AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:L507.2221546.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Habersack über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jordanien, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX / BMI-BFA_KNT_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.02.2022 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein jordanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der arabischen Volksgruppe, stellte am 11.12.2016, nachdem er zuvor illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist ist, einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 12.12.2016 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er in seiner Heimat diskriminiert worden sei, weil er Katholik sei. Im Falle der Rückkehr habe er dort keine Perspektive und Zukunft.
Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 23.02.2018 brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, dass er in Jordanien einen Streit mit einer islamischen Bewegung gehabt habe. Diese Gruppe sei von seinem Kreuz-Tattoo provoziert worden. Als sie das beim Beschwerdeführe gesehen hätten, sei er gefragt worden, was das bedeute. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass sie das nichts angehe und seine Familie aus Christen und Moslems bestehe. Danach sei auch der Bruder des Beschwerdeführers massiv mit Messern angegriffen worden. Mit Schwertern hätten sie ihn schwer verletzt, weil er ein Tattoo von Maria auf seinem Arm habe. Weil der Beschwerdeführer und sein Bruder in Gefahr gewesen seien, hätte der Vater des Beschwerdeführers das Haus wechseln müssen. In einem anderen Wohnort hätten sie aber weiter nach dem Beschwerdeführer gesucht. Der Vater des Beschwerdeführers habe keine Probleme mit dieser Gruppe haben wollen und habe zum Beschwerdeführer gesagt, dass er Jordanien verlassen müsse. Der Beschwerdeführer habe auch Drohungen aus anderen Provinzen erhalten. Diese Personen seien zu ihm gekommen und hätte ihn schlagen wollen. Es sei dann immer wieder zu Schlägereien zwischen diesen Personen, dem Beschwerdeführer und seinen Brüdern gekommen, wobei ihm seine Brüder immer geholfen hätten.
Am 05.11.2018 wurde der Beschwerdeführer erneut vor dem BFA niederschriftlich einvernommen und brachte zur Begründung seines Antrages auf internationalen Schutz zusammengefasst vor, dass 2014 ein paar Leute zu ihm gekommen seien und gefragt hätten, ob er der Freund von Michael und William sei. Der Beschwerdeführer habe dies bejaht und sei dann gefragt worden, ob er wegen dieser Personen die Religion geändert habe. Der Beschwerdeführer habe dies verneint und gesagt, dass sie nur Freunde von ihm seien. Danach habe es eine Schlägerei mit einem Messer und mit seinem Bruder gegeben. Der Bruder des Beschwerdeführers sei durch zwei Schnitte am Rücken verletzt worden und seien beide im Krankenhaus gewesen. Der Vater des Beschwerdeführers sei ins Krankenhaus gekommen, habe dem Beschwerdeführer USD 1.600,-- gegeben und ihn zu einer Bushaltestelle gebracht, von wo aus der Beschwerdeführer nach XXXX zu seiner Schwester und weiter nach Ägypten gefahren sei. Sein Bruder sei fast fünfzehn Tage im Krankenhaus geblieben. Danach habe es eine Versöhnung gegeben. Sein Bruder habe ein Tattoo von Maria von seiner Hand entfernt und sei wieder zum Islam zurückgekehrt.
Am 03.06.2019 wurde der Beschwerdeführer nochmals vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er zum Verbleib seines Reisepasses, zu seiner Staatsangehörigkeit sowie zu seinen privaten Verhältnissen in Jordanien und Österreich befragt. Befragt nach seinen Rückkehrbefürchtungen führte der Beschwerdeführer aus, dass er wieder vor denselben Problemen stehen würde.
2. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Jordanien abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Jordanien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.
Beweiswürdigend wurde vom BFA ausgeführt, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Übertritt zum Christentum nicht glaubwürdig sei. Weiters wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer auch keine Gefahren drohen, die eine Gewährung subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Die Rückkehrentscheidung verletze nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben im Bundesgebiet und würden auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG nicht vorliegen.
3. Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 08.07.2019 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen mit Schriftsatz vom 16.07.2019 fristgerecht Beschwere erhoben wurde.
Darin wurde im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt und darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer bereits im Rahmen der Einvernahme am 23.02.2018 darauf hingewiesen habe, dass er gefälschte jordanische Reisedokumente erhalten habe, um in Jordanien leben zu können. Der Beschwerdeführer bestreite daher Staatsangehöriger von Jordanien zu sein. Betont wird weiters, dass der Beschwerdeführer gleichbleibende und substantiierte Angaben getätigt habe, welche mit den Länderinformationen übereinstimmen würden. Aktuell sei dem Beschwerdeführer aufgrund eines Umzuges ein regelmäßiger Besuch einer Kirche nicht möglich, jedoch besuche ein Pfarrer die Unterkunft regelmäßig und bete mit dem Beschwerdeführer. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb das BFA ein theologisches Spezialwissen zur Glaubhaftmachung der Hinwendung zum Christentum aus innerer Überzeugung einfordere, zumal es sich dabei um einen höchstpersönlichen Vorgang handle. Im Weiteren wird auszugsweise auf Länderberichte verwiesen, welche Repressalien sowie Ausgrenzung gegenüber Christen in Jordanien bestätigen würden. Das BFA sei auf die verfügbaren herkunftsstaatsspezifischen Informationen sowie das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers jedoch nicht eingegangen und könne eine asylrelevante Verfolgungsgefahr bei einer Rückkehr nach Jordanien nicht ausgeschlossen werden.
4. Am 08.02.2022 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit gegeben, neuerlich seine Ausreisemotivation umfassend darzulegen. Zudem wurde der Beschwerdeführer zu seinen Integrationsbemühungen befragt und ihm aktuelle Länderberichte zu Jordanien ausgehändigt. Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme dazu innerhalb einer Frist von zwei Wochen eingeräumt.
Mit Schreiben vom 07.03.2022 wurde eine Stellungnahme zu den in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Länderberichten erstattet. Es wurde auf die Ausführungen zur Religionsfreiheit in Jordanien verwiesen und angemerkt, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Jordanien mit asylrelevanter Verfolgung zu rechnen habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist jordanischer Staatsbürger und Angehöriger der arabischen Volksgruppe.
Er wurde in Syrien geboren, besuchte dort drei Jahre die Schule und zog im Jahr 1999 oder 2000 mit seiner Familie nach Jordanien, wo er bis zur zehnten Klasse zur Schule ging. Anschließend war der Beschwerdeführer bis 2014 im Bereich Import und Export von Autos und in der Baubranche tätig. Bis 2008 hat der Beschwerdeführer im Elternhaus und danach mit zwei Freunden gemeinsam gewohnt.
In Jordanien halten sich nach wie vor die Eltern, zwei Schwestern sowie drei Brüder des Beschwerdeführers auf. Ein Halbbruder des Beschwerdeführers lebt in Jerusalem und ein Bruder in Russland. Die Mutter ist Hausfrau und der Vater verdient in der Baubranche (er besitzt zwei Kräne) seinen Lebensunterhalt. Der Beschwerdeführer steht mit seiner Familie in Jordanien in Kontakt.
Im Jahr 2014 hat der Beschwerdeführer Jordanien verlassen und hielt sich ca. zwei Jahre im Libanon und eineinhalb Jahre in Ägypten auf, ehe er über die Türkei, Griechenland, Albanien, Montenegro, Serbien und Ungarn im Dezember 2016 illegal in das österreichische Bundesgebiet einreiste. Seither ist der Beschwerdeführer durchgehend im Bundesgebiet aufhältig.
Der Beschwerdeführer bezog bis Februar 2020 Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber und ist in Österreich nicht legal erwerbstätig. Für den Beschwerdeführer besteht eine Einstellungszusage als Helfer in der Landwirtschaft. Er spricht auf einfachem Niveau die deutsche Sprache und wird von seinen Eltern sowie seiner Lebensgefährtin finanziell unterstützt.
Seit ca. Juni 2018 führt der Beschwerdeführer eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen. Seit 10.06.2020 besteht mit dieser ein gemeinsamer Wohnsitz und entstammt dieser Beziehung ein gemeinsamer Sohn, der am XXXX 2020 geboren wurde und österreichischer Staatsbürger ist.
Am 10.12.2019 wurde der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht XXXX wegen § 83 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe in Höhe von € 520,-- verurteilt, weil er am 01.01.2019 eine andere Person durch das Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht vorsätzlich am Körper verletzt (Hämatom im Bereich des rechten Auges) hat.
Am 03.09.2018 erfolgte eine polizeiliche Wegweisung des Beschwerdeführers durch die Polizei von der Asylwerberunterkunft, weil sich der Beschwerdeführer aggressiv verhalten hat.
Am 06.11.2018 wurde der Beschwerdeführer wegen respektlosen Umganges mit der Sachbearbeitung schriftlich verwarnt. Im Rahmen einer Quartiersbesichtigung hat der Beschwerdeführer absichtlich neben dem Quartiergeber, dem Sachbearbeiter und dem Rechtsberater geraucht.
Am 09.04.2019 erhielt der Beschwerdeführer die zweite Verwarnung aufgrund der Auseinandersetzung mit einem Mitbewohner im Asylwerberquartier samt Polizeieinsatz und wurde in der Folge auf Wunsch des Quartiergebers in eine andere Asylwerberunterkunft verlegt.
Der Beschwerdeführer leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung, ist arbeitsfähig und pflegt in Österreich soziale und freundschaftliche Kontakte.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Jordanien vor seiner Ausreise einer individuellen asylrelevanten Verfolgung durch staatliche Organe ausgesetzt war oder er im Falle einer Rückkehr in nach Jordanien einer solchen ausgesetzt wäre.
Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK geschützten Rechte ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:
Politische Lage
Jordanien ist eine konstitutionelle Erbmonarchie und verfassungsmäßig als Zentralstaat mit zwölf Gouvernements organisiert. Diese nehmen administrative Aufgaben wahr, haben aber keine eigenen politischen Befugnisse. Staatsoberhaupt ist König Abdullah II (AA 10.1.2020; vgl. AA 10.1.2020a; USDOS 11.3.2020), der 1999 seinem Vater König Hussein nachfolgte. Hussein hatte das Land zuvor 46 Jahre lang regiert. Der Monarch nimmt in der künstlich geschaffenen Nation eine einende, identitätsstiftende Funktion wahr. Die königliche Familie führt ihre Abstammung auf die Familie des Propheten Muhammad, die Haschemiten, zurück und gibt sich dadurch religiöse Legitimation. Der Monarch ist aufgrund seiner Herkunft aus dem saudi-arabischen Hidschaz und somit als quasi Außenstehender in der Lage, die Rolle eines über allen Gruppierungen stehenden Schiedsrichters wahrzunehmen. Diese allgemein akzeptierte ausgleichende Funktion hält die Eskalation von Konflikten zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen hintan, wenngleich diese durch einseitige Parteinahme oder Beschuldigung der Illoyalität oft gegeneinander ausgespielt werden (bpb 11.7.2016) Der Islam ist Staatsreligion. Die Staats- und Amtssprache ist Arabisch (GIZ 3.2020a).
Formal sind Exekutive, Legislative und Judikative unabhängig. Faktisch ist die Gewaltenteilung außer Kraft gesetzt, da der König über weitreichende Kompetenzen verfügt. König Abdullah II. ist Staatschef, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Armee. Der König (nicht der Premierminister) ernennt und entlässt das Kabinett, er kann das Parlament auflösen, und er kann Gesetze auf den Weg bringen oder blockieren. Im Jahr 2012 wurden die Rechte des Parlaments insofern gestärkt, als dieses nun zumindest formal den Premierminister bestimmen soll. Außerdem wurde ein Verfassungsgericht installiert, das die Gesetzgebung überwachen soll. Weitere Gesetzesreformen, zuletzt im April 2016, haben die Machtfülle des Königs einmal mehr bestätigt (GIZ 3.2020a).
Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem vom Volk gewählten Unterhaus (Repräsentantenhaus, Majlis al-Nuwwab) und dem Oberhaus (Senat, Majlis al-Ayan), dessen 65 Mitglieder direkt vom König ernannt werden. Das Unterhaus hat nach dem 2016 reformierten Wahlrecht nun 130 Sitze (GIZ 3.2020a; vgl. USDOS 11.3.2020). 29 Sitze wurden per Quote verteilt (15 an Frauen, 9 an Christen, 3 für sonstige Minderheiten). Darüber hinaus zogen fünf weitere Frauen ein, sodass das neue Parlament mit 20 Parlamentarierinnen den höchsten Frauenanteil in seiner Geschichte aufweist (GIZ 3.2020a).
Die Parlamentswahlen sind in Jordanien frei, gleich und geheim. Durch den Abstimmungsmodus und die Aufteilung der Wahlkreise wird jedoch gesichert, dass die promonarchischen und Mitte-Rechts-Kräfte im Parlament die Oberhand behalten. In palästinensisch dominierten Gebieten wie z.B. Zarqa oder Irbid brauchen Kandidatinnen und Kandidaten wesentlich mehr Stimmen als in den königstreuen Gebieten des Südens. Insgesamt sind die Einflussmöglichkeiten des Parlaments aufgrund der Machtfülle des Königs begrenzt. Zudem bildet der König das Ministerkabinett häufig um, wodurch dessen parteipolitische Ausrichtung nur selten der aktuellen Zusammensetzung des Parlaments entspricht. Das Unterhaus hat im politischen System Jordaniens vor allem Ventil- und Beratungsfunktionen. Da ein Sitz im Parlament mit zahlreichen materiellen Vergünstigungen verbunden ist (gutes Monatsgehalt, Dienstwagen, Beihilfen zur Wohnung, Pensionsansprüche nach Ende des Mandats), dient das Parlament auch der Einbindung von Oppositionellen und relevanten Eliten ins Herrschaftssystem (GIZ 3.2020a).
Jenseits der gewählten Parlamente bzw. Stadträte kennt Jordanien auch traditionelle Formen der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung. Vor allem in ländlichen Gebieten, aber zunehmend auch in Städten kommen sogenannte "Ältestenräte" oder "Stammesräte" (Al, Ashira, Qabila) zusammen, um Land-, Wasser- oder Familienkonflikte zu lösen ("Sulha"). Teilweise mieten oder kaufen Stämme oder Großfamilien für diesen Zweck in den Städten eigene Räume an ("Diwan"). Wie im Parlament und in den Stadträten sind Frauen in diesen traditionellen Gremien kaum vertreten (GIZ 3.2020a).
Die aktuelle Regierung unter Premierminister Dr. Omar Razzaz wurde im Juni 2018 vom König vereidigt (AA 10.1.2020; vgl. GIZ 3.2020a).
Die letzten Unterhauswahlen fanden am 20.9.2016 statt. Wahlbeobachter stellten fest, dass die Wahl im Allgemeinen frei, fair und technisch gut organisiert durchgeführt wurde. Allerdings wurden Vorbehalte gegen Unzulänglichkeiten im rechtlichen Rahmen der Wahlen geäußert; auch wurde kritisiert, dass den Bezirken die Sitze nicht proportional zur Bevölkerungszahl zugewiesen werden (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 3.2020a). Bei der Parlamentswahl vom 20.9.2016 gaben laut der offiziellen Wahlkommission rund 37 Prozent der insgesamt 4 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung sank damit auf ein historisches Tief. Insgesamt wurden islamische und säkulare Kräfte (Liste "Ma´an" - "Gemeinsam") sowie Frauen leicht gestärkt. Bei der Wahl kam ein erneut reformiertes Wahlrecht zur Anwendung. Außerdem nahmen die Muslimbrüder nach jahrelangem Boykott wieder an der Wahl teil. An den bisherigen Machtverhältnissen hat dies allerdings nichts geändert (GIZ 3.2020a).
Jordaniens Politik, auch die Innenpolitik ist durch den Nahostkonflikt geprägt. Schätzungsweise 60 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Jordaniens sind palästinensischer Abstammung. Nicht alle, aber viele von ihnen sprechen der haschemitischen Dynastie das Recht ab, über sie zu herrschen. Wegen dieses Legitimationsdefizits befindet sich Jordanien innenpolitisch in einer Art Dauerkrise, die je nach regionaler und internationaler politischer Konjunktur einmal mehr, einmal weniger deutlich zu spüren ist. Im Zuge des arabischen Frühlings ist die Kritik am König, der Königsfamilie und dem Machtapparat lauter geworden. Die traditionell loyalen Stämme und Veteranen des Militärs schrieben offene Briefe an den König, in denen sie den luxuriösen Lebensstil von Königin Rania kritisierten. Sogar Rufe nach einer Abdankung von Abdullah II. zugunsten des Halbbruders und ehemaligen Kronprinzen Hamza wurden laut (GIZ 1.2020a).
Angesichts der mannigfaltigen Herausforderungen kommt es für die Haschemiten innenpolitisch darauf an, trotz der demografischen Unterlegenheit der ostjordanischen Ursprungsbevölkerung das Überleben der Monarchie zu sichern. Dies wird unter anderem dadurch erreicht, dass man die palästinensischstämmige Bevölkerungsmehrheit von der politischen Teilhabe weitgehend ausschließt (GIZ 3.2020a).
Jordanien ist eines der zwei arabischen Länder, die einen Friedensvertrag mit Israel unterzeichnet haben (CNRR 6.2019; vgl. AA 10.1.2020).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (10.1.2020): Jordanien: Steckbrief, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jordanien-node/steckbrief/218006 , Zugriff 12.2.2020
-AA - Auswärtiges Amt (10.1.2020a): Jordanien: Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jordanien-node/politisches-portrait/218042 , Zugriff 18.3.2020
-CNRR - Romanian National Council for Refugees (6.2019): Country File - Country of origin information on Jordan, https://www.portal-ito.ro/#/view/cd39d0e5-566e-44a1-879e-bbb788c6113e , Zugriff 18.3.2020
-bpb - Bundeszentrale für politische Bildung (11.7.2016): Jordanien auf einen Blick: Geschichte, Politik, Wirtschaft, https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/230880/geschichte-politik-wirtschaft , Zugriff 18.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
-USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Sicherheitslage
Laut den Sicherheits- und Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes besteht insbesondere aufgrund der Lage in Syrien und im Irak landesweit die Gefahr von Terroranschlägen in Jordanien und eine Sicherheitsgefährdung, auch an Orten, die von Ausländern besucht werden. Die jordanischen Behörden haben daher ihre Sicherheitsvorkehrungen an diesen Orten entsprechend erhöht. An den Grenzen zu Syrien und dem Irak kommt es wiederholt zu Zwischenfällen und vereinzelten Auseinandersetzungen. Das syrisch-jordanische und das irakisch-jordanische Grenzgebiet sind militärisches Sperrgebiet (AA 19.3.2020). Gemäß französischem Außenministerium besteht im gesamten Land die Notwendigkeit erhöhter Aufmerksamkeit. Aufgrund permanenter Spannungen sollten laut französischem Außenministerium in die Stadt Ma‘an nur zwingend nötige Reisen erfolgen. Jordanien ist ständig von Angriffen bedroht (FD 19.3.2020).
2018 bedrohten terroristische Angriffe die Sicherheit. Im August 2018 wurde bei einem Bombenanschlag auf ein Polizeiauto, ein Offizier getötet und sechs weitere verletzt. Die Tätern folgten der Ideologie der militanten Gruppe "Islamischer Staat" (IS). Bei einer anschließenden Razzia, kamen vier Sicherheitsbeamte und drei mutmaßliche Kämpfer ums Leben, außerdem wurden 20 Zivilisten verletzt (FH 4.2.2019). Am 6.11.2019 griff eine Person an der archäologischen Stätte von Jerash im Norden des Landes mehrere Personen, darunter auch Touristen, mit einem Messer an (FD 19.3.2020).
Die jordanischen Behörden gehen auf diese Bedrohung ein und mobilisieren weiterhin, um die Gefahr von Terroranschlägen oder Infiltrationen an den Grenzen zu verhindern. Die meisten öffentlichen und touristischen Orte unterliegen einer verstärkten Überwachung, manchmal mit Sicherheitskontrollen, die eingehalten werden müssen. Von Reisen in die Grenzgebiete zum Irak und zu Syrien wird generell abgeraten (FD 19.3.2020).
In Jordanien kommt es sowohl in Amman als auch in anderen Städten und Ortschaften des Landes vor allem an den Wochenenden nach dem Freitagsgebet des Öfteren zu Demonstrationen und Protestaktionen, in denen verschiedene Bevölkerungsgruppen ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Forderungen artikulieren. In der Folge kann es zu Verkehrsbeeinträchtigungen und auch vereinzelten gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen (AA 19.3.2020).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (19.3.2020): Jordanien - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jordanien-node/jordaniensicherheit/218008 , Zugriff 19.3.2020
-FD - France Diplomatie (19.3.2020): Conseils aux Voyageurs - Jordanie, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/jordanie/ , Zugriff19.3.2020
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 16.4.2020
Rechtsschutz / Justizwesen
Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor (USDOS 11.3.2020); die Unabhängigkeit der Justiz wird allerdings auch eingeschränkt. Nach den Verfassungsänderungen von 2016 ernennt der König einseitig das gesamte Verfassungsgericht und den Vorsitzenden des Justizrates, der die Richter für das Zivilgerichtssystem benennt und sich überwiegend aus hochrangigen Mitgliedern der Justiz zusammensetzt. Die Richter, sowohl des Zivilgerichts als auch des Scharia-Gerichts (islamisches Recht), die sich mit Personenstandsangelegenheiten von Muslimen befassen, werden per königlichem Erlass formell ernannt (FH 4.2.2019).
Im August 2019 wurde durch eine Gesetzesänderung Richtern eine lebenslange Amtszeit gewährt, wodurch die richterliche Unabhängigkeit gestärkt wurde, wie lokale NGOs berichten (USDOS 11.3.2020).
In Bezug auf den Rechtsstaat und gute Regierungsführung weist Jordanien nach wie vor beachtliche Defizite auf. Das politische System ist von persönlichen Abhängigkeiten und Klientelbeziehungen geprägt. Einheimische und Ausländer klagen gleichermaßen über Vetternwirtschaft. Problematisch ist auch die gelegentlich mangelnde Neutralität der Justiz: Wer mit politisch einflussreichen Geschäftspartnern in Konflikt gerät, kann sich nicht immer auf die Unabhängigkeit der Richter, geschweige denn auf eine zeitnahe Abwicklung von Klagen und Prozessen verlassen (GIZ 3.2020a).
Per Gesetz sind alle Zivilgerichtsverhandlungen und Verhandlungen zu staatssicherheits-relevanten Fällen öffentlich, es sei denn das Gericht beschließt, dass es für den Schutz der Allgemeinheit notwendig ist, die Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten. Es gilt die Unschuldsvermutung (USDOS 11.3.2020). Die Polizei kann Verdächtige bis zu sechs Monate festhalten, ohne formelle Anklage zu erheben, und die Gouverneure sind befugt, Verwaltungshaft bis zu einem Jahr zu verhängen. In der Praxis ignorieren die Behörden oft die verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen gegen willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen und halten Personen ohne Kontakt zur Außenwelt oder über die gesetzlichen Fristen hinaus fest. Angeklagte haben in der Regel vor Prozessbeginn keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, was ihre Möglichkeiten zur Verteidigung beeinträchtigt. Trotz eines verfassungsrechtlichen Verbots akzeptieren Gerichte unter Folter erzwungen Geständnisse (FH 4.2.2019). Angeklagte haben das Recht auf einen Rechtsbeistand, der – im Fall von Anklagen für Verbrechen, die mit der Todesstrafe bzw. lebenslänglicher Haft bestraft werden – bedürftigen Personen auf Staatskosten zur Verfügung gestellt wird (USDOS 11.3.2020). Jedoch haben in der Praxis viele Angeklagte in strafrechtlichen Fällen vor und während des Verfahrens keinen Rechtsbeistand (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.2.2019). Die Behörden missachteten das Recht der Angeklagten auf frühzeitige und detaillierte Information über ihre Anklagepunkte, auch wurde ihnen oft keine angemessene Zeit zur Vorbereitung des Gerichtsprozesses zur Verfügung gestellt. Ausländische Einwohner, insbesondere GastarbeiterInnen, die nicht arabisch sprechen, erhielten zum Teil keine Übersetzungen bzw. keinen Rechtsbeistand. Angeklagte können Einspruch erheben (USDOS 11.3.2020). Obwohl die Verfassung durch Folter erzwungene Geständnisse nicht zulässt, dokumentierten Menschenrechtsorganisationen regelmäßig Fälle, in denen die Gerichte solche erzwungenen Geständnisse dennoch gelten ließen (USDOS 11.3.2020; vgl. FH 4.2.2019).
Im Laufe des Jahres [2019] richtete das Justizministerium in Zusammenarbeit mit der jordanischen Anwaltskammer und einer Menschenrechts-NGO eine eigens dafür vorgesehene Einheit ein, die Zeugen und Angeklagten gemäß dem gesetzlichen Auftrag Rechtsbeistand gewährt. Bis Oktober erhielten mehr als 550 Personen im Rahmen dieses Programms Rechtshilfe (USDOS 11.3.2020).
Die Behörden hielten weiterhin Verdächtige nach dem Verbrechensverhütungsgesetz von 1954 fest, das Haftstrafen von bis zu einem Jahr ohne Anklage, Gerichtsverfahren oder andere Rechtsmittel zuließ (HRW 14.2.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Laut einem Bericht von Amnesty International aus dem Jahr 2019 nahmen die Behörden routinemäßig Frauen in "Schutzhaft" (eine Art informeller Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren), um Fälle von außerehelichem Geschlechtsverkehr über Abwesenheit von zu Hause bis hin zur sexuellen Gewalt zu bearbeiten, die alle Frauen dem Risiko sogenannter "Ehrenverbrechen" aussetzen könnten. Im August 2018 eröffnete das Ministerium für soziale Entwicklung ein Schutzhaus für etwa 40 Frauen, die von geschlechtsspezifischer Gewalt und "Ehrenverbrechen" bedroht sind. Während die Behörden zuvor alle diese Frauen in denselben administrativen Haftanstalten wie Kriminelle gefangen hielten, begann das Direktorat für öffentliche Sicherheit (PSD) damit, einige direkt in das Schutzhaus zu verlegen (USDOS 11.3.2020).
Im Staatssicherheitsgericht (SSC) haben Angeklagte das Recht, gegen das Urteil Berufung beim Kassationsgericht einzulegen, das befugt ist, sowohl Fakten als auch Rechtsfragen zu überprüfen (USODS 11.3.2020).
Quellen:
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 18.3.2020
-HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022734.html , Zugriff 18.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
-USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Sicherheitsbehörden
Das Direktorat für öffentliche Sicherheit (PSD, Public Security Directorate) kontrolliert die allgemeinen Polizeifunktionen (USDOS 11.3.2020; GIZ 3.2020a). Das PSD, das GID (General Intelligence Department – der Geheimdienst, arabisch "Mukhaabaraat"), das unter anderem auch mit Spionage und Terrorbekämpfung betraut ist, die Gendarmerie, das Civil Defense Directorate und das Militär teilen sich die Verantwortung für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit. Das PSD und die Gendarmerie unterstehen dem Innenministerium mit – bei Bedarf – direktem Zugang zum König; das GID berichtet in der Praxis direkt dem König. Zivile Behörden behielten damit die Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.3.2020).
Die Struktur der jordanischen Polizei ist dreigeteilt:
•Städtische Polizei
•Ländliche Polizei
•Wüstenpolizei oder Königliche Wüstenpolizei, die sich vorwiegend aus Beduinen zusammensetzt; diese wurde in den vergangenen Jahren personell stark aufgestockt (GIZ 3.2020a)
Nach Angaben der Behörden wurden alle gemeldeten Vorwürfe des Missbrauchs in der Haft gründlich untersucht, aber Menschenrechts-NGOs stellten die Unparteilichkeit dieser Untersuchungen infrage. Das National Center for Human Rights (NCHR) forderte, dass Polizeibeamte, denen grobe Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, vor unabhängigen Zivilgerichten und nicht vor Polizeigerichten, die dem Innenministerium unterstehen und nach Ansicht mehrerer NGOs als weniger unabhängig gelten, angeklagt werden. Im Laufe des Jahres gab es keine Berichte über willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen durch Sicherheitskräfte (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
-USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung verbietet Folter und andere grausame, inhumane oder erniedrigende Behandlungen durch Amtsträger und sieht Strafen von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug für ihre Anwendung vor, bei schweren Verletzungen bis zu 15 Jahre (USDOS 11.3.2020). Während das Gesetz solche Praktiken verbietet, berichten internationale und lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) weiterhin über Folter und weit verbreitete Misshandlungen in Polizei- und Sicherheitsgefängnissen (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 11.3.2020; GIZ 3.2020a). Laut Angaben des Büros für Menschenrechte und Transparenz des Direktorats für öffentliche Sicherheit (PSD, Public Security Directorate wurden 12 Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen und Rehabilitationszentren gemeldet (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 18.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
-USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Allgemeine Menschenrechtslage
Die jordanische Verfassung ist in Bezug auf die Menschenrechte ambivalent. Einerseits werden die grundlegenden bürgerlichen Freiheitsrechte garantiert. Andererseits können die Menschenrechte der Jordanier "nationalen Interessen" untergeordnet werdoffice@buero-andreheller.com
en. Die verfassungsmäßig garantierte Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist größtenteils wertlos, denn im Personenstands- und Erbrecht gelten je nach Religionszugehörigkeit das Kirchenrecht oder die Scharia, die in ihrer jordanischen Version Frauen und Mädchen sehr stark benachteiligt. Ein weiterer Faktor, der die Menschenrechte der Jordanier einschränkt, ist die 2006 verabschiedete Anti-Terrorgesetzgebung (GIZ 3.2020a).
Jordanien verfügt in Übereinstimmung mit den einschlägigen UN-Konventionen über ein staatlich gelenktes nationales Menschenrechtszentrum. Zu dessen Aufgaben gehören die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen sowie die Verbreitung der Menschenrechtskultur im Land: Letzteres z.B. durch die Schulung von Multiplikatoren und die Einführung von Menschenrechtserziehung in Schulen. Darüber hinaus existieren auch mehrere unabhängige Organisationen, die sich auf verschiedene Weise für die Einhaltung der Menschenrechte und für die Menschenrechtsbildung im Land einsetzen (GIZ 3.2020a). Laut U.S. Department of State sind die signifikantesten Menschenrechtsprobleme in Jordanien Vorwürfe der Folter durch Sicherheitskräfte und Regierungsbeamte, willkürliche Inhaftierungen (auch von Aktivisten und Journalisten), weiters die Beeinträchtigung der Privatrechte der Bürger sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit durch strafrechtliche Tatbestände wie Diffamierung von Politikern und Regierungsbeamten, Einschränkung der Pressefreiheit, einschließlich der Kriminalisierung von Verleumdung, Einschüchterung von Journalisten, Zensur und Beschränkung des Internetzugangs. Einschränkungen der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, Vorfälle von Korruption in den Behörden, "Ehrenmorde" an Frauen, Gewalt gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle Personen (LGBTI) sowie Bedingungen, die in einigen Bereichen auf Zwangsarbeit hinauslaufen (USDOS 11.3.2020).
Jordanien beherbergte 2019 etwa 70.000 Hausangestellte, die hauptsächlich von den Philippinen, Sri Lanka und Indonesien kamen. NGOs verwiesen Hausangestellte, die mehrfach missbraucht worden waren, wiederholt an die Ermittler des Arbeitsministeriums. Zu den Missbräuchen gehörten die Nichtzahlung von Löhnen, unsichere Arbeitsbedingungen, lange Arbeitszeiten, die Beschlagnahme von Dokumenten sowie körperlicher, verbaler und sexueller Missbrauch (HRW 14.1.2020).
Die Straffreiheit blieb weit verbreitet, obwohl die Regierung begrenzte, undurchsichtige Schritte unternahm, um Beamte, die Missbräuche begingen, zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen. Informationen über die Ergebnisse dieser Maßnahmen waren nicht in allen Fällen öffentlich zugänglich (USDOS 11.3.2020).
Lokale und internationale NGOs berichteten, dass Häftlinge routinemäßig schweren körperlichen Misshandlungen ausgesetzt sind. Es wurden auch Anschuldigungen gegen das Criminal Investigation Department (CID) erhoben, die zu einer Strafanzeige führten. Zwar gab es keine Dokumentation über Beschwerden von Misshandlungen durch den Geheimdienst (GID) im Laufe des Jahres [2019], doch örtliche NGOs berichteten, dass diese nach wie vor vorkommen, auch wenn diese aus Angst vor möglichen Repressalien nicht gemeldet werden (USDOS 11.3.2020).
Im März 2019 wurde das Ergebnis der Allgemeinen regelmäßigen Überprüfung Jordaniens vom UN-Menschenrechtsrat auf einer Sitzung angenommen. Jordanien akzeptierte 149 von 226 erhaltenen Empfehlungen; die 77 weiteren Empfehlungen wurden bereits innerhalb des Rechtsrahmens umgesetzt, so Jordanien, bzw. seien diese wegen der Herausforderungen im Bereich der Sicherheit und der Aufnahme von Flüchtlingen schwierig umzusetzen. Im April 2019 gab Premierminister Omar Al-Razzaz ein Memorandum an alle Ministerien und Regierungsverbände mit Anweisungen zur Umsetzung der 149 anerkannten Empfehlungen heraus (AI 18.2.2020).
Das regierungsnahe Überwachungszentrum National Center for Human Rights (NCHR) forderte, dass Polizeibeamte, denen grobe Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, vor unabhängige Zivilgerichte gestellt werden, statt vor Polizeigerichte, die dem Innenministerium unterstehen und nach Ansicht mehrerer NGOs als weniger unabhängig gelten. Der Direktor des Direktorats für öffentliche Sicherheit (Public Security Directorate - PSD) erließ 2018 neue politische Richtlinien für die Behandlung von Inhaftierten, einschließlich unabhängiger Überprüfungen ihres Gesundheitszustands und der Überprüfungen von Haftanstalten. Das PSD unternahm Schritte zur Überwachung von Haftanstalten, um die Einhaltung der Haftbedingungen zu fördern. Einzelpersonen können über inländische Gerichte Zivilklagen im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen einreichen (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- AI - Amnesty International (18.2.2020): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2019; Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2025833.html , Zugriff 23.3.2020
- GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022734.html , Zugriff 14.4.2020
- USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Religionsfreiheit
Die Bevölkerung besteht offiziell zu 97,2 Prozent aus vorwiegend sunnitischen Muslimen und 2,2 Prozent Christen. Buddhisten und Hindus sowie andere Religionen sind mit weniger als einem Prozent vertreten (CIA 15.3.2020).
Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion (USDOS 21.6.2019; vgl. FH 4.2.2019; GIZ 3.2020a), garantiert aber die freie Ausübung aller Formen des Glaubens und religiöser Rituale, sofern diese mit der öffentlichen Ordnung und Moral vereinbar sind. Die Verfassung sieht vor, dass es keine Diskriminierung aufgrund der Religion geben darf (USDOS 21.6.2019).
Die Scharia ist vorrangig zu beachten, was beispielsweise für Muslime ein Konversionsverbot zu anderen Religionen mit sich bringt. Dennoch berichtet USDOS weiterhin von Konversionen von Muslimen. Gemäß Verfassung fallen Angelegenheiten, die den persönlichen und familiären Status von Muslimen betreffen, in die Zuständigkeit der Scharia-Gerichte. Sechs christliche Glaubensgemeinschaften haben eigene religiöse Gerichte, die solche Angelegenheiten für ihre Mitglieder regeln (USDOS 21.6.2019). Die Regierung überwacht weiterhin Predigten in Moscheen und verlangt, dass Prediger auf politische Kommentare verzichten. Ein offizieller Ausschuss unter dem Vorsitz des Großmuftis regelt, welche islamischen Geistlichen Fatwas erlassen dürfen (USDOS 21.6.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Viele christliche Gemeinschaften sind anerkannt und können ihren Glauben frei ausüben. Die Missionierung von Muslimen ist hingegen verboten (FH 4.2.2019).
Die größten Repressionen richten sich gegen Konvertiten vom Islam zu anderen Religionen. Einige Konvertiten zum Christentum berichten über Ausgrenzung sowie körperlichen und verbalen Missbrauch und, dass Sicherheitsbeamte sie nach der Konversion weiterhin über ihre religiösen Überzeugungen und Praktiken befragen. Manche von ihnen beten aufgrund des sozialen Stigmas, mit dem sie als Konvertiten konfrontiert sind, weiterhin heimlich (USDOS 21.6.2019). Die Regierung verfolgt Konvertiten aus dem Islam zwar nicht wegen Apostasie (USDOS 21.6.2019; vgl. FH 4.2.2019), Betroffene berichten aber zum Teil von anhaltenden und glaubwürdigen Drohungen von Familienmitgliedern, die mit dem Schutz der traditionellen Ehre argumentieren (USDOS 21.6.2019) oder davon bürokratischen Hürden und Belästigungen ausgesetzt zu sein (FH 4.2.2019). Die Heirat zwischen einer muslimischen Frau und einem nicht-muslimischen Mann ist nicht erlaubt, der Mann muss zum Islam konvertieren (USDOS 21.6.2019).
Die Regierung verwehrt weiterhin einigen religiösen Gruppierungen wie den Mormonen und den Zeugen Jehovas die offizielle Anerkennung (USDOS 21.6.2019). Nicht registrierte Gruppen können ihren Glauben ausüben, sind aber aufgrund ihres illegalen Status einer Reihe von Nachteilen ausgesetzt (FH 4.2.2019). So hatten die Mitglieder dieser Gemeinschaften weiterhin Probleme bei der Registrierung ihrer Ehen und der religiösen Zugehörigkeit ihrer Kinder. Es wird über eine Zunahme von Online verbreiteten Hassreden gegen religiöse Minderheiten und Gemäßigte berichtet (USDOS 21.6.2019).
Im Dezember 2018 ordnete der Generalstaatsanwalt die Inhaftierung von zwei Medienpersönlichkeiten der Website Al-Wakeel News an, weil sie auf Facebook eine Karikatur gepostet hatten, die als Jesus beleidigend galt. Der Beitrag wurde wenige Stunden später entfernt, und al-Wakeel entschuldigte sich in aller Öffentlichkeit. Die beiden Männer wurden zwei Tage später wieder frei gelassen (USDOS 21.6.2019).
Quellen:
- CIA - Central Intelligence Agency (15.3.2020): The World Fact Book - Jordan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/jo.html , Zugriff 23.3.2020
- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 23.3.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jordanien/geschichte-staat/ , Zugriff 14.4.2020
- USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011162.html , Zugriff 23.3.2020
Ethnische Minderheiten
Ca. 98 Prozent der Einwohner Jordaniens sind Araber (GIZ 3.2020c; vgl. CIA 15.3.2020). Anders als in den Nachbarländern gibt es in Jordanien nur eine zahlenmäßig geringe autochthone Bevölkerung. Die sogenannten ost-jordanischen Stämme sind zwar politisch relevant, doch stellen sie eine Minderheit dar. Die große Mehrheit der heutigen Bewohner Jordaniens sind Nachkommen von Menschen, die seit dem 19. Jahrhundert als Flüchtlinge, Vertriebene oder per Zwangsansiedlung in das Land kamen. Das gilt sowohl für Palästinenser, die mehr als die Hälfte der Bevölkerung Jordaniens ausmachen, als auch für Armenier, kaukasische Tscherkessen und Tschetschenen, weiters für hunderttausende Iraker sowie 1,3 Millionen Menschen aus Syrien. Letztere setzen sich aus rund 670.000 beim UNHCR registrierten Flüchtlingen sowie mehr als 10.000 palästinensischen Flüchtlingen aus Syrien zusammen. Knapp 60 Prozent der Bevölkerung Jordaniens sind palästinensischer Herkunft, davon sind gut zwei Drittel registrierte Palästina-Flüchtlinge (GIZ 3.2020c).
Die beduinische Lebensweise ist in Jordanien zwar öffentlich sehr präsent, aber quantitativ auf dem Rückzug. Schätzungen zufolge lebt heute weniger als ein Prozent der Bevölkerung noch als Nomaden oder Halbnomaden. Dennoch genießen die beduinischstämmigen Familien wegen ihrer Loyalität zu den (nicht beduinischen) Haschemiten weiterhin eine besondere Stellung im politischen System, ebenso wie die anderen Minderheiten im Land. Dazu zählen neben Armeniern, Kurden und iranischstämmigen Bahai auch die seit dem 19. Jahrhundert von den Osmanen angesiedelten sunnitisch-muslimischen Tscherkessen und Tschetschenen aus dem Kaukasus. Die Beduinen sind in der Wüstenpolizei und in Teilen der Armee (Aufstandsbekämpfung) überrepräsentiert. Die Tscherkessen, die zu den ersten Bewohnern der modernen Stadt Amman gehörten und die schon Jordaniens Staatsgründer Abdullah I. loyal zur Seite standen, sind heute überproportional in den Sicherheitsdiensten, bei der Polizei und in der höheren Verwaltung vertreten. Auch die Tschetschenen genießen traditionell eine Sonderstellung. Aufgrund der Verwicklung tschetschenischer Islamisten in Terrorstrukturen von Al-Qaida hat das Vertrauensverhältnis allerdings gelitten. Für Beduinen, Kaukasier und Christen sind im jordanischen Parlament Quoten vorgesehen (GIZ 3.2020c).
Quellen:
-CIA - Central Intelligence Agency (15.3.2020): The World Fact Book - Jordan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/jo.html , Zugriff 23.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020c): Jordanien - Gesellschaft, https://www.liportal.de/jordanien/gesellschaft/ , Zugriff 14.4.2020
Palästinenser
Knapp 60 Prozent der Bevölkerung Jordaniens sind palästinensischer Herkunft, davon sind gut die Hälfte registrierte Palästina-Flüchtlinge. Die Beziehungen zwischen Palästinensern und Jordaniern sind ambivalent. Obwohl Palästinenser heute mehr als die Hälfte der jordanischen Gesamtbevölkerung ausmachen und die jordanische Wirtschaft auf das Kapital und das Know-How der palästinensischstämmigen Bevölkerung angewiesen ist, sind Palästinenser bislang politisch nicht angemessen repräsentiert. Der Zugang zu Posten im öffentlichen Dienst und bei den Sicherheitskräften ist zwar möglich, aber erschwert. Der aufenthaltsrechtliche Status der Palästinenser ist nicht einheitlich. Ein Teil der in Jordanien lebenden Palästinenser fühlt sich zunehmend von erneuter Staatenlosigkeit bedroht (GIZ 3.2020a). Mehr als zwei Millionen bei der UNRWA registrierte Palästinaflüchtlinge (Anm.: die UNRWA ist eine für die Unterstützung von palästinensischen Flüchtlingen zuständige UN-Hilfsorganisation) leben in Jordanien (UNRWA o.D / Stand: 5.11.2018). Die meisten palästinensischen Flüchtlinge sind im Besitz der vollen jordanischen Staatsbürgerschaft (UNRWA o.D / Stand: 5.11.2018; vgl BADIL 2019), was ihnen die gleichen Rechte wie anderen jordanischen Bürgern verleiht (BADIL 2019). In Jordanien gibt es zehn offizielle palästinensische Flüchtlingslager, in denen mit fast 370.000 Menschen in etwa 18 Prozent der insgesamt in Jordanien lebenden Palästinenser leben (UNRWA o.D. / Stand: 5.11.2018). Fast 10.000 palästinensische Flüchtlinge aus Syrien haben um die Unterstützung der UNRWA in Jordanien angesucht. Die Mehrheit dieser Flüchtlinge dürfte in bitterer Armut leben und über einen unsicheren rechtlichen Status verfügen (UNRWA o.D / Stand: 5.11.2018).
Im Wesentlichen gibt es in Jordanien vier Gruppen von Palästinensern, von denen viele mit Diskriminierungen konfrontiert sind: Diejenigen, die nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1948 nach Jordanien und in das von Jordanien kontrollierte Westjordanland kamen, erhielten ebenso wie jene, die nach dem Krieg 1967 ins Land kamen und keinen Aufenthaltstitel in der Westbank hatten, die vollwertige Staatsbürgerschaft. Palästinenser, die nach 1967 noch über einen Aufenthaltstitel für die Westbank verfügten, bekamen die Staatsbürgerschaft nicht mehr, erhielten jedoch - sofern sie nicht ein Reisedokument der Palästinensischen Autonomiebehörde besaßen - zeitweilige Reisepässe ohne nationale Identifikationsnummern. Diese Personen erhalten Zugang zu manchen Regierungsdiensten, zahlen in Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen und Ausbildungszentren aber die Tarife für Nichtstaatsbürger. Flüchtlinge, die nach 1967 aus Gaza flohen, hatten keinen Anspruch auf die Staatsbürgerschaft und erhielten temporäre Reisedokumente ohne nationale Nummer. Sie haben keinen Zugang zu Regierungsdiensten und sind meist komplett von der angebotenen Unterstützung der UNRWA abhängig. Die vierte Gruppe sind Syrer palästinensischer Herkunft, die zwar oft an der Grenze abgewiesen wurden, jedoch Zugang zu UNRWA-Dienstleistungen haben (USDOS 11.3.2020).
Palästinenser sind im Parlament sowie in höheren Regierungsämtern und Positionen im Militär unterrepräsentiert, ebenso wie bei Universitätszulassungen. Auch ist der Zugang zu Universitätsstipendien eingeschränkt. Im privaten Sektor hingegen sind sie gut vertreten (USDOS 11.3.2020). Palästinenser sind oft von Arbeitsplätzen im öffentlichen Bereich sowie im Militär ausgeschlossen (FH 4.2.2019).
Verheirateten jordanischen Frauen steht generell nicht das Recht zu, ihre Staatsbürgerschaft auf ihre Kinder zu übertragen. Kinder weiblicher Staatsbürger, die mit Nicht-Staatsbürgern verheiratet sind, erhalten die Staatsangehörigkeit des Vaters. Alle Kinder können unabhängig von ihrer Nationalität oder ihrem Status an einer formalen Ausbildung teilnehmen, obwohl in der Praxis der Mangel an ordnungsgemäßen Unterlagen manchmal zu Verzögerungen oder Hindernissen bei der Einschulung der Kinder führt. Kinder von jordanischen Müttern und Vätern, die keine Staatsbürger sind, müssen einen Antrag stellen und bestimmte Kriterien erfüllen, um Zugang zu bestimmten Dienstleistungen zu erhaltenund über das Standesamt einen speziellen Ausweis erhalten. Nach dem Gesetz kann das Kabinett die Staatsbürgerschaft für Kinder jordanischer Mütter und ausländischer Väter unter bestimmten Bedingungen genehmigen, aber dieser Mechanismus ist nicht allgemein bekannt, und eine Genehmigung kommt nur selten vor (USDOS 11.3.2020).
(Anm.: 2018 haben die USA die finanzielle Unterstützung für die UNRWA eingestellt. Die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Beistellung der bislang vom Flüchtlingshilfswerk erbrachten Leistungen lassen sich derzeit nur schwer abschätzen.).
Quellen:
-BADIL - Resource Center for Palestinian Residency and Refugee Rights (2019): Survey of Palestinian Refugees and Internally Displaced Persons 2016 - 2018, Volume IX, 2019, http://www.badil.org/phocadownloadpap/badil-new/publications/survay/survey2016-2018-eng.pdf , Zugriff 30.3.2020
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 18.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Jordanien - Gesellschaft, https://www.liportal.de/jordanien/gesellschaft/ , Zugriff 14.4.2020
-UNRWA (o.D. / Stand 5.11.2018): Where We Work / PRS in Jordan, http://www.unrwa.org/where-we-work/jordan / http://www.unrwa.org/prs-jordan , Zugriff 5.11.2018
-USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 16.3.2020
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz erlaubt Inlandsreisen, Auslandsreisen (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 11.3.2020), Emigration und Rückkehr in die Heimat, jedoch gibt es einige Einschränkungen (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/en/document/2008161.html , Zugriff 14.4.2020
-USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
Grundversorgung und Wirtschaft
Jordaniens Volkswirtschaft ist schwach. Das Land verfügt nur über wenige natürliche Ressourcen und sehr begrenzte landwirtschaftliche Nutzflächen (BMZ o.D.).
Die Staatsverschuldung (2018: 95 Prozent des BIP) nimmt weiter zu. Auf Druck des Internationalen Währungsfonds wollte die jordanische Regierung im Frühjahr 2018 die Einkommensteuer erhöhen, was starke Unruhen auslöste. Seither gehen Teile der Bevölkerung immer häufiger auf die Straße, um zu protestieren. Im Herbst 2019 streikten Lehrkräfte im ganzen Land. Die jordanische Regierung hat für den Zeitraum 2018-2022 ein Reformprogramm aufgelegt, das unter anderem auf den Ausbau erneuerbarer Energien sowie auf Haushaltskonsolidierung durch höhere Steuern und weniger Subventionen setzt. Ob diese Maßnahmen mehr Jobs schaffen und Wachstum bewirken können, ist offen. Vermutlich wird die Einkommensungleichheit zunehmen, was die ohnehin angespannte Lage weiter verschärfen würde (GIZ 3.2020b).
Das Wirtschaftswachstum lag in den letzten Jahren bei durchschnittlich 2 Prozent und war zu gering, um die hohe Staatsverschuldung abbauen zu können. Aktuell steckt das Land in einer ökonomischen Krise. Mit dem niedrigen Wachstum gehen eine hohe Arbeitslosigkeit (20 Prozent) sowie ein niedriges Bruttoinlandsprodukt per capita (ca. 7.500 Euro/Jahr, kaufkraftbereinigt) einher. Der staatlich fixierte Mindestlohn beträgt 225 JD/Monat (ca. 270 Euro, für Ausländer 155 JD/185 Euro). Viele Jordanier verdienen tatsächlich nicht mehr – und dies bei einem geschätzten Existenzminimum von 500 JD (ca. 625 Euro) pro Monat und Familie und Lebenshaltungskosten, die real auf mitteleuropäischem Niveau liegen. Elementare Arbeitnehmerrechte werden oftmals nicht beachtet (GIZ 3.2020b).
Die jordanische Bevölkerung ist sehr jung: Etwa 35 Prozent der rund 9,7 Millionen Einwohner sind unter 15 Jahre alt. Der inländische Arbeitsmarkt kann ihnen bisher keine ausreichenden beruflichen Perspektiven bieten, die Jugendarbeitslosigkeit liegt nach Schätzungen deutlich über 30 Prozent (BMZ o.D.).
Knappe Ressourcen (wenig Wasser, wenig Rohstoffe), Defizite bei der Staatsführung und eine schwach entwickelte Industrie machen Jordanien ökonomisch in hohem Maße abhängig von Importen und externen Finanzzuflüssen. Internationale Finanzhilfen und Kredite (USA, IWF, arabische Golfstaaten), Überweisungen jordanischer Arbeitskräfte im Ausland (in 2018 waren es ca. 3 Mrd. JD/Jahr bzw. rund 8 Prozent des BIP), Tourismus (10-12 Prozent des BIP, davon ca. 50 Prozent Gesundheitstourismus) sowie Dienstleistungen und Phosphatexporte sichern bislang das Überleben. Charakteristisch ist ein starkes Gefälle zwischen Stadt und Land (GIZ 3.2020b).
Bedingt durch die regionalen Umwälzungen und insbesondere die Krise in Syrien (Kosten für Flüchtlingsintegration und zur Grenzsicherung, ausbleibende Gaslieferungen aus Ägypten, weniger Rücküberweisungen von Migranten und wegbrechende regionale Absatzmärkte) und bedingt durch verschleppte Reformen, die hohe Jugendarbeitslosigkeit und eine der niedrigsten Frauenerwerbsquoten der Welt herrscht in weiten Teilen der Bevölkerung eine wirtschaftliche Perspektivlosigkeit. Jordanien ist deshalb von externen Zuwendungen abhängig: vor allem von Leistungen und Umschuldungen internationaler Geber sowie von den Geldüberweisungen der im Ausland lebenden Jordanierinnen und Jordanier (BMZ o.D.).
Die Präsenz von rund 1,3 Millionen Menschen aus Syrien, von denen rund 670.000 beim UNHCR registrierte Flüchtlinge sind (GIZ 3.2020b; vgl. GIZ 3.2020c), bedeutet hohen zusätzlichen Druck auf die ohnehin knappen natürlichen Ressourcen des Landes (Wasser, Energie) sowie hohe öffentliche Zusatzausgaben, vor allem für Gesundheitsversorgung und Bildung, weiters für die allgemeine Infrastruktur und die Subventionierung von Energie. Viele Kommunen sind überlastet. Da die meisten Flüchtlinge aus Syrien keine Ersparnisse haben und aufgrund ihrer Not bereit sind, für absolute Minimallöhne zu arbeiten, ist die in Jordanien ohnehin scharfe Konkurrenz um Arbeitsplätze noch härter geworden, vor allem zwischen Arbeitssuchenden aus Ägypten und Syrien. Die schon vorher sehr niedrigen Löhne befinden sich in einer Abwärtsspirale. Dies bedeutet auch eine weitere Schwächung der ohnehin geringen Arbeitnehmerrechte sowie der Kaufkraft bedeutender Teile der Bevölkerung (GIZ 3.2020b).
Es gibt etwa 1,4 Millionen Arbeitsmigranten in Jordanien, von denen etwa eine Million keine Arbeitserlaubnis besitzt, was sie besonders anfällig für Ausbeutung macht. Arbeitsrechtsorganisationen haben die Besorgnis über schlechte Arbeitsbedingungen, Zwangsarbeit und sexuellen Missbrauch in den sogenannten Qualifying Industrial Zones geäußert, in denen hauptsächlich weibliche und ausländische Fabrikarbeiter Waren für den Export verarbeiten (FH 4.2.2019).
Quellen:
-BMZ - Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Deutschland) (o.D): Jordanien, Wirtschaftliche Situation, Hohe Jugendarbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven, https://www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_osten_nordafrika/jordanien/index.jsp , Zugriff 25.3.2020
-FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008161.html , Zugriff 24.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Jordanien - Wirtschaft, https://www.liportal.de/jordanien/wirtschaft-entwicklung/ , Zugriff 24.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020c): Jordanien – Gesellschaft, https://www.liportal.de/jordanien/gesellschaft/ , Zugriff 15.4.2020
Medizinische Versorgung
Das Versorgungsniveau ist in Amman sehr gut. Hier sind besonders die beiden großen Privatkrankenhäuser, das Al-Khalidi Medical Center und das Arab Medical Center, zu nennen. Außerhalb der Hauptstadt ist mit starken Einschränkungen zu rechnen, v.a. auch hinsichtlich des Rettungsdienstes bei Unfällen (AA 18.3.2020). Bei der Versorgung gibt es ein ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle und eine sich immer weiter öffnende Schere zwischen arm und reich. Im Großraum Amman ist die medizinische Versorgung gut, in den ländlichen Gebieten deutlich schlechter (GIZ 3.2020c).
Der medizinische Standard in den öffentlichen Krankenhäusern ist gut, die Krankenpflege entspricht nicht immer europäischem Niveau. Privatkliniken haben einen besseren Standard. Medikamente sind ausreichend erhältlich. Die medizinische Versorgung in öffentlichen Krankenhäusern entspricht nicht oder nur mit Einschränkungen westeuropäischem Standard. Private Krankenhäuser sind besonders im Raum Amman zahlreich und mit westeuropäischem Standard größtenteils vergleichbar (BMEIA 25.3.2020).
Kinder bis einschließlich sechs Jahren werden kostenlos versorgt. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei rund 75 Jahren. Nachdem es im Gefolge des 11.9.2001 für Araber immer schwieriger wurde, zur medizinischen Behandlung in westliche Länder zu reisen, verzeichnet Jordanien merkliche Zuwächse beim Gesundheitstourismus (GIZ 3.2020c).
Die Regierung gewährte Männern großzügigere Sozialversicherungsleistungen als Frauen. Die Gesetze und Vorschriften zur Krankenversicherung für Beamte, unterstehen dem Civil Service Bureau (Büro für den öffentlichen Dienst) und erlauben es Frauen, ihren Versicherungsschutz auf Angehörige oder Ehepartner auszudehnen, auch wenn sie keine Staatsbürger sind. Männer müssen Staatsbürger sein, um die vollen Versicherungsleistungen auf Ehepartner und Unterhaltsberechtigte auszudehnen (USDOS 11.3.2020). Darüber hinaus werden in Jordanien seit jeher, staatstragende Berufsgruppen wie Beamte, Polizisten und Angehörige des Militärs, kostenlos oder zu vergünstigten Bedingungen medizinisch behandelt. Alle anderen Berufstätigen sind in Krisensituationen auf ihre Familien, ihre Ersparnisse oder auf Almosen angewiesen. Im Zuge der Privatisierung ehemaliger Staatsbetriebe hat Jordanien im Jahr 2001 eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung eingeführt, die unter anderem bei Arbeitsunfällen, Krankheit und Schwangerschaft einspringt. Diese Versicherung gilt allerdings nur für einen Teil der Beschäftigten und sie schützt nicht die vielen tausend Arbeitsmigrant/innen in Jordanien. Landwirtschaftliche Helfer, Hausangestellte und eine Reihe anderer Berufe sind von der Versicherung bislang ausgeschlossen, ebenso wie von der Unfallversicherung (GIZ 3.2020c).
Quellen:
-AA - Auswärtiges Amt (18.3.2020): Jordanien - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jordanien-node/jordaniensicherheit/218008 , Zugriff 18.3.2020
-BMEIA (25.3.2020): Jordanien, Reiseinformationen, Gesundheit & Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/jordanien/ , Zugriff 25.3.2020
-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020c): Jordanien - Gesellschaft, https://www.liportal.de/jordanien/gesellschaft/ , Zugriff 15.4.2020
Rückkehr
Das Gesetz sieht Bewegungsfreiheit im Inland, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor. Es gibt einige, nicht näher definierte Einschränkungen (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
-USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Jordan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026422.html , Zugriff 18.3.2020
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
- Einsicht in den Akt des BFA;
- mündliche Verhandlung am 08.02.2022;
- Einsicht in die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage in Jordanien;
- Einsicht in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden: (vgl. 2.2. und 2.3.)
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit, der Identität des Beschwerdeführers sowie hinsichtlich seiner illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet und der Aufenthaltsdauer ergeben sich aus dem Akteninhalt und der vorgelegten jordanischen Geburtsurkunde.
In der Beschwerde wurde zwar die jordanische Staatsangehörigkeit bestritten, der Beschwerdeführer bestätigte vor dem BFA jedoch mehrmals, jordanischer Staatsangehöriger zu sein (AS 197, 196, 274) und bekräftigte dies auch in der mündlichen Verhandlung. Vorgelegt wurde seitens des Beschwerdeführers letztlich aber auch eine jordanische Geburtsurkunde (ausgestellt am 27.10.2019), aus der auch die jordanische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers hervorgeht, weshalb diese auch festgestellt werden konnte.
Die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu den familiären und privaten Verhältnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf dessen in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren, dem Schreiben seiner Lebensgefährtin XXXX , der Geburtsurkunde sowie dem Staatsbürgerschaftsnachweis des Sohnes XXXX und der Vaterschaftsanerkennung (Standesamt XXXX vom 23.04.2020).
Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber bis Februar 2020 ist dem Betreuungsinformationssystem zu entnehmen. Dass der Beschwerdeführer von seinen Eltern und seiner Lebensgefährtin finanziell unterstützt wird, entspricht seinen dahingehend konsistenten Angaben.
Die Deutschkenntnisse entsprechen der persönlichen Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung. Kursbesuchsbestätigungen oder Prüfungszeugnisse bracht der Beschwerdeführer nicht in Vorlage.
Dass der Beschwerdeführer gesund und arbeitsfähig ist, beruht auf seinen dahingehend konsistenten Angaben. Eine 2018 beim Beschwerdeführer diagnostizierte Zyste am Rücken wurde medikamentös (Salbe) behandelt und brachte der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung keine aktuelle medizinische Behandlungsnotwendigkeit mehr vor. Die Einstellungszusage geht aus der Bestätigung des XXXX vom 14.02.2022 hervor.
Aus dem Strafregister der Republik Österreich geht die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers hervor.
Die Feststellung zum Wohnsitz des Beschwerdeführers geht aus dem zentralen Melderegister hervor.
Die polizeiliche Wegweisung aus dem Asylwerberquartier sowie Verwarnungen seitens der Unterkunftgeber gehen aus dem Bericht der LPD XXXX vom 03.09.2018, der LPD XXXX vom 09.04.2019 und aus dem Betreuungsinformationssystem hervor.
2.3. Zum Vorbringen:
Der Beschwerdeführer brachte vor dem BFA im Wesentlichen vor, dass er aufgrund seiner Konversion zum Christentum in Jordanien seitens muslimischer Gruppen Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sei, indem diese mit Messern auf seinen Bruder losgegangen seien und er selbst immer wieder in Schlägereien verwickelt worden sei.
In der Erstbefragung erklärte der Beschwerdeführer hingegen noch, dass er in seiner Heimat wegen seiner Religionszugehörigkeit lediglich diskriminiert worden sei. Einen konkreten gewalttätigen Übergriff auf seine Person brachte der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt nicht vor.
Es wäre jedoch zu erwarten, dass der Beschwerdeführer von Anfang an keine sich bietende Gelegenheit zu einem solchen Vorbringen, nämlich tatsächlich erfolgte Übergriff, also Eingriffe in seine körperliche Integrität, die eine wesentliche Bedeutung für sein Schutzbegehren haben würden, ungenützt vorübergehen lassen würde (vgl. VwGH 07.06.2000, 2000/01/0205). Demgegenüber beschränkte er sich aber in seinem Vorbringen vorerst auf Diskriminierungen. Darüber hinaus entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (vgl. VwGH 11.11.1998, 98/01/0356).
Zu den Vorfällen an sich ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA am 23.02.2018 behauptet, dass sich eine Gruppe von Islamisten von der Tätowierung des Beschwerdeführers, die ein Kreuz zeigt, provozieren habe lassen und er zu Mitgliedern dieser Gruppe gesagt habe, dass ihnen dies nichts angehe. Daraufhin sei der Bruder des Beschwerdeführers mit Messern und Schwertern angegriffen und schwer verletzt worden, weil dieser eine Tätowierung von Maria auf seinem Arm gehabt habe. Der Beschwerdeführer selbst sei von den islamistischen Gruppierungen immer wieder in Schlägereien verwickelt bzw. geschlagen worden, wobei ihm seine Brüder immer wieder geholfen hätten.
In der Einvernahme vor dem BFA am 05.11.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass 2014 ein paar Leute zu ihm gekommen seien und gefragt hätten, ob er der Freund von Michael und William sei und ob er wegen dieser Freunde die Religion geändert habe. Der Beschwerdeführer verneinte die Frage, woraufhin es zu einer Schlägerei mit einem Messer gekommen sei, bei der der Bruder des Beschwerdeführers verletzt worden sei. Der Beschwerdeführer und sein Bruder seien dann im Krankenhaus gewesen, wo auch der Vater des Beschwerdeführers hingekommen sei und dem Beschwerdeführer USD 1.600,-- für die Ausreise aus Jordanien gegeben habe. Der Beschwerdeführer sei daraufhin von seinem Vater zu einer Bushaltestelle gebracht worden, zu seiner Schwester gefahren und von dort mit einem Schiff nach Ägypten gereist.
In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, dass eine Gruppe von fanatischen Muslimen von anderen gehört habe, dass sich der Beschwerdeführer mit christlichen Leuten umgebe, immer in die Kirche gehe und bei Christen namens William und Michael lebe. Einer von dieser Gruppe habe den Beschwerdeführer mit einem Schwert schlagen wollen, versehentlich aber seinen Bruder erwischt. Danach habe diese Gruppe dem Beschwerdeführer viele Probleme verursacht und habe ihm sein Vater geraten, das Land zu verlassen.
Als Auslöser für die behaupteten Verfolgungshandlungen stellte der Beschwerdeführer sohin mehrere Ursachen in den Raum, indem er zunächst seine Tätowierung, später den vermeintlichen Einfluss von Freunden und zuletzt ein christliches Umfeld, Kirchenbesuche und christliche Freunde als Grund für seine Probleme nannte.
Widersprüchlich stellte der Beschwerdeführer auch dar, wem die Angriffe gegolten haben, zumal er vor dem BFA immer behauptete, dass Leute dieser Gruppe auf seinen Bruder mit Messern losgegangen seien, er in der mündlichen Verhandlung erstmals aber angab, dass der Angriff eigentlich dem Beschwerdeführer gegolten habe und sein Bruder versehentlich erwischt worden sei. Was die Übergriffe auf den Beschwerdeführer angeht, so fällt zunächst auf, dass er vor dem BFA weder zur Anzahl, noch zum Zeitpunkt der Schlägereien Angaben tätigen konnte, was angesichts dessen, dass er sich aufgrund dieser Übergriffe zur Ausreise entschieden habe, wenig nachvollziehbar erscheint. In diesem Kontext ist aber auch anzumerken, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA am 23.02.2018 angab, nach dem Vorfall mit seinem Bruder immer wieder in Schlägereien verwickelt worden zu sein, er am 05.11.2018 aber vorbrachte, dass er nach dem Vorfall mit seinem Bruder im Krankenhaus gewesen sei und von dort zu seiner Schwester und im Weiteren nach Ägypten gefahren sei, was impliziert, dass die Möglichkeit für weitere Schlägereien nicht mehr bestanden habe. In der mündlichen Verhandlung schwenkte der Beschwerdeführer wieder um und brachte erneut vor, dass ihm nach dem Vorfall mit seinem Bruder viele Probleme bereitet worden seien.
Vor dem BFA behauptete der Beschwerdeführer am 23.02.2018 im Übrigen, dass er einmal wegen der Vorfälle bei der Polizei gewesen sei, diese aber nichts für ihn gemacht habe (AS 118). Die Polizei könne in einem solchen Fall nicht helfen, weil die offizielle Religion im Land der Islam sei und ausgetretene Personen hingerichtet werden würden. Sein Vater habe den Polizisten Geld gegeben und sei der Fall sodann geschlossen worden. Am 03.06.2019 vermeinte der Beschwerdeführer hingegen, dass er nie bei der Polizei Anzeige erstattet habe, weil er als Konvertit sowieso keine Rechte habe (AS 275). Da es einen erheblichen Unterschied darstellt, ob eine Person Anzeige erstattet und diese dann nicht weiter verfolgt wird oder erst gar nicht der Versuch unternommen wird, einen bestimmten Vorfall bei der Polizei anzuzeigen, sind diese divergierenden Angaben ein weiteres Indiz für ein konstruiertes Vorbringen.
Angesichts des gesteigerten und widersprüchlichen Vorbringens ist sohin nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich den von ihm geschilderten Übergriffen infolge seiner behaupteten Konversion zum Christentum ausgesetzt war, wobei auch an der Behauptung, dass der Beschwerdeführer vom Islam abgefallen sei und zum Christentum konvertiert sei, erhebliche Zweifel bestehen.
Obwohl im Falle einer Konversion die Taufe ein tiefgreifendes Ereignis im Leben eines gläubigen Menschen darstellt, konnte der Beschwerdeführer nicht übereinstimmend angeben, wann diese stattgefunden hat, zumal er vor dem BFA am 05.11.2018 angab, dass er und seine Schwester 2011 in Syrien in XXXX (AS 198) getauft worden seien, er in der mündlichen Verhandlung aber behauptete, dass er und seine Schwester erst im Jahr 2012 in XXXX getauft worden seien (VS 8). Die erhebliche zeitliche Differenz von ca. einem Jahr deutet daher bereits auf ein konstruiertes Vorbringen hin.
Nicht nachvollziehbar erscheinen auch die Angaben des Beschwerdeführers, wonach seine ebenfalls zum Christentum konvertierte Schwester unbehelligt in Jordanien leben kann, er selbst aber den behaupteten Anfeindungen und Übergriffen ausgesetzt gewesen sein soll. Der Beschwerdeführer gab vor dem BFA am 23.02.2018 an, dass seine Schwester problemlos in einer Touristenregion lebe und dort als Köchin in einem Hotel arbeite (A S118). Am 05.11.2018 brachte der Beschwerdeführer vor dem BFA zudem vor, dass niemand über den Glauben seiner Schwester in Kenntnis sei und sie ihren Glauben im Geheimen auslebe (AS 201).
Am 23.02.2018 brachte der Beschwerdeführer auch vor, dass er selbst nicht unbehelligt in Jordanien leben könne, weil er einen anderen Lebensstil als seine Schwester praktiziere. Erklärend führte er aus, dass er zB bei der Arbeit aufgefordert werde zu beten und er dann sage, dass er nicht wolle, weil er Christ sei (AS 197). Solche Situationen würden viele Probleme verursachen und würde er gekündigt werden.
Dieser Erklärungsversuch überzeugt in mehrfacher Hinsicht nicht, zumal auch seine Schwester berufstätig ist und der Beschwerdeführer vor dem BFA angab, dass er in Jordanien selbstständig tätig war (AS 198). Seine Schwester ist daher in der Lage ihren Arbeitsalltag trotz eines Glaubenswechsels problemlos zu bestreiten und ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in seinem eigenen Betrieb aufgefordert worden wäre, zu beten. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA am 05.11.2018 selbst angibt, dass er in Jordanien offiziell Moslem gewesen sei (AS 201), was ebenfalls gegen Anfeindungen aufgrund seiner vermeintlich christlichen Lebensweise spricht.
Der Beschwerdeführer versuchte zwar, sich als praktizierender Christ mit darauf gründenden Anfeindungen darzustellen, konnte dies aufgrund der dahingehenden Widersprüche und Ungereimtheiten in seinem Vorbringen jedoch nicht überzeugend vermitteln.
Vor dem BFA wurde der Beschwerdeführer auch gefragt, wie weit es von seinem Wohnhaus zur nächsten Moschee gewesen sei, woraufhin der Beschwerdeführer angab, dass er dies nicht wisse und er auch nicht sagen könne, ob es in seiner Wohngegend überhaupt eine gebe (AS 197) und, dass er noch nie eine Moschee besucht habe (AS 201). Auch sein Vater sei entsprechend der Angaben in der mündlichen Verhandlung kein religiöser Mensch bzw. Atheist und lediglich auf dem Papier Moslem gewesen (VS 8). Seine Mutter sei hingegen eine fanatische Muslimin gewesen. Auf die Frage in der mündlichen Verhandlung, was den Beschwerdeführer dazu bewogen habe, sich für das Christentum zu interessieren, vermeinte der Beschwerdeführer, dass sein familiärer Hintergrund der Auslöser gewesen sei. Er habe mit christlichen Verwandten im Libanon und Syrien Kontakt aufgenommen und sich in Jordanien mit christlichen Familien umgeben. Durch seine Freunde William und Michael habe er dann auch die Bibel gelesen, was ihn bewegt habe (VS 8). In der mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer auch vor, dass er nie an Religion gedacht habe und immer mit seinem Vater unterwegs gewesen sei. Lediglich seine Mutter habe Druck ausgeübt, dass sie beten und fasten sollten. Sie hätten das aber nicht gemacht (VS 8).
Derlei floskelhafte Erklärungen vermögen jedoch nicht die vermeintliche innere Konversion des Beschwerdeführers nachzuvollziehen. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer angab, – wie sein Vater – nicht religiös gewesen zu sein. Zudem lässt die Erklärung – christliche Familienmitglieder und Freunde, lesen in der Bibel – auch jegliche Individualität bzw. einen inneren Bezug des Beschwerdeführers zum Christentum vermissen. Welche persönlichen Gedanken er sich genau gemacht habe, führte der Beschwerdeführer nicht näher aus. Insbesondere aufgrund dessen, dass der Beschwerdeführer angab, nicht immer ein gläubiger Mensch gewesen zu sein, wäre einer überzeugenden Darlegung seiner Motivation, weshalb er sich überhaupt einer Religion und insbesondere dem Christentum zugewandt habe, aber eine besondere Bedeutung zugekommen. Der Beschwerdeführer vermochte sohin keinen Umstand in einer nachvollziehbaren Art und Weise anzugeben, warum er sich dem christlichen Glauben genähert habe.
Hervorzuheben ist auch, dass der Beschwerdeführer sich selbst und seine Schwester als überzeugte Christen darstellt, in Bezug auf die Kinder seiner Schwester aber nicht angeben konnte, welchen Glauben diese praktizieren. Der Beschwerdeführer erklärte, dass er sich bei solchen Sachen nicht einmische (AS 201), obwohl bei einem überzeugen Christen davon auszugehen ist, dass sich dieser mit anderen Christen – insbesondere innerhalb der Familie – über den Glauben und insbesondere betreffend Kinder im Hinblick auf eine christliche Erziehung austauscht bzw. gemeinsam betet oder Gottesdienste besucht und dahingehend nicht schweigt oder den Glauben nicht thematisiert.
In Bezug auf die im Verfahren gestellten Wissensfragen zum Christentum und zu der vom Beschwerdeführer gewählten Glaubensrichtung verlangt das Bundesverwaltungsgericht bewusst keine tiefgehenden, theologisch-wissenschaftlichen Kenntnisse und soll diesem Aspekt kein überzogenes Gewicht beigemessen werden. Von einer Person, die sich im Erwachsenenalter und unter Kenntnis der grundsätzlichen Gefahrenlage, die eine Konversion für sie und ihre Familie mit sich bringen kann, bewusst für einen neuen Glauben entscheidet, kann aber verlangt werden, dass sie sich mit den Wesensmerkmalen dieses Glaubens auseinandergesetzt hat und über ein entsprechendes Grundwissen – im konkreten Fall – zum Christentum verfügt.
Folglich sollte ein Konvertit nachvollziehbar die Charakteristika der neuen Religion in objektiver Hinsicht anführen können. Obwohl sich der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge bereits 2011 oder 2012 taufen hat lassen, war er vor dem BFA aber nicht in der Lage, grundlegende Fragen zum Christentum zu beantworten. Der Beschwerdeführer gab an, dass Jesus nach sieben Tagen wieder auferstanden sei, konnte die zehn Gebote nicht vollständig benennen, erklärte, dass zu Ostern der Geburtstag von Jesus gefeiert werde und vermeinte, dass am Sonntag der Gottesdienst stattfinde, weil Jesus gemeint habe, dass man am Sonntag am besten beten könne (AS 200). Im Verlauf der weiteren Einvernahme brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Geburtstag von Jesus doch zu Weihnachten gefeiert werde und er über Pfingsten nichts sagen könne.
Der Beschwerdeführer verfügt sohin über ein (massiv lückenhaftes) Wissen, welches nicht geeignet ist, das Christentum zu beschreiben. Von einem Konvertiten kann aber verlangt werden, dass er zumindest (und auch bloß mit eigenen Worten) die grundsätzlichen Lehren und Eckpfeiler seiner neuen Religion beschreiben kann, andernfalls nicht nachvollziehbar ist, woran er nun glaubt und weshalb er überhaupt – wie behauptet – die Religion gewechselt hat. Tatsächlich konnte der Beschwerdeführer nur sehr oberflächliche und mangelnde Kenntnisse über die christliche Religion vorweisen, welches von einem mangelnden Interesse am Christentum zeugt.
Dass eine Konversion des Beschwerdeführers nicht erfolgte, wird auch dadurch evident, dass er den von ihm behaupteten neuen Glauben auch nicht in einer Art und Weise praktiziert, wie dies gläubige Christen tun. Der Beschwerdeführer brachte am 05.11.2018 vor dem BFA vor, dass er in Österreich zwei- oder dreimal im Monat die Kirche besuche, er aber meistens zu Hause bleibe und er der Familie seiner Freundin die Bibel „unterrichte“ (AS 199). Weiters erklärte der Beschwerdeführer, dass die nächst entfernte Kirche ungefähr zwanzig Minuten zu Fuß von seiner Unterkunft entfernt sei, er jedoch noch nie dort gewesen sei und auch deren Namen nicht kenne (AS 200). Eine Firmung sei nicht geplant und gehe er auch nicht mehr regelmäßig in die Kirche, weil er jetzt in einer Bergregion lebe (AS 200). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er zweimal im Monat die Gottesdienste besuche, weil er kein Auto habe. In der Nähe sei aber eine kleine Kirche, wo er gemeinsam mit seiner Freundin bete (VS 9).
Eine Person, die aus innerer Überzeugung und Hinwendung zum Christentum seine Religion gewechselt hat und sich tiefgreifend mit dem christlichen Glauben beschäftigt, würde aber nicht nur zweimal im Monat einen Gottesdienst besuchen und beten, sondern sich in einem viel größeren Ausmaß – sei es mit anderen Gläubigen oder geistlichen Personen – genauer und tiefgehend auseinandersetzen. Eine solche Person würde alles daransetzen, christliche Glaubensinhalte weiter kennenzulernen bzw. zu vertiefen, um auch als Christ leben zu können. Dass ein Gottesdienstbesuch ohne Auto in einer vom Wohnort weiter entfernten Kirche erschwert möglich ist, kann nachvollzogen werden, der Beschwerdeführer hat aber zu keinem Zeitpunkt angegeben, dass er sich um Mitfahrgelegenheiten oder um eine Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, bemüht habe und stünde ihm auch die Möglichkeit offen, an Online- Gottesdiensten teilzunehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass der Beschwerdeführer keiner aus innerer Überzeugung getragenen christlichen Überzeugung anhängt und generell kein besonderes Interesse für Religion aufbringt. Angesichts dessen konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert ist und sich im Fall einer Rückkehr nach Jordanien offen christlich positionieren würde oder er das Bedürfnis hat, in anderer Weise einen Abfall vom Islam öffentlich darzulegen. Die Befürchtung, der Beschwerdeführer habe wegen Abfall vom Islam bzw. weil er Katholik sei, eine Strafe oder Verfolgung zu befürchten, ist demnach unbegründet.
Zusammengefasst konnte der Beschwerdeführer daher weder eine Konversion zum christlichen Glauben, noch eine darauf gründende asylrelevante Verfolgung glaubhaft darlegen.
2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die allgemeinen Feststellungen resultieren aus den behördlicherseits erhobenen Fakten aufgrund vorliegender Länderdokumentationsunterlagen. Die Länderfeststellungen basieren auf mannigfaltigen Quellen, denen keine Voreingenommenheit unterstellt werden kann. Den dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde gelegten Länderfeststellungen wurde nicht in qualifizierter Form entgegengetreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.2.2. Eine gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verfolgungsgefahr aus asylrelevanten Gründen wurde weder im Verfahren vor dem BFA noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft dargelegt.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des bekämpften Bescheides sohin als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offenbliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gegeben sind.
Stichhaltige Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, kamen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervor.
Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen liegen im gegenständlichen Fall auch keine stichhaltigen Anhaltspunkte für die Annahme einer die physische Existenz des Beschwerdeführers nur unzureichend sichernden Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), vor. Dies angesichts seiner eigenen Selbsterhaltungsfähigkeit, die aus seiner Arbeitsfähigkeit, der Schulausbildung sowie der Berufserfahrung resultiert. In Anbetracht seiner familiären Anknüpfungspunkte in Jordanien (Eltern, zwei Schwestern und drei Brüder) kann darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass ihm im Fall seiner Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteil wird. Es ist auch nicht erkennbar, weshalb die dem Beschwerdeführer seitens seines Vaters gewährte finanzielle Unterstützung in Österreich nicht auch in Jordanien fortgesetzt werden kann. Auch konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers ergibt sich keine Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers im Sinne eines realen Risikos. Bei COVID 19 handelt es sich auch um keine wahrscheinlich tödlich verlaufende, die Schwelle des Art 3 EMRK tangierende, Krankheit und hat der Beschwerdeführer auch kein Vorbringen erstattet, aus dem sich in diesem Zusammenhang ein reales Risiko im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat ergeben würde (vgl. dazu auch VwGH vom 23.06.2020, Ra 2020/20/0188-3, Rz 17 – 19).
Auch schlechtere wirtschaftliche Aussichten als vor Beginn pandemiebedingter Maßnahmen sind nicht relevant im Sinne von Art 3 EMRK, solange die Sicherung existenzieller Grundbedürfnisse gegeben ist (VwGH 07.09.2020, Ra 2020/20/0314).
Da der Beschwerdeführer gesund ist und keiner speziellen Risikogruppe angehört, kann vor dem Hintergrund der COVID 19-Pandemie im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers weder auf eine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Krankheitsverlaufes, noch auf eine allgemeine oder medizinische unzureichende Versorgungslage geschlossen werden.
3.3.3. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 und Nr. 13 verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:
3.4.1. Gemäß § 10 AsylG 2005 wird Folgendes normiert:
"§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt."
Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:
"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
Der mit "Schutz des Privat-und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat-oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat-und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
der Grad der Integration,
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei-und Einwanderungsrechts,
die Frage, ob das Privat-und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat-und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat-und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) (Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt."
Gemäß § 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln, wird wie folgt normiert:
"§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn
der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.
(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.
(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.
(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück-oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige
sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,
bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder
gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist
soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.
(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat-und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist
das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder
der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.
Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.
(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.
(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts-oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn
ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und
die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."
Der mit "Rückkehrentscheidung" betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
"§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück-oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt –EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz –VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde."
3.4.2. Es liegen keine Umstände vor, dass dem Beschwerdeführer allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.
3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat-und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat-und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. "legitimate family" bzw. "famille légitime") oder einer unehelichen Familie ("illegitimate family" bzw. "famille naturelle"), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, Serife Yigit, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche –in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte –Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie auch die Frage, ob das Privat-und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).
In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).
Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).
Aufenthaltsbeendende Maßnahmen beeinträchtigt das Recht auf Privatsphäre eines Asylantragstellers dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).
Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi v. the United Kingdom, 21878/06 bzgl. einer ugandischen Staatsangehörigen die 1998 einen Asylantrag im Vereinigten Königreich stellte) ist im Hinblick auf die Frage eines Eingriffes in das Privatleben maßgeblich zwischen niedergelassenen Zuwanderern, denen zumindest einmal ein Aufenthaltstitel erteilt wurde und Personen, die lediglich einen Asylantrag gestellt haben und deren Aufenthalt somit bis zur Entscheidung im Asylverfahren unsicher ist, zu unterscheiden (im Falle der Beschwerdeführerin Nnyanzi wurde die Abschiebung nicht als ein unverhältnismäßiger Eingriff in ihr Privatleben angesehen, da von einem grundsätzlichen Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer effektiven Zuwanderungskontrolle ausgegangen wurde).
Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat, unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) auch in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Bei der vorzunehmenden Interessensabwägung ist zwar nicht ausschlaggebend, ob der Aufenthalt des Fremden zumindest vorübergehend rechtmäßig war (EGMR 16.09.2004, Ghiban / BRD; 07.10.2004, Dragan / BRD; 16.06.2005, Sisojeva u.a. / LV), bei der Abwägung jedoch in Betracht zu ziehen (vgl. VfGH 17.03.2005, G 78/04; EGMR 08.04.2008, Nnyazi / GB). Eine langjährige Integration ist zu relativieren, wenn der Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten, insbesondere etwa die Vortäuschung eines Asylgrundes (vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169), zurückzuführen ist (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168). Darüber hinaus sind auch noch Faktoren wie etwa Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, sowie der Grad der Integration welcher sich durch Intensität der Bindungen zu Verwandten und Freunden, Selbsterhaltungsfähigkeit, Schulausbildung bzw. Berufsausbildung, Teilnahme am sozialen Leben, Beschäftigung manifestiert, aber auch die Bindungen zum Herkunftsstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat-und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (VfGH 29.09.2007, B1150/07 unter Hinweis und Zitierung der EGMR-Judikatur).
Gemäß der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 07.10.2010, B 950/10, sind betreffend die Frage der Integration einer Familie in Österreich insbesondere die Aufenthaltsdauer der Familie in Österreich, ein mehrjähriger Schulbesuch von minderjährigen Kindern, gute Deutschkenntnisse und eine sehr gute gesellschaftliche Integration der gesamten Familie zu berücksichtigen.
Es ist weiters als wesentliches Merkmal zu berücksichtigen, wenn –anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte (vgl. zB VfGH 12.6.2010, U614/10) – die Integration der Beschwerdeführer während eines einzigen Asylverfahrens (dessen Dauer im durch den Verfassungsgerichtshof entschiedenen Fall sieben Jahre betrug), welches nicht durch eine schuldhafte Verzögerung durch den Beschwerdeführer und seine Familie geprägt war, erfolgte.
Bei der Abwägung der betroffenen Rechtsgüter zur Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes ist immer auf die besonderen Umstände des Einzelfalls im Detail abzustellen. Eine Ausweisung hat daher immer dann zu unterbleiben, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
3.4.4. In Österreich führt der Beschwerdeführer seit ca. Juni 2018 eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsangehörigen und entstammt dieser Beziehung ein gemeinsamer Sohn, der im März 2020 geboren wurde. Ein gemeinsamer Wohnsitz besteht seit dem 10.06.2020 und wird der Beschwerdeführer von seiner Lebensgefährtin auch finanziell unterstützt. Andere Familienangehörige des Beschwerdeführers leben nicht in Österreich.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner Lebensgefährtin zu einem Zeitpunkt entstand, in welchem dem Beschwerdeführer grundsätzlich die Ungewissheit seines weiteren Aufenthalts bewusst sein musste. Mit Blick auf das unberechtigte Asylbegehren durfte der Beschwerdeführer daher von Beginn an nicht darauf vertrauen, in Österreich bleiben zu können. Sein Aufenthaltsstatus stellte sich stets als unsicher dar (VwGH 26.3.2015, Ra 2014/22/0154 bis 0158). Auch der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers musste im Zeitpunkt des Eingehens der Beziehung bewusst sein, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers ungewiss ist. Werden familiäre Beziehungen zu einem Zeitpunkt begründet, zu dem der Fremde nicht mit einem weiteren Verbleib im Inland rechnen konnte, so erfahren die aus dieser Beziehung abzuleitenden persönlichen Interessen des Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet eine wesentliche, die Interessensabwägung nachteilig beeinflussende Minderung (vgl. VwGH 27.02.2003, 2002/18/0207).
Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben wiederholt auch die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit den konkreten Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegenüber einem Elternteil auf das Kindeswohl bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung zum Ausdruck gebracht (vgl. VfGH 11.06.2018, E343/2018 ua; vom selben Tag, E435/2018; vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2018/21/0141; 26.06.2019, Ra 2019/21/0034, jeweils mwN). Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof betonen, dass die Aufrechterhaltung des Kontaktes mittels moderner Kommunikationsmittel mit einem Kleinkind kaum möglich ist und dem Vater eines Kindes (und umgekehrt) grundsätzlich das Recht auf persönlichen Kontakt zukommt (VfGH 11.06.2018, E343/2018 ua; VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0128, mwN).
Im Sinne dieser Rechtsprechung ist es notwendig, sich mit dem Kindeswohl und mit den Auswirkungen der Trennung des Beschwerdeführers von seinem im März 2020 geborenen Sohn auseinanderzusetzen. Als wichtiges Kriterium bei der Beurteilung des Kindeswohls ist gemäß § 138 Z 9 ABGB der „verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen“ zu berücksichtigen.
Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und der gemeinsame Sohn sind als österreichische Staatsangehörige und Unionsbürger in Österreich aufenthaltsberechtigt. Daher wäre es zum gegebenen Zeitpunkt für die Lebensgefährtin bzw. Mutter des gemeinsamen Kindes aufgrund ihrer Obsorge für den zweijährigen Sohn nicht zumutbar, mit dem Beschwerdeführer samt Kind nach Jordanien zu ziehen. Eine gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Rückkehrentscheidung würde dazu führen, dass der Sohn vom Vater getrennt wäre und der „verlässliche Kontakt“ (§ 138 Z 9 ABGB) zu ihm nicht mehr fortgesetzt werden könnte.
Zudem ist bei einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jordanien auch nicht von der Möglichkeit wechselseitiger, regelmäßiger und längerfristiger Besuche (VwGH 05.03.2020, Ra 2019/19/0524, wo eine Trennung von ihrer Tochter für eine aus der Ukraine stammende Beschwerdeführerin für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens aufgrund der Besuchsmöglichkeiten für verhältnismäßig erachtet worden war) auszugehen.
Allerdings können schwerwiegende kriminelle Handlungen, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0034, mwN). Im vorliegenden Fall ist daher bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer eine strafbare Handlung gesetzt hat, die ein kriminelles, die Rechtsordnung Österreichs missachtendes Verhalten dokumentiert. Er wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt und zeigte auch in den Asylwerberunterkünften ein aggressives Verhalten.
Dem inzwischen gegründeten Familienleben in Österreich und dem etwa fünf Jahre und vier Monate dauernde Aufenthalt steht daher die festgestellte strafgerichtliche Verurteilung wegen Körperverletzung sowie sein aggressives Verhalten in den Asylwerberunterkünften gegenüber. Die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn hat aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers jedenfalls eine Schmälerung hinzunehmen, zumal er durch sein Verhalten seinen Aufenthalt im Bundesgebiet und damit auch dessen Möglichkeit seine Beziehungen in diesem weiter zu pflegen, in Gefahr bzw. dessen Unwillen diese fortzusetzen zum Ausdruck gebracht.
Dem Beschwerdeführer steht es ungeachtet dessen aber frei, sich um einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu bemühen und die dafür gesetzlich vorgesehenen Aufenthaltstitel zu beantragen und ist ihm dahingehend angesichts seiner Straffälligkeit auch eine (vorübergehende) Trennung von seiner Lebensgefährtin und von seinem Sohn zumutbar.
Würde sich ein Fremder generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies auch dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes würde es einen Wertungswiderspruch und eine sachlich nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Fremden, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen sowie Strafbestimmungen beachten, darstellen, zumal diese letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages erzwingen und sich nicht an die Rechtsordnung halten, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen VwGH 11.12.2003, Zl. 2003/07/0007; vgl. dazu auch VfSlg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde).
Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers liegt somit nicht vor und ist zu prüfen, ob mit der Ausweisung ein Eingriff in deren Privatleben einhergeht.
Der Beschwerdeführer reiste im Dezember 2016 rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge einen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither als Asylwerber in Österreich aufhältig. Das Gewicht des sohin fünf Jahre und vier Monate dauernden Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich ist bereits dadurch abgeschwächt, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt durch einen unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz zu legalisieren versuchte. Er konnte alleine durch die Stellung seines Antrags jedoch nicht in begründeter Weise von der zukünftigen dauerhaften Legalisierung seines Aufenthalts ausgehen.
Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des Beschwerdeführers ist auch deshalb gering, weil er sich weniger als zehn Jahre in Österreich aufhält. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kann erst bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich ausgegangen werden; vgl. VwGH 14.04.2016; Ra 2016/21/0029. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer diese Aufenthaltsdauer nicht erfüllt, ist zu bedenken, dass er den bisherigen Aufenthalt, wie die bisherigen und noch folgenden Ausführungen zeigen, zu wenig genutzt hat, um sich in Österreich zu integrieren.
Der Beschwerdeführer hat hierorts auch keine Anknüpfungspunkte in Form einer legalen Erwerbstätigkeit oder anderweitiger maßgeblicher wirtschaftlicher Interessen. Er war bis dato nie legal erwerbstätig. Zur vorgelegten Einstellungszusage ist festzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einer bloßen Arbeitsplatzzusage für den hypothetischen Fall eines legalen Aufenthalts in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen kann (vgl. VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323)
Der Beschwerdeführer spricht auf einfachem Niveau die deutsche Sprache und verfügt über soziale sowie freundschaftliche Kontakte. Diesbezüglich ist auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Damit war auch den vom Beschwerdeführer vorgelegten privaten Unterstützungsschreiben kein entscheidendes Gewicht zuzumessen. Es wird dem Beschwerdeführer auch möglich sein, den Kontakt zu seinen Freunden und Bekannten über moderne Kommunikationsmittel aufrecht zu erhalten, sodass durch die verfügte Rückkehrentscheidung kein gänzlicher Abbruch des Kontaktes begründet wird.
Darüber hinaus war die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers nachteilig zu gewichten.
Der Beschwerdeführer verbrachte andererseits den weitaus überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat. Er wurde dort sozialisiert, besuchte dort die Schule und war berufstätig. Er spricht die Mehrheitssprache seiner Herkunftsregion auf muttersprachlichem Niveau und deutet daher nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Jordanien nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Der sohin in Anbetracht der erst kurzen Zeit des Aufenthaltes in Österreich sowie der fehlenden nachhaltigen beruflichen und sprachlichen Integration relativ schwachen Rechtsposition des Beschwerdeführers im Hinblick auf einen weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber. Es ist auch darauf zu verweisen, dass ein erst fünf Jahre und vier Monate dauernder faktischer Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt, welcher durch eine illegale Einreise herbeigeführt wurde und währenddessen sich der Beschwerdeführer – insbesondere nach Erhalt des angefochtenen Bescheides – der Ungewissheit seines weiteren Verbleibes im Bundesgebiet bewusst gewesen sein musste.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt.
Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände des Beschwerdeführers zu Recht davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG von Amts wegen nicht zu erteilen ist. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG getroffene Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in die Heimatregion unzulässig wäre.
3.4.5. Die in Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Diesbezüglich finden sich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift.
3.4.6. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung, Abschiebung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkte IV. bis VI. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
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