Rechtssatz
Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde nach § 1 Abs 1 GRBG können nur gerichtliche Entscheidungen oder Verfügungen nach Erschöpfung des Instanzenzuges sein. Betroffen sind demnach Beschlüsse, gegen die kein Rechtsmittel zulässig ist, oder Rechtsmittelentscheidungen, die ihrerseits keinem weiteren Rechtszug unterliegen, in letzterem Fall aber nur diese und nicht (auch) die vorangegangenen Entscheidungen von Vorinstanzen.
15 Os 50/02 | OGH | 16.05.2002 |
Vgl auch; Beisatz: Gegenstand der Grundrechtsbeschwerde ist nur die Entscheidung der funktionell letzten Instanz. (T1) |
14 Os 60/09v | OGH | 07.07.2009 |
Beisatz: Eine Grundrechtsverletzung iS des § 1 Abs1 GRBG liegt stets dann vor, wenn eine haftrelevante Vorschrift in letzter Instanz missachtet oder deren Missachtung durch eine Unterinstanz nicht festgestellt und bereinigt, erforderlichenfalls ausgeglichen worden ist. (T2)<br/>Beisatz: Da Art 5 Abs 1 MRK den Freiheitsentzug überhaupt nur „auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise" zulässt, schlagen insoweit Verletzungen einfachgesetzlicher Vorschriften nämlich direkt auf das Grundrecht auf Freiheit und Sicherheit durch (14Os108/08a, 13Os160/08s). (T3) |
14 Os 48/12h | OGH | 12.06.2012 |
Vgl; Beisatz: Da die gegenständliche ‑ mit einem Eingriff in das Grundrecht auf persönliche Freiheit nach Art 5 MRK verbundene ‑ Anordnung der Vorsitzenden auf Vorführung des Angeklagten demnach kein Beschluss, sondern eine auf den Fortgang des Verfahrens gerichtete Verfügung (vgl § 35 Abs 2 zweiter Fall StPO) ist, steht dem Angeklagten kein Instanzenzug offen (§ 1 Abs 1 GRBG), vielmehr unmittelbar dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. (T4) |
14 Os 123/14s | OGH | 01.12.2014 |
Vgl; Beisatz: Gegen eine in der Hauptverhandlung erfolgte – mit einem Eingriff in das Grundrecht auf persönliche Freiheit nach Art 5 MRK verbundene – Verhängung von Beugehaft (§§ 154 Abs 2 iVm § 248 Abs 1 erster Satz, § 93 Abs 2 und Abs 4 StPO) steht dem Betroffenen grundsätzlich unmittelbar dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof zu. Einer bis zum Schluss des Beweisverfahrens erster Instanz nicht effektuierten Verhängung einer Beugehaft, deren Vollzug nach diesem Zeitpunkt zufolge Wegfalls des Zwecks der Maßnahme und des fehlenden Strafcharakters von Beugemitteln aus rechtlichen Gründen unter keinen Umständen in Frage kommt, fehlt es dagegen an funktionaler Grundrechtsrelevanz. (T5) |
11 Os 11/15z | OGH | 06.02.2015 |
Auch; Beisatz: Verfügungen, die sich bloß mittelbar auf das betroffene Grundrecht auswirken, weil sie nicht aktuell über die Verhängung oder Fortsetzung des Freiheitsentzugs absprechen, können mit Grundrechtsbeschwerde nicht bekämpft werden. Der Betroffene hat vielmehr darauf hinzuwirken, dass die aufgeworfene Frage Gegenstand einer haftrelevanten Entscheidung wird. (T6)<br/>Beisatz: Hier: Abberaumung einer Haftverhandlung. (T7) |
Dokumentnummer
JJR_19930330_OGH0002_0110OS00054_9300000_001
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