OGH 2Ob129/16h

OGH2Ob129/16h27.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith, Dr. Musger und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R* G*, vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei F* F*, vertreten durch Dr. Herbert L. Partl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 685.961,37 EUR sA, über die Revisionen beider Parteien und den in der Revision der klagenden Partei enthaltenen Rekurs gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. April 2016, GZ 2 R 44/16m‑110, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 30. Dezember 2015, GZ 69 Cg 21/15k‑103, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E119129

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

1. Die Revision der klagenden Partei wird, soweit sie sich als Rekurs gegen den aufhebenden Teil der angefochtenen Entscheidung richtet, zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die darauf entfallenden Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

2. Im Übrigen wird der Revision der klagenden Partei nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Revision der beklagten Partei teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Teilurteil wird dahin abgeändert, dass es unter Einschluss aller bisher in Rechtskraft erwachsener Teile als weiteres Teilurteil insgesamt zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 6.000,68 EUR samt 4 % Zinsen seit 4. 6. 2009 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 597.001,83 EUR samt Zinsen zu bezahlen, wird abgewiesen.“

Über die Kosten des darauf bezogenen Revisionsverfahrens hat das Erstgericht zu entscheiden.

3. Im Übrigen, hinsichtlich des Zuspruchs weiterer 24.092,62 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 10. 2012 werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird (auch) in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die darauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile sind zwei von vier Kindern des am 15. 6. 2008 verstorbenen Univ.‑Prof. Mag. Dr. F* F* (Erblasser). Dieser hinterließ neben seinen vier Kindern seine zweite Ehefrau, die am 18. 6. 2012 verstorbene K* F*. Eine Schwester der Streitteile und die Ehefrau des Erblassers hatten zu dessen Lebzeiten auf ihren Pflichtteilsanspruch verzichtet, die weitere Schwester der Streitteile gab im Verlassenschaftsverfahren eine Verzichtserklärung ab. Das Verlassenschaftsverfahren ergab einen reinen Nachlass von 48.005,41 EUR, der dem Beklagten mit Beschluss des Verlassenschaftsgerichts vom 22. 4. 2009 eingeantwortet wurde.

In seinem Testament vom 17. 1. 1988 hatte der Erblasser, der im Nebenerwerb Bauer war, den Beklagten zu seinem Alleinerben und gleichzeitig zum Anerben des (ua) mit „Z*“ bezeichneten geschlossenen Hofs iSd § 1 TirHöfeG EZ * bestimmt. Gleichzeitig verfügte er, dass zur Abgeltung der Pflichtteilsansprüche seiner drei Töchter eine Schätzung des Hofs zu erfolgen habe und die Töchter ihren Pflichtteil in Höhe eines Achtels des Schätzwerts erhalten sollten, wobei sie sich auf die „Entfertigungsbeträge“ bestimmte zu Lebzeiten des Erblassers empfangene Leistungen anzurechnen hätten. Betreffend die Klägerin verfügte er die Anrechnung folgender mit 4 % pro Jahr verzinster Beträge:

- 225.750 ATS (= 16.405,89 EUR) für 645 m² Baugrund (Grundstück Nr 939/3) zum 1. 1. 1984;

- 10.275 ATS (= 746,71 EUR) für anfallende Anwaltskosten;

- 50.000 ATS (= 3.633,64 EUR) für 50 m³ Bauholz zum 1. 1. 1979.

Seiner Ehefrau vermachte er ua ein Wohnrecht an der Wohnung im ersten Stock des Wohngebäudes (der Hofstelle).

Mit Übergabsvertrag vom 22. 8. 1991 übertrug der Erblasser den „Z*“ an den Beklagten gegen Einräumung eines lebenslangen und unentgeltlichen Wohnungsrechts an sämtlichen Räumlichkeiten im ersten Stock des Wohngebäudes für sich und seine Ehefrau und sonstige Ausgedingsleistungen. Von der Gesamtfläche des damals 35,2 ha großen Anwesens entfielen 7,2 ha auf Wiesen und Äcker, 26 ha waren Wald. Der Viehbestand umfasste 80 Mutterschafe und rund 140 Lämmer.

Im Zeitpunkt der Hofübergabe lebten der Erblasser mit seiner Ehefrau sowie der Beklagte mit seiner Ehefrau und der gemeinsamen Tochter auf dem Hof. Der Beklagte war damals Landesbeamter mit einer 40-Stunden-Woche. Seit dem Jahr 2004 ist er krankheitsbedingt in Pension und arbeitet zur Gänze am Hof. Der Hof wurde ausschließlich von Familienmitgliedern bewirtschaftet.

Mit Kaufvertrag vom 19. 11. 1992 kaufte der Beklagte den benachbarten geschlossenen Hof „S*“ EZ * um einen Kaufpreis von 12 Mio ATS (= 872.074 EUR). Zur Abdeckung dieses Kaufpreises verkaufte der Beklagte zum „Z*“ gehörige Grundstücke, nämlich am 18. 12. 1992 das 2.500 m² große Grundstück Nr 600 um 5.782.500 ATS (= 420.231 EUR) an die G* mbH * und am 11. 1. 1993 das 4.857 m² große Grundstück Nr 598 sowie zwei weitere kleinere Flächen um 6 Mio ATS (= 436.037 EUR) an die Gemeinde B*.

Am 27. 1. 1999 und am 2. 2. 1999 verkaufte der Beklagte weitere Grundstücke des „Z*s“ und zwar das 354 m² große Grundstück Nr 118/2 um (umgerechnet) 102.905 EUR und das 374 m² große Grundstück Nr 118/3 um (umgerechnet) 108.719 EUR, wovon aber nur Teilflächen und Teilerlöse von 63.663 EUR und 67.442 EUR auf den „Z*“ entfielen. Weitere Verkäufe aus dem Gutsbestand des „Z*s“ folgten in den Jahren 2004 (Verkaufserlös 183.825 EUR) und 2008 (Verkaufserlös 11.137 EUR). Im Zeitraum zwischen 1995 und 2005 verkaufte der Beklagte überdies mehrere Grundstücke aus dem „S*“, wofür er einen Verkaufserlös von insgesamt 1.118.400 EUR lukrierte.

Ab dem Frühjahr 1992 hatte der Beklagte auf dem „Z*“ Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten durchgeführt. Stall und Tenne wurden abgebrochen und in etwa doppelter Größe neu errichtet. Auch Schlachtraum, Kühlraum, Abschneideeinrichtungen etc wurden neu errichtet und an EU-Vorgaben angepasst. Der Bestand an Schafen wurde entsprechend angepasst, wobei der Höchststand etwa 300 Tiere, davon 120 bis 140 Mutterschafe betrug. Die Kosten hat der Beklagte durch seine Grundstücksverkäufe finanziert.

Im Jahr 2002 kaufte der Beklagte zwei in 1600 bis 1800 m Höhe gelegene Asten und einen Almanteil. Er errichtete ein Stall- und ein Wohngebäude und sanierte ein Wirtschaftsgebäude.

Der Wert der Baumaßnahmen und Investitionen in Land- und Almwirtschaftsgebäude samt Nebenanlagen ab dem Übergabezeitpunkt im Jahr 1991 betrug rund 525.000 EUR (Neuwert), zum Stichtag 15. 6. 2008 betrug er noch 434.000 EUR.

Der Beklagte ließ auch die zum Hof gehörige Wohnung im Bauernhaus isolieren und eine Hackschnitzelanlage mit Lagerraum einbauen, was er aus den Erlösen der Grundstücksverkäufe bezahlte. Im Jahr 2002 wurde – zur Vorbereitung der Betriebsübergabe – das Dachgeschoß für seine Tochter und deren Familie ausgebaut. Ohne den Ausbau wäre für die Tochter samt Familie nicht ausreichend Platz im Wohngebäude gewesen.

Die Aufwendungen für das Wohngebäude betrugen 313.564,30 EUR. Der Zeitwert der neuen Dachgeschoßwohnung samt Heizanlage betrug zum Stichtag 15. 6. 2008 rund 355.000 EUR.

Insgesamt stehen den Ausgaben für Käufe und Investitionen (ohne Berücksichtigung des privaten Wohnungsteils) von 1.490.856 EUR Einnahmen aus Verkäufen von 2.412.413 EUR gegenüber. Dies ergibt einen Überschuss von 921.557 EUR.

Die Verkehrswerte der von 1991 bis 2008 aus dem „Z*“ verkauften Flächen betrugen zum Stichtag (richtig) 15. 6. 2008 insgesamt 2.153.000 EUR, jener der aus dem „S*“ verkauften Flächen 1.367.000 EUR.

Der Ankauf des „S*s“ im Jahr 1992, der ausschließlich durch den Verkauf von Grundstücken des „Z*s“ finanziert worden war, führte innerhalb von 12 Jahren zu einem „monetären Überschuss“ und zu einem Flächenzuwachs von rund 13,65 ha. Aus landwirtschaftlicher Sicht war der Zukauf aber nicht notwendig und sinnvoll. Die Leistungsfähigkeit des Betriebs wurde dadurch nicht verbessert.

Die Investition in den Ausbau der Dachgeschoßwohnung war nicht betrieblich bedingt. Auch die (weiteren) Investitionen in das Wohn- und Wirtschaftsgebäude am „Heimhof“ sind zwar als werterhöhend, nicht aber als für die Schafhaltung und die Landwirtschaft betriebsnotwendig anzusehen. Der Zukauf der Asten und die Investitionen in Wohn- und Wirtschaftsgebäude auf den Asten sind für die Bewirtschaftung von 2,5 ha Almgrund nicht ortsüblich und nicht wirtschaftlich. Die Leistungsfähigkeit des Betriebs wurde durch all diese Investitionen nicht erhöht. Um eine nachhaltige Landwirtschaft betreiben zu können, muss ein Lohnanspruch erwirtschaftet werden. Ein Lohnanspruch konnte aber nicht erwirtschaftet werden, sodass die Investitionen nicht aus rein landwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen getätigt wurden. Als betriebsnotwendige Investition kann maximal das sechs- bis achtfache des Rohertrags gewertet werden, das sind rund 300.000 EUR.

Es hat sowohl im Jahr 1991 als auch im Jahr 2008 ein lebender Betrieb bestanden. Es handelt sich der Größe nach um einen „im oberen Bereich durchschnittlichen Betrieb“. Schon vor Zukauf des „S*s“ war es ein größerer Hof als durchschnittlich in B*.

Der Ertragswert des „Z*s“ betrug zum Zeitpunkt der Übergabe am 22. 8. 1991 (umgerechnet) 297.703 EUR, am Todestag des Erblassers inklusive Mietwert 476.233 EUR (unter Einbeziehung der Grundstücke des „S*s“ jedoch 663.067 EUR).

Die Verkehrswerte aller Grundstücke unter Berücksichtigung der Lasten betrugen zum Übergabezeitpunkt 3.127.301 EUR (bei einem Abzug von 86.000 EUR für das im Übergabsvertrag vereinbarte Wohnungsrecht), wovon 1.071.802 EUR auf die als Bauland und Bauerwartungsland gewidmeten Flächen entfielen. Am Todestag des Erblassers betrug die Summe der Verkehrswerte unter Berücksichtigung der Lasten (für das Wohnungsrecht 69.000 EUR) mit den Flächen des „S*s“ 5.922.591 EUR, ohne diese Flächen 4.181.167 EUR, wobei die als Bauland und Bauerwartungsland gewidmeten Flächen mit 572.896 EUR bzw 539.200 EUR veranschlagt wurden. Der Verkehrswert der Alpflächen (Asten und Alm) betrug 297.577 EUR.

Die im Übergabsvertrag vereinbarten Gegenleistungen repräsentierten damals einen Wert von 18.200 EUR, am Todestag des Erblassers einen solchen von 14.300 EUR.

Mit Übergabsvertrag vom 5. 1. 2011 übertrug der Beklagte den landwirtschaftlichen Betrieb samt allen Grundstücken an seine Tochter. Sie führt den Hof als Vollerwerbsbäuerin so weiter, wie sie ihn vom Beklagten übernommen hat. Es gibt weiterhin Wald, Ackerbau, Schafhaltung, Obstanbau samt Schnapsgewinnung und Strohverkauf. Auch sie hat schon zum „Z*“ gehörige Grundstücke veräußert. Sie „lebt“ von den Abschreibungen und Grundstücksverkäufen.

Die Preissteigerung von Grundstücken in B* betrug im Zeitraum von 2011 bis 2015 rund 20 bis 30 %.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 27. 5. 2009 beim Erstgericht eingebrachten Klage zunächst 50.000 EUR sA und brachte vor, jedenfalls dieser Betrag stehe ihr aus dem Titel der Pflichtteilsergänzung zu. Nach mehrfacher Ausdehnung des Klagebegehrens begehrte sie zuletzt Zahlung von 685.961,37 EUR sA, hilfsweise bei sonstiger Exekution in näher bezeichnete Grundstücke. Diesen Betrag errechnete die Klägerin wie folgt:

Ertragswert 663.000 EUR

Baugrundstücke 716.120 EUR

Verkehrswert 50 % 3.386.634,37 EUR

Übernahmswert 4.765.804,37 EUR

(rechnerisch richtig wären 4.765.754,37 EUR)

davon ein Achtel 595.725,54 EUR

 

veräußerte Grundstücke 3.037.881,25 EUR

abzüglich Investitionen 300.000 EUR

2.737.881,25 EUR

davon ein Achtel 342.235,15 EUR

 

Summe 937.960,96 EUR

abzüglich geschenkter Baugrund 258.000 EUR

zuzüglich Nachlasspflichtteil 6.000,68 EUR

Ergebnis 685.961,37 EUR

(rechnerisch richtig wären 685.955,13 EUR).

 

Dazu brachte sie vor, abgesehen vom Nachlasspflichtteil habe sie Anspruch auf den Schenkungspflichtteil, der sich aus der schenkungsweisen Übergabe des „Z*s“ an den Beklagten im Jahr 1991 ergebe. Aus diesem Hof seien bis zum Tod des Erblassers und darüber hinaus laufend Grundstücke abverkauft worden. Der Schenkungspflichtteil errechne sich somit einerseits aus dem Übernahmswert des Hofs und andererseits aus der Nachtragserbteilung gemäß § 25 TirHöfeG. Der Klägerin stehe daher auch ein Achtel aus den Erlösen der verkauften, für den landwirtschaftlichen Betrieb nicht benötigten Grundstücke zu und zwar bis einschließlich 10 Jahre nach dem Tod des Erblassers. Bei der Berechnung des Übernahmswerts seien die noch im Hof vorhandenen Baugrundstücke mit dem Verkehrswert zu bewerten. Für die übrigen Grundstücke sei ein Mischwert zwischen Ertragswert und Verkehrswert heranzuziehen. Bei der Bewertung zum Todeszeitpunkt des Erblassers sei auch der inzwischen im „Z*“ aufgegangene ehemalige „S*“ zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Preissteigerungen von 20 bis 30 % seien die ermittelten Beträge um 25 % „aufzuwerten“.

Der Beklagte verwies auf das Kriterium des Wohlbestehenkönnens, das den Interessen der Miterben vorgehe. Maßgeblich sei der Ertragswert, der Verkehrswert könne im vorliegenden Fall maximal mit einem Zuschlag von 10 % berücksichtigt werden. Es sei vom Wert des übergebenen Hofs in seinem ursprünglichen Umfang und Zustand zum Todeszeitpunkt des Erblassers auszugehen. Alle seit der Übergabe vom Übernehmer getätigten Investitionen und Maßnahmen zur Werterhöhung einschließlich des „S*s“ hätten unberücksichtigt zu bleiben. Der Beklagte habe sämtliche Verkaufserlöse, die aus der Veräußerung von Grundstücken des „Z*s“ stammten, innerhalb der Zweijahresfrist des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG reinvestiert. Die Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 TirHöfeG habe nicht mit dem Tod des Erblassers, sondern mit der Übergabe des Hofes zu laufen begonnen. Alle Veräußerungen aus dem Bestand des „Z*s“, die nach dem 22. 8. 2001 stattgefunden hätten, unterlägen daher nicht mehr der Nachtragserbteilung. Im Übrigen müsse sich die Klägerin auch die Anwaltskosten und den Wert des ihr übergebenen Holzes auf den Pflichtteil anrechnen lassen. Hinsichtlich der Ausdehnungsbeträge wandte der Beklagte die Verjährung ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit einem Betrag von 146.389,93 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren von 539.571,44 EUR sA ab.

Es ging im Wesentlichen vom eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt aus und erörterte rechtlich, die Übergabe im Jahr 1991 sei als Schenkung „voll anrechenbar“. Ein Wohnrecht sei nach der Rechtsprechung nicht als Gegenleistung, sondern als Wertminderung der übergebenen Sache nach versicherungsmathematischen Grundsätzen aufgrund der statistischen Lebenserwartung zu bewerten und zu berücksichtigen. Der Anspruch der Klägerin richte sich nach § 951 ABGB. Maßgeblich sei der Zeitpunkt des Erbanfalls, dabei aber der Zustand der Sache im Zeitpunkt des Empfangs und es seien ebenso alle damals bereits veranschlagbar gewesenen, wenn auch im Zeitpunkt des Erbanfalls aktuell werdenden Umstände zugrunde zu legen. Bei der Ermittlung des Schenkungspflichtteils seien daher Schenkungen mit deren Wert zur Zeit des Erbanfalls ohne Bedachtnahme auf spätere Wertveränderungen zu berücksichtigen.

Die Flächen des „S*s“ seien ebenso wie die beiden Asten in die Berechnungen nicht miteinzubeziehen, weil der Beklagte sie erst nach der Übergabe des „Z*s“ gekauft habe. Die Grundstücksabverkäufe aus dem „S*“ hätten auch bei der (analogen) Nachtragserbteilung nach § 25 TirHöfeG außer Betracht zu bleiben. Heranzuziehen sei der zum Todeszeitpunkt des Erblassers ermittelte Ertragswert des „Z*s“ in Höhe von 476.233 EUR. Der Verkehrswert des „Z*s“ (ohne die Flächen des „S*s“) habe zu diesem Zeitpunkt 4.181.167 EUR betragen. Davon seien zunächst die Verkehrswerte von 539.200 EUR für die als Bauland und Bauerwartungsland gewidmeten Flächen abzuziehen und mit ihrem vollen Verkehrswert in die Berechnung des Übernahmswerts einzubeziehen. Der Verkehrswert der restlichen Flächen (3.641.967 EUR) sei mit einem nach den Umständen des Falls angemessen erscheinenden Zuschlag von 30 % zu berücksichtigen.

Die Verkaufserlöse der bis zehn Jahre nach der Hofübergabe – mit diesem Zeitpunkt und nicht erst mit dem Todeszeitpunkt habe der Fristenlauf begonnen – nur aus dem „Z*“ verkauften Grundstücke betrügen 1.002.107 EUR (1.299.672 EUR abzüglich [200.665 plus 96.900 EUR]). Da der Beklagte den Beweis nicht erbracht habe, dass diese Erlöse reinvestiert worden seien und zu einer Steigerung der Lebensfähigkeit des Hofs geführt hätten, sei dieser Betrag bei der Nachtragserbteilung zu berücksichtigen. Nicht miteinzubeziehen seien hingegen die Verkäufe in den Jahren 2004 und 2005 sowie jene, die erst von der Tochter des Beklagten vorgenommen worden seien.

Daraus ergebe sich folgende Berechnung:

Ertragswert 476.233 EUR

Baugrundstücke 539.200 EUR

Verkehrswert 30 % 1.092.590 EUR

Übernahmswert 2.108.023 EUR

davon ein Achtel 263.502,87 EUR

 

veräußerte Grundstücke 1.002.107 EUR

abzüglich Investitionen 300.000 EUR

702.107 EUR

davon ein Achtel 87.763,38 EUR

 

Summe 351.266,25 EUR

abzüglich geschenkter Baugrund 206.400 EUR

abzüglich Bauholz 2.689 EUR

abzüglich Anwaltskosten 1.788 EUR

Schenkungspflichtteil 140.389,25 EUR

zuzüglich Nachlasspflichtteil 6.000,68 EUR

Ergebnis 146.389,93 EUR

 

Der Anspruch sei nicht verjährt. Es gelte die dreißigjährige Verjährungsfrist, weil der Pflichtteilsanspruch der Klägerin aus dem Testament des Erblassers abgeleitet werden könne.

Diese Entscheidung erwuchs hinsichtlich der Abweisung eines Teilbegehrens von 294.473,19 EUR sA unbekämpft in Rechtskraft.

Das im Übrigen von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil das erstinstanzliche Urteil in seinem abweisenden Umfang sowie hinsichtlich der Stattgebung eines Teilbegehrens von 87.523,68 EUR sA. Hingegen hob es mit Beschluss das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des weiteren Zuspruchs von 58.866,25 EUR sA zur allenfalls ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Zum Teilurteil sprach es aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Ein Ausspruch, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, unterblieb.

Zur Berufung des Beklagten führte das Berufungsgericht aus:

Zuschlag von 30 % des Verkehrswerts:

Nach der Rechtsprechung sei bei der Ermittlung des Übernahmswerts von einer Mischmethode auszugehen und dem Verkehrswert prozentuell höheres Gewicht beizumessen, je kleiner der Betrieb im Verhältnis zum Normbetrieb sei. Auch wenn Ertrags- und Verkehrswert weit auseinanderklafften, könne der Verkehrswert nicht unberücksichtigt bleiben. Vor allem aber sei der Verkehrswert angemessen zu berücksichtigen, wenn der Grundverkehr im maßgeblichen Zeitpunkt und in der fraglichen Region sehr lebhaft sei und eine große Nachfrage nach Grundstücken bestehe. Im vorliegenden Fall sei der die Größe des „Z*s“ schon vor dem Zukauf des „S*s“ im „oberen Bereich durchschnittlicher Betriebe“ anzusiedeln gewesen. Andererseits würden der Ertragswert (476.233 EUR) und der Verkehrswert (3.641.967 EUR) erheblich auseinanderklaffen. Schließlich liege B* im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt Innsbruck in unmittelbarer Nähe großer Industriebetriebe, „sodass man durchaus schon zum damaligen Zeitpunkt von einem erheblichen Wohnbedarf und einer großen Nachfrage an Grundstücken“ habe ausgehen können. Davon zeugten auch die zahlreichen Grundstücksverkäufe des Beklagten (auch aus dem „S*“). Unter diesen Umständen sei der Verkehrswert tendenziell nicht zu gering zu berücksichtigen, sodass der vom Erstgericht vorgenommene Zuschlag von 30 % angemessen angesetzt worden sei.

Bauland/Bauerwartungsland:

Der Beklagte habe den Verkehrswert des Grundstücks Nr 118/8 mit 71.136 EUR ausdrücklich zugestanden. Dass dieses als Bauland gewidmete Grundstück dem landwirtschaftlichen Betrieb diene, habe der Beklagte weder behauptet noch bewiesen. Anders verhalte es sich mit dem Grundstück Nr 939/1, dessen Verkehrswert mit 501.760 EUR festgestellt worden sei. Das Erstgericht habe sich weder mit der Frage der tatsächlichen Verwendung dieser Fläche auseinandergesetzt, noch auch damit, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit die Umwidmung dieses Bauerwartungslands in Bauland in naher Zukunft möglich sein werde. Insoweit sei das erstinstanzliche Urteil aufzuheben.

Nachtragserbteilung:

Der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG sei entgegen der Meinung des Beklagten dahin zu verstehen, dass der bloße Erwerb von der Bewirtschaftung des Hofs dienenden Grundstücken nicht ausreiche, sondern diese müssten auch zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hofs verwendet werden. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, dass auch aus landwirtschaftlicher Sicht unnotwendige, ja geradezu sinnlose Liegenschaftszukäufe eine Nachtragserbteilung ausschließen könnten. Den Feststellungen zufolge sei es weder notwendig noch sinnvoll gewesen, den „S*“ zuzukaufen. Auch sei durch diesen Zukauf die Leistungsfähigkeit des Betriebs in keiner Weise verbessert worden. Der Erlös aus den beiden Verkäufen vom 18. 12. 1992 und 15. 3. 1993 in Gesamthöhe von 856.268 EUR, der in den Ankauf des „S*s“ investiert worden sei, sei daher in die Berechnung des Schenkungspflichtteils einzubeziehen. Dasselbe gelte für die Kosten des Dachbodenausbaus im Wohngebäude und die Anschaffung der Asten, wobei diese Maßnahmen auch außerhalb der Zweijahresfrist des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG vorgenommen worden seien.

In der Frage der Verjährung folgte das Berufungsgericht dem Erstgericht.

Zur Berufung der Klägerin führte das Berufungsgericht aus:

Beginn der Zehnjahresfrist:

Nach § 25 Abs 1 TirHöfeG sei der Tod des Erblassers das fristauslösende Ereignis. Eine sinnvolle analoge Anwendung dieser Bestimmung auf eine Hofübergabe unter Lebenden könne nur dazu führen, die Übergabe als fristauslösendes Ereignis anzunehmen. Die gegenteilige Argumentation der Klägerin würde bedeuten, dass der Geschenknehmer bis zum Tod des Erblassers Verfügungen über Teile des geschlossenen Hofs treffen könnte, ohne der Nachtragserbteilung ausgesetzt zu sein.

Berücksichtigung des Wohnrechts:

Die Klägerin beziehe sich mit ihren Argumenten nur auf das dem Erblasser vorbehaltene Wohnrecht, lasse jedoch unberücksichtigt, dass auch seiner Ehefrau ein Wohnrecht an der Wohnung im ersten Stock eingeräumt worden sei. Es komme auch nicht darauf an, ob die Belastung „irgendwann einmal“ wegfallen werde, sondern darauf, ob dies bereits im Übergabezeitpunkt mit völliger Sicherheit festgestanden sei. Dies sei aufgrund der Höchstpersönlichkeit des Wohnrechts lediglich beim Erblasser anzunehmen, nicht jedoch bei anderen mit einem Wohnrecht bedachten Personen, wie der Ehefrau des Erblassers. Eine Berücksichtigung des Werts des Wohnrechts habe daher zu unterbleiben.

Zur Berechnung des Übernahmswerts verwies das Berufungsgericht auf seine Ausführungen zur Berufung des Beklagten.

Von diesen Erwägungen ausgehend gelangte das Berufungsgericht zu nachfolgender (vorläufiger) „Neuberechnung des Schenkungspflichtteils“:

Ertragswert 476.233 EUR

Baugrundstücke 71.136 EUR

Verkehrswert 30 % 1.092.590 EUR

Übernahmswert 1.639.959 EUR

davon ein Achtel 204.994,87 EUR

 

veräußerte Grundstücke 1.002.107 EUR

abzüglich Investitionen 300.000 EUR

702.107 EUR

davon ein Achtel 87.763,38 EUR

 

Summe 292.758,25 EUR

abzüglich geschenkter Baugrund 206.400 EUR

abzüglich Bauholz 2.689 EUR

abzüglich Anwaltskosten 1.788 EUR

Schenkungspflichtteil 81.523 EUR

(rechnerisch richtig wären 81.881,25 EUR)

zuzüglich Nachlasspflichtteil 6.000,68 EUR

Ergebnis 87.523,68 EUR

(rechnerisch richtig wären 87.881,93 EUR)

 

Im Umfang dieses Zuspruchs (und seines abweisenden Teils) sei das angefochtene Urteil zu bestätigen. Im Zuspruch weiterer 58.866,25 EUR (rechnerisch richtig wären 58.508 EUR) sA sei es hingegen aufzuheben.

Die ordentliche Revision gegen das Teilurteil sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage bestehe, wann die Zehnjahresfrist des § 25 TirHöfeG in den Fällen der Übergabe des Erbhofs zu Lebzeiten des Erblassers zu laufen beginne. Gleiches gelte für die Frage, ob Grundstücke nur dann als der Bewirtschaftung eines geschlossenen Hofs dienend angesehen werden könnten, wenn sie zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hofs beitrügen.

Gegen dieses Berufungsurteil richten sich die Revisionen beider Parteien wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und – jene des Beklagten – auch wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und Aktenwidrigkeit. Während die Klägerin den Zuspruch weiterer 245.098,25 EUR sA begehrt, strebt der Beklagte (in dem vom Teilurteil erfassten Umfang) die Abweisung des Klagebegehrens an. Hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt.

In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils das Rechtsmittel der Gegenseite als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Die Revision der Klägerin ist, soweit sie als Rekurs zu behandeln ist, unzulässig. Im Übrigen sind beide Revisionen aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Nur das Rechtsmittel des Beklagten ist auch teilweise berechtigt.

Die Klägerin macht zur Zehnjahresfrist des analog anzuwendenden § 25 Abs 1 TirHöfeG geltend, aus der Entscheidung 6 Ob 292/03i sei abzuleiten, dass der Erlös aus der Veräußerung von Baugrundstücken auch dann in die Pflichtteilsberechnung einzubeziehen sei, wenn die Veräußerung mehr als zehn Jahre nach der Übergabe eines geschlossenen Hofs, aber innerhalb von zehn Jahren nach dem Tod des Erblassers erfolge. Die Zehnjahresfrist werde in diesen Fällen um die Zeit zwischen der Übergabe des Hofs und dem Tod des Erblassers verlängert. Dies führe dazu, dass auch die nach Ablauf von zehn Jahren ab Hofübergabe verkauften Grundstücke im Wert von 297.555 EUR der Nachtragserbteilung unterlägen, wovon der Klägerin ein Achtel, somit ein Betrag von 37.194,36 EUR zustehe.

Nach der Rechtsprechung habe das Wohnrecht bei der Bewertung der geschenkten Sache außer Betracht zu bleiben, weil bereits im Zeitpunkt der Übergabe mit völliger Sicherheit feststehe, dass die Belastung irgendwann wegfallen werde. Dies müsse selbstverständlich nicht nur für den Erblasser, sondern auch für die zweite Wohnberechtigte, seine Ehefrau, gelten. Diese sei noch vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung verstorben. Im Übrigen habe der Sachverständige das Wohnrecht beider Wohnberechtigten und nicht etwa nur jenes der Ehefrau des Erblassers mit 69.000 EUR bewertet. Dieser Betrag hätte jedenfalls nicht in Abzug gebracht werden dürfen. Richtigerweise hätte der Klägerin ein Achtel davon, dies seien 8.625 EUR, zugesprochen werden müssen.

Bei der Ermittlung des Übernahmswerts sei nach den festgestellten Umständen ein Zuschlag von 50 % des Verkehrswerts zu berücksichtigen. Der Zweck der Festsetzung eines besonders niedrigen Übernahmswerts im Verhältnis zum wahren Wert der Liegenschaft, das Wohlbestehenkönnen des Anerben, trete hier in den Hintergrund, weil der Beklagte und inzwischen auch seine Tochter nur von den Grundstücksverkäufen leben würden, nicht aber vom Ertrag aus dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Auch die Vermeidung der Zersplitterung des geschlossenen Hofs müsse als Begründung für die Festsetzung eines niedrigen Übernahmswerts außer Betracht bleiben, weil die Familie des Beklagten seit 1991 Grundstücke verkaufe und mit weiteren Verkäufen in Zukunft zu rechnen sei. Es könne daher nicht der Ertragswert im Vordergrund stehen.

Richtigerweise sei von folgender Berechnung auszugehen:

Ertragswert 476.233 EUR

Baugrundstücke 539.200 EUR

Verkehrswert 50 % 1.855.483 EUR

Übernahmswert 2.870.916 EUR

davon ein Achtel 358.864,50 EUR

 

veräußerte Grundstücke 2.200.000 EUR

abzüglich Investitionen 300.000 EUR

1.900.000 EUR

davon ein Achtel 237.500 EUR

 

Summe 596.364,50 EUR

abzüglich 210.877 EUR

Schenkungspflichtteil 385.487,50 EUR

zuzüglich Nachlasspflichtteil 6.000,68 EUR

Ergebnis 391.488,18 EUR

 

Der Beklagte wendet sich gegen die zweitinstanzliche Auslegung der Ausnahmebestimmung des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG. Angesichts der Gesetzesmaterialien, der vergleichbaren Regelungen in § 18 Abs 3 AnerbenG und in § 22 Kärntner ErbhöfeG und der in der Erhaltung lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe liegenden Zielrichtung der höferechtlichen Sonderbestimmungen sei § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG dahin zu interpretieren, dass schon der Erwerb des Eigentums an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofs dienen, per se als Ausschlusskriterium für die Nachtragserbteilung ausreiche. Doch selbst wenn die gesetzlichen Erfordernisse kumulativ vorliegen müssten, wäre der Ausnahmetatbestand erfüllt, habe sich doch der Ertragswert ohne den zugekauften „S*“ auf 476.233 EUR erhöht, mit diesem jedoch auf 663.067 EUR. Das Berufungsgericht habe sich mit dem offenkundigen Widerspruch zwischen dieser Ertragswertentwicklung und der von ihm übernommenen Feststellung, der Ankauf des „S*s“ wäre aus landwirtschaftlicher Sicht nicht notwendig und nicht sinnvoll gewesen, nicht auseinandergesetzt. Richtigerweise wären daher die aus den Liegenschaftsverkäufen in den Jahren 1992/1993 erzielten und ausschließlich der Finanzierung des Erwerbs des „S*s“ dienenden Erlöse in die Nachtragserbteilung nicht einzubeziehen gewesen. Dasselbe gelte für die zur Anschaffung der beiden Asten aus den aus dem Jahr 1999 stammenden Veräußerungserlösen.

Die Ermittlung des Übernahmswerts entspreche nicht den höferechtlichen Zielsetzungen, da der Verkehrswert in Relation zum Ertragswert zu stark gewichtet worden sei. In der Entscheidung 6 Ob 292/03i habe der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass auf größere Höfe der als oberste Prämisse geltende Grundsatz des Wohlbestehenkönnens voll anzuwenden und der Ertragswert heranzuziehen sei. Selbst wenn der Oberste Gerichtshof in seiner insoweit uneinheitlichen Rechtsprechung eine Berücksichtigung des Verkehrswerts auch bei lebenden landwirtschaftlichen Betrieben angeordnet habe, sei bisher niemals der Verkehrswert mit einem derartig hohen Zuschlag berücksichtigt worden, wie im gegenständlichen Fall. Hinsichtlich der angeblich hohen Nachfrage nach Grundstücken, mit welcher das Berufungsgericht den hohen Zuschlag begründet habe, lägen weder erstgerichtliche Feststellungen vor, noch habe das Berufungsgericht ein Beweisverfahren durchgeführt. Dies werde als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und als Aktenwidrigkeit gerügt. Der Zielsetzung des Höferechts entsprechend und der angemessenen Berücksichtigung des Interesses des Weichenden bei Auseinanderklaffen von Ertrags- und Verkehrswert Rechnung tragend, wäre die Berücksichtigung des Verkehrswerts mit maximal einem Zuschlag von 10 % des Verkehrswerts der landwirtschaftlichen Grundstücke sowie der Baulandgrundstücke, sowie von 3 % des Verkehrswerts der forstwirtschaftlichen Grundstücke angemessen.

Der Beklagte steht auch weiterhin auf dem Standpunkt, die Ausdehnungsbeträge seien nach § 1487 ABGB verjährt. Es fehle ferner Rechtsprechung zur Frage, inwieweit es sich bei der Schaffung von Wohnraum für die potenzielle Hofübernehmerin um betriebsnotwendige Ausgaben handle.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

I. Zu beiden Revisionen:

1. Allgemeines:

1.1 Für den vorliegenden Fall ist die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des ErbRÄG 2015 maßgeblich (§ 1503 Abs 1 Z 1 und 2 ABGB). Die im Folgenden zitierten Gesetzesbestimmungen sind daher jene der anzuwendenden Fassung vor dem ErbRÄG 2015.

1.2 Klagebegehren:

a) Gemäß § 785 Abs 1 ABGB sind auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Anspruch auf den Schenkungspflichtteil richtet sich gegen den Nachlass bzw die Erben. Der Schenkungspflichtteil ist also zunächst bis zur Höhe des Werts des reinen Nachlasses vom Erben zu berichtigen. Nur dann und insoweit der Nachlass (nach Befriedigung der Nachlasspflichtteile) zur Deckung des Schenkungspflichtteils nicht ausreicht, kann der Noterbe gemäß § 951 Abs 1 ABGB den Fehlbetrag vom Beschenkten fordern und sich aus dem Geschenk befriedigen (2 Ob 91/16w mwN; RIS-Justiz RS0012941).

b) Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, dass der dem Beklagten eingeantwortete reine Nachlass 48.005,41 EUR betrug, wovon die Klägerin einen – vom Beklagten unbestrittenen – Pflichtteil von einem Achtel (6.000,68 EUR) begehrt. Ein Teil des Nachlasses steht somit auch für die Deckung eines allfälligen Anspruchs der Klägerin auf den Schenkungspflichtteil zur Verfügung. Dies ist grundsätzlich deshalb von Bedeutung, weil nur für die darüber hinausgehenden Ansprüche § 951 ABGB die Anspruchsgrundlage bildet und der Klägerin – ihrem Eventualbegehren entsprechend – der Ausfall am Pflichtteil bei Exekution (nur) in die geschenkte Sache zugesprochen werden könnte (2 Ob 91/16w mwN; RIS-Justiz RS0012943, RS0079874).

c) Der Beklagte hat sich jedoch während des anhängigen Rechtsstreits der geschenkten Sache entäußert, indem er den geschlossenen Hof mit Übergabsvertrag vom 5. 1. 2011 an seine Tochter übertrug. Gemäß § 952 ABGB haftet der Beschenkte (nach § 951 ABGB), wenn er die geschenkte Sache oder ihren Wert nicht mehr besitzt, nur insofern, als er sie unredlicherweise aus dem Besitz gelassen hat. Unredlich ist der Beschenkte schon dann, wenn er das Geschenk an einen Dritten weitergegeben hat, obwohl er nach den Umständen mit einer künftigen Schenkungsanfechtung eines Pflichtteilsberechtigten hätte rechnen müssen (vgl 9 Ob 48/09p SZ 2009/146; RIS-Justiz RS0012958). Umso eher wird Unredlichkeit angenommen, wenn der Beschenkte die geschenkte Sache trotz Anhängigkeit des Pflichtteilsergänzungsverfahrens weiter veräußert hat (vgl 5 Ob 526/95; 1 Ob 1592/95; 9 Ob 57/07h; RIS-Justiz RS0019026). In diesen Fällen hat das Klagebegehren nur auf Zahlung des Ausfalls am Pflichtteil zu lauten (RIS-Justiz RS0019039).

d) Dieser Rechtslage entsprechen die Entscheidungen der Vorinstanzen, denen der Beklagte insoweit auch nichts entgegensetzt.

1.3 Die Vorinstanzen haben – offenbar wegen der gering bewerteten Gegenleistungen, zu denen sich der Beklagte im Übergabsvertrag vom 22. 8. 1991 verpflichtet hatte – keine Schenkungsquote ermittelt, sondern die Übergabe als „voll anrechenbare“ Schenkung qualifiziert. Diese Vorgangsweise blieb im Rechtsmittelverfahren unbeanstandet.

1.4 Für die Ausmittlung des Schenkungspflichtteils ist der Zeitpunkt des Erbanfalls maßgeblich. Es ist nicht der Wert des Geschenks zur Zeit des Empfangs in Geld zu bewerten und der ermittelte Geldwert nach einem Index aufzuwerten, sondern der Wert des Geschenks im Zeitpunkt des Erbanfalls zu bestimmen, wobei der Zustand der Sache im Zeitpunkt des Empfangs und alle damals bereits veranschlagbaren, wenn auch erst im Zeitpunkt des Erbanfalls aktuell werdenden Umstände zugrunde zu legen sind (2 Ob 96/16f; RIS-Justiz RS0012973). Wertsteigerungen, die auf eine Tätigkeit des Geschenknehmers (nach der Übernahme) zurückzuführen sind, bleiben außer Betracht. Belastungen, die der Geschenknehmer zu übernehmen hatte, sind als wertmindernd anzusetzen (2 Ob 529/95; 7 Ob 162/05g; 6 Ob 154/06z SZ 2006/134). Nach dem Erbanfall eintretende Wertveränderungen haben ebenfalls unberücksichtigt zu bleiben (RIS-Justiz RS0012922).

1.5 Danach hatten – wie dies die Vorinstanzen richtig erkannten – Wertsteigerungen, die sich aus dem Zukauf des „S*s“ im Jahr 1992 und dem Abverkauf zu dessen Gutsbestand gehörender Grundstücke ergaben, ebenso außer Betracht zu bleiben, wie jene Verkäufe, die erst von der Tochter des Beklagten ab dem Jahr 2011 vorgenommen worden sind.

2. Zum Übernahmswert:

2.1 Wird ein Erbhof schon zu Lebzeiten des Erblassers übergeben und liegt darin zumindest eine gemischte Schenkung, sind nach nunmehr ständiger Rechtsprechung bei Ermittlung des Pflichtteilsanspruchs (Schenkungspflichtteils) die höferechtlichen Bestimmungen über den Übernahmspreis (Übernahmswert) analog anzuwenden (6 Ob 359/97f SZ 71/112; 6 Ob 292/03i SZ 2004/16; 6 Ob 154/06a SZ 2006/134; 6 Ob 140/11y; RIS‑Justiz RS0012934, RS0017994; Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4 III Höferecht Rz 7; aA und auf bäuerliches Gewohnheitsrecht als allein maßgebliche Rechtsquelle rekurrierend Zemen, Zum Übernahmswert bei der bäuerlichen Hofübergabe, JBl 2009, 560).

2.2 Als geschlossener Hof gilt gemäß § 1 TirHöfeG jede landwirtschaftlich mit einem Wohnhaus versehene Besitzung, deren Grundbuchseinlage sich in der Höfeabteilung des Hauptbuchs befindet. Die Erbteilungsvorschriften des Tiroler Höferechts sind daher ohne Rücksicht auf die Lebensfähigkeit des Hofs anzuwenden, wenn der Hof nur in die Abteilung I des Hauptbuchs des Grundbuchs eingetragen ist; allein damit wird die Frage der Eigenschaft eines Hofs als geschlossener Hof beantwortet (RIS‑Justiz RS0063726). Auf die Größe des Hofs und dessen Ertragswert kommt es nicht an (6 Ob 121/10b; 6 Ob 109/11i; 6 Ob 156/13d).

2.3 Nach § 21 Abs 1 TirHöfeG ist der Übernahmswert so festzusetzen, dass der Übernehmer wohl bestehen kann. Darunter versteht man, dass der Übernehmer in der Lage sein muss, die Ansprüche der Noterben ohne größere wirtschaftliche Nachteile zu befriedigen; er darf insbesondere nicht genötigt sein, lebenswichtige Teile der Wirtschaft zu verkaufen (1 Ob 184/72 SZ 45/89; RIS-Justiz RS0063871). Dieser – auch außerhalb des Höferechts geltende  – Grundsatz des Wohlbestehenkönnens beruht auf bäuerlichem Gewohnheitsrecht im Interesse der Erhaltung eines bäuerlichen Betriebs. Auf ihn ist auch in Fällen der Übergabe bäuerlicher Betriebe schon zu Lebzeiten des Erblassers angemessen Rücksicht zu nehmen (6 Ob 154/06a SZ 2006/134; RIS-Justiz RS0022391). Geschützt werden soll der bäuerliche Mittelbetrieb, dessen Durchschnittsertrag zur Erhaltung einer bäuerlichen Familie ausreicht. Nach dem Tiroler Höferecht soll dies eine Familie von mindestens fünf Köpfen sein, ohne das Vierfache eines solchen Ertrags zu überschreiten (vgl § 3 Abs 1 und § 5 Abs 1 TirHöfeG; 1 Ob 184/72 SZ 45/89; 6 Ob 292/03i SZ 2004/16).

2.4 Bei der Festsetzung des Übernahmswerts ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung (§ 21 Abs 1 TirHöfeG) der Ertragswert der entscheidende Orientierungspunkt (RIS-Justiz RS0050409), jedoch nicht die einzige Richtschnur, sollen doch die Mit- und Noterben nicht leer ausgehen (RIS-Justiz RS0063847). Es hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Ertragswert noch durch einen Zuschlag zu erhöhen oder durch einen Abschlag zu vermindern ist (Kathrein, Anerbenrecht § 21 Tiroler HöfeG Anm 3). In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurden folgende Kriterien entwickelt:

a) Bei kleineren als den Normbetrieben soll der Übernehmer bei der Wertermittlung im Pflichtteilsprozess zwar auch noch begünstigt werden, dem Ertragswert kommt aber nicht mehr die primäre und entscheidende Rolle zu. In diesen Fällen ist eine Mischmethode zwischen Ertrags- und Verkehrswert anzuwenden und dem Verkehrswert ein prozentuell höheres Gewicht beizumessen, je kleiner der Betrieb im Verhältnis zum Normbetrieb (ausreichender Ertrag für eine fünfköpfige Familie) ist (6 Ob 292/03i SZ 2004/16; 6 Ob 156/13d).

b) Bei der Wertermittlung darf der Verkehrswert jedenfalls auch dann nicht unberücksichtigt bleiben, wenn Ertragswert und Verkehrswert weit auseinanderklaffen (6 Ob 181/00m; 6 Ob 227/10s; 6 Ob 109/11i; 6 Ob 156/13d).

c) Nach der Entscheidung 6 Ob 108/97v SZ 71/180 ist der Verkehrswert in verstärktem Maß auch dann zu berücksichtigen, wenn der Grundverkehr im maßgeblichen Zeitpunkt und in der fraglichen Region sehr lebhaft ist und eine große Nachfrage nach Grundstücken besteht. Diese Aussage bezog sich allerdings auf walzende Grundstücke, also solche, die nicht zum Gutsbestand des geschlossenen Hofs gehören (ebenso bereits 6 Ob 2/90).

2.5 Da die Ermittlung des Übernahmswerts eine Ermessensentscheidung ist, ist die Frage, inwieweit Ertragswert- und Verkehrswertkomponenten ihren Niederschlag im Übernahmswert finden sollen, regelmäßig von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig (6 Ob 227/10s mwN; 6 Ob 88/12b; 6 Ob 156/13d). Dem Gericht steht dabei ein sehr weiter Ermessensspielraum zu (6 Ob 156/13d).

2.6 Im vorliegenden Fall betrug der Ertragswert des geschlossenen Hofs zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers 476.233 EUR. Es handelte sich wie schon im Zeitpunkt der Übergabe um einen lebenden, seiner Größe nach „im oberen Bereich durchschnittlichen Betrieb“, also um einen Normbetrieb, dessen Durchschnittsertrag zur Erhaltung einer bäuerlichen Familie iSd Tiroler Höferechts ausreicht. Von diesem Ertragswert geht auch die Klägerin in ihren Berechnungen aus.

Die Verkehrswerte betrugen insgesamt 4.181.167 EUR. Davon entfielen jedoch 539.200 EUR auf Bauland und Bauerwartungsland, wobei zufolge des hier nicht zu überprüfenden Aufhebungsbeschlusses (mit einer Ausnahme) noch zu klären sein wird, wie diese Flächen zu bewerten sind. Der um die Baugrundstücke bereinigte Verkehrswert beläuft sich auf 3.641.967 EUR, also das rund Siebeneinhalbfache (bei Einbeziehung aller Baugrundstücke das rund Neunfache) des Ertragswerts. Unter diesen Prämissen könnte ein Zuschlag zum Ertragswert nur durch das „Auseinanderklaffen“ von Ertragswert und Verkehrswert gerechtfertigt sein.

2.7 In den bisherigen Fällen (allesamt Verlassenschaftssachen), bei denen das weite „Auseinanderklaffen“ von Ertragswert und Verkehrswert bei der Ermittlung des Übernahmswerts (auch) von Bedeutung war, wurde entschieden:

a) In 6 Ob 181/00m war ein Fall zu beurteilen, in welchem der Ertragswert des geschlossenen Hofs, auf dem niemals eine Landwirtschaft betrieben worden war, mit Null und der Verkehrswert mit über 2 Mio ATS bewertet wurde. Der Übernahmswert wurde mit dem arithmetischen Mittel zwischen Ertragswert und Verkehrswert, im Ergebnis also mit dem halben Verkehrswert festgesetzt.

b) In 6 Ob 227/10s stand der Ertragswert des geschlossenen Hofs von 30.000 EUR einem Verkehrswert von 194.000 EUR gegenüber. Aufgrund des geringen jährlichen Ertrags konnte die Erhaltung eines lebensfähigen bäuerlichen Betriebs nicht mehr erreicht werden. Der Übernahmswert wurde mit Billigung des Obersten Gerichtshofs mit 100.000 EUR festgesetzt, was einem Zuschlag von 36 % des Verkehrswerts zum Ertragswert entsprach.

c) In 6 Ob 109/11i hatte der Erblasser einen geschlossenen Hof hinterlassen, der im Flächenwidmungsplan als „Wohngebiet“ gewidmete Grundstücke umfasste. Der beträchtliche Verkehrswert dieser Grundstücke, der zusammen mehr als die Hälfte des Verkehrswerts des geschlossenen Hofs ausmachte, konnte nicht unberücksichtigt bleiben. Der Oberste Gerichtshof billigte die von den Vorinstanzen vorgenommene Gewichtung des Ertragswerts zu zwei Drittel und des Verkehrswerts zu einem Drittel.

d) Zu 6 Ob 156/13d waren einzelne, laut Flächenwidmungsplan im Freiland liegende Grundstücke im örtlichen Raumordnungskonzept als Erweiterungsbereich für Sondernutzungen betrieblicher Art oder Mischnutzung vorgesehen. Es wurde der „normale“ Verkehrswert (Variante 1) und – im Hinblick auf eine „allfällige Umwidmungsmöglichkeit im Sinn des Raumordnungskonzepts“ – ein deutlich höherer Verkehrswert (Variante 2) berechnet. Das Rekursgericht orientierte sich an Variante 1 und gelangte mit Billigung des Obersten Gerichtshofs zu einer Gewichtung zwischen Ertragswert und Verkehrswert im Verhältnis von einem zu zwei Drittel.

2.8 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist dem Beklagten darin zu folgen, dass der von den Vorinstanzen als angemessen erachtete Zuschlag von 30 % des um die Baugrundstücke bereinigten Verkehrswerts zum vollen Ertragswert, zu dem auch noch die (restlichen) Baugrundstücke mit ihrem vollen Verkehrswert kommen könnten, dem hier zu berücksichtigenden Grundsatz des Wohlbestehenkönnens nicht entspricht. Nach der Berechnungsmethode der Vorinstanzen würde sich daraus (unter Vernachlässigung der Baugrundstücke) ein Übernahmswert von 1.568.823 EUR (476.233 plus 1.092.590) ergeben. Dies entspräche nahezu exakt dem arithmetischen Mittel zwischen Ertragswert und (bereinigtem) Verkehrswert (3.641.967 minus 476.233 = 3.165.734 : 2 = 1.582.867), wie es der Oberste Gerichtshof in 6 Ob 181/00m im Falle eines nur pro forma bestehenden geschlossenen Hofs mit einem Ertragswert Null für sachgerecht hielt. Die Berechnung der Vorinstanzen kommt auch dem in 2 Ob 227/10s erzielten Ergebnis nahe, wo bei einem nicht lebensfähigen Hof ein Zuschlag von 36 % des Verkehrswerts vorgenommen wurde.

2.9 Mit den genannten Fällen ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar.

a) Soweit die Klägerin gar eine Erhöhung des Zuschlags auf 50 % des Verkehrswerts anstrebt, entfernt sie sich von der erörterten Judikatur. Die Feststellung, dass die Tochter des Beklagten „von den Grundstücksverkäufen leben“ würde, widerlegt nicht die sich aus den Feststellungen zu Ertragswert und „lebendem“ Betrieb abzuleitende Qualität des geschlossenen Hofs als Normbetrieb iSd Tiroler Höferechts. In der Revision der Klägerin wird auch gar nicht konkret behauptet, dass und in welchem Umfang der Betrieb kleiner als der im Tiroler Höferecht vorgesehene Normbetrieb (fünfköpfige Familie) sein soll. Der Abverkauf von Grundstücken fließt ohnedies in die noch folgenden Überlegungen zur Nachtragserbteilung ein.

b) Aber auch die vom Beklagten gewünschte Reduktion des Zuschlags auf 10 % und nur 3 % bei den Forstgrundstücken wird den konkreten Umständen nicht gerecht. Angesichts der nicht unbedeutenden Differenz zwischen Ertragswert und Verkehrswert hält der Senat eine Gewichtung von 80 % des Ertragswerts zu 20 % des Verkehrswerts für angemessen. Dabei ist nach der in 6 Ob 109/11i und 6 Ob 156/13d für sachgerecht empfundenen „Mischmethode“ vorzugehen. Für eine unterschiedliche Bewertung von land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken innerhalb des geschlossenen Hofs besteht kein Anlass. Das bedeutet, dass der Ertragswert mit 380.986,40 EUR und der (bereinigte) Verkehrswert vorerst, dh vorbehaltlich der Bewertung der Baugrundstücke, mit 728.393,40 EUR in die Berechnung des Übernahmswerts Eingang findet.

c) Auf Grundverkehr und Nachfrage in der betroffenen Region zum maßgeblichen Zeitpunkt, die der Oberste Gerichtshof in die Bewertung von walzenden Grundstücken miteinbezog, ist bei der Ermittlung des Übernahmswerts für einen geschlossenen Hof als gesondertes Kriterium nicht Bedacht zu nehmen. Den in diesem Zusammenhang vom Beklagten gerügten Verfahrensverstößen fehlt es schon deshalb an der erforderlichen Relevanz.

3. Zur Nachtragserbteilung (allgemein):

3.1 § 25 TirHöfeG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl 1989/657 hat folgenden Wortlaut:

(1) Überträgt der Anerbe innerhalb von zehn Jahren nach dem Tod des Erblassers oder, falls er minderjährig ist, nach dem Eintritt der Volljährigkeit das Eigentum am ganzen Hof oder an dessen Teilen durch ein oder mehrere Rechtsgeschäfte unter Lebenden auf einen anderen, so hat er jenen Betrag zur Nachtragserbteilung herauszugeben, um den der bei einem Verkauf erzielbare Erlös den Übernahmswert übersteigt. Der Ersatz für Teile des Hofes ist nach dem Verhältnis ihres Übernahmswertes zu jenem des ganzen Hofes zu berechnen. Vom erzielbaren Erlös ist der Wert allfälliger vom Anerben bewirkter Verbesserungen abzuziehen.

(2) Abs. 1 ist bei einer Zwangsversteigerung des Hofes oder seiner Teile sinngemäß anzuwenden, soweit ein den Übernahmswert übersteigender Teil des Meistbotes dem Verpflichteten aus der Verteilungsmasse zugewiesen wird.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für den Erwerb des Eigentums am Hof oder an dessen Teilen durch den Ehegatten, einen Elternteil oder ein Kind des Anerben, wohl aber für die Übertragung des von diesen erworbenen Eigentums auf einen anderen.

(4) Eine Nachtragserbteilung unterbleibt insoweit, als der Anerbe

1. den Erlös innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt für den Erwerb des Eigentums an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofes dienen, oder sonst zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hofes verwendet oder

2. durch Tausch das Eigentum an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofes dienen, erwirbt; dabei ist eine zur Übertragung des Eigentums tretende Mehrleistung des Anerben bei einer späteren Nachtragserbteilung als anrechenbare Verbesserung (Abs. 1) anzusehen.

(5) Die Durchführung einer Nachtragserbteilung können die übrigen Miterben des Anerben und deren gesetzliche Erben beantragen. Dieses Recht erlischt drei Jahre nach der Einverleibung des Eigentums des Erwerbers.

3.2 Zur „analogen“ Anwendung im Pflichtteilsprozess:

a) Der Oberste Gerichtshof hat erstmals in der das (damalige) KrntErbhöfeG idF BGBl 1930/235 betreffenden Entscheidung 1 Ob 21/65 SZ 38/47 (dazu Zemen, Bäuerliche Hofübergabe unter Lebenden und [anerbenrechtliche] Nachtragserbteilung – Bäuerliches Gewohnheitsrecht und Rechtsprechung, JBl 2010, 487 [490 ff]) zum Ausdruck gebracht, dass die in den Anerbengesetzen enthaltenen Bestimmungen über die Nachtragserbteilung (dort § 14a leg cit) in einem Pflichtteilsprozess nach Schenkung eines Erbhofs unter Lebenden „sinngemäße Anwendung“ zu finden hätten. Die Bestimmung sei ein Korrektiv im Interesse der zunächst gewichenen Geschwister des Übernehmers, der nach Preisgabe des Erbhofs nicht länger begünstigungswürdig erscheine.

b) In der ebenfalls zum KrntErbhöfeG ergangenen Entscheidung 6 Ob 7/95 (vgl auch dazu Zemen aaO [492 ff]) verwies der Oberste Gerichtshof auf die Grundsätze des Vorjudikats, hielt sie im konkreten Fall mangels Noterbeneigenschaft des Klägers aber nicht für anwendbar.

c) Zu 6 Ob 359/97f SZ 71/112 sprach der Oberste Gerichtshof (wieder zum KrntErbhöfeG) klarstellend davon, dass im Falle von Übergabsverträgen bäuerlicher Unternehmen unter Lebenden nicht nur die Bestimmungen über den Übernahmspreis, sondern auch jene über die Nachtragserbteilung analog heranzuziehen seien, wenn die Voraussetzungen für eine Zugrundelegung des Wohlbestehenswerts wegen Veräußerung des übergebenen landwirtschaftlichen Betriebs oder Teilen hievon weggefallen seien. Fielen die Voraussetzungen für die Heranziehung des Übernahmspreises durch nachträgliche Veräußerung weg, dann komme auch nach Höferecht und entsprechend bei dessen analoger Anwendung bei Veräußerung noch unter Lebenden bei Ermittlung des Schenkungspflichtteils der Verkehrswert der Grundstücke zum Tragen.

d) Diese Rechtsprechung verfestigte sich schließlich zum Rechtssatz (6 Ob 292/03i SZ 2004/16; 6 Ob 275/07w SZ 2008/177; RIS-Justiz RS0110354, RS0012934; auch Eccher in Schwimann/Kodek, ABGB4 III Höferecht Rz 7). Dieser findet seine Rechtfertigung darin, dass an die Stelle des (ganz oder teilweise) unentgeltlich zugewendeten Erbhofs oder Teilen davon (als Surrogat) der erzielte Verkaufserlös tritt, der, soweit er den (anteiligen) Übernahmswert überschreitet, den Wert des Geschenks und damit die für den Schenkungspflichtteil maßgebliche Bemessungsgrundlage erheblich beeinflussen kann. Der erkennende Senat schließt sich daher der bisherigen Rechtsprechung dahin an, dass die in den Anerbengesetzen, so auch in § 25 TirHöfeG, verankerten Bestimmungen über die Nachtragserbteilung nach Übergabe eines Erbhofs unter Lebenden im Pflichtteilsprozess des weichenden Noterben analoge bzw (besser) sinngemäße Anwendung zu finden haben. Dies wirft, wie der Anlassfall zeigt, Auslegungsfragen auf. Darauf wird im Folgenden näher einzugehen sein.

II. Zur Revision der Klägerin:

1. Teilweise Unzulässigkeit:

Laut Anfechtungserklärung richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin gegen die Bestätigung des abweisenden Teils der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Teilurteil des Berufungsgerichts. Soweit sie in ihre Berechnung aber den Verkehrswert der Baugrundstücke mit einem Betrag von 539.000 EUR miteinbezieht und daraus einen Mehrzuspruch ableitet, wendet sich das Rechtsmittel inhaltlich auch gegen den Aufhebungsbeschluss und ist daher als Rekurs zu werten. Denn das Berufungsgericht sah die Berücksichtigung des mit einem Verkehrswert von 501.760 EUR veranschlagten Grundstücks Nr 939/1 (Bauerwartungsland) als klärungsbedürftig an, weshalb es den erstinstanzlichen Beschluss (wenngleich rechnerisch unrichtig) im Umfang von 58.866,25 EUR aufhob.

Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ist jedoch mangels Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO absolut unzulässig (RIS-Justiz RS0043880).

2. Zehnjahresfrist:

2.1 Mit der Neufassung des TirHöfeG durch BGBl 1989/657 wurden die Bestimmungen über die Nachtragserbteilung ua dadurch verschärft, dass die Frist, innerhalb deren Eigentumsübertragungen von Bedeutung sein können, von sechs auf zehn Jahre erstreckt worden ist. In den Gesetzesmaterialien wurde dazu ausgeführt, es sei zu erwarten, dass der Anerbe in einem längeren Zeitraum mit den Erfordernissen einer vernünftigen Wirtschaftsführung eher vertraut werden und danach den Hof oder seine Teile nicht leichtfertig und nur auf seine finanziellen Vorteile bedacht hergeben werde (ErläutRV 859 BlgNR XVII. GP 15). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Übernehmer, je länger er den Hof betreut und desto mehr er seiner eigenen und seiner Leute Arbeit darauf aufwendet, eine stärkere Bindung an den Hof entwickelt und dadurch die Gefahr einer Veräußerung grundsätzlich reduziert wird (6 Ob 126/11i mwN).

2.2 Von dieser gesetzgeberischen Intention ausgehend erscheint die Auffassung der Vorinstanzen logisch und nachvollziehbar, dass die Zehnjahresfrist in den Fällen der „sinngemäßen“ (analogen) Anwendung dieser Regelung in den Fällen der Übergabe unter Lebenden mit dem Übergabezeitpunkt zu laufen beginnen soll. Denn es sind typischerweise diese ersten Jahre der Bewirtschaftung durch den Übernehmer, in dem sich die vom Gesetzgeber angesprochene „Bindung an den Hof“ entwickelt.

2.3 Diese Ansicht teilt im Ergebnis, wenngleich bei bäuerlichem Gewohnheitsrecht ansetzend und für eine längere Frist plädierend, auch Zemen (Bäuerliche Hofübergabe unter Lebenden und [anerbenrechtliche] Nachtragserbteilung, JBl 2011, 626 [628]). Die „zehnjährige Bewährungsfrist“ der drei Anerbengesetze, die (grundsätzlich) mit dem Tod des Erblassers beginne, solle – so der Autor – rein spekulative Absichten des Anerben hintanhalten. Doch solle der Anerbe auch wissen, ab wann er wieder frei über den Erbhof verfügen dürfe. Für die „Bewährungsfrist“ bei Hofübergaben unter Lebenden könne der Beginn nicht anders festgesetzt werden als mit der effektiven Übereignung (Einverleibung) des Hofs an den Hofübernehmer. Dies ergebe sich für das bäuerliche Gewohnheitsrecht aus dem Zweck der Frist. Damit habe der Übernehmer auch Gewissheit, dass die Frist ab einem gewissen Datum zu Ende gehe und er als Herr des Hofs in seiner Verfügungsfreiheit nicht mehr beschränkt sei.

2.4 Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung insofern an, als die im Falle einer Übergabe unter Lebenden sinngemäß anzuwendende zehnjährige Frist des § 25 Abs 1 TirHöfeG mit Eintragung des Übernehmers im Grundbuch, also mit der Erlangung der Rechtsstellung eines Eigentümers zu laufen beginnt. Nach dem insoweit unstrittigen Akteninhalt wurde der Übergabsvertrag vom 22. 8. 1991 noch im selben Jahr grundbücherlich durchgeführt. Verkaufserlöse, die aus ab dem Jahr 2002 durchgeführten Verkäufen resultieren, scheiden daher aus der Berechnung des Schenkungspflichtteils aus.

2.5 Dieser Beurteilung steht auch die Entscheidung 6 Ob 292/03i SZ 2004/16 nicht entgegen:

Dort ging es vorrangig um die Frage, wie Baugrundstücke, die zu einem Erbhof gehören, im Pflichtteilsprozess zu bewerten sind. Im Anlassfall hatte derjenige, der den geschlossenen Hof schon zu Lebzeiten übernommen hatte, eine Umwidmung von Grundstücken in Bauland erreicht. Der Senat stellte Überlegungen an, was zu gelten habe, wenn der Übernehmer nicht nachweist, dass die Umwidmung nicht bloß zur Erzielung eines Veräußerungsgewinns durch Abverkauf, sondern (zumindest auch) betrieblichen Zwecken diente, wie sie im § 25 TirHöfeG angeführt sind. Mit der Zehnjahresfrist des § 25 Abs 1 TirHöfeG hat sich der Senat dabei nicht befasst. Sollte aber aus dem Umstand, dass die Übergabe bereits im Jahr 1980 stattgefunden hatte, der Erblasser im Jahr 1997 verstorben war und der 6. Senat es dennoch als erheblich ansah, ob es künftig zu einem Abverkauf der umgewidmeten Grundstücke kommen werde und welcher Verwendung der Erlös zugeführt werde, eine von der oben vertretenen abweichende Rechtsansicht abzuleiten sein, so tritt ihr der erkennende (nunmehrige Fach-)Senat nicht bei.

3. Wohnrecht:

3.1 Die Klägerin bleibt bei ihrem Standpunkt, dass das Wohnrecht bei der Bewertung der geschenkten Sache außer Betracht zu bleiben habe und deshalb nicht wertmindernd zu berücksichtigen sei, weil bereits im Zeitpunkt der Übergabe mit völliger Sicherheit festgestanden sei, dass die Belastung irgendwann wegfallen werde. Sie beruft sich dazu auf Rechtsprechung, die diese Rechtsansicht allerdings nicht trägt.

3.2 Aus den von ihr angeführten Entscheidungen ergibt sich nämlich, dass der Wert eines dem Erblasser bei der Übergabe vorbehaltenen lebenslangen Nutzungsrechts, wie ein Fruchtgenuss oder ein Wohnrecht, wiewohl diese Belastung im Zeitpunkt des Empfangs den Wert der Liegenschaft erheblich vermindern kann, außer Ansatz zu lassen ist, wenn bereits im Übergabezeitpunkt mit völliger Sicherheit feststeht, dass diese Belastung im für die Beurteilung des Pflichtteils maßgeblichen Zeitpunkt des Erbanfalls wegfallen wird (6 Ob 232/09z; 2 Ob 96/16f; RIS-Justiz RS0012946). Das ist aber, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, bei einem (auch) der Ehefrau des Übergebers vorbehaltenen lebenslangen Nutzungsrecht gerade nicht der Fall (1 Ob 1592/95).

3.3 Der Klägerin kann auch darin nicht gefolgt werden, dass der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung sei, weshalb es darauf ankomme, dass zu diesem Zeitpunkt auch das Wohnrecht der Witwe des Erblassers bereits weggefallen gewesen sei. Wie schon eingangs ausgeführt (I.1.4), ist bei der Ermittlung des Schenkungspflichtteils der Zeitpunkt des Erbanfalls entscheidend. Zu diesem Zeitpunkt war die Liegenschaft aber mit dem Wohnrecht der Witwe belastet.

3.4 Die Klägerin irrt ferner, wenn sie meint, der Sachverständige habe das Wohnrecht beider Wohnberechtigten mit 69.000 EUR bewertet, und dazu auf Seite 98 des Gutachtens ON 21 verweist. Aus Seite 86 f dieses Gutachtens ergibt sich das genaue Gegenteil (Bewertung des Wohnrechts nur der Witwe). Zu Recht haben die Vorinstanzen das Wohnrecht der Witwe daher bei der Ermittlung des Schenkungspflichtteils als wertmindernd berücksichtigt.

III. Zur Revision des Beklagten:

1. Gerügter Verfahrensmangel:

Den in einer Befangenheit des Sachverständigen erblickten Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Berufungsgericht verneint. Er kann in dritter Instanz nicht abermals geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963, RS0043111).

Es liegt auch nicht der Fall vor, dass das Berufungsgericht den behaupteten Mangel infolge einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht wahrgenommen hat (RIS-Justiz RS0043051). Denn dieser Leitsatz bezieht sich nicht auf jenen (auch hier vorliegenden) Fall, in welchem das Berufungsgericht einen primären Verfahrensmangel nach ausdrücklicher Prüfung verneint hat, unterläge doch sonst jede Entscheidung über eine Mängelrüge der Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof (6 Ob 194/05f; 10 Ob 35/08g; 4 Ob 85/12x; 4 Ob 130/16w).

2. § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG:

2.1 In den Gesetzesmaterialien wird zu dieser Regelung ausgeführt, dass die Bestimmungen über die Nachtragserbteilung den Schutz der weichenden Miterben und der Noterben bezweckten. Dem Anerben sollten bei der Bewirtschaftung des Hofs aber nicht völlig die Hände gebunden werden. Daher solle eine Nachtragserbteilung nach § 25 Abs 4 Z 1 insoweit unterbleiben, als der Übernehmer den Erlös für den Erwerb des Eigentums an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofs dienen, „erwerbe“ (gemeint wohl: verwende) oder sonst sinnvoll investiere (ErläutRV 859 BlgNR XVII. GP 15).

2.2 Die anderen höferechtlichen Bestimmungen, die erkennbar das gleiche Regelungsziel verfolgen, lauten (Hervorhebungen durch den Senat):

§ 22 Abs 1 KrntErbhöfeG 1990:

Eine Nachtragserbteilung unterbleibt insoweit, als der Übernehmer

1. den Erlös innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt für den Erwerb des Eigentums an gleichwertigen Grundstücken oder zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Erbhofs verwendet (…)

§ 18 Abs 3 AnerbenG:

Eine Nachtragserbteilung unterbleibt insoweit, als der Anerbe

1. den Mehrbetrag (Teil des Restes der Verteilungsmasse) innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt für den Erwerb des Eigentums an gleichwertigen Grundstücken oder zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Erbhofs verwendet (...)

2.3 Angesichts der klarstellenden Ausführungen in den Gesetzesmaterialien und den in ihrem Wortlaut unmissverständlichen Regelungen in den beiden übrigen Anerbengesetzen kann die strittige Bestimmung des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG nur dahin verstanden werden, dass bereits die Reinvestition des Veräußerungserlöses in andere Grundstücke die Nachtragserbteilung ausschließt, sofern sie der Bewirtschaftung des Hofs dienen. Diese Voraussetzung wird nach Auffassung des Senats bereits dann vorliegen, wenn das neue Grundstück erkennbar in einem wirtschaftlichen und funktionellen Zusammenhang mit dem geschlossenen Hof steht und mit diesem gemeinsam die „Lebensfähigkeit“ des Hofs erhalten soll. Dieses auch für die Bewertung von walzenden Grundstücken herangezogene Kriterium (vgl etwa 6 Ob 108/97v SZ 71/180) kann auch für die hier zu lösende Frage nutzbar gemacht werden. Da dieses Kriterium aber ohnedies nur dann vorliegt, wenn das neue Grundstück zur Erzielung einer besseren Ertragslage des geschlossenen Hofs bewirtschaftet wird (6 Ob 108/97v SZ 71/180), liegt in Wahrheit kein nennenswerter Widerspruch zur Rechtsansicht des Berufungsgerichts vor („Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit“).

2.4 Inwieweit die aus den Veräußerungserlösen aus den Jahren 1992 und 1993 finanzierte Anschaffung des benachbarten geschlossenen Hofs „S*“ auch Grundstücke umfasste, die der Bewirtschaftung des „Zoblhofs“ nach obigem Verständnis „dienten“, ist aus den bisherigen Feststellungen aber nicht mit Sicherheit ableitbar. Allein deshalb, weil auch aus dem „S*“ mehrere Abverkäufe erfolgten, kann noch nicht gesagt werden, dass der Ankauf dieses Hofs zur Gänze für die Bewirtschaftung des „Z*s“ unbedeutend war. Zwar hat das Erstgericht, dem Gutachten des Sachverständigen folgend, einerseits mehrere Feststellungen über die „Sinnlosigkeit“ des Zukaufs des „S*s“ getroffen. Andererseits hat es aber, worauf der Beklagte in seinem Rechtsmittel zutreffend hinweist, zum Todesstichtag des Erblassers einen deutlich höheren Ertragswert unter Einbeziehung des „S*s“ festgestellt (663.067 EUR) als ohne diese Liegenschaft (476.233 EUR). Wenngleich für die Ermittlung des Schenkungspflichtteils nur der Ertragswert des „Z*s“ berücksichtigt werden kann, ist für die Beurteilung der Frage, ob die zugekaufte Liegenschaft der besseren Bewirtschaftung des „Z*s“ diente, das wirtschaftliche Gesamtbild maßgeblich, zu dem auch der höhere Ertragswert des gesamten Betriebs gehört.

Es liegt somit keine eindeutige Tatsachengrundlage vor, die der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden könnte. Zur Auflösung dieses Widerspruchs bedarf es jedenfalls einer Ergänzung des Beweisverfahrens und darauf gegründeter klarer Feststellungen, anhand deren verlässlich beurteilt werden kann, ob die Veräußerungserlöse für die Grundstücke Nr 600 und 598 im Wege einer „sinngemäßen“ Nachtragserbteilung in die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin einzubeziehen sind.

2.5 Soweit der Beklagte die soeben dargestellten Grundsätze auch auf den Erwerb der beiden Asten angewendet wissen will, übergeht er die richtige Begründung des Berufungsgerichts, dass diese Reinvestition nicht innerhalb der zweijährigen Frist vorgenommen wurde. Denn die Grundstücke Nr 118/2 und 118/3 wurden am 27. 1. und am 2. 2. 1999 veräußert, während die beiden Asten erst am 27. 9. 2002 gekauft worden sind. Die Erlöse aus diesen beiden Grundstücksverkäufen sind demnach bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs der Klägerin zu berücksichtigen.

2.6 Schließlich lässt der Beklagte auch die Feststellungen unberücksichtigt, wonach die Investition in den Dachgeschossausbau nicht betrieblich bedingt war und wie die sonstigen Investitionen am Wohn- und Wirtschaftsgebäude nur werterhöhend wirkten. Die Verwendung von Erlösen zur Vermögensvermehrung, sei es auch im Interesse des Hofs, kann der pflichtteilsberechtigten Klägerin aber nicht zur Last fallen (6 Ob 108/97v SZ 71/180). Davon abgesehen erfolgte der Ausbau im Jahr 2002, also ebenfalls außerhalb der Zweijahresfrist des § 25 Abs 4 Z 1 TirHöfeG.

2.7 Bei allen in die Nachtragserbteilung einzubeziehenden Veräußerungserlösen wird im fortgesetzten Verfahren aber noch ein weiterer Aspekt zu beachten sein: Denn der Beklagte schuldet nicht schlechthin den Verkaufserlös, sondern nach der klaren Anordnung des § 25 Abs 1 TirHöfeG nur den Mehrerlös im Verhältnis zu dem auf das veräußerte Grundstück entfallenden aliquoten Übernahmswert, denn nur um diesen ist der Übernehmer bereichert. Es muss daher zuerst der Übernahmswert des geschlossenen Hofs zum Stichtag des Übergabsvertrags ermittelt werden und welcher Anteil davon auf die veräußerten Grundstücke entfiel. Der anteilige Übernahmswert wäre sodann vom Veräußerungserlös in Abzug zu bringen, sodass nur der Differenzbetrag der „sinngemäßen“ Nachtragserbteilung unterliegt (vgl 6 Ob 27/13h).

3. Verjährung:

3.1 Gemäß § 1487 ABGB verjährt das Recht, den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern, in drei Jahren. Nach Lehre und Rechtsprechung gilt die kurze Verjährungsfrist nur für die Klage des zu Unrecht enterbten oder übergangenen Noterben, nicht aber für die Klage des vom Erblasser ohnehin bedachten Noterben. Ein solcher aus der letztwilligen Verfügung abgeleiteter, nicht gegen diese gerichteter Anspruch liegt auch dann vor, wenn der Noterbe im Testament auf den Pflichtteil beschränkt wurde und es nur um die Erfüllung dieser im Testament angeordneten Forderung geht. Der gesetzgeberische Grund für die kurze Verjährungsfrist des § 1487 ABGB besteht darin, dass dem Testamentserben möglichst rasch Gewissheit verschafft werden soll, ob der letzte Wille des Erblassers einer Anfechtung durch dritte Personen unterliegt (RIS-Justiz RS0034392). Die kurze Frist gilt also nicht für den im Testament ohnehin berücksichtigten, auf den Pflichtteil gesetzten oder in anderer Form, etwa durch ein Legat bedachten Noterben, der die Ausfolgung des Pflichtteils begehrt (6 Ob 189/98g SZ 71/166; 3 Ob 323/99m; 6 Ob 89/10x; 2 Ob 8/16i; RIS-Justiz RS0034375).

3.2 Dass die Klägerin ihren Pflichtteilsanspruch im Sinne dieser Rechtsprechung aus dem Testament vom 17. 1. 1988 ableiten kann, stellt der Beklagte in der Revision nicht mehr in Frage. Allerdings ist er der Meinung, durch den späteren Übergabsvertrag sei der testamentarischen Verfügung die Grundlage entzogen worden. Dieser nicht näher begründeten Rechtsansicht ist nicht zu folgen, entspricht es doch dem unmissverständlich geäußerten Willen des Erblassers, dass der Beklagte als Anerbe aus dem „Schätzwert“ des Hofs die Pflichtteilsansprüche seiner Schwestern berichtigen soll. Diese Anordnung ist jedenfalls dahin auszulegen, dass sie auch dann gelten soll, wenn die Erbteilung durch einen Übergabsvertrag vorweggenommen wird. Zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung haben die Vorinstanzen daher die dreißigjährige Verjährungsfrist angewandt.

3.3 Eine andere Frage wäre, ob auch § 25 Abs 5 TirHöfeG „sinngemäß“ anzuwenden ist und welche Folgerungen sich in Ansehung der dort geregelten dreijährigen Frist für die Geltendmachung der Nachtragserbteilung für den vorliegenden Fall allenfalls ergeben könnten. Da der Beklagte dieses Thema in seiner Revision jedoch nicht ansatzweise berührt, können weiterführende Überlegungen dazu auf sich beruhen.

IV. Ergebnis:

1. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen muss die Revision der Klägerin erfolglos bleiben. Die Revision des Beklagten ist hingegen teilweise berechtigt. In Anlehnung an das von den Parteien grundsätzlich nicht in Frage gestellte Berechnungsschema der Vorinstanzen kann das zweitinstanzliche Teilurteil in seinem abweisenden Teil zur Gänze und in seinem Zuspruch derzeit in folgendem Umfang bestätigt werden, wobei die im Revisionsverfahren unbeanstandet gebliebenen Positionen mit Ausnahme des Abzugs von 300.000 EUR für die aus den Verkaufserlösen getätigten Investitionen – diese müssen bis zur Klärung des Schicksals dieser Erlöse vorerst außer Betracht bleiben – übernommen werden:

Ertragswert 80 % 380.986,40 EUR

Baugrundstücke 71.136 EUR

Verkehrswert 20 % 728.393,40 EUR

Übernahmswert 1.180.515,80 EUR

davon ein Achtel 147.564,48 EUR

 

abzüglich geschenkter Baugrund 206.400 EUR

abzüglich Bauholz 2.689 EUR

abzüglich Anwaltskosten 1.788 EUR

Schenkungspflichtteil 0 EUR

zuzüglich Nachlasspflichtteil 6.000,68 EUR

Ergebnis 6.000,68 EUR

2. Im Übrigen ist ein weiterer Betrag von 57.430,39 EUR sA abzuweisen (204.994,87 EUR abzüglich 147.564,48 EUR [verminderter Übernahmswert]).

3. Im Umfang von weiteren 24.092,61 EUR sA ist das Teilurteil hingegen aufzuheben. Insoweit wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die Ausführungen des Obersten Gerichtshofs in III.2.4 und 2.7 mit den Parteien zu erörtern und nach Ergänzung des Beweisverfahrens widerspruchsfreie und nachvollziehbare Feststellungen zu treffen haben.

4. Die Kostenentscheidung zur Zurückweisung des als Rekurs zu behandelnden Teils der Revision beruht auf §§ 50 und 40 ZPO. Der Beklagte hat auf die absolute Unzulässigkeit nicht hingewiesen, sodass ihm mangels zweckentsprechender Rechtsverteidigung kein Kostenersatz zusteht. Der in erster Instanz ausgesprochene Kostenvorbehalt nach § 52 Abs 1 und 2 ZPO erfasst nur die vom Prozesserfolg in der Hauptsache abhängigen Kosten und steht der Kostenentscheidung im Zwischenstreit über die Zulässigkeit der Revision bzw des Rekurses nicht entgegen (RIS-Justiz RS0129365 [T1]).

Die Kostenentscheidung zum Teilurteil gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Erstgericht hat die Kostenentscheidung bis zur Rechtskraft der Entscheidung vorbehalten. Der zum aufhebenden Teil der Entscheidung ausgesprochene Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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