VwGH Ra 2015/19/0189

VwGHRa 2015/19/018910.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Mag. Eder und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, in der Rechtssache der Revision des M M H in W, vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Juni 2015, Zl. W211 1426955- 1/6E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005, (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §19 Abs1;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs9;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
ZPO §500;
AsylG 2005 §19 Abs1;
AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs9;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
ZPO §500;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

In der außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit derselben vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe seine Beweiswürdigung "unter anderem" auf Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der erstbehördlichen Niederschrift gestützt. Die Angaben im Rahmen der Erstbefragung würden aber keinen Rückschluss auf die Glaubwürdigkeit zulassen, sodass das Bundesverwaltungsgericht in diesem Punkt von der - näher bezeichneten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei. Weiters habe das Bundesverwaltungsgericht "unter anderem" aufgrund der Anspannung des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung auf seine Unglaubwürdigkeit geschlossen. Dabei könne die Befragungssituation an sich, die Sprachbarriere oder das enorme Gewicht, das dem Befragungsergebnis subjektiv zugemessen wird, Stress und Angespanntheit hervorrufen. Die vom Revisionswerber gezeigte Reaktion sei somit in keinerlei Weise außerhalb jeder Lebenserfahrung. Darüber hinaus sei eine Beurteilung der Adäquanz der Mimik oder Gestik eines Befragten durch das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung unzulässig. Dies gelte sogar für nach mitteleuropäischem Verständnis völlig unangemessene Reaktionen, denen keine Bedeutung beizumessen und die keiner Verwertung zugänglich seien.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG - hier nach dem Vorbringen: wegen Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - aufzuzeigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren soll. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen (vgl. den hg. Beschluss vom 24. Juni 2014, Ra 2014/19/0046, mwN). Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. September 2015, Ra 2015/19/0091 und 0092, mwN).

Es gelingt der Revision nicht darzulegen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leiden würde; insbesondere in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. dazu nochmals das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 2. September 2015).

Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt, der anhand der Protokolle der bisherigen Vernehmungen und des vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung gezeigten Verhaltens gewonnene Eindruck, der Revisionswerber habe ein asylrelevantes Vorbringen konstruiert, sei für sich allein für die Einschätzung, dass dem Vorbringen nicht gefolgt werden könne, nicht ausschlaggebend. Dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung nicht allein auf den vom Revisionswerber angeführten Umständen beruht, wird in der Revision letztlich selbst eingeräumt (arg.: "unter anderem"). Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass sich das Bundesverwaltungsgericht neben den von der Revision isoliert angeführten Argumenten auch mit dem vom Revisionswerber erstatteten Vorbringen im Einzelnen beweiswürdigend auseinandergesetzt hat. Entgegen der Revision kann auch nicht gesagt werden, das Bundesverwaltungsgericht hätte tragend auf Widersprüche in den Angaben des Revisionswerbers im Rahmen der Erstbefragung und späteren Vernehmungen abgestellt. Zudem ist es aber auch auf dem Boden des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 weder der Behörde noch dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt, im Rahmen beweiswürdigender Überlegungen Widersprüche und sonstige Ungereimtheiten in den Angaben in der Erstbefragung zu späteren Angaben - unter Abklärung und in der Begründung vorzunehmender Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind - einzubeziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0090, mwN). Wenn der Revisionswerber der Sache nach zur Zulässigkeit der Revision noch geltend macht, die vorliegenden Ermittlungsergebnisse seien so zu würdigen gewesen, dass sie zur Feststellung der Richtigkeit des Vorbringens führen hätten müssen, ist dem entgegenzuhalten, dass der - zur Rechtskontrolle berufene -

Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt ist, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. auch dazu das genannte Erkenntnis vom 2. September 2015, mwN).

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Wien, am 10. November 2015

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