BVwG L504 2120693-1

BVwGL504 2120693-128.5.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:L504.2120693.1.00

 

Spruch:

L504 2120693-1/50E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. R. ENGEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX geb., StA. Irak, vertreten durch RA Dr. Weh, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8, 10, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, §§ 52 Abs. 2 Z 2 u. Abs 9, 46, 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt".

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

Die beschwerdeführende Partei [bP] stellte am 19.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es handelt sich dabei um einen Mann, welcher seinen Angaben nach Staatsangehöriger des Irak mit sunnitischem Glaubensbekenntnis ist, der Volksgruppe der Araber angehört und aus Bagdad stammt.

In der von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab die bP am 20.06.2015 zu ihrer Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtung Folgendes an:

"Warum haben Sie Ihr Land verlassen (Fluchtgrund)?

Wegen dem Krieg in meinem Land.

[...]

Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?

Ich habe Angst um mein Leben.

Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen? Hätten sie im Falle einer Rückkehr in Ihrem Heimatstaat mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen? Wenn ja, welche?

Nein."

In der nachfolgenden Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl brachte die bP zu ihrer ausreisekausalen Problemlage im Herkunftsstaat und allfälligen Problemen die sie im Falle der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat erwarte, am 11.12.2015 im Wesentlichen vor:

"[...]

F: Schildern Sie detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben!

A: In Zayona gibt es zwar keine Bombenanschläge, aber da sind die Milizen. (AW weint) Ich habe gearbeitet im XXXX Hotel in einem Saal, da werden Hochzeiten gefeiert. Ich wurde bedroht, weil die Arbeit für die Milizen als Haram (unreligiös, nicht toleriert vom Islam) angesehen wird. Bei mir in Zayona bekommen wir keine Drohbriefe, sondern wir bekommen gleich Besuch zu Hause. Ich wurde zu Hause bedroht. Mein Vater hat Besuch bekommen, ihm wurde mitgeteilt, dass ich nicht mehr arbeiten soll, weil diese eben nicht religiös ist. Auch mein Chef in der Arbeit wurde bedroht, er hatte Angst um mich und hat mich gebeten, nicht mehr in die Arbeit zu kommen.

Ich habe später gemeinsam mit Schulfreunden einen Verein gegründet, also nicht offiziell, wir waren eine Gruppe von 13 Personen und wir haben Flüchtlingen geholfen, die vor dem IS geflohen sind.

Ich habe Spenden von Privaten und Moscheen gesammelt, habe dann Kleidungen, Geld, Medikamente an die Flüchtlinge verteilt.

Daraufhin wurde ich bedroht, dass ich das nicht weitermachen sollte. Man sagte mir, die Flüchtlinge würden zum IS gehören.

Es war eine humanitäre Hilfe, deshalb habe ich nicht aufgehört damit. Ich habe akzeptiert, dass die Arbeit im Hotel Haram war, aber helfen wollte ich weiter, weil die Flüchtlinge auf unsere Hilfe angewiesen sind. Familien, die nach Bagdad geflüchtet sind und ärztliche Versorgung brauchen, benötigen eine in Bagdad wohnhafte Familie als Bürgen. Die Milizen sind oft zu Familien in der Umgebung gekommen und haben dann beide Familien, sowohl die Flüchtlinge als auch die Bürgen, mitgenommen.

Am 27.05.2014 wurden dann 2 Kollegen unseres Vereins ermordet. Seitdem haben wir den Leuten nicht mehr öffentlich geholfen, sondern alles im Geheimen gemacht, weil wir Angst hatten, getötet zu werden.

Am 22.06.2014 in der Nacht, sind die Milizen zu mir nach Hause gekommen, sie wollten mich mitnehmen. Mein Vater hat sie gesehen, ich bin übers Dach geflüchtet. Mein Freund, der auch aktiv im Verein war, war mein Nachbar, er wurde an diesem Abend mitgenommen. Wir wissen bis heute nicht, was passiert ist. Sie haben mein Haus durchsucht, mich aber nicht gefunden. Daraufhin haben sie meinen Nachbarn, der auch mein Freund war, mitgenommen, und 3 Schüsse auf unser Haus abgefeuert.

Ich bin zu einem Freund geflüchtet, der wohnte 10 Minuten Fußweg entfernt, in Ghadir. Mein Vater rief mich an, er sagte, ich soll nicht mehr nach Hause kommen, weil sie mich suchen. Daraufhin bin ich zu meiner Schwester Mariam gegangen, sie wohnt in Adamieh. Am nächsten Tag kamen meine Eltern und brachten mir alle meine Dokumente. Ich bin nach Suleymaniya geflogen. Ich weiß, dass wenn die Milizen einmal Schüsse auf ein Haus abgefeuert haben, dass einem das nächste Mal droht, dass sie einen erschießen. In Kurdistan darf ich als junger Mann nicht einreisen, deshalb bin ich mit meiner Schwester und ihrem Ehemann dort hingeflogen. Ich habe alles probiert, damit ich in Kurdistan bleiben kann, aber es gelang mir nicht, deshalb bin ich in die Türkei geflogen.

[...]

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde folglich vom Bundesamt gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt.

Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zugesprochen.

Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 und § 55 AsylG wurde nicht erteilt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die bP gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei.

Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Das Bundesamt gelangte im Wesentlichen zur Erkenntnis, dass hinsichtlich der Gründe für die Zuerkennung des Status eines asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten eine aktuelle und entscheidungsrelevante Bedrohungssituation nicht glaubhaft gemacht worden sei. Ebenso ergebe sich aus der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende bzw. reale Gefährdung der bP. Abschiebungshindernisse lägen demnach nicht vor. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht gegeben. Ein die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung übersteigendes Privat- und Familienleben würde nicht vorliegen und wurde daher eine Rückkehrentscheidung verfügt.

Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben, wobei die bP ihr bisheriges Vorbringen im Großen und Ganzen wiederholte. Moniert wird im Wesentlichen, dass

* die bP aus Furcht vor einer unterstellten staatsfeindlichen Gesinnung beruhenden sowie religiös motivierten Verfolgung von privater Seite, nämlich schiitischen Milizen und mangels Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des Staates geflohen sei;

* sie bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung zu erwarten hätte;

* sie sowohl bei der Polizei als auch beim Bundesamt zu ihren Asylgründen Stellung bezogen habe;

* sie im Hotel ua. für die Vorbereitung von Hochzeitsfeiern zuständig gewesen sei und diese Arbeit sei nach der Ansicht der Milizen nicht mit dem Islam vereinbar gewesen;

* ihr im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe die Unterstützung von IS Terroristen unterstellt würde;

* sie mit polizeilichem Schutz nicht rechnen könne;

* eine innerstaatliche Fluchtalternativ nicht zur Verfügung stünde.

Am 07.02.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der bP sowie im Beisein ihres bevollmächtigten Rechtsfreundes eine Verhandlung durch. Das BFA blieb der Verhandlung fern.

Mit der Ladung wurde die beschwerdeführende Partei auch umfassend auf ihre Mitwirkungsverpflichtung im Beschwerdeverfahren hingewiesen und sie zudem auch konkret aufgefordert, insbesondere ihre persönliche Ausreisemotivation und sonstigen Rückkehrbefürchtungen soweit als möglich spätestens in der Verhandlung durch geeignete Unterlagen bzw. Bescheinigungsmittel glaubhaft zu machen, wobei eine umfassende, jedoch demonstrative Aufzählung von grds. als geeignet erscheinenden Unterlagen erfolgte.

Im Zuge der Verhandlung wurde seitens des BVwG die asyl- und abschiebungsrelevante Einschätzung und die Nennung der Quellen auf die sich diese bezieht erörtert. Die bP äußerte sich dazu und wurde zudem eine vierzehntätige Frist zur ergänzenden schriftlichen Stellungnahme eingeräumt.

Es wurde der bP am Ende der Verhandlung aufgetragen das BVwG in Entsprechung ihrer Mitwirkungsverpflichtung und Verfahrensförderungspflicht (§ 15 AsylG, § 39 Abs 2a AVG) unverzüglich zu verständigen, wenn sich entscheidungsrelevante Änderungen, die ihren Antrag auf internationalen Schutz bzw. ihr Privat- und Familienleben betreffen, ergeben.

Nach der Verhandlung legte sie am 21.02.2019 ua. einen USB Stick mit rd. 200 MB Videomaterial und 26 Einzeldateien vor und verwies lediglich allgemein dahingehend, dass darauf "eine Vielzahl von Videos" seien, welche die katastrophale Lage verdeutlichen würden. Im Rahmen ihrer Mitwirkungs- und Verfahrensförderungspflicht wurde sie zur Konkretisierung aufgefordert, der sie am 07.03.2019 nachkam.

Weiters stellte sie durch ihren Rechtsfreund im oa. Schreiben, somit rd. 2 Wochen nach der Verhandlung, erstmals nachfolgende Beweisanträge:

"Zum Beweis dafür,

- dass ihm aufgrund der Gründung eines Vereines, der Flüchtlinge unterstützte, und

aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Sunniten, asylrechtlich relevanter Verfolgung

aus politischen Gründen, Angehörigkeit zu einer Religion und Zugehörigkeit zu einer

bestimmten sozialen Gruppe droht,

- sein Leben und seine Gesundheit im Irak bedroht ist, ihm insbesondere die gravierende

Verletzung eines Menschenrechtes, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung

droht,

- sein Leben, seine Sicherheit und seine Freiheit infolge willkürlicher Gewalt aufgrund

eines bewaffneten Konfliktes und systematischer und allgemeiner Menschenrechtsverletzungen

droht,

- dass der Beschwerdeführer aufgrund der von ihm geschilderten Umstände den Irak

verlassen musste

1. die Bestellung eines länderkundigen Sachverständigen,

2. den Vater XXXX , die beiden Schwestern XXXX und XXXX und den Schwager des Beschwerdeführers zum gesamten Fluchtvorbringen und zur nach wie vor aufrechten Suche der schiitischen Milizen nach dem Beschwerdeführer im Weg der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde als Zeugen zu vernehmen;

3. im Wege der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde, eines Vertrauensanwaltes, Accord oder einer anderen Organisation entsprechende Erhebung vor Ort durchzuführen, insbesondere zu den guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers vor der Ausreise, die Gründung des angegeben Vereins und die Verfolgung

durch schiitische Milizen."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, einschließlich der Beschwerde sowie durch die Ergebnisse des ergänzenden Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben.

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1. Identität und Herkunftsstaat:

Name und Geburtsdatum stehen lt. Bundesamt auf Grund der dort vorgelegten Kopie der Seite mit dem Lichtbild fest. Da dem BVwG selbst keine nationalen, mit Lichtbild versehenen Identitätsdokumente im Original vorlagen, kann mangels Überprüfbarkeit und unter Berücksichtigung der notorisch hohen Fälschungsrate von derartigen Identitätsdokumenten aus dem Irak, seitens des BVwG dazu keine eigene Feststellung getroffen werden.

Die bP bezeichnet sich der Volksgruppe der Araber und dem sunnitischen Glauben zugehörig.

Ihre Staatsangehörigkeit und der hier der Prüfung zugrundeliegende Herkunftsstaat ist der Irak.

1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnisse vor der Ausreise:

Die bP ist in Bagdad geboren, absolvierte dort ihre Schulbildung und wohnte auch in Bagdad.

Sie besuchte 6 Jahre Grundschule, 4 Jahre Mittelschule und 3 Jahre eine HTL. Sie arbeitete im Elektrobetrieb des Vaters mit.

1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat

Der Vater sowie Geschwister und Verwandte leben im Irak. Es kann nicht festgestellt werden wo diese konkret wohnen, da die bP in der Verhandlung dazu die Antwort verweigerte (S 6).

Der Vater ist Eigentümer eines größeren Hauses welches er offiziell mit Mietvertrag vermietet. Darin wird ein XXXX betrieben. Der Vater lebt von seiner Pension sowie Mieteinnahmen.

1.4. Ausreisemodalitäten

Sie machte zu ihrer Ausreise aus dem Irak im Zuge zweier Einvernahmen unterschiedliche Angaben. In der Erstbefragung hat sie Bagdad mit dem Auto in Richtung Arbil verlassen und von dort dann in die Türkei. In der nachfolgenden Einvernahme gab sie an, dass sie von Bagdad per Flugzeug nach Suleymaniya geflogen sei. Es kann daher nicht festgestellt werden auf welche Art und Weise sie Bagdad verlassen hat.

In der Türkei lebte sie nach der Ausreise aus dem Irak ca. 11 Monate in Istanbul. Sie hat ihr Leben durch Erwerbstätigkeit bestritten. Da sie von Istanbul enttäuscht war, hat sie die Türkei mit Hilfe von Schleppern verlassen. Über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn wurde sie mit dem Wunschziel Hamburg im Zug in Österreich von der Polizei kontrolliert und wegen nicht rechtmäßiger Einreise festgenommen. Bei der Polizei stellte sie gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. An Beweismittel, die die bP bei sich hatte, werden in der Erstbefragung ein Iphone 5 angeführt.

Zum Verbleib des heimatsstaatlichen Reisepasses machte sie im Zuge mehrerer Einvernahmen widersprüchliche Angaben. Das BVwG schließt daraus, dass sie nach wie vor im Besitz ihres irakischen Reisepasses ist, diesen aber aus asyltaktischen Motiven unter Verletzung ihrer Mitwirkungsverpflichtung den Asylinstanzen vorenthält.

Sie durchreiste auf ihrem Weg nach Österreich mehrere als sicher geltende Staaten. Es kam nicht hervor, dass sie in diesen bereits um Schutz ansuchte. Es kam nicht hervor, dass in keinem dieser Staaten eine Schutzsuche bzw. Schutzerlangung für tatsächliche Flüchtlinge gem. der GFK nicht möglich gewesen wäre.

1.5. Gesundheitszustand

Die bP hat im Verfahren keine aktuell behandlungsbedürftige und entscheidungsrlevante Erkrankung nachgewiesen.

1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich; Art, Dauer, Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthaltes:

Die bP begab sich mit Unterstützung einer kriminellen Schlepperorganisation nach Österreich und wurde am 19.06.2015 bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt auf dem Reiseweg nach Deutschland betreten.

Mit der am selben Tag erfolgten Stellung des Antrages auf internationalen Schutz erlangte die bP eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. AsylG, die nach Antragsabweisung durch die am 03.02.2016 erfolgten Beschwerdeerhebung verlängert wurde.

Da ihr in diesem Verfahren weder der Status eines Asylberechtigten noch jener eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen war, erweist sich die Einreise als rechtswidrig und stellt grds. gem. § 120 Abs 1 u. Abs 7 FPG eine Verwaltungsübertretung dar.

Familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich:

Die bP hat in Österreich keine als Familienleben zu wertenden Umstände dargelegt oder nachgewiesen.

Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstaates bewusst waren / Grad der Integration

Die bP hat gem. einem ÖSD Zertifikat Deutschkenntnisse auf Niveau A2 gemäß den GER für Sprachen.

Die bP absolviert in einem Unternehmen seit 15.01.2018 eine dreieinhalbjährige Lehre zum Metalltechniker. Aus der Schulnachricht vom 08.02.2019 über den Besuch der 1. Fachklasse ergibt sich folgende Leistungsbeurteilung:

Politische Bildung: 5

Deutsch und Kommunikation: 4

Berufsbezogene Fremdsprache Englisch: 4

Angewandte Wirtschaftslehre: 4

Mechanische Technologie: 5

Angewandte Mathematik: 4

Computergestütztes Fachzeichnen: 3

Der "Lehrherr" bestätigt der bP, dass dieser ein guter Mitarbeiter und lieber Freund geworden ist. Dieser ist fleissig, offen neue Dinge zu lernen sowie kritikfähig. Ein Nichtverbleib würde einen Verlust für ihn und für den Betrieb bedeuten.

Unterschriftensammlung für "ein Bleiberecht in Österreich" wurden ebenso vorgelegt wie Unterstützungserklärungen unterschiedlicher Personen. Die bP nimmt am sozialen Leben in der Gemeinde teil.

Teilweise oder gänzliche wirtschaftliche Selbsterhaltung während des Verfahrens:

Lt. vorgelegter Lohnkontoauszüge erhält die bP seit Beginn der Lehre 593 Euro brutto, plus Überstundenbezahlung von ca. 100 Euro brutto, an Lehrlingsentschädigung.

Aus dem Betreuungsinformationssystem ergibt sich, dass die bP im August 2018 zum letzten Mal Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezog.

Die bP hat alle privaten Anknüpfungspunkte in Österreich während einer Zeit erlangt, in der der Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet stets prekär war. Der Lehrvertrag wurde zu einem Zeitpunkt geschlossen als der Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesamt bereits abgelehnt worden und das weitere Aufenthaltsrecht ungewiss war.

Bindungen zum Herkunftsstaat:

Die beschwerdeführende Partei ist im Herkunftsstaat geboren, absolvierte dort ihre Schulzeit, kann sich im Herkunftsstaat - im Gegensatz zu Österreich - problemlos verständigen und hat bei weitem ihr überwiegendes Leben in diesem Staat verbracht in dem sie auch sozialisiert wurde. In Österreich befindet sie sich erst seit ca. 4 Jahren.

Im Irak leben Familienangehörige, die sie auch während des Asylverfahrens durch Übermittlung von Bescheinigungsmitteln unterstützten.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei als von ihrem Herkunftsstaat entwurzelt zu betrachten wäre.

Strafrechtlich/verwaltungsstrafrechtlich relevantes Verhalten in Österreich während des Asylverfahrens:

Die bP wurde am 06.04.2017 wegen Verstoß gegen das Suchtmittelgesetz gem. § 27 Abs 1 SMG angezeigt. Sie ist geständig in der Zeit vom 20.06.2015, also bereits zum Zeitpunkt der Einreise, bis 03.02.2017 eine unbekannte Menge an Cannabiskraut erworben, besessen und konsumiert zu haben, wobei der Konsum an diversen Örtlichkeiten stattfand. Der Drogenkonsum wurde auch bei einem durchgeführten Drogentest nachgewiesen. Die bP hat ihren Angaben nach bereits 2014 in der Türkei begonnen Marihuana zu rauchen. Als Ende 2016 die Mutter verstarb, hat sie den Konsum gesteigert. Meistens kaufte sie die Suchtmittel am Bahnhöfen in Vorarlberg. Die Verkäufer waren meist Afghanen, die sie vom Sehen her kannte.

Die Staatsanwaltschaft ist gem. § 39 Abs 9 SMG vorläufig von der Strafverfolgung zurückgetreten.

Das Verhalten ist aus fremdenpolizeilicher Sicht zu werten bzw. zu berücksichtigen.

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Da der bP weder der Status einer Asylberechtigten noch der einer subsidiär schutzberechtigten Person zukommt, stellt die rechtswidrige Einreise (bei strafmündigen Personen) gegenständlich auch grds. eine Verwaltungsübertretung dar (vgl. § 120 Abs 7 FPG).

Die beschwerdeführende Partei verletzte - trotz diesbezüglicher Belehrung - durch die nichtwahrheitsgemäße Begründung ihres Antrages auf internationalen Schutz ihre Mitwirkungsverpflichtung im Asylverfahren.

Verfahrensdauer:

Das Verfahren vor dem Bundesamt dauerte vom 19.06.2015 bis 21.01.2016, das Verfahren vom dem BVwG nach Beschwerdeerhebung bis zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt.

1.7. Zu den behaupteten ausreisekausalen Geschehnissen / Erlebnissen im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Die bP vermochte die behaupteten, als ausreisekausal dargelegten, persönlichen Erlebnisse, so wie von ihr dargelegt, aus den in der Beweiswürdigung angeführten Gründen nicht glaubhaft machen.

Es kann somit nicht festgestellt werden, dass die bP im Zusammenhang mit ihrer als nicht glaubhaft erachteten ausreisekausalen Bedrohungslage im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat, konkret ihre Herkunftsregion Bagdad, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer entscheidungsrelevanten realen Gefahr von Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

Aus den Angaben der bP ergibt sich im Herkunftsstaat, insbesondere in der Herkunftsregion der bP, unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, keine Situation, wonach im Falle der Rückkehr eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bestünde. Dies ergibt sich auch nicht aus der amtswegigen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat

Die bP war im Hinblick auf Unterkunft und Versorgung mit Lebensmitteln bislang in der Lage im Herkunftsstaat ihre Existenz zu sichern. Es wurde von ihr weder beim Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren konkret und sunbstanziiert dargelegt, dass sie im Falle der Rückkehr nicht mehr ihre Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz decken könnte.

1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Nachfolgende Quellen wurden vom BVwG zur Lagebeurteilung herangezogen und mit der Möglichkeit zur mündlichen und schriftlichen Stellungnahme zu Gehör gebracht:

* BVwG, Internet Ereignisrecherche, Zeitraum 01.2019 - 06.02.2019, via Suchmaschine Google, Schlagwort Baghdad, Abfrage 06.02.2019

* Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Chronologische Auflistung sicherheitsrelevanter Vorfälle von Oktober 2018 bis Jänner 2019 mit Sunniten als Opfer, 31.01.2019

* Interview mit Journalistin Birgit Svensson, Oktober 2018

* Aljazeera, Baghdads Green Zone reopens, 11.01.2019

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak v. 20.11.2018

* BVwG, Vorläufige Lageeinschätzung zum Irak (auf Basis og. Quellen)

Auf Basis der verfahrensgegenständlichen Berichtslage ergibt sich für das BVwG zusammengefasst aktuell folgendes Lagebild zum Irak:

Politik / Zusammensetzung der Bevölkerung

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert. Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat, der aus 18 Provinzen besteht. Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte.

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde. Die meisten religiös-ethnischen Gruppen sind im Parlament vertreten.

Der Irak hat ca. 38 Millionen Einwohner. Etwa 75-80 % der heute im Irak lebenden Bevölkerung sind Araber, 15-20 % sind Kurden und 5 % sind Turkomanen, rund 600.000 Assyrer/Aramäer, etwa 10.000 Armenier oder Angehörige anderer ethnischer Gruppen. Weiterhin sollen im Südosten 20.000 bis 50.000 Marsch-Araber leben. Von turkomanischen Quellen wird der Anteil der eigenen ethnischen Gruppe auf etwa 10 % geschätzt.

Etwa 97 % der Bevölkerung sind muslimisch. Über 60 % sind Schiiten und zwischen 32 und 37 % Sunniten; die große Mehrheit der muslimischen Kurden ist sunnitisch. Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch (arabische) Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Christen, Jesiden und andere Religionen bilden mit ca. 3 % eine Minderheit. Die Christen zählen überwiegend zu den orientalisch-christlichen Gemeinschaften: Chaldäisch-katholische Kirche, Assyrische Kirche des Ostens, Alte Kirche des Ostens, Armenische Apostolische Kirche, Römisch-katholische Kirche, Syrisch-katholische Kirche, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, Assyrisch-evangelische Kirche und andere.

Sicherheitskräfte - Milizen - Rechtschutz

Die irakischen Sicherheitskräfte ISF:

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören. Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen.

Volksmobilsierungseinheiten (PMF):

Der Name bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen. Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig. Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt. Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes.

Rechtschutz

Das reguläre Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft. Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts. Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen und Einflussnahmen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Personal- und Kompetenzmangel wird zuweilen beklagt.

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte vereinzelt, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, gibt es diesbezüglich Mängel im Verfahren. Urteile ergehen vereinzelt mit überschießend hohen Strafen.

Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich Iraker vereinzelt auch an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt.

Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt.

Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat. Die Sicherheitslage hat sich, seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde, verbessert. Vereinzelte, untergetauchte IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten für Verbrechen verantwortlich. Ebenso werden vereinzelt Übergriffe seitens schiitischer Milizen verzeichnet. Die allgemeine Kriminalitätsrate ist hoch. Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet grds. nicht statt. In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt.

Wenngleich es zum Teil erhebliche Mängel im Sicherheits- und Rechtschutzsystem gibt, kann nicht davon gesprochen werden, dass für die Bevölkerung generell keine wirksamen Schutzmechanismen vorhanden wären oder, dass dazu kein Zugang möglich wäre. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt.

Es ergibt sich auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht, dass in Bagdad, eine Stadt mit rd. 8,4 Millionen Einwohner oder im gesamten Irak aktuell eine Lage herrschen würde, die für eine Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit (infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes) mit sich bringen würde.

Es kann auf Grund der aktuellen Berichtslage nicht festgestellt werden, dass derzeit quasi jede Person mit dem Persönlichkeitsprofil der beschwerdeführenden Partei (insbes. ethnische, konfessionelle Zugehörigkeit) im Irak bzw. in der Herkunftsregion einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung aus asylrelevanten Motiven unterliegen würde.

Es kann ebenso nicht festgestellt werden, dass für diese Personen im Irak bzw. in der Herkunftsregion eine allgemeine Sicherheitslage herrschen würde, wonach sie per se einer realen Gefahr einer Gefährdung der persönlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären

Sunniten

Ca. 17-22 %, also ca. 6,5 bis 8,4 Millionen der Gesamtbevölkerung sind arabische Sunniten (vorwiegend im Zentral- und Westirak), ca. 15-20 % der Gesamtbevölkerung sind kurdische Sunniten. So wie Schiiten sind auch arabische Sunniten in hohen politischen (zB Parlamentspräsident) und öffentlichen Ämtern vertreten. Ebenso als Beschäftigte bei Polizei, Militär und Gerichten. Sunniten nehmen ebenso am sonstigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teil. Es gibt Berichte über vereinzelte Menschenrechtsverletzungen an Sunniten, va. durch schiitische Milizen oder unbekannte Täter. Vor allem Personen die Angehörige der terroristischen Gruppierung IS sind oder im Verdacht stehen solche zu sein oder diese unterstützen, können derart gefährdet sein. Auf Grund der Berichtslage lässt sich nicht schließen, dass dies Teil eines systematischen, quasi jeden Sunniten gleichermaßen treffenden Risikos ist. Sunniten, die in schiitisch dominierten Regionen leben, können gesellschaftliche Diskriminierung in einem moderaten Level erfahren, vor allem in den südlichen Gouvernements. Es handle sich vorwiegend um Diskriminierung am Arbeitsmarkt bzw. um gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund von Nepotismus. Schiitische Arbeitgeber würden eher Schiiten einstellen. Generell ist die Zahl von registrierten, sicherheitsrelevanten Vorfällen jedoch seit dem Zeitpunkt als der IS als "vertrieben" gilt, stark rückläufig und regional unterschiedlich.

Eine systematische Verfolgung von Sunniten, konkret in Bagdad, verneinend auch der VwGH, zB in Ra 2018/14/0354-11 vom 30. April 2019; vgl. auch uva. BVwG v. 07.03.2019, L504 2120407-1 [ein Sunnit namens Omar mit wiederholten Reisen und längeren Aufenthalten in Bagdad während des asylrechtlichen Beschwerdeverfahrens]).

Aktuelle Versorgungslage

Auf Grund klimatischer Verhältnisse (Wasserknappheit) und zum Teil veralteter Infrastruktur kann die Versorgung mit sauberem Wasser nicht überall gleich gut gewährleistet sein. Berichte, dass das Mindestmaß an lebensnotwendiger Versorgung mit Trinkwasser (zB auch durch Kauf von Trinkwasserflaschen in Geschäften) im Irak nicht möglich oder zugänglich wäre, liegen nicht vor.

Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen ca. 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe. Das Sozialsystem wird vom sog. "Public Distribution System" (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme. Es sind alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen von PDS zu erhalten. An der Umsetzung kann es zu Mängeln kommen.

Es kann auf Grund der Berichtslage nicht festgestellt werden, dass aktuell im Irak bzw. in der Herkunftsregion eine derart schlechte Versorgungslage herrschen würde, dass nicht das zur Existenz unbedingt Notwendige erlangbar wäre.

Medizinische Versorgung

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert.

Bewegungsfreiheit

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich, nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden.

In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften aus Sicherheitsgründen die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) Bestimmungen, die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken, in der Vergangenheit selektiv umgesetzt haben.

Eine Kontrolle der eigenen Staatsangehörigen findet bei der Ausreise statt. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren.

Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein. Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht. Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, Genehmigungen einzuholen, die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger, die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen, benötigen idR einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen aus Sicherheitsgründen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen werden idR durchgeführt. Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen zuweilen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise kann für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen.

IDPs und Flüchtlinge

Die Zahl der Vertriebenen sinkt stetig; die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen. Die Regierung und internationale Organisationen, einschließlich UN-Einrichtungen und NGOs, versuchen, IDPs Schutz und andere Hilfe zu gewähren.

Rückkehr

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten, befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Bei jenen Irakern, welche in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, Verfolgung behaupteten und während des Beschwerdeverfahrens freiwillig wieder zurückkehrten, handelt es sich überwiegend um arabische Sunniten und Schiiten. Neben Österreich führen auch andere Staaten der EU abgelehnte irakische Staatsangehörige in den Irak zurück.

Dokumente

Identitätsbescheinigende Dokumente die im Irak ausgestellt wurden sind wenig zuverlässig, zumal sie häufig auch auf Grund mangelnder Dokumentation ausgestellt werden.

Jedes irakische Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist im Irak gegen Bezahlung zu beschaffen

2. Beweiswürdigung

Ad 1.1.1 Identität und Herkunftsstaat:

Die Feststellungen ergeben sich aus den in diesem Punkt gleichbleibenden persönlichen Angaben im Zuge der Einvernahmen, ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel. Zu der Identität erfolgt aus den dort genannten Gründen seitens des BVwG keine eigene Feststellung.

Ad 1.1.2. Regionale Herkunft und persönliche Lebensverhältnissen vor der Ausreise:

Die Feststellungen ergeben sich stimmig aus den in diesem Punkt lebensnahen, gleichbleibenden persönlichen Angaben im Zuge der Einvernahmen, ihren im Verfahren dargelegten Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens der bP vorgelegten Bescheinigungsmittel.

Ad 1.1.3. Familiäres/verwandtschaftliches bzw. soziales Netzwerk im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen ergeben sich aus den persönlichen Angaben der bP.

Ad 1.1.4. Ausreisemodalitäten:

Diese Feststellungen ergeben sich aus ihren persönlichen Angaben im Verfahren.

Ad 1.1.5. Gesundheitszustand:

Diese Feststellung ergibt sich unstreitig aus ihren persönlichen Angaben.

Ad 1.1.6. Privatleben / Familienleben in Österreich

Diese Feststellungen ergeben sich stimmig und damit unzweifelhaft aus ihren persönlichen Angaben, den von ihr dazu vorgelegten Bescheinigungsmitteln sowie amtswegigen Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes.

Ad 1.1.7. Behauptete ausreisekausale Geschehnisse / Erlebnisse im Zusammenhang mit staatlichen bzw. nichtstaatlichen Akteuren und der zu erwartenden Rückkehrsituation:

Einleitend ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen der bP vollen Beweis iSd § 15 AVG über den Verlauf und Gegenstand der jeweiligen Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können.

Der bP ist der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des darin bezeugten Vorganges aus nachfolgenden Gründen nicht gelungen:

Bei der Einvernahme beim Bundesamt behauptete die bP, dass ihre Angaben bei der Erstbefrag ung "nicht vollständig protokolliert und rückübersetzt" worden seien. Eine nähere Begründung dazu erfolgte nicht.

An anderer Stelle der Einvernahme behauptete sie: "Ich wurde [bei der Erstbefragung] nicht gefragt, warum ich den Irak verlassen habe. Ich wurde nur gefragt, wie ich nach Österreich gekommen bin".

In der Verhandlung beim BVwG wurde die bP gefragt, ob ihre Angaben bei den bisherigen zwei Einvernahmen (Erstbefragungen und Einvernahme beim Bundesamt) korrekt protokolliert worden seien und wurde sie aufgefordert, wenn dies nicht der Fall wäre, konkret alle Punkte anzugeben die ihrer Ansicht nach in den Niederschriften nicht richtig protokolliert wurden. Dazu gab sie an, "ich war bei der ersten Vernehmung sehr müde, es war am Abend. Bei der zweiten bleibt alles aufrecht, ich habe die Wahrheit gesagt." Dem Akteninhalt ist zu entnehmen, dass die bP am 19.06. gegen 22 h festgenommen wurde und die Erstbefragung erst am nächsten Tag gegen Mittag war. Somit bestand genügend Ruhezeit und die nicht in Zweifel zu ziehende Aktenlage widerspricht der Behaupteten Erstbefragung am Abend.

Gefragt, ob sie bei ihren zwei niederschriftlichen Einvernahmen bzw. Erstbefragung immer der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht hat, und wenn nicht, sie nunmehr die Möglichkeit habe falsche Angaben richtig zu stellen, gab sie an: "Ich habe von vornherein nur die Wahrheit gesagt".

Im Zusammenhang mit einem Vorhalt zu unterschiedlichen Angaben zur Existenz des Reisepasses gefragt, brachte sie in der Verhandlung nunmehr erstmals vor, das bei der Erstbefragung "kein Dolmetscher dabei war" und sie selbst damals noch kein deutsches Wort gekonnt hätte, sie sei zudem übermüdet gewesen, habe lange nicht geschlafen und alles was sie dort gefragt worden sei habe sie mit "Jaja" beantwortet.

In der Verhandlung auch vorgehalten, dass dort protokolliert sei, dass sie "wegen des Krieges" geflohen sei und sie später andere Fluchtgründe dargelegt habe, führte sie an: "Ich habe das so überhaupt nicht gesagt, das hat mich nachher auch überrascht, dieser Satz, denn der Krieg hat bei uns 2003 angefangen, nicht 2014.

Vorgehalten, dass im Protokoll der Erstbefragung stehe, dass ihr die Niederschrift rückübersetzt worden sei, dies wäre auch von der beschwerdeführerenden Partei mit ihrer Unterschrift bestätigt worden, und sie bei der Rückübersetzung auch keine Korrektur vorgenommen habe, gab sie an: "Das stimmt schon, ich habe eine Rückübersetzung erhalten. Aber diesen Satz wurde mir nicht rückübersetzt. Ich habe gesagt, der Grund waren die Milizen, deswegen habe ich das Land verlassen."

Aus diesen Angaben ist ersichtlich, dass die bP dort, wo es um "Aufklärung" von Widersprüchen zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme beim Bundesamt geht, sehr elastisch in ihrer Begründung ist. Von "habe ich nicht gesagt", "es war kein Dolmetscher dabei und er konnte damals kein Deutsch", "ich habe keine Rückübersetzung erhalten", "ich habe eine Rückübersetzung erhalten, aber dieser Satz wurde nicht rückübersetzt" bis hin "ich habe alle Fragen [bei der Erstbefragung] mit ‚Jaja' beantwortet" waren ihre nicht überzeugenden Versuche aufgetretene Widersprüche erklärbar zu machen.

Faktum ist, dass sich aus der Niederschrift der Erstbefragung ergibt, dass die bP dort nicht alle Fragen mit "Jaja" beantwortete und hatte sie dies auch eingangs der Einvernahme beim Bundesamt oder in der Verhandlung nicht behauptet. Die Niederschrift der Erstbefragung wurde von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführt, welches zudem im Falle vorsätzlich falscher Protokollierung straf- und disziplinarrechtlicher Veranwortlichkeit untersteht, und scheint namentlich darin auch ein Dolmetscher auf. Die Niederschrift wurde vom Organ, dem Dolmetscher und der bP unterschrieben. Dabei wurde auch bestätigt, dass ihr die Niederschrift in einer für sie verständlichen Sprache rückübersetzt worden sei.

Das BVwG sieht keinen vernünftigen Grund hier nicht vom vollen Beweis iSd § 15 AVG auszugehen, da die unterschiedlichen Einwände offenkundig bloße Schutzbehauptungen sind, um ihre unterschiedlichen Angaben erklärbar zu machen, auch wenn dies auf Kosten der Wahrheit geht.

Dass die bP von ihrem Charakter her, zumindest im Asylverfahren, trotz im Verfahren ergangener wiederholter Aufforderung nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen, dessen ungeachtet dazu neigt sich zur Begründung von relevanten Punkten im Verfahren der Lüge zu bedienen, ergibt sich ua. auch aus der Beweiswürdigung zu 1.7. .

Gerade beim Antrag auf internationalen Schutz kommt der persönlichen Aussage zur eigenen Gefährdungssituation im Herkunftsstaat als Beweismittel und zentralem Punkt in diesem Verfahren besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse bzw. eigene sinnliche Wahrnehmungen des Antragstellers über die berichtet wird. Diese entziehen sich zumeist - insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen - weitgehend einer Überprüfbarkeit und liegen diese idR alleine in der persönlichen Sphäre der bP.

Im Wesentlichen geht es für die Entscheider darum zu beurteilen, ob es im konkreten Fall glaubhaft ist, dass die diesbezüglichen Aussagen der bP auf einem tatsächlichen persönlichen Erleben beruhen oder ob sich die Partei dabei der Lüge bedient bzw. die Aussagen nicht erlebnisbegründet sind.

Im Allgemeinen erfolgt eine (vorsätzliche) Falschaussage nicht ohne Motiv (vgl. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage, Rz 246ff). Im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz kann eine derartige Motivationslage, die den Wahrheitswillen eines Antragstellers/einer Antragstellerin zu beeinflussen geeignet ist, darin liegen, dass sie ihrer Überzeugung nach - uU auch durch Suggestion Dritter beeinflusst - dadurch gesteigerte Erfolgsaussichten erwarten, um den beantragten Status als Asylberechtigter oder als subsidiär Schutzberechtigter und damit einen Aufenthaltstitel samt Zugang zum Arbeitsmarkt und/oder staatlicher Versorgung zu erlangen (sog. "Folgenberücksichtigung", siehe oben zitierte Quelle).

Als Beurteilungskritierien für die Glaubhaftmachung nennt der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise:

Bloßes Leugnen oder eine allgemeine Behauptung reicht für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011; 1.10.1997, 96/09/0007). Aus dem Wesen der Glaubhaftmachung ergibt sich auch, dass die Ermittlungspflicht der Behörde durch die vorgebrachten Tatsachen und angebotenen Beweise eingeschränkt ist (VwGH 29.3.1990, 89/17/0136; 25.4.1990, 90/08/0067). Ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte ist die Behörde / das Bundesverwaltungsgericht nicht verpflichtet jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. VwGH 10.8.2018, Ra 2018/20/0314, mwN).

Es ist Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen. (VwGH 30. 11. 2000, 2000/01/0356).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubhaft anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleichbleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. zB. VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).

Auch auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren ist bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung Bedacht zu nehmen. Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre [VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua], gesundheitliche [VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601; 14.6.2005, 2005/02/0043], oder finanzielle [vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099] Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht und Darlegungslast des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Wenn Sachverhaltselemente im Ausland ihre Wurzeln haben, ist die Mitwirkungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei in dem Maße höher, als die Pflicht der Behörde zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes wegen des Fehlens der ihr sonst zu Gebote stehenden Ermittlungsmöglichkeiten geringer wird. Tritt in solchen Fällen die Mitwirkungspflicht der Partei in den Vordergrund, so liegt es vornehmlich an ihr, Beweise für die Aufhellung auslandsbezogener Sachverhalte beizuschaffen (VwGH 12.07.1990, Zahl 89/16/0069).

Das BVwG geht auf Grund des Ermittlungsverfahrens davon aus, dass die bP insbesondere in zentralen Bereichen, wo es um die Ausreise bzw. ausreisekausale Probleme und Rückkehrbefürchtungen geht, keine bzw. geringe Bereitschaft zeigte wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Offensichtlich hielt sie es selbst für einen positiven Ausgang des beantragten internationalen Schutzes für abträglich hier den Tatsachen entsprechende, in wesentlichen Punkten inhaltlich gleichbleibende Angaben zu machen.

Als zentralen Punkt, weshalb es der bP hier nicht gelingt ihre behaupteten Fluchtgründe glaubhaft zu machen, ergibt sich daraus, dass die bP im Zuge zweier niederschriftlicher Aussagen, diese erheblich unterschiedlich begründete.

Ihre ersten Angaben zur Frage, warum sie den Irak verlassen hat bzw. geflohen ist, waren "wegen dem Krieg in meinem Land" und brachte sie damit im Wesentlichen die allgemeine Lage ins Spiel, ohne trotz gegebener Möglichkeit konkret persönliche sicherheitsrelevante Erlebnisse, zumindest in Ansätzen, darzulegen.

Rund 6 Monate später waren hingegen Probleme mit schiitischen Milizen ausreisekausal und bestritt sie de facto sogar, dass sie "wegen dem Krieg" ausgereist sei und deshalb Probleme bei einer Rückkehr befürchte.

In beiden Einvernahmen wurde sie aufgefordert ihre Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtung darzulegen. Korrekterweise wählte die Behörde bzw. auch das Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes eine offene Fragestellung. Dabei besteht die geringste bzw. keine Gefahr bei einem erst zu erhebenden Sachverhalt suggestiv zu wirken und versetzt die antragstellende Person so in die Lage alle Gründe anzuführen. Dazu bedarf es auch keiner Kenntnis der konkreten Tatbestandsvoraussetzungen für die Zuerkennung von internationalen Schutz und wären solche zudem suggestiv beeinflussend. Es bestünde die reale Gefahr die Aussage tatbestandsbezogen "anzupassen".

Ob das Motiv dafür, weshalb die bP nunmehr nach einem halben Jahr ihre Fluchtgründe auswechselte, in einer oftmals in Asylverfahren zu Tage tretenden Suggestion Dritter begründet ist, kann im Wesentlichen dahin gestellt bleiben, da es letztlich eine Entscheidung der bP ist und sie im Verfahren seitens behördlicher Organe wiederholt aufgefordert wurde nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und auf mögliche negative Konsequenzen hingewiesen wurde. Es stellt in jedem Fall eine Verletzung der Mitwirkungsverpflichtung der bP dar und hat gem. § 18 Abs 3 AsylG Auswirkung auf die Beurteilung der Glaubhaftmachung.

Die bP hat damit innerhalb eines halben Jahres ihren Fluchtgründe ausgewechselt und vermag sie diese dadurch nicht glaubhaft zu machen, was auch im Einklang mit der oa. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes steht. Dies alleine ist schon hinreichend für die Nichtglauhaftmachung der von ihr im Verfahren behaupteten Bedrohungslage, resultierend aus ihren vorgebrachten angeblich persönlichen Erlebnissen.

Ein weiteres Indiz dafür, dass die bP nicht wirklich Schutz vor "Verfolgung" sucht, sondern vielmehr einen Aufenthaltstitel über das Asylverfahren, ergibt sich aus ihrem Verhalten zwischen der Ausreise aus dem Irak und der Antragstellung in Österreich. Nachvollziehbar und der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechend würde ein tatsächlicher Flüchtling die erste Gelegenheit nutzen um Schutz vor Verfolgung zu suchen bzw. zu beantragen. Nicht so die bP, welche zuerst rd 11 Monate in der Türkei in Istanbul lebt. Dass sie dort bei türkischen Behörde oder bei UNHCR tatsächlich um Schutz ansuchte, konnte sie nicht nachweisen bzw. glaubhaft machen. Bescheinigungsmittel diesbezüglich habe sie "zerrissen", so ihre Aussage. Dies wirkt angesichts der nicht gegebenen generellen Glaubwürdigkeit der bP nicht überzeugend zumal sie sonst relativ initiativ war in der Vorlage von Bescheinigungen, insbesondere wo es um die Integration in Österreich ging.

Ebenso ließ sie auf ihrem anher folgenden Weg in die EU Gelegenheiten in verschiedenen, schon als sicher geltenden Staaten ungenutzt, um dort Schutz zu suchen. Dass dies nicht möglich gewesen wäre, kam nicht hervor.

Erst in Österreich nahm sie die Gelegenheit wahr, dies aber auch erst, weil sie von der Polizei bei nicht rechtmäßigem Aufenthalt angetroffen wurde. Ihren Angaben nach wollte sie nämlich nach Deutschland reisen. Ihr Verhalten gleicht somit eher einem von langer Hand geplanten "Auswanderungsprojekt" denn einer spontanen "Flucht" auf der Suche nach Schutz vor Verfolgung.

Dass es sich bei der nachfolgenden Begründung in der Einvernahme um keine Konkretisierung der ersten Angaben in der Erstbefragung handelt, ergibt sich klar aus ihrem Versuch die ersten Aussagen zum Fluchtgrund "wegzuleugnen", dies mit verschiedensten Argumenten. Von "habe ich nicht gesagt", "es war kein Dolmetscher dabei und er konnte damals kein Deutsch", "ich habe keine Rückübersetzung erhalten", "ich habe eine Rückübersetzung erhalten, aber dieser Satz wurde nicht rückübersetzt" bis hin "ich habe alle Fragen [bei der Erstbefragung] mit Jaja beantwortet", [...].

Dem BVwG war es hier auch nicht verwehrt die Aussagen der bP in der Erstbefragung im Rahmen der Beweiswürdigung aufzugreifen und zu beurteilen. Auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 ist es weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten zu späteren Angaben einzubeziehen, es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind [Hinweis VwGH v 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018, und E vom 13. November 2014, Ra 2014/18/0061, sowie das E des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Februar 2014, U 1919/2013 ua.] (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0189, VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168-3).

Soweit die bP im Verfahren zur Rechtfertigung ihrer bei der Erstbefragung gemachten oder nicht gemachten Angaben zu Fluchtgrund anführt, dass sie die Einvernahme am Abend stattgefunden hätte und sie noch zu müde gewesen wäre, um "richtige Angaben" zu machen, ist einzuwenden, dass sich aus der nicht in Zweifel zu ziehenden Aktenlage ergibt, dass die bP am 19.06.2015, um 22.10 Uhr, von der Polizei im Zug angetroffen und festgenommen wurde. Die Erstbefragung fand erst am nächsten Tag, also dem 20.06.2015 gegen die Mittagszeit statt. Abgesehen davon, dass die Einvernahme somit am Tag und nicht am Abend stattfand, hatte sie auch genügend Zeit sich zu erholen. Warum sie auch nur bei der Frage nach den Fluchtgründen zu "richtigen Angaben" zu müde gewesen sein sollte, nicht aber zu den anderen, wäre, würde man dem Glauben schenken, zudem nicht nachvollziehbar.

Außerdem verneinte sie zu Beginn der Erstbefragung ausdrücklich Einvernahmehindernisse. Ihr diesbezüglicher Einwand ist somit wie die anderen nicht glaubhaft und ist nach Ansicht des BVwG eine bloße Schutzbehauptung.

Ergänzend ist anzuführen, dass auch in diesem Antragsverfahren die antragstellende Partei schon von Anbeginn verpflichtet ist ihren Antrag zu begründen (vgl etwa auch die Verfahrensförderungspflicht gem. § 39 Abs 2a AVG). Auch § 19 Abs 1 AsylG spricht nur davon, dass sich die Befragung nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat, nicht jedoch davon, dass der Fremde dazu nichts oder nur nach seinem Belieben ausgewählte Teile seiner Fluchtmotivation darzulegen braucht. Die Fragestellung ist jedenfalls eindeutig und auch iSe einer ordnungsgemäßen offenen Fragestellung formuliert, damit die Partei hier nicht schon durch die Art der Fragestellung der Gefahr einer bei einer Befragung zu einem erst zu erhebenden Sachverhalt, einer in der Einvernahmetechnik verpönten Suggestion ausgesetzt ist.

Unter den gegebenen Voraussetzungen war es dem BVwG nicht verwehrt diese doch erhebliche Abweichung im Rahmen der Beweiswürdigung aufzugreifen.

Es ist auch nicht unvertretbar, in den in der Erstbefragung als Fluchtgrund geäußerten allgemeinen Sicherheitsbedenken wegen des Krieges einen anderen Fluchtgrund zu sehen als in der nachfolgend vorgebrachten persönlichen Verfolgung durch eine schiitische Miliz wegen ihrer Tätigkeit (vgl. zB. VwGH 17.05.2018, Ra 2018/20/0168-3).

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Schutzsuchender bei der Frage nach seinen Ausreisegründen ein gravierendes Ereignis schon bei erster Gelegenheit vorgebracht hätte, so es tatsächlich stattgefunden hätte (vgl die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 307 wiedergegebene hg Rechtsprechung).

Wenngleich die Angaben zur Existenz bzw. zum Verbleib des Reisepasses hier nicht zum Kernpunkt der Glaubhaftmachung ihres dargelegten "Fluchtgrundes" gehören, ermöglichen diese jedoch einen gewissen Einblick in ihre Persönlichkeitsstruktur, im Hinblick auf die Bereitschaft im gegenständlichen Antragsverfahren Falschaussagen zu machen, zu verschaffen. Dies auch im Hinblick darauf, da ja zu Beginn des Verfahrens bzw. auch später vor der Einvernahme beim Bundesamt oder beim BVwG ein Antragsteller sogar dahingehend ausdrücklich belehrt wird, nur wahrheitsgemäße Angaben zu machen und dass unwahre Angaben nachteilige Folgen im Verfahren nach sich ziehen können.

Dessen ungeachtet sah es die bP hier offenbar als erforderlich, sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme beim Bundesamt und beim BVwG, über die Existenz des Reisepasses zu täuschen.

In der Erstbefragung gab sie zur Frage, wo sich dieser befindet an:

"In der Türkei bei einem Freund".

In der folgenden Einvernahme beim Bundesamt:

"Ich habe meinen Rucksack ins Meer geworfen".

Bei der Verhandlung gab sie auf Nachfrage an, dass sie diesen im Meer "verloren" habe.

Die sich dabei abzeichnende Bereitschaft der bP zu Falschaussagen ist auch geeignet bei der Beurteilung der anderen antragsbegründenden Aussagen im Hinblick Glaubhaftigkeit einzufließen bzw. Berücksichtigung zu finden (vlg. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage, S53).

Es gibt aber auch noch weitere Anhaltspunkte dafür, dass die später im Verfahren behauptete persönliche Verfolgung durch die schiitische Miliz nicht glaubhaft ist bzw. nicht den Tatsachen entspricht, auf die hier im Wesentlichen ergänzend eingegangen wird.

So wurde die bP in der Verhandlung aufgefordert, das von ihr behauptete zentrale Ereignis das sie letztlich zur Ausreise bewogen haben soll in freier Rede zu schildern. Sie wurde zuvor dahingehend manuduziert, dass sie detailliert erzählen soll, was sie bei diesem Erlebnis persönlich dabei "selbst wahrgenommen", also insbesondere selbst gesehen und gehört hat und wie sie darauf reagierte. Es wurde auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie keine Umstände erzählen soll, die ihr von anderen mitgeteilt wurde oder die sie wo nachher gelesen hat. Es gehe nur um ihre eigene persönliche Wahrnehmung bei diesem Ereignis (Originalauszug aus dem Protokoll):

"Das war ca. um 11 Uhr in der Nacht. Mein Vater war vor dem Haus und hat er vier Autos bei dem Polizeirevier gesehen und die Polizei, die damals Dienst gehabt hatte, wurden von den Männern [...] ausgestiegen, gefesselt, das hat mein Vater mitgekriegt und gesehen, er konnte gleich zur Tür zu Hause und sagte, ich solle verschwinden, hat gesagt warum, ich bin gleich vom Haus geflüchtet auf das Dach oben und von einem Dach aufs Nachbardach gesprungen, bis ich zu einem Freundhaus gekommen bin und ich habe mich bei ihm versteckt. Der Freund zu dem ich geflüchtet bin, wohnt in einem Ort namens XXXX , dieser Ort ist ein Nachbarort unseres Wohnorts."

Zu dieser Aussage ist Folgendes anzumerken: realerlebnis-begründete Aussagen zeichnen sich dadurch aus, dass in der freien Erzählung viele und detaillierte Aussagen in etwas sprunghafter und ungeordneter Reihenfolge vom Zeugen hervorgebracht werden. Dieses wichtige Merkmal und Realkennzeichen fehlt in aller Regel in Aussagen, die durch fremde Einflüsse und nicht wirklich erlebnisbegründet fundiert sind. Wirkliche Erlebnisse können also im Prinzip detailreich berichtet werden.

(vgl. zB. Bender/Nack/Treuer, Tatsachenfeststellung vor Gericht, 4. Auflage; Internet Publikation für Allgemeine und Integrative Psychotherapie, Aussagepsychologie, http://www.sgipt.org/forpsy/aussage0.htm#Was %20sind%20Aussagen).

Dem entsprechen diese Angaben über das vorgebliche persönliche Erlebnis jedoch nicht. Es blieb hinsichtlich ihrer eigenen sinnlichen Wahrnehmung insbesondere sehr oberflächlich und äußerst detailarm, frei von eigenen psychischen Vorgängen und Interaktionsschilderungen. Trotz konkreter Aufforderung nur eigene persönliche sinnliche Wahrnehmungen zu schildern, erzählte er von vorgeblichen Wahrnehmungen des Vaters, was darauf hinweist, dass sich die bP eine Rahmengeschichte gedanklich zurecht legte, in der Kürze auf Nachfrage aber nicht in der Lage war vorgeblich eigene und fremde Wahrnehmung in der Erzählung zu trennen.

Es kamen im Verfahren auch keine Hemmungsfaktoren hervor, wodurch die bP etwa nicht in der Lage gewesen wäre ihre vorgeblichen persönlichen Erlebnisse in den Einvernahmen dergestalt darzulegen.

Auch die Erzählung desselben Ereignisses beim Bundesamt war nicht dergestalt wie man es bei einem Realerlebnis idR erwarten könnte:

"Schildern Sie bitte noch einmal so detailreich wie möglich wie der zweite Besuch der Milizen ablief!

"Als die Milizen angekommen sind, haben sie die Polizisten gefesselt. Mein Vater war auf dem Balkon/Terrasse, deshalb konnte er das genau sehen. Er hat mich gewarnt, vielleicht kommen sie jetzt um mich abzuholen. Meine Mutter weinte und bat mich zu flüchten. Unser Haus hat 2 Stockwerke, ich bin auf das Dach gegangen und zum Nachbarhaus gesprungen. Nachgefragt, der Abstand zwischen den Dächern ist vielleicht 1 Meter. Dann bin ich über eine Straße zu meinem Freund in G. geflüchtet."

Das BVwG konnte sich in der Verhandlung zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der beschwerdeführenden Partei zum Ausreisegrund einen persönlichen Eindruck und damit von ihrem verbalen sowie nonverbalen Verhalten und vom Inhalt ihrer Aussagen, als die wesentlichen Entscheidungskriterien der Glaubhaftigkeitsbeurteilung, Kenntnis verschaffen.

Dabei fiel auch auf, dass sich das verbale und nonverbale Verhalten der Partei, als sie von ihren vorgeblich persönlich so erlebten und als ausreisekausal bezeichneten Geschehnissen erzählte, nicht merkbar von ihrem Basis- bzw. Referenzverhalten in unkritischen Aussagepassagen unterschied. Sowohl hinsichtlich Lautstärke der Aussage als auch in Bezug auf ihre nonverbale Kommunikation waren auch unter Berücksichtigung allfälliger kultureller Unterschiede keine merkbaren Abweichungen erkennbar. Dass die Partei aber generell durchaus in der Lage ist Emotionen zu zeigen war zB dadurch erkennbar, dass sie die Erzählung vom Tod der Mutter, nach Erkrankung, augenscheinlich emotional sehr berührte.

Die bP behauptete beim Bundesamt, dass sie ca. am 25.04.2014 begonnen habe in Bagdad Flüchtlingen zu helfen. Es sei ihr deshalb von der schiitischen Miliz "Alhashed Alshabe" fälschlich unterstellt worden, dass sie damit dem IS geholfen habe. Es seien Personen gewesen, die von Al Anbar und Mosul vertrieben wurden und nach Bagdad geflüchtet sind. Es seien Sunniten gewesen. Die bP habe Spenden für diese Menschen gesammelt. Die Milizen würden alle Sunniten beschuldigten für den IS zu arbeiten.

Sie habe mit Freunden einen Verein gegründet. Nicht offiziell, so ihre Angaben. Sie seien eine Gruppe von 13 Personen gewesen, die Flüchtlingen geholfen hätten, die vor dem IS flohen. Sie hätten Spenden von Privaten und Moscheen gesammelt und hätten dann Kleidung, Geld und Medikamente an die Flüchtlinge verteilt.

In der Verhandlung wurde zwecks Ergründung, ob die bP hier von persönlichen erlebnisbegründeten Ereignissen spricht, versucht zu erfragen, wo die bP die gesammelten Spenden abgegeben hat, wobei sie nicht in der Lage war den konkreten Ort des Flüchtlingslagers oder eine namentliche Bezeichnung zu nennen. Ebenso konnte sie keine konkrete Bezeichnung des Betreibers des Lagers angeben, sondern mutmaßte hier bloß:

"Wo haben Sie die gespendeten Sachen und das Geld konkret abgegeben?

Geld war sehr wenig, die Leute haben Gegenstände statt Geld gespendet. Wir sind persönlich zu dem Lager dorthin gegangen und wir haben die Sachen selber verteilt.

Wo konkret war das Lager, gibt es einen Namen?

Dieses Flüchtlingslager war westlich von Bagdad und hat keinen Namen, weil die Leute haben sich einander unterstützt und ein großes Lager für die Vertriebenen erbaut, aber es gab keinen Namen.

Gab es keinen Betreuer für dieses Lager, bzw. eine Organisation darüber?

Das war eigentlich, dass die Leute dort freiwillig hingingen um die Vertriebenen zu unterstützen. Ich glaube, es war das Rote Kreuz, aber das RK war zu wenig um alle betreuen zu könne, deswegen sind auch Freiwillige hin und haben dort geholfen."

Insbesondere der Umstand, dass die bP als ein in Bagdad aufgewachsener Mann nicht in der Lage war die Lage des Lagers zu konkretisieren, wo sie doch behauptetermaßen dort wiederholt verkehrte, erscheint verdächtig und damit ein Indiz, dass sie hier nicht von persönlichen Erlebnissen spricht.

Auch weitere Umstände lassen diese Tätigkeit bzw., dass sie dadurch Probleme mit schiitischen Milizen bekam, in Zweifel ziehen. Sie behauptete, dass sie durch die Arbeit für diesen Verein bereits in den Blickpunkt der schiitischen Miliz geraten wäre. Nachdem vorgeblich zwei von den helfenden Freunden getötet wurden, habe sie "offiziell" damit aufgehört, aber "geheim" habe sie weitergearbeitet. Die Angaben der bP wie sie im "Geheimen" weiter gewirkt haben soll, um nicht den Milizen zum Opfer zu fallen, sind nicht lebensnah, nicht plausibel und damit nicht glaubhaft. Die diesbezüglichen Aussagen gestalteten sich wie folgt:

"Bei dieser Hilfstätigkeit für die Flüchtlinge, haben Sie diese Gefahr trotz der Drohungen nicht gesehen und diese weitergeführt?

P: Es stimmt schon, ich habe weitergearbeitet, bis zwei von meinen Freunden getötet wurden, dann habe ich gesagt, okay, ich habe zwei, drei Tage überlegt. Offiziell habe ich aufgehört zu arbeiten, aber geheim habe ich weitergearbeitet.

"Wie arbeitet man "geheim" beim Spendensammeln?

P: Ich habe auch mit meinen Freunden gemeinsam so gemacht, wir sind nicht wie früher zwei bis drei Mal die Woche dorthin gegangen, wir sind nur einmal die Woche dorthin gegangen und wir haben die Sachen in einem kleinen Auto dorthin transportiert, unauffällig.

Wohin sind Sie gegangen um Spenden zu sammeln?

P: Wir haben diese Spende von einigen Familien gesammelt und von den Moscheen.

Wie kann ich mir das konkret "bei den Familien und von der Moschee" vorstellen?

P: Wir waren 13 Personen, die die Spenden gesammelt haben. Und zwar durch Mundpropaganda haben wir immer bekannt gegeben, wer spenden möchte solle uns anrufen, wir holen dann die Sachen ab, das war bei den Familien. Auf der Straße haben wir die Leute angesprochen und es genauso gemacht, wir waren 13 Personen, haben dies alle gleich gemacht. Ich bin zur Moschee gegangen, habe mit dem Scheich der Moschee, dem Vorbeter, gesprochen über die Spenden.

Wer hat bei den Moscheen gespendet?

P: Die Personen die immer die Moschee besucht haben, haben die Sachen auch zur Moschee gebracht, es wurde in der Moschee gesammelt und wir haben dies dann von der Moschee abgeholt."

Die bP legte zwar beim Bundesamt bei der Einvernahme eine "Karte für freiwillige Helfer für Flüchtlinge" vor, jedoch vermag diese Karte angesichts obiger Umstände die Einschätzung des Gerichtes, dass die bP in dieser Hinsicht nicht reale Angaben macht, nicht zu erschüttern. Dies nicht zuletzt deshalb, da die bP davon bei der Erstbefragung, trotz Möglichkeit, nicht ansatzweise etwas erwähnte. Sie hat dieses Bescheinigungsmittel auch der Aktenlage bei der Einreise nicht dabei gehabt, sondern folglich wohl über ihre Familienangehörigen im Irak besorgt. Dass man im Irak de facto jegliches Bescheinigungsmittel für Geld erhält ist notorisch.

Die bP behauptete in der Verhandlung am 07.02.2019, dass "vor kurzem, vor vier oder fünf Monaten" die schiitische Miliz zu ihren Eltern nach Hause gekommen sei. Sie hätten die Eltern geschlagen und nach der bP gefragt. Dies habe ihr die Schwester zwei Tage danach erzählt. Sie legte diesbezüglich kurz vor der Verhandlung Fotos von Familienangehörigen im Irak vor, die diese Misshandlungen beweisen sollten. Als Tatzeitpunkt wurde in einer anwaltlichen schriftlichen Stellungnahme vom 21.02.2019 konkret der "16.10.2018" angeführt.

Die Fotos zeigen Familienangehörige und sind diese teilweise mit nacktem Oberkörper oder entblößten Körperstellen fotografiert, um Spuren sichtbar zu machen. Sie wurden offensichtlich gezielt nur deshalb gemacht um Verletzungen, laienhaft festgestellt Blutergüsse, zu zeigen und erinnern an Fotos für polizeiliche/gerichtliche Beweisaufnahmen, wobei nicht hervorkam, dass sie sich an diese gewandt hätten.

Die Fotos wurden in der Verhandlung erörtert und die bP aufgefordert an der Feststellung mitzuwirken, wann diese Fotos aufgenommen wurden, zumal es sich offensichtlich um digital aufgenommene Fotos handelte und der Aufnahmezeitpunkt so idR in den jeweiligen "Eigenschaften" des Fotos abrufbar wäre. Die bP übermittelte durch ihren Rechtsfreund Ausdrucke vom PC auf dem diese Fotos abgespeichert sind. Es handelt sich dabei um 8 Auszüge mit den digitalen Zahlendaten und scheint bei allen Fotos als "Date created: 10/16/2018 8:36 PM" bzw. bei "Date modified: 10/16/2018 8:36 PM" auf.

Dafür, dass diese Fotos am Tag des Ereignisses aufgenommen wurden, bilden diese Daten bzw. diese Bescheinigungsmittel keinen "Beweis" für den behaupteten Tatzeitpunkt 16.10.2018. Es ist nämlich nicht plausibel, dass 8 Fotos von verschiedenen Personen in unterschiedlichen Posen bzw. unterschiedliche Körperstellen darstellend, alle in der gleichen Minute fotografiert wurden.

Die Schlussfolgerung des Gerichtes wird auch noch durch einen weiteren Umstand gestützt. Die bP übermittelte auch einen Screenshot einer Seite einer Whatsapp Kommunikation mit einer Familienangehörigen, wobei amtswegig der Text übersetzt wurde. Auf diesem Screenshot sind auch 2 der vorgelegten Bilder vollständig ersichtlich und zwei weitere teilweise. Es handelt sich hier offenkundig nur um einen von der bP gezielt ausgewählten Ausschnitt der Whatsapp Kommunikation.

Der Schriftverkehr fand demnach schon am 11.10.2018 statt, also vor der behaupteten Tatzeit 16.10.2018. Mit dieser Kommunikation wurden aber schon offensichtlich besagte Fotos übermittelt, weshalb der Vorfall am 16.10.2018 damit nicht glaubhaft gemacht werden kann.

Selbst wenn man hier hypthetisch bei der bP bzw. dem Rechtsfreund von einem Irrtum in der Tatzeit ausginge, ergeben sich aus dem übermittelten Inhalt der Kommunikation keinerlei Hinweise, dass die Angehörige von einer aktuellen Misshandlung bzw. einer aktuellen Verfolgungsgefahr der bP sprechen bzw. erzählen würde:

"A: ich sitze schlafe. (17.58)

B: sitze schlafe. (1759)

B: ... (17.59)

A: ich sitze. (17.59)

A: ... (17.59)

B: normal, was gibt's bei dir. (17.59)

A: gut, nichts gibt's. (17.59)"

Am Ende dieses Satzes ("gut, nichts gibt's") sind die besagten Fotos mit den Misshandlungsspuren angefügt.

Das Gericht glaubt zwar, dass es sich hier um Familienangehörige der bP handelt, jedoch vermochte sie aus angegebenen Gründen damit insbesondere weder Tatzeit, Tatort, Täter, Motiv der Täter, modus operandi usw. darlegen und sind somit nicht geeignet die behauptete damalige und noch aktuelle Verfolgungsgefahr der bP durch eine schiitische Miliz glaubhaft zu machen.

Selbst wenn man das Fluchtszenario der bP hypothetisch als glaubhaft erachten würde, wäre nicht plausibel weshalb gerade sie sich dadurch derart exponiert hat, dass die gleiche Miliz sie noch rd. 5 Jahre nach seiner Ausreise suchen sollte. Dies zudem zu einer Zeit wonach sich aus der Berichtslage ergibt, dass sich die Sicherheitslage gerade in Bagdad wesentlich beruhigte.

Ebenso vermag die bP aus den Fotos mit den Einschusslöchern in der Hausfassade des elterlichen Hauses nichts für die Glaubhaftmachung ihrer Fluchtgeschichte gewinnen. Angesichts der notorischen gewalttätigen Auseinandersetzungen nach dem Sturz des Diktators bis hin zum zuletzt geführten Kampf gegen den IS vermögen beschädigte Hausfassaden keine Besonderheit darstellen. Insbesondere ergeben sich auch aus diesen Fotos keine konkreten Hinweise auf Tatzeit, Tatort, Täter, Motiv der Täter und verbleiben damit nur ihre Behauptungen zur Erkenntnisgewinnung.

Zudem lebten die Familienangehörigen nach Angaben in der Verhandlung aktuell noch immer in Bagdad, was gegen eine konkrete Gefährdung derselben spricht.

In der Verhandlung wurde auch ein Foto erörtert, das das Elternhaus zeigt. Darauf befand sich ein Plakat das - lt. Übersetzung - darauf hinwies, dass sich darin ein XXXX befindet. Auf Nachfrage gab die bP an, dass der Vater das Haus im Jänner 2019 an einen privaten XXXX vermietet und er selbst lebe nun anderorts in Bagdad.

In weiterer Folge legte die bP dazu den Mietvertrag vor. Der amtswegig in die Wege geleiteten Übersetzung ist zu entnehmen, dass dieser vom Vater am 15.01.2019 per offiziellem Mietvertrag samt staatlicher Vergebührung bzw. Entrichtung der Immobiliensteuer durch den Vermieter für die Dauer von 2 Jahren abgeschlossen wurde.

Die bP vermag damit nicht ihre Fluchtgeschichte glaubhaft machen, ist aus diesem Bescheinigungsmittel doch nur erweislich, dass das Haus offiziell vermietet wurde. Motive dafür kann es viele geben. Der Vater trat damit auch offiziell bzw. außenwirksam in Erscheinung. Dass er aus dem Haus ausgezogen ist vermag auch nach dem Tod der Ehegattin nicht ungewöhnlich erscheinen.

Die bP legte nach der Verhandlung einen USB-Stick vor mit dem bloßen Hinweis, dass "eine Vielzahl von Videos, welche die katastrophale Lage im Irak verdeutlichen" auf diesem abgespeichert wären. Nach erster Sichtung durch das BVwG wurde festgestellt, dass es sich um insgesamt 26 Videodateien mit Ton im Ausmaß von ca. 200 MB handelt, die allesamt auf Arabisch sind. Ebenso war die Dateienübersicht nur auf Arabisch.

Die bP wurde im Rahmen ihrer bestehenden Mitwirkungs- und Konkretisierungsverpflichtung aufgefordert nachfolgende Fragen zu jedem der Videos in deutscher Amtssprache zu beantworten, damit sich das Gericht über das konkrete Beweisthema bzw. die Relevanz überzeugen kann.

1. Aus welcher Zeit stammt die Videoaufnahme (zumindest Monat und Jahr)?

2. Um welchen Ort/e handelt es sich der/die im Video zu sehen sind?

3. Was ist das konkrete Thema dieses Videos? (Zusammenfassung des Inhaltes)

4. Welchen sachverhaltserheblichen, konkreten Umstand wollen Sie damit bescheinigen?

5. Wenn Sie oder Familienangehörige bzw. Verwandte oder ein von Ihnen im Verfahren geschildertes s Erlebnis in einem Video gezeigt werden, bezeichnen Sie das Video genau und beschreiben Sie in welcher konkreten Szene dies zu hören oder zu sehen ist.

Die bP kam diesbezüglich ihrer Mitwirkungsverpflichtung nur sehr mangelhaft nach. Die Mehrzahl der gestellten Fragen ließ sie zu den einzelnen Videos unbeantwortet. Die anwaltliche Stellungnahme führt dazu aus, dass die Videos aus dem Zeitraum 2014 bis 2018 stammen würden. Sie würden darstellen, dass Flüchtlinge und Sunniten, die den Häschern des IS entronnen sind, von unkontrollierbaren schiitischen Milizen wahllos gefoltert und sogar getötet werden. Die Videos würden "überwiegend aus Bagdad stammen und die Gefahr belegen, der Sunniten im ganzen Land ausgesetzt sind". Die willkürlichen Tötungen durch Milizen auf offener Straße würden auch in den übermittelten Videos dargestellt.

Die übermittelten Videos beinhalten nicht die von der bP geschilderten persönlichen Erlebnisse. Sie vermögen diese damit nicht zu belegen.

Im Wesentlichen stellen sie, so der Rechtsfreund, die allgemeine Lage 2014 - 2018 dar. Dies jedoch fragmentarisch bzw. auszugsweise und keinen Überblick gebend über die aktuelle Lage. Soweit sie in dieser Zeit sicherheitsrelevante Probleme aufzeigen, so sind diese unstreitig und ergibt sich dies auch aus dem amtswegig in das Verfahren eingeführten Quellen. Dass es derartige Vorfälle, wie die bP schilderte, an sich gab oder vereinzelt auch aktuell geben kann, ist angesichts der Lage im Irak durchaus im Bereich des Möglichen.

Jedoch ist, wie sich aus den gerichtlichen Feststellungen ergibt, aktuell keinesfalls davon zu sprechen, dass im Irak und konkret Bagdad quasi jeder Sunnit einer Verfolgung durch schiitische Milizen ausgesetzt wäre. Dazu vermochte die bP auch keine aktuellen Berichtsquellen beschaffen. Aus ihren Aussagen ergibt sich auch, dass nach wie vor Familienangehörige, Verwandte und Clanangehörige in Bagdad leben, was auch gegen eine Gruppenverfolgung von Sunniten spricht.

Mit der (teilweisen) Beantwortung der Fragen zu den einzelnen Videos stellt der Rechtsfreund nach der Verhandlung nachfolgende Beweisanträge:

"Zum Beweis dafür,

- dass ihm aufgrund der Gründung eines Vereines, der Flüchtlinge unterstützte, und

aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Sunniten, asylrechtlich relevanter Verfolgung

aus politischen Gründen, Angehörigkeit zu einer Religion und Zugehörigkeit zu einer

bestimmten sozialen Gruppe droht,

- sein Leben und seine Gesundheit im Irak bedroht ist, ihm insbesondere die gravierende

Verletzung eines Menschenrechtes, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung

droht,

- sein Leben, seine Sicherheit und seine Freiheit infolge willkürlicher Gewalt aufgrund

eines bewaffneten Konfliktes und systematischer und allgemeiner Menschenrechtsverletzungen

droht,

- dass der Beschwerdeführer aufgrund der von ihm geschilderten Umstände den Irak

verlassen musste [wird beantragt]

1. die Bestellung eines länderkundigen Sachverständigen,

2. den Vater XXXX , die beiden Schwestern XXXX und XXXX und den Schwager

des Beschwerdeführers zum gesamten Fluchtvorbringen und zur nach wie vor aufrechten Suche der schiitischen Milizen nach dem Beschwerdeführer im Weg der zuständigen

österreichischen Berufsvertretungsbehörde als Zeugen zu vernehmen;

3. im Wege der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde, eines Vertrauensanwaltes, Accord oder einer anderen Organisation entsprechende Erhebung vor Ort durchzuführen, insbesondere zu den guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers vor der Ausreise, die Gründung des angegeben Vereins und die Verfolgung

durch schiitische Milizen."

Zu den gestellten Beweisanträgen:

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfen Beweisanträge dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, wenn es auf sie nicht ankommt oder wenn das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (vgl VwGH vom 27. Februar 2003, Zl 2002/20/0492; VwGH 24. 4. 2003, 2000/20/0231). Aus sachlicher Sicht setzt ein Beweisantrag voraus, dass er "prozessual ordnungsgemäß" gestellt wird, denn nur dann ist er als solcher beachtlich. Entscheidend für einen Beweisantrag ist vor allem die Angabe des Beweismittels und des Beweisthema, also der Punkt und Tatsachen, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich ist ein Beweisantrag jedoch in der Folge nur dann, wenn Beweisthema eine Tatsachen ist, deren Klärung, wenn diese schon nicht selbst erheblich (sachverhaltserheblich) ist, zumindest mittelbar beitragen kann Klarheit über eine erhebliche (sachverhaltserhebliche) Tatsache zu gewinnen (Hinweis, Stoll, BAO-Handbuch, 1891). Beweise bei einem nur unbestimmten Vorbringen müssen nicht aufgenommen werden (Hinweis VwGH 20.1.1988, 87/13/0022, 0023; VwGH 24.01.1996, 94/13/0125); Thienel Verwaltungsverfahrensrecht, 3. Auflage, S 174)

Es liegt im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn sich die Verwaltungsbehörde/das BVwG auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltsmomente machen konnte (VwGH 17.01.1991, 90/09/0148; vgl auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 65 zu § 52 AVG, mit weiterführenden Hinweisen auf die Judikatur).

Die bP beantragt im Wesentlichen zum Beweis der Glaubhaftmachung ihrer behaupteten ausreisekausal dargelegten Geschehnisse und die daraus resultierende Bedrohung nach der Verhandlung die Beiziehung eines länderkundigen Sachverständigen.

Das BVwG hat im Rahmen der Beweiswürdigung klar aufgezeigt, dass es sich aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen bereits ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltsmomente machen konnte. Es konnte daher die Beiziehung eines solchen entfallen. Ob die von ihr dargelegten Erlebnisse glaubhaft sind, ist zudem die Aufgabe des Gerichtes dies zu beurteilen.

Die bP beantragt weiters, den Vater, die beiden Schwestern und den Schwager des Beschwerdeführer zum gesamten Fluchtvorbringen und zur nach wie vor aufrechten Suche der schiitischen Milizen nach dem Beschwerdeführer im Weg der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde als Zeugen zu vernehmen.

Die Ermittlungspflichten nach § 18 AsylG 2005 stehen in einem Spannungsverhältnis zu den Möglichkeiten, die den Behörden im Asylverfahren tatsächlich und rechtlich zur Verfügung stehen. Auf die Kooperation mit den Behörden des Herkunftsstaates kann nicht zurückgegriffen werden, handelt es sich dabei doch regelmäßig um jenen Staat, von dem der Asylwerber behauptet, verfolgt zu werden und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen will. Das Gesetz erlaubt es daher grundsätzlich auch nicht, personenbezogene Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat zu übermitteln (vgl. § 33 Abs. 4 BFA-VG 2014; zu den Ausnahmen vgl. § 33 Abs. 5 BFA-VG 2014). Dieser dem Datenschutz dienenden Bestimmung liegt erkennbar der Gedanke zugrunde, dass der potentielle Verfolgerstaat über das Schutzansuchen des Betroffenen nicht informiert werden soll, und zwar nicht zuletzt deshalb, um eine Gefährdung von im Herkunftsstaat verbliebenen Personen, die dem Asylwerber nahestehen oder mit seiner Flucht in Zusammenhang gebracht werden können, zu verhindern. Der VwGH hat dementsprechend erkannt, dass es den Asylbehörden nicht frei steht, sich durch fallbezogene Anfragen an Behörden des Heimatstaates vom Wahrheitsgehalt der Behauptungen des Asylwerbers zu überzeugen (vgl. etwa VwGH vom 10. Juni 1987, 86/01/0277, vom 30. September 1987, 87/01/0165, vom 24. Jänner 1990, 89/01/0446, und vom 27. Jänner 2000, 99/20/0488). Die Asylbehörden haben daher allgemein im Auge zu behalten, dass die von ihnen gesetzten Ermittlungsschritte das soeben angesprochene Ziel nicht konterkarieren. Ermittlungen, die unter diesem Blickwinkel dem Asylwerber schaden oder die Gefahr von Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens für andere im Herkunftsstaat verbliebene Personen mit sich bringen können, sind daher als ungeeignet und nicht zweckdienlich im Sinn von § 46 AVG anzusehen und aus diesem Grund zu unterlassen.

Eigenen hoheitlichen Ermittlungen der Asylbehörden im Herkunftsstaat des Asylwerbers stehen allgemeine Prinzipien des Völkerrechts entgegen. Danach sind Staaten grundsätzlich verpflichtet, in fremden Hoheitsräumen keine Amtshandlungen ohne Genehmigung des Territorialstaates vorzunehmen. Dieser Grundsatz wird meist streng gehandhabt und gestattet nicht einmal eine hoheitliche Tätigkeit, die keine unmittelbare Auswirkung im Territorialstaat hat, z.B. polizeiliche Erhebungen oder amtliche Vorladungen. Ermittlungen, die diesen Prinzipien widersprechen, sind von den Ermittlungspflichten des § 18 AsylG 2005 daher nicht umfasst und den Asylbehörden auch nicht erlaubt.

Erkundigungen im Herkunftsstaat unter Einschaltung von Privatpersonen sind nicht in jedem Fall "erforderlich" im Sinne des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005. Sie müssen insbesondere dann nicht in Erwägung gezogen werden, wenn die sonst vorhandenen Beweismittel den Sachverhalt als geklärt erkennen lassen oder dieses Beweismittel nach Lage des einzelnen Falles nicht zweckdienlich ist (§ 46 AVG). Diese Beurteilung obliegt der ermittelnden Behörde. Sie hat bei ihrer Entscheidung insbesondere zu berücksichtigen, ob Vertrauenspersonen im Herkunftsstaat tatsächlich zur Verfügung stehen, die bereit sind, die gewünschten Erkundigungen einzuholen, und ob dadurch weder sie noch andere Personen im Herkunftsstaat der Gefahr von Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens ausgesetzt sein können. (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100)

Gegenständlich ist es somit für das BVwG unzulässig die von der bP angeführten Personen im Irak als Zeuge einzuvernehmen. Anzumerken ist, dass selbst bei Zulässigkeit dieser Antrag auch keine aktuelle konkrete Wohn- bzw. Zustelladresse enthält, was eine Ladung angesichts einer Großstadt mit rd. 8.4 Millionen Einwohnern auch schwierig gestalten würde.

Abgesehen davon, kann sich das BVwG schon aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen ein hinreichendes und umfassendes Bild verschaffen, weshalb es auf diesen Beweis nicht ankommt. Was die entscheidungsrelevante Sicherheitslage betrifft hat das BVwG die Einschätzung des Gerichtes der bP in der Verhandlung erörtert und auch, unter Beifügung der für diese Beurteilung maßgeblichen Berichtslage, zur schriftlichen Stellungnahme eingeladen. Bei beiden Gelegenheiten wurde dieser insbesondere nicht durch zumindest gleich aktuelle Berichte entgegnet und damit der Schlussfolgerung nicht konkret begegnet bzw. als nicht richtig dargestellt.

Abgesehen davon, ist der im Asylverfahren relevante Begriff der "Glaubhaftmachung" im Sinne des § 274 ZPO zu verstehen. Demnach kommen nur "parate Bescheinigungsmittel" in Frage (Hinweis OGH 23.3.1999, Zl. 4 Ob 26/99y, = ÖBl 1999, 240, sowie OGH 23.9.1997, Zl. 4 Ob 251/97h, = ÖBl 1998, 225, aber auch Erk. d. VwGH vom 25.6.2003, 2000/04/0092). Eine Glaubhaftmachung, die sich nicht sofort ausführen lässt, eignet sich nicht zum Zwecke der Geltendmachung der im Verfahren geforderten Glaubhaftmachung (Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 18 zu § 47). Dies ist je nach den Umständen des konkreten Falles zu bemessen. Im konkreten Fall bedeutet dies, dass es sich hier um ein nicht parates Bescheinigungsmittel handeln würde, welches sich zum Zwecke der Geltendmachung der Glaubhaftmachung nicht eignet.

Angemerkt wird dazu auch, dass die bP bereits seit Jänner 2016 weiß, dass ihr das Fluchtvorbringen auf Basis ihres bisherigen Vorbringens und der bis dahin vorgelegten Bescheinigungsmittel nicht geglaubt wurde, sie jedoch erst rund 3 Jahre danach, und hier erst nach der Verhandlung, diese Beweisanträge stellt, anstatt selbst im Rahmen ihrer Verfahrensförderungs- und Mitwirkungsverpflichtung die 3 Jahre zuvor zur Aufhellung von Umständen beizutragen, die zudem überwiegend in ihrer persönlichen Sphäre liegen.

Die bP beantragt weiters, im Wege der zuständigen österreichischen Berufsvertretungsbehörde, eines Vertrauensanwaltes, Accord oder einer anderen Organisation entsprechende Erhebung vor Ort durchzuführen, insbesondere zu den guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers vor der Ausreise, die Gründung des angegeben Vereins und die Verfolgung durch schiitische Milizen.

Auch hierzu gelten die obigen Ausführungen. Das BVwG konnte sich bereits durch die bisherigen Ermittlungsergebnisse ein umfassendes und hinreichendes Bild machen, weshalb es auf diesen Beweis nicht ankommt. Die österreichischen Asylinstanzen verfügen im Irak aktuell auch über keine "Ermittlungspersonen" und ist dort derzeit auch keine österreichische Botschaft besetzt.

Soweit die bP durch diese beantragten Ermittlungen erst in die Lage versetzt werden soll ein umfassendes und substantiiertes Vorbringen zu erstatten, ist dazu Folgendes anzuführen:

Dabei würde es sich um einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis handeln.

Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im Asylverfahren - unzulässig (vgl. zB VwGH 15.1.2009, 2007/01/0443, 30.9.1997, 96/01/0794, 20.6.1996, 95/19/0064).

Daher ist die Behörde / das Bundesverwaltungsgericht einerseits nicht gem. §§ 37 iVm 39 Abs 2 AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet. (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu § 46 mwN).

Resümierend vermag die bP, unter Berücksichtigung aller Umstände und von ihr vorgelegter Bescheinigungsmittel, die von ihr dargelegten persönlichen Erlebnisse dergestalt nicht glaubhaft machen, weshalb sich daraus resultierend auch keine glaubhafte Gefährdung im Falle einer aktuellen Rückkehr ergibt.

Wie sich aus den Feststellungen zum Herkunftsstaat ergibt, ist auch aus der allgemeinen Lage in Bagdad zur aktuellen Zeit keine asylrelevante Verfolgung oder sonstige Gefährdung wahrscheinlich bzw. über die bloße Möglichkeit hinaus gehend zu erwarten.

Ad 1.1.8. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Das BVwG hat durch die zitierten Quellen - unter Wahrung des Parteiengehörs - Beweis erhoben und hat auch eine darauf basierende (vorläufige) Lageeinschätzung, welche im Wesentlichen mit der hier im Erkenntnis dargestellten Lage übereinstimmt, der bP in der Verhandlung dargelegt und zur Äußerung aufgefordert. Sie machte dabei nur allgemeine Ausführungen und wiederholte ihr bisheriges Gefährdungsvorbringen.

In der schriftlichen Stellungnahme werden die Videodateien vorgelegt die - so der Rechtsfreund - Ereignisse die Jahre 2014 bis 2018 belegen und wurde oa. Beweisanträge auf weitere Ermittlungen gestellt.

Das Gericht hat bei der Lagebeurteilung besonderen Wert auf Erkenntnisquellen gelegt, aus denen sich Erkenntnisse über die derzeitige asyl- und abschiebungsrelevanten Lage gewinnen lassen. Beim Irak handelt es sich um ein Land mit sehr dichter Berichtslage. Vor allem zahlreiche nationale und internationale Medien sind vor Ort und berichten auch in Onlineformaten vor allem zeitnah selbst über kleinere sicherheitsrelevante Vorfälle, die sich medial im Internet oft in mehrfacher Weise wiederfinden. Dem gegenüber enthalten andere Berichte, wie etwa jene von Organisationen oder Personen, die sich etwa vom Organisationszweck her dem Schutz von Menschenrechten verschrieben haben, idR Ereignisse, die schon länger zurückliegen, was zuweilen mit deren periodischem Erscheinen in Zusammenhang steht.

Das BVwG hat zur Erkundung aktuellster Geschehnisse zur Lageeinschätzung in Bagdad somit auch über die Suchmaschine "Google" eine zeitraumbezogene Vorfallsrecherche durchgeführt. Eine Art der Recherche die auch regelmäßig von der Staatendokumentation zur Auffindung relevanter Ereignisse für eine Analyse herangezogen wird (zB ersichtlich in der Anfragebeantwortung zur "Chronologischen Auflistung sicherheitsrelevanter Vorfälle von Oktober 2018 bis Jänner 2019 mit Sunniten als Opfer") und den Kriterien des Beirates entspricht. Gerade aus dieser und der Anfragebeantwortung zur "Chronologischen Auflistung sicherheitsrelevanter Vorfälle von Oktober 2018 bis Jänner 2019 mit Sunniten als Opfer" ergibt sich vor allem eine Beruhigung der Sicherheitslage in Bagdad, die auch mit der Schilderung der deutschen Journalistin über ihr Leben und ihre Erfahrungen in Bagdad übereinstimmt. Eine Gruppenverfolgung von Sunniten oder wie es eine Stellungnahme ausführt eine "unkontrollierbare wahllose Folterung und Tötung von Sunniten durch schiitische Milizen" lässt sich aktuell auf Basis dieser Quellen nicht nachvollziehen und wurde auch seitens der bP nicht durch aktuelle Quellen belegt. Hinsichtlich des Länderinformationsblattes ist anzuführen, dass dies insbesondere zur Erkenntnisgewinnung über mögliche Problemlagen dient, jedoch hinsichtlich der Aktualität der darin widergegebenen Geschehnisse es sich auf ältere Vorfälle beruft und somit kein Spiegelbild der aktuellen Lage darstellt.

Eine systematische Verfolgung von Sunniten, konkret in Bagdad, verneinend auch der VwGH, zB in Ra 2018/14/0354-11 vom 30. April 2019; vgl. auch uva. BVwG v. 07.03.2019, L504 2120407-1 [ein Sunnit namens Omar mit wiederholten Reisen und längeren Aufenthalten (2016-2019) im Irak, vor allem Bagdad, während des laufenden Beschwerdefahrens]).

Soweit die bP in einer Stellungnahme auf die aktuelle "Reisewarnung" des BMEIA hinweist, worin österreichische Staatsbürger vor Reisen in den Irak gewarnt wird, so ist diese Warnung quasi ein Ausfluss aus der "Fürsorgepflicht" des österr. Staates für seine Staatsbürger. Bei diesen Reisenden handelt es sich idR zudem um Personen die die irakischen Verhältnisse nicht bzw. nicht wie die dort ansässige Bevölkerung, immerhin rd. 40 Millionen Einwohner, darunter ca. 6.4 - 8,5 Millionen Sunniten, kennen.

Dass die allgemeinen Sicherheitslage nicht mit jener von Österreich vergleichbar ist, ist unstreitig, jedoch vermag diese Reisewarnung nicht die gerichtliche Beweiswürdigung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu erschüttern.

3. Rechtliche Beurteilung

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigte/r

§ 3 AsylG

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

Gemäß § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

Nach Ansicht des BVwG sind die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Wie sich aus den Erwägungen ergibt, ist es der bP nicht gelungen eine solche aus ihrer dargelegten Ausreisemotivation und Rückkehrbefürchtung glaubhaft zu machen.

Auch die allgemeine Lage ist im Herkunftsstaat, konkret in Bagdad, nicht dergestalt, dass sich für die beschwerdeführende Partei eine begründete Furcht vor einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung ergeben würde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nichtzuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigte/r

§ 8 AsylG

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

(5) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.

(6) Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.

(7) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten erlischt, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. (2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt: a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen; b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern; c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Zur Auslegung von Art 3 EMRK wird auf die in BVwG v. 11.10.2018, L504 2135461-2 mwN dargestellten Ausführungen verwiesen.

Aus jüngster Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwN) ergeben sich für die Auslegung von § 8 AsylG folgende Leitlinien:

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH hat ein Drittstaatsangehöriger "nur dann Anspruch auf subsidiären Schutz ..., wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass er bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der Richtlinie definierten Arten eines ernsthaften Schadens zu erleiden" (vgl. zuletzt EuGH 24.4.2018, C-353/16 , MP, Rn. 28, mwN).

Artikel 15 der RICHTLINIE 2011/95/EU lautet:

VORAUSSETZUNGEN FÜR SUBSIDIÄREN SCHUTZ

Ernsthafter Schaden

Als ernsthafter Schaden gilt

a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder

b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder

c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Der EuGH hat im Urteil vom 18.12.2014, C-542/13 , M¿Bodj, klargestellt, dass der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 MRK nicht abgeschoben werden kann, nicht bedeutet, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt nach dieser Auslegung durch den EuGH dagegen, dass

der ernsthafte Schaden "durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht" werden muss und dieser "nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland" ist.

Zur letztgenannten Voraussetzung (lit. c) des Art 15 der Statusrichtlinie (bewaffneter Konflikt) hat der EuGH bereits festgehalten, dass das "Vorliegen einer solchen Bedrohung ... ausnahmsweise als gegeben angesehen werden" kann, "wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt (...) ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region ‚allein durch ihre Anwesenheit' im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein" (vgl. EuGH 17.2.2009, C-465/07 , Elgafaji, Rn. 35). Auch wenn der EuGH in dieser Rechtsprechung davon spricht, dass es sich hiebei um "eine Schadensgefahr allgemeinerer Art" handelt (Rn. 33), so betont er den "Ausnahmecharakter einer solchen Situation" (Rn. 38), "die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die fragliche Person dieser Gefahr individuell ausgesetzt wäre" (Rn. 37). Diesen Ausnahmecharakter betonte der EuGH in seiner jüngeren Rechtsprechung, Urteil vom 30. Jänner 2014, C-285/12 , Diakite, Rn.

30.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 18.12.2014, M'Bodj, C- 542/13 ) widerspricht es der Statusrichtlinie und ist es unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 MRK gestützt sind.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Im gegenständlichen Fall ist es der beschwerdeführenden Partei nicht gelungen ihre vorgebrachte individuelle Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr im dargestellten Ausmaß glaubhaft zu machen, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

Die beschwerdeführende Partei hat im Verfahren keine relevante Erkrankungen dargelegt, weshalb sich daraus kein Rückkehrhindernis ergibt.

Unter Berücksichtigung der individuellen Situation der beschwerdeführenden Partei ist festzuhalten, dass hinsichtlich der Lebensbedingungen in ihrem Herkunftsstaat, konkret in Bagdad, von einer lebensbedrohenden Notlage, welche bei einer Rückkehr die reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung iSd Art 3 EMRK indizieren würde, aus Sicht des BVwG nicht gesprochen werden kann. Dies wurde von der bP weder konkret dargelegt noch kann dies amtswegig festgestellt werden.

Bei der bP handelt es sich um einen gesunden, arbeitswilligen, gut ausgebildeten und erwerbsfähigen Mann der in Bagdad aufgewachsen ist und dort auch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.

Es wäre der beschwerdeführenden Partei zumutbar, durch eigene und notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandte, sonstige ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen - erforderlichenfalls unter Anbietung ihrer gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer 'Schatten- oder Nischenwirtschaft' stattfinden. Auf kriminelle Aktivitäten wird hiermit nicht verwiesen.

Ergänzend ist anzuführen, dass auch eine Rückkehrhilfe (über diese wird im erstinstanzlichen Verfahren schon informiert) als Startkapital für die Fortsetzung des bisherigen Lebens in gewährt werden kann. Im Rahmen der Rückkehrhilfe wird dabei der Neubeginn zu Hause unterstützt, Kontakt zu Hilfsorganisationen im Heimatland vermittelt, finanzielle Unterstützung geleistet und beim Zugang zu Wohn-, Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geholfen.

Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es derzeit durch die Rückführung der beschwerdeführenden Partei in den Herkunftsstaat, konkret nach Bagdad, zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Es kam im Verfahren nicht hervor, dass konkret für die beschwerdeführende Partei im Falle einer Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein.

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Status als subsidiär Schutzberechtigter zu gewähren.

Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen / Rückkehrentscheidung

§ 10 AsylG Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

(1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG

Gegenständlich wurde der Antrag auf internationalen Schutz gem. § 10 Abs 1 Z 3 AsylG sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

Zu prüfen ist nunmehr gem. Abs 2 leg cit von Amts wegen, ob der bP ein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG zukommt

§ 57 AsylG Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

Die bP hat keine Umstände dargelegt, wonach die Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG gegeben wären.

Das BFA hat von Amts wegen über § 55 AsylG abgesprochen. Auf Grund des § 58 Abs 2 AsylG ist § 55 AsylG [Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK] von Amts wegen nur zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

Wie sich aus den Ausführungen ergibt, wurde die Rückkehrentscheidung schon vom BFA mangels unzul. Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben nicht auf Dauer als unzulässig erklärt, weshalb auch die amtswegige Prüfung eines Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG unzulässig war. Es war daher der Spruch insoweit abzuändern.

Da sich die bP nach Abschluss des Verfahrens nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG [Zurückweisung, Transitsicherung, Zurückschiebung und Durchbeförderung] fällt und ihr auch amtswegig kein Aufenthaltstitel gem. § 57 AsylG zu erteilen war, ist diese Entscheidung gem. § 10 Abs 2 AsylG mit einer Rückkehrentscheidung gem. dem 8. Hauptstück des FPG [Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde] zu verbinden.

Die bP ist Staatsangehörige des Irak und keine begünstigte Drittstaatsangehörige. Es kommt ihr auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Daher ist gegenständlich gem. § 52 Abs 2 FPG die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu prüfen.

Rückkehrentscheidung

Das Bundesamt hat gegenständlich entschieden, dass zur Erreichung von in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Interessen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung dringend geboten ist.

In der Beschwerde wird dagegen im Wesentlichen eingewandt, dass die bP sehr gut integriert ist und zudem aktuell eine Lehre absolviert.

Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme:

§ 9 BFA-VG

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist."

Für die Beurteilung, ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Art 8 EMRK vorliegt, wird auf die im Erkenntnis des BVwG v. 16.01.2019, L504 1314867-3, dargestellte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen.

Auf Grund der Ermittlungsergebnisse, siehe 1.6., ergibt sich das Vorhandensein eines relevanten Privatlebens iSd Art 8 EMRK.

Da die Rückkehrentscheidung somit einen Eingriff in das Recht auf Privatleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen an einem Verbleib mit den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendung, somit, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Art 8 Abs 2 EMRK legitime Ziele, nämlich

* die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist;

* die Verteidigung der Ordnung und Verhinderung von strafbaren Handlungen.

Unter Zugrundelegung der Abwägungskriterien und der Ermittlungsergebnisse (einschließlich der Beschwerdeangaben) ergibt sich Folgendes:

Für die bP spricht, die Feststellungen zusammengefasst, im Wesentlichen, dass sie seit Juni 2015 im Bundesgebiet ist und sich bemühte die deutsche Sprache zu erlernen und in die Gesellschaft zu integrieren. Letzteres ergibt sich insbesondere durch sog. Empfehlungsschreiben seitens Dritter. Die bP spricht nachgewiesenermaßen Deutsch auf einem Niveau A2 gem. den GER für Sprachen. Sie absolviert derzeit eine Lehre in einem metallverarbeitenden Lehrberuf und ist seither nicht mehr auf die staatliche Grundversorgung angewiesen.

Gegen die bP spricht, dass sie sich zur Begründung dieses Antrages in weiten Teilen auf falsche Angaben stützte und, trotz wiederholter Belehrung, ihre Mitwirkungsverpflichtung im Verfahren verletzte. Sie ist nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Dieses gegen die öffentliche Ordnung, konkret die geregelte Zuwanderung von Fremden, widersprechende Verhalten stellt auf Grund der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz gem. §§ 120 Abs 1 iVm Abs 7, 31 FPG auch eine Verwaltungsübertretung dar, die von der Landespolizeidirektion als Strafbehörde zu ahnden ist.

Sie konsumierte bereits zum Zeitpunkt der Einreise im Jahr 2015 und folglich über einen langen Zeitraum bis 2017 illegal Suchtmittel und förderte durch den steten und wiederholten Ankauf die Suchtgiftkriminalität in Österreich. Auch wenn dieses Verhalten aus strafrechtlicher Sicht zu keiner Verurteilung, sondern einer vorläufigen Zurücklegung der Strafverfolgung führte, ist dieses Verhalten eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechtes zu beurteilen. (vgl. zB. VwGH vom 11. Mai 2009, Zl. 2009/18/0131, mwN). Es kam nicht hervor, dass sich die bP der Illegalität des Verhaltens nicht bewusst gewesen wäre und musste ihr dabei zumindest latent bewusst sein, dass bei Bekanntwerden sich dies nachteilig für ihren weiteren Aufenthalt auswirken kann. Dessen ungeachtet wählte sie weiter den Weg gegen österreichische Strafgesetze, konkret das Suchtmittelgesetz, zu verstoßen.

Anerkannt ist, dass die Suchtmittelkriminalität besonders wiederholungsgeneigt ist und dadurch eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Die Zeit des Wohlverhaltens der bP ist angesichts des jahrelangen illegalen Konsums von Suchtmitteln, der damit einhergehenden Förderung der Suchtmittelkriminalität, und dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens noch zu kurz, um hier eine relevante positive Prognose aus hier maßgeblicher fremdenrechtlicher Sicht stellen zu können.

Im Rahmen der Abwägung ist einleitend anzumerken, dass es im Sinne des § 9 Abs 2 Z 8 BFA-VG grds. maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich (spätestens nach Abweisung seines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz durch das Bundesamt) die bP ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 10.04.2017, Ra 2016/01/0175). Daran kann auch eine allenfalls lange Dauer eines Rechtsmittelverfahrens, mag den Fremden daran auch kein Verschulden treffen, nichts ändern (VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034).

Es kam nicht hervor, dass sich die bP im Irak nicht auch wieder eine Existenzgrundlage verschaffen kann. Abgesehen davon, hätte sie auf Grund gegebener Faktenlage allfällige Schwierigkeiten hinzunehmen.

Dem Umstand, dass die bP eine Lehre absolviert, kommt bei dieser rechtlichen Beurteilung jedoch - auch ohne Berücksichtigung des sehr mäßigen Erfolges, wenn man die Berufsschulergebnisse betrachtet - keine entscheidende Bedeutung zu, was der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes (zB. 28.02.2019, Ro 2019/01/0003 mwN) und der Intention des Gesetzgebers entspricht. Es handelt sich hier nur um ein befristetes Ausbildungsverhältnis. Dieses begründet kein gewichtiges Interesse an einem (weiteren) Aufenthalt in Österreich. Diesbezüglich wird auf § 14 Abs. 2 lit. f Berufsausbildungsgesetz hingewiesen, wo normiert ist, dass ein Lehrverhältnis mit einem negativen rechtskräftigen Bescheid im Asylverfahren ex lege endet. Mit dieser außerordentlichen Beendigung des Lehrvertrages infolge einer Beendigung des Asylverfahrens lässt der Gesetzgeber des Berufsausbildungsgesetzes klar erkennen, dass das Eingehen eines Lehrvertrages keine Ausbildungsgarantie bis zum Ende des Lehrvertrages darstellt. Es kann zudem davon ausgegangen werden, dass das Berufsausbildungsgesetz jenen Unternehmen, die Fremde im laufenden Asylverfahren und damit unsicherem Aufenthaltsstatus als Lehrlinge unter Vertrag nehmen, hinreichend bekannt ist und sie sich dieser Tatsache und des damit verbundenen (auch allfälligen wirtschaftlichen) Risikos bei Abschluss eines Lehrvertrages mit diesen somit bewusst sind. Im gegenständlichen Fall wurde der Lehrvertrag nach erstinstanzlicher Entscheidung abgeschlossen war somit allen Beteiligen bekannt, dass keine begründete Aussicht auf einen gesicherten Verbleib im Bundesgebiet besteht, sondern ungewiss ist.

Die Umstände, dass der Fremde einen großen Freundes- und Bekanntenkreis hat und er der deutschen Sprache mächtig ist, können seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet hier nicht maßgeblich verstärken (vgl. VwGH 26.11.2009, 2007/18/0311; 29.6.2010, 2010/18/0226).

Zudem muss die privaten Anknüpfungspunkte sehr relativierend berücksichtigt werden, dass diese ausschließlich in einer Zeit erlangt wurden, als der Aufenthalt auf Grund des bloß vorläufigen Aufenthaltsrechtes prekär war.

Die bP befindet sich im Verhältnis zu ihrem Alter erst sehr kurze Zeit im Bundesgebiet. Sie wurde im Irak sozialisiert und hat dort bei weitem ihr überwiegendes Leben verbracht. Sie verfügt dort - im Gegensatz zu Österreich - auch über Familienangehörige. Von einer Entwurzelung kann daher nicht gesprochen werden.

Ein behördliches Verschulden, welche die zeitliche Komponente dermaßen in den Vordergrund treten lassen würde, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung unzulässig sei, kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden und wurde von der bP auch nicht konkret vorgebracht (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vgl. auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Art. 8 EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Bestandteil einer gelungenen Integration ist zudem ua., dass sich die asylwerbende Person auch im Asylverfahren im Wesentlichen regelkonform verhält, worüber sie überdies ausdrücklich zu Beginn und im Laufe des Verfahrens belehrt wird. Das Verhalten im Asylverfahren, also konkret vor den staatlichen Behörden des Aufnahmestaates in dem sie behauptet Schutz vor Verfolgung zu benötigen, kann somit bei einer Bewertung der Integration in Österreich nicht ausgeblendet werden. Auf Grund von nicht wahrheitsgemäßen Angaben führt dies gegenständlich zu einer Minderung der privaten Interessen der beschwerdeführenden Partei und zu einer Stärkung der genannten öffentlichen Interessen.

Zu bedenken ist auch, dass der beschwerdeführenden Partei spätestens seit der negativen erstinstanzlichen Entscheidung bewusst sein musste, dass sie mit ihren Täuschungen im Asylverfahren keine begründete Aussicht auf Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltes über das Asylverfahren erlangen konnte. Die wesentlichen privaten Anknüpfungspunkte wurden danach begründet und erst durch die Ergreifung eines Rechtsmittels und damit eine Verlängerung des vorläufigen Aufenthaltsrechtes ermöglicht.

Auch eine langjährige Abwesenheit vom Herkunftsstaat, unter schwierigen äußeren Verhältnissen, die bei einer Rückkehr einer Gefährdung der Existenzgrundlage nahe kommen könnte, vermag dieser Umstand, angesichts ihres Verhaltens (missbräuchlich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, um unter Umgehung der fremdenrechtlichen Vorschriften ihren Aufenthalt in Österreich "quasi zu erzwingen") der Erlassung einer Rückkehrentscheidung für sich betrachtet noch nicht im Wege stehen (VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0119)

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und unter Einbeziehung der oa. Judikatur der Höchstgerichte ist gegenständlich ein überwiegendes öffentliches Interesse - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, konkret das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung und Stärkung der Einwanderungskontrolle sowie zur Verhinderung von strafbaren Handlungen insbesondere in Bezug auf den verwaltungsstrafrechtlich pönalisierten, nicht rechtmäßigen Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet sowie der Förderung der Suchtmittelkriminalität, an der Aufenthaltsbeendigung der beschwerdeführenden Partei festzustellen, dass ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiegt. Die Rückkehrentscheidung ist daher als notwendig und nicht unverhältnismäßig zu erachten.

Die persönlichen Bindungen in Österreich lassen keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK erkennen, die es der beschwerdeführenden Partei schlichtweg unzumutbar machen würde, auch nur für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Aufenthalts- bzw. Niederlassungsverfahrens in ihr Heimatland zurückzukehren (vgl. zB. VwGH 25.02.2010, 2008/18/0332; 25.02.2010, 2008/18/0411; 25.02.2010, 2010/18/0016; 21.01.2010, 2009/18/0258; 21.01.2010, 2009/18/0503; 13.04.2010, 2010/18/0087; 30.04.2010, 2010/18/0111; 30.08.2011, 2009/21/0015), wobei bei der Rückkehrentscheidung mangels gesetzlicher Anordnung hier nicht auf das mögliche Ergebnis eines nach einem anderen Gesetz durchzuführenden (Einreise- bzw. Aufenthalts)Verfahrens Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 18.9.1995, 94/18/0376).

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privatleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass einwanderungswillige Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Asylantragstellung, allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet, in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen und in rechtskonformer Art und Weise vom Ausland aus ihren Antrag auf Erteilung eines Einreise- bzw. Aufenthaltstitels stellen, sowie die Entscheidung auch dort abwarten, letztlich schlechter gestellt wären, als jene Fremde, welche, einer geordneten Zuwanderung widersprechend, genau zu diesen verpönten Mitteln greifen, um ohne jeden sonstigen anerkannten Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich zu erzwingen bzw. zu legalisieren. Dies würde in letzter Konsequenz wohl zu einer unsachlichen Differenzierung der einwanderungswilligen Fremden untereinander führen (vgl. Estoppel-Prinzip bzw. auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007) und würde angesichts der Publizitätswirksamkeit der Asylentscheidungen wohl den Nachzieheffekt für andere einwanderungswillige Fremde in Richtung nicht rechtmäßiger Zuwanderung in Verbindung mit rechtsmißbräuchlicher Asylantragstellung verstärken.

Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung.

Zulässigkeit der Abschiebung

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

§ 50 FPG Verbot der Abschiebung

(1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Die Zulässigkeit der Abschiebung der bP in ihren Herkunftsstaat ist gem. § 46 FPG gegeben, da nach den gegenständlichen, die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würden.

Frist für freiwillige Ausreise

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

§ 55 FPG Frist für die freiwillige Ausreise

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Das Bundesamt hat die Frist für die freiwillige Ausreise gegenständlich iSd § 55 Abs 2 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides festgelegt. In der Beschwerde wurde dem nicht konkret entgegengetreten. Insbesondere wurden keine besonderen Umstände dargelegt, wonach eine längere Frist erforderlich wäre.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Auf Grund der gegebenen Deutschkenntnisse konnte eine Übersetzung von Spruch und Rechtsmittelbelehrung entfallen.

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