European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00027.13H.0508.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Die Antragstellerin begehrt die Nachtragserbteilung gemäß § 25 Tiroler HöfeG. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, der Antragsgegner habe am 7. 4. 2009 die alte Hofstelle um 2.070.000 EUR an eine Privatstiftung verkauft. Es treffe zwar zu, dass der Antragsgegner stattdessen auf einem anderen Grundstück eine neue Hofstelle errichtet habe, doch sei diese „sehr ausgedehnt und luxuriös“. Dem Anerben stehe aber nicht das willkürliche Recht zu, ausgedehnte neue und nur zum Teil der Landwirtschaft dienende Gebäude zu errichten. Im Hinblick darauf habe er zumindest „wesentliche Teile“ des lukrierten Kaufpreises zur Nachtragserbteilung herauszugeben. Andernfalls wäre die Antragstellerin doppelt benachteiligt, zum einen durch die Festsetzung eines dem Verkehrswert nicht entsprechenden Übernahmswerts im Verlassenschaftsverfahren und zum anderen durch ihre Nichtbeteiligung an einem gewinnbringenden Verkauf.
Der Antragsgegner bestritt das Begehren und wandte zusammengefasst ein, bereits im Verlassenschaftsverfahren sei klar gewesen, dass die übernommene Hofstelle nicht bewirtschaftbar sei. Das bäuerliche Wohnhaus sei zum Bewohnen nicht geeignet gewesen; der Sachverständige habe die Hofstelle als abbruchreif bewertet. Aus diesen Gründen habe der Antragsgegner eine Aussiedlung samt Neuerrichtung einer landwirtschaftlichen Hofstelle mit Wohnhaus durchgeführt. Die neue Hofstelle sei nicht luxuriös, sondern entspreche einer üblichen Hofstelle mit normalem landwirtschaftlichen Status. Die Verwendung des Kaufpreises sei auch nicht zweckwidrig erfolgt, sondern dazu verwendet worden, um einerseits den Abfindungsbetrag der Antragstellerin zu finanzieren, andererseits eine weitere landwirtschaftliche Fläche zu erwerben und schließlich darauf die neue Hofstelle zu errichten. Zur Abdeckung dieser Leistungen habe der Kaufpreis der alten Hofstelle nicht einmal ausgereicht.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Nachtragserbteilung ab.
Dabei ging es zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt von folgenden Feststellungen aus:
Am 17. 3. 2004 ist der Vater der Streitteile F***** W***** verstorben. Er hinterließ ua den geschlossenen Hof in EZ *****, GB A*****, daneben (walzende) Grundstücke in A*****, H***** und M*****. In dem im Verlassenschaftsverfahren 1 A 181/04z Bezirksgericht Hall in Tirol eingeholten Gutachten wurde der Verkehrswert des geschlossenen Hofs zum 17. 3. 2001 mit 2.237.000 EUR geschätzt, der Gesamtwert des Nachlassvermögens mit 3.373.010 EUR.
Einvernehmlich haben die von Gesetzes wegen berufenen Erben (die Streitteile in diesem Verfahren) sodann den Übernahmswert des Hofs mit 1.139.210 EUR festgesetzt, sodass sich unter Berücksichtigung der weiteren Nachlassaktiva und ‑passiva letztlich ein Reinnachlass in Höhe von 1.193.132,98 EUR ergab. Zur Aufteilung dieses Reinnachlasses haben die Streitteile sodann folgendes (auszugsweise wiedergegebenes) Erbübereinkommen geschlossen:
„I.
Herr S ***** L*****, geb. am *****, übernimmt hiemit jeweils den gesamten Gutsbestand des geschlossenen Hofes in EZ ***** GB A*****, sowie der Grundbuchskörper in den EZ *****, alle GB A*****, in den EZ *****, *****, alle GB H*****, und EZ *****, GB M*****, sohin das gesamte erbliche Liegenschaftsvermögen, jeweils samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör einschließlich des Traktors der Marke Massey Ferguson in sein alleiniges Eigentum.
II.
Zur Gutmachung der erbquotenmäßigen Ansprüche der erblichen Tochter B***** G***** am gesamten nachlassgegenständlichen Liegenschaftsvermögen verpflichtet sich Herr S***** L***** hiemit, seiner Halbschwester ein aus GstNr ***** in EZ *****, GB A*****, herauszuvermessendes Baugrundstück von 1.265 m 2 sogleich nach erfolgter Baulandumwidmung ebendieser Fläche unentgeltlich und lastenfrei zu ihrem Alleineigentum zu übergeben. ...
Hinsichtlich der Situierung des Abfindungsgrundstückes kommen die vertragsschließenden Teile überein, dass dieses Grundstück aus dem nördlichen Bereich des GstNr ***** herauszuvermessen ist und westlich der gedachten Verlängerung der derzeitigen Zufahrt von der Dörferstraße her zu liegen hat, sodass entlang der östlichen Grenze der zu vermessenden neuen Parzelle eine Zufahrt zum landwirtschaftlichen Liegenschaftsbesitz des S***** L***** in einer Breite von mindestens 5 m verbleibt. Die Zufahrt zum Abfindungsgrundstück ist durch eine entsprechende Wegdienstbarkeit grundbücherlich sicherzustellen, wobei die Wahl der Zufahrt dem S***** L***** und seinen Rechtsnachfolgern vorbehalten ist; es muss sich aber immer um eine ordentliche mit einfachen technischen Mitteln herstellbare und für Baufahrzeuge und Einsatzfahrzeuge befahrbare Zufahrt handeln. Frau B***** G***** ist außerdem berechtigt, im Zufahrtsweg, und zwar am Rande, unterirdische Ver‑ und Entsorgungsleitungen für ihr Abfindungsgrundstück auf ihre eigenen Kosten zu verlegen bzw verlegen zu lassen sowie instandzuhalten. Diese Berechtigung ist durch eine Dienstbarkeit der immerwährenden Verlegung, Führung und Instandhaltung von Versorgungs‑ und Entsorgungsleitungen aller Art grundbücherlich sicherzustellen, und zwar für sich und für die Rechtsnachfolger hinsichtlich der beteiligten Grundstücke.
III.
Sollte Herr S ***** L***** seiner Halbschwester Frau B***** G***** das unter Vertragspunkt II. vereinbarte Abfindungsgrundstück nicht bis längstens 30. 4. 2010 übergeben haben, so hat Herr S***** L***** anstelle des unter Punkt II. vereinbarten Abfindungsgrundstückes an Frau B***** G***** den Betrag von EUR 569.605,‑ ‑ zu leisten, wobei dieser Betrag schon jetzt auf den 30. 4. 2010 einvernehmlich fällig gestellt wird.
Die vertragsschließenden Teile vereinbaren hiemit, dass Herr S ***** L***** zur Besicherung der Forderung der Frau B***** G***** eine Bankgarantie eines österreichischen Geldinstitutes in Höhe von EUR 569.605,‑ ‑ zu stellen und diese Bankgarantie zu treuen Handen des RA Dr. Riedmüller auszufolgen hat. Herr S***** L***** ist berechtigt die Bankgarantie entweder auf unbestimmte Zeit oder auf eine Laufzeit bis zum 31. 7. 2010 zu erwirken.
...
Herr S***** L***** und Frau B***** G***** steht jedoch kein Wahlrecht darüber zu, ob das Abfindungsgrundstück oder der Abfindungsbetrag zu leisten ist. Ein Abfindungsbetrag ist jedenfalls nur dann zu leisten, falls das Abfindungsgrundstück aus öffentlich‑rechtlichen Gründen nicht geleistet werden kann. Wenn das Abfindungsgrundstück bis zum 30. 4. 2010 nicht geleistet wird, ist Frau B***** G***** berechtigt die Bankgarantie zu ziehen. Ihr steht jedoch weiterhin das Recht zu, das Abfindungsgrundstück gegen Rückgabe des aus der Bankgarantie vereinnahmten Betrages zu beanspruchen. Herr S***** L***** ist jedenfalls verpflichtet, alles zu unternehmen, damit die entsprechende Umwidmung in Bauland erfolgt und die Übereignung des Abfindungsgrundstückes an Frau B***** G***** erfolgen kann. Er hat dabei die Auflagen der Gemeinde und der Höfebehörde zu erfüllen. ...
VI.
Durch dieses Erbübereinkommen erachten sich die vertragsschließenden Teile in ihren erbquotenmäßigen Ansprüchen am nachlassgegenständlichen Liegenschafts-vermögen abgefunden und zufriedengestellt.“
Das im Erbübereinkommen erwähnte Grundstück wurde letztlich nicht übereignet. Die Antragstellerin hat die gestellte Bankgarantie abgerufen, sodass letztlich ein Betrag von 569.605 EUR an sie geflossen ist.
Mit Vertrag vom 7. 4. 2009, sohin ziemlich genau 2 Jahre nach Abschluss des Erbübereinkommens, verkaufte der Antragsgegner die Liegenschaften aus der EZ ***** des GB A*****, wobei einvernehmlich festgehalten wurde, dass der Kaufgegenstand ein Gesamtausmaß von 3.790 m 2 aufweist. Der dabei erzielte Verkaufserlös beträgt pauschal 2.070.000 EUR. Nach den Vertragsbedingungen ist der Kaufpreis am 17. 4. 2009 fällig gewesen; bringt man den Übernahmswert vom Verkaufserlös in Abzug, ergibt sich ein Betrag von 930.790 EUR.
Bereits mit Kaufvertrag vom 10. 6. 2008 hat der Antragsgegner die Liegenschaft EZ *****, GB A*****, GstNr *****, im Ausmaß von 3.828 m 2 zum Preis von 160.776 EUR erworben. Noch im Jahr 2009 hat der Antragsgegner auch damit begonnen, eine neue Hofstelle zu errichten. Der Grund für die Neuerrichtung war, dass die alte Hofstelle für eine zeitgemäße Bewirtschaftung nicht mehr geeignet und diverse Einrichtungen auch gar nicht mehr benützbar waren. Im Verlassenschaftsverfahren hat der Sachverständige die alte Hofstelle als Belastung bewertet. So war beispielsweise das alte Wohnhaus nicht durchgehend beheizbar und hat massive Bauschäden im Inneren aufgewiesen; das Wirtschaftsgebäude stammt im Wesentlichen aus den 1950‑er Jahren und war nicht mehr rentabel zu bewirtschaften.
Die Errichtung der neuen Hofstelle, bestehend aus Wohnhaus mit Einliegerwohnung, Stallungen und Nebengebäuden (für Maschinen, Futtermittel, Lagerung usw), schlägt rechnerisch mit 1.436.579,35 EUR zu Buche. Davon in Abzug zu bringen ist ein Betrag von 125.700 EUR, der sich aus Kosten für die Vertretung im Verlassenschaftsverfahren zusammensetzt und somit weder eine Investition in den Hof noch eine Verbesserung des landwirtschaftlichen Betriebs bedeutet. Des Weiteren in Abzug zu bringen ist die lukrierte Förderung in Höhe von 72.830 EUR, die die Investitionssumme vermindert, ohne dass dies aus dem Mehrerlös getragen würde. Die tatsächlichen Hoferrichtungskosten belaufen sich somit auf 1.238.049,35 EUR.
Zu diesem Betrag hinzuzuzählen ist die Eigenleistung in Höhe von 384.000 EUR, die nach den jeweiligen „Vorgaben“ der Professionisten, die diese für ihre Leistungen verrechnen, jedoch netto anzusetzen ist. Des Weiteren hinzuzuzählen ist der Grunderwerb für den Bau der neuen Hofstelle im Betrag von 160.776 EUR, schließlich der infolge der gezogenen Bankgarantie an die Antragstellerin ausbezahlte Abfindungsbetrag in Höhe von 569.605 EUR.
Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG die beantragte Nachtragserbteilung zu unterbleiben habe. Der Antragsgegner habe nachgewiesen, dass er den gesamten Verkaufserlös für den Erwerb des Eigentums an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofs dienten, oder sonst zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hofs erworben habe.
Das Rekursgericht hob die Entscheidung des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Nach Verwerfung einer Beweis‑ und Mängelrüge erwog es in rechtlicher Sicht, der Zweck des § 25 Tiroler HöfeG liege darin, die weichenden Erben und die Noterben bei Veräußerung des Erbhofs oder von zum Erbhof gehörigen Liegenschaften durch den Anerben am Erlös zu beteiligen, und zwar als Ausgleich dafür, dass diese Liegenschaften nach ihrem ursprünglichen Übernahmspreis besonders tief geschätzt waren, um dem Anerben nach billigem Ermessen ein „Wohlbestehenkönnen“ am geschlossenen Hof zu ermöglichen.
Zusätzlich werde dadurch berücksichtigt, dass auch bäuerliche Liegenschaften im Allgemeinen einen stetigen Zuwachs des Marktwerts auch nach der Hofübernahme erfahren, der praktisch immer weit über der Inflationsrate liegt. Der vom Anerben herauszugebende Mehrbetrag sei der erzielbare Erlös, der um den Übernahmswert vermindert werde; er sei als nachträglich hervorgekommenes Verlassenschaftsvermögen zu behandeln.
Allerdings sei der Rechtsansicht des Erstgerichts nicht zu folgen, wonach die Voraussetzungen des § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG schon deshalb vorlägen, weil der Antragsgegner nachgewiesen habe, im Zusammenhang mit der Neuerrichtung der Hofstelle 2.342.430,30 EUR, somit deutlich mehr als den erzielten Verkaufserlös, aufgewendet zu haben. Während die tatsächlichen Aufwendungen des Antragsgegners für die Neuerrichtung der Hofstelle ebenso wie sein Aufwand für das Ersatzgrundstück den Wortlaut des § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG erfüllten, könne diese Ansicht bezüglich der vom Antragsgegner erbrachten Ersatzleistungen nicht vertreten werden. Der Antragsgegner wäre diesfalls doppelt bevorzugt: einerseits sei er im Verlassenschaftsverfahren in den Genuss des deutlich niedrigeren Übernahmspreises gekommen; andererseits könne er nach der erfolgten Veräußerung den erzielten Verkaufserlös durch Eigenleistungen „neutralisieren“. Im Umfang der vom Antragsgegner erbrachten Eigenleistungen sei der erzielte Verkaufserlös gerade nicht „verwendet“, sondern im Gegenteil „erspart“ worden. Bei den durch Eigenleistungen ersparten Aufwendungen handle es sich um keine berücksichtigungswürdige Position iSd § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG.
Dies müsse umso mehr auch für die an die Antragstellerin erbrachte Ausgleichszahlung im Umfang von 569.605 EUR gelten.
Im fortgesetzten Verfahren werde es notwendig sein, den Übernahmswert für die verkaufte Hofstelle, bei der es sich ja nur um einen Teil der Gesamtliegenschaft handle, zu ermitteln und vom (ebenfalls nur diesen Teil dieser Liegenschaft betreffenden) Verkaufserlös in Abzug zu bringen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur „Anrechenbarkeit“ einer aus dem Verkaufserlös geleisteten Ausgleichszahlung ebenso wenig höchstrichterliche Judikatur vorliege wie zur Frage der allfälligen Subsumtion von Eigenleistungen unter § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Nach § 25 Abs 1 Tiroler HöfeG hat der Anerbe, wenn er innerhalb von zehn Jahren nach dem Tod des Erblassers das Eigentum am ganzen Hof oder an dessen Teilen durch ein oder mehrere Rechtsgeschäfte unter Lebenden auf einen anderen überträgt, jenen Betrag zur Nachtragserbteilung herauszugeben, um den der bei einem Verkauf erzielbare Erlös den Übernahmswert übersteigt. Dabei ist der Ersatz für Teile des Hofs nach dem Verhältnis ihres Übernahmswerts zu jenem des ganzen Hofs zu berechnen. Vom erzielbaren Erlös ist der Wert allfälliger vom Anerben bewirkter Verbesserungen abzuziehen.
2. Zweck dieser inhaltlich § 18 Abs 1 AnerbenG entsprechenden Regelung ist es, die weichenden Erben und die Noterben bei Veräußerung des Erbhofs oder von zum Erbhof gehörigen Liegenschaften durch den Anerben am Erlös zu beteiligen, und zwar als Ausgleich dafür, dass diese Liegenschaften nach ihrem ursprünglichen Übernahmspreis niedrig bewertet wurden, um dem Anerben nach billigem Ermessen ein „Wohlbestehenkönnen“ am geschlossenen Hof zu ermöglichen.
3.1. Strittig ist im vorliegenden Fall lediglich, inwieweit der Ausnahmetatbestand des § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG zur Anwendung kommt. Demnach unterbleibt eine Nachtragserbteilung insoweit, als der Anerbe den Erlös innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt für den Erwerb des Eigentums an Grundstücken, die der Bewirtschaftung des Hofs dienen, oder sonst zur Erhaltung oder Steigerung der Leistungsfähigkeit des Hofs verwendet.
3.2. Nach Rechtsansicht des Rekursgerichts sind die vom Anerben im Zusammenhang mit der Neuerrichtung der Hofstelle erbrachten Eigenleistungen dabei nicht in Anschlag zu bringen. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen.
3.3. § 25 Tiroler HöfeG bezweckt einen Interessenausgleich zwischen dem Anerben auf der einen Seite und weichenden Erben und Noterben auf der anderen Seite. Unter diesem Gesichtspunkt kann es aber keinen Unterschied machen, ob der Anerbe die neue Hofstelle teilweise durch Eigenleistungen errichtet oder diese Leistungen durch Betrauung von Professionisten erbracht werden. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts hätte zur Folge, dass die vom Anerben erbrachten Eigenleistungen im Ergebnis nicht dem Anerben selbst, sondern den weichenden Erben bzw Noterben zu Gute kommen, führen diese doch dann nicht zu einer Ersparnis der Errichtungskosten auf Seiten des Anerben, sondern dazu, dass ein höherer Betrag verbleibt, der der Nachtragserbteilung nach § 25 Abs 1 Tiroler HöfeG zu unterziehen ist.
3.4. Ein derartiges Verständnis des § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG erscheint nicht systemkonform. In allen anderen Rechtsgebieten werden eigene Arbeitsleistungen sehr wohl angesetzt und entsprechend bewertet. Hier ist etwa die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens (vgl zB 1 Ob 118/75; 4 Ob 208/01v; vgl auch 8 Ob 13/05b) ebenso anzuführen wie die Auseinandersetzung zwischen Lebensgefährten nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft (vgl RIS‑Justiz RS0023316) und das Schadenersatzrecht. Hier entspricht es ganz herrschender Auffassung, dass, wenn der Geschädigte selbst den vorigen Zustand wiederherstellt, er Anspruch auf Abgeltung seines tatsächlichen Aufwands hat ( Hinteregger in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON § 1323 Rz 21 mwN).
3.5. Für die Selbstreparatur eines Kfz wird in der Literatur als Schätzungsgrundlage für den erbrachten Zeit‑ und Arbeitsaufwand vorgeschlagen, den Stundenersatz einer Werkstätte unter Abzug der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge heranzuziehen ( Ch. Huber , SV 2004, 24; zustimmend Hinteregger aaO). Demgegenüber hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in einer Entscheidung (42 R 531/89) dem Geschädigten nur den „Pfuscherlohn“ zugesprochen. Auch nach dieser Entscheidung geht der Geschädigte aber bei Selbstreparatur nicht leer aus, sondern erhält für die von ihm erbrachten Eigenleistungen einen ‑ wenn auch niedrigen ‑ Ersatz.
3.6. Diese Überlegung muss im vorliegenden Fall umso mehr gelten, als der Anerbe als Unternehmer einzustufen ist und im Fall der Beauftragung von Fremdleistungen im Zusammenhang mit dem Hausbau gegebenenfalls andere Zusatzerwerbsmöglichkeiten in Anspruch nehmen hätte können.
3.7. Für diese Auslegung spricht auch der letzte Satz des § 25 Abs 1 Tiroler HöfeG. Demnach ist vom erzielbaren Erlös der Wert allfälliger vom Anerben bewirkter „Verbesserungen“ abzuziehen. Nach dieser Formulierung kann aber gar keinem Zweifel unterliegen, dass auch Eigenleistungen des Anerben „Verbesserungen“ im Sinne dieser Gesetzesstelle darstellen können. Hätte daher der Anerbe die alte Hofstelle durch Eigenleistungen renoviert und sodann veräußert, so kann überhaupt keinem Zweifel unterliegen, dass der aufgrund dieser Eigenleistungen erzielte Mehrerlös nicht der Nachtragserbteilung nach § 25 Abs 1 Tiroler HöfeG unterläge. Würde man nunmehr Eigenleistungen des Anerben bei Errichtung der neuen Hofstelle nach Veräußerung der alten Hofstelle nicht nach § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG in Anschlag bringen, würde dies einen Wertungswiderspruch zu § 25 Abs 1 letzter Satz Tiroler HöfeG bedeuten.
3.8. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher Feststellungen zu Art und Umfang der vom Anerben erbrachten Eigenleistungen zu treffen haben und ‑ gegebenenfalls durch Beiziehung eines Sachverständigen ‑ deren Wert zu ermitteln haben. Der dafür anzusetzende Stundensatz hat jedenfalls unter dem Stundensatz eines Professionisten zu liegen, weil die dort enthaltenen Steuern und Sozialversicherungsabgaben beim Anerben nicht anfallen.
4.1. Hingegen billigt der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht des Rekursgerichts zur Nichtabzugsfähigkeit der Rückzahlung des Ausgleichsbetrags sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 71 Abs 3 AußStrG).
4.2. Dem Anerben ist zuzugeben, dass als Investitionen iSd § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG ebenso wie nach § 18 Abs 3 Z 1 AnerbenG auch die Tilgung von Schulden in Betracht kommt ( Kathrein , Anerbengesetz 46 Anm 4; Eccher in Schwimann/Kodek 4 § 18 AnerbenG Rz 4; vgl auch 6 Ob 144/00w SZ 73/104). Die im Verhältnis zum wahren Wert des Hofs relativ geringe Ausgleichszahlung sieht der Gesetzgeber vor, um dem Anerben ein „Wohlbestehenkönnen“ auf dem übernommenen Hof zu ermöglichen. Veräußert aber der Anerbe den Hof zur Gänze oder zu einem Teil, so realisiert er damit ‑ zur Gänze oder zum Teil ‑ diesen höheren Wert des Hofs. Dieser zusätzliche Betrag soll aber nach § 25 Tiroler HöfeG nicht dem Anerben allein, sondern auch den weichenden Erben und Noterben zugutekommen. Dieser Zweck des § 25 Tiroler HöfeG erfordert aber, Aufwendungen zur Tilgung der dem Anerben auferlegten Ausgleichszahlung an die weichenden Erben bei Veräußerung der Hofstelle oder eines Teils des Hofs nach § 25 Abs 4 Z 1 Tiroler HöfeG nicht zu berücksichtigen.
4.3. Vielmehr ist ‑ wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat ‑ der aliquote Übernahmswert für die verkaufte Hofstelle, bei der es sich nur um einen Teil der Gesamtliegenschaft, für welche der Übernahmswert festgesetzt wurde, handelt, zu ermitteln und vom Verkaufserlös in Abzug zu bringen. Dadurch werden die ursprünglichen Relationen für die Festsetzung des Übernahmswerts gewahrt und in sachgerechter Weise den Interessen des Anerben auf der einen Seite und der weichenden Erben und Noterben auf der anderen Seite Rechnung getragen. Von dem solcherart ermittelten Differenzbetrag sind sodann die Hoferrichtungskosten, die Kosten der Aufwendungen für das Ersatzgrundstück und die Eigenleistungen des Anerben in Abzug zu bringen; der verbleibende Betrag ist jener Betrag, der gegebenenfalls für eine Nachtragserbteilung iSd § 25 Abs 1 Tiroler HöfeG zur Verfügung steht.
5. Soweit das Rekursgericht die Ergänzung des Verfahrens auch wegen des bisher nicht erörterten Holzbezugs aus den eigenen Wäldern des Antragsgegners für ergänzungsbedürftig hielt, wird diese Auffassung im Revisionsrekurs ausdrücklich nicht bekämpft.
6. Damit hat aber das Rekursgericht zutreffend das erstinstanzliche Verfahren für ergänzungsbedürftig angesehen, sodass dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
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