OGH 1Ob570/95; 3Ob2202/96m; 6Ob18/98k (RS0080395)

OGH1Ob570/95; 3Ob2202/96m; 6Ob18/98k27.8.2024

Rechtssatz

Soweit die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen; anderes gilt dagegen für Sozialleistungen zur Deckung des Mehraufwandes für einen bestimmten Sonderbedarf, jedoch auch hier mit dem Ausschluss eines erhöhten Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen.

Normen

ABGB §94
ABGB §140 Ae
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §231 Abs1 Ae
ABGB idF KindNamRÄG 2013 §231 Abs3 Ae
ASVG §293
KBGG §42
UVG §7 Abs1
UVG §20 Abs1 Z4 litb

1 Ob 570/95OGH06.09.1995

Veröff: SZ 68/157

3 Ob 2202/96mOGH10.09.1996
6 Ob 18/98kOGH27.05.1998
5 Ob 10/99bOGH12.10.1999

Vgl auch; nur: Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen; anderes gilt dagegen für Sozialleistungen zur Deckung des Mehraufwandes für einen bestimmten Sonderbedarf. (T1)

1 Ob 76/99dOGH23.11.1999

nur: Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen. (T2)

6 Ob 89/01hOGH16.05.2001

Ähnlich; nur T2; Beisatz: Auch öffentlich-rechtliche Leistungen sind in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, wobei die in der Leistung liegende Zweckbestimmung allein noch nicht zu ihrem Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage führt. (T3)

1 Ob 108/01sOGH29.05.2001

Auch; Beis wie T3; Beisatz: Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwands für einen Sonderbedarf dienen oder nach den gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen des Unterhaltspflichtigen qualifiziert und bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs berücksichtigt, was etwa für die Ausgleichszulage, das Karenzurlaubsgeld, die Notstandshilfe oder auch für die Sozialhilfe nach verschiedenen Landesgesetzen gilt. (T4)

6 Ob 257/01iOGH29.11.2001

Beis wie T3; Beis wie T4; Beisatz: Wenn die Bedürfnisse eines Behinderten durch öffentlich-rechtliche Leistungen nach dem oö BehindertenG 1991 (Heimunterbringung; Vollverpflegung) gedeckt werden, hat er gegen seine unterhaltspflichtigen Eltern, die gegenüber dem Land eine Kostenbeitragspflicht trifft, keinen Unterhaltsanspruch. Es besteht kein Anspruch auf Doppelversorgung. (T5)

7 Ob 152/03hOGH30.06.2003

Auch; Beis wie T4; Beisatz: Die von einem unterhaltspflichtigen Pensionisten bezogene Ausgleichszulage ist als Einkommen des Unterhaltspflichtigen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. (T6)

6 Ob 237/03aOGH23.10.2003

Beisatz: Die öffentlich-rechtliche Leistung wird im Unterhaltsverfahren daher grundsätzlich als Einkommen behandelt, und zwar sowohl dann, wenn es um dasjenige des Unterhaltspflichtigen als auch, wenn es um das Einkommen des Unterhaltsberechtigten geht. (T7)<br/>Beisatz: Pflegegeld und Hilflosenzuschuss sind nicht als Einkommen zu qualifizieren, soweit damit ein Mehraufwand (Sonderbedarf) gedeckt wird (so schon 6 Ob 257/01i). (T8)

9 Ob 23/04dOGH15.09.2004

Vgl auch; nur: Soweit die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. (T9)<br/>Beisatz: Eine Doppelversorgung des Unterhaltsberechtigten ist dann zu vermeiden, wenn eine solche nicht dem Gesetzeszweck entspricht. Die Absicht einer solchen Doppelversorgung ist dem Tiroler Sozialhilfegesetz nicht zu entnehmen. (T10)

7 Ob 225/04wOGH20.10.2004

Auch; Beisatz: Nach dem stmk Behindertengesetz besteht kein Anspruch auf Doppelversorgung. Leistungen nach dem stmk BHG stellen daher ein Einkommen des Unterhaltsberechtigten dar. (T11)

7 Ob 293/04dOGH15.12.2004

Auch; nur T4

10 Ob 96/05yOGH18.10.2005

Vgl auch; Beis ähnlich wie T4

7 Ob 151/06sOGH30.08.2006

Vgl auch; Beis wie T4; Beisatz: Hier: Sozialhilfeleistungen, insbesondere Abdeckung von Mietzinsrückständen, nach dem 3.Abschnitt des WHSG („Hilfe in besonderen Lebenslagen"). (T12)

4 Ob 236/06vOGH16.01.2007

Auch; Beisatz: Pflegegeld an den Unterhaltsberechtigten ist nicht als Eigeneinkommen zu werten, soweit damit ein Mehraufwand (Sonderbedarf) gedeckt wird. (T13)

7 Ob 284/06zOGH31.01.2007

Auch; Beisatz: Hier: Leistungen nach dem stmk SHG 1998. (T14)

3 Ob 25/07hOGH22.02.2007

Auch; Beis ähnlich wie T7; Beis ähnlich wie T10; Beisatz: Hier: Leistungen nach dem dSGB II sind anrechenbares Eigeneinkommen. (T15)

8 Ob 164/06kOGH18.04.2007

Auch

7 Ob 130/08fOGH09.07.2008

Auch; nur T1

3 Ob 160/08pOGH03.10.2008

Vgl; Beis ähnlich wie T7; Beisatz: Eine vom unterhaltsberechtigten Ehegatten bezogene Ausgleichszulage ist kein unterhaltsminderndes Eigeneinkommen. (T16)<br/>Veröff: SZ 2008/143

6 Ob 200/08tOGH06.11.2008

Vgl; Beisatz: Mit der Neuregelung des § 42 KBGG (BGBl I 2007/76) brachte der Gesetzgeber in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit zum Ausdruck, dass er im Bereich des Unterhaltsrechts das Kinderbetreuungsgeld nicht als Einkommen des Kindes oder eines Elternteils behandelt haben will. (T17)

6 Ob 219/08mOGH06.11.2008

Vgl; Beis wie T17

7 Ob 223/08gOGH17.12.2008

Vgl; Beis wie T17; Beisatz: Gegen die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" in § 42 KBGG idF BGBl I 2007/76 sowie gegen § 43 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2007/76 bestehen verfassungsrechtliche Bedenken - Gesetzesprüfungsantrag an den VfGH (siehe RS0124409). (T18)

10 Ob 112/08fOGH24.02.2009

Auch; Beis teilweise abweichend von T17: Beisatz: Neben der klaren Bezugnahme auf Unterhaltsansprüche, nicht auf Unterhaltspflichten, wird in § 42 KBGG das „eigene Einkommen" des Kindes und des beziehenden Elternteils angesprochen. „Eigeneinkommen" steht in Zusammenhang mit einer Unterhaltsberechtigung, nicht einer Unterhaltspflicht. (T19)<br/>Beis abweichend von T18: Beisatz: Bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 42 KBGG ergibt sich die Möglichkeit einer verfassungskonformen Differenzierung zwischen unterhaltsberechtigten und unterhaltspflichtigen Kinderbetreuungsgeldbeziehern. (T20)<br/>Veröff: SZ 2009/24

10 Ob 8/09pOGH17.03.2009

Auch; Beis wie T19; Beis wie T20

10 Ob 7/09sOGH21.04.2009

Auch; Beis ähnlich wie T19; Beis ähnlich wie T20

10 Ob 40/09vOGH08.09.2009

Auch; Beis ähnlich wie T20

4 Ob 133/09aOGH08.09.2009

Vgl; Beisatz: Sozialleistungen, die für den Allgemeinbedarf des Empfängers zur Verfügung stehen, fallen nach ständiger Rechtsprechung unabhängig von einer Zweckbestimmung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage. (T21)<br/>Beisatz: Dies gilt auch für das Kinderbetreuungsgeld, zumindest wenn ihm Einkommensersatzfunktion zukommt: Auch im hier gegebenen Fall wird von der Mutter „langes" und damit unter dem Existenzminimum liegendes Kinderbetreuungsgeld bezogen, das für die Betreuung eines Kindes im eigenen Haushalt verwendet wird. (T22)

1 Ob 202/09aOGH17.11.2009

nur T9; Beisatz: Ordnen Sozialhilfegesetze (wie hier) eine (aufgeschobene) Legalzession auch hinsichtlich Unterhaltsansprüchen an, besteht keine Doppelversorgung; der Unterhaltsanspruch des Berechtigten bleibt aufrecht. (T23)

2 Ob 253/09hOGH28.01.2010

Auch; nur T1; Auch Beis wie T3; Vgl Beis wie T16; Vgl Beis wie T21; Vgl Beis wie T19; Veröff: SZ 2010/5

1 Ob 22/09fOGH15.12.2009

Vgl auch; Beis teilweise abweichend von T17; Beis wie T19

3 Ob 144/10pOGH13.10.2010

Vgl

1 Ob 13/11kOGH23.02.2011

Auch; nur T9; Beis wie T23

7 Ob 32/12zOGH25.04.2012

nur T2; Beisatz: Hier: Notstandshilfe. (T24)

3 Ob 119/15vOGH15.07.2015

Auch; Beis wie T9

1 Ob 29/16wOGH28.04.2016

Auch; Beis wie T23; Beisatz: Sieht das jeweilige Sozialhilfegesetz weder eine den Sozialhilfeempfänger treffende Rückzahlungsverpflichtung noch eine (aufgeschobene) Legalzession des Unterhaltsanspruchs vor, kann also die einmal gewährte Sozialhilfe nicht (mehr) „zurückgefordert“ werden, ist sie als anrechenbares Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten anzusehen. (T25)<br/>Beisatz: Hier: Sozialleistungen nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz ‑ StBHG (stmk BhG) bzw nach dem stmk Mindestsicherungsgesetz ‑ StMSG (stmk MSG). (T26)

9 Ob 27/16kOGH24.06.2016

Auch; Beisatz: Hier: Mindestsicherung nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz. (T27)

8 Ob 6/16iOGH27.09.2016

Auch; nur T9; Beisatz: Hier: Hauptleistungen nach dem Oö Chancengleichheitsgesetz (Oö ChG). (T28)

8 Ob 137/15bOGH27.09.2016

Auch; nur T9; Beis wie T28

9 Ob 33/16tOGH28.10.2016

Vgl auch; nur T9; Beis wie T28

7 Ob 220/16bOGH25.01.2017

Auch; Beis wie T13

4 Ob 7/17hOGH21.02.2017

Beisatz: Ob der Unterhaltsberechtigte einen Anspruch auf Doppelversorgung hat, ist nach dem Gesetzeszweck zu beurteilen; Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers bieten die gesetzlichen Regelungen über den Rechtsübergang der Unterhaltsansprüche und über die Kostenbeitragspflicht des Unterhaltsverpflichteten. (T29)

10 Ob 1/17wOGH18.07.2017

Auch; Beis ähnlich wie T27; Beisatz: Dabei ist nicht nur auf den Richtsatz abzustellen, sondern es sind auch zusätzliche Beihilfen, beispielsweise für Unterkunft und Heizung, deren Bedarf von den Richtsätzen nicht erfasst wird, zu berücksichtigen. (T30)<br/>Beisatz: Hier: Zur Frage der Einstellung von Unterhaltsvorschüssen nach § 20 Abs 1 Z 4 lit b UVG. (T31)

9 Ob 21/17dOGH28.11.2017

Beis wie T23; Beis wie T25; Beis wie T29; Beisatz: Hier: Mindestsicherung nach dem Tir MSG. (T32)<br/>

5 Ob 113/17dOGH13.02.2018

Auch; Beis wie T7

3 Ob 155/17sOGH24.01.2018

tw abweichend; Beis wie T23; Bem: siehe RS0063121 (T33)

4 Ob 156/18xOGH23.10.2018

Vgl

10 Ob 105/18sOGH19.12.2018

Auch; Beis ähnlich wie T27; Beis wie T31

9 Ob 68/18tOGH28.11.2018

Auch; Veröff: SZ 2018/100

8 Ob 16/19iOGH29.08.2019

nur T2

5 Ob 112/19kOGH24.09.2019

Beis wie T8; Beis wie T13; Beisatz: Im Hinblick auf die in § 19 Abs 3a K-ChG bei Leistungen nach § 8 K-ChG grundsätzlich weiterhin bestehende Kostenersatzpflicht der gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Personen und der in § 19 Abs 4 K-ChG angeordneten aufgeschobenen Legalzession für diesen Fall besteht ein Unterhaltsanspruch der gemäß § 13 K-ChG voll intern in einer stationären Einrichtung geförderten Person mit Behinderung dem Grunde nach jedenfalls in dem Umfang weiterhin, als ihr ein Taschengeld nach § 13 Abs 2 iVm § 8 Abs 2 K-ChG gewährt wird oder aber sie ungeachtet der vollen internen Förderung in der stationären Einrichtung noch unter § 8 Abs 1 K-ChG zu subsumierende Bedürfnisse hat. (T34)

6 Ob 6/20fOGH20.02.2020

Vgl; Beis wie T11

3 Ob 109/20fOGH18.08.2020

Vgl

3 Ob 201/20kOGH20.05.2021
1 Ob 60/23iOGH27.06.2023

vgl; Beisatz wie T25; Beisatz wie T27

5 Ob 213/22tOGH31.05.2023

Beisatz wie T25; Beisatz wie T29

6 Ob 131/24vOGH27.08.2024

Beisatz wie T25<br/>Beisatz: Hier: Keine Anrechnung als Eigeneinkommen. Auch das novellierte K-ChG sieht unverändert eine aufgeschobene Legalzession vor. (T35)

5 Ob 187/23wOGH27.06.2024

nur T2; Beisatz wie T4

Dokumentnummer

JJR_19950906_OGH0002_0010OB00570_9500000_005

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