AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §20 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §20 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W123.2127670.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.05.2016, Zl. 1054261209-150295658, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.12.2016, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
II. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird
XXXX gemäß §§ 55, 57 AsylG 2005 nicht erteilt.
Gemäß § 9 BFA-VG wird gegen XXXX eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung von XXXX gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.
Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise von XXXX zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger von der Volksgruppe der Hazara, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 22.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am 24.03.2015 durchgeführten Erstbefragung bei der Polizeiinspektion Traiskirchen gab der Beschwerdeführer an, er stamme aus XXXX , XXXX , Ghor, XXXX , Afghanistan, wo er bis ca. August 2014 gelebt habe. Vor ca. 8 Monaten sei er in die Stadt Herat, Afghanistan, gefahren, wo er gearbeitet und Geld angespart habe. Vor ca. 5 Monaten sei er dann von Herat aus ausgereist. Zum Fluchtgrund führte er an, als er 5 Jahre alt gewesen sei (2004), sei sein Vater von unbekannten bewaffneten Leuten mit der Pistole erschossen worden. Seine Mutter sei daraufhin zu seinem Onkel (Bruder seines Vaters) gezogen. Seine Mutter und auch er seien vom Onkel stark geschlagen worden. Als er 8 Jahre alt gewesen sei (2007), sei seine Mutter wegen Krankheit verstorben. Der Beschwerdeführer sei dann Vollwaise gewesen und habe beim Onkel gewohnt. Der Onkel habe ihn immer wieder geschlagen, sodass er vor ca. 8 Monaten (Oktober 2014) von diesem weggelaufen sei. Da der Beschwerdeführer in Afghanistan niemanden habe und vom Onkel geschlagen werde, habe er sich entschlossen, nach Österreich zu reisen und hier eine Existenz aufzubauen. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Im Fall einer Rückkehr habe er Angst um sein Leben. Einerseits vor seinem Onkel, andererseits vor den Männern, die seinen Vater erschossen (ermordet) hätten.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) führte in der Folge ein Altersfeststellungsverfahren beim Beschwerdeführer durch, da er sein Geburtsdatum mit 11.12.1999 angegeben hatte. In einem rechtsmedizinischen Sachverständigengutachten vom 28.05.2015 wurde für den Beschwerdeführer nach einer Untersuchung am 19.05.2015 ein Mindestalter von 18,8 Jahren zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22.03.2015 ermittelt. Dem entspreche das fiktive Geburtsdatum 18.05.1996. Das festgestellte Mindestalter sei mit dem behaupteten Lebensalter nicht vereinbar.
4. Am 03.09.2015 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das BFA, Erstaufnahmestelle West. Der Beschwerdeführer gab an, er wohne bei seinem in Österreich lebenden Bruder XXXX und dieser unterstütze ihn und finanziere momentan das Leben des Beschwerdeführers.
5. Das BFA holte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten betreffend den Beschwerdeführer ein (Datum: 26.03.2016). Im Rahmen der diesbezüglichen ärztlichen Untersuchung am 23.03.2016 gab der Beschwerdeführer, befragt zu seiner Biografie, Folgendes an: Er sei im ersten Lebensjahr mit den Eltern in den Iran ausgereist. Sein Vater sei bereits verstorben gewesen. Er habe im Iran mit dem Bruder und der Mutter gelebt. Er habe illegal im Iran gelebt und eine Ausweisung nach Afghanistan befürchtet. In Afghanistan habe er Feinde und diese würden ihn erkennen oder finden. Er sei eigentlich im Iran aufgewachsen und kenne Afghanistan nicht. Sein Bruder lebe bereits seit 7 Jahren in Österreich. Im Gutachten wurde schließlich festgehalten, dass es keine Hinweise für das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Beschwerdeführer gebe. Er leide an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradig depressiven Reaktion.
6. Am 22.04.2016 wurde der Beschwerdeführer erneut durch das BFA, Regionaldirektion Salzburg, niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab an, seine letzte Adresse in Afghanistan sei gewesen Provinz Ghor, XXXX , Dorf XXXX . Er habe in Afghanistan nur mehr einen einzigen Onkel, der in Ghor lebe.
Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, er sei damals 5 Jahre alt gewesen, als sein Vater umgebracht worden sei. Danach seien sie zum Onkel gezogen, der sie alle geschlagen habe, auch seine Mutter. Zwei Jahre nach dem Vater sei auch die Mutter verstorben. In dieser Zeit habe der Onkel immer Gewalt ausgeübt. Der Beschwerdeführer sei darauf gekommen, dass der Onkel das Grundstück des Vaters des Beschwerdeführers verkaufen wolle. Da der Onkel sie immer wieder geschlagen habe, habe der Beschwerdeführer keinen Sinn mehr gesehen, zurückzukehren. Der Onkel habe 100.000 Afghanis als Anzahlung zuhause gehabt, die der Beschwerdeführer an sich genommen habe. Der Onkel habe den Beschwerdeführer als Boten zum Käufer geschickt, um das Restgeld in Höhe von 100.000 Afghanis abzuholen, das der Beschwerdeführer ebenfalls an sich genommen habe. Der Beschwerdeführer sei nach Herat und dann in den Iran gegangen, von wo aus er wieder nach Afghanistan abgeschoben worden sei. Der Beschwerdeführer sei insgesamt acht Monate in der Stadt Herat in einem Gasthaus untergebracht gewesen und habe auch gearbeitet. Dort habe er einige Gäste kennen gelernt und mit dieser Gruppe sei er in den Iran geflüchtet. Nach einiger Zeit habe er sich überlegt, nach Europa zu gehen, da er dieses Leben satt gehabt habe.
Auf die Frage nach dem Grund für die Ausreise vom Gasthaus in Herat in den Iran gab der Beschwerdeführer an, nachdem er das Geld des Onkels genommen habe, sei dieser hinter ihm her gewesen und er habe gedacht, dieser hätte erfahren, dass er sich in Herat aufhalte. Deswegen sei er gezwungen gewesen, das Land zu verlassen. Vor dem Vorfall habe der Onkel ihm einmal mit dem Umbringen gedroht. Danach habe es keine Bedrohung gegeben. Er glaube, dass ihn der Onkel in Herat gefunden hätte, da dieser immer wieder nach Herat gefahren sei und dort viele Bekannte gehabt habe. Von der ersten Flucht in den Iran habe der Onkel gewusst, dieser habe das von jemandem erfahren. Der Beschwerdeführer habe Angst vor seinem Onkel, aber auch vor den Feinden seines Vaters. Er kenne diese Personen nicht, aber sie würden ihn kennen, da er der Sohn seines Vaters sei. Seine Mutter sei immer wieder von diesen Personen belästigt worden, sie hätten immer wieder ihren Schador vom Kopf gezogen und sie beschimpft. Nicht von diesen Personen, sondern von seinem Onkel sei der Beschwerdeführer bedroht worden. Dieser habe gesagt, "ich bringe dich um". Auf die Frage, ob es in Afghanistan eine konkrete Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit gegeben habe, antwortete er, er sei beschimpft und in der Stadt Herat auf der Straße von den Passanten beleidigt worden. Eine Verfolgung aufgrund der Religionszugehörigkeit (Schiit) verneinte er.
7. Mit Schreiben vom 06.05.2016 erstattete der Beschwerdeführer eine Stellungnahme zu den ihm ausgehändigten Länderfeststellungen. Er wies auf die schlechte Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz Ghor sowie in Herat hin und auf die Lage der Volksgruppe der Hazara. Im Falle des Vorliegens einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung weise er darauf hin, dass eine qualifizierte medizinische Behandlung psychisch erkrankter Menschen nicht verfügbar sei. Zudem würden aus Europa zurückgekehrte Afghanen entweder für wohlhabend gehalten und entführt, oder von Taliban und dem "Islamischen Staat" für Spione gehalten und ermordet.
8. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.05.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57, 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Das BFA führte begründend im Wesentlichen aus, der Onkel des Beschwerdeführers habe ihm vertraut, dass er das Geld für den Verkauf des Grundstückes des Vaters abholen und zu ihm bringen würde. Dies zeuge von einem besonderen Vertrauensverhältnis des Beschwerdeführers zu seinem Onkel. Die von ihm vorgebrachten Misshandlungen habe er nicht durch Verletzungen darlegen können. Der Beschwerdeführer habe nie versucht, mit seinem Onkel die Situation zu klären, sondern er sei nach der Unterschlagung sofort ausgereist. Die Flucht des Beschwerdeführers sei ohne persönliche Bedrohung des Onkels geschehen und nur aufgrund seiner unrechtmäßigen Aneignung des Verkaufserlöses. Die vom Beschwerdeführer geschilderte Verfolgungssituation durch die Bedroher seines Vaters habe nicht nachvollzogen werden können, da dies ca. 15 Jahre her sei und es nie eine Bedrohung gegen den Beschwerdeführer gegeben habe. Des Weiteren habe der Beschwerdeführer 8 Monate in Herat gearbeitet und sich Geld für die erneute Ausreise gespart. Dies beweise, dass er nicht wegen der vorgebrachten Bedrohungssituation ausgereist sei, sondern geplant aus wirtschaftlichen Gründen. In Gesamtbetrachtung habe der Beschwerdeführer keine asylrelevanten Ausreisegründe vorgebracht. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei für den Beschwerdeführer möglich. Er habe familiären Anschluss durch seinen Onkel, der sich in Ghor befinde. Weiters habe der Beschwerdeführer durch den Aufenthalt und die Arbeit in Herat bewiesen, in Afghanistan allein leben und wohnen zu können. Auch in dieser Zeit habe es keine direkte Bedrohung gegen ihn gegeben. Es wäre ihm zumutbar, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Herat verfüge über einen internationalen Flughafen und von dort aus führe eine Autobahn zum Heimatdorf des Beschwerdeführers, nach XXXX .
9. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 27.05.2016 Beschwerde in vollem Umfang. Begründend führte er aus, dass aus der Bescheidbegründung folge, dass das BFA ihm glaube, aufgrund der unrechtmäßigen Aneignung des Geldes vom Onkel geflüchtet zu sein. Es lasse sich aus seinem Vorbringen nicht erkennen, dass der Onkel ihm die Unterschlagung verziehen hätte, sondern er habe sich in Herat so gut es gegangen sei vor diesem verborgen. Eine solche Unterschlagung sei in Afghanistan strafbar und der Beschwerdeführer könnte dort unter menschenrechtswidrigen Bedingungen inhaftiert werden. Er wies auch auf die Gefahren durch das Wiedererstarken der Taliban, insbesondere für Hazara und Rückkehrer, hin. Eine qualifizierte psychiatrische Betreuung sei in Afghanistan nicht verfügbar. Es sei internationaler Schutz, zumindest subsidiärer Schutz, zuzuerkennen.
10. Am 14.12.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:
R: Welchen Fluchtgrund machen Sie geltend?
Anmerkung: Der BF beginnt zu weinen.
BF: Mein Vater wurde getötet. Meine Mutter und ich wurden von meinem Onkel väterlicherseits aufgenommen. Mein Onkel hat sowohl meine Mutter als auch mich immer geschlagen. Später wurde auch meine Mutter getötet. Zuletzt, als ich schon älter war, wollte mich mein Onkel an die Taliban verkaufen.
R: Wann wurde Ihr Vater getötet?
BF: Ich war ca. fünf Jahr alt.
R: Wissen Sie, wer Ihren Vater warum getötet hat?
BF: Mein Vater hatte Feinde. Ich weiß nicht, wer ihn getötet hat. Ich habe von meiner Mutter erfahren, dass mein Vater Feinde hatte.
R: Was hat Ihr Vater beruflich gemacht?
BF: Er war ein einfacher Arbeiter. Er hat landwirtschaftliche Grundstücke bewirtschaftet.
R: Hatte Ihr Vater Probleme mit den Taliban?
BF: Ich war damals noch ein Kind. Meine Mutter hat gesagt, dass mein Vater Feinde hatte. Es ist davon auszugehen, dass die Taliban seine Feinde waren.
R: Gab es jemals Bedrohungen von den Feinden Ihres Vaters gegen Sie?
BF: Von den Feinden meines Vaters wurde ich nicht bedroht. Aber ich war immer der Gewalt und den Schlägen meines Onkels väterlicherseits ausgesetzt. Mein Onkel hat mir gedroht, mich an die Taliban zu verkaufen. Mein Onkel hatte Verbindungen mit mir unbekannten Leuten, die er immer wieder in sein Haus mitgebracht hat. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es sich um die Taliban gehandelt hat.
R: Wieso haben Sie jetzt noch Angst vor den Feinden Ihres Vaters, obwohl der Vorfall 15 Jahre her ist?
BF: Ich habe große Angst vor meinem Onkel. Sobald ich jemanden begegne der meinem Onkel ähnlich sieht, kommen meine Erinnerungen an meine Zeit mitmeinem Onkel zurück. Ich denke nur mehr daran, mir etwas anzutun.
[...]
R: Nach Ihrer ersten Flucht aus Afghanistan, mit 16 Jahren: Wo hielten Sie sich und wie lange auf und wann wurde Sie wieder nach Afghanistan abgeschoben?
BF: Ich fuhr nach Herat, von dort flüchtete ich in den Iran. Beim ersten Mal wurde ich an der Grenze zurückgeschoben. Beim zweiten Mal gelang mir die Übertretung der afghanisch-iranischen Grenze. Ich verbrachte ca zwei Monate im Iran. Dann wurde ich nach Afghanistan abgeschoben. Ich hielt mich ca. 7 bis 8 Monate in Herat, in einer Schlepperunterkunft, auf. Ich hatte jedoch permanent große Angst, von meinem Onkel gefunden zu werden. Daher flüchtete ich erneut aus Afghanistan.
R: Wann sind Sie dann erneut geflüchtet? Nach den 7 bis 8 Monaten?
BF: Ja, nach diesen 7 bis 8 Monaten.
R: Wo haben Sie in Herat gewohnt?
BF: In der Stadt Herat, im Stadtteil XXXX .
R: Haben Sie in dieser Zeit gearbeitet? Wenn ja, wo?
BF: Ja, ich habe in Herat eine Gruppe Leute kennengelernt, mit denen ich manchmal zusammen arbeiten gegangen bin.
R: Welche Arbeiten haben Sie konkret gemacht?
BF: Ich habe u.a. auf dem Bau gearbeitet. Ich habe jede Gelegenheit genutzt, eine Arbeit zu machen. Es waren verschiedene Arbeiten.
[...]
R: Wieso glauben Sie, dass Sie in Herat nicht sicher waren, vor Ihrem Onkel?
BF: Da ich für meine Flucht Geld von zu Hause entwendet habe, bin ich davon überzeugt, dass sich mein Onkel auch deshalb auf die Suche nach mir gemacht hat. Er hätte mich früher oder später in Herat gefunden.
R: Wurden Sie in Ihrer Zeit in Herat jemals von irgendjemand bedroht?
BF: Ich bin nicht allzu oft aus der Unterkunft, in der ich wohnhaft war, hinausgegangen. Allerdings wurde ich zweimal beschimpft und einmal davon von mir unbekannten Leuten sogar geschlagen.
R: Was war der Anlass dafür, dass Sie geschlagen wurden?
BF: Ich wurde aufgrund meiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe Hazara beleidigt und geschlagen.
RV an BF: Welcher Religion gehören Sie an?
BF: Ich gehöre keiner Religion an. Ich glaube nicht an Gott. Wenn Gott existiert hätte, wäre meinen Eltern dieses Schicksal erspart geblieben.
RV: Befolgen Sie noch islamische Rituale, z.B. beten, fasten?
BF: Nein, ich glaube überhaupt nicht mehr an all das. Ich möchte das auch nicht mehr machen. Ich habe ja viele Jahre gebetet, was hat es mir gebracht?
RV: Trinken Sie Alkohol?
BF: Ja, ich trinke sowohl Alkohol und rauche Zigaretten.
RV: Würden Sie bei einer etwaigen Rückkehr nach Afghanistan, wieder in die Moschee zum Beten gehen und mit dem trinken aufhören?
BF: Nein, ich werde keinesfalls wieder beten, Noch kann ich auf den Alkohol verzichten. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan rechne ich zu 100% mit einer Hinrichtung.
RV: Sie haben gestern in der Kanzlei über Gott und den Islam geschimpft. Würden Sie das auch in Afghanistan in der Öffentlichkeit tun?
BF: Seit ich in Europa bin, habe ich meinen Glauben an den Islam und Gott komplett aufgegeben. Ich bin davon überzeugt, dass ich wegen meines Abfalls vom Islam in Afghanistan getötet werde. In Afghanistan werde ich bestimmt nicht in der Lage sein, über meinen Abfall vom Islam in der Öffentlichkeit zu sprechen. Sollte ich das tun, wird man mich mit dem Tod bestrafen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er stammt aus der Provinz Ghor, XXXX , Dorf XXXX , wo er auch gelebt hat. Seine Eltern sind bereits verstorben. In Ghor lebt noch der Onkel des Beschwerdeführers. Der Bruder des Beschwerdeführers befindet sich im Bundesgebiet.
Als der Beschwerdeführer fünf Jahre alt gewesen ist, wurde sein Vater umgebracht. Er ist danach mit seiner Familie zu seinem Onkel gezogen. Zwei Jahre später ist auch die Mutter des Beschwerdeführers gestorben. Der Beschwerdeführer hat ca. sieben bis acht Monate in Herat verbracht und gearbeitet.
Der Beschwerdeführer hat Deutschzertifikate A1 und A2 vorzuweisen. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstigen Abschlüsse. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Arbeit nach und verfügt auch nicht über eine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer leidet unter einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradig depressiven Reaktion (vgl. Neurologisch-Psychiatrisches Gutachten von Sachverständigen Prim. Dr. XXXX , LL.M vom 26.03.2016).
Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Im Fall der Rückkehr nach Afghanistan ist der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt.
1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:
1.2.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Afghanistan (21.01.2016)
Sicherheitslage in Ghor
Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Ghor, 116 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Ghor wird als eine der unterentwickelten Provinzen Afghanistans angesehen. Sie ist 480 km von Kabul entfernt und grenzt an die Provinzen Herat, Badghis, Faryab, Sar-i-Pul, Bamyan, Uruzgan, Helmand und Farah. Gghor hat zehn administrative Einheiten: Taiwara, Tolak, Sagher, Pasaband, Dolaina, Shahrak, Dawalatyar, Chahar Sada, Lal-o-Sari Jangle und die Hauptstadt Chaghcharan (o.D.p), heute bekannt als Firozkoh (Vertrauliche Quelle 15.9.2015). Es wird geschätzt, dass die Bevölkerung der Provinz Ghor 690,296 beträgt (UN OCHA 26.8.2015).
Die Sicherheitslage auf der Autobahn Kabul-Ghor hat sich verbessert, nachdem ein Stammesdisput im Distrikt Dawlatyar beigelegt wurde. Stammesälteste aus Ghor haben gemeinsam mit dem Büro des Gouverneurs die Versöhnung zwischen den beiden Stämmen - die in den letzten zwei Jahren mehrere Male aneinander gerieten - herbeigeführt. Das Ergebnis war, dass die Sicherheitslage in Dawlatyar, speziell aber auf der vielbefahrenen Route, eine Verbesserung verzeichnen konnte (Pajhwok 20.8.2015).
Quellen zufolge sind mehr als 139 illegale bewaffnete Gruppen in der westlichen Provinz aktiv. Hauptursache der Gewalt in Ghor sind, im Gegensatz zu anderen Provinzen, Stammesmilizen, während die Aufständischen in anderen Provinzen regierungsfeindlichen islamistischen Aufständischen, wie den Taliban, loyal gegenüber stehen (LA Times 1.9.2015).
Seema Joyenda - Gouverneurin der Provinz - ist eine von zwei Frauen in Afghanistan, die ein solches Amt bekleidet (The Guardian 3.11.2015). Im November 2015, wurde eine 19-jährige Frau durch Steinigung getötet (RFE/RL 4.11.2015; The Guardian 3.11.2015). Sie wurde bezichtigt vorehelichen Geschlechtsverkehr mit ihrem Verlobten gehabt zu haben. Er wurde Berichten zufolge ausgepeitscht (RFE/RL 2.11.2015). Angeblich war die junge Frau aber einem älteren Mann versprochen gewesen (The Guardian 3.11.2015).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Terroristen zu befreien (Hindustan Times 13.9.2015; Xinhua 7.7.2015).
Sicherheitslage in Herat
Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Herat, 447 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).
Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in 12 Bezirke eingeteilt und gleichzeitig in 15 administrative Einheiten:
Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen. Die Gesamtbevölkerungszahl der Provinz wird von UN OCHA auf 1.890.202 geschätzt (UN OCHA 26.8.2015).
Ende 2011 übernahmen die nationalen afghanischen Sicherheitskräfte (ANSF) die Hauptverantwortung für die Sicherheit der Provinz Herat und haben stufenweise den Rest der westlichen Region übernommen. Die Provinz Herat blieb auch aufgrund der relativen Stabilität der Provinzregierung während der Transitionsperiode sicher. Auch nach der Übergabe an die afghanischen Kräfte gab es keine große Veränderung (WPR 15.1.2014).
Die Einschätzung der Sicherheitslage in Herat stellt sich als schwierig dar, denn dieselbe Quelle gibt in einem Zeitraum von sechs Monaten, unterschiedliche Informationen an. Einerseits, wird die Provinz Herat im Jänner 2015 zu den relativ friedlichen Provinzen im Westen Afghanistans gezählt, in der jedoch in letzter Zeit regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen ihre Aktivitäten in einer Anzahl von Distrikten erhöht haben (Khaama Press 28.1.2015). Andererseits wird im September 2015 berichtet, dass Herat zu den relativ volatilen Provinzen im Westen Afghanistans zählt, in der regierungsfeindliche bewaffnete Rebellengruppen in einer Anzahl von abgelegenen Bezirken aktiv sind (Khaama Press 2.9.2015).
Obwohl die ALP historisch gesehen ein geringeres Kompetenzniveau als andere, besser ausgebildete und ausgestattetes Militär auf Provinzlevel vorzuweisen hatte, hat sich die lokale Polizei in den letzten Jahren als effektiv bei der Aufrechterhaltung der Stabilität Herats erwiesen (EI 18.6.2015).
Großteils bleiben lokale Sicherheitsbehörden auch weiterhin fähig in städtischen Gegenden IED-Vorrichtungen unschädlich zu machen bevor sie detonieren. Dies gilt speziell für Herat City (EI 5.3.2015).
Im August gab es Berichte, wonach hochrangiges Regierungspersonal in Herat und anderen Teilen Afghanistans Westen gezielt attackiert wurden, dies könnte eine mögliche Verschiebung der Aufständischentaktik andeuten (EI 6.8.2015).
In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Terroristen zu befreien (Khaama Press 10.1.2016, Xinhua 3.1.2016; Business Standard 30.12.2015; Xinhua 16.12.2015)
Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum vierten Mal in Herat ausgetragen. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Juristen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 3.10.2015).
Ethnische Minderheiten
Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 16.11.2015; vgl. Max Planck Institut 27.1.2004).
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2015 mehr als 32.5 Millionen Menschen (CIA 20.10.2015). Davon sind 42%-45% Pashtunen, 25% Tadschiken, rund 10% Hazara, 10% Usbeken. Es existieren noch mehrere andere religiöse und ethnische Minderheiten (CRS 12.1.2015). wie z.B. Aimaken 4%, Turkmenen 3%, Balutschen 2% und andere kleinere ethnische Gruppen (CIA 24.6.2014).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 16.11.2015). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 25.6.2015).
Ethnische Pashtunen sind die größte Ethnie in Afghanistan. Sie sprechen Paschtu/Pashto, aber die meisten ihrer Regierungsvertreter sprechen auch Dari (CSR 12.1.2015). Die Pashtunen haben mehr Sitze in beiden Häusern des Parlaments, aber nicht mehr als 50% der Gesamtsitze. Es gibt keinen Beweis, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Es gibt keine Gesetze, welche die Teilnahme von Minderheiten am politischen Leben verhindern. Nichtsdestotrotz beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, dass sie keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 25.6.2015). Unter den vielen Volksgruppen bilden die Paschtunen zwar die Mehrheit im Staat, dominieren aber nur im Süden, im Norden hingegen eher die persisch-sprachigen Tadschiken (DW 26.4.2014; vgl. GIZ 10.2015). Die Pashtunen sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 44% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.7.2015).
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Sie hat sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, inklusive Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung aber nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 16.11.2015; AA 2.3.2015). Gesellschaftliche Diskriminierung gegen die schiitischen Hazara mit Bezug auf Klasse, Ethnie und Religion hält weiter an - in Form von Erpressung, durch illegale Besteuerung, Zwangsrekrutierung und Zwangsarbeit, physische Misshandlung und Verhaftung (USDOS 25.6.2015). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).
Mitglieder der Hazarastämme, meist schiitische Muslime, sind in den Provinzen Bamiyan, Daikundi und Ghazni in Zentralafghanistan vertreten (CRS 15.10.2015).
Eine prominente Vertreterin der Minderheit der Hazara ist die Vorsitzende der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission Sima Simar (CRS 12.1.2015).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.7.2015).
Medizinische Versorgung
Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 16.11.2015). Ferner, können sich die im Zuge der Recherche gefundenen Informationen, auch widersprechen.
Grundsätzlich hat sich die medizinische Versorgung, insbesondere im Bereich der Grundversorgung, in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, fällt jedoch im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück (AA 16.11.201). Auch hat sich seit dem Jahr 2001 der Zugang zur Grundleistung für die afghanische Bevölkerung in fast allen Bereichen erheblich verbessert: der Deckungsgrad medizinischer Gesundheitsversorgung hat sich von 9% im Jahr 2001 auf 80% im Jahr 2011 erweitert (WB 4.2015). Jedoch fällt diese Grundversorgung im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück (AA 2.3.2015).
Die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 165 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 97 auf 77 bei 1.000 Lebendgeburten und die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken. Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Ferner, erhöhte sich die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 4.2015).
In der letzten Dekade hat das afghanische Gesundheitssystem ansehnliche Fortschritte gemacht. Dies aufgrund starker Regierungsführung, einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer, was ferner andeutet, dass die Notwendigkeit besteht, Zugangshindernisse zu Leistungen für Frauen zu beseitigen. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralspiegeldefiziten (WB 4.2015).
Die medizinische Versorgung leidet trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 16.11.2015; vgl. AA 2.3.2015).
Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt wurden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war es vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 25.6.2015)
Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung
Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)]. Jedoch sind die Bestände oft erschöpft und die Patient/innen sind gezwungen die Medikamente in privaten Apotheken oder am Bazar zu kaufen (IRIN 2.7.2014). Obwohl Qualitätskontrollmaßnahmen für Medikamente im öffentlichen Gesundheitsvorsorgesystem existieren, ist die Umsetzung laut einem US-amerikanischen Bericht schwach. Der Großteil der verschriebenen Medikamente wird verschrieben und privat verkauft. Auch, so der Bericht weiter, gibt es keine Daten zu Pharmazisten, die im privaten Sektor arbeiten. Bis zu 300 in Pakistan ansässige Unternehmen produzieren Medikamente, die speziell für den Export nach Afghanistan vorgesehen sind, aber den von für Pakistan vorgeschriebenen Standards nicht entsprechen (IJACMEC 10.2014; vgl. The Guardian 7.1.2015).
Die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet, abgesehen von einzelnen Pilotprojekten, nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt. Gleichzeitig leiden viele Afghaninnen und Afghanen unter psychischen Symptomen der Depression, Angststörungen oder posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn der Patient oder die Patientin kein unterstützendes Familienumfeld hat. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 16.11.2015).
Behandlung nach Rückkehr
In den letzten zehn Jahren sind im Rahmen der freiwilligen Rückkehr durch UNHCR 3.5 Millionen afghanische Flüchtlinge zurückgekehrt. Insgesamt sind 5.8 Millionen Afghaninnen und Afghanen aus verschiedenen Teilen der Welt nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015). USDOS berichtet, dass in den Jahren von 2002 bis 2014, Finanzierungen verwendet wurden um Transportkosten und anfängliche Notwendigkeit bei Rückkehr, für mehr als 4.7 Millionen zur Verfügung zu stellen (SIGAR 8.2015; vgl. AA 2.3.2015). Somit hat eine große Zahl der afghanischen Bevölkerung einen Flüchtlingshintergrund (AA 2.3.2015). Im Jahr 2015 sind 50.000 afghanische Flüchtlinge aus Pakistan im Rahmen des Programms der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015).
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Rückkehrer aus Iran und Pakistan stark gestiegen. 2014 lag die Zahl der Rückkehrer bei knapp 17.000, davon über 12.000 aus PAK. Bis Ende Oktober 2015 sind im laufenden Jahr fast 56.000 zurückgekehrt, davon über 53.000 aus Pakistan. Zwei Drittel der Rückkehrer siedeln sich in fünf Provinzen an: Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan (AA 16.11.2015). Laut UNHCR-Afghanistan kehrten im Jahr 2014 insgesamt 17.000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück (UNHCR 29.10.2015). Die Kapazität der Regierung Rückkehrer/innen aufzunehmen war auch weiterhin niedrig. Die Zahl der Rückkehrer/innen während des Jahres 2014 verringerte sich aufgrund von Unsicherheiten in Bezug auf die Sicherheitslage im Rahmen der Post-Transitionszeitraumes und aufgrund des Auslaufens der proof of Residence Card (PoR Card) für afghanische Flüchtlinge in Pakistan (USDOS 25.6.2015). In Pakistan werden etwa 1.5 Millionen afghanische Flüchtlinge, die im Besitz einer PoR Card sind von UNHCR unterstüzt (BFA Staatendokumentation 9.2015).
Die afghanische Regierung kooperierte auch weiterhin mit UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie anderen humanitären Organisationen, um intern vertrieben Personen, Flüchtlingen, Rückkehrer/innen und andern Menschen Schutz und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Regierungsunterstützung für vulnerable Personen, inklusive Rückkehrer/innen aus Pakistan und Iran, war gering, mit einer anhaltenden Abhängigkeit von der internationalen Gemeinschaft. Die Reintegration von Rückkehrer/innen war schwierig.Rückkehrerinnen und Rückkehr hatten angeblich gleichwertigen Zugang zu Gesundheits-, Bildungs- und anderen Leistungen, obwohl manche Gemeinden, die für Rückkehrer/innen vorgesehen waren, angaben, dass eingeschränkter Zugang zu Transport und Straßen zu größeren, besser etablierten Dörfern und städtischen Zentren fehlte. Dies erschwerte den Zugang zu Dienstleistungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten (USDOS 25.6.2015).
In Iran und Pakistan halten sich derzeit noch ca. 3 Millionen afghanische Flüchtlinge auf. Dazu kommen nicht registrierte Afghanen, die von der iranischen Regierung jedoch nicht als Flüchtlinge anerkannt sind. Insbesondere von iranischer Seite, in Teilen auch von Pakistan, werden sie gelegentlich als politisches Druckmittel gegenüber Afghanistan ins Feld geführt. Gleichzeitig gelten die Flüchtlinge auch als günstige Arbeitskräfte. In Afghanistan wird zwischen Rückkehrern aus den Nachbarstaaten Iran und Pakistan (die größte Gruppe afghanischer Flüchtlinge) und freiwilliger Rückkehr oder Abschiebung aus v.a. westlichen Staaten unterschieden. Für Rückkehrer aus den genannten Nachbarländern leistet UNHCR in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung bestehen Probleme in der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, so dass Hilfe nicht immer dort ankommt, wo Rückkehrer sich niedergelassen haben (AA 2.3.2015; vgl. AA 16.11.2015).
Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden haben mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Von Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien ist bekannt, dass diese Länder abgelehnte Asylbewerber afghanischer Herkunft nach Afghanistan abschieben. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Einige Länder arbeiten eng mit IOM in Afghanistan zusammen, insbesondere auch, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet psychologische Betreuung, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche an (AA 2.3.2015; vgl. AA 16.11.2015).
Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bin hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani selbst verbrachte die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 16.11.2015).
1.2.2. Gutachten des länderkundigen Sachverständigen XXXX im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 29.04.2016:
Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt weiterhin sehr instabil und die Taliban machen weitere Geländegewinne und erweitern so ihre Einflussgebiete in Afghanistan. Mehr als die Hälfte aller Distrikte Afghanistans steht unter der Kontrolle der Taliban. Die Taliban führen in verschiedenen Distrikten der Provinzen Faryab, Jawjan, Badakhshan, Takhar, Baghlan, Sar-e Pul, Badghis, Uruzgan, Ghazni, Helmand, Kandahar, Kunar, Laghman, Nangarhar, Logar, Wardak, Kapisa, Kunduz und Ghor Krieg gegen die Nationalarmee. Bei allen diesen Kriegen gerät die Zivilbevölkerung zwischen die Fronten. In den von den Taliban beherrschten Gebieten herrscht das Taliban-Gesetz, das islamische Rechtssystem; Sharia. Die Menschen werden bei geringster Abweichung von den Vorgaben der Taliban schwer bestraft. Bei den Frauen und jungen Männern reicht es, wenn die Ehemänner, Väter oder Brüder sich bei den Taliban über diese beschweren. Es kommt immer wieder vor, dass die Taliban die Mädchen aufgrund der Beschwerden ihrer Väter auspeitschen und sogar steinigen, wenn sie verdächtigt werden, Geliebte zu haben.
Durch die Geländegewinne der Taliban hat sich auch die Wirtschaftslage weiter verschlechtert. Für die Wirtschaftstreibenden erwächst dadurch Erschwernis auf den Transportwegen, welche auf den Wirtschaftsaustausch im Lande Auswirkungen haben und sie bewirken auch somit die hohe Arbeitslosigkeit im Lande. Auf den Hauptstraßen zwischen verschiedenen Provinzen, außerhalb Kabul, Mazar-e Sharif, Bamiyan, Taluqan, Herat, Hauptstadt von Badakhschan, Faizabad usw. herrscht große Unsicherheit, wenn die Menschen ihre Heimatregionen erreichen wollen oder wenn sie in andere Regionen mit Linienbussen oder Taxis reisen wollen. Es kommt immer wieder vor, dass die Taliban vereinzelt einzelne Menschen aus den Bussen und Linientaxis herauszerren und mitnehmen.
Die Städte Mazar-e Sharif, Kabul, Herat, Bamiyan zählen derzeit zu relativ sicheren Städten Afghanistans. Der Grund liegt darin, dass die Sicherheitsmaßnahmen in diesen Städten seitens der Behörde und der ausländischen Truppen erhöht worden sind. Aber sie bieten fremden Menschen, d.h. Menschen aus anderen Provinzen keine Arbeitsmöglichkeit, aber auch keine Wohnmöglichkeit, wenn die Fremden keine Verwandten dort haben oder wenn sie keinen Arbeitsplatz vorweisen können.
Die Stadt Kabul wurde bis vor zwei Wochen, begonnen von September 2015 bis Mitte April 2016, von größeren Attentaten verschont. Aber am 19.04.2016 haben die Taliban wieder zugeschlagen und einen Lastwagen voll Sprengstoff zur Explosion gebracht, bei der 300 Menschen schwer verletzt und mehr als 60 Menschen getötet worden sind. Dieses Attentat galt zwar dem 10. Präsidium des Staatssicherheitsdienstes, aber dabei starben mehr Zivilisten als die Mitglieder der Behörde.
1.2.3. Gutachten des länderkundigen Sachverständigen XXXX im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.05.2016:
Betreffend die Sicherheitslage in Großstädten: Kabul, Herat, Bamiyan und Mazar-e Sharif:
Die Sicherheitslage in Kabul hat sich aufgrund der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen seitens des afghanischen Verteidigungs- und Innenministeriums sowie seitens des Staatssicherheitsdienstes gegenüber den letzten Monaten relativ gebessert. Die Internationale Sicherheitskräfte sind auch an dieser Aktion zur Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen beteiligt. Das erneute Engagement der ausländischen Truppen kann die Sicherheit in Großstädten wesentlich verbessern. Es gibt wenige Anschläge seitens der Taliban und die Sicherheitsbehörde nimmt oft die Selbstmordattentäter fest, bevor sie ihre Anschläge durchführen. Im letzten Monat hat es in Kabul einen Anschlag gegeben, wobei mehr als 28 Leute getötet und hunderte Personen leichten bis schwere Verletzungen davontrugen, (Siehe dazu:
(http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/kabul-afghanistan-bombenexplosion-opfer , http://www.n-tv.de/politik/28-Menschen-bei-Anschlag-in-Kabul-getoetet-article17501806.html )
Dieser Anschlag galt einem Amt des Staatssicherheitsdienstes. Während meiner Forschungsreise nach Kabul vom 21. März bis 02. April 2016 habe ich beobachten können, dass die Sicherheitslage in der Stadt Kabul relativ ruhig war. Aber man kann nicht ausschließen, dass die Taliban wieder vereinzelt Anschläge verüben können. Ich habe bezüglich die Sicherheitslage zusätzlich zu meinen Informationen in der heutigen Verhandlung, 04. 05. 2016, nach Afghanistan angerufen und meine Mitarbeiter über die derzeitige Sicherheitslage in Kabul gefragt. Nach deren Angaben ist die Situation in Kabul ruhig und es sind keine nennenswerte weitere Anschläge in Kabul zu verzeichnen. Bei der Beurteilung der Sicherheitslage in Kabul berücksichtige ich auch, was die Bevölkerung von Kabul von der Sicherheit ihrer Stadt halten. Es gibt Zeiten in Kabul, in denen unter der Bevölkerung ständig von der schlechten Sicherheitslage gesprochen wird und es Zeiten, wie seit Anfang Mai 2016, in denen die Leute in Kabul auf die Frage, wie die Sicherheitslage in ihrer Stadt wäre, mit dem Satz "derzeit Gut, reagieren. Ich möchte bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Sicherheitslage in den meisten Provinzen Afghanistans prekär bis sehr prekär ist, aber in folgenden Großstädten ist die Sicherheitslage insofern besser, weil die Taliban zwar vereinzelt Anschläge in diesen Städten verüben können, aber nicht in der Lage sind in diesen Städten bestimmte Bezirke einzunehmen und für eine Weile unter ihrer Kontrolle zu halten. Das sind: Kabul, Mazar-e Sharif, Herat und Bamiyan.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Feststellungen zu Identität, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers gründen auf dessen insofern unbedenklichen Angaben. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person im Asylverfahren.
Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.
Das BFA ist zu Recht davon ausgegangen, dass es der Beschwerdeführer nicht vermochte, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung glaubhaft zu machen:
Der Beschwerdeführer gab in der Einvernahme vor dem BFA am 02.04.2016 an, dass er sowohl Angst vor den Feinden seines Vaters als auch vor seinem Onkel habe. Aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 14.12.2016 ist jedoch davon auszugehen, dass eine konkret Bedrohung durch die "Feinde" des Vaters nicht vorliegt. Der Beschwerdeführer konnte nicht angeben, wer seinen Vater getötet hat. Zudem gab der Beschwerdeführer explizit an, dass er von den Feinden seines Vaters nicht bedroht wurde. Für das Bundesverwaltungsgericht ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer aufgrund eines Vorfalles (Tötung seines Vaters), der sich vor ca. 15 Jahren abgespielt haben soll, noch immer einer akuten Bedrohung ausgesetzt sein soll.
Zum Fluchtvorbringen bezüglich seines Onkels ist zunächst auszuführen, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich keine gleichbleibenden Angaben gemacht hat. Einerseits führte der Beschwerdeführer aus, dass er immer wieder den Gewalttätigkeiten seines Onkels ausgesetzt worden wäre. Andererseits gab er in der Einvernahme vor dem BFA auch an, dass er aufgrund der Bedrohungen durch die Feinde seines Vaters "in diesen Fällen" immer zu seinem Onkel gegangen sei, um offenkundig bei ihm Schutz zu suchen. In der unmittelbar darauffolgenden Aussage vor dem BFA gab der Beschwerdeführer wiederum zu Protokoll, dass er nicht von "diesen Personen", sondern von seinem Onkel bedroht worden sei. Diese Aussagen sind somit nicht als schlüssig zu bewerten. Zudem gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erstmals an, dass ihm der Onkel gedroht habe, ihn an die Taliban zu verkaufen. Weder in der Einvernahme vor dem BFA, noch in der Beschwerde vom 27.05.2016 finden sich diesbezügliche Ausführungen (siehe dazu näher unten, 3., rechtliche Beurteilung).
Selbst wenn sich die Vorfälle mit seinem Onkel (Gewalt gegen den Beschwerdeführer) in der vom Beschwerdeführer geschilderten Weise abgespielt hätten, wäre dieses Fluchtvorbingen nicht asylrelevant (siehe dazu unten 3. rechtliche Beurteilung).
Zum Aufenthalt in Herat ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgesagt hat, dass er u.a. auf dem Bau gearbeitet und jede Gelegenheit genutzt habe, eine Arbeit zu machen; es seien verschiedene Arbeiten gewesen. Völlig im Widerspruch dazu, gab der Beschwerdeführer an anderer Stelle an, dass er in Herat nicht allzu oft aus der Unterkunft hinausgegangen sei. Wenn als der Beschwerdeführer tatsächlich "jede Gelegenheit" für eine Arbeit genutzt haben sollte, dann ergibt sich daraus zwangsläufig, dass er häufiger seine Unterkunft zur Verrichtung seiner Arbeit verlassen musste. Nicht nachvollziehbar ist außerdem, warum der Beschwerdeführer in der Stadt Herat nicht sicher vor seinem Onkel gewesen sein soll. Herat ist die zweitgrößte Stadt nach Kabul mit ca. 477.500 Einwohnern. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Onkel den Beschwerdeführer tatsächlich finden sollte, ist daher sehr gering, zumal der Onkel ja überhaupt nicht mehr wusste, wo sich der Beschwerdeführer nunmehr in Afghanistan aufhielt. Der Beschwerdeführer hätte sich theoretisch ja auch in einer anderen Provinz vor seinem Onkel "verstecken" können. Fest steht jedenfalls, dass der Onkel des Beschwerdeführers diesen nicht in Herat gefunden hat und somit der Beschwerdeführer in der Zeit in Herat auch nicht von diesem bedroht worden ist.
Schließlich sind die Aussagen des Beschwerdeführers am Ende der mündlichen Verhandlung zur "Apostasie" nicht glaubwürdig. Der Beschwerdeführer hat weder in der Einvernahme vor dem BFA, noch im Rahmen der Befragung durch das Bundesverwaltungsgericht zu seinen Fluchtgründen von sich aus auf diesen Tatbestand hingewiesen. Erst durch die nachträglich gezielt gestellten Fragen seiner Rechtsvertreterin hat der Beschwerdeführer erstmals verschiedene Ausführungen bezüglich seines angeblichen "Glaubensabfall" getätigt. Der Beschwerdeführer hat auf die Frage seiner Rechtsvertreterin unter anderem ausgesagt: "Seit ich in Europa bin, habe ich meinen Glauben an den Islam und Gott komplett aufgegeben." Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes würde ein tatsächlich überzeugter Atheist auf diesen Tatbestand, der unter Umständen asylrelevant sein könnte, bei der ersten sich ihm bietenden Gelegenheit hinweisen. Der Beschwerdeführer hat aber weder in der Erstbefragung, noch in der Einvernahme vor dem BFA bzw. zu Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein diesbezügliches Vorbringen erstattet. Für das Bundesverwaltungsgericht sind daher die nunmehrigen Aussagen als "gesteigertes Vorbringen" zu qualifizieren und daher nicht glaubhaft.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 82/2015, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (siehe insbesondere § 1 BFA-VG, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 25/2016).
Gemäß § 3 BFA-G, BGBl. I 87/2012 idF BGBl. I 70/2015, obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 Statusrichtlinie [RL 2011/95/EU ] verweist.). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (in der Fassung des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 25.01.2001, 2001/20/0011).
Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 23.07.1999, 99/20/0208; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität er-reichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).
Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit aufgrund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.03.1999, 98/01/0352 mwN; 15.03.2001, 99/20/0036). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).
2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung). Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Gemäß § 20 Abs. 1 BFA-VG dürfen in einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesamtes neue Tatsachen und Beweismittel nur vorgebracht werden,
1. wenn sich der Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nach der Entscheidung des Bundesamtes maßgeblich geändert hat;
2. wenn das Verfahren vor dem Bundesamt mangelhaft war;
3. wenn diese dem Fremden bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes nicht zugänglich waren oder
4. wenn der Fremde nicht in der Lage war, diese vorzubringen.
Dem Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund ersichtlich, warum der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertreter nicht bereits im Verfahren vor dem BFA von sich aus (aktiv) darauf hingewiesen hat, dass der Onkel des Beschwerdeführers diesen den Taliban verkaufen hätte wollen, zumal ihm im Zuge der Einvernahme die Möglichkeit eingeräumt wurde, sämtliche Fluchtgründe darzulegen. Auch in der Beschwerde vom 27.05.2016 findet sich diesbezüglich kein Hinweis. Demzufolge ist auch nicht von einem mangelhaften Verfahren vor dem BFA iSd § 20 Abs. 1 Z 2 BFA-VG auszugehen. Auch die Tatbestände des § 20 Abs. 1 Z 3 und 4 BFA-VG scheiden gegenständlich aus. Die nachträglichen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2016 sind daher vom Neuerungsverbot iSd § 20 Abs. 1 BFA-VG umfasst.
Das zentrale Vorbringen des Beschwerdeführers betraf die immer wiederkehrende Gewalt seines Onkels gegen ihn, das An-Sich-Nehmen des Verkaufserlöses aus dem Grundstück und die anschließende Flucht sowie dass er befürchte, vom Onkel aufgefunden bzw. verfolgt zu werden. Es wurde vom Beschwerdeführer jedoch zu keinem Zeitpunkt vorgebracht und ist auch sonst nicht ersichtlich, dass diese behauptete Verfolgung auf einem der in der GFK abschließend aufgezählten Gründe beruhen würde. Vielmehr handelt es sich dabei um rein private Probleme (zu Privatverfolgung, die in keinem Zusammenhang mit einem Konventionsgrund steht, vgl. VwGH 23.11.2006, 2005/20/0406). Das Bundesverwaltungsgericht verkennt zwar keineswegs, dass der Beschwerdeführer aufgrund der durch seinen Onkel an ihn verübten Gewalt (höchstwahrscheinlich) unter Angstzuständen gelitten haben dürfte. Jedoch ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass Gewalt in der Familie kein spezifisch den afghanischen Lebensgepflogenheiten zurechenbares Problem darstellt. Würde man daher allein aufgrund der Tatsache, dass Beschwerdeführer Gewalt durch Familienangehörige erleiden, einen Asylstatus anerkennen, hätte dies uferlose Asylgewährungen zur Folge. Ein solches Ergebnis wäre aber mit den Zielsetzungen der GFK, die nur aus ganz bestimmten Gründen den Asylstatus vorsehen, nicht mehr in Einklang zu bringen. Abgesehen davon wäre rein praktisch nur sehr schwer zu differenzieren, ab welcher Form und Intensität der Gewalt eine Asylrelevanz gegeben sein müsste.
Zu den Ausführungen in der Beschwerde, eine Unterschlagung von Geld in der geschilderten Form sei in Afghanistan strafbar und es würden menschenrechtswidrige Haftbedingungen drohen, ist festzuhalten: Wenn ein Beschwerdeführer wegen der Begehung einer von ihm begangenen Straftat verfolgt wird, so ist eine derartige Verfolgung in der Regel kein Grund für die Anerkennung als Flüchtling (VwGH 25.03.1999, 98/20/0431).
Es waren auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beschwerdeführer - so wie von diesem vorgebracht - als Angehöriger der Ethnie der Hazara alleine wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit in Afghanistan aktuell einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
Aus den obigen Länderfeststellungen ergeben sich keine Hinweise auf eine Gruppenverfolgung der Hazara, vielmehr hat sich deren Situation in Afghanistan seit dem Ende der Talibanherrschaft nachhaltig und wesentlich verbessert.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 13.10.2015, Ra 2015/19/0106, eine Gruppenverfolgung der Hazara mit der Begründung nicht aus, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Lage der Hazara keine Feststellungen getroffen habe, welcher Umstand vorliegend jedoch hier nicht der Fall ist. In zahlreichen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (teilweise auch nach Einholung länderkundlicher Sachverständigengutachten) wurde eine Verfolgung ausschließlich aufgrund der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara durchgehend verneint (z.B. erst jüngst BVwG 24.10.2016, W191 2106225-2/10E; BVwG 09.05.2016, W119 2012593-1/20E, BVwG 18.04.2016, W171 2015744-1, BVwG 13.11.2015, W124 2014289-1/8E und viele andere mehr).
Der Verwaltungsgerichtshof judizierte in den letzten Jahren keine Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan, zum Unterschied zur Region Quetta in Pakistan (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048). Es ist daher anzunehmen, dass der Verwaltungsgerichtshof, sollte er der Auffassung sein, dass eine Gruppenverfolgung - auch lokal - in Afghanistan aktuell festzustellen wäre, in der zahlreich zu Afghanistan ergangenen Judikatur dies auch festgestellt hätte (siehe auch jüngst BVwG 16.06.2016, W159 2105321-1/8E).
Auch der EGMR sprach in seiner Entscheidung vom 12.07.2016, 29094/09, A.M./Niederlande, aus, dass weder die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara noch die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan als solche zu einem derart hohen Risiko führen würde, dass bei einer Rückkehr automatisch die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK bestehe.
Auch aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für den Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. etwa VwGH vom 17.06.1993, 92/01/1081; 14.03.1995, 94/20/0798). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (vgl. etwa VwGH 09.05.1996, 95/20/0161; 30.04.1997, 95/01/0529; 08.09.1999, 98/01/0614). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist (dies gilt gleichermaßen für die vom Beschwerdeführer angedeuteten Gefahren, die sich aus der allgemeinen Sicherheitslage in Afghanistan ergeben).
Zu den seitens der Vertreterin des Beschwerdeführers zitierten Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes ist festzuhalten, dass diesen völlig andere Sachverhalte zugrunde lagen: Im Erkenntnis des BVwG vom 05.11.2014, W169 1425270-1/8E, wurde festgestellt, dass der Vater des Beschwerdeführers immer wieder von seinen Feinden - einer wohlhabenden und einflussreichen Familie aus dem Nachbardorf, welche sowohl Verbindungen zur Regierung als auch zu anderen Gruppierungen hatte - schikaniert wurde. In der Beweiswürdigung wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einvernahme vor dem Bundesasylamt erst 15 Jahre alt war und daher ein anderer Maßstab als bei einem Volljährigen anzulegen ist. Der Sachverhalt im Erkenntnis des BVwG vom 30.11.2015, W188 1414962-1/21E, kann schon deshalb mit dem gegenständlichen nicht verglichen werden, da dieser eine Form der "Blutrache" betraf. Zudem lag nach den Feststellungen in den beiden zitierten Erkenntnissen eine "komplexe" posttraumatische Belastungsstörung hinsichtlich der Beschwerdeführer vor. Eine derartige Diagnose konnte aber im gegenständlichen Fall beim Beschwerdeführer nicht festgestellt werden.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Daher war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zahl 95/18/0049; 05.04.1995, Zahl 95/18/0530;
04.04.1997, Zahl 95/18/1127; 26.06.1997, Zahl 95/18/1291;
02.08.2000, Zahl 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zahl 93/18/0214)
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zahl 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zahl 98/01/0122; 25.01.2001, Zahl 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zahl 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zahl 95/21/0294; 25.01.2001, Zahl 2000/20/0438; 30.05.2001, Zahl 97/21/0560).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;
13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;
16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).
Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zahl 2001/21/0137).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Vom Bundesverwaltungsgericht wird nicht verkannt, dass die Heimatprovinz des Beschwerdeführers, Ghor, als eine der unterentwickelten Provinzen Afghanistans angesehen wird und nicht zu den "sichersten" Provinzen gezählt werden kann. Zudem ist es nicht von vornherein auszuschließen, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Ghor tatsächlich den Gewalttaten seines Onkels ausgesetzt war. In der Provinz Ghor lebt aber - nach den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers - nur noch der Onkel des Beschwerdeführers. Bei einer Rückkehr in sein Heimatdorf könnte der Beschwerdeführer neuerlich der Gewalt seines Onkels ausgesetzt sein und könnte demzufolge kein "sicheres" Leben führen. Jedoch besteht für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Stadt Herat. Dies aus nachfolgenden Erwägungen:
Fest steht, dass der Beschwerdeführer ca. sieben bis acht Monate in der Stadt Herat gelebt und verschieden Arbeitstätigkeiten verrichtet hat. Der Beschwerdeführer ist also mit den örtlichen Gegebenheiten in der Stadt Herat vertraut. Aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zudem, dass die Provinz Herat - im Vergleich zu anderen Provinzen - nicht als derart unsicher qualifiziert werden kann, dass es einem Beschwerdeführer von vornherein verunmöglicht würde, dorthin zurück zu gelangen. Das gilt insbesondere für die Hauptstadt, die über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit dem Bestehen eines Flughafens, der für den zivilen Flugverkehr geeignet ist, verfügt. Auch aus den (aktuellen) Gutachten des länderkundigen Sachverständigen XXXX geht hervor, dass insbesondere die Stadt Herat derzeit zu einer relativ sicheren Stadt Afghanistans gezählt werden kann.
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Es ist daher anzunehmen, dass er in der Stadt Herat (wiederum) in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage kommen wird. Zudem hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er in der Stadt Herat eine Gruppe von Leuten kennen gelernt hat, mit denen er manchmal zusammen gearbeitet hatte.
Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist auszuführen, dass der seitens des BFA bestellte Sachverständige, Prim. Dr. XXXX , LL.M, beim Beschwerdeführer zwar eine Anpassungsstörung mit einer leichtgradig depressiven Reaktion, jedoch keine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert hat. Auch in den seitens des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten aktuellen ärztlichen Befunden geht keine diesbezügliche Diagnose hervor (vgl. Beilage /B der Verhandlungsschrift vom 14.12.2016). Abgesehen davon ist aufgrund der herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen festzuhalten, dass eine Behandlung von psychischen Erkrankungen in der Stadt Herat möglich ist.
Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: zB Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, Zl. BVerwG 10 C 10.09; weiters EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 84; 20.12.2011, J.H. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 48839/09, Rz 55).
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
III. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit März 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR vom 27.10.1994, 18535/91 Kroon und andere gg. die Niederlande, Z 30; EGMR vom 22.04.1997, 21.830/93, X,Y und Z gg. Vereinigtes Köngreich, Z 36)
Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, 48321/99, Slivenko gg. Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:
Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).
Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Wie bereits vom BFA festgestellt, befindet sich der Bruder des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, womit aber insoweit ein familiärer Anknüpfungspunkt mit in Österreich aufhältigen Familienangehörigen besteht. Wie das BFA jedoch weiters richtigerweise festgehalten hat, ist der Beschwerdeführer volljährig, womit aber eine Obsorgeverpflichtung seitens seines Bruders nicht besteht und daher auch kein Familienverfahren zu führen war.
Im Hinblick auf die kurze Zeitspanne, seit der sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält (März 2015), kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale - wie etwa Unbescholtenheit und Deutschkenntnisse - eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zl. 2008/21/0533; VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.
Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach und verfügt auch nicht über eine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer hat zwar Deutschkenntnisse vorzuweisen, verfügt aber nicht über sonstige Abschlüsse. Der Beschwerdeführer konnte zudem nicht belegen, dass er über einen ausreichenden Freundeskreis in Österreich verfügt. Im Übrigen bewirkt der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach
§ 55 AsylG nicht gegeben.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Wie bereits oben ausgeführt sieht auch der EGMR in seiner jüngsten Rechtsprechung die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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