VwGH Ra 2017/18/0238

VwGHRa 2017/18/023830.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision des , gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Mai 2017, Zl. L508 2150241-1/6E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §18 Abs1;
AVG §46;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017180238.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist iranischer Staatsangehöriger und stellte am 24. Dezember 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er zusammengefasst an, dass er unter der Kontrolle des iranischen Geheimdienstes stehe, seitdem er 2009 bei einer Demonstration zugeschaut habe. Nach Rückkehr von einer Reise nach Dubai, die er entgegen der ihm vom Geheimdienst erteilten Anordnung, Reisen vorab genehmigen zu lassen, angetreten habe, sei ihm am Flughafen der Reisepass abgenommen worden. Da ihm sein Anwalt versichert habe, dass er Probleme bekommen würde und es sein könne, dass er abgeholt und festgenommen werden würde, hätten er und seine Frau beschlossen, den Iran zu verlassen.

2 Mit Bescheid vom 28. Februar 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) und stellte fest, dass die Abschiebung in den Iran zulässig sei.

3 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 24. Mai 2017 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab.

4 In der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision moniert der Revisionswerber das Unterlassen der Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis darauf, dass der Sachverhalt durch das BFA nur unvollständig erhoben worden sei und er in der Beschwerde ein zusätzliches, neues Vorbringen erstattet habe. Außerdem hätten Widersprüche zwischen dem Vorbringen in der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA nicht verwertet werden dürfen und wären Vor-Ort-Recherchen im Iran durchzuführen gewesen. Er sei auffallend gut integriert und beschäftige sich seit geraumer Zeit mit dem Wunsch, zum Christentum zu konvertieren.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung sind für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung durch das BVwG nach § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts folgende Kriterien beachtlich: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. grundlegend VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018).

9 Auf Grundlage der Revisionsausführungen lässt sich nicht erkennen, dass das BVwG von den in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien zur Verhandlungspflicht abgewichen wäre. So hat der Revisionswerber die vom BFA unter Verweis auf konkrete Widersprüche und Unplausibilitäten in den Aussagen des Revisionswerbers getroffenen Feststellungen in seiner Beschwerde nicht substantiiert (in Entkräftung der einzelnen beweiswürdigenden Erwägungen) bestritten, sondern beschränkte sein Vorbringen im Wesentlichen darauf, dass die Behörde keine Überprüfung im Heimatstaat vorgenommen habe und alle seine Angaben als unwahr bezeichnet habe. Das BVwG hat sich in der Folge den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen des BFA angeschlossen und ausgeführt, dass dem Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Fluchtgründen die Glaubwürdigkeit zu versagen sei. Damit war der Sachverhalt jedoch in einem bereits für sich tragenden Punkt im Sinne der hg. Rechtsprechung zur Verhandlungspflicht nicht als ungeklärt zu betrachten.

10 Im Übrigen wurde nach den Ausführungen des Revisionswerbers nicht ausreichend deutlich, inwieweit die vom Revisionswerber behaupteten angeblichen geheimdienstlichen Besuche und Befragungen, die geforderte Anmeldung und Bewilligung von Reisen sowie die Abnahme des Reisepasses im Revisionsfall bereits Eingriffe von erheblicher Intensität darstellten, die geeignet gewesen wären, eine Verfolgung im Sinne der GFK aufzuzeigen (vgl. VwGH vom 22. März 2017, Ra 2016/19/0350, sowie VwGH vom 17. Juni 1993, 92/01/1081).

11 Ein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens durch Recherche im Herkunftsstaat besteht nicht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 deratiger Erhebungen im Herkunftsstaat obliegt der ermittelnden Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht, und es hat der Revisionswerber auch nichts Konkretes vorgebracht, weshalb solche erforderlich seien (vgl. VwGH vom 15. Dezember 2015, Ra 2015/18/0100).

12 Die vom BVwG vorgenommene Art. 8 EMRK-Abwägung erfolgte in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und ist daher nicht zu beanstanden (vgl. VwGH vom 4. August 2016, Ra 2016/18/0123).

13 Das Vorbringen des Revisionswerbers zu seinen Konversionsüberlegungen war schließlich als unzulässige Neuerung zu qualifizieren und konnte daher keine Beachtung finden (vgl. VwGH vom 2. Jänner 2017, Ra 2016/18/0235, mwN).

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. August 2017

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