Spruch:
Benedikt I***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Benedikt I***** befindet sich im oben bezeichneten Strafverfahren seit 19. November 2001 (nunmehr nur) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO in Untersuchungshaft. In der (zwischenzeitig) rechtswirksamen Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 27. März 2002 (ON 73/II) werden ihm die Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten Raubes nach §§ 142 Abs 1, teilweise 15 StGB (A 1 bis 3), sowie die Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 und 15 StGB (B 1 bis 5), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (D), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (E), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB (F) und nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Deliktsfall SMG (G 2) zur Last gelegt. Weiters wurde gemäß § 22 Abs 1 StGB die Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher beantragt. Nach dem Inhalt der Anklageschrift soll Benedikt I***** in Salzburg am 18. November 2001
A) im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mithat O***** durch
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) den nachangeführten Personen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz abgenötigt bzw abzunötigen versucht haben, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:
1) Clemens B***** einen Bargeldbetrag von ca 220,-- ATS (15,99 EUR), dadurch, dass sie gewaltsam den PKW aufbrachen und in drohendem Ton die Herausgabe seines Bargeldes verlangten;
2) Franz G***** einen Bargeldbetrag von 40,-- ATS (2,91 EUR), dadurch, dass sie ihn zu Boden warfen, mit Faustschlägen und Fusstritten traktierten und schließlich in befehlendem Ton die Herausgabe seines Bargeldes verlangten;
3) den damals 9jährigen Andreas T***** und den 12jährigen Thomas K***** zur Herausgabe des von ihnen mitgeführten Bargeldes, indem I***** zunächst Andreas T***** einen wuchtigen Schlag auf den Kopf, wodurch das Kind zu Boden geschleudert wurde und schließlich Thomas K***** ebenfalls einen Schlag auf den Kopf versetzt hatte und wonach die beiden Täter anschließend in drohendem Ton die Herausgabe des von ihnen mitgeführten Bargeldes von den beiden Kindern verlangten, wobei jedoch die Tat beim Versuch geblieben sei;
B) die nachangeführten fremden Sachen beschädigt haben, wobei I*****
an den Sachen einen 2.200,-- EUR übersteigenden Schaden herbeiführte bzw herbeiführen wollte, und zwar:
I) Benedikt I***** in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit
Mithat O*****
1) den PKW des Roland H*****, Mercedes Benz 190, silbergrau, behördliches Kennzeichen ZE-45 ST durch Einschlagen der hinteren Scheibe mit einem unbekannten Gegenstand sowie durch das Versetzen von Fusstritten gegen die Fahrertür, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von zumindestens 5.000,-- ATS (363,36 EUR) entstanden sei;
2) den PKW des Werner S*****, VW Golf Type CL, Kennzeichen S-724 II durch Fusstritte gegen die Fahrertüre, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von mindestens 5.000,-- ATS (363,36 EUR) entstanden sei;
3) den PKW des Christian Alexander P*****, Subaru Justiy, Kennzeichen BGL-YE 27 (D) durch Einschlagen der Scheibe an der Beifahrertür, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von 2.000,-- ATS (145,35 EUR) entstanden sei;
4) den PKW der Sylvia M*****, Peugeot 205, Kennzeichen LL-6 HNG (in welchem sich zur Tatzeit Clemens B***** eingeschlossen hatte), durch Einschlagen dreier Scheiben mit einem Feuerlöscher sowie durch Zerkratzen des Daches und der Beifahrertüre, wodurch ein Sachschaden in der Höhe von mindestens ca 15.000,-- ATS (699,40 EUR) entstanden sei;
II) Benedikt I***** einen weiteren PKW der Marke Skoda Oktavia eines unbekannten Geschädigten dadurch, dass er mit den Beinen gegen die Scheibe der Beifahrertüre sprang, wobei jedoch die Tat beim Versuch geblieben sei und wobei zumindest ein Sachschaden von 2.000,-- ATS an einer Fahrzeugscheibe entstehen sollte;
D) Benedikt I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit
Mithat O***** dadurch, dass sie im Zuge der unter Punkt A 2 beschriebenen Misshandlungen Franz G***** zur Mitteilung seines Bankomatcodes nötigten, einen anderen durch gefährliche Drohung, nämlich durch Androhung weiterer schwerer Misshandlungen und Verletzungen zu einer Handlung genötigt;
E) Benedikt I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit
Mithat O***** dadurch, dass sie im Zuge der unter Punkt A 1 und 2 angeführten Tathandlungen auch die nachangeführten Urkunden erbeuteten und somit den berechtigten Inhabern wegnahmen, Urkunden über die sie nicht verfügen durften, unterdrückt, wobei sie mit dem Vorsatz gehandelt haben, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes bzw einer Tatsache gebraucht werden und zwar:
1) zum Nachteil des Clemens B***** dessen Zulassungsschein und Führerschein;
2) zum Nachteil des Franz G***** dessen Bundesheerdienstausweis, Studentenausweis und ÖBB-Vorteilskarte;
F) Benedikt I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit
Mithat O***** dadurch, dass sie nach ihrer Festnahme gegenüber Khalit Mo***** beide sinngemäß bzw wörtlich äußerten: "Du Schwein, warum hast du uns an die Bullen verraten, das werden wir dir heimzahlen!", einen anderen mit Körperverletzung bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen;
G) den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erworben und
besessen und zwar:
durch den Konsum von fünf Ecstasy-Tabletten sowie durch den weiteren Konsum eines halben Gramms Kokain.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Linz der - gegen die Abweisung seines Enthaftungsantrages (ON 55/II) erhobenen - Beschwerde des Angeklagten nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem genannten Haftgrund an (ON 66).
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde, mit der die unrichtige Beurteilung der Substituierbarkeit des Haftgrundes durch gelindere Mittel (§ 180 Abs 5 Z 4a StPO) moniert wird, erweist sich als nicht zielführend.
Soweit sie (inhaltlich auch) eine Grundrechtsverletzung durch die im Fortsetzungsbeschluss der Untersuchungsrichterin vom 13. Februar 2002 (ON 55) vertretene Rechtsansicht erblickt, verkennt sie, dass Gegenstand der Sonderrechtsbeschwerde nur die Entscheidung der funktionell letzten Instanz ist (Hager/Holzweber GRBG § 1 E 21, Mayerhofer/Steininger GRBG § 1 RN 46, 13 Os 6/01 ua). Wenn auch der Beschwerde beizupflichten ist, dass allein der Terminverlust betreffend die vom Beschwerdeführer mit seiner Zustimmung angestrebte Entgiftungs- und Entzugstherapie keine generelle Grundlage für die Nichtanwendbarkeit eines derartigen gelinderen Mittels darstellen könnte, so verletzt die Entscheidung des Oberlandesgerichtes im Ergebnis aus folgenden Gründen nicht das Grundrecht auf persönliche Freiheit:
Nach den Ausführungen des Sachverständigen für forensische Neuropsychiatrie, Univ. Prof. Dr. B***** liegt beim Angeklagten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vor, welche zwar noch keiner höhergradigen psychischen bzw geistigen Abnormität entspricht, jedoch besteht der dringende Verdacht auf eine Suchterkrankung im Sinn der Polytoxikomanie. Der Angeklagte hat im Rahmen der Untersuchung durch den Sachverständigen geltend gemacht, dass er vom Alkohol und den Drogen wegkommen wolle und sich auch einer Therapie unterziehen möchte. Laut Sachverständigengutachten könnte im Rahmen einer längerfristigen Entwöhnungsbehandlung auch die kombinierte Persönlichkeitsstörung psychotherapeutisch behandelt werden, wobei entscheidend sein wird, ob der Angeklagte den Willen aufbringen kann, eine längerfristige derartige Behandlung durchzuhalten. Die klinische Prognose ist jedoch nicht von vornherein ungünstig (S 211/II). Solange kein durchschlagender Behandlungserfolg erreicht ist, ist weiterhin ein erhebliches Gefährlichkeitspotential naheliegend (S 213/III). Der Angeklagte hat eine Aufnahmebestätigung der *****Klinik, Zweite Psychiatrie, für den Termin 14. Februar 2002 vorgelegt (S 427/I), und eine Bestätigung über die Möglichkeit einer dreimonatigen Entwöhnungsbehandlung im Sonderkrankenhaus für Alkohl- und Medikamentenabhängige, Weizensteinerstraße 11 ab 19. März 2002 (S 429/I). Daraus ergibt sich allerdings nicht der Nachweis der vom Sachverständigen zur Beseitigung der Gefahrenlage vorausgesetzten längerfristigen Behandlung, weshalb unter gebührender Berücksichtigung der sich aus dem Vorleben, der Art der Taten und der Persönlichkeitsstörung im Zusammenhang mit dem Alkohol- und Drogenmissbrauch manifestierenden emminenten Gefährlichkeit die beantragte freiwillige Entwöhnungs- und Entzugstherapie über drei Monate nicht als taugliches Surrogat erweist, um die Gefahr der Begehung neuer Straftaten (iSd § 180 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO) hintanzuhalten.
Die in Wahrheit nur neue Termine des Therapiebeginns geltend machende Stellungnahme des Verteidigers (§ 35 Abs 2 StPO) vermag daran nichts zu ändern.
Benedikt I***** wurde somit in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb seine Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.
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