BVwG L508 2102925-2

BVwGL508 2102925-214.5.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AVG §6
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L508.2102925.2.00

 

Spruch:

L508 2102925-2/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin XXXX als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Libanon, vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a Nadja LORENZ, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), zum Zeitpunkt der Asylantragstellung noch minderjährig sowie ein Staatsangehöriger aus dem Libanon und der arabischen Volksgruppe sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, reiste gemeinsam mit seiner Familie (zwei Halbgeschwister, deren Mutter sowie fünf Kinder der Halbschwester) legal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.10.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz (Aktenseite des Verwaltungsverfahrensaktes [im Folgenden: AS] 5). Hierbei legte der BF dar, dass sein Vater und ein Halbbruder in seinem Heimatland verschwunden seien. Er sei nach Österreich gekommen, weil er sich verfolgt gefühlt habe.

 

Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.10.2014 (AS 17 - 27) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er wegen des in Syrien herrschenden Krieges um sein Leben Angst gehabt habe. Sein Vater sei seit drei Monaten verschollen und seine Schwester sei vergewaltigt worden. Seine Familie habe in Angst und Panik gelebt, weshalb er mit seiner Familie aus Syrien geflüchtet sei. Bei einer Rückkehr befürchte er getötet zu werden.

 

2. Im Rahmen der folgenden niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 05.02.2015 (AS 107 - 123) gab der BF bezüglich des Ausreisegrundes zu Protokoll, dass er Syrien wegen des Krieges verlassen habe. Er wolle in Sicherheit leben. Im Libanon sei er noch nie gewesen. Er habe in Syrien weder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch wegen seiner Religion/ Religionsausübung Probleme gehabt. Er sei nie persönlicher Verfolgung ausgesetzt gewesen und habe nie persönliche Probleme mit der Regierung oder politischen Gruppierungen gehabt. Bei einer Rückkehr nach Syrien befürchte er im Krieg getötet zu werden. Bei einer Rückkehr in den Libanon hätte er niemanden und sei die Lage dort auch nicht gut.

 

3. Mit Bescheid vom 12.02.2015 (AS 125 - 166) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Libanon gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) Weiters stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dem Asylwerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Libanon zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Das Vorbringen wurde für glaubwürdig erachtet. Festgestellt wurde, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen libanesischen Staatsangehörigen handle und eine Gefährdung im Libanon nicht vorgebracht worden sei. Verfolgungshandlungen betreffend dem Libanon seien nicht vorgebracht worden, weswegen weder Asyl noch subsidiärer Schutz zu gewähren sei und sei der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger des Libanon in diesen Staat abzuschieben.

 

4. Gegen diesen Bescheid vom 12.02.2015 wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 26.02.2015 (AS 189 - 192) Beschwerde erhoben. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen. Dem Schriftsatz sind - jeweils in Kopie - eine syrische Meldebestätigung und ein Fahndungsschreiben/eine Todesliste des Islamischen Staates angeschlossen (AS 193, 194 [Übersetzung: AS 213, 214]).

 

5. Am 15.07.2015 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Deutschkurs-Teilnahmebestätigung "Deutsch als Fremdsprache für Anfänger" vom 19.05.2015 (AS 221) ein.

 

6. Der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom 12.02.2015 wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.09.2015, Zl. L508 2102925-1/13E (AS 225 - 249), stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen.

 

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

 

......"2.2.1. Das Kernproblem des gegenständlichen erstinstanzlichen

Bescheides liegt darin, dass die belangte Behörde ohne nachvollziehbare Begründung davon ausgegangen ist, dass der mjr. Antragsteller libanesischer Staatsbürger ist.

 

Um zu einer derartigen Feststellung zu gelangen, hätte aber ein Beweisverfahren dahingehend geführt werden müssen, ob der mjr. Beschwerdeführer, welcher in Syrien aufgewachsen ist und sein gesamtes Leben gemeinsam mit seiner Familie in Syrien verbracht hat und über keinerlei Anknüpfungspunkte zum Libanon verfügt, überhaupt noch im Besitz der libanesischen Staatsbürgerschaft ist oder ob er dieser, aufgrund tatsächlicher jahrzehntelanger Abwesenheit, mittlerweile verlustig geworden ist. Ferner wäre zu eruieren gewesen, ob dem Beschwerdeführer aufgrund seiner jahrelangen Abwesenheit ein Aufenthaltsrecht im Libanon zukommt und ob er sich dort niederlassen wird können. Dies insbesondere unter Beachtung der komplexen und aktuellen Frage der Niederlassungsmöglichkeiten im Libanon und der damit zusammenhängenden staatsbürgerschaftlichen Aspekte.

 

Hierzu wird es also Aufgabe der belangten Behörde sein, zunächst die Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers zu klären und sodann - basierend auf seiner individuellen Lebenssituation - soweit feststellbar, Feststellungen zu dem Land / den Ländern zu treffen in das / in die gegebenenfalls eine Abschiebung erfolgen darf. Wiederum unter Berücksichtigung der notorisch bekannten schlechten Sicherheits- und Menschenrechtslage im Libanon bzw. Syrien.

 

Gerade bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit bzw. des Herkunftsstaates handelt es sich zweifellos um eine zentrale Frage im Asylverfahren (vgl. etwa VwGH 16.04.2009, 2008/19/0706; 20.02.2009, 2007/19/0535), welche grundsätzlich von der Behörde erster Instanz zu klären ist, da ansonsten im Fall der Klärung des Herkunftsstaates durch das Bundesverwaltungsgericht das gesamte sich an die Feststellung knüpfende Ermittlungsverfahren zum Herkunftsstaat vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert würde.

 

Im Sinne der obigen Judikatur kann es nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes sein, das Ermittlungsverfahren hinsichtlich des Herkunftsstaates neu zu beginnen, wobei in einem solchen Fall dem Beschwerdeführer auch der Instanzenzug abgeschnitten würde.

 

Das nunmehr zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren nochmals mit der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auseinander zu setzen haben. Ferner wird sich das BFA im fortgesetzten Verfahren auch mit dem nunmehr im Beschwerdeverfahren nachgereichten Drohbriefen entsprechend auseinanderzusetzen haben.

 

Bei der Feststellung des Herkunftsstaates wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen haben, wonach bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit eine Anfrage bei den (diesfalls) libanesischen (Staatsbürgerschafts‑) Behörden im Wege einer österreichischen Vertretungsbehörde nicht in jedem Fall ausscheidet: Mit Zustimmung des Asylwerbers ist auch eine Datenübermittlung in den (potentiellen) Herkunftsstaat möglich (VfGH 06.06.2014, U12/2013 ua.).

 

Sollte sich dabei eine libanesische Staatsbürgerschaft ergeben, wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl insbesondere die dortige Situation bezogen auf die individuellen Gegebenheiten des Beschwerdeführers zu ermitteln haben.

 

Unter diesen Gesichtspunkten leidet die angefochtenen Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers unter dem Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten als so mangelhaft, dass weitere notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes diesbezüglich

unerlässlich erscheinen.".......

 

7. Laut Aktenvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.08.2015 kehrte die Mutter der Halbgeschwister des BF am 22.07.2015 unter Gewährung von Rückkehrhilfe in den Libanon zurück.

 

8. Mit E-Mail des Arbeitsmarktservice vom 05.05.2017 wurde der belangten Behörde eine Beschäftigungsbewilligung (AS 263) für den BF für die berufliche Tätigkeit als Augenoptiker (Lehrling/Auszubildender) für die Zeit von 03.07.2017 bis 02.01.2021 übermittelt.

 

9. Anfang 2018 langten bei der belangten Behörde - jeweils in Kopie - ein ÖSD-Zertifikat Niveau A2 vom 22.06.2016 (AS 289) und ein Jahres- und Abschlusszeugnis für das Schuljahr 2016/17 (Einjährige Fachschule für wirtschaftliche Berufe) vom 30.06.2017 (AS 291) ein.

 

10. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 05.09.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut einvernommen (AS 311 - 316).

 

Der BF schilderte zunächst, dass er im Libanon keine Probleme hätte. Er habe in Syrien gewohnt und sei dort wegen des Krieges weg. Wenn er in den Libanon zurückkehre, könne er jedoch Probleme haben. Es könne sein, dass er keine Arbeit finden würde. Er wisse nicht, was im Libanon sei. Er hätte dort lediglich drei Jahre gelebt.

 

Er sei im Libanon geboren und sei sein Vater auch Libanese gewesen. Sein Vater habe in Syrien gearbeitet.

 

Er wolle nicht in den Libanon gehen. Es sei dort gefährlich. Im Libanon gebe es zu viele bewaffnete Gruppierungen und ohne Arbeit müsse er mit einer derartigen Gruppe gehen. Er wisse nichts von Drohbriefen. Sein Bruder habe dies alles für ihn gemacht, weil er noch minderjährig gewesen sei.

 

Ferner wurden dem BF Fragen zu seinem Privatleben in Österreich gestellt.

 

Im Übrigen wurde dem BF angeboten, die aktuellen Länderfeststellungen zu seinem Herkunftsstaat ausgehändigt zu erhalten und hierzu gegebenenfalls schriftlich Stellung zu nehmen. Der BF verzichtete auf diese Möglichkeit.

 

11. Am 05.09.2018 wurde des Weiteren der Halbbruder des BF als Zeuge niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen (AS 317 - 319).

 

Der Halbbruder des BF führte aus, dass er und der BF Schiiten seien. Sie seien beide im Nordlibanon geboren. Sein Vater sei aus dem Südlibanon. Sein Vater habe mehrere Frauen gehabt. Seine Mutter sei die Erstfrau gewesen und die Mutter des BF die Zweitfrau. Es lebe nur noch seine Mutter.

 

12. Mit Schreiben der Österreichischen Botschaft Beirut vom 11.01.2019 (AS 325) übermittelte die Vertretungsbehörde - entsprechend der Anfrage - ein Konvolut an Unterlagen bezüglich des BF, seines Halbbruders und seiner Halbschwester (AS 329 - 367).

 

13. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 16.01.2019 (AS 371 - 428) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Libanon gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

 

Dem Fluchtvorbringen wurde - abgesehen von dem Wunsch nach einer Arbeit und einem sicheren Leben in Europa - die Glaubwürdigkeit versagt (AS 409 - 411).

 

In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung in den Libanon gemäß § 46 FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

 

14. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt (AS 429, 431).

 

15. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 15.02.2019 (AS 455 - 463) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

 

15.1. Zunächst werden der Verfahrensgang und das bisherige Vorbringen des BF wiederholt. Der BF habe in seiner Einvernahme vor dem BFA am 05.09.2018 vorgebracht, dass er Angst vor bewaffneten Gruppierungen im Libanon hätte. Er würde für sich keine Perspektive sehen und mangels Arbeitsmöglichkeiten unter Druck stehen, sich einer bewaffneten Gruppierung anschließen zu müssen. Im Allgemeinen wäre die Lage im Libanon sehr gefährlich.

 

15.2. In der Folge wird ausgeführt, dass es das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verabsäumt habe, ein rechtskonformes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Insbesondere habe die Behörde den BF nicht weiter befragt, worin genau seine Angst bestehen würde. Bei entsprechender Befragung hätte der BF ausführlichere Angaben gemacht. Die belangte Behörde hätte sich darüber hinaus mit den Länderberichten beschäftigen müssen. Das BFA habe das Vorbringen des BF, wonach er Angst habe, von bewaffneten Gruppierungen rekrutiert zu werden, nicht mit den Länderberichten über die Lage im Libanon in Beziehung gesetzt. Dies würde nämlich zum Ergebnis führen, dass sehr wohl die Wahrscheinlichkeit bestünde, dass der BF gezwungen wäre, sich einer terroristischen Organisation anzuschließen und widrigenfalls sein Leib und Leben und seine körperliche Unversehrtheit in Gefahr geriete.

 

15.3. Das BFA vermeine, es ergebe sich aus der Kürze des bisherigen Aufenthaltes des BF, dass keine besondere Integrationsverfestigung in Österreich bestünde. Der BF sei seit Oktober 2014 im Bundesgebiet aufhältig. Es sei darauf hingewiesen, dass der BF als Jugendlicher, sohin in einem besonders prägungsfähigen Alter, nach Österreich gekommen sei. Er habe hier Werte wie Freiheit, Sicherheit, Rechtsstaatlichkeit, Geschlechtergleichheit und Säkularismus kennen und schätzen gelernt. Dies sei von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden. Des Weiteren sei erwähnt, dass der BF strafgerichtlich unbescholten sei.

 

Das BFA treffe keine Feststellungen zum derzeitigen Schulbesuch des BF. Dieser besuche derzeit das erste Semester der Abendschule, Fachrichtung Vorbereitungslehrgang Elektrotechnik, an einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt.

 

Nicht nachvollziehbar sei die Feststellung, wonach der BF einen Deutschkurs besuchen würde. Der Besuch einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt als ordentlicher Schüler erfordere bereits ausgezeichnete Deutschkenntnisse, die der BF selbstverständlich vorweisen könne. Die hervorragenden Deutschkenntnisse würden sich im Übrigen auch an dem Umstand erkennen lassen, dass der BF die Einvernahme auf Deutsch bestritten habe. Dass der BF zurzeit einen Deutschkurs besuchen würde, ergebe sich hingegen nicht aus dem Akt, was wiederum zeige, wie sorglos die Behörde das gegenständliche Verfahren geführt habe.

 

Der BF verfüge über ein freundschaftliches Netzwerk in Österreich, nicht zuletzt mit österreichischen StaatsbürgerInnen. Die Behörde führe hingegen aus, es hätten keine sozialen Kontakte, die eine enge Bindung zu Österreich darstellen würden, festgestellt werden können und begründe ihre Feststellungen ausschließlich damit, dass der BF keine "Empfehlungsschreiben" vorgelegt habe: "Sie haben keine derartig nahe Freundschaften aufbauen können, dass Ihnen jemand ein Empfehlungsschreiben ausgehändigt hätte." Wenngleich sich die Intensität einer Freundschaft nicht unbedingt in einem Unterstützungsschreiben zeigen müsse, sei darauf hingewiesen, dass der BF bislang unvertreten gewesen sei und nicht wissen habe können, dass ihm "Unterstützungsschreiben" vor dem BFA zum Nachweis seiner Integrationsverfestigung dienen könnten.

 

Es sei daran erinnert, dass die Behörde gem. § 18 AsylG den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen habe. Wäre die Behörde ihrer Verpflichtung nachgekommen und hätte den BF nach seinem Privatleben bzw. seinen Freundschaften in Österreich befragt, so hätte dieser angegeben, dass er zahlreiche Freundschaften geschlossen habe. XXXX und XXXX kenne er beispielsweise aus der Schule. XXXX sei ein guter Freund, den der BF aus seiner alten Schule in XXXX kenne. Auch bei XXXX und XXXX handle es sich um Freundinnen des BF. Auch sei darauf hingewiesen, dass der BF von der Lebensgefährtin des Halbbruders zur Einvernahme vor dem BFA begleitet worden sei. Dieser Umstand sage wesentlich mehr über eine freundschaftliche Beziehung aus als ein Unterstützungsschreiben.

 

Das Bundesamt stelle fest, dass der BF "keiner, auch nicht gemeinnütziger Arbeit" nachgehen würde. Gleichzeitig unterlasse es Feststellungen zu bisherigen freiwilligen Tätigkeiten des BF. Dem Bescheid wäre nicht zu entnehmen, dass das Bundesamt dahingehende Ermittlungen angestellt hätte. So habe der BF im Sommer 2018 eine Ferialtätigkeit in einem Pflege- und Betreuungszentrum ausgeübt. Zudem bestätige der XXXX , dass der BF bei der Jahreshauptversammlung des Vereins die Technik betreut habe. Zu erwähnen sei weiters, dass der BF einen 16stündigen Erste-Hilfe-Kurs absolviert habe.

 

15.4. Zum Beweis, dass der BF in Österreich zahlreiche Freundschaften hege, die deutsche Sprache beherrsche und sich auch sonst außerordentlich gut integriert habe, wird beantragt den BF, die Lebensgefährtin des Halbbruders, zwei Schulfreundinnen und die Vermieterin/Freundin/Unterstützerin des BF einzuvernehmen.

 

15.5. Ferner wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge

 

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen;

 

* falls nicht alle zu Lasten des BF gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde geltend gemacht worden seien, diese amtswegig aufgreifen bzw. allenfalls dem BF einen Verbesserungsauftrag erteilen, um die nicht in der Beschwerde geltend gemachten Beschwerdepunkte ausführen zu können;

 

* der Beschwerde stattgeben, die angefochtene Entscheidung im angefochtenen Umfang abändern, in der Sache selbst entscheiden, dem Antrag des BF auf internationalen Schutz stattgeben und feststellen, dass dem BF der Status des Asylberechtigten zukomme;

 

* in eventu den angefochtenen Bescheid des BFA - allenfalls nach Verfahrensergänzung - hinsichtlich Spruchpunkt II. abändern und dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG gewähren;

 

* in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes III. dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt werde, in eventu, dass dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde, sowie feststellen, dass seine Abschiebung nach Afghanistan (richtig: Libanon) unzulässig sei;

 

* in eventu den angefochtenen Bescheid - im angefochtenen Umfang - ersatzlos beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

 

15.6. Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

 

Dem Schriftsatz sind - jeweils in Kopie - eine Schulbesuchsbestätigung einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt vom 21.01.2019, eine Schulbesuchsbestätigung einer Landwirtschaftlichen Fachschule vom 23.01.2019, eine Bestätigung über den Besuch eines 16stündigen Erste-Hilfe-Kurses vom 28.06.2017, eine Bestätigung des XXXX vom 25.01.2019 über die Bedienung der Technik durch den BF bei der Jahreshauptversammlung, eine Bestätigung über die Absolvierung eines Ferialpraktikums vom 30.08.2018 und ein Referenzschreiben von mehreren Unterstützern vom 25.08.2015 (AS 465 - 475) angeschlossen.

 

16. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Verfahrensbestimmungen

 

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

1.3. Prüfungsumfang

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

 

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

 

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

 

2. Zur Entscheidungsbegründung:

 

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.

 

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

 

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

 

Der Beschwerdeführer ist libanesischer Staatsangehöriger, gehört der arabischen Volksgruppe an und ist schiitischen Glaubens.

 

Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Der Beschwerdeführer trägt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren.

 

Die Eltern des BF und die Mutter seines Halbbruders und seiner Halbschwester leben nach wie vor ohne erkennbare Schwierigkeiten im Libanon.

 

Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund bezüglich seines angeblichen Aufenthaltes in Syrien wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Das weitere Ausreisevorbringen (allgemein unsichere Situation und schlechte Arbeitsmarktsituation im Libanon) wird grundsätzlich für glaubhaft erachtet. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr in den Libanon mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Libanon einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr in den Libanon in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

 

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

 

Die Stiefmutter des Beschwerdeführers, mit welcher er gemeinsam nach Österreich gereist ist, kehrte am 22.07.2015 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in den Libanon zurück.

 

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

 

Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise zuletzt in der Stadt XXXX rund XXXX Kilometer südlich von Beirut. Der BF besuchte mehrere Jahre die Grundschule. Der BF verließ im Herbst 2014 den Libanon und reiste im Oktober 2014 auf legalem Wege in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 09.10.2014 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

 

Ein Halbbruder, eine Halbschwester und zwei Neffen sowie drei Nichten des BF befinden sich in Österreich. Er verfügt lediglich mit seinem Halbbruder über einen gemeinsamen Wohnsitz. Es besteht jedoch weder zwischen dem BF und seinem Halbbruder noch zwischen dem BF und seiner Halbschwester und deren fünf minderjährigen Kindern ein ein- oder wechselseitiges - finanzielles - Abhängigkeitsverhältnis.

 

Der Asylantrag des Halbbruders wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2015 in vollem Umfang abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dieser hat dagegen rechtzeitig Beschwerde erhoben. In Erledigung der Beschwerde wurde der bekämpfte Bescheid durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.09.2015 behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen, wo das diesbezügliche Verfahren derzeit wieder anhängig ist.

 

Die jeweiligen Asylanträge der Halbschwester und der drei Nichten und zwei Neffen wurden mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.01.2015 in vollem Umfang abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Diese haben dagegen rechtzeitig Beschwerde erhoben. In Erledigung der Beschwerden wurden die bekämpften Bescheide durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 03.09.2015 jeweils behoben und die Angelegenheit jeweils gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Mit Bescheid des BFA vom 22.03.2018 wurden die Asylanträge der Halbschwester und der drei Nichten sowie der zwei Neffen erneut jeweils in vollem Umfang abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerden wurden die bekämpften Bescheide durch das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 18.06.2018 jeweils nochmals behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen, wo die diesbezüglichen Verfahren derzeit wieder anhängig sind.

 

Der BF besuchte ab Mai 2015 einen Deutschkurs und hat die Prüfung ÖSD Zertifikat A2 im Juni 2016 gut bestanden. Der Beschwerdeführer hat aufgrund seines mehrjährigen Aufenthaltes und Schulbesuches in Österreich alltagstaugliche Deutschkenntnisse erlangt.

 

Er verfügt über einen größeren Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Er knüpfte, insbesondere aufgrund seines Schulbesuches, auch mit österreichischen Staatsangehörigen normale soziale Kontakte und lernte hier ein Leben in Freiheit, Sicherheit und Demokratie kennen. Eine von mehreren Personen unterzeichnete Unterstützungserklärung wurde vorgelegt.

 

Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF selbsterhaltungsfähig ist. Er ist als voll erwerbsfähig anzusehen, etwaige wesentliche gesundheitliche Einschränkungen des Beschwerdeführers sind nicht aktenkundig.

 

Der BF absolvierte im Schuljahr 2016/17 eine einjährige Fachschule für wirtschaftliche Berufe. Anschließend besuchte er von 30.01.2018 bis 29.06.2018 die Klasse 1a einer Landwirtschaftlichen Fachschule. Derzeit geht er an einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt in eine Abendschule für Berufstätige (Vorbereitungslehrgang Elektrotechnik). Zudem absolvierte er einen 16stündigen Erste-Hilfe-Kurs und im August 2018 ein einmonatiges Ferialpraktikum in einem Pflege- und Betreuungszentrum. Am 27.04.2018 bediente der BF bei der Jahreshauptversammlung des XXXX die Technik.

 

Dass der BF aktuell eine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit leistet oder Mitgliedglied in einem Verein ist, kann nicht festgestellt werden.

 

Er ist strafgerichtlich unbescholten.

 

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil im Libanon verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten (Eltern) aufhalten.

 

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Arabisch und ein bisschen Englisch.

 

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Libanon festzustellen ist.

 

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Libanon war insbesondere festzustellen:

 

Politische Lage

 

Libanon ist eine parlamentarische Demokratie nach konfessionellem Proporzsystem. Politische Parteien sind zugelassen; sie sind jedoch in der Praxis meist Zweckbündnisse, die vor allem auf der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe basieren. Die Verfassung des Landes schreibt eine Trennung der Gewalten vor. Parlamentswahlen sollen alle vier Jahre abgehalten werden; der Staatspräsident wird von den Abgeordneten für sechs Jahre gewählt. Das libanesische System wird von der Zusammenarbeit der verschiedenen religiösen Gruppen getragen; daneben spielen Familien- und regionale Interessen eine große Rolle (AA 1.3.2018).

 

Das politische System basiert auf der Verfassung von 1926, dem ungeschriebenen Nationalpakt von 1943 und dem im Gefolge der Taif-Verhandlungen am 30. September 1989 verabschiedeten "Dokument der Nationalen Versöhnung" (AA 1.3.2018). In diesem sogenannten Taif-Abkommen wurde festgelegt, dass die drei wichtigsten Ämter im Land auf die drei größten Konfessionen verteilt werden:

 

• Das Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ sein

 

• Der Parlamentspräsident muss schiitischer Muslim sein

 

• Der Regierungschef muss sunnitischer Muslim sein

 

Dieser Proporz bestimmt die gesamte Verwaltung und macht auch vor der Legislative nicht halt. Das Parlament mit seinen 128 Mitgliedern setzt sich nach dem Grundsatz der konfessionellen Parität wie folgt zusammen:

 

34 Maroniten, 27 Schiiten, 27 Sunniten, 14 griechisch-orthodoxe Christen, 8 Drusen, 8 melikitische/griechisch-katholische Christen, 5orthodoxe Armeniern, 2 Alewiten, 1 armenischer Katholik, 1 Protestant und 1 weitere Minderheit (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Bei der im Abkommen von Taif vorgesehenen allmählichen Entkonfessionalisierung des politischen Systems gibt es bisher keine Fortschritte (AA 1.3.2018).

 

Das Parlament des Libanon ist konfessionsübergreifend in zwei politische Blöcke gespalten, die einander im Libanon unversöhnlich gegenüberstehen:

 

* die von der schiitisch geprägten und vom Iran beeinflussten Hisbollah angeführte 8.März-Koalition und

 

* die eher westlich orientierte, sunnitisch geprägte und von Saad Hariri (Future Movement; arab.: (al‑)Mustaqbal) angeführte 14. März-Bewegung (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

 

Die traditionelle Feindschaft zwischen diesen beiden Blöcken wurde durch den Konflikt im benachbarten Syrien zusätzlich vertieft, als schiitische Hisbollah-Kämpfer sich auf die Seite der syrischen Regierung stellten, während die 14. März-Bewegung die syrischen Rebellen unterstützte (BBC 4.11.2014; vgl. GIZ 6/2018).

 

Diese Polarisierung lähmt das Land politisch und ökonomisch, verstärkt konfessionelle Spannungen zwischen Schiiten und Sunniten und erschwert bzw. verhindert außerdem die Erarbeitung notwendiger Lösungen für die ökonomischen, sozialen und politischen Herausforderungen (GIZ 6/2018).

 

Aufgrund schwer erzielbarer Mehrheiten war es auch jahrelang nicht möglich, ein Wahlgesetz zu verabschieden. Dies führte dazu, dass die Parlamentswahl 2013 ausgesetzt und das Mandat der Abgeordneten mehrfach verlängert wurde (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Am 31. Oktober 2016 wurde nach zweieinhalb Jahren und 45 gescheiterten Versuchen ein neuer Präsident gewählt. Mit der Wahl des maronitischen Christen Michel Aoun kam Bewegung in die stark polarisierte libanesische Politik. Da Aoun als Kandidat der schiitischen Hisbollah für das Amt des Präsidenten galt, wurde er zunächst von Premierminister Saad Hariri abgelehnt. Seine Wahl wurde schließlich erst durch eine überraschende Kehrtwende Hariris ermöglicht. Im Gegenzug beauftragte Aoun Hariri, eine neue Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Zwei Monate nach der Präsidentschaftswahl wurde am 19. Dezember 2016 eine neue Regierung vereidigt (GIZ 6/2018).

 

Im Juni 2017 konnte sich das politische Establishment schließlich auf ein neues Wahlrecht einigen. Dieses sieht unter anderem vor, das Mehrheitswahlrecht durch das Verhältniswahlrecht abzulösen. Hierdurch sollten kleinere Parteien und Wählergruppen gestärkt werden, doch das von den Regierungsparteien außerhalb des Parlaments verhandelte Wahlgesetz enthält zahlreiche Einschränkungen der Verhältniswahl wie beispielsweise eine sehr hohe Einzugshürde bei zehn Prozent.

 

Positiv ist jedoch, dass die Parteien faktisch gezwungen werden, konfessionsübergreifende Listen zu bilden. Wenn es in einem Wahlkreis die Festlegung gibt, dass hier zwei Sitze für Christen und drei Sitze für Muslime vergeben werden, müssen hier die Parteien eine gemeinsame Liste bilden, um antreten zu dürfen.

 

Im neuen Wahlgesetz werden Jugendliche unter 21 ausgeschlossen. Auch wurde keine Quote für weibliche Parlamentsabgeordnete eingeführt, obwohl der Libanon eines der Länder mit der niedrigsten Zahl an weiblichen Abgeordneten ist. Der christlich-muslimische Proporz des Parlaments wird durch das Gesetz nicht berührt (GIZ 6/2018).

 

Am 6. Mai 2018 fanden nach jahrelanger Pattstellung schließlich erstmals seit 2009 erneut Parlamentswahlen statt.

 

77 Listen mit insgesamt 597 Kandidaten waren für die Wahl um 128 Parlamentssitze in 26 Distrikten registriert. Die Anzahl der weiblichen Kandidaten nahm gegenüber der letzten Wahl auf 86 zu und betrug somit nun 14,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag insgesamt bei 49,2 Prozent, nach 53,37 Prozent im Jahr 2009. Die offiziellen Ergebnisse weisen die Sitze wie folgt zu: Future Movement [Anm.:

arab. - (al‑)Mustaqbal], 21; Free Patriotic Movement, 20; Amal, 17;

Libanese Forces, 15; Hisbollah, 12; Progressive Socialist Party, 8;

die "Determination (Azem)" Bewegung des ehemaligen Premierministers Mikati, 4; Marada, die Syrian Social Nationalist Party, Kataeb und Tashnaq, jeweils 3 Sitze. Zum ersten Mal gewann ein Kandidat der Zivilgesellschaft einen Sitz durch die Wahlliste "Koulouna Watani" in Beirut. Die Zahl der gewählten Frauen im Parlament stieg von vier auf sechs (UN 13.7.2018; vgl. USDOS 29.5.2018).

 

Die Hisbollah und ihre politischen Verbündeten (darunter auch das Free Patriotic Movement FPM, eine christliche Partei unter der Führung von Präsident Michel Aoun, die wie 2009 knapp zwanzig Sitze erringen konnte), gewannen somit mit 65 knapp die Hälfte der 128 Sitze im Parlament, während der vom Westen unterstützte sunnitische Premierminister Saad al-Hariri zwar mehr als ein Drittel seiner Sitze verlor, aber mit 21 Parlamentsmitgliedern immer noch Führer des größten politischen Blocks ist. Zu diesem Block gehört auch die christliche, gegen die Hisbollah auftretende anti-syrische Partei "Libanese Forces", die als zweiter großer Sieger bei dieser Wahl ihre Mandate gegenüber der Wahl 2009 beinahe verdoppelte.

 

Insgesamt betrachtet haben somit die vom Iran unterstützte Hisbollah und ihre politischen Verbündeten bei den Parlamentswahlen etwas an Einfluss gewonnen (RFE 7.5.2018, vgl. ICG 9.6.2018), wenngleich sich an der grundsätzlichen Machtstruktur nichts geändert hat. Der bisherige Premier Hariri wurde trotz der Wahlverluste neuerlich damit beauftragt, eine Regierung zu bilden (GIZ 6/2018, vgl. USDOS 29.5.2018).

 

Im Libanon leben schätzungsweise zwischen 4,5 und 6,2 Millionen Menschen, je nachdem, inwieweit die große Zahl von Flüchtlingen mitberücksichtigt wird oder nicht (CIA 14.8.2018, vgl. GIZ 6/2018). Neben etwa 450.000 [Anm.: bei der UNRWA registrierten] palästinensischen Flüchtlingen - die Zahl der derzeit tatsächlich im Libanon aufhältigen palästinensischen Flüchtlinge beläuft sich laut einer aktuellen Volkszählung auf 174.422 Personen (Daily Star 21.12.2017) - sind im Libanon laut UNHCR etwa eine Million syrische Flüchtlinge registriert, was mehr als 25% der Wohnbevölkerung des Landes entspricht. Der Libanon beherbergt somit mehr syrische Flüchtlinge als jedes andere Land der Region. Der Krieg in Syrien hat nicht nur durch die große Flüchtlingswelle enorme Auswirkungen auf den Libanon, vielmehr droht der Konflikt das sensible Gefüge der libanesischen Gesellschaft zu zerreißen. Während die Hisbollah und ihre Anhänger den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstützen, sympathisieren die Anhänger des Lagers 14. März mit den syrischen Rebellen, die Assad bekämpfen. Seit Beginn des militärischen Engagements der Hisbollah in Syrien zugunsten des Assad-Regimes hat sich die politische Spaltung des Libanon vertieft und führt zunehmend zu einem gewalttätigen konfessionellen Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Gleichzeitig - und obwohl die Hisbollah das Hariri-Bündnis beschuldigt, die radikalen Sunniten zu decken und im Gegenzug das Hariri-Bündnis wiederum die Hisbollah beschuldigt, den Libanon in den Krieg in Syrien hineinzuziehen - bilden beide Kontrahenten derzeit mit anderen politischen Kräften eine zwar konfliktreiche, aber durchaus funktionierende Regierung der nationalen Einheit, die es tatsächlich geschafft hat, ein Überschwappen des Bürgerkrieges aus Syrien zu verhindern (GIZ 6/2018, vgl. AA 1.3.2018).

 

Geschwächt durch die sich vertiefenden Gräben zwischen und innerhalb der Gemeinschaften [Anm.: Konfessionen] hat der libanesische Staat schrittweise seine Hauptaufgabe der Regierung und als Manager repräsentativer Politik aufgegeben und stützt sich vermehrt auf Sicherheitsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Stabilität und des Status Quo (ICG 23.2.2016).

 

Der Libanon ist kein funktionierender Staat, deshalb haben sich die Menschen im Libanon immer mehr auf Klientelismus, anstatt auf den Staat verlassen. Politiker benutzen Geld, Ressourcen und Dienstleistungen, um sich eine Basis in der Bevölkerung zu schaffen. Diese Entwicklung in Kombination mit den konfessionellen Spannungen sowie den Auswirkungen von der Syrienkrise steht ernstzunehmenden Entwicklungsprozessen entgegen (Daily Star 30.12.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

https://www.ecoi.net/de/dokument/1432128.html , Zugriff 24.8.2018

 

 

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Im folgenden Abschnitt finden sich allgemeine Informationen zur Sicherheitslage. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass diese auch kurzfristig Änderungen unterworfen sein kann. Der besseren Übersichtlichkeit wegen ist die Darstellung der Sicherheitslage in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Abschnitt über palästinensische Flüchtlinge zu finden.

 

Die wichtigsten religiösen Hauptgruppen im Libanon sind Schiiten, Sunniten, Christen und Drusen. Die sich daraus ergebenden Spannungen sind die Ursache für die meisten der internen Konflikte im Libanon, und andere Staaten der Region haben diese internen Konflikte regelmäßig als Vorwand genutzt, um in dem Land einzugreifen. Darüber hinaus hat insbesondere die Präsenz der palästinensischen und syrischen Flüchtlinge immer wieder zu Konflikten Anlass gegeben. Von 1975 bis 1990 herrschte im Libanon Bürgerkrieg, in dem die regionalen Mächte, insbesondere Israel, Syrien und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) das Land als Schlachtfeld für ihre eigenen Konflikte benutzten (BBC 4.11.2014).

 

Anschließend kam es von 1992 bis 2004 zu einer Phase der Entspannung. Im Februar 2005 fiel der damalige Premierminister Rafik Hariri einem Attentat zum Opfer. Als Folge brach die sogenannte Zedernrevolution aus, die als Hauptforderung den Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon postulierte. Die sogenannte 14. März-Bewegung machte Syrien direkt für die Ermordung Hariris verantwortlich, zumal dieser zuvor die Stationierung syrischer Truppen im Libanon kritisiert und die Umsetzung der UN-Resolution 1559 gefordert hatte. Diese sieht den Rückzug aller ausländischen Truppen aus dem Libanon und die Entwaffnung und Auflösung der im Libanon aktiven Milizen vor, womit insbesondere die Hisbollah gemeint ist. Tatsächlich zog Syrien noch im April 2005 seine Truppen aus dem Libanon ab.

 

Die zivilen Behörden übten zwar weiterhin die Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitskräfte aus, gleichzeitig operierten aber palästinensische Sicherheits- und Milizkräfte, die Hisbollah und andere extremistische Elemente außerhalb der Leitung oder Kontrolle der Regierung (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2013 hatte die EU die Hisbollah auf die Terrorliste gesetzt; im Gegensatz zu den USA allerdings nur deren militärischen Arm und nicht den im Parlament vertretenen politischen Arm (SpiegelOnline 22.7.2013).

 

Trotz aller Spannungen konnte ein Übergreifen des Syrienkonflikts, in dem sich die libanesische Hisbollah-Miliz seit Frühjahr 2013 auf Seiten des syrischen Regimes beteiligt, auf libanesisches Territorium in den vergangenen Jahren weitgehend verhindert werden. Allerdings befanden sich bis August 2017 in der Gegend um den Grenzort Arsal aus Syrien eingedrungene Kämpfer auf libanesischem Staatsgebiet. Nach länger andauernden Kämpfen, in die auf libanesischer Seite neben den Streitkräften auch die Hisbollah-Miliz verwickelt war, verließen die eingekesselten IS-Kämpfer mit ihren Familien im Rahmen einer Waffenstillstandsvereinbarung mit Bussen die umkämpfte Gegend (AA 1.3.2018; vgl. AI 23.5.2018). Bei einem Antiterroreinsatz der libanesischen Armee in der Gegend von Arsal am 30.06.2017 wurden 350 Personen vorübergehend festgenommen, mindestens vier starben im Gewahrsam der Armee, nach Armeeangaben in Folge bereits bestehender gesundheitlicher Probleme. Menschenrechtsgruppen fordern eine unabhängige Untersuchung der Vorgänge. Der Fall soll militärgerichtlich aufgearbeitet werden (AA 1.3.2018; vgl. AI 23.5.2018).

 

Grundsätzlich ist es im Libanon so, dass die staatlichen Institutionen in Teilen des Landes keinen uneingeschränkten Zugriff haben. Dies gilt insbesondere für die meisten palästinensischen Flüchtlingslager. Die Sicherheitslage dort blieb im Allgemeinen stabil. Im Lager Ein El Helweh bei Sidon kam es allerdings zu einigen gewalttätigen Zwischenfällen und Schießereien. Bei Zusammenstößen im März und April 2018 zwischen extremistischen Gruppen und palästinensischen Streitkräften wurden vier Menschen getötet und elf verletzt (UN 13.7.2018). Detaillierte Informationen zur Lage in den Palästinenserlagern finden sich in Abschnitt 19.

 

Weiters sind die Zugriffsmöglichkeiten der libanesischen Staatsorgane insbesondere auch in den südlichen Vororten Beiruts und in den schiitischen Siedlungsgebieten im Süden des Landes eingeschränkt (AA 1.3.2018, vgl. USDOS 29.5.2018). Diese werden weitgehend von der Hisbollah kontrolliert, die der Bevölkerung auch grundlegende Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheitsvorsorge, Bildung, Lebensmittelhilfe, innere Sicherheit und Erhaltung der Infrastruktur zur Verfügung stellt (USDOS 29.5.2018).

 

Bei der von der UN geforderten Abrüstung aller bewaffneten Gruppen einschließlich der palästinensischen Milizen und dem militärischen Flügel der Hisbollah konnten bislang keine Fortschritte erzielt werden. Die Hisbollah bestätigte weiterhin öffentlich, über entsprechende militärische Kapazitäten zu verfügen. Somit ist die libanesische Regierung weiterhin nicht in der Lage, die volle Souveränität und Autorität über ihr Territorium auszuüben (UN 13.7.2018).

 

Am 5. und 23. April 2018 inhaftierten die libanesischen Streitkräfte 15 der Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe verdächtigte syrische Staatsangehörige, und beschlagnahmten während einer Razzia in einer informellen syrischen Flüchtlingssiedlung in Arsal Waffen und Munition. Am 14. Mai verhaftete die libanesische General Security in Al-Hirmil zwei syrische Staatsangehörige wegen ihrer Zugehörigkeit zu terroristischen Vereinigungen. Am 17. Mai 2018 wurde ein angeblicher Waffenhändler in Akkar im Nordlibanon von den Streitkräften der Internen Sicherheit verhaftet (UN 13.7.2018).

 

Das österreichische Außenministerium hat für das gesamte syrische Grenzgebiet, die Bekaa-Ebene nördlich von Baalbek und für die Palästinenserlager und deren Umgebung, insbesondere Ein Al-Hilweh und Mieh Mieh bei Saida (Sidon) und Nahr al Bared und Beddawi bei Tripoli Reisewarnungen ausgesprochen. Ein hohes Sicherheitsrisiko wird allgemein für die Provinzen Tripoli und Akkar, die südlichen Vororte Beiruts (Dahiye), die südlichen Stadtränder von Sidon/Saida (Ein El-Hilweh), das israelische Grenzgebiet und die restliche Bekaa-Ebene, einschließlich Baalbek ausgewiesen (BMeiA 11.7.2018).

 

Das Schweizer Außenministerium warnt vor zahlreichen nicht explodierten Bomben und Minen in der Bekaa-Ebene. Es sind bewaffnete Gruppierungen aktiv, und Grenzüberschreitungen durch Kämpfer sind häufig. In und um die Stadt Arsal (Anmerkung: auch Ersal, Irsal, Aarsal geschrieben) sowie um Ras Baalbek und Qaa kommt es regelmäßig zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen der Armee und militanten Gruppierungen. Spannungen zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen, aber auch innerhalb einzelner Gemeinschaften, können sich in bewaffnete Konfrontationen oder Anschlägen entladen. Im Juni 2016 forderten Selbstmordanschläge in Qaa mehrere Todesopfer und Verletzte. Im März 2011 wurde in der Nähe von Zahlé in der südlichen Bekaa-Ebene eine Gruppe ausländischer Touristen entführt und mehrere Monate lang festgehalten. Seither sind mehrere Entführungen bekannt geworden. Besonders die Zahl von Entführungen mit hohen Lösegeldforderungen hat zugenommen (EDA 5.12.2017).

 

Die Spannungen in den Flüchtlingslagern sind groß und können sich auch aus geringen Anlässen in Gewalttaten entladen. In Saïda (Sidon) kommt es vereinzelt zu Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Im Südlibanon finden laufend Truppenverschiebungen statt. Insbesondere im libanesisch-israelischen Grenzgebiet und nochmal verstärkt südlich des Litani-Flusses bis zur israelischen Grenze sind die Spannungen sehr hoch (EDA 5.12.2017). Auch das Britische Außenministerium betont die permanente Gefahr von Terroranschlägen (gov.uk o.D.).

 

Ende März 2018 verabschiedete das libanesische Kabinett eine nationale Strategie zur Verhinderung von gewalttätigem Extremismus - eine Initiative, die der inzwischen geschäftsführende Ministerpräsident Saad Hariri im Rahmen eines globalen Aktionsplans der Vereinten Nationen vorangetrieben hat. Es wird geschätzt, dass der Prozess weitere acht Monate [Anm: bis Anfang 2019] dauern wird, bis die Bürger ihn in ihren Gemeinden umsetzen werden. Neben Tunesien und Marokko ist der Libanon einer der Pioniere in der Region, der eine solche Strategie umsetzt (Daily Star 27.6.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Die Verfassungsinstitutionen, insbesondere Parlament, Regierung und Justizwesen, funktionieren im Prinzip nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, sind aber in ihrer tatsächlichen Arbeit politischen Einflussnahmen ausgesetzt. Die Gewaltenteilung ist in der Verfassung zwar festgeschrieben, wird in der Praxis aber nur eingeschränkt respektiert; insbesondere in politisch brisanten Ermittlungsverfahren kommt es zu Versuchen der Einflussnahme auf die Justiz, z.B. bei der Ernennung von Staatsanwälten und Ermittlungsrichtern oder zum Schutz politischer Parteigänger vor Strafverfolgung. Personen, die an zivil- und strafrechtlichen Routineverfahren beteiligt waren, baten manchmal um die Unterstützung prominenter Personen, um den Ausgang ihrer Verfahren zu beeinflussen. Die Einhaltung der in der Verfassung garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist in der praktischen Durchführung durch verbreitete Korruption, chronischen Mangel an qualifizierten Richtern und zum Teil auch politische Einflussnahme eingeschränkt (AA 1.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Angeklagte gelten als unschuldig, bis ihre Schuld bewiesen ist. Gerichtsverhandlungen sind in der Regel öffentlich, die Richter können aber geschlossene Gerichtsverhandlungen anordnen. Angeklagte haben das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein, sich rechtzeitig mit einem Anwalt zu beraten, Zeugen zu befragen, Beweise vorzulegen und in Berufung zu gehen (USDOS 20.4.2018).

 

Eine Strafverfolgungs- und Strafbemessungspraxis, die nach Merkmalen wie ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Nationalität diskriminiert, ist im Libanon nicht gegeben. Allgemeine kriminelle Delikte werden im Rahmen feststehender straf- bzw. strafprozessrechtlicher Vorschriften nach insgesamt weitgehend rechtsstaatlichen Prinzipien verfolgt und geahndet. Die Strafprozessordnung stattet die Ermittlungsbehörden mit weitreichenden Vollmachten aus, schreibt aber auch Rechte des Beschuldigten fest, z. B. das Recht auf unverzügliche Kontaktaufnahme zu Rechtsanwälten, Ärzten und Familienangehörigen. Angeklagte haben weiters das Recht auf rechtlichen Beistand; allerdings existiert kein staatlich finanziertes System der Pflichtverteidigung. Die Anwaltskammer stellt bei Bedarf Pflichtverteidiger zur Verfügung. Dolmetscher müssen in der Regel durch den Angeklagten selbst gestellt werden (AA 1.3.2018).

 

Neben den in mehrere Instanzen gegliederten Zivilgerichten existieren im Libanon konfessionelle Gerichtsbarkeiten, in deren Zuständigkeit die familien- und erbrechtlichen Verfahren fallen (USDOS 20.4.2018; vgl.: AA 1.3.2018). Der Libanon verfügt über 15 separate Personenstandsgesetze für seine offiziell anerkannten Religionen, es gibt jedoch kein bürgerliches Gesetzbuch, das Themen wie Scheidung, Eigentumsrecht oder Kindersorgerecht behandelt. Darüber hinaus werden die religiösen Gerichte kaum vom Staat kontrolliert; die Rechte von Frauen sind in den genannten Personenstandsgesetzen oftmals stark eingeschränkt (Daily Star 19.1.2015, vgl. HRW 18.1.2018. Nähere Ausführungen hierzu sind dem Abschnitt 17, Kapitel "Frauen" zu entnehmen).

 

Das Rechtssystem unterscheidet im Strafrecht zwischen Zivil- und dem Verteidigungsministerium unterstellten Militärgerichten. Letztere haben die Rechtsprechung inne über Fälle, die das Militär betreffen, bzw. in welchen Militärs oder Zivilisten der Spionage, des Hochverrats, des Waffenbesitzes, der Wehrdienstverweigerung und Delikten gegen die Staatssicherheit, gegen das Militär oder deren Angehörige bezichtigt werden. Dabei werden die Zuständigkeiten der Militärgerichtsbarkeit vor allem beim Vorwurf des Terrorismus bzw. bei terroristischen Delikten mit islamistischem Hintergrund oftmals sehr extensiv ausgelegt. Militärgerichte verhandeln sicherheitsrelevante Straftaten auch dann, wenn sie von Zivilisten begangen wurden, oftmals in Schnellverfahren und ohne ausreichenden Rechtsbeistand (AA 1.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Menschenrechtsorganisationen zeigten sich besorgt über die Praxis, Zivilisten vor Militärgerichten anzuklagen, über das Maß an Prozessrechten für Angeklagte sowie die fehlende Überprüfung der Urteilssprüche durch reguläre Gerichte (USDOS 20.4.2018).

 

Seit Jahren wird - wenn bislang auch ohne greifbare Fortschritte - erwogen, alle Militärverfahren ordentlichen Gerichten zu übertragen (AA 1.3.2018).

 

In den palästinensischen Flüchtlingslagern betreiben palästinensische Gruppen nach eigenem Ermessen eine autonome Rechtsprechung abseits der Kontrolle des Staates (USDOS 20.4.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die führenden Positionen in den Sicherheitsbehörden werden u.a. nach konfessionellem Proporz vergeben. Die Forces de Sécurité Intérieure (FSI) [auch "Internal Security Force" - ISF] ist die allgemein zuständige Polizei des Staates und gleichzeitig Hilfsorgan der Justiz (z.B. zum Führen des Kriminalregisters). Sie wird durch einen sunnitischen General geleitet und steht dem ebenfalls sunnitischen Innenminister nahe. Die demgegenüber schiitisch geprägte Sûreté Générale (SG) hat neben Fragen der Ein- und Ausreisekontrollen auch eine nachrichtendienstliche Funktion inne. Ihr Leiter wird der AMAL-Partei von Parlamentspräsident Berri zugeordnet. Ein Polizeigesetz im engeren Sinne gibt es nicht (AA 1.3.2018).

 

Die LAF [Lebanese Armed Forces] unter der Führung des Verteidigungsministeriums sind für die externe Sicherheit verantwortlich, haben aber aus Gründen der Staatssicherheit auch die Befugnis, Verdächtige zu verhaften (USDOS 20.4.2018). Im Gegensatz zu den anderen Sicherheitskräften gilt die Armee trotz eines stets christlichen Oberbefehlshabers und zahlreicher christlicher Generäle als parteipolitisch und konfessionell weitgehend neutral und genießt grundsätzlich hohes Ansehen in allen Bevölkerungsteilen. Sie nimmt - beispielsweise durch die weit verbreiteten Kontrollpunkte - auch Aufgaben der inneren Sicherheit wahr (AA 1.3.2018).

 

Daneben gibt es noch mehrere vorwiegend nachrichtendienstlich tätige Sicherheitsbehörden (Amn ad-Daula - Staatssicherheit; Amn al-Dschaisch - militärische Sicherheit; Sicherheitsdienst der Quwat al-Amn ad-Dakhili - Polizeikräfte; Nachrichtendienstliche Abteilung der Sûreté Générale). Alle genannten Institutionen und Dienste arbeiten seit Frühjahr 2014 zwar verstärkt zusammen, auch wenn nicht immer eine klare Abgrenzung ihrer Kompetenzen gegeben ist. Ihre Professionalisierung wird auch deutlich dahingehend beschränkt, dass bestimmte Institutionen einer bestimmten Konfession und somit dem entsprechenden politischen Lager zuzuordnen sind. Die daraus resultierenden Loyalitäten beeinflussen teilweise spürbar deren Arbeit (AA 1.3.2018).

 

Das General Directorate for State Security, das an den Premierminister berichtet, und das Directorate of General Security - DGS [auch "Sûreté Générale - SG] unter der Führung des Innenministeriums sind verantwortlich für die Grenzsicherung (USDOS 20.4.2018).

 

Sowohl das General Directorate for State Security als auch das DGS sammeln Informationen über potentiell die Staatssicherheit gefährdende Gruppen. Jeder Sicherheitsapparat hat seine eigenen internen Mechanismen, um Fälle von Missbrauch und Fehlverhalten zu untersuchen.

 

Verhaltensvorschriften der ISF definieren die Pflichten der ISF-Mitglieder sowie die verpflichtenden gesetzlichen und ethischen Standards. Verschiedene Sicherheitskräfte erhielten Training zur Umsetzung des Verhaltenskodex. Trotz effektiver Kontrolle ziviler Behörden über die Sicherheitskräfte genießen letztere Berichten zufolge ein gewisses Maß an Straflosigkeit, nicht zuletzt weil es an öffentlich zur Verfügung stehenden Informationen über den Ausgang von Verfahren fehlt. Außerdem fehlen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Misshandlungen und Korruption (USDOS 20.4.2018).

 

Zudem haben die staatlichen Institutionen in Teilen des Landes keinen uneingeschränkten Zugriff. Die Hisbollah bildet zumindest in ihren Hochburgen, d.h. in Teilen der Bekaa-Ebene, in südlichen Beiruter Vororten und Teilgebieten des Südens weiterhin eine Art Staat im Staate und übernimmt dort neben sozialen und politischen faktisch auch Aufgaben der Sicherheitsbehörden. Parallel bestehen kleinere bewaffnete Milizen der AMAL-Partei des Parlamentspräsidenten Nabih Berri, drusische Bürgerwehren sowie christliche Milizen (etwa in Nähe zur Kataeb-Partei oder zur griechisch-orthodoxen Kirche), die sich zuletzt im Spätsommer 2015 auch an Kampfhandlungen gegen aus Syrien einsickernde sunnitische Extremisten beteiligt haben (AA 1.3.2018).

 

Trotz der Anwesenheit von libanesischen Sicherheitskräften und UNO-Einheiten behielt die Hisbollah signifikanten Einfluss über Teile des Landes und die Regierung machte keinen konkreten Fortschritt, um die bewaffneten Milizen aufzulösen und zu entwaffnen.

 

Palästinensische Flüchtlingslager stellen [Anm.: mit Ausnahme des Lagers Nahr el-Bared] weiterhin sich selbst regierende Einheiten dar und betreiben Sicherheits- und Militärkräfte, die nicht unter der Kontrolle von Regierungsbeamten stehen (USDOS 20.4.2018; siehe hierzu auch den Abschnitt 19).

 

Quellen:

 

 

 

Korruption

 

Gemäß Transparency International's Corruption Perceptions Index (2017) hat sich der Libanon in Bezug auf Korruption seit 2015 um 20 Plätze auf Platz 143 (von 169 bzw. 180 untersuchten Ländern/Territorien) verschlechtert (TI 2017, vgl. TI 2015).

 

Korruption und Vetternwirtschaft sind im Libanon weit verbreitet. Selbst unter führenden Politikern sind Bestechungen in großem Stil keine Seltenheit. In ihrem Schutz bildeten sich weit verästelte Netzwerke organisierter Korruption. Mangelnde Transparenz und Korruption sind laut der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit die Ursache für die missliche Lage des Landes und hemmen überdies die wirtschaftliche Entwicklung (GIZ 6/2018).

 

Zu den hauptsächlichen Korruptionsformen gehörten systematischer Klientelismus, richterliche Unterlassung (insbesondere bei Untersuchungen von politisch motivierten Morden), Wahlbetrug (erleichtert durch das Fehlen von vorgedruckten Stimmzetteln) und Bestechung.

 

Die parlamentarische bzw. prüfungsbehördliche Kontrolle über Einnahmen und Ausgaben ist nicht in ausreichendem Maße gegeben (USDOS 20.4.2018).

 

Unternehmen zahlen regelmäßig Bestechungsgelder und pflegen Beziehungen zu Politikern, um Aufträge zu erhalten. Auch die Flüchtlingshilfe vor Ort ist nicht frei von Korruption. Berichten zufolge haben einige Nichtregierungsorganisationen (NGOs) - in Zusammenarbeit mit korrupten libanesischen Beamten - Gelder von internationalen Organisationen abgezweigt oder Ressourcen für überhöhte Gehälter und Leistungen für leitende Angestellte verschwendet. Die Besorgnis der Geber über vorhandene Korruption gilt als einer der Gründe für die chronischen Defizite bei der finanziellen Unterstützung für syrische Flüchtlinge (FH 1.2017).

 

Ex lege sind zwar strafrechtliche Sanktionen für offizielle Korruption vorgesehen; eine effiziente und wirkungsvolle Umsetzung solcher Sanktionen erfolgt aber nicht. Die staatliche Korruptionskontrolle wird von Beobachtern als unzureichend eingestuft (USDOS 20.4.2018). Der Präsident der Republik, die Präsidenten der Abgeordnetenkammer und des Ministerrates sowie Minister, Abgeordnete und Richter, Gemeindevorsteher und Beamte sind zwar gesetzlich verpflichtet, ihr Finanzvermögen bei Amtsantritt und auch wieder bei Ausscheiden aus dem Amt bekanntgeben, aber diese Informationen sind nicht öffentlich zugänglich. Wird der Staatsrat wegen Nichterfüllung angerufen, verhängt der Staatsrat verwaltungsrechtliche Sanktionen, die darin bestehen, die Amtszeit des Amtsinhabers zu beenden (USDOS 20.4.2018).

 

In diesem Kontext werden immer wieder Journalisten wegen Recherchen über Korruption zu Geldstrafen verurteilt (GIZ 6/2018).

 

Der Leiter des Supreme Disciplinary Boards hat die grassierende Korruption unter den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes massiv kritisiert und gemeint, dass die Hälfte von ihnen entlassen werden sollte. Er erklärte, dass sein Vorstand für die Durchführung von Prozessen gegen korrupte Mitarbeiter für Verstöße wie Bestechung oder Veruntreuung öffentlicher Gelder verantwortlich sei, stellte aber gleichzeitig klar, dass er keine Maßnahmen ergreifen könne, wenn das Zentralkontrollamt kaum Beschwerden gegen Arbeitnehmer untersucht und einreicht (Daily Star 12.9.2018).

 

Eine von der Konrad Adenauer Stiftung in Auftrag gegebene Umfrage unter 21-29 jährigen Libanesen untersuchte unter anderem, welche Themen die Jugendlichen vor allem beschäftigen: Dies ist neben der wirtschaftlichen Situation (45%) und der hohen Arbeitslosigkeit (43%) vor allem auch die Korruption (27%) (KAS 1.5.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

NGOs, Menschenrechtsaktivisten

 

Im Libanon sind zahlreiche lokale und internationale, im öffentlichen Leben deutlich wahrnehmbare Menschenrechtsorganisationen tätig, die häufig offiziell mit staatlichen Stellen, Sicherheitskräften und anderen Staatsbediensteten bei der Aus- und Fortbildung in Menschenrechtsfragen zusammenarbeiten. Die Anwaltskammer Beirut veranstaltet regelmäßig öffentliche Seminare zum Schutz der Menschenrechte.

 

Seit 2005 können Menschenrechtsorganisationen grundsätzlich frei arbeiten und Vertreter internationaler Organisationen wie Amnesty International (AI) und Human Rights Watch (HRW) können sich im Land frei bewegen. HRW unterhält ein Regionalbüro in Beirut und publiziert - wie lokale NGOs - regelmäßig kritische Berichte zur Menschenrechtslage im Land. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) befasst sich insbesondere mit der Situation in den Gefängnissen, wobei auf Grundlage einer Vereinbarung mit der Regierung aus dem Jahr 2007 auch Zugang zu den Gefängnissen der Armee und des Verteidigungsministeriums zugestanden wird (AA 1.3.2018).

 

Das bedeutet nicht, dass keine Versuche der Einschüchterung und Beeinflussung durch politische Institutionen oder nichtstaatliche Akteure zu verzeichnen wären (AA 1.3.2018).

 

Unabhängige NGOs waren in Gebieten, die von der Hisbollah dominiert werden, mit Schikanen und Einschüchterungen konfrontiert - einschließlich sozialem, politischem und finanziellem Druck. Die Hisbollah bezahlte Jugendliche, damit sie die Mitarbeit in "inakzeptablen" NGOs einstellten (USDOS 20.4.2018).

 

Laut Amnesty International wurde in letzter Zeit eine Reihe von Menschen wegen ihrer politischen Meinung oder ihres Menschenrechtsaktivismus verhaftet, verhört und eingeschüchtert; Als Bedingung für Ihre Freilassung wurden sie zur Unterzeichnung von Zusagen gedrängt, zukünftig bestimmte Handlungen zu unterlassen (AI 7.8.2018).

 

NGOs müssen sich grundsätzlich beim libanesischen Innenministerium registrieren. Das Ministerium kann eine NGO zwingen, sich einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen und Informationen zu den Gründern einholen. Staatliche Repräsentanten müssen eingeladen werden, damit sie die Wahl bezüglich der Statuten und des Aufsichtsrates überwachen können (FH 1/2017).

 

Rechtlich erschwert bleibt die Gründung von Organisationen durch Ausländer; dies macht es palästinensischen und syrischen Flüchtlingen de facto unmöglich, unabhängig von libanesischen Partnern NGOs zur Verfolgung ihrer Interessen zu gründen. In der Praxis treten libanesische Staatsangehörige für palästinensische und syrische Flüchtlinge als Gründer und Organe auf (AA 1.3.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Wehrdienst und Rekrutierungen

 

Die allgemeine Wehrpflicht wurde 2006 abgeschafft und die Armee in eine Berufsarmee umgewandelt. Der Zugang zum Militärdienst ist nicht an ethnische oder religiöse Kriterien gebunden. Fahnenflüchtigen drohen nach Art. 107 ff. des Militärstrafgesetzbuches Haftstrafen. Für Offiziere bzw. in Spannungszeiten erhöht sich das Strafmaß empfindlich. Auf Fahnenflucht mit Überlaufen zum Feind steht die Todesstrafe (Art. 110 lib. MilitärStGB). Dem Deutschen Auswärtigen Amt ist allerdings kein Fall bekannt, in der diese vollstreckt wurde (AA 1.3.2018). Ab 17 bis 30 Jahren kann man im Libanon den freiwilligen Militärdienst ableisten. Für Offizierskadetten ist das Eintrittsalter 18 bis 24 Jahre (CIA 6.4.2016).

 

Rekrutierungen durch die Hisbollah beruhen auf Freiwilligkeit, wenngleich durchaus ein gewisser sozialer Druck innerhalb schiitischer Familien gegeben sein kann, sich der Hisbollah anzuschließen. Fälle von "Zwangsrekrutierung" sind nicht bekannt. Der Prozess der Mobilisierung und Radikalisierung der potenziellen Rekruten der Hisbollah beginnt bereits in jungen Jahren. Kinder im Alter von sechs oder sieben Jahren werden ermutigt, an der Jugendbewegung der Hisbollah teilzunehmen, allerdings werden keine Kämpfer unter achtzehn Jahren aufgenommen (IRB 17.11.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Der Libanon ist seit 1945 Gründungsmitglied der Vereinten Nationen (GIZ 6/2018).

 

Die Präambel der libanesischen Verfassung hält ausdrücklich fest, dass Libanon die Allgemeine Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen beachtet. Der Libanon ist Vertragsstaat folgender wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen [Anm.: teilweise allerdings mit wesentlichen Vorbehalten zu einzelnen Artikeln]:

 

 

 

 

 

 

 

Weiters hat der Libanon 2007 das Internationale Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen und das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen unterzeichnet, allerdings bisher beide nicht ratifiziert. Ebenso wenig wurden die meisten der Fakultativprotokolle zu den Menschenrechtsabkommen ratifiziert, so beispielsweise auch nicht das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (OP2-ICCPR) von 1991. Der Libanon ist bislang keinem internationalen Übereinkommen zum Status von Flüchtlingen beigetreten (AA 1.3.2018).

 

Deutlichstes Zeichen von struktureller und kultureller Diskriminierung von Frauen im Libanon ist die Tatsache, dass die Staatsbürgerschaft über den Vater vergeben wird. Der Schutz von Migranten und Flüchtlingen wird nicht gemäß internationalen Standards gewährt, auch häufen sich Berichte von Misshandlungen und Folter bei Verhören. Eine offene Wunde des Libanons sind die seit dem Bürgerkrieg vermissten Menschen (GIZ 6/2018).

 

Eine der größten Herausforderungen für die Menschenrechte im Libanon ist die Gratwanderung des libanesischen Staates zwischen der Garantie der Sicherheit und der Einhaltung der Freiheitsrechte (GIZ 6/2018).

 

Die Sicherheitsbehörden, insbesondere der militärische Nachrichtendienst, sollen nach Angaben von Nichtregierungsorganisationen immer wieder Festnahmen vornehmen, auch wenn kein dafür erforderlicher richterlicher Beschluss vorliegt, bzw. Personen festhalten, nachdem die gesetzlich vorgesehene Frist von 48 Stunden nach Festnahme verstrichen ist. Die Regierung gibt derartige Vorkommnisse durchaus zu, macht aber geltend, dass entsprechende richterliche Beschlüsse jeweils nachgeholt würden und längere Haftdauern im Polizeigewahrsam nur deswegen zu Stande kämen, weil die Gefängnisse überfüllt seien. Verschleppungen durch nichtstaatliche Akteure, v.a. Hisbollah, kommen vor (AA 1.3.2018).

 

Es gibt immer wieder Versuche, Zivilisten einschließlich Kinder vor Militärgerichten zu anzuklagen, was eine Verletzung ihrer Rechte im Rahmen eines ordnungsgemäßen Verfahrens und des Völkerrechts darstellt. Diejenigen, die vor den Militärgerichten vor Gericht standen, berichten über Isolationshaft und die Verwendung von Geständnissen, die unter Folter erzwungen wurden, weiters über Entscheidungen, die ohne nähere Begründung ergangen sind, scheinbar willkürliche Urteile und eine begrenzte Möglichkeit, Berufung einzulegen (HRW 18.1.2018).

 

Das libanesische Parlament hat im Oktober 2016 durch die Einrichtung eines Nationalen Menschenrechtsinstituts (NHRI) einen Schritt gesetzt, um die Menschenrechtssituation zu verbessern und die Anwendung von Folter im Land zu beenden. Das Institut soll die Menschenrechtslage im Libanon überwachen, Beschwerden über Verstöße entgegennehmen und regelmäßig Berichte und Empfehlungen abgeben. Der Ausschuss für den Schutz vor Folter, ein nationaler Präventionsmechanismus, wird befugt sein, regelmäßig unangekündigte Besuche an allen Haftorten durchzuführen, die Anwendung von Folter zu untersuchen und Empfehlungen zur Verbesserung der Behandlung von Häftlingen abzugeben (HRW 28.10.2016; vgl. UN 9.5.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Meinungs- und Pressefreiheit

 

Freie Meinungsäußerung und Pressefreiheit sind gesetzlich verankert und auch die Medien werden als freier empfunden als in vielen anderen Ländern der Region (FH 1/2017).

 

Kritik an der Regierung ist möglich und üblich. Verboten ist allerdings vor allem die "Anstachelung zu konfessionellen Spannungen". Auch werden Journalisten immer wegen Recherchen über Korruption zu Geldstrafen verurteilt (RoG 2018).

 

Diffamierung oder Kritik am libanesischen Präsidenten oder an der libanesischen Armee werden allerdings als kriminelle Vergehen gewertet, die mit Strafen von bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden können (HRW 18.1.2018; vgl. AA 1.3.2018).

 

Die Printmedien im Land werden durch das Publikationsgesetz von 1962 geregelt. Dieses Gesetz macht Journalisten für fehlerhafte oder falsche Nachrichten, Drohungen oder Erpressung, Beleidigung, Verleumdung, Beeinträchtigung der Würde des libanesischen Präsidenten, Beleidigung von Präsidenten fremder Länder verantwortlich und verbietet blasphemische Inhalte über offiziell anerkannte Religionen des Landes oder Inhalte, die Auseinandersetzungen provozieren könnten (USDOS 20.4.2018).

 

Das libanesische Strafgesetzbuch sieht zudem weiterhin Strafen für Journalisten wegen übler Nachrede und des Verbreitens falscher Informationen vor (AA 1.3.2018). Auch können Einzelpersonen, Journalisten und Blogger für das, was sie online ausdrücken, strafrechtlich verfolgt werden (USDOS 20.4.2018).

 

Weiters kriminalisiert das Strafgesetzbuch auch die Verleumdung von Amtsträgern und erlaubt hierbei eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Im Jahr 2017 hielten die libanesischen Behörden Personen fest, die wegen kritischer Äußerungen in sozialen Medien beschuldigt wurden. Im Juni 2017 wurden Soldaten festgenommen, die gegen eine dritte Verlängerung der Legislaturperiode demonstrierten. Die Armee sagte, sie habe eine Untersuchung eingeleitet; die Ergebnisse wurden nicht öffentlich bekannt gegeben (HRW 18.1.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Im Libanon erscheinen 13 Tageszeitungen, 300 Wochen-, Monats- und Quartalszeitschriften und viele Druckversionen ausländischer (arabischer) Zeitungshäuser. Darüber hinaus senden acht einheimische, meist private, Fernsehstationen rund um die Uhr. Letztere können weltweit über Satellit empfangen werden. Allerdings zeigt sich auch in diesem Bereich die Zersplitterung der libanesischen Gesellschaft entlang konfessionell-politischer Bruchlinien. Kaum eine Fernsehstation oder eine Zeitung richtet sich an alle Libanesen. Jede der großen Konfessionen unterhält einen oder zwei Fernsehsender und übt Einfluss auf entsprechende Tageszeitungen aus (GIZ 6/2018).

 

Viele Medien werden von Politikern oder Parteien kontrolliert; politische und mediale Polarisierung verstärken sich dadurch wechselseitig (RoG 2018). Zahlreiche Medienunternehmen sind je nach Inhaber oder Geldgeber und aufgrund häufig gegeberer enger Beziehungen zu konfessionellen Führern stark politisiert. Hieraus ergibt sich unter den Journalisten vielfach eine starke Selbstzensur, da diese keine Investigativrecherchen gegen ihre eigenen Geldgeber anstreben und darüber hinaus auch an die spezielle, oft parteiische redaktionelle Linie gebunden sind. Somit gibt es im Libanon eine zwar freie, aber keine unabhängige Presse (GIZ 6/2018, vgl. FH 1/2017).

 

Das Gesetz über audiovisuelle Medien verbietet die Live-Übertragung von nicht genehmigten politischen Versammlungen und bestimmten religiösen Ereignissen sowie von Kommentaren, die direkt oder indirekt negative Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzen des Libanon haben können oder eine Beziehung zu Israel fördern. Rundfunkprogramme, die den Staat oder seine Beziehungen zu anderen Ländern oder die öffentliche Moral schädigen, sektiererische Auseinandersetzungen anzetteln könnten oder religiöse Beleidigungen beinhalten, sind verboten (USDOS 20.4.2018).

 

Rundfunkjournalisten litten weiterhin unter Einschüchterung und Belästigung. Am 13. Februar 2017 umstellten Hunderte von Demonstranten das Gebäude von al-Jadeed TV nach einer Show, von der sie glaubten, dass sie den Führer der Amal-Bewegung und Parlamentspräsidenten Nabih Berri beleidigt hätte. Demonstranten warfen Steine auf das Gebäude und versuchten, es zu stürmen. Nach dem Vorfall wurde die Übertragung des Fernsehsenders in mehreren Gebieten der südlichen Vororte von Beirut blockiert. Der Kanal wurde bis zum 25. November nicht ausgestrahlt (USDOS 20.4.2018).

 

Die Einfuhr von ausländischen Kulturerzeugnissen (Filme/ Bücher) sowie die Tätigkeit libanesischer Autoren unterliegt einer Vorzensur durch die Sûreté Générale (Sicherheitsbehörde mit grenzpolizeilichen und nachrichtendienstlichen Aufgaben), welche gelegentlich "polemische", pornografische oder "den religiösen Frieden gefährdende" Werke untersagt (2017 etwa der US-Actionfilm "Wonder Woman", dessen Hauptdarstellerin Gal Gadot Israelin ist). Aufgrund des florierenden Handels mit Raubkopien laufen Verbote von audiovisuellen Medien aber praktisch ins Leere. Ausnahme bleiben im Rahmen des allgemeinen Wirtschaftsboykotts alle Kulturprodukte aus Israel, mit dem sich der Libanon formal seit 1948 im Krieg befindet (AA 1.3.2018).

 

Der Internetzugang war verfügbar und wurde von der Öffentlichkeit breit genutzt. Laut Internet World Statistics lag die Internet-Abdeckung im März bei 76 Prozent (USDOS 20.4.2018), wenngleich die Internet-Geschwindigkeit im Libanon zu den schlechtesten der Welt zählt (FH 14.11.2017).

 

In der nordöstlichen, in der Bekaa-Ebene gelegenen und von den Kämpfen des anhaltenden syrischen Bürgerkriegs geprägten Grenzstadt Arsal besteht nach dauerhafter Abschaltung des Mobilfunknetzes seit zwei Jahren kein Zugang mehr zu mobilem Internet (FH 14.11.2017). Das Bureau of Cybercrime and Intellectual Property Rights ist nach wie vor sehr aktiv bei der Bekämpfung von Aktivisten, wobei oftmals keine rechtstaatliche Grundlage gegeben ist. Rund 50 Websites sind seit zwei Jahren blockiert, darunter ein lesbisches Community-Forum (FH 14.11.2017)

 

In der von "Reporter ohne Grenzen" geführten Rangliste zur Pressefreiheit liegt der Libanon derzeit auf Rang 100 (von 180 Staaten). Grund für diese Bewertung sind insbesondere die gefährlichen Arbeitsbedingungen für Journalisten im libanesisch-syrischen Grenzgebiet; Drohungen und Gewalt gegen Journalisten kommen vor und werden durch den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien verstärkt (RoG - 2018; vgl. AA 1.3.2018).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

 

Die von der Verfassung garantierte Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit wird respektiert, wie Massendemonstrationen und Veranstaltungen der unterschiedlichen politischen Lager regelmäßig unter Beweis stellen.

 

Gleichwohl kommt es dabei gelegentlich zu Polizeigewalt gegen Demonstranten (etwa in Form von Gummigeschossen und Tränengas), die medial und juristisch aufgearbeitet wird, zuletzt im Kontext der Proteste gegen die Müllkrise (AA 1.3.2018). In diesem Fall wurden 14 Demonstranten, die gegen Korruption und das Versagen der Regierung demonstriert hatten, vor dem Militärtribunal angeklagt, obwohl einige der Vorwürfe an ein Zivilgericht überwiesen wurden (HRW 18.1.2018).

 

Für Demonstrationen ist im Vorfeld eine Anmeldung durchzuführen bzw. eine Genehmigung des Innenministeriums einzuholen. In den vergangenen Jahren wurden Demonstrationen - insbesondere aus dem salafistischen Spektrum - gelegentlich aus Sicherheitsgründen untersagt (AA 1.3.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

 

Bei Neugründung von Vereinigungen - darunter fallen sowohl NGOs als auch Parteien - ist ein zweistufiges Anmeldeverfahren beim Innenministerium einzuhalten, welches 2008 vereinfacht wurde (AA 1.3.2018).

 

Nun ist keine vorausgehende Bewilligung mehr erforderlich, aber das Innenministerium muss zwecks rechtlicher Anerkennung der Vereinigung benachrichtigt werden, damit in weiterer Folge geprüft werden kann, ob moralische Bedenken oder Bedenken hinsichtlich öffentlicher Bestimmungen oder der Staatssicherheit gegeben sind. Das Ministerium hat in manchen Fällen uneinheitliche zusätzliche Beschränkungen und Anforderungen eingeführt und die Genehmigung zurückgehalten. In einigen Fällen führten die Sicherheitskräfte nach Weiterleitung der Unterlagen Ermittlungen über die Gründungsmitglieder. Die Organisationen müssen Repräsentanten des Ministeriums zu jeder Generalversammlung einladen, bei denen über eine Satzungsänderung oder über die Mitglieder im Aufsichtsrat abgestimmt wird. Das Ministerium muss dann die Wahl bestätigen. Falls nicht, kann dies zur Auflösung der Organisation durch ein vom Ministerrat herausgegebenes Dekret führen. Das Kabinett muss die Zulassung aller politischen Parteien genehmigen. Gewerkschaften sind zwar erlaubt, unterliegen aber verschiedenen Einschränkungen. Das Arbeitsministerium muss die Gründung von Gewerkschaften genehmigen, und es kontrollierte die Durchführung aller Gewerkschaftswahlen, einschließlich der Termine, Verfahren und der Bestätigung der Ergebnisse. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, Hausangestellte und Landarbeiter hatten weder das Recht auf Streiks noch auf Beitritt und Gründung von Gewerkschaften. Palästinensische Flüchtlinge können in der Regel ihre eigenen Gewerkschaften auf individueller Basis gründen. Aufgrund von Einschränkungen ihres Rechts auf Arbeit nahmen nur wenige Flüchtlinge aktiv an Gewerkschaften teil. Die Durchsetzung der geltenden Gesetze durch die Regierung war schwach, auch im Hinblick auf das Verbot gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung (USDOS 20.4.2018).

 

Rechtlich erschwert bleibt die Gründung von Organisationen durch Ausländer; dies macht es palästinensischen und syrischen Flüchtlingen de facto unmöglich, unabhängig von libanesischen Partnern NGOs zur Verfolgung ihrer Interessen zu gründen. In der Praxis treten libanesische Staatsangehörige für palästinensische und syrische Flüchtlinge als Gründer und Organe auf (AA 1.3.2018).

 

Quellen:

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz gewährt Bewegungsfreiheit in Bezug auf Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektierte grundsätzlich diese Rechte. Einschränkungen gibt es nur für palästinensische Flüchtlinge [Anm.: Für detaillierte Informationen wird auf den entsprechenden Abschnitt "IDPs und Flüchtlinge" verwiesen].

 

Die Regierung unterhielt Sicherheitskontrollen und Checkpoints, insbesondere in Militärzonen und anderen eingeschränkt zugänglichen Gebieten (USDOS 20.4.2018).

 

Die Hisbollah betrieb Checkpoints in bestimmten schiitischen Mehrheitsgebieten (USDOS 20.4.2018, vgl. UK 06/2018). Die Regierungstruppen waren meist nicht in der Lage, das Gesetz in den überwiegend von der Hisbollah kontrollierten südlichen Vororten von Beirut durchzusetzen, und sie betraten üblicherweise keine palästinensischen Flüchtlingslager (USDOS 20.4.2018).

 

Quellen:

 

 

 

Grundversorgung/Wirtschaft

 

Vor dem Bürgerkrieg 1975 zählte der Libanon zu den bedeutendsten Finanzzentren im Nahen Osten. Beirut war die Bankenmetropole des Orient, ein Bindeglied zwischen Europa und den Golfstaaten. Daraus entwickelte sich eine Ökonomie, die auf Vermittlungs-, Handels- und Dienstleistungswirtschaft fußte. Das während des Bürgerkriegs geflohene Kapital kam mit dem Ende des Krieges allerdings nicht zurück, womit es dem Libanon an wichtigen Investitionen für den Wiederaufbau fehlte. Dies hatte wiederum zur Folge, dass der Wiederaufbau über Staatsverschuldung refinanziert wurde. Der Libanon ist heute mit etwa 70 Milliarden US$ überschuldet. Der Schuldendienst machte 2017 annähernd 45% der Staatsausgaben aus, die Staatsverschuldung entsprach 140% des BIP. Die wichtigste Ressource und größte Einnahmequelle des Landes sind seine gut ausgebildeten Arbeitskräfte, die aus dem Ausland Devisen in den Libanon überweisen. Rund 350.000 Auslandslibanesen arbeiten in den Golfstaaten. Jedes Jahr schicken diese vier bis fünf Milliarden Dollar zurück nach Hause, das wiederum sind etwa zehn Prozent des libanesischen Bruttosozialprodukts Die Alphabetisierungsrate liegt bei 89,6 Prozent. Das BIP des Libanon wird zu 8 Prozent durch den Agrarsektor, zu 23 Prozent durch den Industriesektor und zu 69 Prozent durch den Dienstleistungssektor erwirtschaftet. Dabei erzielt das Land seit Jahren hohe Handelsbilanzdefizite. Durch die starken innenpolitischen Turbulenzen und nicht zuletzt durch den Syrienkonflikt ist davon auszugehen, dass das Handelsbilanzdefizit weiterhin massiv zunehmen wird. Im Jahr 2015 sind die Exporte in die Golfstaaten komplett eingebrochen. Aufgrund der politischen Lage und der dadurch hervorgerufenen Sicherheitsdefizite ist davon auszugehen, dass auch der Tourismussektor weiterhin in Mitleidenschaft gezogen sein wird, so dass in weiterer Folge die ohnedies bereits hohe Arbeitslosigkeit weiter steigen wird. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt Schätzungen zu Folge bei über 54 %, was die Arbeitsmigration aus dem Libanon weiter verstärkt. Insbesondere gut ausgebildete Ingenieure, Ärzte und Betriebswirte verlassen das Land. Notwendige Investitionen bleiben aus (GIZ 3/2018).

 

Der Libanon leidet laut libanesischem Finanzministerium an einer sehr ungleichen Einkommensverteilung, und zwar sowohl bei den Angestellten als auch bei den Selbstständigen des privaten Sektors. Die Top 2 % verdienen 17% des gesamten Einkommens, während die "unteren" 59% nur insgesamt 22 % des Einkommens erwirtschaften (MoF 2/2017).

 

Die Wirtschaftsprognosen für das Jahr 2018 divergieren. Während der IMF (International Monetary Fund) ein solides reales Wirtschaftswachstum von 1,5 % für 2018 und 1,8% für 2019 erwartet (IMF 05/2018), geht Economist Intelligence Unit (EIU) von 0,7% aus (GIZ 3/2018).

 

Der Libanon braucht für die kommenden drei Jahre umgerechnet knapp 1,9 Milliarden Euro, um die Folgen des Bürgerkriegs im Nachbarland Syrien zu bewältigen. Millionen Flüchtlinge müssen mit Nahrungsmittel, Strom und Schulbildung versorgt werden. Dazu kommt, dass durch das Übergreifen der Kämpfe auf den Libanon und der Beteiligung von Libanesen im syrischen Bürgerkrieg ein schmerzhafter Rückgang der Einnahmen aus dem Tourismus zu verzeichnen ist. Jeder dritte Libanese zwischen 15 und 34 ist arbeitslos, was das Gesundheitswesen, die Bildung und das soziale Gefüge massiv beeinträchtigt. Schon jetzt lebt eine Million Libanesen in Armut. Die Weltbank erwartet, dass durch die schlechten wirtschaftlichen Perspektiven 170.000 weitere Personen unter die Armutsgrenze rutschen könnten (GIZ 3/2018). 10 Prozent der libanesischen Bevölkerung und 68 Prozent der palästinensischen Flüchtlinge leben nach Angaben des Nationalen Armutsbekämpfungsprogramms unterhalb der nationalen Armutsgrenze von 2,40 US-Dollar pro Tag (bpb 26.5.2016, vgl. UNHCR o.D.). Besonders schwierig ist die Lage im Nord-Libanon (Akkar-Gebiet) und in der nördlichen Bekaa-Ebene (insb. Hermel-Gebiet) sowie im Süd-Libanon. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist u.a. über Nothilfemaßnahmen des Sozialministeriums gewährleistet. Bedürftige Personen können nur sehr eingeschränkt auf staatliche Unterstützung zählen; es existieren weder eine allgemeine Arbeitslosen- noch eine Rentenversicherung (nur eine arbeitsrechtliche Austrittsprämie, die mit Blick auf die Arbeitsjahre berechnet wird). Wesentliches Element sozialer Sicherung ist die Familie, daneben karitative und religiöse Einrichtungen, stets nur für die jeweilige Religionsgruppe. Es gibt keine speziellen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (AA 1.3.2018).

 

Nachdem der [vor der aktuellen Syrienkrise stattgefundene] wirtschaftliche Boom immer mehr Bewohner der Dörfer des Umlandes in die Hauptstadt gelockt hat, hat sich die Wohnungssituation erheblich verschlechtert (BAMF 8/2014).

 

Insbesondere die Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge hat zu beispiellosen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen geführt. Diese werden tagtäglich von den libanesischen Bürgern empfunden, sei es durch höhere Mieten (BBC 5.1.2015) und sinkende Verfügbarkeit öffentlicher Dienstleistungen oder durch eine über ihre Grenzen hinausgehende Gesundheits- und Bildungsinfrastruktur. Die zunehmenden Spannungen zwischen den Aufnahmegemeinschaften und den Flüchtlingen innerhalb der libanesischen Gesellschaft sind offensichtlich. Die Lage im Libanon ist gekennzeichnet durch zunehmende wirtschaftliche und regionale Ungleichheiten, begleitet von tiefen sozialen Spaltungen und sektiererischen Verwerfungen, die durch den syrischen Konflikt weiter verschärft wurden (FMR 9/2014).

 

Die Probleme der Abfallentsorgung, die zu den größten Protesten seit Jahren geführt hatten, blieben weiterhin ungelöst (AI 23.5.2018).

 

Zur Grundversorgung der Flüchtlinge sowie einen Teil der Auswirkungen auf die sozioökonomische Lage von Libanesen s. Kapitel "Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge".

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Es sind keine Fälle bekannt, in denen libanesische Staatsangehörige, die aus Deutschland abgeschoben wurden, aus diesem Grund eine diskriminierende Behandlung in Libanon erfahren haben. Sie werden - wie alle Einreisenden - von den Sicherheitsbehörden überprüft. Ein besonderes staatliches Interesse an dieser Personengruppe ist nicht erkennbar. Bisher ist auch kein Fall bekannt geworden, in dem die unfreiwillige Rückkehr eines abgelehnten Asylbewerbers staatliche Repressionsmaßnahmen ausgelöst hätte. In Abwesenheit verurteilte Personen werden bei der Einreise in Strafhaft genommen und verbüßen die verhängte Haftstrafe. Sie haben unmittelbar nach Haftantritt die Möglichkeit, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. Das Verfahren wird vollständig neu durchgeführt und es gilt das Verbot der "reformatio in peius" ("Verböserung"). In diesen Fällen sind keine Vorwürfe von Folter oder Misshandlung bekannt geworden (AA 1.3.2018).

 

In der Vergangenheit wurden gelegentlich Fälle von Exil-Libanesen bekannt, denen wegen SLA-Aktivitäten [Anm.: Südlibanesische Armee - pro-israelische Miliz bis zum israelischen Abzug aus dem Südlibanon im Jahr 2000] in der Vergangenheit die Wiedereinreise in den Libanon verweigert wird (AA 30.12.2015).

 

Quellen:

 

 

 

2.2. Das BVwG stützt sich im Hinblick auf diese Feststellungen auf folgende Erwägungen:

 

2.2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

 

2.2.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erhoben und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die aus seiner Sicht bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das BVwG schließt sich im entscheidungswesentlichen Umfang diesen Ausführungen mit den nachstehenden Erwägungen an.

 

2.2.3. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Einklang mit dem Akteninhalt.

 

Die Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum) und zur Staatsangehörigkeit des BF resultieren aus den von ihm gegenüber der Österreichischen Botschaft Beirut zur Erlangung eines Schengen-Visums vorgelegten libanesischen Reisepass, der nun der belangten Behörde in Kopie übermittelt wurde.

 

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung einer für den Libanon gebräuchlichen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten des Libanon.

 

Die Feststellungen zur rechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt.

 

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung leidet, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren diesbezüglich keinerlei Angaben getätigt hat.

 

Die Feststellungen zum mehrjährigen Schulbesuch im Libanon ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben im Verfahren. Die Angaben des BF waren stringent und es ist kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer etwa in Bezug auf seine schulische Ausbildung falsche Angaben hätte machen sollen. Dass der BF vor seiner Ausreise in der Stadt XXXX lebte und sich seine Eltern weiterhin ohne erkennbare Schwierigkeiten im Libanon aufhalten, ergibt sich aus dem Umstand, dass - wie in der Folge aufzuzeigen sein wird - die Ausführungen des BF zum Aufenthalt seiner Familie in Syrien als nicht glaubhaft zu qualifizieren waren und sich aufgrund der von ihm bei der Österreichischen Botschaft Beirut zur Erlangung eines Schengen-Visums vorgelegten - von seinen leiblichen Eltern unterfertigten - Reiseerlaubnis zeigt, dass diese Personen am 26.08.2014 am Leben waren und sich im Libanon aufhielten. Die Rückkehr der Mutter der Halbgeschwister des BF bzw. seiner Stiefmutter in den Libanon ist durch die im Akt befindliche Rückkehrbestätigung und die vor der belangten Behörde am 05.09.2018 übereinstimmenden Aussagen des BF und seines Halbbruders belegt.

 

Die Feststellungen zum Stand des Verfahrens seiner Halbgeschwister, der zwei Neffen und drei Nichten ergeben sich aus einer erfolgten Rücksprache bei der belangten Behörde und der Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zahlen L508 2102634-1, L508 2102623-1, L508 2102625-1, L508 2102630-1, L508 2102627-1, L508 2102632-1 und L508 2102505-1.

 

Die Feststellungen über die Lebenssituation des Beschwerdeführers in Österreich und die allfälligen Aspekte einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich beruhen auf den bisherigen Angaben vor der belangten Behörde, dem Bundesverwaltungsgericht und im gegenständlichen Beschwerdeverfahren. Der BF verfügt - abgesehen von seinen ebenfalls als Asylwerber im Bundesgebiet aufhältigen Verwandten (Halbbruder, Halbschwester und fünf Neffen/Nichten) - über keine "familiären" Anknüpfungspunkte in Österreich. Sein privater und familiärer Lebensmittelpunkt lag zuletzt im Libanon. Die sonstigen Feststellungen ergeben sich aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes der belangten Behörde, insbesondere aus den in Vorlage gebrachten schriftlichen Unterlagen (etwa den vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen, dem ÖSD-Zertifikat A2, der Bestätigung über den Besuch eines Deutschkurses, der Bestätigung über den Besuch eines 16stündigen Erste-Hilfe-Kurses, der Bestätigung des XXXX über die Bedienung der Technik durch den BF bei der Jahreshauptversammlung, der Bestätigung über die Absolvierung eines Ferialpraktikums und dem Referenzschreiben mehrerer Unterstützer u. A.,), an deren Echtheit und Richtigkeit keine Zweifel entstanden sind. Dem BF wurde zuletzt - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - bereits in den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA am 05.02.2015 und 05.09.2018 ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände vorzubringen. Dabei ist es dem BF jedoch nicht gelungen, durch konkrete und substantiierte Ausführungen darzulegen, warum entgegen der Ansicht des BFA dennoch vom Vorliegen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens auszugehen sei. Auch in der Beschwerde vermochte der BF der Beurteilung des BFA nichts Konkretes entgegenzusetzen und ist es dem BF in einer Gesamtschau daher nicht gelungen, darzulegen, dass ihm zum Schutz des Privat- und Familienlebens ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen sei. Diesbezüglich wird auch auf die detaillierten Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung unter Punkt 3.3.4. verwiesen. Die in der Beschwerde dargelegten Integrationsbemühungen wurden vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigt.

 

Die Angaben zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

 

2.2.4. Die Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. dessen Fluchtgründen und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und in den Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, den getroffenen Länderfeststellungen sowie auf den Ausführungen in der Beschwerde.

 

Die Feststellung zum Nichtvorliegen einer asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen Gefährdung des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus dem seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes als unglaubwürdig oder nicht asylrelevant erachteten Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich einer Verfolgung sowie andererseits aus den detaillierten, umfangreichen und aktuellen Länderfeststellungen zur Lage im Libanon.

 

Hinweise auf asylrelevante die Person des Beschwerdeführers betreffende Bedrohungssituationen konnte dieser nicht glaubhaft machen.

 

2.2.4.1. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basiert auf einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Das Bundesamt hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinandergesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht.

 

Das Bundesamt legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem BF nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen bezüglich einer Verfolgung und Bedrohung während eines Aufenthaltes in Syrien glaubhaft zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den beweiswürdigenden Argumenten der belangten Behörde an.

 

2.2.4.2. Bezüglich des Vorbringens in Zusammenhang mit einem Aufenthalt in Syrien samt einer in Kopie vorgelegten syrischen Meldebestätigung und eines in Kopie vorgelegten Fahndungsschreibens/ einer Todesliste des Islamischen Staates, hat das BFA in trefflicher Weise ausgeführt, dass diese Ausführungen des BF aufgrund der von der Österreichischen Botschaft Beirut - auf ein entsprechendes Ersuchen der belangten Behörde - übermittelten Unterlagen zur Erlangung eines Schengen-Visums (AS 325 ff) als nicht glaubhaft zu qualifizieren waren. Dass sich der BF eines erdachten Konstruktes zur Erlangung von Asyl bedient, zeigt sich bereits daran, dass sich die leiblichen Eltern des BF Ende August 2014 noch im Libanon am Leben befanden. Entgegen den Schilderungen des BF, wonach sein Vater etwa Mitte August 2014 verschollen und seine Mutter bereits in seiner frühesten Kindheit verstorben sei, unterfertigten beide Personen noch am 26.08.2014 eine Reiseerlaubnis für den BF (AS 347). Besonders hervorzuheben ist zudem, dass sich, zumal der BF eine entsprechende Adresse anführte (AS 351), aus dem Antrag des BF auf Erteilung eines Schengen-Visums ergibt, dass dieser zuletzt in XXXX im Libanon wohnte, was wiederum gegen die Schilderungen des BF bezüglich eines Aufenthaltes in Syrien und die damit behaupteten Schwierigkeiten spricht.

 

Somit steht eindeutig fest, dass es sich hierbei, um eine konstruierte, nicht tatsächlich erlebte Fluchtgeschichte des BF handelt.

 

An dem bereits Gesagten vermag auch die vom Beschwerdeführer vorgelegte Kopie einer syrischen Meldebestätigung und eines Fahndungsschreibens des Islamischen Staates (AS 193, 194) nichts zu ändern. Da der Beschwerdeführer diese Unterlagen nur in einer Kopie und nicht im Original vorlegte, war eine Überprüfung auf ihre Echtheit ohnehin nicht möglich. Bereits aus diesem Grund muss ihre Beweiskraft als äußerst gering eingeschätzt werden und vermögen diese Unterlagen daher den zuvor aufgezeigten Schlussfolgerungen nichts entgegenzusetzen.

 

Angesichts dieser Erwägungen gelangte das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie bereits das BFA zur Überzeugung, dass der Beschwerdeführer eine asylrelevante Verfolgung nicht glaubhaft machen konnte und der BF den Libanon lediglich aufgrund der schwierigen Lage zur Verbesserung seiner persönlichen bzw. wirtschaftlichen Situation, insbesondere aufgrund der schwierigen Arbeitsmarktsituation und der Aktivitäten der Terrororganisationen, verlassen hat.

 

Insoweit es dem BF auch im Rechtsmittelschriftsatz nicht möglich war, eine schlüssige und plausible Erklärung bezüglich seiner widersprüchlichen Angaben vor der belangten Behörde und der Österreichischen Botschaft Beirut zu treffen, bestand auch für die erkennende Richterin im Ergebnis kein Anlass von den Überlegungen des BFA abzugehen.

 

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass der BF dazu tendiert seine bisherigen persönlichen Erfahrungen im Herkunftsstaat aus verfahrenstaktischen Gründen nicht den Tatsachen entsprechend bzw. verfälscht oder übersteigert negativ darzustellen, um dadurch einen Aufenthaltstitel über das Asylverfahren zu erlangen.

 

Dass der Beschwerdeführer den Libanon allenfalls fluchtartig aus Furcht vor Verfolgung verlassen hätte müssen, wurde nicht behauptet und ist auch sonst nicht einmal ansatzweise hervorgekommen.

 

Die Feststellungen betreffend Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Libanon und betreffend Nichtvorliegen einer Verfolgungsgefahr oder anderer zu berücksichtigenden Rückkehrhindernisse beruhen abschließend darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend substantiiert getätigt hat, denen zufolge eine (rechtliche oder tatsächliche) Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit der Rückkehr in den Libanon anzunehmen gewesen wäre.

 

2.2.4.3. Die seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

 

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,

5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".

 

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegenzutreten.

 

2.2.4.4. Wenn der Beschwerdeführer das durchgeführte Ermittlungsverfahren bemängelt, ist diesbezüglich anzumerken, dass die Protokolle der Einvernahmen vor dem BFA den Eindruck vermitteln, dass der zuständige Organwalter den Beschwerdeführer ausführlich und objektiv zu seinem behaupteten Herkunftsstaat und seinem Fluchtvorbringen befragt und ihn mit entscheidungswesentlichen Fragen konfrontiert hat. Bei Betrachtung der gegenständlichen Niederschriften kann dieser Vorwurf daher nicht nachvollzogen werden. Die Asylbehörde hat die materielle Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Hierbei kann oftmals nur auf eine genaue Befragung des Asylwerbers zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Fragestellung lassen sich aber keine Besonderheiten feststellen und bei genauer Betrachtung hinterlassen die Niederschriften den Eindruck, dass sie den konkreten Verlauf wiedergeben. Den Niederschriften ist weiters nicht zu entnehmen, dass der BF während der Einvernahmen diese Beanstandung kundtat, was aber seiner Mitwirkungsverpflichtung entsprochen hätte. Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass der BF am Ende der zuletzt erfolgten Einvernahme vor dem BFA am 05.09.2018 nach der Rückübersetzung der Niederschrift keine Einwendungen gegen die Niederschrift vorbrachte. Des Weiteren bestätigte der BF, dass er den Dolmetscher einwandfrei verstanden habe.

 

Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des Asylverfahrens umfassend niederschriftlich vom BFA einvernommen, wobei er in diesen Einvernahmen die Gelegenheit hatte, sich zu seinen Verfolgungsgründen und Rückkehrbefürchtungen zu äußern. Das BFA beließ es dabei nicht bei offenen Fragen, sondern versuchte auch durch konkrete Fragestellung den Grund seiner Furcht und zu erwartende Rückkehrprobleme zu erhellen, was nach Ansicht der erkennenden Richterin auch hinreichend geschehen ist. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).

 

Die Behörde ist auch im Rahmen der Refoulementprüfung nur in dem Umfang zu amtswegigen Ermittlungen verhalten, in dem ein ausreichend konkretes, eine maßgebliche Bedrohung aufzeigendes Vorbringen erstattet wird, nicht aber zur Prüfung, ob die Partei denkbarerweise irgendwelchen Gefährdungen ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 19.11.2002, 2002/21/0185, 3.9.1997, 96/01/0474, 30.9.1997, 96/01/0205).

 

2.2.4.5. Sofern in der Beschwerde zum Ausdruck gebracht wird, dass es konkreterer Fragestellungen bedurft hätte, um den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen, ist dahingehend auszuführen, dass es grundsätzlich dem Asylwerber zukommt, dass dieser die Gründe seiner Furcht vor Verfolgung konkret und substantiiert vorbringen konnte (VwGH 21.11.1996, Zahl 95/20/0334). Dem Antragsteller wurde im vorliegenden Fall im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen ausreichend Gelegenheit eingeräumt, alle für die Entscheidung wesentlichen Umstände anzuführen. Dem BF wurde insgesamt zweieinhalb Stunden Zeit geboten, seine Fluchtgründe ausführlich darzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Ansicht, dass es dem Asylwerber obliegt alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (VwGH 20.1.1993, 92/01/0752; 19.5.1994, 94/19/0465 mwN.) und das BFA ist nicht verpflichtet den Antragsteller derart anzuleiten, dass sein Antrag von Erfolg gekrönt sein muss. Dieses Vorbringen in der Beschwerde ist im Ergebnis nicht dergestalt um damit der Beweiswürdigung des BFA konkret und substantiiert entgegen zu treten, weshalb auch keine Verpflichtung zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens besteht. Eine Verletzung der Ermittlungspflichten kann aus diesem Grund nicht festgestellt werden, vielmehr wurde der BF auch ausdrücklich auf seine Mitwirkungspflicht und auf die Folgen einer allfälligen Verletzung dieser Pflicht hingewiesen, was ihn aber scheinbar unbeeindruckt ließ.

 

2.2.4.6. Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass sich das BFA nicht ausreichend mit den konkreten Länderfeststellungen zum Libanon bezüglich der dort aktiven Terrororganisationen und sich insoweit auch nicht adäquat mit dem persönlichen Vorbringen des BF auseinandergesetzt habe, so ist dem zu entgegnen, dass weder vom BFA noch von der erkennenden Richterin in Abrede gestellt wird, dass verschiedene Terrororganisationen bzw. kriminelle Organisationen im Libanon aktiv sind. Dennoch lässt sich allein aus diesem Umstand - wie in der rechtlichen Beurteilung näher auszuführen sein wird - keine Asylrelevanz des Vorbringens des BF ableiten.

 

2.2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:

 

2.2.5.1. Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid bzw. Erkenntnis angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Aktualität der Länderfeststellungen in der Beschwerdeschrift auch nicht thematisiert wurde.

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen. Zur Vollständigkeit ist darauf hinzuweisen, dass bei Betrachtung der aktuellen Lageberichte nicht erkannt werden kann, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr bzw. einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre oder für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Aus den diesem Verfahren zu Grunde gelegten Feststellungen ergibt sich zwar, dass sich die aktuelle Sicherheitslage wie auch die Menschenrechtssituation im Libanon angespannt darstellt. Die Situation im Libanon ist aber nicht derart, um von einer "realen Gefahr" einer Verletzung von Art. 2 EMRK oder Art. 3 EMRK ausgehen zu müssen. Weiters ergibt sich aus den Feststellungen, dass im Libanon kein Bürgerkrieg herrscht. Ferner ist die Grundversorgung grundsätzlich gewährleistet. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern. Dass dem Beschwerdeführer aufgrund sonstiger Umstände (schwere Erkrankung, sonstige besondere Vulnerabilität) die Gründung einer neuen Existenz im Libanon nicht möglich wäre, ergibt sich aus den Feststellungen ebenfalls nicht. Der Beschwerdeführer konnte sohin auch in der Beschwerde keine Berichte vorlegen oder namhaft machen, die der grundsätzlichen Lageeinschätzung des BFA entgegenstehen würden.

 

Das Bundesverwaltungsgericht geht zwar davon aus, dass die Sicherheitslage im Libanon instabil ist und der Libanon mit einer nicht unerheblichen terroristischen Bedrohung konfrontiert ist. Von einer allgemeinen, das Leben eines jeden Bürgers betreffenden, Gefährdungssituation im Sinne des Art. 3 EMRK ist allerdings nicht auszugehen. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Sicherheitslage im Libanon in manchen Bereichen prekär ist. Ein lückenloser Schutz ist im Libanon aber ebenso wie in allen anderen Ländern der Erde nicht möglich. Vor Terroranschlägen radikaler Gruppen ist man nirgends auf der Welt sicher.

 

2.2.5.2. Das Bundesamt ist als Spezialbehörde (Erk. d. VwGHs vom 11.11.1998, GZ. 98/01/0283, 12.5.1999, GZ. 98/01/0365, 6.7.1999, GZ. 98/01/0602) verpflichtet, sich aufgrund aktuellen Berichtsmaterials ein Bild über die Lage in den Herkunftsstaaten der Asylwerber zu verschaffen. Selbiges gilt für das Bundesverwaltungsgericht. In Ländern mit besonders hoher Berichtsdichte, wozu der Libanon zweifelsfrei zu zählen ist, liegt es in der Natur der Sache, dass selbst eine Spezialbehörde nicht sämtliches existierendes Quellenmaterial verwenden kann, da dies ins Uferlose ausarten würde und den Fortgang der Verfahren zum Erliegen bringen würde. Vielmehr wird den oa. Anforderungen schon dann entsprochen, wenn es einen repräsentativen Querschnitt des vorhandenen Quellenmaterials zur Entscheidungsfindung heranzieht. Die der Entscheidung zu Grunde gelegten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers können somit zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben, jedoch als so umfassend qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann, weshalb gemäß hg. Ansicht nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation des Beschwerdeführers unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu § 52 AVG). Die vom BFA getroffene Auswahl des Quellenmaterials ist aus diesem Grunde daher ebenso wenig zu beanstanden.

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

2.2.6. Insoweit das Bundesamt dem BF das Parteiengehör versagt haben mag, ist gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 27.02.2003, Zl. 2000/18/0040) eine solche Verletzung des Parteiengehörs jedenfalls saniert, wenn im Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens dargelegt werden und die Partei die Möglichkeit hat, in ihrer Beschwerde dagegen Stellung zu nehmen - Voraussetzung einer solchen Sanierung ist aber, dass in der verwaltungsbehördlichen Bescheidbegründung tatsächlich alle Beweisergebnisse dargelegt werden, da ansonsten die Berufungsbehörde das Parteiengehör einräumen müsste (VwGH 25.03.2004, Zl. 2003/07/0062). Diese Anforderungen an den Bescheid des BFA sind erfüllt, eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs ist daher durch die Stellungnahmemöglichkeit in der Beschwerde als saniert anzusehen.

 

2.2.7. Was die in der Beschwerdeschrift seitens der rechtsfreundlichen Vertretung beantragte Einvernahme des BF und mehrerer Zeugen (Lebensgefährtin des Halbbruders, zwei Schulfreundinnen und die Vermieterin/Freundin/Unterstützerin des BF) betrifft, so ist auszuführen, dass sich der vorliegende Sachverhalt für das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Frage eines Privatlebens und der Integration in Österreich - etwa bezüglich der Freundschaften und der Deutschkenntnisse des BF - als hinreichend geklärt darstellt und keine weitere Beweisaufnahme erforderlich ist.

 

Insoweit die rechtsfreundliche Vertretung zudem in der Beschwerde namentlich weitere Personen anführt, mit denen der BF Freundschaften pflegt (AS 460), ist nochmals darauf hinzuweisen, dass diese freundschaftlichen Beziehungen vom Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigt wurden.

 

2.2.8. Der Beschwerdeführer beantragte in seiner Beschwerdeschrift eine mündliche Verhandlung bzw. persönliche Einvernahme. Hierbei wurde aber nicht angeführt, was bei einer weiteren - persönlichen Einvernahme im Asylverfahren - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (z.B. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der Beweiswürdigung des BFA, der sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt, nicht substantiiert entgegengetreten wird.

 

2.2.9. Der Beschwerdeschriftsatz enthält im Übrigen keine konkreten Ausführungen, die zu einer anders lautenden Entscheidung führen könnten und vermag daher die erkennende Richterin auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

2.3. Lediglich ergänzend ist - obzwar es sich beim BF und seinen Halbgeschwistern um keine Familienangehörigen im Sinne der Bestimmungen der §§ 2 und 34 AsylG handelt und folglich eine Anwendung von § 34 Absatz 4 AsylG vorweg bereits ausscheidet - auf die jüngst ergangene Judikatur des VwGH v. 15.11.2018, Ro 2018/19/0004, zu verweisen (siehe dazu insbesondere auch die Entscheidung des VfGH vom 07.03.2019, E 5157/2018-13), wonach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 dahingehend auszulegen ist, dass eine gemeinsame Führung der Verfahren nur dann zu erfolgen hat, wenn diese gleichzeitig beim BFA oder gleichzeitig im Beschwerdeverfahren beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sind. Umsomehr ist folglich eine Trennung der Verfahren zulässig, wenn es sich - wie im gegenständlichen Fall - um keine Familienangehörigen im Sinne der Bestimmungen der §§ 2 und 34 AsylG handelt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) (Spruchpunkt I)

 

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

 

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit, Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

 

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

 

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

 

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).

 

3.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richterin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

 

Der Beschwerdeführer vermochte nämlich keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen bzw. darzutun (vgl. Punkt 2 ff des gegenständlichen Erkenntnisses).

 

3.1.3. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - und diesem folgend - die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers insgesamt keine maßgebliche Bedrohung seiner Person im Libanon ableiten kann. Dies auch in Anbetracht des Umstandes, dass der BF im Libanon niemals direkte Konfrontationen zu gewärtigen hatte und aus den Schilderungen jedenfalls keine unmittelbare Bedrohung des Beschwerdeführers zu erkennen ist, wobei den herangezogenen Länderfeststellungen bezüglich einer Rückkehr auch entnommen werden kann, dass wenngleich durchaus ein gewisser sozialer Druck innerhalb schiitischer Familien gegeben sein kann, sich der Hisbollah anzuschließen, Rekrutierungen durch die Hisbollah auf Freiwilligkeit beruhen. Fälle von "Zwangsrekrutierung" sind nicht bekannt.

 

Es bleibt insoweit festzuhalten, dass keine die individuelle Situation des Beschwerdeführers betreffender Sachverhalt aufgezeigt wird. Der Beschwerdeführer hat demnach im Rückkehrfall mit keiner über die allgemeinen Gefahren der im Libanon gebietsweise herrschenden schlechten Sicherheitssituation hinausgehenden maßgeblichen Bedrohung zu rechnen. Insoweit letztlich jeder Asylantrag im Einzelnen einer speziellen, konkreten und individuellen Prüfung zu unterziehen ist, ist nun den Angaben des Beschwerdeführers eine individuelle ihn betreffende Bedrohung nicht zu entnehmen.

 

Das Asylrecht schützt Personen, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen wird. In diesem Sinne gilt als Verfolgung zielgerichtetes Handeln des Heimatstaates, das sich direkt gegen den einzelnen wendet und in dessen Leib, Leben, Freiheit oder psychische Integrität eingreift. Nicht als Verfolgung gilt aber ein Nachteil, der sich aus der allgemeinen Situation ergibt. Nachteile, welche auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar.

 

Eine Kriegssituation oder eine allgemein schlechte Situation bzw. Unruhen im Heimatstaat indizieren nach der ständigen Rechtsprechung, aber auch nach der Auslegung, die die Genfer Flüchtlingskonvention in anderen Staaten und auf internationaler Ebene gefunden hat, für sich allein nicht die Flüchtlingseigenschaft.

 

Das Asylrecht hat nicht die Aufgabe, vor den allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die aus Krieg, Bürgerkrieg, Revolution und sonstigen Unruhen hervorgehen.

 

Wesentlich für den Flüchtlingsbegriff ist die Furcht vor einer gegen den Asylwerber selbst konkret gerichteten Verfolgungshandlung, nicht die Tatsache, dass es Kämpfe zwischen verschiedenen Gruppen im Heimatstaat des BF gibt.

 

Besondere Umstände, dass die Vertreter staatlicher bzw. quasi-staatlich agierender Autoritäten, ein individuell sich gegen die Person des Antragstellers richtendes Interesse an einer Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe gehabt hätten, konnten nicht glaubhaft gemacht werden.

 

Voraussetzung für eine Asylgewährung sind jedoch konkret gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen oder zumindest die wohlbegründete Furcht vor solchen (vgl. Erk. des VwGH v. 17.02.1994, Zl.94/19/0774). Derartiges hat der Beschwerdeführer aber nicht glaubhaft vorgebracht.

 

3.1.4. Was den Wunsch nach Arbeit/ besseren Verdienstmöglichkeiten in Österreich bzw. die angesprochene Flucht aus der Armut betrifft (AS 314, 457), ist wie folgt auszuführen:

 

Der geltend gemachte Wunsch nach Arbeitsaufnahme bzw. nach einer besseren Zukunft in Österreich weist keinen GFK-Konnex auf.

 

Der Beschwerdeführer nahm mit diesem Vorbringen auf keinen in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Grund Bezug. Dies kann insoweit nicht zu einer Asylgewährung führen, setzt eine solche doch konkrete gegen den Asylwerber gerichtete Verfolgung oder Furcht vor Verfolgung voraus. Nachteile, die auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar und sind auch, da eine Existenzbedrohung, respektive wirtschaftliche Nachteile nicht basierend auf den Gründen der GFK vorgebracht wurde, nicht asylrelevant; derartiges (mangelnde Lebensgrundlage) wäre ausschließlich unter Spruchpunkt II. zu prüfen.

 

Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ist zusätzlich auszuführen, dass unter Berücksichtigung der vom Bundesamt getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen seiner Volksgruppe oder Religionsgemeinschaft festgestellt werden kann. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage im Libanon ergeben würde.

 

3.1.5. Sofern zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Schiiten im Libanon (Gesamtbevölkerung 6,2 Millionen) generell verfolgt werden würden (etwa 1,37 Millionen Schiiten im Jahr 1996 ), ist auszuführen, dass laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen oder religiösen Gruppe allein keinen Grund für die Asylanerkennung darstellt, sofern nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Darüber hinaus kann auch den vorliegenden Länderinformationen nicht entnommen werden, dass Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Schiiten allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Auch der Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Angehörigen der Glaubensgemeinschaft der Schiiten handelt, bewirkt sohin für sich allein nicht, dass ihm Asyl zu gewähren wäre, weil sich aus den getroffenen Länderfeststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige seiner Religion schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt wären.

 

3.1.6. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass libanesische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

 

3.1.7. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des BFA abzuweisen.

 

3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon

 

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (Abs 3 leg cit).

 

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

 

3.2.2. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Gefährdung noch einer sonstigen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK bedeuten würde. Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich, auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.

 

Der Beschwerdeführer hat weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG darstellen könnte.

 

Im Libanon erfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.

 

Im Rahmen der bei Beurteilung des subsidiären Schutzes auch vorzunehmenden Prüfung, ob der Antragsteller einer "ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" ausgesetzt wäre (Art. 15 Buchst. c Status-RL) ist nicht gefordert, dass der Antragsteller beweist, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH 17.02.2009, Rs. C-465/07 , Elgafaji, Rn 45).

 

Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine ihn konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. keine sonstigen für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe glaubhaft vorgebracht. Es kann angesichts der Feststellungen auch sonst nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass ihn im Libanon eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität oder eine sonstige relevante (allgemeine oder individuelle) Bedrohung oder Gefährdung erwarten würde.

 

Soweit es zwischenzeitig vor dem Hintergrund der allgemein bekannten Ereignisse in Syrien zu punktuellen Veränderungen der Lage im Libanon gekommen ist, war als notorisch festzustellen, dass sich diese zum einen als Einzelereignisse und regional begrenzt darstellen und dass zum anderen der Beschwerdeführer selbst aus der Stadt XXXX rund XXXX Kilometer südlich von Beirut stammt, für die im Speziellen aktuell auch keine gravierenden Auswirkungen der Ereignisse in Syrien bekannt sind und auch nicht aus den hg. länderkundlichen Feststellungen abgeleitet werden können (vgl. dazu auch die Ausführungen zu Thematik Sicherheitslage auf S. 18 bis S. 22 des bekämpften Bescheides), die für die Gewährung subsidiären Schutzes relevant wären. Aus diesen Feststellungen resultiert folgerichtig auch, dass das reale Risiko einer gravierenden Verletzung der Rechtssphäre des Beschwerdeführers aufgrund der aktuellen Ereignisse in der Region als nicht wahrscheinlich anzusehen ist.

 

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen daher nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

 

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137-14 zur Frage der Zuerkennung von subsidiärem Schutz, in welchem sich der VwGH mit der Frage einer Rückkehrgefährdung iSd Art. 3 EMRK aufgrund der bloßen allgemeinen Lage (hier: Irak), insbesondere wegen wiederkehrenden Anschlägen und zum anderen einer solchen wegen - kumulativ mit der allgemeinen Lage - zu berücksichtigenden individuellen Faktoren, befasst hat und die Revision gegen das Erkenntnis des BVwG als unbegründet abgewiesen wurde.

 

Es ist unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation (gesunder junger Mann mit sozialem Netz durch seine Familienangehörigen im Libanon; mehrjährige Schulausbildung und Sprachkenntnisse in Arabisch) nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung im Libanon, auch an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen des Libanon, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Es wäre dem Beschwerdeführer letztlich auch zumutbar, durch eigene und notfalls wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandte, sonstige ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können.

 

Es gibt auch keine entsprechenden Hinweise darauf, dass eine existenzielle Bedrohung des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Versorgung und Sicherheit im Libanon gegeben ist.

 

Im Fall des erwachsenen Beschwerdeführers kann bei einer Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden, dass er im Fall einer Rückkehr in den Libanon gegenwärtig einer spürbar stärkeren, besonderen Gefährdung ausgesetzt wäre. Ein Teil seiner Familie, etwa seine Eltern, lebt nach wie vor im Libanon und ist somit ein soziales Netz gegeben, in welches er bei seiner Rückkehr wieder Aufnahme finden wird. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Libanon völlig allein und ohne jede soziale Unterstützung wäre. Es sind zudem keine Gründe ersichtlich, warum er als Erwachsener nicht selbst im Libanon einer Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte. Er ist im Libanon etwa bis zum Alter von 14 Jahren aufgewachsen, hat dort die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht, wurde dort sozialisiert und es kam nicht hervor, dass er im Libanon keine familiären und privaten Anknüpfungspunkte mehr hat. Seine Eltern leben nach wie vor im Libanon und ist für seine Versorgung im Falle der Rückkehr in den Libanon gesorgt. Ergänzend ist abermals darauf hinzuweisen, dass die Stiefmutter des Beschwerdeführers, mit welcher der BF gemeinsam nach Österreich gereist ist, am 22.07.2015 unter Gewährung von Rückkehrhilfe freiwillig in den Libanon zurückgekehrt ist, was ebenso gegen eine Gefährdung des BF im Libanon spricht, andernfalls wohl auch seine Stiefmutter nicht freiwillig zurückgekehrt wäre.

 

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.

 

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichte, welcher im Libanon mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

 

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. Ebenso betreffen die festgestellten Problemfelder zu einem erheblichen Teil Bereiche, von denen der Beschwerdeführer nicht betroffen ist.

 

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalts abgeleitet werden.

 

Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

 

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen.

 

3.3. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 57 AsylG sowie § 52 FPG):

 

3.3.1. Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

3.3.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

3.3.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit etwa Mitte Oktober 2014 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

 

3.3.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

3.3.3.1. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger des Libanon kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

 

3.3.4. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

3.3.4.1. Zwei Halbgeschwister sowie fünf Neffen und Nichten des Beschwerdeführers, welche sich im laufenden beim BFA anhängigen Asylverfahren befinden, sind in Österreich vorübergehend aufgrund deren Asylverfahren zum Aufenthalt berechtigt. Das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer, seinen Halbgeschwistern und fünf Neffen/Nichten ist nicht als Familienleben iSd Art. 8 EMRK zu qualifizieren, weshalb insofern ein Eingriff in den Schutzbereich dieses Grundrechts zu verneinen ist: Wie festgestellt, lebt der Beschwerdeführer zwar mit seinem Halbbruder in einer gemeinsamen Unterkunft. Zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Halbbruder und zwischen dem BF und seiner Halbschwester sowie deren fünf minderjährigen Kindern besteht jedoch kein ein- oder wechselseitiges - finanzielles - Abhängigkeitsverhältnis. Die Beziehung dieser Personen zeichnet sich schließlich nicht durch eine besonders enge Bindung aus. Hinsichtlich der Halbgeschwister und fünf Neffen/Nichten des BF tritt zudem noch hinzu, dass diese ebenfalls Asylwerber sind und deren Asylanträge bereits einmal jeweils mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Anfang 2015 in vollem Umfang abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Wiewohl derzeit - nach Zurückverweisung der Angelegenheit - deren Asylverfahren wieder vor der belangten Behörde anhängig sind, kann demnach nicht auf einen gesicherten dauernden Aufenthalt dieser Personen im Bundesgebiet geschlossen werden. Der weitere Verbleib der Verwandten des Beschwerdeführers im Bundesgebiet ist vielmehr als unsicher anzusehen.

 

Eine mögliche Trennung des Beschwerdeführers von diesen Personen ist dessen ungeachtet unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffes in das Recht des Beschwerdeführers auf ein Privatleben zu berücksichtigen und bei der nachstehenden Abwägung einzubeziehen.

 

Sohin blieb zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf ein Privatleben in Österreich darstellt.

 

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008,

 

Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

 

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

 

Die bisherige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers beträgt seit Oktober 2014 etwas mehr als viereinhalb Jahre, womit diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch relativ kurz ist, um bereits jetzt von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration zu sprechen. Einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren kommt ohne dem Dazutreten weiterer maßgeblicher Umstände nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zu (VwGH 15.03.2016, Zl. Ra 2016/19/0031 mwN). Dass das Asylverfahren in Österreich, welches ab Mitte Oktober 2014 Grundlage für den hiesigen Aufenthalt des BF gewesen war, rund viereinhalb Jahre bis zur nunmehrigen Entscheidung andauerte, kann dem BF nicht angelastet werden; es handelt sich um keine Folgeantragsstellung. In Anbetracht des Umstandes, dass der Antrag auf internationalen Schutz unbegründet war und er versuchte diesen mit einem teilweise nicht glaubhaften Sachverhalt zu begründen, sind jedoch gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine aufenthaltsbeendende Rückkehrentscheidung sprechen. Diese Interessen überwiegen in ihrer Gesamtheit das private Interesse des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib, selbst wenn er im Bundesgebiet über zwei Halbgeschwister und fünf Neffen/Nichten sowie zahlreiche soziale Kontakte bzw. Freundschaften verfügt, er einen Deutschkurs besuchte und alltagstaugliche Deutschkenntnisse erlangt hat, im Schuljahr 2016/17 eine einjährige Fachschule für wirtschaftliche Berufe und von 30.01.2018 bis 29.06.2018 die Klasse 1a einer Landwirtschaftlichen Fachschule besuchte sowie derzeit an einer Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt eine Abendschule für Berufstätige (Vorbereitungslehrgang Elektrotechnik) besucht, einen 16stündigen Erste-Hilfe-Kurs und ein einmonatiges Ferialpraktikum in einem Pflege- und Betreuungszentrum absolvierte, am 27.04.2018 bei der Jahreshauptversammlung des XXXX die Technik bediente, sein zukünftiges Leben hier gestalten will und ihm die Dauer des Verfahrens nicht zuzurechnen ist. Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN). Der Beschwerdeführer reiste im Oktober 2014 in das Bundesgebiet ein und am 12.02.2015 erging der erste abweisende Bescheid des BFA. Der Beschwerdeführer durfte daher gemäß der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz rund vier Monate nach seiner Einreise seinen zukünftigen Aufenthalt nicht mehr als gesichert betrachten und nicht mehr darauf vertrauen, in Zukunft in Österreich verbleiben zu können (vgl. VwGH 29.04.2010, 2010/21/0085).

 

Der Beschwerdeführer verfügt - etwa auch durch ein Unterstützungsschreiben belegt - über zahlreiche soziale Kontakte. Der Beschwerdeführer lebt somit in seinem unmittelbaren Lebensumfeld nicht in sozialer Isolation. Jedoch ist hierbei auch festzuhalten, dass allein daraus nicht auf eine hinreichende Integration geschlossen werden kann, zumal zu dem von Dr. XXXX verfassten Referenzschreiben anzumerken ist, dass die sonstigen Gefertigten mehrheitlich keine sichtlich unmittelbare persönliche Bindung zum BF unterhalten, sondern es sich allenfalls um Personen handelt, welche sich im nahen Lebensumfeld des BF befinden und sie einen "Vordruck" unterfertigten, ohne eine persönliche Bemerkung zum Aufenthalt des BF abzugeben. Zwar kommt diesem Umstand im Rahmen der Interessensabwägung eine gewisse Bedeutung zu, dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass diese Freundschaften und Bekanntschaften erst während des unsicheren Aufenthalts entstanden sind und macht er hiermit keine Umstände geltend, die seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet maßgeblich verstärken könnten (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 26. November 2009, Zl. 2007/18/0311).

 

Soweit der BF über private Bindungen in Österreich verfügt, ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in den Libanon gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der BF hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es dem Beschwerdeführer - zumal über ihn (soweit ersichtlich) auch kein Rückkehrverbot verhängt wurde - bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (vgl. ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 861, mwN).

 

Der BF übt in Österreich keine erlaubte Beschäftigung aus, ist nicht selbsterhaltungsfähig und befindet sich in der Grundversorgung. Er konnte keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen. Was zwischenzeitlich erworbene Deutschkenntnisse - der Beschwerdeführer ist jedenfalls in der Lage, auf elementarer Ebene in einfachen, routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens auf Deutsch zu kommunizieren - betrifft, so sei in diesem Zusammenhang auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Mag der BF auch einen 16stündigen Erste-Hilfe-Kurs und ein einmonatiges Ferialpraktikum in einem Pflege- und Betreuungszentrum absolviert sowie am 27.04.2018 bei der Jahreshauptversammlung des XXXX die Technik bedient haben, so ist dem Akteninhalt jedenfalls auch nicht entnehmbar, dass der BF aktuell Mitglied in einem ehrenamtlichen Verein ist oder sich karitativ betätigt.

 

Der persönliche und familiäre Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers liegt im Libanon, wo seine Eltern und die Mutter seiner Halbgeschwister leben und er somit über ein soziales Netz verfügt, zumal der BF in Bezug auf sein Lebensalter erst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig ist und kann auch aufgrund der nicht übermäßig langen Abwesenheit (etwa viereinhalb Jahre) aus seinem Heimatland Libanon nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine völlige Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat und somit bestehen nach wie vor Bindungen des BF zum Libanon.

 

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

 

Ergänzend darf auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach trotz dreijährigem Aufenthalt und weitreichender Integrationsschritte (hervorragende Deutschkenntnisse, Hauptschulabschluss, Besuch einer HTL, österreichischer Freundeskreis, österreichische Freundin) die Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens zurücktreten müssen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012).

 

Im Besonderen ist hier ferner auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt;

Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft;

Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich;

Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse;

Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt;

selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse;

Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt;

Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; perfekte Deutschkenntnisse;

Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen;

Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit;

Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage;

eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).

 

Darüber hinaus sind keine weiteren maßgeblichen Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass dem Recht auf Familien- und Privatleben des BF in Österreich im Verhältnis zu den legitimen öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung eine überwiegende und damit vorrangige Bedeutung zukommen würde.

 

Es wurde auch in der Beschwerde der rechtsfreundlichen Vertretung vom 15.02.2019 kein anderweitiger und relevanter Sachverhalt betreffend Privat- und Familienleben geltend gemacht. Auch wurde dies nicht etwa im Rahmen einer Beschwerdeergänzung dargelegt.

 

Dazu wäre der BF, welcher im Beschwerdeverfahren auch rechstfreundlich vertreten ist, bei geänderten Umständen aber gegebenenfalls im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht verhalten, sind doch gerade dem persönlichen Bereich des BF zugehörige Sachverhalte, wie etwa private und familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich, für die Behörde [das Gericht] nicht ohne entsprechendes Vorbringen erkennbar (vgl. VwGH 30.1.2001, 2000/18/0001; VwGH 14.2.2002, 99/18/0199; 24.4.2001, 98/21/0399) und hat die Glaubhaftmachung im Wesentlichen auch durch entsprechende Bescheinigungsmittel, z.B. Bescheinigungen über den Abschluss von Deutschprüfungen, Heiratsurkunde, Beschäftigungsnachweis oder konkrete Beweisanbote etc. zu erfolgen, da idR eine bloße Behauptung zur Glaubhaftmachung im Asylverfahren nicht ausreicht.

 

Durch die im Asylverfahren erfolgte Belehrung über die Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren, die einschlägigen Fragestellungen in den Einvernahmen, der Begründung des Bescheides des BFA, ist für den BF deutlich erkennbar, dass solche, alleine in seiner persönlichen Sphäre liegenden Punkte, für die Entscheidung im Asylverfahren von Relevanz sind. Die Verpflichtung des BF zur initiativen Mitteilung bzw. zum entsprechenden Nachweis an das Bundesverwaltungsgericht ist etwa auch aus § 15 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 abzuleiten, wonach der Asylwerber für das Verfahren relevante Unterlagen, soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, dem BVwG "unverzüglich" zu übergeben hat.

 

Der BF hat bis zum Entscheidungszeitpunkt keine Änderung von relevanten Umständen in Bezug auf seine privaten und familiären Anknüpfungspunkte mitgeteilt.

 

Das Gericht war daher diesbezüglich zu keinem ergänzenden Ermittlungsverfahren verpflichtet und kann das Bundesverwaltungsgericht aus dem Verschweigen des BF vertretbar schließen, dass es seit der Beschwerdeeinbringung keine relevante Änderung hinsichtlich seiner privaten und familiären Anknüpfungspunkte in Österreich gibt.

 

Auch der Verfassungsgerichtshof erblickte in einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen kosovarischen (ehemaligen) Asylwerber keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl dieser im Laufe seines rund achtjährigen Aufenthaltes seine Integration u.a. durch gute Kenntnisse der deutschen Sprache, Besuch von Volkshochschulkursen in den Fachbereichen Rechnen, Computer, Deutsch, Englisch, Engagement in einem kirchlichen Verein, erfolgreiche Kursbesuche des Ausbildungszentrums des Wiener Roten Kreuzes und ehrenamtliche Mitarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz sowie durch die Vorlage einer bedingten Einstellungszusage eines Bauunternehmers unter Beweis stellen konnte (VfGH 22.09.2011, U 1782/11-3, vgl. ähnlich auch VfGH 26.09.2011, U 1796/11-3).

 

Letztlich ist die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes der beschwerdeführenden Partei in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist, zu verneinen. In seiner Entscheidung vom 20.12.2018, Ra 2018/21/0213, erachtete der Verwaltungsgerichtshof einen Zeitraum von acht Jahren zwischen der erstmaligen erstinstanzlichen Aberkennung des Status des Asylberechtigten in Verbindung mit der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der verfahrensgegenständlichen Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme durch das Bundesverwaltungsgericht als außerordentlich lange Verfahrensdauer iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG.

 

Im gegenständlichen Verfahren liegen zwischen der Antragstellung durch den Beschwerdeführer und der nunmehrigen Entscheidung durch die belangte Behörde etwa vier Jahre und drei Monate. Von der Vorlage der Beschwerde bis zur Entscheidung durch das Verwaltungsgericht vergingen rund zweieinhalb Monate.

 

Zu berücksichtigen ist außerdem, dass, wie der Verwaltungsgerichthof anerkannt hat, die im Jahr 2015 einsetzende extrem hohe Zahl an Verfahren für die belangte Behörde - ungeachtet der vom Bund getroffenen bzw. weiterhin zu treffenden personellen Maßnahmen zur Verfahrensbewältigung - sohin unzweifelhaft eine extreme Belastungssituation darstellt, die sich in ihrer Exzeptionalität von sonst allenfalls bei (anderen) Behörden auftretenden, herkömmlichen Überlastungszuständen ihrem Wesen nach, und sohin grundlegend, unterscheidet. Für den Verwaltungsgerichtshof ist es notorisch, dass sich in einer derartigen Situation die Einhaltung von gesetzlichen Erledigungsfristen in bestimmten Fällen als schwierig erweisen kann, zumal die Verpflichtung der belangten Behörde, dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung möglich ist, in der dargestellten Ausnahmesituation zwangsläufig an Grenzen stoßen muss (vgl. VwGH 24.05.2016, Ro 2016/01/0001).

 

Unter Bedachtnahme auf die zitierten Entscheidungen kann daher nicht erkannt werden, dass die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch keine unzumutbaren Härten - wenngleich der BF dieses Land noch als Minderjähriger verließ - in einer Rückkehr des Beschwerdeführers erkennen: Der Beschwerdeführer beherrscht nach wie vor die Sprache Arabisch und ein bisschen Englisch, sodass auch seine Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort seine engsten Familienangehörigen (Eltern) leben. Insoweit kann trotz der bereits etwas längeren Abwesenheit (etwa viereinhalb Jahre) aus seinem Heimatland Libanon nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würde. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Libanon - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass im Falle des Beschwerdeführers zwar durchaus Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet sowie eine zumindest ansatzweise erfolgte Integration erkannt werden können, welche sich vor allem in den Bemühungen des Beschwerdeführers um eine soziale Eingliederung in die Gesellschaft manifestieren.

 

Von einer nachhaltigen und außergewöhnlichen Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne oben zitierter Judikatur ausnahmsweise überwiegen würde, kann im Falle des Beschwerdeführers jedoch keinesfalls gesprochen werden und mindert - wie dargelegt - insbesondere der Umstand, wonach die nunmehr vorgebrachten Integrationsschritte großteils zu einem Zeitpunkt gesetzt wurden, als er nicht mehr auf einen gesicherten Verbleib vertrauen konnte, das Gewicht seiner Bemühungen.

 

Würde sich darüber hinaus ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Dezember 2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch das Erkenntnis VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

 

Wiewohl die Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich in Anbetracht der vorstehenden Erwägungen nicht gänzlich unerheblich ist, stehen diesen noch überwiegende öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen gegenüber, welchen nach der Rechtsprechung im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ein hoher Stellenwert zukommt (VfSlg. 18.223/2007; VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251).

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt somit, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG wider den Beschwerdeführer keine gesetzlich normierten Hindernisse entgegenstehen.

 

3.3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

3.3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

3.3.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

3.3.6.1. Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.

 

Zu A) (Spruchpunkt II)

 

Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 AsylG 2005

 

Soweit erstmals in der Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 55, 56 AsylG 2005 gestellt wurde, war dieser Antrag mangels sachlicher Zuständigkeit zurückzuweisen, zumal ein solcher Antrag beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl persönlich als sachlich zuständige Behörde zu stellen gewesen wäre (vgl. § 58 Abs. 5 AsylG 2005).

 

Die belangte Behörde hat in ihrer Entscheidung im Übrigen zutreffend festgestellt, dass eine Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 zu unterbleiben hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101, dargelegt hat, bietet das Gesetz keine Grundlage dafür, in Fällen, in denen - wie hier - eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wird, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelerteilung nach § 55 AsylG 2005 abzusprechen.

 

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

 

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die bisher zu § 67d AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt.

 

Die in § 24 Abs. 4 VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des § 67d Abs. 4 AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält § 24 Abs. 4 VwGVG nicht (mehr).

 

Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:

trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des § 24 VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben § 24 Abs. 1 bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des § 24 Abs 4 VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.

 

Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

 

* der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und

 

* bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen

 

* die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und

 

* das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen

 

* in der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

 

Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

 

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für eine behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde im Verfahren den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung und der Erforschung der materiellen Wahrheit entsprochen. Eine mögliche Verletzung des Rechts auf Parteiengehör ist durch die Stellungnahmemöglichkeit in der Beschwerde als saniert anzusehen. Der Sachverhalt wurde daher nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt.

 

Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung (vgl. diesbezüglich die auch unter Punkt 2.2.4. wiedergegebene Argumentation des BFA).

 

Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weist die Entscheidung des BFA vom 16.01.2019 immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.

 

Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe. Auch tritt der BF in der Beschwerde den seitens der belangten Behörde getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

 

Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

Letztlich ist auch nochmals auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.06.2014, Zl. Ra 2014/20/0002-7 hinzuweisen, in welchem dieser nunmehr auch explizit festhält, dass, insoweit das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, das im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzende Anführen weiterer - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Gründe, nicht dazu führt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht erfüllt sind.

 

Des Weiteren ist auch auf nachfolgend angeführte Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Verfassungsgerichtshofes, in welchen insbesondere die Frage der Zulässigkeit vom Absehen der Verhandlungspflicht thematisiert wird, zu verweisen. In diesen Entscheidungen wurden, gegen Erkenntnisse der Gerichtsabteilung L508 (folglich der auch in diesem Verfahren zuständigen Gerichtsabteilung) eingebrachte Revisionen wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen bzw. wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:

Vgl. etwa VwGH: Ra 2014/01/0029-4 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/20/0002-7 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0047-5 vom 16. Juli 2014, Ra 2014/18/0020-5 vom 02.09.2014, Ra 2014/01/0003-10 vom 28.11.2014, Ra 2014/19/0106-7 vom 26.11.2014, Ra 2014/180059-12 vom 22.04.2015, Ra 2016/20/0235-5 vom 28. Oktober 2016, Ra 2016/18/0268 vom 10.03.2017, Ra 2017/20/0123-15 vom 02.08.2017, Ra 2017/18/0238-4 vom 30.08.2017 sowie Ra 2017/18/0311-6 vom 25. April 2018, Ra 2018/18/0088-7 vom 07. Mai 2018, Ra 2018/18/0220-6 vom 22. Mai 2018, Ra 2017/19/0605-11 vom 24.05.2018, Ra 2018/18/0311 vom 27.06.2018 sowie Ra 2018/19/0396-5 vom 02.08.2018 und VfGH: E 1191/2014-7 vom 18.09.2014 sowie VfGH: E1024/2018/7 vom 11.06.2018).

 

Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die unter Punkt 2. bis 4. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

 

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht der erkennenden Richterin auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben, abgeht.

 

Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.

 

Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 ergeben sich aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides an.

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