VfGH V533/2020

VfGHV533/202023.2.2021

Gesetzwidrigkeit von Bestimmungen der COVID-19-LockerungsV betreffend die Benützung von Kraftfahrzeugen durch nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen mangels nachvollziehbarer Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen

Normen

B-VG Art139 Abs1 Z3
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2
COVID-19-LockerungsV, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 266/2020 §4 Abs1
COVID-19-LockerungsV, BGBl II 197/2020 idF BGBl II 342/2020 §4 Abs2
ZPO §28
VfGG §7 Abs2, §57 Abs1, §61a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V533.2020

 

Spruch:

I. 1. §4 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV), BGBl II Nr 197/2020, idF BGBl II Nr 266/2020 und §4 Abs2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV), BGBl II Nr 197/2020, idF BGBl II Nr 342/2020 waren gesetzwidrig.

2. Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzuwenden.

3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

4. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ist schuldig, dem Antragsteller die mit € 240,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B‑VG begehrt der Antragsteller mit seinem am 11. September 2020 eingebrachten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge

"1. […] In der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung-COVID19-LV), BGBl II Nr 197/2020, die Bestimmungen:

1.1. in §1 die Wortfolge im Satz 1 'und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen'

1.2. §2 Abs1a und 2 zur Gänze

1.3. §3 Abs3 und 4 zur Gänze

1.4. §4 zur Gänze

1.5. §10 Abs7 zur Gänze

1.6. in §10 Abs8 Satz 2 'Weiters ist in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.'

1.7. In §10 Abs11 Z3 die Wortfolge 'mit der Maßgabe, dass Teilnehmer eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen haben, sofern nicht ein Abstand von mindestens einem Meter zwischen Teilnehmern, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, eingehalten werden kann.'

1.8. §10 Abs13 zur Gänze

1.9. In §10a Abs3 Z1 die Wortfolge 'kann dieser nicht eingehalten werden, ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.'

1.10. §10a Abs3 Z2 zur Gänze

1.11. Z2 des §10b Abs1, sohin die Wortfolge '2. Das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung entfallen,' "

 

als gesetz- und verfassungswidrig aufheben.

 

 

II. Rechtslage

1. Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV), BGBl II 197/2020 (§12), idF BGBl II 231/2020 (§3), BGBl II 266/2020 (§5), BGBl II 287/2020 (§§6, 7, 9 und 11a), BGBl II 299/2020 (§§10a und 10b), BGBl II 332/2020 (§§1, 2) und BGBl II 342/2020 (§§4, 8, 10, 11 und 13), lautete zum Zeitpunkt der Antragstellung (11. September 2020) wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Massenbeförderungsmittel

§1. Im Massenbeförderungsmittel ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Ist auf Grund der Anzahl der Fahrgäste sowie beim Ein- und Aussteigen die Einhaltung des Abstands von mindestens einem Meter nicht möglich, kann davon ausnahmsweise abgewichen werden.

 

Kundenbereiche

§2. (1) Beim Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

 

(1a) Beim Betreten des Kundenbereichs in geschlossenen Räumen

1. von öffentlichen Apotheken,

2. von Betriebsstätten des Lebensmitteleinzelhandels (einschließlich Verkaufsstätten von Lebensmittelproduzenten sowie Tankstellen mit angeschlossenen Verkaufsstellen von Lebensmitteln),

3. von Banken, und

4. der Post einschließlich Postpartnern und

5. durch Besucher von Pflegeheimen, Krankenanstalten und Kuranstalten sowie von Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden,

ist zusätzlich eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Die Betreiber sowie deren Mitarbeiter haben bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.

 

(2) Kann auf Grund der Eigenart der Dienstleistung der Mindestabstand von einem Meter zwischen Kunden und Dienstleister nicht eingehalten werden, ist dies nur zulässig, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(3) Abs1 ist sinngemäß auf geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung anzuwenden.

 

(4) Abs1 ist sinngemäß auf Märkte im Freien anzuwenden.

 

(5) Beim Betreten von Pflegeheimen, Krankenanstalten und Kuranstalten sowie beim Betreten von Orten, an denen Gesundheits- und Pflegedienstleistungen erbracht werden, hat der Betreiber bzw Dienstleistungserbringer durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren.

 

(6) Abweichend von Abs1 gilt beim Betreten von Veranstaltungsorten in Betriebsstätten §10 Abs6 bis 9 sinngemäß.

 

Ort der beruflichen Tätigkeit

§3. (1) Am Ort der beruflichen Tätigkeit ist zwischen den Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(2) Die Verpflichtung zum Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung in Bereichen, wo dies nicht ohnehin auf Grund anderer Rechtsvorschriften verpflichtend erforderlich ist, ist nur im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig.

 

(3) Kann auf Grund der Eigenart der beruflichen Tätigkeit der Abstand von mindestens einem Meter zwischen Personen nicht eingehalten werden, ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren, etwa durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen, wie das Bilden von festen Teams, der Anbringung von Trennwänden oder Plexiglaswänden.

 

(4) Die Abs1 bis 3 sind sinngemäß auf Fahrzeuge des Arbeitgebers anzuwenden, wenn diese während der Arbeitszeit zu beruflichen Zwecken verwendet werden.

 

Fahrgemeinschaften, Gelegenheitsverkehr, Ausflugsschiffe, Seil- und Zahnradbahnen

§4. (1) Die gemeinsame Benützung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist nur zulässig, wenn in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert werden. Gleiches gilt auch für Taxis und taxiähnliche Betriebe, für Aus- und Weiterbildungsfahrten, sowie an Bord von Luftfahrzeugen, welche nicht als Massenbeförderungsmittel gelten.

 

(2) Abweichend von Abs1 ist zusätzlich für Taxis und taxiähnliche Betriebe sowie für Schülertransporte im Sinne der §§30a ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967, für Transporte von Personen mit besonderen Bedürfnissen und für Kindergartenkinder-Transporte §1 sinngemäß anzuwenden.

 

(3) Bei der Beförderung von Personen in Seil- und Zahnradbahnen, Reisebussen und Ausflugsschiffen ist §1 sinngemäß anzuwenden. Im Freiluftbereich von Ausflugsschiffen ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

 

Einrichtungen nach dem Bäderhygienegesetz

§5. Einrichtungen nach §1 Abs1 Z1 bis 7 Bäderhygienegesetz – BHygG, BGBl Nr 254/1976, dürfen nur betreten werden, wenn der Betreiber im Hinblick auf die besonderen Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von COVID-19 seine Verpflichtungen gemäß §13 BHygG evaluiert sowie seine Maßnahmen und die Badeordnung entsprechend dem Stand der Wissenschaft adaptiert. §2 Abs1 gilt.

 

Gastgewerbe

§6. (1) Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe ist unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig.

 

(2) Der Betreiber darf das Betreten der Betriebsstätte für Kunden nur im Zeitraum zwischen 05.00 und 01.00 des folgenden Tages Uhr zulassen. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

 

(3) Der Betreiber hat sicherzustellen, dass die Konsumation von Speisen und Getränken nicht in unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle erfolgt.

 

(4) Der Betreiber hat die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Besuchergruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(5) Vom erstmaligen Betreten der Betriebsstätte bis zum Einfinden am Verabreichungsplatz hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Beim Verlassen des Verabreichungsplatzes hat der Kunde gegenüber anderen Personen, die nicht zu seiner Besuchergruppe gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

 

(6) Selbstbedienung ist zulässig, sofern durch besondere hygienische Vorkehrungen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(7) Die Abs1 bis 10 gelten nicht für Betriebsarten der Gastgewerbe, die innerhalb folgender Einrichtungen betrieben werden:

1. Krankenanstalten und Kureinrichtungen;

2. Pflegeanstalten und Seniorenheime;

3. Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten;

4. Betrieben, wenn diese ausschließlich durch Betriebsangehörige genützt werden dürfen;

5. Massenbeförderungsmittel.

 

Beherbergungsbetriebe

§7. (1) Das Betreten von Beherbergungsbetrieben ist unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zulässig.

 

(2) Beherbergungsbetriebe sind Unterkunftsstätten, die unter der Leitung oder Aufsicht des Unterkunftgebers oder eines von diesem Beauftragten stehen und zur entgeltlichen oder unentgeltlichen Unterbringung von Gästen zu vorübergehendem Aufenthalt bestimmt sind. Beaufsichtigte Camping- oder Wohnwagenstellplätze, Schutzhütten und Kabinenschiffe gelten ebenfalls als Beherbergungsbetrieb.

 

(3) Der Gast hat in allgemein zugänglichen Bereichen gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben oder nicht zur Gästegruppe in der gemeinsamen Wohneinheit gehören, einen Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(4) Die Nächtigung in einem Schlaflager oder in Gemeinschaftsschlafräumen ist nur zulässig, wenn gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens 1,5 Meter eingehalten wird oder durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(5) Für das Betreten von gastronomischen Einrichtungen in Beherbergungsbetrieben gelten die in §6 Abs2 bis 6 genannten Voraussetzungen. Angehörige einer Gästegruppe (Abs3) sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.

 

(6) Für das Betreten von Fitnessbereichen in Beherbergungsbetrieben gelten die in §8 genannten Voraussetzungen. Angehörige einer Gästegruppe (Abs3) sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.

 

(7) Für das Betreten von Wellnessbereichen in Beherbergungsbetrieben gelten die in §5 genannten Voraussetzungen. Angehörige einer Gästegruppe (Abs3) sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.

 

Sport

§8. (1) Das Betreten von Sportstätten gemäß §3 Z11 BSFG 2017, BGBl I Nr 100/2017, ist unter den Voraussetzungen des §2 Abs1 zulässig.

 

(2) Abs1 gilt nicht bei der Sportausübung. Bei der Ausübung von Sportarten, bei deren sportartspezifischer Ausübung es zu Körperkontakt kommt, im Rahmen von Vereinen oder auf nicht öffentlichen Sportstätten gemäß §3 Z11 BSFG 2017 hat der Verein oder der Betreiber der Sportstätte ein COVID-19-Präventionskonzept zur Minimierung des Infektionsrisikos auszuarbeiten und umzusetzen. Dieses COVID-19-Präventionskonzept hat zumindest folgende Themen zu beinhalten:

1. Verhaltensregeln von Sportlern, Betreuern und Trainern,

2. Vorgaben für Trainings- und Wettkampfinfrastruktur,

3. Hygiene- und Reinigungsplan für Infrastruktur und Material,

4. Regelungen zum Verhalten beim Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion.

Das COVID-19-Präventionskonzept kann auch ein datenschutzkonformes System zur Nachvollziehbarkeit von Kontakten im Rahmen von Trainingseinheiten und Wettkämpfen wie beispielsweise ein System zur Erfassung von Anwesenheiten auf freiwilliger Basis beinhalten.

 

(3) Bei der Ausübung von Mannschaftssport oder Sportarten, bei deren sportartspezifischer Ausübung es zu Körperkontakt kommt, durch Spitzensportler gemäß §3 Z6 BSFG 2017, auch aus dem Bereich des Behindertensports, ist vom verantwortlichen Arzt ein dem Stand der Wissenschaft entsprechendes COVID-19-Präventionskonzept zur Minimierung des Infektionsrisikos auszuarbeiten und dessen Einhaltung laufend zu kontrollieren. Vor erstmaliger Aufnahme des Trainings- und Wettkampfbetriebes ist durch molekularbiologische Testung nachzuweisen, dass die Sportler SARS-CoV-2 negativ sind. Bei Bekanntwerden einer SARS-CoV-2-Infektion bei einem Sportler, Betreuer oder Trainer sind in den folgenden 14 Tagen nach Bekanntwerden der Infektion vor jedem Wettkampf alle Sportler, alle Betreuer und Trainer einer molekularbiologischen Testung auf das Vorliegen von SARS-CoV-2 zu unterziehen.

 

(4) Das COVID-19-Präventionskonzept gemäß Abs3 hat zumindest folgende Themen zu beinhalten:

1. Schulung von Sportlern und Betreuern in Hygiene, Verpflichtung zum Führen von Aufzeichnungen zum Gesundheitszustand,

2. Verhaltensregeln von Sportlern, Betreuern und Trainern außerhalb der Trainings- und Wettkampfzeiten,

3. Gesundheitschecks vor jeder Trainingseinheit und jedem Wettkampf,

4. Vorgaben für Trainings- und Wettkampfinfrastruktur,

5. Hygiene- und Reinigungsplan für Infrastruktur und Material,

6. Nachvollziehbarkeit von Kontakten im Rahmen von Trainingseinheiten und Wettkämpfen,

7. Regelungen zum Verhalten beim Auftreten von COVID-19-Symptomen,

8. bei Auswärtswettkämpfen Information der dort zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde, dass ein Erkrankungsfall an COVID-19 bei einem Sportler, Betreuer oder Trainer aufgetreten ist.

 

(5) Flugfelder gemäß Luftfahrtgesetz, BGBl Nr 253/1957, sind Sportstätten gleichgestellt.

 

Sonstige Einrichtungen

§9. Das Betreten des Besucherbereichs von Museen, Ausstellungen, Bibliotheken, Archiven samt deren Lesebereichen sowie von sonstigen Freizeiteinrichtungen ist unter den Voraussetzungen des §2 Abs1 zulässig.

 

Veranstaltungen

§10. (1) Als Veranstaltungen im Sinne dieser Verordnung gelten insbesondere geplante Zusammenkünfte und Unternehmungen zur Unterhaltung, Belustigung, körperlichen und geistigen Ertüchtigung und Erbauung. Dazu zählen jedenfalls kulturelle Veranstaltungen, Sportveranstaltungen, Hochzeiten, Begräbnisse, Filmvorführungen, Ausstellungen, Vernissagen, Kongresse, Angebote der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit, Schulungen und Aus- und Fortbildungen.

 

(2) Mit 1. Juli 2020 sind Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze mit mehr als 100 Personen untersagt. Mit 1. Juli 2020 sind Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen mit bis zu 250 Personen und im Freiluftbereich mit bis zu 500 Personen zulässig. Personen, die zur Durchführung der Veranstaltung erforderlich sind, sind in diese Höchstzahlen nicht einzurechnen. Für das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken an Besucher sowie für die Sperrstundenregelung gilt §6.

 

(3) Mit 1. August 2020 sind Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze mit mehr als 200 Personen untersagt. Mit 1. August 2020 sind Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen mit bis zu 500 Personen und im Freiluftbereich mit bis zu 750 Personen zulässig. Personen, die zur Durchführung der Veranstaltung erforderlich sind, sind in diese Höchstzahlen nicht einzurechnen. Für das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken an Besucher sowie für die Sperrstundenregelung gilt §6.

 

(4) Mit 1. August 2020 sind abweichend von Abs3 Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen mit bis zu 1000 Personen und im Freiluftbereich mit bis zu 1250 Personen mit Bewilligung der für den Veranstaltungsort örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig. Mit 1. September 2020 sind abweichend von Abs3 Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen in geschlossenen Räumen mit bis zu 5000 Personen und im Freiluftbereich mit bis zu 10000 Personen mit Bewilligung der für den Veranstaltungsort örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig. Die Entscheidungsfrist für die Bewilligung beträgt vier Wochen ab vollständiger Vorlage der Unterlagen. Voraussetzung für die Bewilligung ist ein COVID-19-Präventionskonzept des Veranstalters. In diesem Verfahren sind auch folgende Umstände als Voraussetzung für die Bewilligung zu berücksichtigen:

1. die epidemiologische Lage im Einzugsgebiet der Veranstaltung,

2. die Kapazitäten der örtlich zuständigen Gesundheitsbehörde im Falle einer notwendigen Kontaktpersonennachverfolgung aufgrund eines Verdachts- oder Erkrankungsfalls bei der Veranstaltung.

 

(5) Jeder Veranstalter von Veranstaltungen mit über 100 Personen und ab 1. August mit über 200 Personen hat einen COVID-19-Beauftragten zu bestellen und ein COVID-19-Präventionskonzept auszuarbeiten und dieses umzusetzen. Das COVID-19-Präventionskonzept hat insbesondere Vorgaben zur Schulung der Mitarbeiter und basierend auf einer Risikoanalyse Maßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos zu beinhalten. Hiezu zählen insbesondere:

1. Regelungen zur Steuerung der Besucherströme,

2. spezifische Hygienevorgaben,

3. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion,

4. Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen,

5. Regelungen betreffend die Verabreichung von Speisen und Getränken. Das COVID-19-Präventionskonzept kann auch ein datenschutzkonformes System zur Nachvollziehbarkeit von Kontakten wie beispielsweise ein System zur Erfassung von Anwesenheiten auf freiwilliger Basis beinhalten.

 

(5a) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Einhaltung der COVID-19-Präventionskonzepte stichprobenartig zu überprüfen.

 

(6) Bei Veranstaltungen mit zugewiesenen und gekennzeichneten Sitzplätzen ist ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben oder nicht einer gemeinsamen Besuchergruppe angehören, einzuhalten. Kann dieser Abstand auf Grund der Anordnungen der Sitzplätze nicht eingehalten werden, sind die jeweils seitlich daneben befindlichen Sitzplätze freizuhalten, sofern nicht durch andere geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(7) Beim Betreten von Veranstaltungsorten gemäß Abs6 in geschlossenen Räumen ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen. Dies gilt nicht, während sich die Besucher auf den ihnen zugewiesenen Sitzplätzen aufhalten. Wird der Abstand von einem Meter trotz Freilassen der seitlich daneben befindlichen Sitzplätze gemäß Abs6 seitlich unterschritten, ist jedoch auch auf den zugewiesenen Sitzplätzen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, sofern nicht durch andere geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann oder es sich um Personen handelt, die im gemeinsamen Haushalt leben oder derselben Besuchergruppe angehören.

 

(8) Bei Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Weiters ist in geschlossenen Räumen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

 

(9) Kann auf Grund der Eigenart einer Schulung, Aus- und Fortbildung

1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Personen und/oder

2. von Personen das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden,

ist durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren. Die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Teilnehmer, während sie sich auf ihren Sitzplätzen aufhalten sowie für Vortragende.

 

(10) Für Teilnehmer an Proben und Mitwirkende an künstlerischen Darbietungen gilt §3 sinngemäß. Für Zusammenkünfte zur beruflichen künstlerischen Dar-bietung in fixer Zusammensetzung gilt §8 Abs3 letzter Satz sinngemäß.

 

(11) Die Abs1 bis 9 gelten nicht für

1. Veranstaltungen im privaten Wohnbereich,

2. Veranstaltungen zur Religionsausübung,

3. Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, BGBl Nr 98/1953. Diese sind unter den Voraussetzungen des genannten Bundesgesetzes zulässig, mit der Maßgabe, dass Teilnehmer eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen haben, sofern nicht ein Abstand von mindestens einem Meter zwischen Teilnehmern, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, eingehalten werden kann.

4. Zusammenkünfte zu beruflichen Zwecken, wenn diese zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit erforderlich sind,

5. Zusammenkünfte von Organen politischer Parteien,

6. Zusammenkünfte von Organen juristischer Personen,

7. Zusammenkünfte gemäß Arbeitsverfassungsgesetz – ArbVG, BGBl 22/1974,

8. Betretungen von Theatern, Konzertsälen und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts, die mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen erfolgen.

 

(12) Bei Religionsausübung im Freien ist, gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Darüber hinaus hat der Veranstalter sicherzustellen, dass durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert wird.

 

(13) Von Maßnahmen gegen Versammlungsteilnehmer, die gegen die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanische Schutzvorrichtung verstoßen, ist nach Rücksprache mit der Gesundheitsbehörde abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch gelindere Mittel hergestellt werden kann oder Maßnahmen nicht verhältnismäßig wären.

 

Fach- und Publikumsmessen

§10a. (1) Fachmessen und Publikumsmessen sind mit Bewilligung der für den Veranstaltungsort örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zulässig. Die Entscheidungsfrist für die Bewilligung beträgt zwei Wochen ab vollständiger Vorlage der Unterlagen. In diesem Verfahren sind auch die epidemiologische Lage im Einzugsgebiet der Fachmesse oder Publikumsmesse und die Kapazitäten der örtlich zuständigen Gesundheitsbehörde im Falle einer notwendigen Kontaktpersonennachverfolgung aufgrund eines Verdachts- oder Erkrankungsfalls bei der Fachmesse oder Publikumsmesse zu berücksichtigen.

 

(2) Voraussetzung für die Bewilligung ist die Bestellung eines COVID-19-Beauftragten und ein COVID-19-Präventionskonzept des Veranstalters. Das COVID-19-Präventionskonzept ist vom Veranstalter umzusetzen. Es hat insbesondere Vorgaben zur Schulung der Mitarbeiter und von Personen mit Besucherkontakt sowie basierend auf einer Risikoanalyse Maßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos zu beinhalten. Hiezu zählen insbesondere:

1. Regelungen zur Steuerung der Besucherströme, zum Beispiel durch die Ver-gabe von Zeitfenstern und die Umsetzung eines Einbahnsystems für den Einlass,

2. spezifische Hygienevorgaben,

3. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion,

4. Regelungen betreffend die Nutzung sanitärer Einrichtungen,

5. Regelungen betreffend die Verabreichung von Speisen und Getränken.

Das COVID-19-Präventionskonzept kann auch ein datenschutzkonformes System zur Nachvollziehbarkeit von Kontakten wie beispielsweise ein System zur Erfassung von Anwesenheiten auf freiwilliger Basis beinhalten.

 

(3) Das Betreten des Besucherbereichs von Fachmessen und Publikumsmessen ist unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

1. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten, kann dieser nicht eingehalten werden, ist eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanischen Schutzvorrichtung zu tragen.

2. Der Veranstalter hat sicherzustellen, dass Personen mit Besucherkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.

 

(4) Für das Verabreichen von Speisen und den Ausschank von Getränken gilt §6.

 

(5) Für Einzelveranstaltungen wie zum Beispiel Vorträge oder Seminare im Rahmen von Fach- und Publikumsmessen gelten die Höchstgrenzen in §10 Abs2 bis 4 sinngemäß.

 

Außerschulische Jugenderziehung und Jugendarbeit, betreute Ferienlager

§10b. (1) Bei der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit oder bei betreuten Ferienlagern kann

1. der Mindestabstand von einem Meter gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, und

2. das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung entfallen,

sofern seitens des Trägers ein COVID-19-Präventionskonzept erstellt und umgesetzt wird.

 

(2) Dieses Präventionskonzept hat insbesondere Folgendes zu enthalten:

1. Schulung der Betreuer,

2. spezifische Hygienemaßnahmen,

3. organisatorische Maßnahmen, darunter die Gliederung in Kleingruppen von maximal 20 Personen, wobei die Interaktion zwischen den Kleingruppen auf ein Mindestmaß reduziert wird. Zwischen den Gruppen darf der Abstand von einem Meter nicht unterschritten werden. Personen, die zur Durchführung des Ferienlagers erforderlich sind, sind in diese Höchstzahl nicht einzurechnen.

4. Regelungen zum Verhalten bei Auftreten einer SARS-CoV-2-Infektion.

Das COVID-19-Präventionskonzept kann auch ein datenschutzkonformes System zur Nachvollziehbarkeit von Kontakten wie beispielsweise ein System zur Erfassung von Anwesenheiten auf freiwilliger Basis beinhalten.

 

(3) Für gastronomische Angebote, Beherbergung sowie für Sport- und Freizeitangebote ist Abs1 sinngemäß anzuwenden.

 

(4) §10 gilt sinngemäß.

 

Ausnahmen

§11. (1) Diese Verordnung gilt nicht für

1. Elementare Bildungseinrichtungen, Schulen gemäß Schulorganisationsgesetz, BGBl Nr 242/1962, ArtV Z2 der 5. SchOG-Novelle, BGBl Nr 323/1975 und Privatschulgesetz, BGBl Nr 244/1962, sowie land- und forstwirtschaftliche Schulen,

2. Universitäten gemäß Universitätsgesetz 2002, BGBl I Nr 120/2002 und Privatuniversitätengesetz, BGBl I Nr 74/2011, Fachhochschulen gemäß Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl Nr 340/1993, und Pädagogische Hochschulen gemäß Hochschulgesetz 2005, BGBl I Nr 30/2006,

3. Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung und Vollziehung mit Ausnahme des Parteienverkehrs in Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten, sofern keine anderslautenden Regelungen im Bereich der Hausordnung bestehen.

 

(2) Betretungsverbote sowie Bedingungen und Auflagen nach dieser Verordnung gelten nicht

1. zur Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,

2. zur Betreuung und Hilfeleistung von unterstützungsbedürftigen Personen oder

3. zur Wahrnehmung der Aufsicht über minderjährige Kinder.

 

(2a) Die Pflicht der Einhaltung eines Abstandes von einem Meter gilt nicht, wenn dies die Vornahme religiöser Handlungen erfordert.

 

(3) Das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr und für Personen, denen aus gesundheitlichen Gründen das Tragen der Vorrichtung nicht zugemutet werden kann.

 

(4) Die Verpflichtung zur Einhaltung des Abstandes gilt nicht zwischen Menschen mit Behinderungen und deren Begleitpersonen, die persönliche Assistenz- oder Betreuungsleistungen erbringen sowie unter Wasser.

 

(5) Sofern zwischen den Personen geeignete Schutzvorrichtungen zur räumlichen Trennung vorhanden sind, muss ein Abstand von einem Meter nicht eingehalten werden.

 

(6) Im Fall der Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind die Gründe der Inanspruchnahme der Ausnahme glaubhaft zu machen.

 

(7) Personen, die nur zeitweise im gemeinsamen Haushalt leben, sind Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gleichgestellt.

 

(8) Abweichend von §1 gilt die Verpflichtung zur Einhaltung des Abstands nicht in Luftfahrzeugen.

 

(9) Sperrstundenregelungen nach dieser Verordnung gelten nicht für geschlossene Gesellschaften, wenn zumindest drei Tage vor Beginn der Veranstaltung dem Betreiber der Betriebsstätte des Gastgewerbes oder dem Betreiber der Veranstaltungsstätte die Teilnehmer der Veranstaltung bekannt gegeben werden. Dabei ist sicherzustellen, dass die Betriebsstätte des Gastgewerbes oder der Veranstaltungsort ausschließlich durch Teilnehmer der geschlossenen Gesellschaft betreten werden.

 

Grundsätze bei der Mitwirkung nach §2a des COVID-19-Maßnahmengesetzes und §28a des Epidemiegesetzes 1950

§11a. Im Rahmen der Mitwirkung nach §2a des COVID-19-Maßnahmengesetzes und §28a des Epidemiegesetzes 1950 haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von Maßnahmen gegen Personen, die gegen eine Verhaltens- oder Unterlassungspflicht nach dieser Verordnung verstoßen, abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch gelindere Mittel hergestellt werden kann oder diese Maßnahmen nicht verhältnismäßig wären. Die Entscheidung, ob von einer Maßnahme gemäß dem ersten Satz abzusehen ist, ist auf Grundlage der epidemiologische Gefahrensituation im Zusammenhang mit COVID-19, insbesondere anhand von den örtlich zuständigen Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellten Informationen, zu treffen.

 

ArbeitnehmerInnenschutz und Bundesbedienstetenschutz

§12. Durch diese Verordnung werden das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl Nr 450/1994, und das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, BGBl I Nr 70/1999, nicht berührt.

 

Inkrafttreten und Übergangsrecht

§13. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Mai 2020 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2020 außer Kraft.

 

(2) Mit Ablauf des 30. April 2020 treten

1. die Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl II Nr 96/2020, und

2. die Verordnung gemäß §2 Z1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl II Nr 98/2020,

außer Kraft.

 

(3) §2 Abs3, §4 Abs2, §5 Abs1 Z3, 4 bis 6, der Entfall des §5 Abs5, §6, §7 Abs2, §7 Abs3 Z4 und 6, §7 Abs4, §8, §9 Abs1, 1a und 1b, Abs2, Abs4 und 5, §10 Abs2, 5 und 6, §11 Abs1 Z1, Abs2a und Abs5 in der Fassung BGBl II Nr 207/2020 treten mit Ablauf des 14. Mai 2020 in Kraft.

 

(4) §2 Abs3, §3 Abs3, die Überschrift von §4, §4 Abs2 und 3, §5 samt Überschrift, die Überschrift von §6, §6 Abs5 und 7, §7 samt Überschrift, §8 Abs1, 2 und 5, der Entfall von §8 Abs6 und 7, §9 samt Überschrift, §10 samt Überschrift, §11 Abs2a, die Überschrift zu §13 und §13 Abs1 in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 231/2020 treten mit Ablauf des 28. Mai 2020 in Kraft.

 

(4a) Die Änderungen in §10 durch die Novelle BGBl II Nr 239/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

(5) §9 Abs2 entfällt mit Ablauf des 30. Juni 2020.

 

(6) §2 Abs1, 4 und 6 sowie §9 Abs1 in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 246/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

(7) §10a und 10b samt Überschriften, die Änderungen in §1 Abs1, §2 Abs1, §2 Abs.2, 1a und 3, §4 Abs1 und 2, §5, §6 Abs2, §6 Abs8 und 10, §7 Abs3, §8, §9 Abs1, §10 Abs1, §10 Abs2 und 6, der Entfall von §10 Abs3, §10 Abs11 Z2 und 3, §10 Abs13, §11 Abs2a und §11 Abs4 sowie der Entfall der §1 Abs2, §2 Abs4,, §6 Abs5 und §7 Abs5 treten mit Ablauf des 14. Juni 2020 in Kraft.

 

(8) Die Änderungen in §1 Abs3, §2 Abs1a und 4, §4 Abs2 und 3, §6, §7 Abs6, 7 und 8, §8 Abs1, 2, 3 und 5, §9 Abs1, §10 Abs2, 4, 5, 8 und 10, §10a Abs2, §10b Abs2 und §11 Abs1 Z3 sowie §10 Abs3, §10a Abs5, §10b Abs4, §11 Abs8 und 9 und §11a in der Fassung BGBl II Nr 287/2020 treten mit Ablauf des 30. Juni 2020 in Kraft.

 

(9) Die Änderungen in §8 Abs2 und 3, §10 Abs5, §10a Abs2 und §10b Abs2 sowie §10 Abs5a in der Fassung BGBl II Nr 299/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

 

(10) §2 Abs1a in der Fassung BGBl II Nr 332/2020 tritt mit Ablauf des 23. Juli 2020 in Kraft

 

(11) Die Überschrift zu sowie die Änderungen in §1, §4 Abs2 und 3, §8 Abs2, §10 Abs11 und 12 sowie §11 Abs8 in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 342/2020 treten mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft."

 

 

2. Die COVID-19-LV wurde nach Einbringung des vorliegenden Antrags durch BGBl II 398/2020 erneut geändert und durch BGBl II 407/2020 mit Wirkung ab 21. September 2020 neu als COVID-19-Maßnahmenverordnung (COVID-19-MV) bezeichnet; die COVID-19-Maßnahmenverordnung trat – nach Änderungen durch BGBl II 412/2020, BGBl II 446/2020, BGBl II 455/20020 und BGBl II 456/2020 – mit Ablauf des 2. November 2020 zunächst vorübergehend (§19 Abs2 COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II 463/2020) und schließlich endgültig (§19 Abs3 zweiter Satz COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl II 479/2020) außer Kraft.

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und bringt zu seiner Antragslegitimation Folgendes vor: Die angefochtenen Vorschriften würden sich unmittelbar auf seine Rechtsposition auswirken, weil er in den von den angefochtenen Bestimmungen erfassten Bereichen eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen habe. Weiters sei er im Rahmen des §2 Abs2 COVID-19-LV "als Kunde unmittelbar von der Verpflichtung des Dienstleisters betroffen, wenn der Mindestabstand von 1 Meter zwischen ihm und dem Dienstleister nicht eingehalten werden kann, durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren, andernfalls die Dienstleistung nicht zulässig ist (zB beim Friseur, wenn Kunde und Dienstleister eine Maske zu tragen haben)". Ferner sei der Antragsteller in seiner Funktion als Arbeitgeber durch §3 Abs3 COVID-19-LV verpflichtet, das Infektionsrisiko, wenn der Abstand von mindestens 1 Meter zwischen Personen nicht eingehalten werden könne, durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen zu minimieren. Damit werde in die Dispositionsfreiheit des Antragstellers bei der Führung seiner Rechtsanwaltskanzlei im Kontakt zwischen seinen Arbeitnehmern und ihm bzw Klienten und ihm eingegriffen. Gemäß §3 Abs4 COVID-19-LV seien die Abs1 bis 3 leg. cit. sinngemäß auf Fahrzeuge des Antragstellers als Arbeitgeber und Rechtsanwalt anzuwenden, wenn diese während der Arbeitszeit zu beruflichen Zwecken verwendet würden; damit würde der Antragsteller verpflichtet, während der Nutzung seiner Fahrzeuge zu beruflichen Zwecken einen Abstand von mindestens einem Meter zu anderen Personen einzuhalten, sofern nicht durch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden könne, oder durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko zu minimieren bzw als Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen. Das Fahrzeug des Antragstellers werde auch zu beruflichen Zwecken verwendet, wenn er beispielsweise mit Arbeitnehmern zu einem beruflichen Termin oder mit Klienten zu beruflichen Zwecken fahre. Nach §4 Abs1 COVID-19-LV werde dem Antragsteller die gemeinsame Benützung von Kraftfahrzeugen durch Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, nur gestattet, wenn in jeder Sitzreihe einschließlich dem Lenker nur zwei Personen befördert würden, wobei Gleiches auch für Taxis und taxiähnliche Betriebe, für Aus- und Weiterbildungsfahrten, sowie an Bord von Luftfahrzeugen, welche nicht als Massenbeförderungsmittel anzusehen seien, gelte. Die Verpflichtungen des Antragstellers und sonstiger Personen, eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen und den weiteren (Schutzmaßnahmen-)Geboten nach den §2 Abs2, §3 Abs3 und 4 und §4 COVID-19-LV zu entsprechen, würden unmittelbare Rechtswirkungen gegenüber dem Antragsteller entfalten, weil er Massenbeförderungsmittel benütze, Kundenbereiche der in der COVID-19-LV genannten Unternehmen und der Betriebsstätten betrete, er und seine Mitarbeiter Kundenkontakt hätten, er "verordnungsrelevante Verkehrsmittel und Einrichtungen" benütze, Veranstaltungen, Fach- und Publikumsmessen besuche, an Versammlungen teilnehme sowie Fahrgemeinschaften nutze und anbiete. Im Übrigen verweist der Antragsteller zu seiner unmittelbaren Betroffenheit "auf seinen Individualantrag insgesamt". Die angefochtenen Bestimmungen seien für den Antragsteller unmittelbar und nachteilig; an anderer zumutbarer Weg, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, sei nicht vorhanden.

2. In der Sache bringt der Antragsteller unter anderem vor, der verordnungserlassende Bundesminister habe eine gewissenhafte Prüfung der Voraussetzungen der Verordnungserlassung unterlassen; im Verordnungserlassungsverfahren sei durch den Verordnungsgeber festzuhalten, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fuße und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolge. Weder im Zeitpunkt der Anordnung der "Maskentragungspflicht" und der verordneten sonstigen Schutzmaßnahmen noch später habe – aus im Antrag näher dargelegten Gründen – die vom Gesetz geforderte Erforderlichkeit bestanden. Die "Maskentragungspflicht" sei gesetzlich nicht gedeckt, "für den gesetzlich angestrebten Zweck sinnlos und medizinisch kontraindiziert – sie dient ausschließlich politischen Vorstellungen und Inszenierungen".

3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz hat als verordnungserlassende Behörde die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung und ihrer Novellen vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der die Zulässigkeit des Antrags mangels konkreter Darlegung der Betroffenheit bestritten und hilfsweise die Abweisung des Antrags begehrt wird.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit der Antragsteller solche Normen anficht, durch die seine (rechtlich geschützten) Interessen aktuell beeinträchtigt sind und die mit diesen in untrennbarem Zusammenhang stehen; dabei darf aber nach §57 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Vorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des Antragstellers aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, durch die die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden (und nach Auffassung des Antragstellers den Sitz der Gesetzwidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers bildenden, die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen offensichtlich trennbar, führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers aktuell beeinträchtigenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (vgl VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle einer ganzen Verordnung), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

1.3. Der Antragsteller hat es zwar unterlassen, die angefochtene Fassung der Bestimmungen, deren Aufhebung begehrt wird, hinreichend genau zu bezeichnen (vgl zu dieser Anforderung bei Individualanträgen auf Prüfung einer Verordnung VfGH 20.11.2014, V61/2013; 7.10.2015, G24/2013, V12/2013), er hat diese jedoch im Antrag wörtlich wiedergegeben, sodass – aus dem Zusammenhang – unzweifelhaft erkennbar ist, in welcher Fassung diese Bestimmungen angefochten werden sollen (vgl VfSlg 16.773/2002, 17.237/2004, 20313/2019; VfGH 7.10.2015, G24/2013, V12/2013; 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V403/2020; 1.10.2020, V405/2020).

1.4. Nach §57 Abs1 letzter Satz VfGG muss der Individualantrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, darlegen, inwieweit die angefochtenen Verordnungsregelungen unmittelbar und aktuell in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreifen. Bei der Prüfung der aktuellen Betroffenheit hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu untersuchen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 Z3 B‑VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl zB VfSlg 10.353/1985, 14.227/1995, 15.306/1998, 16.890/2003, 18.357/2008, 19.919/2014, 19.971/2015). Das Erfordernis solcher Darlegungen durch den Antragsteller besteht auch dann, wenn bestimmte Annahmen im Hinblick auf die maßgebliche Situation naheliegen mögen (vgl VfSlg 14.309/1995, 14.817/1997, 19.613/2011; VfGH 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V463/2020), sodass rein abstrakte Behauptungen, in den Anwendungsbereich einer Norm zu fallen, dem Inhaltserfordernis des §57 Abs1 letzter Satz VfGG nicht genügen. Anträge, die dem Erfordernis des §57 Abs1 VfGG nicht entsprechen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 14.320/1995, 14.526/1996, 15.977/2000, 18.235/2007) nicht im Sinne von §18 VfGG verbesserungsfähig, sondern als unzulässig zurückzuweisen (vgl etwa VfSlg 12.797/1991, 13.717/1994, 17.111/2004, 18.187/2007, 19.5050/2011, 19.721/2012; VfGH 23.9.2020, V377/2020; 1.10.2020, V403/2020; 1.10.2020, V405/2020; 1.10.2020, V463/2020).

1.5. Zunächst ist der Antragsteller, soweit er zur Frage seiner unmittelbaren Betroffenheit auf seinen Schriftsatz insgesamt verweist, darauf hinzuweisen, dass es nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes ist, aus den Ausführungen des Antragstellers zur behaupteten Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung weitere, für ihn günstige Gesichtspunkte zu suchen und zusammenzutragen, die seine aktuelle Betroffenheit stützen könnten, jedoch in seinen Ausführungen zu seiner aktuellen und unmittelbaren Betroffenheit in seiner Rechtssphäre nicht enthalten sind (VfGH 1.10.2020, V405/2020).

1.6. Der Antrag ist hinsichtlich §1, §2 Abs1a und 2, §3 Abs3 und 4, §4 Abs3, §10 Abs7, 8, 11 und 13, §10a Abs3 und §10b Abs1 Z2 der angefochtenen Verordnung unzulässig: Mit der bloßen, abstrakten Behauptung, Massenbeförderungsmittel sowie andere "verordnungsrelevante Verkehrsmittel" zu benützen, Kundenbereiche von "in der Lockerungsverordnung genannten Unternehmen" zu betreten und Veranstaltungen, insbesondere Versammlungen (§10 der Verordnung), sowie Fach- und Publikumsmessen (§10a der Verordnung) zu besuchen, genügt der Antragsteller seiner Pflicht zur Konkretisierung seiner unmittelbaren Betroffenheit nicht, weil damit bloß die Anwendbarkeit dieser Normen behauptet, aber nicht dargelegt wird. Hinsichtlich §2 Abs2 und §3 Abs3 leg cit hat der Antragsteller als Rechtsanwalt nicht dargetan, inwiefern auf Grund der Eigenart der Dienstleistung bzw beruflichen Tätigkeit der Abstand von einem Meter nicht eingehalten werden kann, sodass die dort vorgesehenen Rechtsfolgen auf ihn zur Anwendung kämen; entsprechendes gilt zu §3 Abs4 der Verordnung. Zu §10b COVID-19-LV fehlt überhaupt jegliches Vorbringen zur aktuellen Betroffenheit. Im Hinblick auf die genannten Bestimmungen ist der Antrag also als unzulässig zurückzuweisen.

1.7. Im Übrigen, also hinsichtlich §4 Abs1 erster Satz COVID-19-LV hat der Antragsteller durch den Hinweis auf seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt und darauf, dass er seine Fahrzeuge bisweilen gemeinsam mit Klienten auf Fahrten zu beruflichen Terminen benutze, seine aktuelle Betroffenheit im Zeitpunkt der Antragstellung hinreichend dargetan. §4 Abs1 zweiter Satz und §4 Abs2 COVID-19-LV stehen mit dieser Bestimmung in Zusammenhang.

1.8. Da in Bezug auf die Anfechtung von §4 Abs1 und 2 COVID-19-LV auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind (vgl zur Aktualität des Rechtseingriffs, obwohl die angefochtene Verordnung im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bereits außer Kraft getreten ist, ua VfGH 14.7.2020, V411/2020), erweist sich der Antrag insoweit als zulässig.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

2.2. Der Antrag ist – soweit zulässig – begründet:

2.2.1. Der Antragsteller macht der Sache nach unter anderem geltend, dass die verordnungserlassende Behörde die maßgeblichen Grundlagen für die Verordnungserlassung nicht hinreichend erhoben und im Verordnungsakt dokumentiert habe.

2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits mehrfach zu den Verordnungsermächtigungen der §§1 und 2 COVID-19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 23/2020, auf die sich die COVID-19-LV im Wesentlichen stützt, erkannt, dass diese Bestimmungen den Verordnungsgeber auch verpflichten, die Wahrnehmung seines Entscheidungsspielraums im Lichte der gesetzlichen Zielsetzungen insoweit nachvollziehbar zu machen, als er im Verordnungserlassungsverfahren festhält, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist; damit ist für die Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes insoweit der Zeitpunkt der Erlassung der entsprechenden Verordnungsbestimmungen und die diesen zugrunde liegende aktenmäßige Dokumentation maßgeblich (siehe näher VfGH 14.7.2020, V363/2020, und 14.7.2020, V411/2020, sowie im Anschluss daran VfGH 1.10.2020, V429/2020; 1.10.2020, V463/2020; 1.10.2020, G272/2020 ua; weiters VfGH 1.10.2020, V428/2020, zu §15 Epidemiegesetz 1950).

2.2.3. §4 Abs1 und 2 COVID-19-LV wurde bis zur Einbringung des Verordnungsprüfungsantrags durch die Novellen BGBl II 207/2020, BGBl II 231/2020, BGBl II 266/2020, BGBl II 287/2020 und BGBl 342/2020 geändert.

2.2.4. Weder der Verordnungsakt zur Stammfassung der COVID-19-LV (vgl zu diesem bereits VfGH 1.10.2020, V428/2020; 1.10.2020, V429/2020; 1.10.2020, V463/2020; 1.10.2020, G272/2020 ua) noch die Verordnungsakten zu den zitierten Novellen (vgl zur Novelle BGBl II 231/2020 bereits VfGH 1.10.2020, G272/2020 ua) machen ersichtlich, welche Umstände im Hinblick auf welche möglichen Entwicklungen von COVID-19 den Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung zu den Verpflichtungen (unter anderem) nach §4 Abs1 und 2 COVID-19-LV bzw zu ihrer Beibehaltung geleitet haben. §4 Abs1 und 2 COVID-19-LV idF BGBl II 342/2020 verstößt somit gegen §1 und §2 COVID-19-Maßnahmengesetz idF BGBl I 23/2020, weil es der Verordnungsgeber gänzlich unterlassen hat, jene Umstände, die ihn bei der Verordnungserlassung bestimmt haben, so festzuhalten, dass entsprechend nachvollziehbar ist, warum der Verordnungsgeber die mit dieser Regelung getroffenen Maßnahmen für erforderlich gehalten hat. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine weitere Prüfung, ob die angefochtenen Bestimmungen auch aus anderen geltend gemachten Gründen gesetz- oder verfassungswidrig sind.

2.2.5. Da die – seit BGBl II 407/2020 als COVID-19-Maßnahmenverordnung bezeichnete – COVID-19-LV durch §19 Abs2 COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II 463/2020, zunächst vorübergehend und durch §19 Abs3 zweiter Satz COVID-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl II 479/2020, endgültig aufgehoben wurde, ist festzustellen, dass §4 Abs1 COVID-19-Lockerungsverordnung idF BGBl II 266/2020 und dass §4 Abs2 COVID-19-Lockerungsverordnung idF BGBl II 342/2020 gesetzwidrig war.

V. Ergebnis

1. Da diese Bestimmungen bereits außer Kraft getreten sind, hat sich der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs4 B‑VG auf die Feststellung zu beschränken, dass §4 Abs1 und Abs2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend Lockerungen der Maßnahmen, die zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 ergriffen wurden (COVID-19-Lockerungsverordnung – COVID-19-LV), BGBl II 197/2020, idF BGBl II 266/2020 (§4 Abs1) bzw BGBl II 342/2020 (§4 Abs2) gesetzwidrig waren.

2. Der Ausspruch, dass die unter Punkt 1. genannten Bestimmungen nicht mehr anzuwenden sind, stützt sich auf Art139 Abs6 zweiter Satz B‑VG.

3. Die Verpflichtung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Aussprüche erfließt aus Art139 Abs5 zweiter Satz B‑VG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §61a VfGG. Da sich der Antragsteller in eigener Sache nach §28 ZPO selbst vertreten hat, war lediglich die Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– zuzusprechen (VfGH 22.9.2020, E317/2020).

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