroht, sie würden ansonsten die in der Heimat befindliche XXXX jährige Tochter des Erstbeschwerdeführers verfolgen. Darum habe der Erstbeschwerdeführer sich entschieden, die Tochter per Flug nach Russland zu schicken, zur Cousine seiner Ehefrau. Diese Verfolgung dauere schon ein Jahr. Damals im Jahr 2013 hätten er und sein Freund in einem Dorf, auf einer Baustelle einer Moschee gearbeitet. Dort befindliche ältere bärtige Männer hätten ihm Arbeit beim Bau einer Moschee im Ausland angeboten - der ältere Mann habe gesagt, in Syrien, und ihm auch 300 US-Dollar Anzahlung gegeben. Abends seien Leute mit langen Bärten zu ihm nach Hause gekommen, um ihn nach Syrien zu bringen, und die Beschwerdeführer deshalb ins Ausland geflüchtet. Er vermute, dass die Polizei ihn aus diesem Grund sucht. Somit gründet das nunmehrige Fluchtvorbringen auf dem nicht glaubhaften des Vorverfahrens, zumal der Erstbeschwerdeführer vor der Behörde ansonsten auf Nachfrage, was die Polizei denn von ihm wolle, nur antwortete: „Ich weiß es nicht. Mein Vater weiß es auch nicht. Ich werde aber von ihnen gesucht.“ Nachgefragt, warum die Polizei ihn für einen Terroristen halten sollten, antwortete der Erstbeschwerdeführer später vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur ausweichend: „Das wissen wir nicht, warum sie so denken. Sie haben meinem Vater gesagt, dass wir Asylanträge gestellt haben. Mein Vater hat ihnen gesagt, dass er darunter nichts verstehe.“
Im Rahmen der Verhandlung versuchte er, dass die Polizeibehörden erst sieben Jahre nach der Ausreise seinen Vater aufgesucht haben sollen, dann folgendermaßen zu begründen: „Die Polizisten haben gesagt, dass sie wissen würden, dass ich irgendwo anders um Asyl angesucht habe und dass sie wissen, dass ich ein Terrorist bin. Mein Haus befindet sich neben dem Haus meines Vaters. Sie haben mein Haus durchsucht und fanden religiöse Bücher, das ist für sie ein Grund zu sagen, dass ich ein Terrorist sei. Mein Vater hat gesagt, dass er nicht weiß wo ich bin. Die Polizisten haben aber betont, dass sie wissen, dass ich ein Terrorist sei und er solle dafür sorgen, dass ich zurückkomme. Die Bücher waren für sie ein Verdacht darauf, dass ich ein Terrorist sei.“ Nochmals gefragt, warum ihn die Polizei jetzt suchen sollte, erwiderte er ausweichend: „Die Polizei hat diese Bücher nach der Hausdurchsuchung bei uns gefunden. Sie sagten meinem Vater, dass diese Bücher ein Beweis dafür wären, dass ich ein Terrorist bin.“ Ebenso ausweichend war die Antwort auf die Frage, ob die Polizisten seinem Vater den Grund für die Hausdurchsuchung genannt hätten: „Als die Polizei meinen Vater nach meinem Verbleib befragte, sagte er, dass er nicht wissen würde, in welchem Land ich mich befinde. Er sagte weiters, mein Haus sei vielen Jahren unbewohnt. Wenn sie ihm nicht glauben würden, dann sollten sie einfach in das Haus gehen und sich selbst davon überzeugen und das taten sie dann auch.“ Das Ganze widerspricht aber wiederum massiv der Begründung, die Behörden würden ihn wegen des Asylantrags im Ausland suchen, weil nicht nachvollziehbar ist, warum sie dies bei der Familie zu Hause tun sollten, wenn sie davon Kenntnis haben, dass er sich nicht in der Heimat aufhält.
Nachgefragt, woher sie von dem Asylantrag wissen sollten, erwiderte er lediglich: „Das wissen wir nicht. Das weiß mein Vater auch nicht. Wir hatten am XXXX einen Termin bei der Botschaft, wir sind dort nicht erschienen, damit es niemand herausfindet, dass wir hier sind.“ Abgesehen davon, dass letzteres nicht schlüssig ist, wenn schon eine angebliche Ladung existiert, gab er darüber, wie sie von dem Termin erfahren hätten, nur ausweichend an: „Wir haben einen Zettel erhalten, wenn wir hingegangen wären, hätten sie uns abgeschoben. Aus diesem Grund haben wir den Asylantrag gestellt.“ Nachgefragt, wo dieser Zettel sei, antwortete der Erstbeschwerdeführer. „Wir wissen es nicht, wir haben ihn entweder zuhause liegen, wir sind aber auch umgezogen. Wir wissen nicht wo er ist. Wir haben danach den Asylantrag gestellt und kümmerten uns nicht weiter um den Zettel.“ Es ist vollkommen unplausibel, dass die bereits in Asylverfahren erfahrenen Beschwerdeführer sich eben um die wichtige, den Folgeantrag auslösende, Ladung und somit das wichtige Beweisstück nicht weiter kümmern. Dies vorgehalten, erklärte er dann ausweichend im Widerspruch zum soeben Gesagten, sie hätten danach gesucht, aber nichts gefunden.
Absolut nicht nachvollziehbar ist auch, dass der Erstbeschwerdeführer zunächst nicht einmal angeben konnte, was auf dem Schreiben der Botschaft als Grund für sein Erscheinen genannt worden sein soll, und er dazu nur ausweichend behauptete: „Wir sprachen nicht so gut Deutsch, danach haben wir einen Asylantrag gestellt.“ Es ist jedoch schon nicht glaubhaft, dass die usbekische Botschaft Schreiben an Usbeken in deutscher Sprache verfasst. Dann brachte er wiederum vor, ein Freund habe das Schreiben übersetzt und gesagt, dass es ein Schreiben „unserer“ Botschaft sei und dass sie „uns“ mitgeteilt hätten, dass „wir“ dort erscheinen sollen. Die Botschaft werde sie der Polizei übergeben und sie würden abgeschoben, was aber auch nicht die Vorgangsweise bei einer Abschiebung ist.
Zudem verwickelte sich der Erstbeschwerdeführer erneut in Widersprüche. War seinen Angaben vor der Behörde zufolge zunächst ein Polizist bei seinem Vater gewesen und wären zuletzt zu fünft gekommen und hätten das Haus durchsucht, erklärte er vor der erkennenden Richterin: „Mein Vater hat erzählt, dass die Polizei bei ihm aufgetaucht ist und sich ausgewiesen hat. Es waren drei Polizisten und hätten nach meinem Verbleib gefragt. Sie sagten: „Wo ist dein Sohn? Finde ihn und bringe ihn.““
Gab er zunächst in der Verhandlung an, sie wären zuletzt im April 2022 bei seinem Vater gewesen, korrigierte er sich auf Nachfrage, sie kämen immer wieder.
Ausdrücklich verneinte der Erstbeschwerdeführer in der Verhandlung, vor dem ersten Antrag Probleme mit der Polizei gehabt zu haben.
Die Zweitbeschwerdeführerin stellte in einer weiter abgewandelten Version zu den Angaben ihres Gatten vor der Behörde in den Raum, dessen Arbeitgeber wären Wahabiten gewesen und hätten verlangt, dass ihr Mann sich dieser Bewegung anschließe. Er hätte dies abgelehnt, diese Leute hätten ihn verfolgt und deshalb seien sie geflüchtet. Konkreter wurde sie jedoch nicht.
Ausdrücklich bestätigte sie dabei jedoch, dass es in Usbekistan keinen Krieg gibt und die Sicherheitslage ruhig ist.
Die Verfassung sieht Religions- und Glaubensfreiheit vor sowie eine Trennung von Staat und Religion (USDOS 12.5.2021; vgl. BS 2020, ÖB 9.2020, BAMF 8.2021). Infolge eines neuen Religionsgesetzes, welches der Präsident im Juli 2021 unterzeichnete, wurde das Verbot des Tragens religiöser Kleidung in der Öffentlichkeit aufgehoben (ZA 1.8.2021; vgl. BAMF 8.2021). Schätzungsweise sind zwischen 88% und 96% der usbekischen Bevölkerung (insgesamt ca. 31 bis 34 Millionen Menschen) Muslime (USDOS 12.5.2021). Somit ist es auch nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer wegen eines bei ihm bzw. seinem Vater gefundenen Korans oder Gebetsbüchern von der Polizei als Terrorist angesehen worden sein soll und wurden bezüglich des Vaters, bei dem sich diese Gegenstände befunden haben sollen, auch keinerlei Probleme angedeutet.
Insofern die Beschwerdeführer behaupteten, sie wären wegen ihres Aufenthalts und der Asylantragstellung in Österreich von Verfolgung bedroht, ist darauf hinzuweisen, dass die Verfassung Bewegungsfreiheit im In- und Ausland sowie das Recht auf Emigration und Repatriierung garantiert. Von der Regierung werden diese Rechte in der Praxis respektiert (USDOS 30.3.2021). Bei den Beschwerdeführern handelt es sich eben nicht um Oppositionelle oder sonst exponierte Personen, die in den Fokus der Regierung geraten sind. Zwar ist nach einer Rückkehr aus dem Ausland mit einer kurzen Befragung durch die Polizei zu rechnen und besteht bei der Rückkehr aus einem Krisenland (etwa Syrien) ein besonderes Interesse der usbekischen Behörden an Rückkehrern (ÖB 18.3.2019), jedoch ist bei den aus Österreich zurückkehrenden Beschwerdeführern eine Verfolgung wegen ihrer Asylantragstellung auch auf Grundlage der Länderberichte nicht hinreichend wahrscheinlich. Zudem ist anzumerken, dass bereits am XXXX Heimreisezertifikate ausgestellt wurden und der Herkunftsstaat somit bereits damals Kenntnis von Aufenthalt in Österreich hatte, sodass auch nicht plausibel ist, warum dann erst 2023 nach dem Erstbeschwerdeführer deswegen gesucht werden soll, und ist auch aus diesem Grund die angebliche den Folgeantrag auslösende Vorladung vor die usbekische Botschaft gut zweieinhalb Jahre später für den XXXX in diesem Zusammenhang nicht glaubhaft. Auch ist es den österreichischen Behörden untersagt, Informationen bezüglich einer Antragsstellung weiterzuleiten.
Insgesamt ist es den Beschwerdeführern somit weiterhin nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat von Verfolgung bedroht zu sein.
Aus den getroffenen und dargestellten Länderfeststellungen lässt sich keine derartige Situation im Herkunftsland ableiten, wonach den Beschwerdeführern allein aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage ohne Hinzutreten individueller Faktoren in Usbekistan aktuell und mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ihrer Person drohen würde oder dass ihnen im Falle einer Rückkehr ins Herkunftsland die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Die Situation im Herkunftsland hat sich auch seit dem Zeitpunkt der letzten meritorischen Entscheidung vom 26.04.2019 in den gegenständlich relevanten Punkten nicht entscheidungswesentlich verändert.
Zu den Lebensumständen der Beschwerdeführer wird auf die Feststellungen zur zweiten Antragstellung verwiesen und stimmen auch diese im Wesentlichen mit den Feststellungen im Vorverfahren überein.
Die Feststellungen zur Integration sowie den familiären Bindungen im Bundesgebiet basieren auf den diesbezüglich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und vor der Behörde gemachten plausiblen Angaben der Beschwerdeführer sowie den vorgelegten Dokumenten, die zu den Deutschkenntnissen auf dem persönlichen Eindruck der erkennenden Richterin im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Hinsichtlich des in das Verfahren eingeführten Dokumentationsmateriales besteht angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat zugrunde gelegt werden konnten. Zudem wurde es den Beschwerdeführern unter Einräumung einer Möglichkeit zur Stellungnahme vorgehalten und es wurde nicht substantiiert widersprochen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Im vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit .). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide - Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;
25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt, ist es weiterhin nicht glaubwürdig, dass die Beschwerdeführer in der Heimat ernsthaft von Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wären.
Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide - Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten:
Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.
Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu den Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Judikatur beginnend mit seinem Urteil vom 18.12.2014, C-542/13, M'Bodj, klargestellt habe, dass die Statusrichtlinie die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nur in Fällen realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs im Sinn des Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden nach Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie bei Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (Art. 15 lit. c) vorsehe. Nicht umfasst seien dagegen insbesondere Fälle, in denen eine Rückkehr aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland – etwa im Gesundheitssystem –, die nicht von Dritten (Akteuren) verursacht würden, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde. Dem nationalen Gesetzgeber sei es – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union – auch unter Mitbeachtung des Art. 3 Statusrichtlinie verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuerkennen würden (vgl. allerdings zur Zulässigkeit der Erstreckung des Schutzes auf Angehörige eines Schutzberechtigten VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040, unter Hinweis auf EuGH 04.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova).
Im Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, erkannte der Verwaltungsgerichtshof jedoch, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer – unionsrechtlich nicht geforderten – Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof halte daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht werde – die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen könne.
Ausgehend davon ist demnach zu prüfen, ob im Falle der Rückführung eines Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde und somit zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 führte.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; vgl. auch VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0425; 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes).
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN).
In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinzuweisen, wonach es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61 204/09). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Im konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:
Wie bereits oben ausgeführt, bestehen weiterhin keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführer aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde.
Im Falle der Beschwerdeführer und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in der Heimat herangezogenen Erkenntnisquellen haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für die Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung entgegenstehen würde.
Ausgehend von den hier zugrundeliegenden Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige dort einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass im gesamten Staatsgebiet Usbekistans derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.
Außergewöhnliche Umstände, angesichts derer die Abschiebung die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, sind unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu erblicken.
Davon zu unterscheiden ist aber nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 19. Juni 2017, Ra 2017/19/0095, Rz. 18).
Nach der Rechtsprechung des VwGH zu Art. 3 EMRK hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaats gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (VwGH 25.2.2016, Ra 2016/19/0024, VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0155).
Im Fall der Beschwerdeführer ergeben sich aus den getroffenen Länderfeststellungen keine Hindernisse für eine Rückverbringung nach Usbekistan.
Die Beschwerdeführer sind grundsätzlich gesund und leiden an keinen ernsten physischen oder psychischen Krankheiten. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind arbeitsfähig und selbsterhaltungsfähig. Der Erstbeschwerdeführer besuchte in der Heimat neun Jahre die Schule und ging dort bis zur 2015 erfolgten Ausreise einer beruflichen Tätigkeit als Bauarbeiter/Dachdecker nach, die Zweitbeschwerdeführerin besuchte in der Heimat elf Jahre die Gesamtschule und lernte den Beruf der Schneiderin, sodass es ihnen dort möglich und zumutbar ist, für sich und ihre Kinder den notwendigen Lebensunterhalt zu erwirtschaften. Zudem befinden sich die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin unverändert in Usbekistan und steht es den Beschwerdeführern offen, wie bereits im Vorfeld ihrer Ausreise, im (Eltern-) Haus des Erstbeschwerdeführers Wohnsitz zu nehmen. Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass – wenn auch nicht im hiesigen Ausmaß - in Usbekistan auch ein Sozialsystem existiert, wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt.
Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten kann nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wären.
Weiters ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, Zl. 2001/01/0021). Selbst wenn vor dem Hintergrund dessen die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in eine in materieller Hinsicht beschwerliche Lebenssituation gelangen könnte, war aus diesen Erwägungen nicht abzuleiten, dass im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen würden, die die hohe Schwelle eines Eingriffs iSv Art. 2 und 3 EMRK erreichen würden.
Der Klarstellung des Verwaltungsgerichtshofs folgend, dass von einer wirtschaftlichen angespannten Situation das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, welches für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, zu unterscheiden ist (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095), ist für den gegenständlichen Fall entscheidend, dass hier aufgrund obenstehender Erwägungen eine solche Situation nicht gegeben ist.
Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation der Beschwerdeführer ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass sie im Fall einer Rückkehr in die Heimat in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung der durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.
Schließlich kann auch nicht gesagt werden, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer für diese als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. In Usbekistan ist eine Zivilperson nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt.
Insoweit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide - Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Da der Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG nicht seit mindestens einem Jahr geduldet ist, nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen erforderlich ist und sie nicht Opfer von Gewalt wurden, keine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896 erlassen wurde oder erlassen hätte werden können sowie die Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht haben, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist, ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 nicht von Amts wegen zu erteilen.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide ist somit als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführer sind als Staatsangehörige Usbekistans keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
Gemäß § 9 Abs. 6 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).
Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH vom 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).
Die Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Art. 8 EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden (vgl. VwGH 21.11.2022, Ra 2021/19/0457, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.
In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen neben den zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienleben bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Als Kriterien hiefür kommen in einer Gesamtbetrachtung etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens bzw. die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sich bei der Prüfung allein auf das Kriterium der Abhängigkeit zu beschränken, greift jedenfalls zu kurz (vgl. VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt - auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) - nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erk. des VfGH v. 9.6.2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; hg. Erk. v. 26.1.2006, 2002/20/0423 und Folgejudikatur, etwa die hg. Erk. v. 26.1.2006, 2002/20/0235, vom 8.6.2006, 2003/01/0600, vom 22.8.2006, 2004/01/0220 und vom 9.2.2007, 2005/20/0040, VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479, VwGH 19.11.2010, 2008/19/0010, u.v.a.).
Nach der Judikatur des EGMR sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A. W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff). Durch die Ausweisung des Beschwerdeführers lag somit ein Eingriff in ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht des Beschwerdeführers vor, weshalb die belangte Behörde jedenfalls gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs und damit zur Vornahme einer Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verpflichtet gewesen wäre (VwGH v. 20.6.2008, 2008/01/0060, VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093 mwN).
Nach der st. Rsp. des EGMR ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt ist, sondern auch faktische Familienbindungen erfasst, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (VwGH 28.6.2011 2008/01/0527)
Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können. Ausgehend davon hat die Asylbehörde das Nichtvorliegen eines Familienlebens nicht ausreichend begründet, indem sie es nur als "nicht ausgeschlossen" erachtete, dass der Asylwerber im Haushalt seiner "Freundin" lebe, ohne ausdrückliche Feststellungen über Art und Dauer dieses Zusammenlebens zu treffen, und die Beziehung ohne weitere Begründung als "lose und nicht derartig innig" beurteilte, dass dadurch ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet würde (VwGH 28.6.2011 2008/01/0527)
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (EGMR, Maslov/Österreich, 23.06.2008, 1638/03, RN 63). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration der Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl. nochmals VwGH Ra 2021/19/0457 bis 0459, mwN). (VwGH 19.3.2023, Ra 2022/19/0216)
Bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände iSd § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG 2014 darf maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass er sich (bereits nach Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in erster Instanz) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0034; VwGH 22.12.2009, 2009/21/0348). Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts auch auf die Kinder durchschlagen (vgl. VwGH 29.2.2012, 2009/21/0251), wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt (vgl. VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072). (VwGH 21.5.2019, Ra 2019/19/0136)
Wie aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ersichtlich, führt auch der überwiegende oder gänzliche Schulbesuch in Österreich nicht zu einem Überwiegen der privaten Interessen am Verbleib in Österreich (vgl. erneut VwGH Ra 2020/18/0457; ebenso VwGH 14.1.2022, Ra 2021/19/0009). (VwGH 9.3.2022, Ra 2022/14/0044 bis 0047-8)
Für den konkreten Fall ergibt sich Folgendes:
Wie festgestellt, haben die Beschwerdeführer keine weiteren Familienangehörigen oder sonstigen familienähnlichen Nahebeziehungen in Österreich, weshalb ein Eingriff in ihr Recht auf Familienleben iSd Art. 8 EMRK durch die gemeinsame Rückkehr von vornherein auszuschließen ist. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher lediglich allenfalls in ihr Privatleben eingreifen.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin stellten nach gemeinsamer illegaler und schlepperunterstützter Einreise in das Bundesgebiet am 12.12.2015 die ersten Anträge auf internationalen Schutz, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.04.2019 unter Erlassung von Rückkehrentscheidungen – auch für die mittlerweile im Bundesgebiet als gemeinsame Tochter nachgeborene Drittbeschwerdeführerin - als unbegründet abgewiesen wurden. Die Beschwerdeführer missachteten ihre Ausreiseverpflichtung und verblieben illegal im Bundesgebiet. In weiterer Folge wurden während dieses illegalen Aufenthalts der Viert- und Fünftbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren.
Somit waren die Beschwerdeführer lediglich vom Dezember 2015 bis April 2019 und seit Mai 2022, und auch nur wegen ihrer Asylanträge, die sich letztlich als unberechtigt erwiesen haben, rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und ihr Interesse an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Kontakte ist dadurch geschwächt, dass sie sich bei allen Integrationsschritten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein mussten. Zudem kamen sie nach den ersten rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern verblieben illegal im Bundesgebiet. Da sie überdies im Erstverfahren zwei Ladungen für Einvernahmetermine vor der Behörde nicht Folge geleistet hatten, kann auch nicht von einer überlangen Verfahrensdauer ausgegangen werden.
Die Integration der unbescholtenen Beschwerdeführer in Österreich ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch weiterhin nicht im hohen Grad ausgeprägt.
Dass sie strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Zwar arbeitet der Erstbeschwerdeführer seit 23.06.2023 im Bundesgebiet als Bauhilfsarbeiter, ansonsten übten die Beschwerdeführer jedoch keine legale Tätigkeit aus. Der Erstbeschwerdeführer besuchte keine Deutschkurse und verfügt trotz des mittlerweile über neunjährigen Aufenthalts lediglich über einfache Deutschkenntnisse. Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte zwar Deutschkurse, erwarb jedoch keine Zertifikate und hat trotz der Aufenthaltsdauer auch lediglich brauchbare Kenntnisse der deutschen Sprache. Mitglied in einem Verein sind beide nicht, sie haben nach eigenen Angaben Freunde und konnten jeweils eine Unterstützungserklärung vorlegen, weisen jedoch sonst keine engeren sozialen Bindungen auf bzw. konnten sie kein ehrenamtliches Engagement nachweisen. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer besuchen den Kindergarten. Weiter familiäre Bindungen oder enge soziale Beziehungen der Beschwerdeführer im Bundesgebiet existieren nicht.
Es ist auch nach wie vor von einer engen Bindung der Beschwerdeführer zur Heimat auszugehen, zumal die Eltern dort den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht haben, dort sozialisiert wurden, die Schule besuchten und erwerbstätig waren. Überdies sprechen sie alle eine Landessprache als Muttersprache. Hinzu kommt, dass nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte, vor allem die älteste noch minderjährige Tochter sowie die Eltern des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin (somit die Schwester und beide Großelternpaare der Kinder) in der Heimat leben. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer im Bundesgebiet geboren wurden und hier den Kindergarten besuchen, jedoch werden sie auch durch ihre Eltern sozialisiert, befinden sich im anpassungsfähigen Alter und kehren eben im Familienverband zur übrigen Familie in die Heimat zurück.
Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.
Bei Gesamtbetrachtung all der oben behandelten Umstände und der Abwägung dieser im Sinne des § 9 BFA-VG ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden oder die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG erforderlich machen würden.
Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.
Zu Spruchpunkt V. der angefochtenen Bescheide - Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat ist gegeben.
Zu Spruchpunkt VI. der angefochtenen Bescheide - Frist für die freiwillige Ausreise:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige besondere Umstände nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
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