BVwG W103 2248524-1

BVwGW103 2248524-12.3.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W103.2248524.1.00

 

Spruch:

W103 2248524-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. AUTTRIT als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb. am XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A) I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. bis VI. wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, 46, 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt VII. ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger der Russischen Föderation, stellte am 26.08.2021 nach unrechtmäßiger Einreise an ebendiesem Tag im Beisein seiner Ehefrau, einer in Österreich asylberechtigten russischen Staatsangehörigen, im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er dazu am nächsten Tag erstbefragt wurde

2. Bei seiner Erstbefragung am 27.08.2021 gab der BF zusammenfassend an, verheiratet zu sein und muttersprachlich Tschetschenisch sowie exzellent Russisch zu sprechen. Seine Eltern und seine vier Brüder würden noch in der Russischen Föderation leben. Seine Ehefrau, XXXX , geb. am XXXX , lebe in XXXX , im Bundesgebiet. Sein Zielland sei Österreich gewesen, weil seine Frau hier wohne. Seinen russischen Führerschein habe er bei sein, seinen Reisepass habe er in Wien zerrissen und in mehrere Mistkübel geworfen. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF aus, seine Familie sei dagegen gewesen, dass er seine nunmehrige Frau heirate. Er habe sie heimlich in der Türkei bei der russischen Botschaft geheiratet. Seine Frau sei bereits einmal verheiratet gewesen, habe 3 Kinder und sei älter als der BF. Seine Verwandten hätten es als Schande angesehen und gesagt, der BF solle sich nicht mehr blicken lassen. Der Onkel des BF habe zu ihm gesagt, wenn er den BF sehe, werde er ihm den Kopf abreißen. Wegen dieser Heirat sei der BF enterbt worden. Ein weiterer Grund für seine Ausreise sei gewesen, dass er als Reservist gelte und zu Militärübungen eingezogen werden sollte. Es habe die Gefahr bestanden, dass er nach Donbass, in die Ukraine geschickt werde. Der BF wolle mit seiner Ehefrau in Österreich zusammenleben. Das seien alle seine Fluchtgründe. Bei einer Rückkehr sei er zu 100% überzeugt, dass der FSB an ihn herantreten werde, weil er militärpflichtig sei. Die Russische Grenze werde durch den FSB gesichert.

3. Am 01.10.2021 wurde der BF vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Die niederschriftliche Einvernahme lautet auszugsweise wie folgt:

[…]

LA: Welche Sprachen sprechen Sie? Welche ist Ihre Muttersprache?

VP: Meine Muttersprache ist Tschetschenisch. Ich kann auch Russisch. Ich spreche beide Sprachen.

[…]

LA: Wie stellt sich Ihr aktueller Gesundheitszustand dar?

VP: Ich bin geistig und körperlich gesund.

LA: Nehmen Sie Medikamente oder sind in ärztlicher Behandlung?

VP: Nein.

LA: Nehmen Sie Drogen oder Drogenersatzstoffe?

VP: Nein.

LA: Stimmen die Angaben, die Sie bisher im Verfahren getätigt haben? Wurde alles richtig protokolliert?

VP: Wenn Sie die Erstbefragung bei der Polizei meinen: ja.

LA: Nennen Sie bitte Ihre Daten zu Familienstand, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsbürgerschaft, Volksgruppe, Religionszugehörigkeit!

VP: verheiratet, XXXX in Gebiet XXXX / Russland, russischer StA, Tschetschene, Moslem.

LA: Wie heißt Ihre Ehefrau und wann wurde sie geboren?

VP: XXXX , geb. XXXX , IFA XXXX

LA: Sind Sie standesamtlich oder traditionell verheiratet?

VP: Wir sind offiziell verheiratet.

LA: Wann und wo haben Sie geheiratet?

VP: In XXXX auf der russischen Botschaft. Wenn ich mich nicht irre, war das am XXXX 02.2021.

LA: War das eine Ferneheschließung?

VP: Wir waren persönlich anwesend.

LA: Handelte es sich um eine arrangierte Ehe oder handelt es sich um eine Liebesheirat?

VP: Darf ich die Frage etwas umfassender beantworten? Es war unsre persönliche Entscheidung aufgrund unserer Liebe. Unsere Verwandten waren eigentlich gegen die Ehe, ich traf die Entscheidung aber dennoch.

LA: Wann lernten Sie sich kennen?

VP: Das war Ende 2017, Anfang 2018.

LA: Wo lernten Sie sich kennen?

VP: Das war kein persönliches Kennenlernen. Ende 2017 zog ich von XXXX nach Tschetschenien. Wir hatten eine Whats-App-Gruppe, wo mehrere Verwandte, Cousinen und Cousins, dabei waren. Sie ist eine Cousine meiner Cousine mütterlicherseits. Und ich habe einen Cousin väterlicherseits. Sie war nicht so aktiv in unserer Gruppe, aber eines Tages schickte sie ein Foto und schrieb etwas auf Deutsch. Das interessierte mich, weil ich in der Schule Deutsch gelernt habe. Meine anderen Verwandten reden relativ schlecht Russisch. Dann fingen wir an, uns in einem persönlichen Chat zu unterhalten. So lernte ich sie kennen.

LA: Sie lernten sich ausschließlich online kennen?

VP: Ja. Ich habe herumgefragt und mir wurde gesagt, es sei eine Cousine, die in Österreich lebt. Dann standen wir über Whats-App in Kontakt.

LA: Wann und wo trafen Sie sich erstmals persönlich?

VP: Das war noch vor der Pandemie. 2019 in XXXX in der Türkei.

LA: Ab wann waren Sie ein Paar?

VP: Unsere Beziehung wurde immer tiefer und tiefer. Dann kam die Frage auf, eine Familie zu gründen. Ich machte ihr einen Heiratsantrag. Sie stimmte dem Heiratsantrag zu. Das sagte ich zu Hause. Meine Familie nahm es zunächst gut auf, dann aber nicht mehr, als sie erfuhren, wer sie tatsächlich ist. Die Sache ist die, dass sie schon einmal verheiratet war. Sie ist auch fünf Jahre älter als ich. Sie hat Kinder aus der ersten Ehe.

LA: (Frage wird wiederholt)

VP: Als wir uns zum ersten Mal in XXXX getroffen haben, haben wir dort eine religiöse Ehe geschlossen. Einen sogenannten Nikach.

LA: Wann genau im Jahr 2019 trafen Sie sich in XXXX ?

VP: Wenn ich mich nicht irre, müsste das am XXXX 11. gewesen sein.

LA: Das heißt, Sie haben sich vor dem religiösen Heiratsantrag nie persönlich getroffen, verstehe ich das richtig?

VP: Richtig.

LA: Wie oft trafen Sie und Ihre Frau sich insgesamt persönlich bevor Sie nach Österreich gekommen sind?

VP: Das waren insgesamt vier Mal. Immer in der Türkei, in XXXX .

LA: Wie viele Tage waren Sie da jeweils circa in XXXX ?

VP: Das erste mal waren es circa 27 Tage, beim zweiten mal genauso lange, beim dritten Mal waren es 3 Tage und beim viertem Mal nur ein paar Tage.

LA: Können Sie mir noch sagen, wann Sie jeweils in XXXX waren, um sich zu sehen?

VP: Wann genau ich drüben war, kann ich jetzt nicht genau sagen. Da müsste ich meinen Kalender von zu Hause holen. Einmal war es Ende November, Anfang Dezember.

LA: Ich möchte es nur ungefähr wissen. Monat und Jahr reichen mir absolut. Ich will das nur einschätzen können.

VP: Das erste Mal war im November, Dezember 2019, das zweite war ungefähr von 14.10.-10.11.2020, das dritte von 06.02.-09.02.2021, das letzte Treffen war im Juni 2021.

LA: Sie reisten dann jeweils nach Russland zurück?

VP: Ja, nach XXXX .

LA: Wie genau lief Ihre Beziehung ab bevor Sie nach Österreich eingereist sind?

VP: Wir standen täglich in Kontakt. Wir riefen uns an und führten auch Videotelefonate.

LA: Wie hätten Sie sich Ihr weiteres Eheleben vorgestellt, wenn Sie nicht verfolgt worden wären und einen Asylantrag gestellt hätten?

VP: Wenn ich zu Hause keine Probleme gehabt hätte, wäre es so gewesen, dass sie bereit war, nach Russland bzw. Tschetschenien zurückzukehren.

LA: Haben Sie Kinder oder sind für andere minderjährige Personen sorgepflichtig?

VP: Nein.

LA: Welche Angehörigen haben Sie in der Russischen Föderation?

VP: Vier ältere Brüder und meine Mutter.

LA: Was ist mit Ihrem Vater?

VP: Er verstarb 2016.

LA: Haben Sie Onkeln, Tanten, Cousins, Cousinen, udgl.?

VP: ja.

LA: Haben Ihre Verwandten in Russland Probleme?

VP: Meinen Sie allgemein oder mit dem Gesetz?

LA: Allgemein.

VP: Eigentlich haben sie keine Probleme.

LA: Wie finanzieren Ihre Angehörigen in Russland derzeit ihren Lebensunterhalt?

VP: Ein Bruder betreibt eine Baufirma in XXXX , der andere Bruder hat ein eigenes Geschäft, der dritte ist im Transportwesen tätig. Der vierte Bruder ist mit meiner Mutter in Tschetschenien und sucht derzeit Arbeit.

LA: Wie finanziert Ihre Mutter ihren Lebensunterhalt?

VP: Sie wird von den Brüdern unterstützt und bezieht Rente.

LA: Haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in der Russischen Föderation?

VP: Nachdem ich gemacht habe, was ich gemacht habe, nicht mit allen.

LA: Mit wem konkret haben Sie keinen Kontakt mehr?

VP: Mit meinem älteren Bruder, mit meinen Onkeln.

LA: Heißt das, Sie stehen noch mit drei Brüdern und Ihrer Mutter im Kontakt?

VP: Ich möchte noch sagen, dass ich nicht nur mit dem ältesten und dem jüngsten Bruder nicht mehr im Kontakt stehe. Mit dem mittleren schon, da fragen wir aber nur, wie es uns geht, sonst nichts.

LA: Mit der Mutter haben Sie noch Kontakt, richtig?

VP: Richtig.

LA: Wie geht es Ihren Angehörigen in der Russischen Föderation?

VP: Gut.

LA: Was können Sie mir über den Lebensstandard Ihrer Angehörigen sagen?

VP: Mittelschicht.

LA: Verfügen Ihre Angehörigen in Russland über eigene Wohnungen oder Häuser?

VP: Ja.

LA: Handelt es sich um Wohnungen oder Häuser?

VP: Der Bruder in XXXX lebt in einer Eigentumswohnung. Die Brüder in XXXX haben auch Wohnungen. Der jüngste Bruder lebt im Familienhaus bei der Mutter in Tschetschenien. Dieses Haus steht in unserem Eigentum.

LA: Haben Ihre Brüder in XXXX getrennte Wohnungen oder haben sie eine WG?

VP: Jeder hat eine Wohnung. Ich möchte noch anmerken, einer hat eine Eigentumswohnung, der andere in einer Mietwohnung.

LA: Bestünde für Sie im Falle einer Rückkehr die Möglichkeit, im Familienhaus oder bei einem der Brüder zu leben?

VP: Das glaube ich nicht, man wird mich nicht nach Tschetschenien lassen. Und die Brüder leben mit ihren Familien in den Wohnungen.

LA: Wo haben Sie vor Ihrer Ausreise gelebt?

VP: Ich lebte in XXXX , habe dort gearbeitet und hatte eine Mietswohnung.

LA: Wie groß ist das Haus in Tschetschenien?

VP: Mittelgroß, drei Zimmer, ein Gästezimmer, Wohnzimmer, Küche.

LA: Wie viele Leute leben dort?

VP: Soweit ich weiß leben drei Personen dort: mein Bruder mit seiner Frau und meine Mutter. Manchmal kommt die Cousine vorbei und bleibt dann circa einen Monat oder zwei im Haus, um ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.

LA: Warum sollte man Sie nicht nach Tschetschenien lassen?

VP: Die Onkeln, die haben mir verboten, in die Heimat zurückzukehren nachdem ich geheiratet habe. Die sagten, ich solle keinen Fuß in die Heimat setzen.

LA: Sie haben heute Gelegenheit, die Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz ausführlich darzulegen. Versuchen Sie nach Möglichkeit, Ihre Gründe so detailliert zu schildern, dass diese auch für eine unbeteiligte Person nachvollziehbar sind. Schildern Sie bitte die Gründe für den Asylantrag.

VP: Nachdem unsere Beziehung immer tiefer und tiefer wurde, bot ich meiner Frau an, zu mir nach Tschetschenien zu kommen. Nach unseren Bräuchen gehört das Haus nach dem Tod des Vaters mir. Ich hatte einen gut bezahlten Job in Tschetschenien. Ich habe ein neues Auto gekauft und stand finanziell gut da. Ich gab bekannt, dass ich vorhabe, diese Frau zu heiraten. Meine Mutter war erschrocken. Bei uns in Tschetschenen gibt es immer noch alte Tayp-Bräuche, wo die ältesten im Familienclan eine Entscheidung treffen. Es gibt nichts, was darübersteht. Meine Onkeln waren dagegen und sagten, ich solle damit aufhören. Sie sagten auch, ich solle diese Frau vergessen und den Kontakt abbrechen. Ich sagte zu den Onkeln, ich würde das machen, stand jedoch nach wie vor heimlich mit ihr in Kontakt. Ich habe noch in der Armee gedient. Aber in unserer Umgebung stand eine Armeeeinheit, in der ich gedient habe. Ich traf dann die Entscheidung, es heimlich zu machen. Ich habe bei der Armee gekündigt. Und bin dann später nach XXXX umgesiedelt. Mein Bruder in XXXX half mir mit der Arbeit. Ich wollte die Sache nicht kampflos aufgeben. Wir trafen die Entscheidung, uns in der Türkei zu treffen und eine Nikach zu schließen. Wir hatten auch vor, dass ich hierherkomme und hier heirate und dann einen Antrag auf Familienzusammenführung stelle. Ich habe bei mehreren Botschaften in XXXX versucht, ein Visum zu bekommen und zwar bei der finnischen, bei der deutschen und bei der spanischen Botschaft, ich bekam aber überall Absagen. Wir erfuhren später, dass das zu wenig wäre. Die Ehe hätten wir in Russland schließen sollen. Als wir uns erstmals in XXXX trafen, um eine Nikach zu schließen, fiel mir ein, dass wir auch auf der russischen Botschaft heiraten könnten, weil auf dem Botschaftsgelände gelten die Gesetze des jeweiligen Landes. Aber wir hatten nicht die nötigen Unterlagen. Sie hatte keine Scheidungsunterlagen, ich hatte keine Ledigkeitsbestätigung. Deshalb vereinbarten wir, dass wir uns wieder dort treffen. Dann kam die Pandemie. Erst dann, als die Türkei die Grenzen wieder öffneten trafen wir uns dort. Nachdem ich nach der Nikach nach XXXX zurückkehrte haben die Verwandten irgendwie doch von der Heirat erfahren. Das war für sie ein Skandal. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Sie glaubten zuerst nicht, dass ich das doch gemacht habe. Also, dass ein junger Bursche es wagt, sich gegen die Entscheidung der Ältesten zu stellen. Dann kamen schon die ersten Drohungen. Der älteste Onkel, der am meisten in unserer Familie zu sagen hat, sagte, ich solle ja nicht in die Heimat zurückkehren. Der andere Onkel meinte, er würde mir den Kopf abreißen, wenn ich in die Heimat zurückkehren sollte. Außerdem sagte der ältere Onkel, dass er wegen mir rot im Gesicht wurde, weil er mich der Tochter eines Freundes versprochen hat und jetzt nicht wüsste, was er machen sollt. Und dann war es so, dass als ich in XXXX war und mein Auto noch in Tschetschenen stand, das Auto mir weggenommen wurde und das Geld, das ich zuvor verdiente, das waren circa EUR 25.000,--, das habe ich ins Geschäft meines Bruders investiert. Er sagte, ich könne das Geld vergessen. Außerdem habe ich keinen Anspruch mehr aufs Elternhaus. Das Auto habe ich meinen Bruder abgekauft, es wurde aber nicht auf mich umgemeldet. Mein Bruder meldete das Auto bei der Bank als Sicherheit an, ich wurde es also los, weil es nie auf mich angemeldet war. Und der Bruder, der in XXXX lebte, ist mir gegenüber gütiger. Er sagte, er könne mir eine zeitlang mit der Arbeit helfen, früher oder spätere müsse ich aber nach Tschetschenien zurückkehren, wo eine neue Ehefrau auf mich wartet, die ich nehmen muss, ob ich will oder nicht. Dann kam eben die Pandemie. Während des Lockdowns wartete ich ab, bis die Türkei für Russland und Österreich offen ist. Ich hatte vor, dass ich ausreise und hier einen Antrag auf Familienzusammenführung stelle. Nachdem wir offiziell geheiratet haben, kehrte ich nach Russland zurück. In Russland war die Impfkampagne voll im Gange. Da ich aber in XXXX gemeldet war, wartete dort meine Dosis auf mich. XXXX und XXXX liegen nur rund 400km voneinander entfernt. Als ich beim Impfen war, traf ich dort zufällig unseren Postboten. Die Frau kannte mich schon seit vielen Jahren. Sie sagte, dass sie für mich eine Militärvorladung hat. Dort stand drin, dass die Reservisten einberufen werden. Ich stand aber auch mit meinen ehemaligen Kameraden aus unserer Einheit in Kontakt und sie sagten, dass Übungen stattfanden und sie mit voller Ausrüstung, auch Munition, auf die Krim verlegt wurden. Vorher gab es sowas nie. Ich machte mit der Postbotin aus, dass sie so tut, als hätte sie mich nicht gesehen. Ich holte meine Impfung und kehrte sofort nach XXXX zurück. Ich wandte mich dann an die österreichische Botschaft und bekam die Informationen betreffend Familienzusammenführung. Man sagte mir, das könne sehr lange dauern. In dieser Zeit erfuhr ich auch, dass Reservisten an die Grenze zwischen Russland und Donbass (Ukraine) verlegt werden. Da die Sache mit dem Militär ungewiss war, man weiß ja nicht, wie sich die Lage entwickelt, kam mir erstmals der Gedanke, illegal hierherzukommen. In XXXX auf der Baustelle traf ich einen Ukrainer. Der sagte mir, er könne mir bei der Reise hierher helfen, er kenne jemanden. Ich hatte zwar Angst, so einen Schritt zu wagen, ich stand auch mit meiner Frau diesbezüglich in Kontakt, aber auch mein Bruder in XXXX sagte, ich müsse XXXX früher oder später verlassen und nach Tschetschenien zurückkehren. Dann machte ich es doch und kam hierher. Jetzt bin ich hier.

LA: Haben Sie sonst Gründe für Ihre Asylantragsstellung?

VP: Nein.

Anm.: 10 Minuten Pause.

LA: Verfügen Sie über schriftliche Beweismittel?

VP: Beweismittel betreffend was?

LA: Ihr Fluchtvorbringen.

VP: Ich weiß nicht, was da Beweismittel sein könnten. Die Gespräche waren persönlich oder telefonisch.

LA: Das heißt, Sie haben nichts Schriftliches, um etwas von Ihrem Gesamtvorbringen unter Beweis zu stellen?

VP: Nein. Wenn die Heiratsurkunde nicht dazuzählt, dann nicht.

LA: Haben Sie die Heiratsurkunde dabei?

VP: ja. Die ist bereits mit Apostille übersetzt.

LA: Ich würde Sie bitten, mir die Urkunde nach der Einvernahme zu geben.

VP: Natürlich.

LA: Was genau hatten Ihre Verwandten gegen die Eheschließung?

VP: Naja, das hat mit unseren tschetschenischen Bräuchen zu tun. Es wird nicht begrüßt, wenn ein unverheirateter Mann eine verheiratete Frau heiratet. Es ist üblich, dass ein nicht verheirateter Mann eine nicht verheiratete heiratet. Und einer, der bereits verheiratet war, heiratet ebenfalls so eine Frau, die schon mal verheiratet war. Alles andere wird als Schande angesehen.

LA: Was genau haben Ihre Verwandten wegen der Eheschließung zu Ihnen gesagt? Und wer hat dies gesagt?

VP: Die höchste Autorität genießen die Onkel. Einer sagte, ich solle mich in der Heimat nicht blicken lassen, der andere hat mir physisch gedroht. Die sagten, ich existiere für sie nicht mehr.

LA: Wie muss ich mir eine physische Drohung vorstellen?

VP: er sagte, wenn er mich trifft, wird er mir die Kniescheiben brechen und mir den Kopf abreißen.

LA: Das klingt für mich wie eine auch in Österreich nicht ganz unübliche milieubedingte Unmutsäußerung.

VP: Nein, nein das war nicht so direkt gemeint, wie es gesagt wurde, aber ich weiß nicht, was ich erwarten soll.

LA: In Österreich würde eine solche Aussage üblicherweise bedeuten, dass man keine Unterstützung der Verwandtschaft mehr erwarten könne.

VP: Das stimmt auch. Ich kann mit keiner Unterstützung rechnen, im Gegenzug, sie nahmen mir alles weg, was ich hatte.

LA: Fürchten Sie, dass Ihre Verwandten Ihnen tatsächlich Schaden zufügen würden wegen der Eheschließung?

VP: Meinen Sie physisch?

LA: Finanziellen Schaden haben Sie nach Ihrer Darstellung bereits erlitten. In erster Linie meine ich physischen Schaden, ja.

VP: Also ich glaube nicht, dass mir wortwörtlich der „Schädel eingeschlagen wird“, aber ich glaube, wenn mich mein älterer Bruder trifft, kann es passieren, dass er mich zusammenschlägt.

LA: Sind Sie sicher, dass er Sie zusammenschlägt oder ist das eher eine theoretische Möglichkeit?

VP: Ich weiß nicht, wie sich das Gespräch entwickelt, wenn wir uns treffen. Aber meines Wissens ist er immer noch böse auf mich. Er war kategorisch gegen die Ehe.

LA: Wie langte haben Sie gedient?

VP: Ich habe 2012 bis 2013 den normalen Wehrdienst abgeleistet. Unter Vertrag war ich 2017 bis 2019. Im August 2019 habe ich den Dienst quittiert.

LA: Haben Sie eine Nahkampfausbildung?

VP: Nein.

LA: Sie haben als Soldat keine Nahkampfausbildung?

VP: Meinen Sie einen Kurs?

LA: Ich war in Österreich Grundwehrdiener und hatte auch eine – wenn auch sehr kurze - Nahkampfausbildung. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein russischer Zeitsoldat schlechter ausgebildet ist als ein österreichischer Grundwehrdiener.

VP: Als ich meinen GWD ableistete war ich für Objektschutz zuständig. Den Führungskräften war es egal, ob ein Soldat eine solche Ausbildung bekommt oder nicht. Ich war nur für Objektschutz zuständig. Eine allgemeine physische Ausbildung, wie Laufen und Liegestütze gab es schon, aber eine explizite Nahkampfausbildung habe ich nicht bekommen. Als ich 2017 bis 2019 unter Vertrag stand war ich bei einer Infanterieabteilung. Ich diente als LKW-Fahrer, aber der Chef wollte mich im Büro auf der Führungsebne haben, weil ich einen Hochschulabschluss habe. Ich war zuletzt als Ermittler in der Abteilung über die Untersuchung von Kriegsverbrechern. Ich gehörte zum Ermittlungskomittee. Das gibt es für Bürger und fürs Militär. Das ist ein Kontrollorgan.

LA: Ich stelle die Fragen auch deshalb, weil ich herausfinden will, ob Sie sich nicht gegen Übergriffe Ihres Bruders zur Wehr setzen könnten.

VP: Ich habe kein Recht dazu.

LA: Warum nicht?

VP: Bei uns ist es so, dass man gegen einen älteren nicht die Hand erheben darf.

LA: Sie meinen so, wie gegen den Willen der Ältesten eine Frau zu heiraten?

VP: Das ist aus demselben Bereich. Weil wenn ich dann doch was machen würde, würde ich meine Lage verschlimmern.

LA: Sie halten es also für möglich, dass Sie mit Ihrem älteren Bruder diskutieren müssen und es möglicherweise eskalieren könnte. Was genau sollten Ihre anderen Verwandten Ihnen antun?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Haben Sie irgendeine Idee, was passieren könnte?

VP: Ich weiß nicht, wie es am Anfang wird. Aber in weiterer Folge werde ich einfach ignoriert und verspottet.

LA: Dass es Brüche innerhalb von Familien gibt, kommt auch in Österreich vor.

VP: (VP schweigt)

LA: Sie sagten, ein weiterer Grund sei, dass Sie Ihre Einziehung fürchten würden. Ist das richtig?

VP: Ja.

LA: Hatten Sie den Einberufungsbefehl schon? Sie meinten zwar, Sie hätten mit der Postbotin vereinbart, Sie wären „nicht angetroffen“ worden, aber haben Sie ihn auf anderen Wegen erhalten.

VP: Nein. Ich bekam diese Ladung nicht. Hätte ich sie bekommen, hätte ich unterschreiben müssen.

LA: Woher wissen Sie, dass man Sie in den Donbass hätte schicken wollen?

VP: Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, aber die Reservisten aus XXXX wurden ins Gebiet XXXX verlegt zu einem Truppenübungsplatz, der wiederum in der Nähe von Donbass liegt.

LA: Soweit ich weiß, werden im Donbass eigentlich nur Freiwillige eingesetzt. Was sagen Sie dazu?

VP: Ich weiß nicht, wie es tatsächlich abläuft. Es gibt dort bestimmt Freiwillige. Aber das Risiko, die Gefahr dorthin geschickt zu werden, das beunruhigte mich sehr. Und noch dazu, die Jungs, die auf der Krim waren, berichteten, dass auch Reservisten dorthin geschickt wurden. Dass dort Reservisten waren, ist ein Fakt. Außerdem als ich erfahren habe, dass Dienstort XXXX ist, war mir auch klar, dass es sich um dieses grenznahe Übungsgelände handelt.

LA: Dass am Donbass Reservisten eingesetzt werden, stelle ich nicht in Zweifel. Aber die Frage nach der Freiwilligkeit ist von Relevanz.

VP: Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll.

LA: Wann war diese angebliche Verlegung?

VP: April oder Mai 2021. Die Jungs, die mit mir gedient haben, berichteten mir, dass sie im Juni zurückgekehrt sind. Aber die andere Einheit wurde hingeschickt. Meines Wissens nach findet im Oktober eine Rotation statt. Meines Wissens nach ist es nach den russischen Gesetzen so, dass der Reservist während er auf Übung ist ebenfalls als Militärpflichtiger angesehen wird und Befehle ausführen muss.

LA: Wann genau haben Sie von dem möglichen Einsatz erfahren?

VP: Ich glaube, es war am 14. April, das war an dem Tag meiner Impfung.

LA: Warum reisten Sie dann im Juni 2021 aus der Türkei (viertes Treffen mit Ihrer Frau) nach Russland zurück, obwohl Sie nach Ihrem Vorbringen befürchten mussten, in den Donbass entsandt zu werden?

VP: Ich bin damals nach XXXX zurückgekehrt. Dass ich in XXXX bin, weiß keiner. Die Vorladung wird dorthin gebracht, wo man gemeldet ist.

LA: Sie reisten über den Flughafen XXXX ein?

VP: Ja.

LA: Dann wissen die Behörden, wo Sie sind. Flughäfen werden sehr engmaschig polizeilich überwacht.

VP: Solche Einberufungskampagnen für Reservisten finden immer wieder statt. Da ich aber in XXXX schon lange nicht mehr war, konnte mir die Ladung nicht zugestellt werden. Wenn man einer solchen Ladung nicht folgt, wird man nicht gleich auf eine Fahndungsliste gesetzt. Aber die Gefahr besteht schon, dass man entsandt wird. Deshalb beschloss ich, illegal hierher zu kommen.

LA: Welcher Reservisteneinheit genau gehören Sie an?

VP: Ich gehöre zur Infanterie.

LA: Infanterie ist eine Waffengattung, keine Einheit.

VP: Bodentruppe.

LA: (Anm.: Der Unterschied zwischen Waffengattung und Einheit wird erläutert)

VP: Ich gehöre zur Einheit 16544, das ist die 52. Armee, 71. Einheit.

LA: Ist das eine aktive Einheit, eine Reservisteneinheit oder besteht diese Einheit sowohl aus aktiven Kräften als auch aus Reservisten?

VP: Es ist eine stehende Einheit.

LA: Wo ist diese Einheit stationiert?

VP: Da wo ich gedient habe, in Tschetschenien.

LA: Wo genau in Tschetschenien oder gibt es mehrere Stützpunkte?

VP: Da, wo ich genau gedient habe, die Einheit befindet sich in XXXX . Aber es gibt mehrere Stützpunkte der 52. Armee in Tschetschenien. Der Divisionsstab befindet sich in XXXX , unweit von XXXX .

LA: Haben Sie eine Spezialausbildung genossen?

VP: Ich habe einen Hochschulabschluss, ich bin Jurist. Ich besuchte eine Hochschule für Wirtschaft und Recht.

LA: Welchen Dienstgrad haben Sie bekleidet?

VP: Einfacher Soldat.

LA: Wurden Sie nie befördert? Oder meinten Sie, dass Sie einen Mannschaftsdienstgrad bekleidet haben?

VP: Mein Vorgesetzter schlug vor, mich auf den Offizierskurs zu schicken. Das hätte circa 9 Monate gedauert, dann wäre ich Leutnant geworden. Ich lehnte dies ab.

LA: Welche andere Einheit wurde an die Krim entsandt, welcher möglicherweise von Ihrer Einheit abgelöst werden sollte?

VP: Man kann sagen, dass die gesamte 52. Armee, die im Nordkaukasus verweilt, auf diese Übung geschickt wurde. Mit voller Montur. Es wurden nicht nur Militärs hingeschickt, sondern auch die gesamte Militärtechnik. Alles wurde auf die Schienen verlegt und hinverlegt. Zu dieser Zeit erfuhr ich von der Ladung, dies machte mich sehr, sehr stutzig. Was mein Bekannter aus meiner Einheit noch erzählt hat, was mich sehr stutzig gemacht hat, war, dass von den Militärfahrzeugen alle Nummern, entfernt wurden und neue Erkennungszeichen angebracht wurden. Außerdem bekommen normalerweise nur die Soldaten, die Hallen mit Ausrüstung bewachen, tatsächlich wurden aber für jedes MG 2.500 Patronen scharfe Munition ausgegeben.

LA: Die andere Einheit gehört also auch der 52. Armee an?

VP: Ja.

 

LA: Ich bitte Sie, mich zu korrigieren, wenn ich mich täusche: Sie halten einerseits aufgrund von Übungen nahe des Donbass auf russischem Gebiet einen Einsatz im Donbass für möglich, befürchten aber auch, möglicherweise in die Krim entsandt zu werden, verstehe ich das richtig?

VP: Angst hatte ich, nach Donbass geschickt zu werden, nicht auf die Krim. Wie gesagt: man hat keinen Einfluss, wo man hingeschickt wird. Es gibt die Möglichkeit, auf den Donbass geschickt zu werden, da dachte ich mir, ich muss etwas unternehmen. Die Einheit, mit der ich früher diente, wurde auch 2014 auf die Krim geschickt und war bei der Annexion dabei. Früher oder später wurden alle persönlichen Daten der Militärs öffentlich gestellt und alle kamen auf die ukrainische Internetseite „mirotvorez“, dort wurden die Militärangehörigen als Militärverbrecher bezeichnet. Ich wollte keinesfalls, dass das mit passiert.

LA: Ging es da bloß um hochrangige Kommandanten oder um jeden kleinen Gefreiten?

VP: Alle Soldaten kamen drauf, vom einfachen Soldaten bis zum Offizier. Einer mit dem ich früher diente, zeigte mir diese Seite und zeigte auch, dass er rauskommt, wenn man seine Personalien eingibt. Auch welchen Rang er bekleidet, in welcher Einheit er dient und sogar seine Meldeadresse ist drinnen. Vor kurzem sah ich einen Beitrag im Fernsehen, wo ein Tscheche im Donbass gekämpft hat, später kehrte er nach Tschechien zurück und auf Bitte des ukrainischen Staates wurde der Tscheche in Tschechien von einem Militärgericht zu einer 21jährigen Haftstrafe verurteilt. Ein weiterer Fall: ein Mann, der mit mir diente, war ein älterer Herr, der bald in Pension gehen will. Seine Tochter lebt in den USA und er will sie bald besuchen. Und jetzt sagt er, dass er nicht dorthin fahren kann. Der Weg dorthin ist für ihn versperrt. Und wie ich gesagt habe: zum damaligen Zeitpunkt wusste ich nicht, wie es weitergeht, und meines Wissens stehen dort immer noch Militäreinheiten.

LA: Nachdem Sie hypothetisch russischer Soldat in Russland wären hat die Tätigkeit eines Tschechen, der offenbar für eine fremde Streitkraft kämpfte und angesichts des Strafmaßes wohl Kriegsverbrechen beging, mit Ihnen relativ wenig zu tun. Auch hinsichtlich des älteren Kameraden, der in die USA will, erkenne ich nur wenige Gemeinsamkeiten mit Ihnen.

VP: Ich meinte damit nur, dass heutzutage nichts spurlos vorbeigeht und dass es mich doch auf irgendeine Art treffen könnte.

LA: Ich hätte eine kurze Frage zum russischen Reservesystem: haben Sie selbst dafür unterschrieben, in der Reserve zu dienen, oder ist in Russland jeder ehemalige Armeeangehörige automatisch Teil der Reserve?

VP: Naja. Reservist als solcher bin ich nicht. Ich nahm nie an solchen Treffen teil. Aber es gibt im russischen Gesetz einen Paragraphen, der genau beschreibt, wie das abläuft. Wenn eine Person so eine Vorladung bekommt, dann muss er zu diesem Treffen hingehen und ist dann nicht mehr dem normalen Recht wie ein normaler Bürger unterstellt, sondern dem Militärrecht. Diese Treffen für Reservisten werden vom Präsidenten bestimmt.

LA: Ihrer Darstellung nach könnte man willkürlich jeden russischen Staatsbürger einberufen. Das erscheint mir nicht besonders wahrscheinlich. Ich erkläre Ihnen kurz das österreichische System: In Österreich gibt es Wehrdienstleistende (jeder männliche Staatsbürger für 6 Monate). Danach kann man Berufssoldat werden. Nach den 6 Monaten rüstet man entweder ab und ist damit automatisch Teil der Reserve (das heißt, man würde im Extremfall einberufen werden, das ist aber sehr, sehr unwahrscheinlich) oder man meldet sich freiwillig für die Miliz, dann kann man gelegentlich zu Waffenübungen einberufen werden und wird einberufen, wenn für bestimmte Einsätze der Präsenzstand nicht mehr ausreicht (das war in der COVID-Krise zuletzt der Fall). Ich würde daher gerne abklären, ob Sie freiwillig Teil der Reserve sind (analog der österr. Miliz) oder dies automatisch geworden sind, weil Sie Soldat waren.

VP: In Russland ist das ähnlich. Wenn man den Pflichtdienst abgeleistet hat, dann bekommt man die Möglichkeit, sich als Reservist eintragen zu lassen. Das ist aber kein Muss. Man muss das nicht unterschreiben. Wenn man aber eine Ladung zu Übungen bekommen hat, dann ist diese Person nicht berechtigt, nicht dorthin zu gehen. Er muss hingehen.

LA: Haben Sie sich als Reservist eintragen lassen oder nicht?

VP: Nein. Die, die so einen Vertrag unterschrieben haben, werden in erster Linie auch telefonisch verständigt. Die stehen direkt mit dem Militärkommissariat in Kontakt. Die die, so wie ich, nicht unterschrieben haben, denen werden einfach Ladungen geschickt. Eigentlich nach dem russischen Gesetz muss man sich auch beim neuen zuständigen Militärkommissariat anmelden, das macht aber keiner: Das habe ich auch nicht gemacht. Von dort hätte mir eigentlich die Ladung zugestellt werden sollen. Mit dem Ummelden ist es gerade in XXXX schwierig. Deshalb schicken die Behörden die Ladungen an die ihnen bekannten Meldeadresse. Die, die so eine Ladung tatsächlich bekommen, fahren dann auch hin.

LA: Können Sie mir erklären, warum gerade Sie oder andere Nicht-Reservisten einberufen worden sind, und nicht beispielsweise Reservisten, die sich für so etwas gemeldet haben? Solche Einsätze werden in Russland gut besoldet.

VP: Das steht so im russischen Gesetz geschrieben, dass man, wenn man den Militärdienst abgeleistet hat, bis zu einem gewissen Alter als Reservist gezählt wird. Und mit der ersten Aufforderung bei einer Militäreinheit erscheinen muss. Wo die Altersgrenze liegt kann ich so genau nicht sagen. Wenn man das Alter erreicht hat, kommt man in eine andere Reservistengruppe. Dort bleibt man bis zum Tod. Wenn man verstirbt, bekommt das Militärkommissariat eine Meldung und erst dann wird man abgemeldet.

LA: Aber dennoch gibt es die Differenzierung zwischen „freiwilligen“ Reservisten und allen anderen Ex-Soldaten, richtig?

VP: Ja. Schon. Es gibt Unterschiede. Weil diese Übungen einen gewissen Zeitraum dauern. Die, die das unterschrieben haben, müssen sofort kommen, und die, die nicht unterschrieben haben, bekommen Ladungen per Post.

LA: Welchen Sinn ergibt es, jemanden, der nicht mehr im Training und vielleicht auch demotiviert ist, einzuziehen, wenn es auch genügend Soldaten im Aktivenstand oder Freiwillige gibt?

VP: Auch die, die nicht unterschrieben haben, haben den Grundwehrdienst geleistet. Sie können sich selbst einen Schützengraben graben oder schießen. Die, die unterschrieben haben, können sich nicht weigern, zB nach Donbass zu gehen, sonst werden sie unehrenhaft entlassen oder vors Kriegsgericht gestellt. Ich vermute, das ist bei den andere genauso.

LA: Nur um nochmal Klarheit zu bekommen: Ist die Krim für Sie auch ein Thema?

VP: Ich würde keinesfalls auf die Krim gehen. Die Krim ist letztendlich von Russland annektiert. Vor kurzem gab es in der Ukraine ein Treffen von über 40 Ländern als Teilnehmer. Sie sagten alle, auch Österreich, dass die Krim annektiert wurde. Und ich möchte nicht, dass ich ein Teil von diesem politischen Spiel werde.

LA: Unabhängig davon, wie Sie den Krimeinsatz politisch beurteilen, aber rechnen Sie damit, auf die Krim entsandt zu werden, ja oder nein?

VP: Ich kann es nicht eindeutig sagen. Das kann man so nicht beantworten. Es gibt dort eine Verteilungsstelle. Dort wird entschieden, wie viele Leute wohin geschickt werden.

Anm.: 10 Minuten Pause.

LA: Was hätten Sie im Falle der Rückkehr in Ihr Heimatland zu befürchten?

VP: Das erste, was mir in den Sinn kommt, sind die Spezialbehörden.

LA: Mit „Spezialbehörden“ meinen Sie Ihre mögliche Einziehung?

VP: Naja. Alleine die Tatsache, dass ich im Ausland war und noch dazu hier Kontakt zu den Behörden hatte… die Spezialbehörden verdächtigen jeden. Dort muss man seine Unschuld selbst beweisen und nicht umgekehrt. Und das ist schwierig.

LA: Laut dem aktuellen Länderinformationsblatt führt die Asylantragsstellung im Ausland für sich zu keinen Schwierigkeiten bei der Rückkehr.

VP: Es kann schon sein, dass es offiziell so heißt. Die Wirklichkeit kann aber anders sein. Ich bin überzeugt, dass die Spezialbehörden sich für mich interessieren werden. Außerdem bin ich ehemaliger Militärangehöriger. Es könnte sein, dass ich hier irgendein Staatsgeheimnis verraten hätte. Das, was ich Ihnen bereits erzählt habe, reicht für sie schon aus.

LA: Unsere Niederschriften werden nicht den russischen Behörden weitergeleitet.

VP: Ich möchte auch nicht sagen, dass das passiert. Ich bin aber überzeugt, ich werde verhört werden. Wohin diese Verhöre weiterführen, ist mir nicht bekannt.

LA: Welche weiteren Befürchtungen hegen Sie im Rückkehrfall?

VP: Ich habe sozusagen nichts und niemanden, wohin ich zurückkehren könnte. Die einzige Lösung wäre, dass ich mich scheiden lasse und reumütig zurückkehre. Das werde ich aber nicht machen.

LA: Gibt es sonst noch Rückkehrbefürchtungen?

VP: Nein. Ich glaube nicht.

LA: Sind Sie in Ihrer Heimat vorbestraft oder wird nach Ihnen gefahndet?

VP: Nein.

LA: Sind Sie in einem anderen Land als Ihrer Heimat vorbestraft?

VP: Nein. Ich hatte nie und nirgends Probleme mit dem Gesetz. Ich bin ein rechtstreuer Mensch.

LA: Gab es Drohungen oder körperliche Übergriffe gegen Sie?

VP: Betreffend was?

LA: Allgemein.

VP: Nein. Außer das, was ich Ihnen bereits geschildert habe. Das, was mit meiner Ehe zu tun hat.

LA: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme aufgrund Ihrer Religion, Volksgruppenzugehörigkeit oder politischen Ansichten?

VP: Bedroht wurde ich nicht, aber ich bin Jurist, wenn ein tschetschenischer Polizist beispielsweise mein Auto durchsuchte und ich meinen Unmut äußerte, weil das falsch war, wurde mir gesagt, ich solle mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.

LA: Hat das irgendwas mit Religion, Volksgruppe oder politischer Ansicht zu tun?

VP: Bedroht wurde ich nicht direkt.

LA: Hatten Sie Probleme aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe?

VP: Nein.

LA: Hatten Sie persönliche Probleme mit staatlichen Behörden oder Gerichten in Ihrem Heimatland?

VP: Nein.

LA: Mit welchen Transportmitteln und auf welcher Route reisten Sie nach Österreich?

VP: Ich kam mit einem PKW Citroen Xsara. Die Reiseroute lag über Russland, Ukraine, Slowakei, Österreich.

LA: Verließen Sie Russland legal oder illegal?

VP: Ich reiste von Russland in die Ukraine legal, dort wurde ich kontrolliert. Ich bekam einen Zettel, dass es sich um eine Transitreise durch die Ukraine handelt. An der ukrainisch-slowakischen Grenze stieg ich nicht aus. Der Fahrer nahm meinen Pass und sprach selbst mit dem Beamten.

LA: Wie viel kostete die Reise?

VP: EUR 1.500,--.

LA: Reisten Sie legal nach Österreich ein?

VP: Ich vermute legal.

LA: Sie sind selbst Jurist. Auf welcher Grundlage hätte Ihre Einreise nach Österreich basieren sollen?

VP: Ich bin Jurist, bin aber eher auf russische Gesetze spezialisiert. Bei der Einreise nach Österreich wurden wir auch kontrolliert. Der Fahrer hat irgendetwas gezeigt. Soweit ich verstanden habe, gab er an, dass wir nur durch Österreich durchreisen möchten.

LA: Sie haben insgesamt dreimal erfolglos versucht Schengenvisa zu besorgen. Das haben Sie auch selbst eingestanden. Welchen Sinn hätte das gehabt, wenn Sie ohnehin von einer legalen Einreise nach Österreich ausgehen?

VP: Ich weiß gar nicht, was ich darauf sagen soll. Aber ich vermute, dass ich in die EU illegal eingereist bin. Für die Ukraine brauche ich kein Visum. Wir haben Visafreiheit mit der Ukraine.

LA: Ihre Einreise nach Österreich war auch illegal.

VP: Das verstehe ich jetzt. Natürlich war sie illegal.

LA: Wo ist Ihr Reisepass?

VP: Ich habe es so gemacht, wie es mir empfohlen wurde, ich zerriss meinen Pass und verteilte ihn auf mehrere Mülltonnen.

LA: Warum haben Sie ihn zerstört und auf mehrere Mistkübel aufgeteilt?

VP: Ich weiß nicht. So wurde es mir empfohlen.

LA: Von wem wurde das empfohlen?

VP: Ich sprach mit dem Bekannten in XXXX , die sagten mir, dass das richtig ist. Auch der Fahrer, der mich hier hergebracht hat, meinte es so.

LA: Woher haben Ihre Bekannten in XXXX dieses Spezialwissen?

VP: Ich weiß es nicht. Ich habe schon früher gehört, dass Menschen das so machen. Bei der Einreise am Flughafen spülen sie den Pass im Klo runter und stellen einen Asylantrag. So wie ich gehört habe, braucht man das, um Zeit zu gewinnen.

LA: Sie sind Jurist und neigen offenbar dazu, Autoritäten zu hinterfragen, zB tschetschenische Polizisten, die Ihr Auto kontrollieren. Aber einem Schlepper und irgendwelchen Bekannten glauben Sie, es wäre das Beste, seinen Reisepass zu zerstören?

VP: Das eine sind russische Gesetze, hier reden wir über internationale Gesetze. Das wird auf einer internationalen Ebene reguliert.

LA: Sie sind alles andere als dumm. Sie werden mir nicht erzählen wollen, in irgendeinem internationalen Vertrag steht „Optimalerweise wird der Reisepass nach der Einreise vernichtet“.

VP: Das verstehe ich klar. Aber dahinter steht die illegale Migration.

LA: Die Zerstörung des Passes dient üblicherweise dazu, den österreichischen Behörden die Durchsetzung einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung möglichst schwer zu machen (das heißt, man erschwert die Abschiebung trotz behördlicher und gerichtlicher Entscheidungen). Das heißt das macht man dann, wenn man daran zweifelt, dass die eigenen Fluchtgründe ausreichen, um als Flüchtling anerkannt zu werden. Im Grunde ist das nichts anderes als eine antizipierte Nichtmitwirkung.

VP: Von der Seite habe ich es noch nie betrachtet. Aber viele haben mir so einen Ratschlag gegeben. Ich solle das machen. Wenn ich gewusst hätte, dass das meine Lage verschlimmert, hätte ich das nicht gemacht.

LA: Klug war es jedenfalls nicht. Im Grunde zeigt man damit, dass man nicht bereit ist, behördliche und gerichtliche Entscheidungen des Landes, in dem man Zuflucht sucht, zu akzeptieren.

VP: Glauben Sie mir, ich hatte keine Hintergedanken, Ihnen Ihre Arbeit durch diese Handlung zu erschweren.

LA: Welche Personen kennen Sie in Österreich (abgesehen von Ihrer Ehefrau)?

VP: Niemanden.

LA: Welche Personen kennen Sie in der EU?

VP: Niemanden. In der EU habe ich keine Verwandten oder Bekannten, ich hatte bis vor Kurzem auch nicht im Sinne, hierherzukommen.

LA: Haben Sie (abgesehen von Ihrer Ehefrau) Angehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Bitte schildern Sie mir kurz Ihre Schullaufbahn.

VP: Grundschule abgeschlossen, Hauptschule abgeschlossen, Hochschule abgeschlossen.

LA: Sie sind Jurist?

VP: Ja.

LA: Wie haben Sie Ihr Leben in Russland finanziert?

VP: Ich habe bei der Baufirma meines Bruders im Büro gearbeitet.

LA: War das eine juristische Tätigkeit?

VP: Ich war nicht als Jurist eingestellt. Laut Arbeitsvertrag war ich als Ingenieur tätig.

LA: Haben Sie irgendwo Arbeitserfahrung als Jurist gesammelt?

VP: Als reiner Jurist habe ich nicht gearbeitet, ich war aber für juristische Fragen im Büro tätig. Ich habe Verträge aufgesetzt, ich war für die Lieferung zuständig und für Anmietungen.

LA: Besteht zu einer Person in Österreich ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis?

VP: Zu meiner Ehefrau bei der ich jetzt gemeldet bin. Derzeit bin ich ja nicht berechtigt, zu arbeiten.

LA: Können Sie Gründe namhaft machen, die für Ihre Integration in Österreich sprechen?

VP: Ich habe mich bereits für einen Deutschkurs angemeldet (A1/1). Ich möchte Deutsch so schnell wie möglich lernen. Wenn es mir erlaubt wird, hier zu arbeiten, würde ich so schnell wie möglich zu arbeiten, um mich so schnell wie möglich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Ich möchte Ihnen auch sagen, dass ich hier nicht von staatlicher Unterstützung leben soll. Ich möchte mich selbst versorgen und arbeiten. Ich will nicht, dass ich zu Hause sitze und die Frau arbeitet. Das soll eher umgekehrt sein.

 

LA: Besuchen Sie schon einen Deutschkurs?

VP: Nein. Ich habe mich erst angemeldet.

LA: Ab wann besuchen Sie den Deutschkurs?

VP: Er fing schon an. Ich kam heute nach dem Kurs. Ich habe eine Bestätigung mit. Ich besuche alle Unterrichtsstunden. Ich lernte früher in der Schule Deutsch, deshalb habe ich schon eine Basis an Deutschkenntnissen.

LA: Bitte stellen Sie sich auf Deutsch vor.

VP: (auf Deutsch) Ich heiße XXXX . Ich heiße XXXX . Ich komme aus Russland. Ich spreche Russisch. Ich lerne Deutsch. (auf Russisch) ich bin ein wenig aufgeregt.

LA: Wie alt sind Sie?

VP: (auf Russisch) keine Ahnung.

LA: Haben Sie einen österreichischen Freundeskreis?

VP: Ich bin nicht aus der Wohnung rausgekommen, nur zum Einkaufen und zum Spazierengehen. Sonst eigentlich nicht.

LA: Sind Sie in Österreich in Vereinen oder ehrenamtlich aktiv?

VP: Nein. Ich besuche derzeit nur einen Deutschkurs und gewöhne mich hier ein. Ich schaue, was ich hier machen darf und was nicht.

LA: Hatten Sie in Österreich Probleme mit Behörden, Polizei oder Gerichten?

VP: Nein.

LA: Wie möchten Sie in Österreich Ihr Leben gestalten?

VP: Arbeit finden und arbeiten. Leben. Und niemanden stören.

LA: Ihnen werden landeskundliche Feststellungen zur Russischen Föderation übergeben. Ihnen wird die Möglichkeit gegeben, hiezu binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Diese dient zusätzlich der Entscheidungsfindung und Würdigung Ihres Vorbringens. Zum Umstand, dass Sie in deutscher Sprache zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert werden, wird auf Folgendes hingewiesen:

§ 39a AVG regelt nur den mündlichen Verkehr mit der Behörde, begründet aber keinen Anspruch auf die Verwendung einer fremden Sprache im Schriftverkehr mit den Beteiligten; insbesondere ist die Beifügung einer Übersetzung eines Schriftstückes nicht vorgesehen (Ringhofer I, 367; VwGH 11.1.1989, Zl 88/01/0187; 1.2.1989, Zl. 88/01/0330).

VP: Ich befürchte, dass ich so viele Informationen binnen zwei Wochen nicht schaffe durchzulesen. Wäre es auf Russisch gewesen, wäre es etwas anderes.

LA: Das heißt, Sie verzichten auf das Recht, die Länderinformationen einzusehen?

VP: Sind das 110 Seiten?

LA: Ungefähr.

VP: Ich glaube nicht, ich sehe darin keinen Sinn. Ich werde es nicht schaffen, das durchzulesen.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Haben Sie den Dolmetscher bei der Einvernahme einwandfrei verstanden?

VP: Ja.

LA: Hatten Sie genug Zeit, Ihre Gründe für den Asylantrag zu erörtern?

VP: Ja. Ich möchte im Anschluss noch etwas sagen, der einzige Mensch, den ich in Russland habe, ist meine Mutter. Die anderen haben mir so viele schlimme Dinge an den Kopf geworfen, dass ich sie nicht mehr sehen will.

LA: Aus meiner Sicht wurde der gegenständliche Asylantrag ausschließlich gestellt, um Ihren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Ihr Fluchtvorbringen war weitestgehend nicht von Asylrelevanz, an vielen Stellen vage und oftmals spekulativ. Das BFA beabsichtigt daher, Ihren Asylantrag abzuweisen und behält sich die Möglichkeit vor, ein Einreiseverbot gegen Sie wegen unberechtigter Asylantragsstellung zu verhängen. Was sagen Sie dazu?

VP: (Anm.: VP fällt Dolmetscher nach dem ersten Satz ins Wort) Ja, das ist richtig wie Sie es verstanden haben. Ich will keine Unterstützung vom Staat, sondern hier leben und arbeiten.

LA: (Vorhalt wird wiederholt)

VP: Punkt 1 ist meine Familienangelegenheit, meine Heirat, warum ich hierhergekommen bin. Und was die Militärangelegenheit betrifft, da haben Sie schon recht, ich kann nicht 100%ig sagen, was passieren wird, ich habe nur Angst, was passieren könnte. Man weiß nicht, ob die Lage sich zuspitzen oder entspannen wird.

LA: Der Dolmetscher wird Ihnen die Niederschrift wörtlich rückübersetzen und Sie haben danach die Möglichkeit noch etwas richtig zu stellen oder Fragen zu stellen.

VP: Ok.

[…]

4. Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 15.10.2021, wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF, wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.) und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.) Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die Behörde stellte die Staatsbürgerschaft, Volksgruppenzugehörigkeit und das Glaubensbekenntnis des Beschwerdeführers sowie seine Identität fest und legte ihrer Entscheidung ausführliche Feststellungen zur Situation in dessen Herkunftsstaat zu Grunde. Der Beschwerdeführer habe eine Gefährdungslage im Heimatland nicht glaubhaft machen können. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung einer Verfolgung unterliege.

Diesbezüglich wurde in der Beweiswürdigung zu den Fluchtgründen des BF wie folgt argumentiert:

„Zu Ihren familiären Konflikten:

Hinsichtlich der familiären Probleme gaben Sie an, Ihre Familie, insbesondere Ihr Onkel, hätten zunächst versucht, die Eheschließung zu verhindern, um Ihnen nach erfolgter Heirat mitzuteilen, Sie mögen sich in Ihrer Heimat „nicht mehr blicken lassen“ und man würde Ihnen „die Kniescheiben brechen“ sowie „den Kopf abreißen“. Auch würden Sie aufgrund Ihres Bruchs der tschetschenischen Traditionen Auseinandersetzungen mit Ihren Brüdern befürchten.

 

Ihrem diesbezüglichen Vorbringen ist zu entgegnen, dass es grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, dass sich Ihre Familie gegen Ihre Heirat mit einer geschiedenen Tschetschenin, die circa fünf Jahre älter ist und zwei Kinder in die Beziehung mitbrachte, ausgesprochen haben. Auch Dispute unter der Verwendung einer brachialen Wortwahl können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden und wird Ihnen hinsichtlich der Äußerungen Ihrer Angehörigen daher prinzipiell Glauben geschenkt. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass Sie die Drohungen Ihres Onkels selbst nicht ernstnehmen, sondern auf Vorhalt des zur Entscheidung berufenen Organwalters, dass es sich nach seiner Überzeugung um milieubedingte Unmutsäußerungen handelte, einräumten, dass dies „so direkt nicht gemeint war“, womit Sie der vom ho. Amt vertretenen Ansicht im Grunde beitraten. Auch dem Logikschluss der Behörde, dass derartige Äußerungen üblicherweise bedeuten, dass man keine Unterstützung des sich in dieser Form Äußernden zu erwarten habe, pflichteten Sie bei. Auf konkrete Nachfrage gestanden Sie ein, dass Sie grundsätzlich mit keinen erheblichen Eingriffen in Ihre physische Integrität rechnen würden, gaben jedoch gleichzeitig an, möglicherweise könnte ein Zusammentreffen mit Ihrem Bruder Tätlichkeiten nach sich ziehen. Hiezu ist (unter besonderer Berücksichtigung der oben dargelegten Erwägungen) auszuführen, dass dieses Vorbringen hochgradig spekulativ anmutet und eine bloß theoretische Möglichkeit in den Raum gestellt wird. Im Übrigen hat dahingestellt zu bleiben, ob ein allfälliger Übergriff Ihres Bruders, der seine Motivation in einer unerwünschten Eheschließung findet, mit derartiger Brutalität und Intensität ausgeführt werden würde, dass Ihnen erhebliche Verletzungsfolgen drohen, zumal keinesfalls davon auszugehen ist, dass sich die russischen Behörden in einem vergleichbaren Fall als schutzunwillig oder schutzunfähig herausstellen würden; dies insbesondere angesichts der Tatsache, dass Sie sich wohl außerhalb der kaukasischen Teilrepubliken aufhalten würden und den Sicherheitskräften daher der tschetschenische Ehrenkodex, welchen Sie als Ihr Hauptproblem darstellen und der möglicherweise nach sich ziehen könnte, dass tschetschenische Polizisten ihrem Schutzauftrag nicht nachkommen würden, völlig gleichgültig wäre. Es darf auch am Rande darauf hingewiesen werden, dass Ihre Darstellung Ihrer völligen Wehr- und Hilflosigkeit angesichts der Tatsache, dass Sie mehrere Jahre in den russischen Streitkräften dienten, nicht besonders glaubwürdig ist, sodass grundsätzlich – entgegen Ihrer Behauptungen – davon ausgegangen werden kann, dass Sie durchaus in der Lage wären, sich gegen (hypothetische) physische Übergriffe zur Wehr zu setzen. Auch kann nicht übersehen werden, dass zumindest Teile Ihrer Familie, nämlich zumindest Ihre Mutter und einer Ihrer Brüder, grundsätzlich noch zu Ihnen stehen, sodass jedenfalls zu erwarten ist, dass diese Personen versuchen würden, Einfluss auf die Ihnen skeptisch gegenüberstehenden Angehörigen zu nehmen und somit deeskalierend auf diese einzuwirken.

 

Bei lebensnaher Betrachtung der Gesamtumstände ist es als ausgeschlossen zu erachten, dass Sie sich von den angeführten familiären Problemen tatsächlich derartig unter Druck gesetzt (oder gar gefährdet) fühlen, dass Ihnen die Migration nach Mitteleuropa als einzig tunliches Mittel erscheint, um Ihr Leben auf zumutbare Art und Weise zu führen.

 

Festzuhalten ist, dass Sie aufgrund des in Ihrem Herkunftsstaat bestehenden Sozialsystems (dazu unten mehr) sowie aufgrund Ihrer eigenen Leistungsfähigkeit nicht in einer Form von Ihrer Familie abhängig wären, dass eine Verweigerung jeglicher Unterstützung Sie in eine hoffnungs- oder aussichtslose Lage versetzen würde.

 

Zur Befürchtung der zwangsweisen Rekrutierung:

Hinsichtlich Ihrer Befürchtungen im Hinblick auf die mögliche Einberufung zum Militärdienst ist vorauszuschicken, dass laut dem aktuellen Länderinformationsblatt lediglich rund ein Drittel der Stellungspflichtigen tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen wird, sohin die Wahrscheinlichkeit, einberufen zu werden, in Ihrem Herkunftsstaat bereits für sich eher gering ist, zumal es auch keine Rekrutierungsprobleme gibt, da zahlreiche junge Männer ihren Wehrdienst ableisten wollen; dies einerseits aufgrund patriotischer Gesinnung, andererseits aufgrund des Faktums, dass die Ableistung des Wehrdienstes Zugangsvoraussetzung für bestimmte berufliche Laufbahnen (insbesondere im öffentlichen Dienst) ist. Im Jahr 2013 wurden Maßnahmen zur „Humanisierung“ und Attraktivitätssteigerung des Wehrdienstes eingeleitet und weiter umgesetzt, umfasst sind unter anderem die Möglichkeit der heimatnahen Einberufung für bestimmte Wehrpflichtige. Auch gab es unter anderem Verbesserungen bei der Verpflegung, längere Ruhezeiten und die Möglichkeit zur Nutzung privater Mobiltelefone. Im Übrigen wurden bis ins Jahr 2014 aus Tschetschenien überhaupt keine Wehrpflichtigen einzogen und bleibt die Anzahl der aus dem Nordkaukasus rekrutierten Soldaten weiter niedrig. Im Herbst 2017 wurden aus der gesamten nordkaukasischen Region nur rund 6.000 Personen eingezogen, aus Tschetschenien werden jährlich bloß ein paar hundert Rekruten einberufen und versuchen Tschetschenen teilweise, ihre Einberufung durch die Anmeldung eines Wohnsitzes in einer anderen Region zu erreichen. Insofern Sie behaupteten, Sie würden eine Zwangsrekrutierung für den Ukrainekrieg befürchte, so wird Ihnen die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 27.06.2017 entgegengehalten. Diese hält fest, dass keine dementsprechenden Informationen vorliegen, und beruft sich dabei auf die Österreichische Botschaft in XXXX . Wenn Sie nunmehr monieren, es sei keine Aktualität gegeben, so ist zu entgegnen, dass 2017 der Höhepunkt beider Konflikte war und nicht lebensnah ist, dass zum jetzigen Zeitpunkt Zwangsrekrutierungen stattfinden sollten, wenn es diese auch zum damaligen Zeitpunkt nicht gab. In Ihrem Fall ist zu berücksichtigen, dass Sie Ihren Wehrdienst darüber hinaus bereits abgeleistet haben und gegenständlich befürchten, nicht als Wehrpflichtiger, sondern als Reservist einberufen zu werden. Bei lebensnaher Betrachtung der Gesamtsituation und unter Heranziehung der Denkgesetze der Logik ist schlicht und ergreifend völlig unplausibel, warum der russische Staat einerseits gegenüber Wehrpflichtigen große Nachsicht und geradezu eine gewisse Gleichgültigkeit walten lassen, jedoch Personen, die Ihre Pflicht bereits erfüllt haben, zwangsweise und gegen deren ausdrücklichen Willen einberufen und in Konfliktgebieten verlegen sollte.

 

Im Übrigen wurde vom zur Entscheidung berufenen Organwalter die Anfrage an die Staatendokumentation gestellt, ob es aktuelle Berichte über russische Reservisten gibt, die zwangsweise in den Donbass entsandt werden. Die Anfragebeantwortung vom 11.10.2021 hielt fest, dass das russische Militär laut offizieller Darstellung im Donbass nicht präsent ist und vor diesem Hintergrund die Seriosität gegenteiliger inoffizieller Berichte nicht beurteilt werden kann. Zwar hat demzufolge offen zu bleiben, ob tatsächlich russische Streitkräfte im Donbass eingesetzt werden oder nicht, jedoch ist eine Zwangsverlegung von Wehrpflichtigen oder Reservisten vor diesem Hintergrund hochgradig unwahrscheinlich, sondern wäre es allenfalls logisch, wenn Freiwillige bzw. Spezialeinsatzkräfte ihren Dienst im Donbass versehen würden, da von diesen Personengruppen eine erhöhte Einsatzbereitschaft und Motivation zu erwarten ist, während nicht damit zu rechnen ist, dass zwangsweise rekrutierte bzw. entsandte Soldaten ihren Dienst mit dem erforderlichen Engagement leisten würden. In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass es für die Russische Föderation ein hohes politisches Risiko bedeuten würde, würde man Soldaten ohne deren ausdrückliches Einverständnis in ein Konfliktgebiet entsenden, in dem man offiziell nicht präsent ist, da einerseits zu befürchten ist, dass diese sich an die Weltöffentlichkeit wenden und damit Geheimoperationen verraten bzw. die russische Politik bloßstellen könnten, was einen diplomatischen Eklat nach sich ziehen würde, und es andererseits einen innenpolitischen Aufschrei verursachen würde, würden zwangsrekrutierte Soldaten in einem inoffiziellen Kampfeinsatz fallen, was bei Wehrpflichtigen oder Reservisten schon aus Gründen der mangelnden Ausbildung und des fehlenden Trainings jedenfalls eher zu befürchten ist, als bei hervorragend ausgebildeten Spezialeinsatzkräften oder zumindest trainierten und routinierten Berufssoldaten.

 

Aufgrund obiger Erwägungen ist im gegenständlichen Fall in keinster Weise nachvollziehbar, warum man gerade Sie (oder andere Personen Ihres Profils) hätte einziehen wollen. Nach Ihren eigenen Darstellungen verfügen Sie weder über eine spezielle militärische Ausbildung, noch über besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, die Sie in den Augen des russischen Militärs als besonders attraktiv (zumal für einen politisch brisanten und inoffiziellen Einsatz) erscheinen lassen. Dass sich die russische Armee genötigt sieht, Personen von Ihrem Profil einzusetzen, obschon davon auszugehen ist, dass Soldaten und Freiwillige in hinreichender Zahl für derartige Einsätze zu Verfügung stehen, ist gänzlich lebensfremd, zumal – wie bereits oben dargelegt – die Gefahr besteht, dass sich zwangsweise eingezogene Personen an die Medien wenden oder schlicht und ergreifend im Kampfeinsatz fallen könnten, was in beiden Fällen außerordentlich unangenehme Gespräche diplomatischer Natur (und damit einhergehend internationale Sanktionen) sowie einen innenpolitischen Skandal nach sich ziehen könnte.

 

Ein weiteres Faktum, welches gegen die Glaubhaftigkeit Ihres Vorbringens spricht, ist, dass laut Ihren Angaben versucht wurde, Ihnen einen Einberufungsbefehl postalisch zuzustellen, Sie dies jedoch dadurch verhindern konnten, dass Sie nicht an Ihrer Wohnadresse in XXXX gemeldet sind und die Postbotin, die für Ihre Meldeadresse in XXXX zuständig ist, von Ihnen überzeugt werden konnte, Ihr Antreffen zu leugnen. Dies deshalb, weil der Umstand, dass Ihnen der Einberufungsbefehl nicht zugestellt wurde offenbar keine Folgen für Sie hatte. In diesem Zusammenhang ist auch auf den Umstand hinzuweisen, dass Sie laut Ihren Äußerungen ab dem 14.04.2021 Kenntnis von der Existenz des Einberufungsbefehls hatten, aber dennoch im Juni desselben Jahres problemlos und ohne von Sicherheitskräften behelligt zu werden ausreisten und über den Flughafen XXXX aus der Türkei kommend in Ihren Herkunftsstaat einreisen konnten, was nicht so gewesen wäre, wären die Militärbehörden Ihres Herkunftsstaates bestrebt, Sie zwangsweise einzuziehen, zumal Flughäfen mit Sicherheit zu jenen Einrichtungen gehören, die in jedem Staat am engmaschigsten kontrolliert werden, sohin eine Einreise via Flugzeug unmöglich ist, ohne dass die zuständigen Behörden Kenntnis erlangen. Im Übrigen verließen Sie auch im August 2021 Ihren Herkunftsstaat auf legalem Wege und unverfolgt, nämlich auf dem Landweg über die Ukraine, wo Sie ebenfalls kontrolliert wurden.

 

Abschließend sei angemerkt, dass Sie zwei Beispiele für Personen ins Treffen führten, die in der Ukraine eingesetzt gewesen sein sollen. Einerseits handelte es sich nach Ihren Darstellungen um einen tschechischen Staatsbürger, der in Tschechien zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Jahren verurteilt wurde, andererseits sei einem älteren russischen Staatsangehörigen die Einreise in die USA verweigert worden. Beide Fällen wären – selbst im Falle der Wahrheitsunterstellung – mit Ihnen in keinster Weise vergleichbar, da der Tscheche sich wohl einer fremden Streitkraft anschloss und (angesichts der Höhe der Haftstrafe) wohl Kriegsverbrechen begangen hat, während keine Gründe erkennbar sein sollten, wieso ein Einreiseverbot für die USA Sie in besonderer Weise einschränkten würde.

 

Festzuhalten ist jedoch insgesamt, dass Ihr Vorbringen angesichts des vorliegenden Beweismaterials und insbesondere bei Anwendung logischer Denkschlüsse auszuschließen ist und auch Sie selbst kaum im Stande waren, Fakten zu liefern, sondern sich in Spekulationen und theoretischen Möglichkeiten ergingen.

 

Zur Befürchtung besonderer Behandlung wegen der Stellung eines Asylantrags:

Insofern Sie behaupteten, Sie würden aufgrund des gegenständlichen Asylantrags befürchten, mit Problemen konfrontiert zu sein, verweist die erkennende Behörde auf das Länderinformationsblatt, wo explizit festgehalten wird, dass allein die Tatsache, dass im Ausland ein Asylantrag gestellt wurde, noch nicht mit Schwierigkeiten bei der Rückkehr verbunden ist.

 

Weiteres:

Erhebliche Zweifel an Ihrem Fluchtvorbringen wird auch dadurch hervorgerufen, dass Sie Ihren Reisepass absichtlich zerrissen und sogar auf mehrere Mülleimer aufteilten. Auf Nachfrage gaben Sie an, Sie hätten dies auf Antraten Ihres Schleppers und eines namentlich nicht genannten Bekannten aus XXXX getan. Zunächst ist diesbezüglich festzuhalten, dass die erkennende Behörde die Überzeugung vertritt, dass bloß Asylwerber, die sich der Schutzrelevanz ihres eigenen Vorbringens nicht sicher sind (bzw. die mangelnde Schutzrelevanz selbst erkennen) geneigt sind, bereits durch die Zerstörung von Reisedokumenten einen antizipierten Akt der Nichtmitwirkung zu setzen, welcher es den Behörden des Aufnahmestaats erheblich erschwert, rechtskräftige Rückkehrentscheidungen durchzusetzen. Dass Sie selbst einen juristischen Hintergrund aufweisen, prinzipiell offenbar geneigt sind, Autoritäten zu hinterfragen, und mit Sicherheit nicht von schlichtem Gemüt, sondern - im Gegenteil - sehr intelligent sind, wirft in diesem Zusammenhang ein außerordentlich nachteiliges Licht auf Sie, da Sie gegenüber der erkennenden Behörde zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckten, Sie würden Ratschläge einfach so hinnehmen, ohne sich selbst Gedanken hinsichtlich der Sinnhaftigkeit und der Folgewirkungen zu machen. Im Ergebnis ist die Behörde daher davon überzeugt, dass Sie – entgegen Ihrer Behauptung, Sie hätten keine Hintergedanken gehabt – Ihren Pass bewusst zerstörten, da Ihnen vollkommen bewusst ist, dass Ihr Fluchtvorbringen keine Asylrelevanz zu entfalten im Stande ist, und Sie somit Zeit gewinnen und Ihre Abschiebung verzögern, wenn nicht gar verhindern wollten.

 

Auch ein zeitlicher Konnex zwischen Ihren angeblichen Problemen (traditionelle Heirat im Jahr 2019, behördliche Eheschließung am XXXX 02.2021 und Kenntnisname vom Einberufungsbefehl am 14.04.2021) und der Ausreise aus Ihrem Herkunftsstaat (24.08.2021) besteht nicht. Dass eine tatsächlich verfolgte Person sich mehrere Monate bzw. sogar Jahre im Verfolgerstaat bzw. im Einflussbereich der Verfolger aufhält, ist lebensfremd.

 

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sie Ihre Migration nach Österreich offenbar von langer Hand (und völlig unabhängig von Ihren nunmehr als fluchtrelevant dargelegten Befürchtungen) planten. Sie legten mehrere Dokumente samt (was prinzipiell als positiv hervorzuheben ist) deutscher Übersetzungen vor: Ihre behördliche Heiratsurkunde ließen Sie bereits wenige Tage nach Ihrer Eheschließung übersetzen, nämlich am 19.02.2021, die anderen Dokumente wurden jeweils am 02.09.2019 übersetzt. Sohin wurde der Großteil der Dokumente zwischen dem Kennenlernen Ihrer nunmehrigen Ehefrau über die sozialen Medien im Jahr 2017 oder 2018 und der offiziellen Eheschließung im Februar 2021 übersetzt, sämtliche Dokumente aber jedenfalls geraume Zeit bevor Sie angeblich davon erfahren haben wollen, dass Ihnen die Zwangsrekrutierung für den Ukrainekonflikt droht. Am Rande sei angemerkt, dass Sie laut eigenen Angaben Ihre Frau erstmals im November 2019 persönlich trafen (und gleichzeitig die traditionelle Ehe schlossen), sodass Sie den Großteil Ihrer Urkunden sogar noch vor dem ersten persönlichen Treffen mit Ihrer Ehefrau in die Amtssprache Ihres späteren Zielstaates übersetzen ließen, was eine Zeit- und Geldverschwendung gewesen wäre, hätten Sie nicht schon damals den Plan gehabt, nach Österreich zu migrieren. Dies stellt ein weiteres starkes Indiz dafür dar, dass Ihre Einreise nach Österreich mit Ihrem Vorbringen nicht im Zusammenhang steht.

 

Zusammenfassung:

Insgesamt gelang es Ihnen bloß teilweise, Ihr Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen, nämlich dahingehend, dass Ihre Familie mit Ihrer Eheschließung nicht einverstanden war und es dementsprechend zu Differenzen kam. Im Übrigen erweisen sich Ihre Angaben als übertrieben, hochgradig spekulativ, vor dem realen Hintergrund als lebensfremd bzw. schlichtweg nicht asylrelevant, sodass das erkennende Bundesamt zum Schluss gelangte, dass im Wesentlichen zwei Motive Ihren Entschluss, nach Österreich zu migrieren, prägten: Einerseits wollten Sie mit Ihrer Ehefrau eine Familie gründen, andererseits erkannten Sie, dass Sie aufgrund Ihrer juristischen Ausbildung in Österreich bessere Zukunftschancen als in der Russischen Föderation haben würden, da eine dauerhafte Niederlassung in Mitteleuropa auch für Tschetschenen der Mittelschicht mit einer Verbesserung der Zukunftschancen einhergeht. Ihre Migration nach Österreich war daher ausschließlich privaten Überlegungen geschuldet, der gegenständliche Asylantrag wurde mit dem Ziel gestellt, die Bestimmungen des NAG zu umgehen.“

 

Eine Rückkehr in die Russische Föderation sei dem Beschwerdeführer zumutbar und möglich. Dieser habe im Heimatland noch genügend familiäre Anknüpfungspunkte und es habe nicht festgestellt werden können, dass ihm in seinem Heimatland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen wäre. Der Beschwerdeführer sei ein junger und arbeitsfähiger Mann mit juristischer Hochschulbildung, weshalb zu erwarten sei, dass er seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten könne. Insgesamt sei daher festzustellen, dass keine individuellen Umstände vorliegen würden, die dafürsprechen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung iSd Art. 3 EMRK darstellen würde.

5. Mit Schriftsatz vom 15.10.2021 wurde durch den nunmehr bevollmächtigten Vertreter fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht, in welcher der dargestellte Bescheid, zugestellt am 19.10.2021, vollumfänglich angefochten wurde. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, dass der BF seit Februar 2021 standesamtlich verheiratet sei. Die Ehefrau des BF sei in Österreich asylberechtigt und würde der BF mit dieser sowie ihren beiden Kindern aus ihrer früheren Ehe im gemeinsamen Haushalt leben. Die Ehefrau des BF sei derzeit schwanger und würde das gemeinsame Kind am 08.04.2022 erwartet. Geltend gemacht werde die Durchführung eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens. Dem BF sei es als rechtsunkundigen, sprachunkundigen Fremden nicht zumutbar zu erkennen, welche Gründe zur Asylgewährung führen könnten und welche nicht, weshalb das Bundesamt zur amtswegigen Ermittlung der Fluchtgründe gehalten sei. Für den BF sei nicht erkennbar gewesen, inwieweit er sein Vorbringen erstatten müsse, wie genau er seine Gründe darlegen müsse und welche Details für die Glaubwürdigkeit verlangt würden. Das habe der BF nicht wissen können, weil er rechtsunkundig sei. Das Bundesamt habe auch keine ausreichenden Ermittlungen zum bestehenden Familienleben durchgeführt. So hätte die belangte Behörde detaillierter ermitteln müssen, wie sich die Beziehung des BF zu seiner Ehefrau und ihren Kindern gestalte, welche Sorgfalts- und Erziehungspflichten er übernehme und welche Auswirkungen eine Aufenthaltsbeendigung auf die Lebenssituation des BF hätte. Eine Verpflichtung zur Ausreise würde auch für das ungeborene Kind eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls bedeuten. Als Beweis werde die zeugenschaftliche Einvernahme der Ehefrau des BF sowie ihres Therapeuten beantragt. Die BF sei aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme auf die Hilfe und Betreuung durch den BF angewiesen. Außerdem seien die Länderberichte unzureichend gewürdigt worden. In der Folge wurden Auszüge aus dem LIB zur Situation in Tschetschenien zitiert. Hätte die belangte Behörde diese korrekt gewürdigt, hätte sie zum Schluss kommen müssen, dass dem BF im Falle einer Rückkehr eine Verletzung seiner durch Art. 2 und Art. 3 EMRK garantierten Rechte drohe. Hinsichtlich des zweijährigen Einreiseverbots hätte das BFA keine nachvollziehbare Gefährdungsprognose durchgeführt. Die belangte Behörde habe mangelhafte Feststellungen getroffen und sich einer mangelhaften Beweiswürdigung bedient. Auch inhaltlich sei die Entscheidung des BFA rechtswidrig. Hinsichtlich § 3 AsylG sei auszuführen, dass dem BF angesichts des ihn betreffenden Sicherheitsrisikos nicht möglich sei ausreichend Schutz im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen. Wie den Länderberichten zu entnehmen sei, funktioniere staatlicher Schutz in Tschetschenien nicht. Es sei dem BF unter diesen Umständen nicht möglich weiter in seiner Heimat zu leben, ohne seine Gesundheit oder sein Leben zu gefährden, weshalb ihm Asyl zu gewähren sei. Betreffend § 8 AsylG gestalte sich die Sicherheitslage in der Russischen Föderation prekär und hätten sich aus den Feststellungen zur persönlichen Situation des BF konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung in den Herkunftsstaat ergeben. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht, weshalb dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hätte werden müssen. Außerdem habe das Bundesamt verkannt, dass der BF durch eine Rückkehrentscheidung in seinen Rechten nach Art. 8 EMRK verletzt werde und eine mangelhafte Interessenabwägung vorgenommen worden sei. Der BF sei strafgerichtlich unbescholten, sein Aufenthalt gefährde weder die öffentliche Ruhe oder Ordnung, noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl. Der Eingriff in sein schützenswertes Privatleben sei als unverhältnismäßig zu qualifizieren und daher auf Dauer unzulässig. In Bezug auf das Einreiseverbot gehe die belangte Behörde nicht hinreichend darauf ein, dass sich der BF mit einer aufenthaltsberechtigten Person verheiratet sei. Außerdem habe der BF eine enge Beziehung zu den Kindern seiner Frau aufgebaut und würden sie Anfang April ein gemeinsames Kind erwarten. Die belangte Behörde habe keine Gefährdungsprognose durchgeführt und habe nicht schlüssig dargelegt, inwiefern der BF ein derart gravierendes Fehlverhalten gesetzt hätte.

Beantragt wurde eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

6. Die Beschwerdevorlage sowie eine Stellungnahme des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte samt dem Verwaltungsakt am 22.11.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher die im Spruch ersichtlichen Personalien führt, der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum islamischen Glauben bekennt. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer reiste unrechtmäßig spätestens am 26.08.2021 in das Bundesgebiet ein und stellte an ebendiesem Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF ist mit einer in Österreich seit dem Jahr 2005 aufhältigen und seit 2007 asylberechtigten russischen Staatsangehörigen verheiratet, die am 08.04.2022 das erste gemeinsame Kind des Paares erwartet. Der BF lernte seine Ehefrau Anfang des Jahres 2018 online kennen, wobei sie sich im November 2019 zum ersten Mal in XXXX , der Türkei trafen. Bei ihrem ersten Treffen heiratete der BF seine Ehefrau traditionell. In der Folge trafen sie sich drei weitere Male in etwa von 14.10.2020 bis 10.11.2020, von 06.02.2021 bis 09.02.2021 sowie im Juni 2021 jeweils in der Türkei. Nach den Treffen reiste der BF in den Herkunftsstaat zurück und hielt er mit seiner Ehefrau täglich telefonischen Kontakt. Der BF beantragte jeweils am 01.11.2019, am 17.09.2019 und am 28.08.2019 Touristenvisa für die europäische Union, die jeweils abgelehnt wurden. Am XXXX 02.2021 hat der BF seine Ehefrau in der russischen Botschaft in XXXX standesamtlich geheiratet. Gegen die Ehefrau des BF wurde ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet. Die Ehefrau des BF leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Die Familie des BF stammt ursprünglich aus Tschetschenien. Der BF ist in XXXX geboren, wo er die Schule besucht und erfolgreich seinen Hochschulabschluss in Rechtswissenschaften gemacht hat. Ende des Jahres 2017 ist der BF nach Tschetschenien gezogen, wo er der Armee gedient hat. Zuletzt hat der BF bis zu seiner Ausreise in XXXX in einer Mietwohnung gelebt und im Bauunternehmen seines Bruders gearbeitet. Im Herkunftsstaat leben unverändert vier Brüder und die Mutter des Beschwerdeführers. Zwei Brüder des BF leben in XXXX , jeweils in Eigentumswohnungen, ein weiter Bruder des BF lebt ebenfalls in einer Eigentumswohnung in XXXX und ein weiterer Bruder lebt in Tschetschenien im gemeinsamen Haushalt mit der Mutter des BF, ebenfalls in einem Eigentumshaus. Der Vater des BF ist bereits verstorben.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien festgestellt werden.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation respektive Tschetschenien in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.3. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte in den Personen seiner Ehefrau und deren beiden Kindern aus erster Ehe, deren Vater der BF nicht ist. Ein gemeinsamer Haushalt mit ihnen besteht seit 07.09.2021. Der Beschwerdeführer besucht noch keinen Deutschkurs, sondern steht auf der Warteliste. Er verfügt über lediglich rudimentäre Deutschkenntnisse und hat weder Freunde im Bundesgebiet, noch ist er Mitglied in einem Verein oder geht einer sonstigen Aus- Fort- oder Weiterbildung nach.

Der unbescholtene Beschwerdeführer ging in Österreich bis dato keiner Erwerbstätigkeit nach, bestreitet seinen Lebensunterhalt durch den Bezug staatlicher Unterstützungsleistungen und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF ist und war nicht ehrenamtlich tätig und hat mit Ausnahme seiner Ehefrau und deren beiden Kindern keine engen sozialen Bindungen im Bundesgebiet. Eine den Beschwerdeführer betreffende aufenthaltsbeendende Maßnahme würde keinen ungerechtfertigten Eingriff in dessen gemäß Art. 8 EMRK geschützte Rechte auf Privat- und Familienleben darstellen.

1.4. Hinsichtlich der aktuellen Lage in der Russischen Föderation wird auf die durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingeführten und von Seiten des Beschwerdeführers nicht bestrittenen Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers. Weiters durch Einsichtnahme in die dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderberichte zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der Länderfeststellungen zu zweifeln. Auch ist der Beschwerdeführer dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten. Zur Aktualität der Quellen wird darauf hingewiesen, dass sich die dargestellte Informationslage unter Berücksichtigung aktualisierter Quellen in Zusammenschau mit aktueller medialer Berichtserstattung in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten im Wesentlichen unverändert darstellt.

2.2. Die Feststellung der Identität des Beschwerdeführers erfolgte auf Grundlage seines im Original in Vorlage gebrachten russischen Führerscheins und seiner Geburtsurkunde in Zusammenschau mit den dahingehenden Angaben des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seiner Einreise, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Religionsbekenntnis, seiner Herkunft, seiner Schul- und Hochschulbildung, seiner Berufserfahrung sowie den nach wie vor im Herkunftsstaat bestehenden familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers insbesondere bei seiner Einvernahme am 01.10.2021 und den vorgelegten Urkunden aus dem Herkunftsstaat.

Die Feststellungen zum aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers basieren auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, wonach er gesund ist und dem Umstand, dass keinerlei medizinische Unterlagen vorgelegt wurden.

2.3. Die Feststellungen zum Familien- und Privatleben einschließlich allfälliger Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Behörde erster Instanz sowie aus dem Akteninhalt, insbesondere der vorgelegten Heiratsurkunde. Dass die Ehefrau des BF an einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet, beruht auf dem Schreiben ihres Psychotherapeuten XXXX . Aufgrund der Wahrunterstellung der Erkrankung der Ehefrau des BF und ihrer verminderten Belastbarkeit, war auch der Beweisantrag die Ehefrau des BF und ihren Psychotherapeuten zu vernehmen, abzuweisen, weil daraus keine neuen entscheidungsrelevanten Tatsachen zu erwarten waren.

2.4. Die Feststellung zu seiner strafgerichtlichen Unbescholtenheit, beruht auf der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.5. Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und aktuell drohender menschenrechtswidriger Behandlung des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat beruht auf dem in den wesentlichen Punkten unglaubwürdigen Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er eine ihm im Herkunftsstaat drohende Gefahr nicht aufzeigen konnte.

Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen.

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472-10 mwN).

Im Sinne dieser Judikatur ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen.

Der Beschwerdeführer begründete seine Flucht aus dem Herkunftsstaat im Wesentlichen zunächst mit einem familiären Konflikt, nämlich dem Umstand, dass die Familie des BF versucht hätte die Eheschließung mit seiner nunmehrigen Ehefrau zu verhindern und ihm diesbezüglich, vor allem von Seiten seiner Onkel, gedroht worden sei. Darüber hinaus habe der BF befürchtet als Reservist der russischen Streitkräfte in den Donbass entsandt zu werden.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides im Ergebnis zutreffend aufgezeigt, dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft darzulegen vermochte, im Herkunftsstaat tatsächlich einer Verfolgung aus dem von ihm geschilderten Grund ausgesetzt zu sein.

In diesem Zusammenhang wies die Behörde zunächst zutreffend darauf hin, dass es glaubhaft erscheine, dass sich die Angehörigen des BF grundsätzlich gegen die Heirat mit einer 5 Jahre älteren Frau, die bereits zwei Kinder aus erster Ehe hat, ausgesprochen hätten. Die Äußerungen der Familie des BF er „solle sich in der Heimat nicht mehr blicken lassen“, man würde dem BF „die Kniescheibe brechen“ sowie „den Kopf abreißen“ sei grundsätzlich ebenfalls glaubhaft, wobei dem zu entgegnen sei, dass der BF die Drohungen seines Onkels nicht ernst genommen habe. Zutreffenderweise hat der BF auf Vorhalt während der niederschriftlichen Einvernahme, wonach es sich dabei um eine milieubedingte Unmutsäußerung gehandelt habe, selbst eingeräumt, dass diese Äußerung „so direkt nicht gemeint war“, weshalb der BF die Äußerungen seiner Onkel selbst wieder relativierte. Nachgefragt hat der BF auch, wie von der belangten Behörde bereits aufgezeigt, eingestanden, mit keinen Eingriffen in seine physische Integrität zu rechnen, wobei ein Zusammentreffen mit seinem Bruder möglicherweise Tätlichkeiten nach sich ziehen könnte, was nach Ansicht des erkennenden Gerichts ebenfalls lediglich Spekulation ist, zumal der BF eine diesbezügliche nähere Begründung vermissen ließ. Darüber hinaus hat die belangte Behörde bereits richtigerweise ausgeführt, dass es sich bei einem allfälligen Übergriff durch den Bruder des BF um Privatverfolgung handelt und keinesfalls davon auszugehen ist, dass sich die russischen Behörden als schutzunwillig oder schutzunfähig herausstellen würden. Wenn beschwerdeseitig ausgeführt wird, dass staatlicher Schutz in Tschetschenien nicht gegeben sei, ist dem entgegenzuhalten, dass das erkennende Gericht allfällige Defizite in Tschetschenien nicht verkennt, jedoch grundsätzlich von einem Funktionieren der russischen Behörden auch in Tschetschenien auszugehen ist. Selbst bei Wahrannahme dieser Behauptung (dem Nichtfunktionieren staatlichen Schutzes in Tschetschenien), wäre es dem BF, wie schon zuvor, möglich in XXXX zu leben und bei den dort ansässigen Behörden Schutz vor vermeintlichen körperlichen Angriffen seiner Familie zu suchen. Insbesondere wird im Beschwerdeschriftsatz nicht ausgeführt, warum für den BF eine (sofern benötigt) innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehen sollte, hat er doch auch zuvor in XXXX unbehelligt gelebt, obwohl er mit seiner Ehefrau bereits verheiratet war. Dabei handelt es sich daher um ein leidglich unsubstantiiertes Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, welches eine weitere Begründung vermissen lässt.

Darüber hinaus ist, wie bereits ausgeführt, noch einmal zu betonen, dass der BF auch zuvor, nämlich nach der traditionellen Eheschließung mit seiner Ehefrau im November 2019 noch in der Lage war bis August 2021 unbehelligt in XXXX zu leben und im Bauunternehmen seines Bruders tätig zu sein.

Hinsichtlich des Vorbringens des BF, wonach er befürchte als Reservist in den Donbass geschickt zu werden, ist einerseits, wie behördenseitig bereits getan, auszuführen, dass dies nach den Länderberichten sehr unwahrscheinlich ist. So seien bis ins Jahr 2014 aus Tschetschenien überhaupt keine Wehrpflichtigen eingezogen worden und bliebe die Anzahl der aus dem Nordkaukasus rekrutierten Soldaten weiter niedrig. Sofern der BF befürchte in den Donbass geschickt zu werden, sei ihm einerseits die Anfragebeantwortung aus dem Jahr 2017 entgegenzuhalten und andererseits die aktuelle Anfragebeantwortung vom 11.10.2021, wobei konkret gefragt wurde, ob es aktuelle Berichte über russische Reservisten gäbe, die zwangsweise in den Donbass entsandt würden. Nach der Anfragebeantwortung vom 11.10.2021 ist das russische Militär im Donbass nicht präsent. Eine Zwangsverlegung von Wehrpflichtigen oder Reservisten ist vor diesem Hintergrund hochgradig unwahrscheinlich. Es ist, wie behördenseitig bereits dargelegt, auch nicht nachvollziehbar, warum man gerade den BF hätte einziehen sollen, zumal er nach eigenen Angaben weder über eine spezielle militärische Ausbildung verfügt, noch besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten hat, die ihn in den Augen des russischen Militärs besonders attraktiv machen würden. Gegen die Glaubhaftigkeit des Vorbringens des BF spricht außerdem das unglaubhafte Vorbringen, wonach versucht worden sei ihm einen Einberufungsbefehl zuzustellen, wobei dies dadurch verhindert werden konnte, dass der BF nicht an seiner Wohnadresse in XXXX gemeldet gewesen sei und er die Postbotin aus XXXX überzeugen habe können, sein Antreffen ebendort nicht zu melden. Aus diesem Grund sei dem BF der Einberufungsbefehl nicht zugestellt worden. Dieses Vorbringen ist schlicht unplausibel und wenig nachvollziehbar, zumal nicht glaubhaft ist, dass der nicht zugestellte Einberufungsbefehl keine Folgen für den BF gehabt habe. Der belangten Behörde ist außerdem zuzustimmen, dass das Vorbringen vor dem Hintergrund der problemlosen Ausreise des BF im Juni 2021 in die Türkei unglaubhaft ist. Nach eigenen Angaben hat der BF nämlich seit 14.04.2021 Kenntnis von jenem Einberufungsbefehl, weshalb seine legale Ausreise im Juni und August 2021 vor diesem Hintergrund gegen eine tatsächlich versuchte Zwangsrekrutierung seiner Person sprechen. Gegen eine tatsächliche staatliche Verfolgung spricht daher auch der Umstand, dass dem BF eine legale Ausreise unter Mitführung seines russischen Reisepasses (seinen russischen Reisepass habe er nach eigenen Angaben erst im Bundesgebiet zerrissen) komplikationslos möglich gewesen ist und er im Zuge der Grenzkontrolle keinerlei Probleme erlebte.

Vielmehr wäre auch zu erwarten gewesen, der BF wäre unverzüglich aus dem Herkunftsstaat ausgereist und hätte nicht noch bis August 2021 zugewartet, hätte er tatsächlich die behauptete Zwangsrekrutierung befürchtet.

Insgesamt ist der belangten Behörde zuzustimmen, wenn sie zum Schluss kommt, dass der BF aus privaten Überlegungen nach Österreich gekommen ist und den gegenständlichen Asylantrag zum Zweck der Umgehung des NAG gestellt wurde. Es bleibt noch darauf hinzuweisen, dass der BF bereits jeweils im August, September und November 2019 versucht hat Schengenvisa für die Europäische Union zu erlangen, sohin Ende des Jahres 2019 versucht hat legal in die Europäische Union einzureisen. So gab der BF auch selbst bei seiner niederschriftlichen Einvernahme an, dass er nach Österreich habe kommen wollen, um seine Ehefrau zu heiraten und anschließend hier einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen, jedoch (wie dargelegt) kein Visum bekommen habe. Dann habe der BF während des Lockdowns abgewartet und vorgehabt in Österreich einen Antrag auf Familienzusammenführung zu stellen. Er habe sich dann an die österreichische Botschaft gewandt, doch sei ihm mitgeteilt worden, dass das sehr lange dauern könne (S. 8f des BFA-Prot.). Das erkennende Gericht geht daher ebenso wie die belangte Behörde in einer Gesamtschau davon aus, dass der BF zum Zweck der Familienzusammenführung nach Österreich gereist ist und im Bundesgebiet einen missbräuchlichen Asylantrag gestellt hat, um die Regelungen des NAG zu umgehen.

In Zusammenschau mit dem überaus vagen und unsubstantiierten Verfolgungsvorbringen und dem Umstand der familiären Situation des BF, ergibt sich insgesamt eine unglaubhafte Fluchtgeschichte, die zum Zweck der Umgehung des NAG frei konstruiert worden ist.

Sofern in der Beschwerdeschrift moniert wird, dass dem BF nicht erkennbar gewesen sei, inwiefern er sein Vorbringen erstatten müsse und welche Details für die Glaubwürdigkeit verlangt würden, weil er nicht rechtskundig sei, ist dem entgegenzuhalten, dass der BF sehr ausführlich, vielfach nachgefragt und über 26 Seiten niederschriftlich einvernommen worden ist. Darüber hinaus hat der BF selbst Rechtswissenschaften studiert und ist ihm eine völlige Rechtsunkenntnis daher nicht zu attestieren.

Die Beschwerde ist den beweiswürdigenden Erwägungen zur fehlenden Glaubwürdigkeit der geschilderten Verfolgungssituation inhaltlich nicht substantiiert entgegengetreten, sondern hat die Fluchtgeschichte erneut vorgetragen.

Vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer geäußerten Ausreisegründe kann sohin keine glaubwürdige Gefährdungssituation im Falle einer Rückkehr abgeleitet werden.

2.6. Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, vor deren Hintergrund eine (neuerliche) Niederlassung in Tschetschenien oder einem anderen Gebiet der Russischen Föderation für den Beschwerdeführer als individuell nicht zumutbar zu erachten wäre. Dieser ist volljährig, leidet an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, verfügt über Schul- und sogar Hochschulbildung sowie Berufserfahrung beim Militär und dem Bauunternehmen seines Bruders. Er ist mit der russischen und tschetschenischen Sprache sowie den örtlichen und kulturellen Gegebenheiten des Herkunftsstaates vertraut. Zudem hat er zahlreiche enge Angehörige, insbesondere seine Mutter und seine vier Brüder im Herkunftsstaat, welche ihm anfänglich neuerlich eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellen und ihn auch anfänglich (finanziell) unterstützen könnten. Nicht verkannt wird, dass der BF vorgab nur mit zwei seiner Brüder, nämlich den beiden mittleren, guten Kontakt zu haben. Diese verfügen jedoch beide über eine Eigentumswohnung in XXXX bzw. XXXX , wo sie wohnen und führt der in XXXX lebende Bruder ein Bauunternehmen, in welchem der BF zuvor gearbeitet hat. Warum ihn sein Bruder nicht wiedereinstellen sollte oder ihn in einer Anfangsphase nicht bei sich aufnehmen sollte, wurde beschwerdeseitig nicht dargetan. Darüber hinaus stünde dem BF als russischem Staatsangehörigen ein neuerlicher Rückgriff auf Leistungen des dortigen Sozialsystems offen, auch könnte er durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe nach § 52a BFA-VG vorübergehend das Auslangen im Heimatland finden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dem Beschwerdeführer, welcher in der Vergangenheit in XXXX , Tschetschenien sowie XXXX gelebt und seinen Lebensunterhalt durch seine Arbeit bei der Armee bzw. dem Bauunternehmen seines Bruders, Gleiches nach einer Rückkehr nicht neuerlich möglich sein sollte. Darüber hinaus ist zu betonen, dass der BF nach eigenen Angaben Jurist und daher überdurchschnittlich gebildet ist, weshalb es ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit auch ohne die Hilfe seiner Familie (bzw. die Wiedereinstellung durch seinen Bruder) gelingen wird bald einen Job zu finden und seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu bestreiten. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht dem realen Risiko unterliegt, in eine die Existenz bedrohende Notlage zu geraten. Auch in der Beschwerde wurde nicht aufgezeigt, welche exzeptionellen Umstände im Falle des Beschwerdeführers vorliegen würden, die nunmehr – anders als in den Jahren vor seiner Ausreise – dessen Möglichkeit zur Sicherung seiner Existenzgrundlage ausschließen würden.

Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen auch im Herkunftsland bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Art. 3 EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt (zu den aktuellen Zahlen vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1112838/umfrage/erkrankungs-und-todesfaelle-aufgrund-des-coronavirus-in-russland/ ). Unabhängig davon liegen sowohl im Hinblick auf sein Alter als auch seinen Gesundheitszustand keine Anhaltspunkte vor, wonach der Beschwerdeführer bei einer allfälligen COVID-19 Infektion zu einer Hoch-Risikogruppe zählen würde. Die medizinische COVID-Versorgung in der Russischen Föderation erfolgt kostenlos und ist gegeben, weshalb die Schwelle der Exzeptionalität der Umstände in Hinblick auf Art. 3 EMRK, vor allem vor dem Hintergrund, dass der BF jung und gesund ist, nicht gegeben ist.

2.5. Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des unglaubhaften und unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers kein glaubhafter asylrelevanter Sachverhalt oder eine sonstige konkrete, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Bedrohungslage abzuleiten ist und muss daher auch eine allfällige Gefährdung des Beschwerdeführers vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen betrachtet werden.

Wenn die belangte Behörde im bekämpften Bescheid somit in einer vom Bundesverwaltungsgericht nicht zu beanstandenden Weise zum Ergebnis gelangt, dass die vom Beschwerdeführer angegebenen Ausreisegründe keine konkrete Rückkehrgefährdung aufzeigen, begegnet diese Einschätzung keinen Bedenken von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Da sich die gegenständliche zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG zur Entscheidung zuständig.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Das Verwaltungsgericht hat, wenn es "in der Sache selbst" entscheidet, nicht nur über die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde zu entscheiden, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde entschieden wurde. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in der Regel an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076; 18.2.2015, Ra 2015/04/0007; 25.7.2019, Ra 2018/22/0270).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist und glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.“

Zentraler Aspekt der dem § 3 AsylG 2005 zugrundeliegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974) definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21. 12. 2000, 2000/01/0131; 19. 4. 2001, 99/20/0273).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/20/0307, mwN). Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Fremde bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der Fremde im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. - im vorliegenden Fall - des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/01/0203; 27.6.2019, Ra 2018/14/0274, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - abgesehen vom Fall einer Wahrunterstellung (vgl. dazu etwa VwGH 25.6.2019, Ra 2019/19/0032, Rn. 13) - die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers zu prüfen (vgl. zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers ausdrücklich § 18 Abs. 3 AsylG 2005). Diese Prüfung erfolgt unter Berücksichtigung der vom EuGH judizierten unionsrechtlichen Anforderungen (vgl. die näheren Ausführungen in VwGH 12.3.2020, Ra 2019/01/0472-10). Erst danach erfolgt die Prognoseentscheidung gemäß § 3 AsylG 2005, ob mit dem als glaubwürdig erachteten Vorbringen eine wohl begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird (vgl. zur Prognoseentscheidung VwGH 8.9.2016, Ra 2015/20/0217, mwN; vgl. zu der dabei vorzunehmenden einzelfallbezogenen Beurteilung VwGH 2.9.2019, Ro 2019/01/0009, mwN).

3.2.2. Wie beweiswürdigend dargelegt, hat der Beschwerdeführer im Verfahrensverlauf, vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen, keinerlei Anhaltspunkte auf das Vorliegen eines Sachverhaltes im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung vorgebracht. Aus den unsubstantiierten und im Ergebnis unglaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zum Fluchtgrund ergibt sich keine diesem im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Motive drohende Verfolgung, sondern ist von einer missbräuchlichen Asylantragstellung zum Zwecke der Umgehung der Regelungen des NAG auszugehen.

3.2.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher spruchgemäß abzuweisen.

3.3. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz „in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen“, so ist einem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, „wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“ Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß Abs. 3 leg.cit. bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 21.5.2019, Ro 2019/19/0006, unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, festgehalten, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des EuGH dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer - unionsrechtlich nicht geforderten - Auslegung contra legem führen würde. Demnach hält der Verwaltungsgerichtshof an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 MRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 begründen kann.

3.3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. zum Ganzen zuletzt VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153; 26.6.2019, Ra 2019/20/0050, jeweils mwN).

Überdies hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2017/20/0038 bis 0040; 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, jeweils mwN; sowie EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff; EGMR 1.10.2019, 57467/15, Savran gegen Dänemark, Rz 44 ff ).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.2.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 5.9.2013, 61204/09, I gegen Schweden; siehe dazu auch VwGH 18.3.2016, Ra 2015/01/0255; 19.6.2017, Ra 2017/19/0095; 5.12.2017, Ra 2017/01/0236;).

3.3.3. Im gegenständlichen Fall kann keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention für den Fall der Rückkehr des Beschwerdeführers in die Russische Föderation erkannt werden. Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für seine Ausreise aus seinem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen:

3.3.3.1. Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen Mann mit Schul- und sogar Hochschulbildung sowie Berufserfahrung, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leidet, sondern gesund ist und der im Herkunftsstaat über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte, insbesondere seine Mutter und vier Brüder, verfügt. Dem Beschwerdeführer stehen demnach zusätzlich zu seiner Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen und seinen Lebensunterhalt eigenständig zu finanzieren, Unterstützungsmöglichkeiten durch ein verwandtschaftliches Netz offen. Es sind keine Umstände ersichtlich, weshalb dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat die (neuerliche) Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und eigenständige Bestreitung seines Lebensunterhaltes, gerade unter Berücksichtigung seiner überdurchschnittlichen Ausbildung, nicht möglich sein sollten. Das Vorliegen von exzeptionellen Umständen, welche in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wären, wurde zu keinem Zeitpunkt substantiiert behauptet. Darüber hinaus ist auszuführen, dass dem Beschwerdeführer, als russischen Staatsbürger auch Zugang zum dortigen Sozialleistungssystem offen stünde, sodass insgesamt jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.

3.3.3.2. Wie an anderer Stelle dargelegt, leidet der Beschwerdeführer aktuell an keinen schwerwiegenden Erkrankungen, sondern ist er gesund. Bei einer Verbringung in den Herkunftsstaat ist, im Falle einer Ansteckung mit COVID-19, nicht damit zu rechnen, dass der BF, aufgrund seines Alters und seines Gesundheitsstatus, einen schwerwiegenden Verlauf erleiden würde. Außerdem ist die medizinische COVID-Versorgung in der Russischen Föderation gesichert und kostenlos. Ein bei einer Überstellung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation vorliegendes „real risk“ einer Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit nicht erkennbar.

Eine akute lebensbedrohende Krankheit des Beschwerdeführers, welche eine Überstellung gemäß der oben dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde, lag zu keinem Zeitpunkt vor. Im Verfahren wurde auch nicht dargelegt, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet eine bestimmte Behandlung durchlaufen hätte, welche im Herkunftsstaat nicht erhältlich sein würde. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.

3.3.3.3. Letztlich konnte auch nicht festgestellt werden, dass im gesamten Gebiet der Russischen Föderation – trotz der vom Bundesverwaltungsgericht nicht außer Acht gelassenen in einigen Regionen angespannten Sicherheitssituation – derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ (vgl. etwa VwGH 16. 4. 2002, 2000/20/0131) im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

3.3.4. Außergewöhnliche, auf das gesamte Staatsgebiet bezogene, Umstände, angesichts derer die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Russische Föderation die Garantien des Art. 3 EMRK verletzen würde, können unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erblickt werden. Eine reale Gefahr, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe drohen könnte, ist somit insgesamt nicht hervorgekommen, weswegen die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ebenfalls abzuweisen war.

3.4. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels, Erlassung einer Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III. bis VI. des angefochtenen Bescheides):

3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird. Dem entsprechend bestimmt § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, dass das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels ist gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 "im verfahrensabschließenden Bescheid" abzusprechen. Mit § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 korrespondiert § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, wonach das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen "unter einem (§ 10 AsylG 2005)" mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen hat, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

3.4.2. Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet zu keinem Zeitpunkt geduldet war, dieser nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden ist, liegen die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 idgF nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, noch in der Beschwerde, behauptet worden ist.

Die Beschwerde erweist sich sohin in Hinblick auf Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet.

3.4.3. Da der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Gewährung subsidiären Schutzes abgewiesen wurde, ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht zu erteilen ist und der Beschwerdeführer weder begünstigter Drittstaatsangehöriger ist, noch aufgrund eines anderen Bundesgesetzes zum Aufenthalt berechtigt ist, liegen die Voraussetzungen für die Prüfung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG vor.

3.4.4. Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung steht unter dem Vorbehalt des § 9 Abs. 1 BFA-VG, wonach dann, wenn (insbesondere) durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, deren Erlassung (nur) zulässig ist, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dazu judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist (siehe zum Ganzen etwa VwGH 25.1.2018, Ra 2017/21/0218, Rn. 20, mwN).

Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. grundlegend etwa VfGH 29.9.2007, B328/07, VfSlg 18223; sowie aus der jüngeren Rechtsprechung VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074, VwGH 18.3.2016, Ra 2015/01/0255; VwGH 15.3.2016, Ra 2016/19/0031; ebenso Ra 2016/19/0032 Ra 2016/19/0034 Ra 2016/19/0033 unter Hinweis auf Stammrechtssatz VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0265 sowie VwGH 28.4.2014, Ra 2014/18/0146-0149 und 22.7.2011, 2009/22/0183; siehe auch Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 9 BFA-VG, K15 bis K30.; Ecker/Ziegelbecker, Die Rückkehrentscheidung in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Jahrbuch Asyl- und Fremdenrecht 2017, 151 bis 215).

Im Rahmen der so gebotenen Interessenabwägung kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt der Bindungen zum Heimatstaat (§ 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG) auch der Frage Bedeutung zukommen, ob sich der Fremde bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat eine Existenzgrundlage schaffen kann (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; siehe darauf bezugnehmend etwa auch VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, 21.12.2017, Ra 2017/21/0135). Ferner judiziert der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass eine in Österreich vorgenommene medizinische Behandlung im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung der persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet führen kann. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob diese medizinische Behandlung auch außerhalb Österreichs erfolgen bzw. fortgesetzt werden kann (vgl. dazu etwa VwGH 23.3.2017, Ra 2017/21/0004, Rn. 12, mwN; 22.8.2019, Ra 2019/21/0026-8).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. etwa VwGH 25.4.2018, Ra 2018/18/0187; 6.9.2017, Ra 2017/20/0209; 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072; 20.6.2017, Ra 2017/22/0037, jeweils mwN). Es kann jedoch auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen "kann" und somit schon allein auf Grund eines Aufenthaltes von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen auszugehen wäre (vgl. etwa VwGH 28.1.2016, Ra 2015/21/0191, mwN; 10.4.2019; Ra 2019/18/0049).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zudem mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. VwGH 28.2.2019, Ro 2019/01/0003, mwN).

3.4.4.1. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über seine schwangere Ehefrau und ihren beiden Kindern aus erster Ehe, deren Vater der BF nicht ist. Mit ihnen lebt der BF seit September 2021 im gemeinsamen Haushalt, weshalb ein Familienleben des Beschwerdeführers iSd Art. 8 EMRK im Bundesgebiet mit diesen grundsätzlich vorliegt. Das Familienleben des BF mit seiner Ehefrau und deren Kindern ist jedoch maßgeblich geschwächt, weil sich der BF einerseits bei der Entstehung des Familienlebens, nämlich der Begründung des gemeinsamen Haushaltes, der Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und außerdem, wie bereits dargelegt, zum Zwecke der Umgehung der Regelungen des NAG in das Bundesgebiet eingereist ist. Der Beschwerdeführer ist daher scheinbar nicht gewillt sich an die in Österreich geltenden Gesetze zu halten und die Regelungen über die Familienzusammenführung einzuhalten.

Der Beschwerdeführer, welcher infolge illegaler Einreise im August 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet stellte, war ausschließlich aufgrund des damit einhergehenden vorübergehenden Aufenthaltsrechts zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Insgesamt befindet sich der Beschwerdeführer lediglich für einen Zeitraum von sieben Monaten, sohin sehr kurze Zeit im Bundesgebiet und hat im Zeitraum seines Aufenthalts keine nennenswerten Bestrebungen hinsichtlich einer Integration erkennen lassen.

Der Beschwerdeführer hat zuletzt seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung bestritten, war nicht selbsterhaltungsfähig und hat sich weder ehrenamtlich engagiert, noch war er Mitglied in einem Verein. Der BF verfügt über lediglich rudimentäre Deutschkenntnisse und hat keinen Deutschkurs im Bundesgebiet besucht, sondern steht er auf der Warteliste. Auch sonstige Aus,-Fort,- oder Weiterbildungen hat der BF nicht dargetan. Mit Ausnahme von seiner Ehefrau und ihren beiden Kindern aus erster Ehe hat er keine engen sozialen Bindungen in Österreich begründet. Ein außergewöhnliches Maß an sozialer und wirtschaftlicher Integration hat der Beschwerdeführer gesamtbetrachtend nicht dargetan. Die Beziehungen des Beschwerdeführers zu Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt relativ schwach ausgeprägt, während er in seinem Herkunftsstaat, in welchem er den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, über ein familiäres Netz, Schul- und Hochschulbildung, Berufserfahrung sowie Kenntnisse der Amtssprachen verfügt und es ihm daher vor dem Hintergrund seiner erst relativ kurzen etwa fünf monatigen Ortsabwesenheit auch problemlos möglich sein wird, wieder im Herkunftsstaat Fuß zu fassen.

Auszuführen ist noch, dass es sich bei den beiden Kindern seiner Ehefrau nicht um seine leiblichen Kinder handelt, sondern um ihre Kinder aus erster Ehe. Eine besondere Beziehungsintensität zu ihnen hat der BF, über den gemeinsamen Haushalt hinausgehend, nicht dargetan. Zutreffend ist, dass die Ehefrau des BF mit dem ersten gemeinsamen Kind des Paares schwanger ist, wobei der errechnete Geburtstermin der 08.04.2021 ist.

Grundsätzlich ist bei der Beurteilung der Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung auch auf die wechselseitigen Beziehungen eines Elternteils und seines Kindes, sowie auf die im Entscheidungszeitpunkt konkret absehbaren zukünftigen Entwicklungen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 24.09.2019, Ra 2019/20/0420). Das Kindeswohl stellt einen essentiellen Gesichtspunkt der gegenständlichen Entscheidung dar (vgl VfSlg 19.776/2013; VfGH vom 27.2.2018, E3775/2017 sowie VfSlg 19.362/2011; VfGH vom 25.2.2013, U2241/12; vom 19.6.2015, E426/2015; vom 9.6.2016, E2617/2015; vom 12.10.2016, E1349/2016; vom 14.3.2018, E3964/2017; vom 11.6.2018, E343/2018, E345/2018; vom 11.6.2018, E435/2018) und verkennt das BVwG nicht die Rechtslage, wonach im Rahmen der Interessenabwägung auf ein ungeborenes Kind Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0119; VfGH 26.2.2019, E 3079/2018, jeweils mwN).

Grundsätzlich ist auch hier zu betonen, dass sich der BF im Zeitpunkt der Zeugung bzw. Bekanntwerdens der Schwangerschaft seiner Ehefrau seinem unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundegebiet bewusst sein musste. Der Aufenthaltsort zum Zeugungszeitpunkt, Anfang Juli 2021, ist nicht bekannt, der BF hat jedenfalls erst am 15.10.2021 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, es ergibt sich daher, dass der BF einen missbräuchlichen Asylantrag gestellt hat, um die Regelungen des NAG zu umgehen. So hätte sich der BF von Anfang an um eine Legalisierung seines Aufenthalts im Rahmen der Familienzusammenführung kümmern können.

Der Kontakt zwischen dem BF und seiner Ehefrau sowie ihren beiden Kindern aus erster Ehe kann, wie bereits zuvor, während einer einstweiligen Trennung durch moderne Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden. Darüber hinaus wäre es ihnen, wie bereits zuvor in der Türkei, neuerlich möglich Treffen in Drittstaaten zu organisieren. Das erkennende Gericht verkennt selbstverständlich nicht, dass das Kontakthalten über Telekommunikation nicht mit dem persönlichen Kontakt gleichgesetzt werden kann, doch befindet sich der BF erst seit etwa 5 Monaten in Österreich, war sich bei Entstehung seines Familienlebens seinem unsicheren Aufenthalts in Österreich bewusst und haben der BF und seine Ehefrau auch zuvor den Kontakt über moderne Telekommunikation und Treffen in Drittstaaten aufrechterhalten, weshalb dem BF dies bis zur Legalisierung seines Aufenthalts im Rahmen der Familienzusammenführung, neuerlich möglich und zuzumuten ist. In ebendiesem Licht ist die nicht zu verkennende Erkrankung der Ehefrau des BF anzusehen. Der BF befindet sich jedoch erst seit 5 Monaten in Österreich, während derer er seine Ehefrau unterstützt. Vor diesem Zeitpunkt konnte sich die Ehefrau des BF im Bundesgebiet auch ohne die Hilfe des BF zurechtfinden, weshalb ihr das neuerlich, bis zur Legalisierung des Aufenthalts des BF möglich sein wird, zumal sich beide des unsicheren Aufenthalts des BF in Österreich bewusst waren.

Gegen die Ehefrau des BF ist außerdem ein Asylaberkennungsverfahren eingeleitet worden, weshalb ihr künftiger Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet ebenfalls ungewiss ist.

3.4.4.2. Die Interessen der Republik Österreich an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung sowie der Verhinderung der Stellung missbräuchlicher Anträge auf internationalen Schutz wiegen im gegenständlichen Fall insgesamt höher als die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet. Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach §§ 55 AslyG 2005 nicht gegeben (vgl. VwGH 29.5.2019, Ra 2019/20/0035, Rz 11).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides erweist sich daher ebenfalls als unbegründet.

3.4.5. Mit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Eine (positive) Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung ist in der vorliegenden Konstellation die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz und es kommt ihr nur die Funktion zu, den Zielstaat der Abschiebung festzulegen (siehe zuletzt VwGH 7.3.2019, Ra 2019/21/0044 bis 0046, Rn. 20, mit dem Hinweis auf VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, Punkt 2.3. der Entscheidungsgründe).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides war daher ebenfalls als unbegründet abzuweisen.

3.4.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da solche Umstände im Verfahren nicht hervorgekommen sind, hat das Bundesamt zu Recht eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt, weshalb sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides ebenfalls als unbegründet erweist.

3.5. Zur Behebung des Einreiseverbotes (Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Nach § 53 Abs 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs 1, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens EUR 1.000, - oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot verpflichten Drittstaatsangehörige zur Ausreise in den Herkunftsstaat, ein Transitland oder einen anderen Drittstaat und enthalten die normative Anordnung, für den festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet derjenigen Mitgliedsstaaten einzureisen, für die die Rückführungs-RL gilt, und sich dort nicht aufzuhalten (VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151 mwH). Die Frage nach dem Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen darf daher nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden, vielmehr muss auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten mitberücksichtigt werden (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Der räumliche Geltungsbereich ist allerdings nicht deckungsgleich mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ausgenommen sind das Vereinigte Königreich und Irland, hinzu kommen Island, Norwegen, die Schweiz und Liechtenstein (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht, § 53 FPG, K3).

Der Verhängung eines Einreiseverbotes sowie in weiterer Folge der Bemessung seiner Dauer immanent ist die zum Entscheidungszeitpunkt durchzuführende individuelle Gefährdungsprognose. Der Beurteilung des durch den Fremden potentiell zu erwartenden Gefährdungspotentials kommt sowohl für die Frage, ob ein Einreiseverbot überhaupt zu verhängen ist, als auch hinsichtlich der Bemessung seiner Dauer zentrale Bedeutung zu. Zwar enthalten die Absätze 2 bis 3 des § 55 FPG eine demonstrative Auflistung von Tatbeständen, deren Erfüllung eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit oder anderen in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Interessen durch den Aufenthalt des Fremden indiziert; dennoch ist das Vorliegen eines der genannten Sachverhalte für sich genommen zur Erlassung eines Einreiseverbotes nicht ausreichend, vielmehr hat – unter Berücksichtigung des gesetzten Verhaltens – eine individuelle Gefährdungsprognose zu erfolgen, welche die Verhängung eines Einreiseverbotes in Abwägung mit den persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen im Einzelfall gerechtfertigt erscheinen lässt (vgl. Filzwieser et al., Asyl- und Fremdenrecht, § 53 FPG, K10).

Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs 2 FPG bzw. Art. 11 Rückführungs-RL umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230. Außerdem ist auf die persönlichen und familiären Interessen des BF Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).

3.2.3.1. Im vorliegenden Fall ist festzuhalten, dass sich die belangte Behörde bei der Begründung des angeordneten Einreiseverbots auf den Tatbestand der Ziffer 6 des § 53 Abs. 2 FPG stützte, da der BF nicht den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nachzuweisen vermochte. Der BF besitze demnach keine Barmittel und habe keine Möglichkeit legal an Barmittel zu kommen, sondern sei vom Wohlwollen seiner Ehefrau abhängig.

Der BF ist damit im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0277) mittellos und erfüllt sohin den – die Verhängung eines Einreiseverbots prinzipiell rechtfertigenden – Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG. Diesbezüglich ist auf die Rechtsprechung des VwGH hinzuweisen, wonach der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, Mittellosigkeit geradezu bestätigt (zuletzt siehe VwGH v. 25.10.2018, Ra2018/20/0318). Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FPG 2005 gerechtfertigt ist (vgl. VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282 mwN).

Darüber hinaus begründete die belangte Behörde das verhängte Einreiseverbot mit der missbräuchlichen Asylantragstellung des BF und führte aus, dass weiterhin davon auszugehen sei, dass er weiterhin versuchen würde durch Stellung rechtmissbräuchlicher Anträge ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht in Österreich zu erlangen.

Grundsätzlich ist diesen Ausführungen der belangten Behörde von Seiten des erkennenden Gerichts zuzustimmen. Die Ehefrau des BF erwartet jedoch das erste gemeinsame Kind des Paares und erscheint das Einreiseverbot als Eingriff in das Familienleben des BF im Bundesgebiet vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK, insbesondere unter Berücksichtigung des Kindeswohls, als nicht gerechtfertigt, zumal dem BF die Legalisierung seines Aufenthaltsstatus 2 Jahre lang verwehrt bliebe. Zu betonen bleibt dennoch die Wichtigkeit der Verhinderung rechtsmissbräuchlicher Anträge zur Umgehung der Regelungen des NAG, die allerdings hinter dem Wohl des ungeborenen Kindes des BF gegenständlich zurücktreten muss.

In der Folge war das von der belangten Behörde ausgesprochene Einreiseverbot daher zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.

3.6. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Grundlegend sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/19/0391, mwN).

Bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu, und zwar sowohl in Bezug auf die (allenfalls erforderliche) Gefährdungsprognose als auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK (sonst) relevanten Umstände. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann allerdings eine Verhandlung unterbleiben (vgl. etwa VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0316; 26.1.2017, Ra 2016/21/0233; 29.8.2019, Ra 2017/19/0532, jeweils mwN).

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde im Oktober 2021 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigt, wobei das Anführen weiterer das Gesamtbild lediglich abrundender, für die Beurteilung jedoch nicht ausschlaggebender Argumente in diesem Zusammenhang nicht schadet (vgl. VwGH 18.6.2014, 2014/20/0002-7). Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Auch in der Beschwerdeschrift wurde eine dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr drohende Gefährdungslage, welche die Gewährung internationalen Schutzes erforderlich machen würde, nicht konkret dargelegt. Da auch bei Zugrundelegung aller für den Beschwerdeführer sprechenden Aspekte ein schützenswertes Familienleben oder eine außergewöhnliche Integration nicht erkannt werden kann erwies sich die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks auch vor diesem Hintergrund nicht als erforderlich.

Im gegenständlichen Verfahren konnte somit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.6. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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