VfGH B1277/04

VfGHB1277/049.6.2006

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Verhängung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes über einen straffällig gewordenen Fremden der 2. Generation; Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Recht auf Privatleben angesichts der Art und Schwere der begangenen (Jugend)Straftaten

Normen

EMRK Art8 Abs1, Abs2
FremdenG 1997 §36, §37
FremdenpolizeiG 2005 §65 Abs1, §125 Abs3 und Abs4
EMRK Art8 Abs1, Abs2
FremdenG 1997 §36, §37
FremdenpolizeiG 2005 §65 Abs1, §125 Abs3 und Abs4

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, wurde am 30. Jänner 1985 geboren, hält sich seit seinem 6. Lebensjahr in Österreich auf und hat hier die Pflichtschule absolviert, jedoch keine Berufsausbildung begonnen. Er besitzt seit 3. Juli 2001 eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck und einen bis 1. Juli 2006 gültigen Befreiungsschein. Ein Großteil seiner Familie lebt in Österreich.

Mit Urteil des Jugendgerichtshofs Wien vom 25. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer wegen teils versuchten, teils vollendeten Raubes nach §§142 Abs1, 143 erster Fall StGB iVm. §15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, davon 20 Monate bedingt, und mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Dezember 2003 nach §28 Abs2 und 3 zweiter Satz Suchtmittelgesetz (SMG) sowie §15 StGB iVm. §27 Abs1 SMG zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, davon zwei Jahre bedingt, rechtskräftig verurteilt. Für die Dauer der Probezeit wurde dem Beschwerdeführer Bewährungshilfe angeordnet sowie die Weisung erteilt, sich einer stationären Drogentherapie zu unterziehen.

Nach Absolvierung der stationären Drogentherapie wurde der Beschwerdeführer am 9. Juli 2004 in die ambulante Nachbetreuung entlassen. Nach der Aktenlage ist er seit 12. Juli 2004 als Reinigungskraft beschäftigt.

1.2. Aufgrund dieser strafgerichtlichen Verurteilungen erließ die Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Referat, mit Bescheid vom 30. Juni 2004 gemäß §36 Abs1 und 2 Z1 iVm. §39 Fremdengesetz 1997 (im Folgenden: FrG) ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gegen den damals 19-jährigen Beschwerdeführer. In der dagegen erhobenen Berufung wurden im Wesentlichen der lange Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, seine soziale Integration sowie die positiven Veränderungen seit der letzten strafgerichtlichen Verurteilung dargelegt.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien wies mit Bescheid vom 27. August 2004 die Berufung ab und bestätigte das gemäß §36 Abs1 und 2 Z1 FrG erlassene unbefristete Aufenthaltsverbot. Dabei vertritt sie im Wesentlichen die Ansicht, dass ein Eingriff in die durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierten Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorliege. Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers seien Ausdruck einer "außerordentliche[n] Geringschätzung, ja sogar Ignoranz gegenüber maßgeblichen in Österreich gültigen Rechtsvorschriften". Darüber hinaus sei die erfolgreiche Absolvierung einer Drogentherapie nicht geeignet, die vom Beschwerdeführer ausgehende "Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit gering zu schätzen oder gar als weggefallen zu betrachten". Zur Interessenabwägung gemäß §37 Abs2 FrG führt sie wie folgt aus:

"Bei der gemäß §37 Abs2 leg.cit. durchzuführenden Interessenabwägung war zunächst auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Diese erweist sich als zweifelsfrei gewichtig, befindet sich der Berufungswerber doch langjährig im Bundesgebiet und hat hier seine Schulausbildung absolviert. Jedoch war auch zu bedenken, dass die einer jeglichen Integration zugrunde liegende soziale Komponente durch das schwerwiegende strafbare Verhalten des Berufungswerbers entsprechend an Gewicht gemindert wird. Auch in Anbetracht der zweifelsfrei gewichtigen, familiären Bindungen des Berufungswerbers und der Tatsache, dass er nunmehr einer Beschäftigung nachgeht, erweist sich das dem Berufungswerber insgesamt zu unterstellende Interesse an einem Weiterverbleib in Österreich als sehr gewichtig, wenn auch in einem entscheidenden Punkt deutlich relativiert. Demgegenüber steht das maßgebliche hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität und am Schutz des Eigentums, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit Dritter. Bei Abwägung dieser Interessenlagen gelangte die erkennende Behörde zu der Ansicht, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Berufungswerbers nicht schwerer wiegen, als das in seinem Fehlverhalten gegründete hohe öffentliche Interesse an seinem Verlassen und Fernbleiben des Bundesgebietes. Dabei bedachte die erkennende Behörde auch, dass der Berufungswerber - wenn auch eingeschränkt - den Kontakt zu seinen Familienangehörigen vom Ausland aus aufrecht erhalten kann. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweist sich daher auch im Sinne des §37 Abs2 leg.cit. als zulässig.

Entgegen dem Berufungsvorbringen ist kein Sachverhalt gemäß §38 leg.cit. gegeben, der die Erlassung des Aufenthaltsverbotes unzulässig erscheinen lassen könnte. Der Berufungswerber verfügt erst seit 08.07.1992 über Aufenthaltstitel, ist daher weder von klein auf im Inland aufgewachsen, noch war er zum Zeitpunkt der Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes zehn Jahre im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen bzw. ohne Unterbrechung wohnhaft.

Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Berufungswerbers sprechender Umstände sah die erkennende Behörde auch keine Veranlassung, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, so erscheint der unbefristete Ausspruch der Erstbehörde auch nach Ansicht der Berufungsbehörde gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten des Berufungswerbers einerseits und seiner aktenkundigen Lebenssituation andererseits kann auch unter Bedachtnahme auf sämtliche anderen, aktenkundigen Umstände nicht vorhergesehen werden, wann die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe weggefallen sein werden."

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung des Art8 EMRK geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt werden.

3. Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien erstattete "auf Grund exorbitant gewachsener Aktenbelastung" keine Gegenschrift, legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen oder ihre Behandlung gemäß Art144 Abs2 B-VG abzulehnen.

II. Zur Beurteilung des Sachverhalts sind - auch nach Inkrafttreten des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 157/2005 - die nachstehend angeführten Rechtsvorschriften des FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 126/2002, maßgeblich:

"Aufenthaltsverbot

§36. (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen im Art8 Abs2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

1. von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

2. - 10. [...]

(3) - (4) [...]

Schutz des Privat- und Familienlebens

§37. (1) Würde durch eine Ausweisung gemäß den §§33 Abs1 oder 34 Abs1, 2a, 2b und 3 oder durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art8 Abs2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Eine Ausweisung gemäß §34 Abs1, 2a oder 2b oder ein Aufenthaltsverbot darf jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen.

Unzulässigkeit eines Aufenthaltsverbotes

§38. (1) Ein Aufenthaltsverbot darf nicht erlassen werden, wenn

1. - 2. [...]

3. dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß §10 Abs1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden;

4. der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(2) Fremde sind jedenfalls langjährig im Bundesgebiet niedergelassen, wenn sie die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und zuletzt seit mindestens drei Jahren hier niedergelassen sind.

Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes

§39. (1) Das Aufenthaltsverbot kann in den Fällen des §36 Abs2 Z1 und 5 unbefristet, in den Fällen des §36 Abs2 Z9 für die Dauer von höchstens fünf Jahren, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(2) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung - unter Berücksichtigung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) - einen Eingriff in die durch Art8 EMRK verfassungsgesetzlich garantierten - unter Gesetzesvorbehalt stehenden - Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens dann als verfassungswidrig erachtet, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen ist, auf einer dem Art8 EMRK widersprechenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hat; ein solcher Fall liegt nur vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hat, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist, oder wenn sie der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen verfassungswidrigen, insbesondere einen dem Art8 Abs1 EMRK widersprechenden und durch Art8 Abs2 EMRK nicht gedeckten Inhalt unterstellt hat (vgl. VfSlg. 11.638/1988, 15.051/1997, 15.400/1999, 16.657/2002).

1.2. Der EGMR geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass die Mitgliedstaaten der EMRK nach allgemeinem Völkerrecht Einreise, Aufenthalt und Ausweisung von Fremden reglementieren und kontrollieren, erinnert aber auch, dass Entscheidungen in diesem Bereich in das Familienleben eingreifen (können) und daher hinsichtlich der in Art8 Abs2 EMRK genannten legitimen Ziele wie die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit verhältnismäßig sein müssen. Ob eine staatliche Maßnahme verhältnismäßig und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist, ist nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (Näheres Wiederin, zu Art8 EMRK, Rz. 97ff, in Korinek/Holoubek, Kommentar zum B-VG, Stand: 2002; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Auflage, §22, Rz. 44, 2005 mwN).

Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sind nach dieser Rechtsprechung verschiedene Kriterien wie zB der Grund für die Beendigung des Aufenthalts, die Natur und Schwere der begangenen Straftat, der Zeitraum zwischen Begehung der Straftat und aufenthaltsbeendender Maßnahme sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit maßgeblich. Von Relevanz sind in diesem Zusammenhang aber auch die familiäre Situation einschließlich der Folgen der Auflösung der familiären Bindungen, die Verhältnisse im jeweiligen Heimatstaat sowie der Umstand, in welchem Ausmaß der Betroffene im Aufenthaltsstaat verankert ist, insbesondere ob er versucht hat, die Staatsbürgerschaft des Aufenthaltsstaates zu erlangen. Nach Auffassung des EGMR ist bei der Abwägungsentscheidung in jenen Fällen, in denen ein Fremder im Kindesalter in den Aufenthaltsstaat gekommen und im jugendlichen Alter straffällig geworden ist, zu berücksichtigen, dass die Kenntnis der Sprache seines Heimatstaates eher gering sein und er kaum über nennenswerte (familiäre) Beziehungen zu seinem formellen Heimatstaat verfügen dürfte (so auch Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2. Auflage, §22, Rz. 44, 2005; im Hinblick auf straffällig gewordene jugendliche Einwanderer vgl. insbesondere EGMR 10.7.2003, Fall Benhebba, Appl.Nr.

53441/99 = Newsletter 2003/04; zu den Abwägungskriterien auch EGMR

2.8.2001, Fall Boultif, Appl.Nr. 54273/00 = Newsletter 2001/04).

2. Ausgehend davon ergibt sich für den vorliegenden Beschwerdefall folgendes:

2.1. Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt - auch nach der Rechtsprechung des EGMR - nur dann unter den Schutz des Art8 Abs1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (so EGMR 10.7.2003, Fall Benhebba, Appl.Nr. 53441/99 = Newsletter 2003/4). In Anbetracht des Beschwerdevorbringens, wonach der Beschwerdeführer nun "vollständig auf eigenen Beinen steht und ... sich von der elterlichen Hilfe gelöst" hat, liegen somit keine Anhaltspunkte für eine besondere familiäre Bindung in Österreich vor. Die Erlassung des unbefristeten Aufenthaltsverbots greift daher nur unwesentlich in sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Achtung des Familienlebens ein.

2.2. Da die Verhängung des unbefristeten Aufenthaltsverbots im Gesetz vorgesehen ist und in Anbetracht der strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wohl auch der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dient, bleibt zu prüfen, ob der durch das Aufenthaltsverbot bewirkte Eingriff in das Recht auf Privatleben iSd. Art8 Abs2 EMRK verhältnismäßig war.

Angesichts der Art und Schwere der begangenen Straftaten, des Umstandes, dass der Beschwerdeführer innerhalb von drei Jahren zweimal zu teilbedingten Freiheitsstrafen verurteilt wurde, sowie der Tatsache, dass er zum Zeitpunkt der zweiten Verurteilung wegen eines Suchtmitteldelikts bereits volljährig war, kann der belangten Behörde - aus verfassungsrechtlicher Sicht - nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das legitime Ziel der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit den Eingriff in das Recht auf Privatleben, der durch die Verhängung des unbefristeten Aufenthaltsverbots erfolgt ist, gemäß Art8 Abs2 EMRK für verhältnismäßig hält. Schon aufgrund des Alters des Beschwerdeführers und der zweifachen strafgerichtlichen Verurteilung unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von dem der Entscheidung des EGMR vom 22. April 2004, Fall Radovanovic, Appl.Nr. 42703/98 = Newsletter 2004/2, zugrunde liegenden Sachverhalt.

Bei dieser Abwägungsentscheidung war auch zu berücksichtigen, dass auch ein unbefristet verhängtes Aufenthaltsverbot nach Maßgabe des §65 Abs1 iVm. §125 Abs3 und 4 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 157/2005, (der §44 FrG entspricht) mit Blick auf Art8 EMRK aufgehoben werden kann.

3. Ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des §38 FrG erfüllt, ist eine einfachgesetzliche Fragestellung, für die spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht anzustellen waren.

IV. 1. Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung getroffen werden.

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