European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115112
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Die Antragsgegnerin ist Mutter der am * 2000 geborenen V* B* und dieser zur Zahlung von Geldunterhalt verpflichtet. In ihrem gegen die Höhe der Unterhaltsverpflichtung gerichteten außerordentlichen Revisionsrekurs meint sie, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht die ihr nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG) gewährte Mindestsicherung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage miteinbezogen. Es sei auf die Judikatur zur Sozialhilfe zu verweisen, die die Sozialhilfe aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage ausgeschieden habe.
Rechtliche Beurteilung
1. Hinsichtlich der Einkommenswirksamkeit öffentlich‑rechtlicher Leistungen ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Leistung an den Unterhaltsberechtigten oder an den Unterhaltspflichtigen handelt (s RIS‑Justiz RS0047456 [T25]).
Zu dem als Unterhaltsbemessungsgrundlage dienenden Einkommen des Unterhaltspflichtigen zählen alle tatsächlich erzielten Einnahmen des Unterhaltspflichtigen in Geld oder geldwerten Leistungen, über die er verfügen kann (RIS‑Justiz RS0107262 [T21, T29]). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass auch Sozialleistungen – sofern sie nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwands für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind – als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden (s RIS‑Justiz RS0080395; RS0047456 [T5, T11]; Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 293 mwN; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht7 Teil I C.I.f.). Zu den Sozialleistungen, die als Einkommen des Unterhaltspflichtigen qualifiziert werden und bei der Ermittlung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen sind, zählen etwa die Ausgleichszulage, das Karenzurlaubsgeld, die Notstandshilfe oder auch die Sozialhilfe nach verschiedenen Landesgesetzen (RIS‑Justiz RS0047456 [T5]; RS0047465) sowie der vom Unterhaltspflichtigen bezogene Grundbetrag der bedarfsorientierten Mindestsicherung (8 Ob 88/15x; dort: iSd § 7 des Wr. MindestsicherungsG [WMG] erhöhter Mindestsicherungsbetrag; s auch Kolmasch, Mindestsicherung fällt zur Gänze in die Unterhaltsbemessungsgrundlage, ZAK 2016/11). Gründe dafür, warum die der Antragsgegnerin gewährte Mindestsicherung nicht im Sinn dieser Rechtsprechung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sein sollte, sind nicht ersichtlich.
Im Übrigen gehen die Berechnungen der Antragsgegnerin nicht von den festgestellten Beträgen zur Mindestsicherung aus.
2. Die Antragsgegnerin meint weiter, zur Abdeckung der Unterhaltsleistungen für den Zeitraum 1. 9. 2014–21. 12. 2014 (für den das Erstgericht ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 1.920 EUR feststellte) könnten nur jene Beträge herangezogen werden, die nach Abdeckung der laufenden Unterhaltsverpflichtungen übrig blieben. Zur Hereinbringung fälliger Unterhaltsrückstände könne nur auf den Differenzbetrag zwischen den Existenzminima nach § 291a und § 291b EO trotz der Exekutionssperre des § 206 Abs 1 IO Exekution geführt werden (3 Ob 206/12h).
Bei der Unterhaltsbemessung kommt es auf die Einbringlichkeit nicht an. (Selbst) konkursrechtliche Maßnahmen haben auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind keinen Einfluss (s RIS‑Justiz RS0113298). Für die Antragsgegnerin ist daher aus dem Verweis auf die Entscheidung 3 Ob 206/12h nichts zu gewinnen. Aus ihr ergibt sich, dass die sich aus der Differenz der Existenzminima nach § 291a und § 291b EO ergebende Unterhaltssondermasse auch der Hereinbringung vor Eröffnung des Konkursverfahrens bereits fällig gewordener Unterhaltsrückstände dient und darauf auch nach Aufhebung des Konkurses infolge Einleitung des Abschöpfungsverfahrens Exekution geführt werden kann. Eine vergleichbare Konstellation liegt hier nicht vor.
3. Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin ist daher mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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