VwGH 98/21/0399

VwGH98/21/039924.4.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Bauernfeind, über die Beschwerde des D in Graz, geboren am 25. Juli 1968, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 24. August 1998, Zl. FR 486/98, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
VwRallg;
AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z1;
AsylG 1997 §21 Abs1 Z2;
AsylG 1997 §21 Abs1;
AsylG 1997;
AVG §37;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen chinesischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 Z. 7 und 8 sowie den §§ 37, 38 und 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Diese Maßnahme begründete sie im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer sei am 30. April 1998 in einem Lokal in Graz bei einer Tätigkeit betreten worden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ohne Beschäftigungsbewilligung nicht hätte ausüben dürfen; er sei damit beschäftigt gewesen, Fugenkitt aus Fliesenzwischenräumen zu kratzen. Er habe angegeben, im September 1997 nach Österreich gekommen zu sein. Er hätte vorerst in Wien Gelegenheitsarbeiten durchgeführt und so seinen Unterhalt finanziert. Am 29. April 1998 wäre er nach Graz gefahren, weil er von Landsleuten erfahren hätte, dass es "in Graz nicht so streng ist und hier auch leichter eine Arbeit zu finden wäre". Ein Chinese hätte ihn vermittelt und er hätte in einem bestimmten Lokal eine Arbeit als Reinigungsarbeiter bekommen. Er hätte ca. S 6.000,-- monatlich bekommen.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - habe selbst zugegeben, nach Wien gefahren zu sein, um dort Gelegenheitsarbeiten durchführen zu können und sei in der Folge nach Graz gereist, um dort leichter eine Arbeit zu finden. Dort habe er eine Arbeit als Reinigungsarbeiter bekommen. Am 30. April 1998 sei er beim Abstemmen von Fugenmassen angetroffen worden. Sein Arbeitgeber habe nicht die erforderliche Beschäftigungsbewilligung gehabt und der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis oder eines gültigen Befreiungsscheines gewesen. Da der Beschwerdeführer von Organen des zuständigen Arbeitsinspektorates bei einer Beschäftigung betreten worden sei, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen, liege eine bestimmte Tatsache im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG vor.

Weiters sei es Sache des Fremden, von sich aus (initiativ) zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge. § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG stelle nur auf die Unfähigkeit zum Nachweis der Mittel zum Unterhalt ab und nicht auch darauf, ob das Fehlen der Mittel dem Fremden vorwerfbar ist.

Weder bei seiner Aussage am 30. April 1998 noch in der Berufung habe der Beschwerdeführer dargelegt, in welcher Art und Weise das Aufenthaltsverbot in sein Privat- bzw. Familienleben eingreifen würde. Der Beschwerdeführer sei ledig, habe im Bundesgebiet keine familiären Bindungen und gehe keiner erlaubten Berufsausübung nach, weshalb es sich zu erörtern erübrige, ob das Aufenthaltsverbot im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten und nach § 37 Abs. 2 FrG zulässig sei, weil keinesfalls in relevanter Weise in sein Privat- oder Familienleben eingegriffen werde. Aber selbst wenn ein solcher Eingriff vorläge, könne es keinem Zweifel unterliegen, dass das Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zur Verhinderung des Aufenthaltes "undokumentierter, mittelloser, illegal in das Bundesgebiet gelangter und sich hier längere Zeit nicht rechtmäßig aufhaltender und straffällig (verwaltungsrechtlich) gewordener Fremder" dringend geboten sei.

Die Ermessensübung der Behörde gemäß § 36 Abs. 1 FrG habe sich davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sei. Lediglich in Fällen, in denen die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit nur ganz geringfügig berührt werden, werde im Licht einer gesetzmäßigen Ermessensausübung von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes abzusehen sein. Auf Grund des ermittelten Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers treffe dies jedoch nicht zu.

Das Asylverfahren des Beschwerdeführers sei offen und er habe ab 24. Juli 1998 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz erhalten. Den Asylantrag habe er erst am 13. Mai 1998 nach Vorhalt der beabsichtigten fremdenpolizeilichen Maßnahmen beim Bundesasylamt eingebracht.

Das Aufenthaltsverbot sei für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarer Weise der Grund für seine Erlassung weggefallen sein wird, oder auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes nicht vorhergesehen werden kann, wobei der maßgebliche Grund in der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet zu sehen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer am 30. April 1998 beim Abstemmen von Fugenmassen in einem chinesischen Lokal von Mitarbeitern des Arbeitsinspektorates angetroffen worden sei, meint aber, dass er keiner illegalen Beschäftigung nachgegangen sei und lediglich aus freundschaftlichen Diensten in einem Betrieb mitgeholfen habe. In diesem Zusammenhang hatte der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotsbescheid der Behörde vorgeworfen, sie hätte Erhebungen in die Wege leiten müssen, "ob nicht der BW selbst nur kurz aus Freundschaft heraus im Betrieb mitgeholfen hat, wobei in diesem Fall auszugehen ist, dass er keiner illegalen Beschäftigung nachgegangen ist". Bei verständiger Würdigung des angefochtenen Bescheides ist diesem die Ansicht der belangten Behörde zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer nicht bloß aus "freundschaftlichen Diensten" im Betrieb mitgeholfen hat; dies ergibt sich aus dem vorgenommenen Verweis auf die Aussage des Beschwerdeführers vom 30. April 1998. Dort hat dieser nämlich - wie bereits dargelegt - in eindeutiger Weise davon gesprochen, dass er in Graz eine Arbeit hätte finden wollen und dort auch eine Arbeit als Reinigungsarbeiter für einen Lohn von ca. S 6.000,-- erhalten hätte. Dieser Verweis ist als entsprechende Feststellung und gleichermaßen als Begründung dafür zu sehen. Angesichts dieser eindeutigen Aussage des Beschwerdeführers kann der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht finden, dass diese Beweiswürdigung unschlüssig ist. Davon ausgehend erachtete die belangte Behörde zu Recht den Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 8 FrG als erfüllt.

Im Blick auf den von der belangten Behörde gleichfalls bejahten Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG bringt die Beschwerde vor, der Aufenthalt des Beschwerdeführers sei finanziell abgesichert, "zumal er von Freunden und Bekannten finanziell unterstützt wird und zudem auch Sozialhilfeunterstützung bekommt". In der Berufung hat der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde nur vorgeworfen, sie hätte keine Ermittlungen angestellt, "ob der BW nicht Freunde im Bundesgebiet hat, die ihn auch finanziell unterstützen können". Sein Beschwerdevorbringen, er erhalte Sozialhilfeunterstützung, unterliegt somit dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) und ist daher schon aus diesem Grund unbeachtlich. Da ein Fremder nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen hat, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, und entsprechend zu belegen hat, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2000, Zl. 98/21/0270), hindert das allgemein gehaltene Vorbringen, von "Freunden und Bekannten" finanziell unterstützt zu werden, nicht die Verwirklichung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG. Auch diesbezüglich kann somit der belangten Behörde kein Rechtsirrtum vorgeworfen werden. Bemerkt sei, dass die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 an den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot aus dem Grund des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht unzulässig macht, hat der Beschwerdeführer doch seinen Asylantrag weder persönlich beim Bundesasylamt eingebracht (§ 21 Abs. 1 Z. 1 AsylG) noch in der in § 21 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. genannten Weise gestellt, weshalb er nicht die Bestimmung des § 21 Abs. 1 leg. cit. zu seinen Gunsten ins Treffen führen kann.

Gemäß § 39 Abs. 1 FrG kann das Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 1 und 5 unbefristet, in den Fällen des § 36 Abs. 2 Z. 9 für die Dauer von höchstens fünf Jahren, sonst nur für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Gemäß Abs. 2 ist bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Der Ansicht des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte mit einer geringeren Dauer des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes das Auslangen finden müssen, kann nicht gefolgt werden. Es ist nämlich kein Umstand ersichtlich, aus dem in absehbarer Zeit auf einen Wegfall beider Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes geschlossen werden könnte, weshalb es nicht als rechtswidrig erkannt werden kann, dass die belangte Behörde den für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeräumten Zeitraum in vollem Umfang ausgeschöpft hat.

Das Hauptgewicht der Beschwerde liegt im Vorwurf, die belangte Behörde habe die Interessenabwägung nach § 37 FrG rechtsirrig zu Lasten des Beschwerdeführers entschieden.

Unbestritten ist der Beschwerdeführer im September 1997 in das Bundesgebiet eingereist, geht hier keiner Beschäftigung nach und verfügt nicht über familiäre Beziehungen im Bundesgebiet. In Ermangelung familiärer Interessen in Österreich und wegen der Kürze des inländischen Aufenthalts zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides von unter einem Jahr ist der belangten Behörde Recht zu geben, wenn sie meint, dass mit dem Aufenthaltsverbot kein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG verbunden ist. Darüber hinaus kann ihre weitere Ansicht, selbst bei Bejahung eines solchen Eingriffs wäre dieser dringend geboten und zulässig im Sinn der genannten Bestimmung, keinesfalls als rechtswidrig erkannt werden, steht doch dem sehr schwach ausgeprägten persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich ein gewichtiges öffentliches Interesse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegenüber. Dieses öffentliche Interesse erfließt einerseits aus der mit der Mittellosigkeit eines Fremden verbundenen Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 98/21/0270) und andererseits aus dem hohen Stellenwert, der der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zukommt und dem großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 1999, Zl. 99/18/0272). Diese Erwägungen rechtfertigen vorliegend nicht nur die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme, sondern führen - unter der Annahme eines relevanten Eingriffs - zur Beurteilung des Aufenthaltsverbotes als dringend geboten im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG und als zulässig im Sinn einer Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG.

Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie hätte von Amts wegen entsprechende Ermittlungen in die Wege zu leiten gehabt, inwieweit das Aufenthaltsverbot in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreife. Abgesehen davon, dass diese in der Sphäre des Fremden liegenden Umstände allein vom Beschwerdeführer hätten dargelegt werden können, unterlässt es auch die Beschwerde aufzuzeigen, zu welchen konkreten Feststellungen die belangte Behörde hätte gelangen können. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird somit nicht dargetan. Die letztgenannte Erwägung ist auch dem Vorwurf entgegenzuhalten, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, der angefochtene Bescheid sei nicht ordnungsgemäß begründet, ist ihm zwar zuzugestehen, dass der angefochtene Bescheid aus zum Teil hier in keiner Weise passenden Textbausteinen zusammengesetzt ist; davon abgesehen können ihm jedoch die behördlichen Feststellungen und die darauf aufbauende Beurteilung der Rechtsfrage in ausreichender Weise entnommen werden.

Der Beschwerdeführer spricht weiters eine Abschiebung in sein Heimatland an. Dazu ist festzuhalten, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er abgeschoben werde. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer während des von ihm weiters angesprochenen Asylverfahrens vor einer Abschiebung geschützt; es bestand aber keine Verpflichtung der Fremdenbehörde, mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens zuzuwarten.

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. April 2001

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