OGH 6Ob257/01i

OGH6Ob257/01i29.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas M*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Hubert M*****, vertreten durch Dr. Heinrich Kellner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 23. Mai 2001, GZ 43 R 41/01z-211, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 17. November 2000, GZ 17 C 35/90k-204, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision im Kostenpunkt wird zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 5.500,80 S (darin 916,80 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der jetzt 39-jährige Kläger, ein unehelicher Sohn des Beklagten, steht wegen einer mittelgradigen bis schweren Debilität unter Sachwalterschaft. Er befindet sich seit seinem 16. Lebensmonat in Pflege seiner im Jahr 1989 bestellten Sachwalterin. Er ist am Arbeitsmarkt nicht vermittelbar und kann nur auf einem geschützten Arbeitsplatz beschäftigt werden. Der Kläger bezog seit 1. 1. 1990 Sozialhilfe. Er war tagsüber in einer Tagesheimstätte untergebracht. Seit Jänner 1994 bezog er ein Pflegegeld von 1.938 S monatlich. Seine Mutter leistet keinerlei Unterhalt.

Der unterhaltspflichtige Beklagte verdiente 1990 und 1991 rund 15.000 S monatlich netto, 1992 und 1993 17.300 S. Er hat vier weitere Kinder (Hubert, geboren am 27. 8. 1975; Christine, geboren am 8. 9. 1976; Florian, geboren am 12. 6. 1992 und Eva, geboren am 5. 3. 1994). Der mj Florian ist ebenfalls schwer behindert. Wegen dieser Behinderung hat die Ehegattin des Beklagten ihre Arbeit aufgegeben und ist seit Jänner 1993 nur mehr im Haushalt tätig.

Mit der am 7. 2. 1990 zu Protokoll gegebenen Unterhaltsklage begehrte der Kläger einen monatlichen Unterhalt von 5.000 S ab 1. 3. 1990. Er bedürfe wegen seiner Geistesschwäche der ständigen Pflege und Unterstützung und könne keiner geregelten Arbeit nachgehen. Seit 1. 1. 1990 beziehe er eine monatliche Sozialhilfe von 3.192 S.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Unterhaltsbegehrens. Die Unterhaltsbedürfnisse des Klägers seien durch die Sozialhilfe gedeckt. Der Kläger lehne eine Erwerbstätigkeit grundlos ab. Der Beklagte sei wegen seiner weiteren Sorgepflichten gegenüber der Ehegattin und zwei weiteren Kindern nicht imstande, für den Kläger Unterhalt zu leisten. Auch die Mutter des Klägers sei unterhaltspflichtig. Am 12. 6. 1992 sei ein weiteres geisteskrankes Kind geboren worden, für dessen erhöhten Unterhaltsbedarf der Beklagte aufkommen müsse. Die Ehegattin habe ihre Berufstätigkeit am 1. 11. 1992 aufgeben müssen. Schließlich sei am 5. 3. 1994 ein weiteres Kind des Beklagten geboren worden, für das er zu sorgen habe.

Im ersten Rechtsgang wurde mit dem Teilurteil des Obersten Gerichtshofs vom 7. 11. 1996, 6 Ob 2127/96d = ON 114a die Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens von 2.300 S monatlich für die Zeit vom 1. 3. 1990 bis 31. 12. 1991 und von 2.000 S monatlich für die Zeit vom 1. 1. 1992 bis 30. 6. 1992 rechtskräftig. Im Übrigen erfolgte eine Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung. Rechtskräftig wurde ferner die vom Berufungsgericht festgesetzte Unterhaltsverpflichtung des Beklagten von monatlich 2.700 S für die Zeit vom 1. 3. 1990 bis 31. 12. 1991 und von monatlich 3.000 S für die Zeit vom 1. 1. 1992 bis 30. 6. 1992 sowie die bestätigte Unterhaltsfestsetzung von monatlich 1.400 S für die Zeit vom 1. 7. 1992 bis 31. 12. 1993. Für den zweiten Rechtsgang wurden Ergänzungsaufträge erteilt. Es seien die Höhe der vom Kläger bezogenen Sozialhilfe, die finanziellen Verhältnisse der Mutter des Klägers und der für einen allfälligen Übergang der Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger relevante Sachverhalt festzustellen. Wenn keine Zession festgestellt werde, müsse der Beklagte zur Vermeidung einer Doppelversorgung unter Anrechnung der vom Kläger bezogenen Sozialhilfe nur den zur Selbsterhaltungsfähigkeit noch fehlenden Unterhaltsbeitrag bezahlen.

Im zweiten Rechtsgang brachte der Kläger ergänzend noch Folgendes vor:

Seit Oktober 1994 stünden ihm keinerlei Sozialunterstützungen zu. Er sei auf den Unterhalt des Beklagten angewiesen. Die ältere Tochter des Beklagten sei seit 1. 7. 1995 selbsterhaltungsfähig. Der Sohn Hubert habe am 1. 3. 1993 eine Lehre begonnen und sei deshalb teilweise selbsterhaltungsfähig. Der Beklagte sei ungerechtfertigt in die vorzeitige Alterspension gegangen. Er sei auf ein fiktives Einkommen anzuspannen.

Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen und brachte vor, dass die Tochter Christine nach Absolvieren der Handelsschule eine weitere Schule zur Verbesserung der Berufschancen besuche. Der Kläger sei zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen insoweit nicht legitimiert, als er Leistungen nach den O.ö. Sozialhilfegesetz und nach dem O.ö. Behindertengesetz erhalte.

In der Tagsatzung vom 14. 10. 1998 schlug der Kläger ein Ruhen des Verfahrens hinsichtlich der Unterhaltsansprüche bis zum 31. 10. 1994 vor.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 2.000 S ab 1. 2. 1999 und wies das gesamte übrige (noch unerledigte) Klagebegehren ab. Von seinen Feststellungen ist Folgendes als wesentlich hervorzuheben:

Der Kläger habe bis 30. 10. 1994 bei seinen Pflegeeltern gewohnt, ab 31. 10. 1994 in einer Wohneinrichtung der Lebenshilfe Oberösterreich. Dort habe er Vollverpflegung erhalten. Seit 1. 2. 1999 wohne der Kläger in einer (eigenen) Wohnung. Seit 5. 4. 1988 sei er im Rahmen der Hilfe durch Beschäftigung in der Tagesheimstätte der Lebenshilfe Oberösterreich untergebracht gewesen. Seit 4. 5. 1998 sei er in einer geschützten Werkstätte als Einschüler beschäftigt. Sein Nettoverdienst habe zunächst monatlich 3.180 S, ab 1. 1. 1999 4.515 S jeweils 14-mal jährlich, betragen. Der Kläger habe Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Oberösterreichischen Sozialhilfegesetzes erhalten, und zwar jeweils 14-mal jährlich im Jahr 1990 3.185 S, 1991

3.485 S, 1992 3.775 S, 1993 4.065 S und vom 1. 1. 1994 bis 31. 10. 1994 4.355 S. Dazu habe er Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung von monatlich 1.680 S bis 2.232 S (bis zum 6. 4. 1992) erhalten. Die Leistungen seien mit der Unterbringung des Klägers im Wohnheim eingestellt worden. Am 20. 7. 1984 sei dem Beklagten angezeigt worden, dass Leistungen an den Kläger erbracht worden seien und dass der Beklagte nicht mehr schuldbefreiend an den Kläger zahlen könne. Die Kosten der Unterbringung in der Tagesheimstätte sowie später in der Wohneinrichtung der Lebenshilfe seien vom Land Oberösterreich nach dem Oberösterreichischen Behindertengesetz (O.ö. BhG) getragen worden. Seit Dezember 1994 beziehe der Kläger ein Pflegegeld der Stufe 1. Vom Pflegegeld sei ein Kostenbeitrag einbehalten worden und dem Kläger ein monatliches Taschengeld von 1.107 S ausbezahlt worden. Ab 1995 habe das Pflegegeld monatlich 2.635 S betragen, wovon 1.497 S monatlich einbehalten worden seien und ein Taschengeld von 1.138 S ausbezahlt worden sei. Die Mutter des Klägers habe im Zeitraum seit 1990 kein eigenes Einkommen erzielt und ihm keinen Unterhalt bezahlt. Ihr Ehemann verdiene als Tischler durchschnittlich 14.000 S monatlich netto. Der Beklagte habe aus unselbständiger Erwerbstätigkeit in den Jahren 1990 und 1991 je 15.000 S monatlich netto verdient, 1992 und 1993 17.300 S, 1994 18.072,62 S, 1995 18.478,34 S, 1996 17.894,05 S, 1997 17.793,55 S, 1998 17.989,40 S und 1999 19.029,09 S. Mit 1. 7. 1999 sei dem Beklagten eine vorzeitige Alterspension zuerkannt worden. Diese habe von Oktober 1999 bis Dezember 1999 15.122,70 S zuzüglich einer Sonderzahlung von 17.927,50 S betragen. Seit 1. 1. 2000 beziehe der Beklagte eine Nettopension von 15.543,70 S, die Sonderzahlung im April 2000 habe 17.484 S netto ausgemacht. Der Beklagte habe 1994 einen Herzinfarkt erlitten. Er sei zunächst für seinen 1975 geborenen Sohn Hubert sorgepflichtig gewesen. Dieser habe im September 1993 eine Lehre als Großhandelskaufmann begonnen und anfangs 3.900 S Lehrlingsentschädigung erhalten, 1994 5.358,33 S, 1995 7.245 S und 1996 10.205,92 S. Die 1976 geborene Tochter Christine habe im Juni 1995 die Handelsschule absolviert. Sie habe von Oktober 1995 bis Juni 1998 eine Lehranstalt für heilpädagogische Berufe besucht, weil sie keinen Arbeitsplatz gefunden habe. In dieser Zeit habe sie nur ein Taschengeld erhalten und sonst kein Einkommen erzielt. Im August 1998 sei Christine berufstätig geworden. Ihr Anfangsgehalt habe 20.3000 S brutto betragen. Der am 12. 6. 1992 geborene Sohn des Beklagten (Florian) leide an Mongoloismus und an einem Herzfehler. Er sei schwerhörig und mittlerweile blind. Die Eltern bezögen Pflegegeld. Sie müssten für die speziellen Sonderbedürfnisse des Kindes erhöhte Aufwendungen tragen (spezielle Nahrung; Adaption der Wohnung; Medikamente und Therapiekosten). Das Kind bedürfe besonderer Pflegehandlungen. Am 5. 3. 1994 sei eine weitere Tochter des Beklagten geboren worden. Die Ehefrau des Beklagten sei zunächst berufstätig gewesen, nach der Geburt des behinderten Sohnes Florian habe sie ihre Arbeit nicht mehr aufgenommen.

Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, dass die Vereinbarung des Ruhens in der Tagsatzung vom 14. 10. 1998 unwirksam gewesen sei, weil eine Ruhensvereinbarung für einen Teilanspruch nicht zulässig sei (SZ 40/167). Hinsichtlich des Unterhaltsanspruchs bis zum 31. 10. 1994 sei der Kläger nicht sachlegitimiert, weil der Anspruch auf Grund der Bestimmungen des O.ö. Sozialhilfegesetzes auf den Sozialhilfeträger übergegangen sei. Vom 1. 11. 1994 bis 31. 1. 1999 habe der Kläger in einem Wohnheim der Lebenshilfe gewohnt und Leistungen nach dem O.ö. BhG erhalten. Nach diesem Gesetz sei ein Übergang von Rechtsansprüchen nur im Hinblick auf die Sozialversicherungsträger normiert, aber keine Zession des Unterhaltsanspruchs, wie dies nach dem O.ö. Sozialhilfegesetz vorgesehen sei. Die Sozialleistungen nach dem O.ö. BhG seien als eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten im Sinne des § 140 Abs 3 ABGB anzusehen. Durch die Leistungen sei der Bedarf des Klägers voll gedeckt worden. Seit 1. 2. 1999 sei der Kläger nicht mehr in einem Wohnheim mit Vollverpflegung untergebracht. Bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Beklagten seien die Sorgepflichten für den schwer behinderten Sohn und für die sechsjährige Tochter zu berücksichtigen, nicht aber auch für die Gattin, die im Familienverband für ihre Pflegetätigkeit ein Pflegegeld beziehe. Ausgehend von einem Unterhaltsanspruch des Klägers von 22 % der Bemessungsgrundlage und Abzügen von 4 % für den behinderten Sohn und 1 % für die Tochter ergebe sich ein Anspruch von 17 % des Nettoeinkommens. Bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages sei zu berücksichtigen, dass der Kläger in einer geschützten Werkstatt arbeite, wo er tagsüber versorgt sei und weiters, dass er ein eigenes Einkommen von 4.500 S netto beziehe. Der Regelbedarf von Kindern über 19 Jahren liege derzeit bei 5.580 S. Es lägen einfache Verhältnisse vor, sodass die Geldbedarfsquote sich aus dem Verhältnis zwischen dem für die Altersgruppe des Kindes maßgeblichen Regelbedarfs und der Mindestpensionshöhe errechne. Danach betrage der Unterhaltsbeitrag

2.710 S. Dies könne aber nur eine erste Orientierungshilfe sein. Hier sei noch die Unterbringung in einer geschützten Werkstätte als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Unter Bedachtnahme auf die Gesamtsituation sei die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten mit 2.000 S festzusetzen.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers hinsichtlich der geltend gemachten Nichtigkeit und gab im Übrigen der Berufung nicht Folge. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes über die Unzulässigkeit einer Ruhensvereinbarung bloß in Ansehung eines Teilanspruchs. Nach dem Wortlaut der Erklärungen in der Tagsatzung sei die Ruhensvereinbarung keine Klagerücknahme oder ein prozessbeendender Vergleich. Sodann verneinte es die vom Kläger gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz (er sei von der Rechtsauffassung des Erstgerichtes, die Leistungen nach dem O.ö. BhG hätten eine Vollversorgung des Klägers bewirkt) überrascht worden, übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, dass der Kläger für den Zeitraum bis zum 30. 10. 1994 wegen des Rechtsübergangs auf den Sozialhilfeträger nicht legitimiert sei, einen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten geltend zu machen. Für den Zeitraum danach sei von anderen Rechtsgrundlagen auszugehen. Das O.ö. BhG sehe keine Zession des Unterhaltsanspruchs vor. Die Sozialleistungen seien zur Sicherung des Lebensbedarfs (einschließlich der Bekleidung) erbracht worden. Damit sei der gesamte Unterhaltsbedarf des Klägers gedeckt worden. Für den Unterhaltsanspruch ab 1. 2. 1999 versagten auf Grund der "komplexen Situation" konkrete Rechenmodelle. Das Erstgericht habe der besonderen Situation (Betreuung des Klägers während des Tages; weitere Sorgepflichten des Vaters insbesondere für den schwer behinderten Sohn Florian) umsichtig Rechnung getragen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Rechtsfrage, ob Leistungen nach dem O.ö. BhG ein Eigeneinkommen des Empfängers darstellten, noch keine oberstgerichtliche Judikatur vorliege.

Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Aufhebung der Berufungsentscheidung wegen Teilnichtigkeit und die Abänderung dahin, dass ihm ab 1. 11. 1994 ein Unterhaltsbeitrag von 5.000 S monatlich zugesprochen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Zur relevierten Nichtigkeit:

Der Revisionswerber qualifiziert im Revisionsverfahren sein in der Tagsatzung vom 14. 10. 1998 vom Beklagten angenommenes Anbot auf "Ruhen des Verfahrens incl. 31.10.94" als einvernehmliche Klageeinschränkung gemäß § 237 ZPO, als Vergleich gemäß § 204 ZPO oder als Ruhensvereinbarung. Das Verfahren hätte über diesen Teil des Klagebegehrens nicht fortgesetzt werden dürfen. Die Entscheidung sei im Sinn des § 405 ZPO oder § 477 Abs 1 Z 6 ZPO nichtig.

Das Berufungsgericht hat die schon in der Berufung des Klägers erhobenen Einwendungen behandelt und eine Nichtigkeit verneint. Diese Verneinung kann nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung mit Revision nicht bekämpft werden (SZ 62/157; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu§ 503 mwN).

2. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt der Revisionswerber im Umstand, dass sich das Erstgericht an die zur Rechtsfrage des Übergangs des Unterhaltsanspruchs bei Sozialhilfeleistungen vom Obersten Gerichtshof im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht auch hinsichtlich der Leistungen nach dem O.ö. BhG für gebunden erachtete. Dass diese Sozialleistungen den Unterhaltsbedarf schmälern könnten, sei kein Thema im Verfahren erster Instanz gewesen. Auch mit diesem Einwand hat sich das Berufungsgericht befasst und eine Verletzung des sogenannten Überraschungsverbotes verneint. Eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz kann nicht zum Gegenstand der Revision gemacht werden (RS0042963).

3. Vor Behandlung der Rechtsrüge ist klarzustellen, dass die vom Erstgericht ziffernmäßig nicht dargestellte Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens die im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Unterhaltsbeiträge nicht berührt und dass vom Abänderungsantrag des Klägers der Zeitraum bis zum 1. 11. 1994 nicht erfasst ist. Nach den getroffenen Feststellungen wäre der Kläger zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen wegen des Übergangs der Forderungen auf den Sozialhilfeträger nicht sachlegitimiert.

Mit der Rechtsrüge bekämpft der Revisionswerber die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass mit den Sozialleistungen nach dem O.ö. BhG 1991 der Bedarf des Klägers gedeckt worden sei. Diese Leistungen seien auf den Unterhalt nicht anzurechnen. Mangels Legalzession sei der Unterhaltsanspruch nicht erloschen. Dazu ist Folgendes auszuführen:

Insoweit der Revisionswerber die volle Bedarfsdeckung durch Sozialleistungen bestreitet, geht er für den Zeitraum bis 31. 1. 1999 nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den Feststellungen wurde der Lebensbedarf des Klägers durch die Unterbringung in einem Heim der Lebenshilfe und die dort erhaltene "Vollverpflegung" gedeckt. Der Fall ist also dadurch gekennzeichnet, dass mit den Leistungen nach dem O.ö. BhG nicht nur der behinderungsbedingte Mehraufwand, sondern auch die Bedürfnisse, die jeder Unterhaltsberechtigte hat, abgedeckt wurden. Der Revisionswerber vermisst zu diesen Bedürfnissen konkrete Feststellungen über "Bekleidung, Freizeitgestaltung, Ausgaben des täglichen Lebens". Es ist ihm entgegenzuhalten, dass er selbst im Verfahren erster Instanz zu diesem Thema keine konkreten Angaben machte und dies auch im Revisionsverfahren unterlässt, sodass die Feststellung der "Vollverpflegung" im Zusammenhalt mit der im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes weiters getroffenen Feststellung, dass auf Grund der "umfassenden Versorgung durch die öffentliche Hand keine Bedürfnisse mehr offen bleiben", für die Bejahung der Spruchreife durchaus ausreicht.

Zur Frage, ob die festgestellte "Vollverpflegung" einem Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten gleichzuhalten ist, mit dem alle Bedürfnisse gedeckt werden können, ist ein Blick auf die Unterhaltsjudikatur zu anderen öffentlich-rechtlichen Leistungen geboten:

Soweit die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach den gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen. Anderes kann nur für Sozialleistungen zur Deckung des Mehraufwandes für einen bestimmten Sonderbedarf gelten (SZ 68/157; RS0047456). Die öffentlich-rechtliche Leistung wird im Unterhaltsverfahren als Einkommen behandelt und zwar sowohl dann, wenn es um dasjenige des Unterhaltspflichtigen oder um das Einkommen des Unterhaltsberechtigten geht. Im zweiten Fall ist der Gesichtspunkt entscheidend, dass kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht. Die einer öffentlich-rechtlichen Leistung zu Grunde liegende Zweckbestimmung führt für sich allein noch nicht zwingend zur Verneinung der Qualifikation als Einkommen, allenfalls aber dann, wenn die Leistung ausschließlich einen bestimmten Sonderbedarf des Unterhaltsberechtigten abdecken soll (5 Ob 10/99b), wie dies beispielsweise auf das Pflegegeld zutrifft, das den pflegebedingten Mehraufwand abdeckt (1 Ob 135/01m). Die übrigen Lebensbedürfnisse, aber auch beispielsweise den krankheitsbedingten Sachaufwand (1 Ob 357/99b) hat der Unterhaltsverpflichtete im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit zu decken. Im Lichte dieser Grundsätze wurden die Sozialhilfe nach verschiedenen Landesgesetzen, die Notstandshilfe, die Ausgleichszulage und das Karenzurlaubsgeld als Einkommen qualifiziert (1 Ob 108/01s mwN), Pflegegeld und Hilflosenzuschuss aber nicht, soweit damit ein Mehraufwand (Sonderbedarf) gedeckt wird (SZ 68/157 mwN; 1 Ob 108/01s).

Ob der Unterhaltsberechtigte einen Anspruch auf Doppelversorgung hat, ist nach dem Gesetzeszweck zu beurteilen. Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers bieten die gesetzlichen Regelungen über den Rechtsübergang der Unterhaltsansprüche und über die Kostenbeitragspflicht des Unterhaltsverpflichteten. Während verschiedene Landesgesetze bei der Sozialhilfe Legalzessionen oder aufgeschobene Legalzessionen (bei diesen wird die Zession mit einer Verständigung des Unterhaltsverpflichteten durch den Sozialhilfeträger bewirkt) vorsehen, sieht das O.ö. BhG 1991 idgF LGBl 1997/63 keine Legalzession, wohl aber im § 43 Abs 1 eine Kostenbeitragspflicht des Behinderten, aber auch der für ihn gesetzlich unterhaltspflichtigen Personen vor. Der im O.ö. BhG 1991, LGBl 1991/113 im § 44 Abs 2 vorgesehene Rechtsübergang aus Unterhaltsleistungen im Ausmaß von 80 % wurde mit der Novellierung durch das LGBl 1993/64 ersatzlos aufgehoben. Aus der zitierten Kostenbeitragsbestimmung ist zu folgern, dass der Landesgesetzgeber auch (sogar) den behinderungsbedingten Mehraufwand vom Unterhaltspflichtigen zumindest teilweise ersetzt erhalten will und dass jedenfalls in diesem Umfang keine Doppelversorgung eintreten soll. Dies muss auch für den nicht behinderungsbedingten Aufwand gelten. Der Landesgesetzgeber verweist zur Höhe der Beitragspflicht auf die sinngemäße Anwendung der §§ 9 und 51a O.ö. Sozialhilfegesetz (§ 43 Abs 2 O.ö. BhG 1991 idF LGBl 1995/54). Das O.ö. Sozialhilfegesetz (LGBl 1973/66 idF LGBl 1984/2) begrenzte die Beitragspflicht der unterhaltsverpflichteten Angehörigen dahin, dass deren wirtschaftliche Existenz nicht gefährdet werden darf (§ 51a). Nach § 9 des O.ö. Sozialhilfegesetzes ist die Hilfe nur zu gewähren, wenn das Einkommen des Empfängers nicht ausreicht, den Lebensbedarf zu sichern. Im Zusammenhalt beider Verweisungsbestimmungen gehören Unterhaltsleistungen zum Einkommen des Empfängers der Sozialleistung. Nur für Leistungen der Sozialversicherungsträger (etwa Pflegegelder) normiert § 44 O.ö. BhG 1991 idgF (früher Abs 1 dieser Gesetzesstelle) einen Übergang des Rechtsanspruchs des Behinderten. Die Auslegung der zitierten landesgesetzlichen Bestimmungen führt zum Ergebnis, dass die öffentlich-rechtlichen Leistungen unterhaltsentlastend wirken, weil mit ihnen keineswegs beabsichtigt ist, dem Unterhaltsberechtigten einen Anspruch auf Doppelversorgung zu verschaffen. Für die Annahme einer solchen Überversorgung zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten, auf dessen Leistungsfähigkeit der Landesgesetzgeber mit seiner Kostenbeitragsregelung durchaus Bedacht nimmt, fehlt jeder Anhaltspunkt. Es ist daher die Rechtsansicht der Vorinstanzen zu billigen, dass mit der festgestellten Vollversorgung des unterhaltsberechtigten Klägers durch die öffentlich-rechtlichen Leistungen nach dem O.ö. BhG 1991 eine volle Deckung der Bedürfnisse erfolgte und dem Kläger daher gegen seinen Vater (bis zum 31. 1. 1999) kein Unterhaltsanspruch zusteht.

Für die Zeit ab 1. 2. 1999 gilt das Argument der Vollversorgung nicht mehr. Der Revisionswerber bekämpft die Unterhaltsfestsetzung als zu gering. Anstelle des Abzugs von 4 % von der Bemessungsgrundlage für das ebenfalls schwer behinderte weitere Kind des Beklagten sei nur ein Abzug von 1 % gerechtfertigt. Der Bedarf des Klägers sei infolge seiner nunmehrigen Wohnungskosten wesentlich höher. Zu diesem Revisionsvorbringen bedarf es nur der Wiederholung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles: Den Beklagten treffen besonders belastende Sorgepflichten, hat er doch für zwei schwer behinderte Kinder und ein weiteres Kind zu sorgen. Auch wenn die Ehefrau durch den Bezug von Pflegegeld für die Betreuung des einen behinderten Kindes im gemeinsamen Haushalt nicht zur Gänze als weitere Sorgepflicht des Beklagten anerkannt werden kann, ist doch zu berücksichtigen, dass sie in der Haushaltsführung vom Beklagten in besonderem Maß unterstützt werden muss. Weiters ist bei der Festsetzung des Unterhaltsbeitrages für den Kläger dessen Eigeneinkommen und seine Versorgung in der geschützten Werkstatt als unterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Der Revisionswerber strebt eine Anwendung der nur für Durchschnittsfälle als Orientierungshilfe anwendbaren Prozentsatzmethode an, die hier wegen der kurz dargestellten besonderen Umstände keine taugliche Berechnungsgrundlage sein kann. Einer weiteren Begründung zu diesem Thema bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

4. soweit sich die Revision gegen die Entscheidung über die Verfahrenskosten wendet, wird kein tauglicher Revisionsgrund geltend gemacht (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Die Revision im Kostenpunkt ist vielmehr als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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