OGH 5Ob87/20k

OGH5Ob87/20k7.12.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* GmbH, *, vertreten durch die Dr. Schilchegger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Sankt Johann im Pongau, gegen die beklagten Parteien 1. R* H*, 2. Dr. F* O*, 3. S* U*, 4. C* W*, 5. Dr. A* W*, 6. D* H*, 7. C* R*, 8. G* W*, 9. G* P*, 10. P* P*, 11. G* W*, 12. M* S*, 13. Ing. B* S*, 14. A* A*, 15. Dr. K* E*, 16. G* E*, 17. H* W*, 18. Mag. M* W*, 19. P* C*, 20. S* M*, 21. H* W*, 22. M* F*, alle vertreten durch Mag. Karin Herbst, Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee, sowie 23. S* A*, BA MA, *, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert 17.223,29 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 8. April 2020, GZ 5 R 163/19h‑38, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E130534

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508aAbs 2ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502Abs 1ZPO zurückgewiesen.

[1] Die Klägerin zeigt in ihrer Revision keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[2] 1.1. Die behauptete Nichtigkeit wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO und Begründungsmängel gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO könnte nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO begründen, wenn sie tatsächlich vorläge (RIS‑Justiz RS0043067 [T2]). Das ist hier nicht der Fall.

[3] 1.2. Eine den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO bildende Verletzung des rechtlichen Gehörs wäre zwar (auch schon dann) gegeben, wenn der gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, zu denen sich die Parteien nicht äußern konnten (RS0074920 [T3]). Entgegen der Behauptung der Klägerin hat sich das Berufungsgericht allerdings das Tatsachensubstrat für seine Entscheidung nicht „selbst zurechtgelegt“, sondern ausschließlich die Feststellungen des Erstgerichts und die im erstinstanzlichen Verfahren erlangten Beweisergebnisse seiner Beurteilung unterzogen. Die als überraschend gerügte „Vorgangsweise“ des Berufungsgerichts, einen schlüssigen Teilungsverzicht anzunehmen, ist Teil seiner rechtlichen Beurteilungund könnte allenfalls die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens begründen (vgl RS0037300), aber keine Nichtigkeit iSd § 477 Abs 1 Z 4 ZPO.

[4] 1.3. Die Nichtigkeit nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO umfasst drei Fälle: a) die Fassung der Entscheidung ist so mangelhaft, dass ihre Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann; b) die Entscheidung steht mit sich selbst im Widerspruch; c) für die Entscheidung sind gar keine Gründe angegeben (RS0042133 [T12]). Mit „Widerspruch“ ist dabei nicht eine Inkonsistenz in den Gründen oder zwischen Spruch und Gründen gemeint, sondern eine solche innerhalb des Spruchs (RS0042133 [T5]). Keiner dieser Tatbestände trifft auf die Entscheidung des Berufungsgerichts zu.

[5] 2.1. Auch die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor.

[6] 2.2. Die Klägerin wirft dem Berufungsgericht vor, gegen das Überraschungsverbot, den Dispositionsgrundsatz, die Verhandlungsmaxime, die Behauptungslastverteilung und das Neuerungsverbot verstoßen zu haben. Diesen Vorwürfen liegt im Kern jeweils die Behauptung zu Grunde, die Beklagten hätten im Verfahren erster Instanz kein Vorbringen zu dem vom Berufungsgericht bejahten schlüssigen Teilungsverzicht und dessen Überbindung auf die Klägerin erstattet. Diese Behauptung trifft nicht zu.

[7] 2.3. Das Berufungsgericht leitete aus der jahrzehntelangen Widmung der Liegenschaft als Grün‑ und Erholungsfläche für die Bewohner der Nachbarliegenschaft einen zwischen den Miteigentümern (zumindest konkludent) vereinbarten, von den Beklagten als „Benützungsregelung“ bezeichneten Teilungsverzicht ab. Dieser sei der Klägerin auch überbunden worden. In der Begründung dazu nimmt das Berufungsgericht ausdrücklich auf das entsprechende Prozesssvorbringen der Beklagten Bezug. Die Beklagten hätten sich zu Recht darauf berufen, die Liegenschaft sei als Einheit mit der Nachbarliegenschaft vereinbarungsgemäß seit jeher als Grün- und Erholungsfläche genutzt worden, woran sich auch die Klägerin zu halten habe, weil ihr in ihrem Kaufvertrag diese „Benützungsregelung“ wirksam überbunden worden sei. Tatsächlich erstatteten die Beklagten im Verfahren in erster Instanz folgendes Vorbringen: „Zwischen den Wohnungseigentümern der Liegenschaft EZ 622 wie auch zwischen den Miteigentümern der Liegenschaft EZ 523 wurde die Benützungsregelung getroffen, dass Anteile am Grundstück 504, Liegenschaft EZ 523, stets nur zugleich mit Anteilen an der Liegenschaft EZ 622 veräußert werden dürfen und dass das Grundstück 504 der Liegenschaft EZ 523 als Erholung sowie Reserve für die Errichtung allfälliger weiterer Parkplätze, Garagen oder Carports dient. [...] Die klagende Partei hat im Kaufvertrag Beilage ./2 bestätigt, in alle aus dem Rechtsverhältnis zur Miteigentümergemeinschaft und den von derselben gefassten Beschlüssen resultierenden Pflichten einzutreten. Dazu zählt auch die Pflicht, dieses Grundstück der Liegenschaft EZ 622 als Erholungsfläche und Reserve für Parkplätze zur Verfügung zu stellen. […] Ferner erfolgte gemäß Punkt 2. des abgeschlossenen Vertrages die Übertragung der kaufgegenständlichen Liegenschaftsanteile an die Käufer nach Maßgabe des bisherigen Besitzstandes und Besitzrecht, so wie der Verkäufer diese Rechte besessen und benützt hat oder doch zu besitzen oder benützen berechtigt war, […].“ (Verhandlung am 29. 8. 2019 [ON 33, AS 262 f]).

[8] 2.4.  Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist eine Frage des Einzelfalls (RS0042828 [T4, T42], RS0044273 [T40], RS0044298 [T5]). Fragen des Einzelfalls sind in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO. Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar wäre oder gegen die Denkgesetze verstieße (RS0042828 [T11, T31]; RS0044273 [T53]). Dies trifft hier nicht zu.Mit seiner Auffassungdieses Vorbringen enthalte das Tatsachensubstrat, aus dem der Einwand eines die Klägerin bindenden Teilungsverzichts abzuleiten ist, hat das Berufungsgericht den ihmeingeräumten Beurteilungsspielraum nicht verlassen.

[9] 2.5. Das Berufungsgericht traf in diesem Zusammenhang eine Klarstellung zu einer Negativfeststellung des Erstgerichts. Wenn das Erstgericht davon spreche, es könne nicht feststellen, dass „eine Benützungsregelung getroffen“ worden sei, meine es im Gegensatz zur unmittelbar zuvor festgestellten tatsächlichen und einvernehmlichen Nutzung (lediglich) eine ausdrückliche Vereinbarung. Auch die Auslegung der Urteilsfeststellungen ist in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0118891). Eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung (RS0118891 [T5]) liegt hier auch insofern nicht vor.

[10] 2.6. Aus diesem nicht zu beanstandenden Verständnis des Prozessvorbringens folgt: Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung dem im österreichischen Zivilprozessrecht geltenden Verhandlungsgrundsatz entsprechend (vgl RS0037331, RS0037870, RS0037002, RS0037375) nur die Tatsachen zugrunde gelegt, die von den Parteien vorgebracht wurden. Diese Tatsachen wurden auch nicht entgegen dem Neuerungsverbot gemäß § 482 ZPO (vgl RS0041965) erstmalig im Berufungsverfahren vorgetragen. Mitihrem Vorbringen zur Sachwidmung haben die Beklagten auch ihrer Behauptungslast in Bezug auf den damit verbundenen anspruchsvernichtenden Einwand entsprochen (vgl 5 Ob 62/16b). Eine (richtige) rechtliche Qualifikation war nicht notwendig (vgl RS0037516 [T8]). Im vorliegenden Fall einer anderen rechtlichen Wertung eines im Verfahren erster Instanz unübersehbar behandelten Standpunkts liegt auch keine Überraschungsentscheidung vor (RS0037300 [T51]).

[11] 3.1. Die Revision zeigt auch keine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf, der iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt.

[12] 3.2.1. Die Teilhaber einer Gemeinschaft können verbindlich eine Vereinbarung über die Fortsetzung der Gemeinschaft eingehen (RS0013344 [T4]) und damit auf die Geltendmachung des Teilungsanspruchs verzichten (5 Ob 99/20z). Eine Fortsetzungsvereinbarung iSd § 831 ABGB kann nicht nur ausdrücklich getroffen werden, sondern auch stillschweigend durch schlüssige Handlung iSd § 863 Abs 1 ABGB zustande kommen (5 Ob 99/20z; RS0013344 [T3], RS0013372 [T1]). Eine solche rechtsgeschäftliche Beschränkung des Teilungsanspruchs braucht also nicht ausdrücklich vereinbart zu sein, sie kann auch in einer einvernehmlichen Sachwidmung liegen (RS0013370; vgl auch RS0047405, RS0013349, RS0013358). Die Sachwidmung ist von einer Benützungsvereinbarung zu unterscheiden, die nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht als schlüssige Fortsetzungsvereinbarung iSd § 831 ABGB zu beurteilen ist (RS0013368). Eine Benützungsvereinbarung bewirkt die Umgestaltung allgemeiner Gebrauchsbefugnisse eines Miteigentümers in Sondernutzungsrechte an bestimmten Sachteilen (RS0029352).

[13] 3.2.2. Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung oder der Schlüssigkeit eines Verhaltens ist einzelfallbezogen und wirft daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RS0043253 [T1, T2, T14, T17, T18]). Das gilt auch für die Beurteilung, ob nach den Umständen des Einzelfalls eine Sachwidmung als ein Verzicht auf den unbedingten Teilungsanspruch anzusehen ist (5 Ob 62/16b; 5 Ob 99/20z). Die Revision wäre daher nur zulässig, wenn dem Berufungsgericht eine Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, die aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste (RS0043253 [T7, T8], RS0042776 [T11]). Das ist hier nicht der Fall.

[14] 3.2.3. Nach den maßgeblichen Feststellungenverfügt das Nachbargrundstück mit der darauf errichteten Wohnungseigentumsanlage nur über wenig Grünanlagen, weshalb die Mehrheit der seinerzeitigen Wohnungseigentümer schon vor Jahrzehntendie nun streitgegenständliche Liegenschaft kauften und in ihr Miteigentum übernahmen. Seither dient diese den Bewohnern der Wohnungseigentumsanlage als Garten‑ und Erholungsfläche. Die Abrechnung der Bewirtschaftungskosten für die Liegenschaft erfolgte in Entsprechung eines einstimmigen Beschlusses der Miteigentümer nach Maßgabe der Miteigentumsanteile an der Nachbarliegenschaft. Jene Eigentümer, die Miteigentumsanteile an beiden Liegenschaften hatten, haben diese in der Vergangenheit in der Regel von Vornherein gemeinsam veräußert. Wurde das übersehen, wirkte die Verwalterin der beiden Liegenschaften darauf hin, dass auch die Miteigentumsanteile an der streitgegenständlichen Liegenschaft ins Eigentum der neuen Wohnungseigentümer der Nachbarliegenschaft übergehen. Die Klägerin, die ihre Miteigentumsanteile im Jahr 2018 im Insolvenzverfahren einer Wohnungseigentümerin erwarb, ist die einzige Miteigentümerin, die nicht zugleich Mit‑und Wohnungseigentümerin der Nachbarliegenschaft ist. Wenn das Berufungsgericht aus diesem Sachverhalt eine einvernehmliche Sachwidmung und damit einen konkludenten Teilungsverzicht ableitet, liegt darin keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Der Oberste Gerichtshof hat in der Vergangenheit in durchaus vergleichbaren Fällen das Bestehen einer konkludenten Fortsetzungsvereinbarung in Form einer Sachwidmung bejaht; so etwa zu 5 Ob 62/16b die einvernehmliche Zweckwidmung eines Grundstücks als Erschließungsstraße, wobei die Straßenverkehrsanlage auf dem die zu teilende Liegenschaft bildenden Grundstück bereits zum Zeitpunkt der Begründung des Miteigentums ausschließlich als Zufahrtsstraße diente (vgl auch RS0047405, RS0013349, RS0013372). Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen dieser Rechtsprechung.

[15] 3.3.1. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wirkteine Fortsetzungsvereinbarung samt Teilungsverzicht nur obligatorisch und geht damit auf den Singularsukzessor nur durch ausdrückliche Überbindung oder nachträgliche Unterwerfung über (5 Ob 79/06p mwN; RS0013366, RS0013344).

[16] 3.3.2. Ob eine ausdrückliche Überbindung stattgefunden hat, betrifft eine Vertragsauslegung in einem konkreten Einzelfall (4 Ob 238/19g). Die Auslegung eines Vertragswirft nur dann eine erhebliche Rechtsfrage auf, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein aus Gründen der Rechtssicherheit oder Einzelfallgerechtigkeit zu korrigierendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936, RS0044298, RS0044358).

[17] 3.3.3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Klägerin sei im Zug des Erwerbs der Anteile (auch) die Fortsetzungsvereinbarung überbunden worden, ist keine solche aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die Klägerin erklärte im Kaufvertrag, in „alle aus dem Rechtsverhältnis zur Miteigentümergemeinschaft (und den von derselben gefassten Beschlüssen) resultierenden Pflichten einzutreten“ und die Übertragung der Miteigentumsanteile erfolgte „nach Maßgabe des bisherigen Besitzstandes, so wie der Verkäufer diese Rechte besessen und benützt hat oder doch zu besitzen oder benützen berechtigt war“. Derartige Klauseln, die eine Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten des Veräußerers auf den Erwerber vorsehen, wurden von der Rechtsprechung als für eine Überbindung von obligatorischen Rechten als ausreichend angesehen (vgl RS0011871, RS0013619, RS0017051), soweit es sich – wie etwa im hier zu beurteilenden Fall einer Zweckwidmung – um solche Rechte und Pflichten handelt, die unmittelbar mit der Nutzung der veräußerten Liegenschaft oder des veräußerten Liegenschaftsanteils zusammenhängen (4 Ob 236/15g = RS0013619 [T3]). Der Oberste Gerichtshof hat dabei zwar hervorgehoben, dass von einer bewussten Übernahme keine Rede sein könne, wenn der Käufer der Liegenschaft ebenso wie der Verkäufer der Überzeugung gewesen sei, dass ein solches Recht gar nicht bestehe. In diesem Falle fehle nicht nur der Wille des Verkäufers, seine Verbindlichkeit zu überbinden, sondern auch der Wille des Käufers, sie zu übernehmen (1 Ob 300/01a mwN). Die demnach für deren Überbindung erforderliche Kenntnis von der Sachwidmung leitet das Berufungsgericht aber – zulässigerweise (RS0121557 [T3], RS0040083 [T1]) – aus den seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegten Urkunden ab. Aus dem Gutachten, auf das im Kaufvertrag zur Beschreibung des Kaufgegenstands verwiesen wird und das diesem Kaufvertrag auch angeschlossen ist, gehe diese Sachwidmung klar hervor. Das Berufungsgericht hat auch insofern den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht verlassen.

[18] 3.4.1. Im Fall eines Verzichts auf den unbedingten Teilungsanspruch kann nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Teilung nur aus wichtigen Gründen verlangt werden (5 Ob 99/20z; RS0013376, RS0010746, RS0010745). Die Vereinbarung zur Fortsetzung der Gemeinschaft kann wie jedes andere Dauerschuldverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden, insbesondere wenn ihre weitere Erfüllung unmöglich oder unzumutbar wird (RS0098749). Die Verbindlichkeit zur Fortsetzung der Gemeinschaft und damit der Ausschluss der Teilungsbefugnis hören (nur) auf, wenn die Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft aus wichtigen, objektiven, die gemeinschaftliche Sache betreffenden, und aus subjektiven, nur die Personen einzelner Teilhaber betreffenden Gründen unvermeidlich wird (RS0013260). Die Behauptungs‑ und Beweislast für derartige wichtige Gründe trifft den auf Auseinandersetzung drängenden Teilhaber (RS0013260 [T2]). Ein auf Auseinandersetzung drängender Teilhaber, der durch Sachwidmung oder sonstige Vereinbarung zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft verbunden erscheint, muss konkrete Umstände behaupten und beweisen, aus denen die Bindung zur Fortsetzung der Gemeinschaft entfallen sei (RS0013369).

[19] 3.4.2. Die Frage, ob ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (5 Ob 62/16b mwN; RS0111817). Insbesondere kann auch die Frage, welche schwerwiegenden Gründe die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses bewirken, nur aus einer umfassenden Sicht aller dafür und dagegen sprechenden Gegebenheiten des Einzelfalls beantwortet werden (RS0018305 [T52, T65], RS0027780 [T41], RS0042834 [T1]).

[20] 3.4.3. Diese Abwägung im Anlassfall könnte daher im Rahmen einer Revision nur dann aufgegriffen werden, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung des Gerichtes der Auflösungsgründe erkennbar wäre (5 Ob 62/16b mwN; RS0042834). Davon kann hier aber nicht die Rede sein. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das das Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung. Dass die Nutzungsmöglichkeiten der Klägerin faktisch hinter jenen der anderen Miteigentümer zurücktreten, weil sie (als einzige) nicht auch Wohnungseigentümerin der Nachbarliegenschaft ist, kommt keine besondere Bedeutung zu, weil die Klägerin ihre Anteile in diesem Wissen erworben hat.

[21] 3.5.1. Die Klägerin rügt, das Berufungsgericht habe mit dem Umstand, dass sie ihren Miteigentumsanteil im Zug eines Insolvenzverfahrens erworben hat, einen für die rechtliche Beurteilung zentralenAspekt übersehen. Gemäß § 1409a ABGB und § 38 Abs 5 UGB habe der Erwerber in diesem Fall nämlich keine Rechtsverhältnisse des Veräußerers zu übernehmen. Wegen desvergleichbaren Sachverhalts seien zudem nicht nur die Grundsätze für den Erwerb einer Liegenschaft im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens anzuwenden. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Verkäuferin habe auch die unausweichliche Konsequenz der Beendigung und Auflösung dieser GmbH samt anschließender Löschung im Firmenbuch. Für die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der insolventen Gesellschaft gelte daher die gesetzliche Bindungsfreistellung für Erben gemäß §§ 831 und 832 ABGB.

[22] 3.5.2 Die Ausführungen der Klägerin zu § 1409a ABGB und § 38 Abs 5 UGB übersehen, dass die Klägerin gerade kein Vermögen und kein Unternehmen erworben hat, sondern lediglich einen Miteigentumsanteil aus dem Vermögen der Schuldnerin. Die genannten Bestimmungen sind daher von vornherein nicht anzuwenden. Auch die engen Voraussetzungen für die analoge Anwendung des § 1409 ABGB liegen nicht vor (vgl 8 Ob 29/18z). Abgesehen davon beziehen sich diese Haftungsbestimmungen nur auf die Erfüllung von Geldverpflichtungen, nicht jedoch auf die Fortsetzung obligatorischer Dauerschuldverhältnisse (RS0054838 [T1]). Die Revisionsausführungen zum Fall des Erwerbs im Rahmen einer Zwangsversteigerung gehen ins Leere, weil hier gerade keine Versteigerung, sondern ein Freihandverkauf stattfand. Der Insolvenzverwalter ist an die mit einer Fortsetzungsvereinbarung verbundenen vertraglichen Beschränkungen gebunden (7 Ob 72/08a). Als gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin hinsichtlich des Insolvenzvermögens (RS0106041), bei einer Gesellschaft geht die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen von deren Vertretern auf den Insolvenzverwalter über (RS0118043; RS0059995), konnte der Insolvenzverwalter den Teilungsverzicht auch wirksam überbinden. Auch aus den §§ 831 und 832 ABGB lässt sich für den Standpunkt der Klägerin nichts gewinnen. Ein Freihandverkauf führt zu keiner Gesamtrechtsnachfolge und ist mit dem Erwerb des Miteigentumsanteils im Erbweg daher nicht vergleichbar.

[23] 3.5.3. Zu diesen Fragen mag zwar noch keine ausdrückliche Stellungnahme des Obersten Gerichtshofs vorliegen. Diese sind aber aufgrund der Klarheit der gesetzlichen Regelungen und den bereits bestehendenGrundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung so eindeutig zu beantworten, dass keine ernstlichen Zweifel bestehen können. Eine erhebliche Rechtsfrage stellt sich damit nicht (RS0042656).

[24] 4. Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

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