BVwG W257 2146465-1

BVwGW257 2146465-111.5.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W257.2146465.1.00

 

Spruch:

W257 2146465-1/15E

Schriftliche Ausfertigung des am 26.04.2018 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsbürger der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch Dr. Hans Jalovetz, Rechtsanwalt in Villach, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten vom 11.01.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung am 17.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang

1.1. Der zum damaligen Zeitpunkt 26-jähriger Beschwerdeführer stellte am 01.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am gleichen Tag, gab der Beschwerdeführer an, er sei Staatsbürger der Islamische Republik Afghanistan, stamme aus der Stadt Kabul, sei sunnitischer Moslem und gehöre der Volksgruppe der Tadschike an. Er sei ledig und kinderlos. Er hätte 12 Jahre die Grundschule besucht und sei zuletzt Student gewesen. Er hätte einen Vater, eine Mutter, drei Schwestern und fünf Brüdern. Er hätte vor ca 14 Monaten das Land verlassen und hätte sich ca 1 Jahr in Teheran im Iran aufgehalten.

1.3. Aus Afghanistan sei er geflohen, weil er sich in ein Mädchen verliebt hätte und deswegen von der Familie verfolgt werden würde. Er bekäme demnächst alle Beweismittel dazu zugesandt. Er könne nach Afghanistan nicht mehr zurückkehren, weil er um sein Leben fürchten würde.

1.4. Am 17.05.2016 schrieb der Beschwerdeführer einen Brief an die Behörde (AS 27, OZ 1), indem angeführt ist, dass er sich gerne hier integrieren wolle, und in seinem Heimatland viele Probleme hätte. Er wäre bereits einmal im Gefängnis gewesen und seine Familie wolle ihm töten. Er sei auch zum Christentum konvertiert, weil seine Freundin, eine österreichische Staatsbürgerin, mit ihm zusammenleben würde. Zudem leide er an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

1.5. In seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.06.2016 führte der Beschwerdeführer auf den Fluchtgrund befragt anfänglich aus, dass er in einem schönen Land leben wolle. Nachgefragt ergänzte er, dass er eine außereheliche Beziehung mit seiner Cousine gehabt hätte. Der Vater dieser Cousine und ein weiterer Verwandter hätten ihn daraufhin bedroht. Es sei bei der afghanischen Polizei die Anzeige erstattet worden, wobei er ins Gefängnis gekommen sei und danach, weil sich alles als Lüge dargestellt hätte, wieder freigelassen worden. Er hätte sich aber verpflichten müssen, dass er die Beziehung mit der Cousine nicht nochmals beginnen würde. Er hätte sich danach in einem Keller versteckt und sei in eine andere Provinz gegangen. Dort wäre ihm angeboten worden, in den Iran zu gehen, was er auch gemacht habe.

1.6. Er legte eine Kopie seiner Tazkira, ein Maturazeugnis, eine Kopie eines Englischkurses, und diverse Zetteln in nicht deutscher Sprache handschriftlich abgefasst, vor.

1.7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag des Beschwerdeführers mit dem im Spruch erwähnten Bescheid hinsichtlich des internationalen Schutzes ab, sowie wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten ebenso nicht zuerkannt. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers zulässig sei. Der Beschwerdeführer bekam eine zweiwöchige Frist für seine Ausreise zugestanden.

Die Behörde begründete die Ablehnung des Asylantrages damit, dass keine asylrelevante Verfolgung vorgebracht worden sei und ihm die Polizei hinsichtlich der Familienstreitigkeit wegen der Beziehung mit der Cousine - bei Wahrunterstellung - Schutz gewährt hätte. Es kann daher von keinem Asylgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention ausgegangen werden. Subsidiärer Schutz wurde dem Beschwerdeführer ebenso nicht gewährt, weil ihm im Falle einer Rückkehr keine reale Gefahr der Verletzung des Lebens oder der Unversehrtheit drohen würde.

1.8. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte vollumfängliche Beschwerde des Beschwerdeführers vom 30.01.2017, vertreten durch die Diakonie - Flüchtlingsdienst gem GmbH, Villach, in welcher vorgebracht wurde,

Beigelegt wurden nochmals die Kopie, welche er bereits der Behörde vorlegte, ein Protokoll des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 06.10.2015, worin dokumentiert wurde, dass der Beschwerdeführer eigenständig zur Polizei ging und dort Suizidhandlungen vorgeführt hätte, woraufhin er mit Beschluss des BG Klagenfurt in die Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums Klagenfurt eingewiesen wurde. Der Beschwerdeführer befand sich laut Arztbrief des KABEG Klinikum Klagenfurt vom 15.02.2016 vom 05.10.2015 bis zum 12.10.2015 in stationärer Behandlung. Es wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und in häusliche Pflege entlassen. Ein Suizidgedanke konnte bei der Entlassung nicht mehr festgestellt werden.

1.9. Angeschlossen wurde zwei Empfehlungsschreiben, einer von Frau XXXX vom 19.01.2016, ein weiterer undatierter Brief von XXXX , sowie ein Schreiben des Beschwerdeführers selbst indem er nochmals auf das Missverständnis zwischen "schönem Leben" und "Überleben" hinwies.

1.10. Unter Anschluss der aktuellen Länderberichte wurde am 21.03.2018 für den 17.04.2018 zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen.

1.11. Am 10.04.2018 langte eine Stellungnahme der Rechtsvertretung ein. Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer gemäß der UNHCR-Richtlinie nachfolgenden Risikogruppen angehöre

Hingewiesen wird auf die außereheliche Beziehung des Beschwerdeführers mit der Cousine, wonach dieser einer Verfolgung durch die Familie ausgesetzt sei, sowie auf den Begriff dafür gebräuchlichen Begriff der "Zina" (Seite 14), dem der Beschwerdeführer dadurch bezichtigt werde. Ebenso wird auf die schlechte Wirtschafts-, Versorgungs- und Sicherheitslage in Kabul hingewiesen. Abschließend wird auf das Urteil des französischen Cour Nationale du Droit d-asile (N 17045561) verwiesen, welches sich auf EuGH-Elgafajl beziehe und von einer Art 3 Verletzung bei bloßer Anwesenheit in Kabul ausgehe. Demnach wäre die Verletzung nicht mehr von der spezifischen Betroffenheit einzelner Personen abhängig, sondern es wäre subsidiärer Schutz zu gewähren, alleine wegen des Umstandes der Anwesenheit in der Stadt Kabul.

Vorgelegt wird zudem

1.12. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17.04.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der nunmehr volljährige Beschwerdeführer in Anwesenheit seiner Vertreterin ausführlich zu seinen Fluchtgründen, zu seinen persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie zu seiner Integration in Österreich befragt wurde. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde der Behörde übermittelt.

Dabei wiederholte er im Grunde die bisherigen Ausführungen, und ergänzte zu dem Fluchtgrund zusammengefasst wie Folgt:

1.13. Er hätte mit seiner Cousine eine außereheliche sexuelle Beziehung geführt (Anm.: in Afghanistan bekannt als "Zina"). Eines nachts sei er gegen 04.00 Uhr (Seite 10 der Niederschrift) in die Arbeit gegangen. Die Verwandten des Mädchens hätten ihn aufgelauert stehen zu bleiben. Als er ins Laufen begonnen hätte, hätten sie zwei Schüsse abgegeben. Er sie zur Polizei gegangen und die Anzeige erstattet. Die Verwandten wären auch zur Polizei gekommen. Er wäre bezichtigt worden "Zina" begangen zu haben. Dies wäre aber gelogen gewesen (Seite 11). Die Verwandten hätten nicht die ganze Wahrheit angegeben, sonst wäre nämlich die Cousine auch in das Gefängnis gekommen. Am Abend wäre der Sachverhalt von der Polizei gänzlich erhoben worden und er wäre frei gelassen worden (Seite 11). Er hätte dabei allerdings Angst bekommen und die Polizei hätte ihm daraufhin - zu seinem Schutz und auf sein Ersuchen - 16 oder 17 Tage in das Gefängnis gegeben (Seite 12 und 13). Dann hätte er das Gefängnis verlassen und hätte in einem Keller Unterschlupf gefunden. In der Zeit des Gefängnisses seien die "Weißbärtigen" oder der "Ältestenrat" zusammengetreten. Sie hätten darüber entschieden, dass er von dem Gefängnis freikommen solle, weil die Verwandten des Mädchens "die Sache selber hätten regeln wollen". Sein Vater hätte den Verwandten erlaubt, ihn zu töten. Ein abschließendes Urteil dieses "Ältestenrates" stehe noch aus (Seite 14). Diese Informationen hätte er von seinem Bruder, welcher Polizist sei. Sein 103 Jahre alter Großvater hätte die Idee den Beschwerdeführer mit einem Stromschlag umzubringen. Ebenso hätte die 90 Jahre alte Großmutter die Idee ihn mit einer Giftflasche zu töten (Seite 16).

Er hätte sich in dem Keller versteckt und hätte durch seinen Bruder gehört, dass die Verwandten "eine neue Waffe" gekauft hätten. Er hätte 6 bis 7 Monate in der Provinz Khas Kunar in Afghanistan, in einem Militärcamp als Trockenbauer gearbeitet (Seite 7). Als es dort keine Arbeit mehr gab, sei er auf eine Empfehlung seines Arbeitgebers in den Iran verzogen (Seite 9) und hätte dort ca ein Jahr weiter als Trockenbauer gearbeitet (Seite 8).

Er hätte nicht innerhalb von Afghanistan flüchten können, weil ganz Afghanistan unsicher sei und er außerhalb von Kabul keine Freunde hätte. Kabul wäre dagegen noch sicherer als die anderen Landesteile (Seite 14).

Er sei nicht vom islamischen Glauben abgefallen (Seite 13).

Die Verhandlung wurde am 17.04.2018 unterbrochen und am 26.04.2018 fortgeführt.

1.14. Beweise wurden aufgenommen durch

1.15. Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 26.04.2018 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und die ordentliche Revision nicht zugelassen.

Auszug aus dem mündlich verkündeten Erkenntnis:

"[....] Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass im gegenständlichen Fall

der Beschwerdeführer zwar glaubhaft darlegen konnte, dass er eine außereheliche Beziehung mit seiner Cousine pflegte. Glaubhaft ist zudem, dass er selbst bei der der Polizei war. Dies wird durch die vorgelegten Urkunden dargelegt, welche zwar in Dari abgefasst sind, jedoch teilweise von der Behörde übersetzt wurden. Der Beschwerdeführer schilderte auch glaubhaft, dass die Familie der Cousine die Anzeige zurückziehen wollte. Ebenso nachvollziehbar ist es, dass der Beschwerdeführer 16 bis 17 Tage nach diesem Tag bei der Polizei sich auf eigenem Antrieb sich in polizeilicher Gewahrsame befand. Diese 16 oder 17 Tage waren jedoch zu seinem eigenen Schutz. Damit fällt jedoch einem wesentlich Punkt für die Schutzgewährung weg, denn der Staat Afghanistan war offenbar gewillt und auch in der Lage, den Beschwerdeführer vor der Verfolgung Schutz zu gewähren. Ebenso steht für das Gericht fest, dass es nach dieser Freilassung keine Verfolgungshandlung gab. Er hätte nur vom "Hören - Sagen" erfahren, dass sich die Familie des Mädchens eine neue Waffe besorgt hätte. Teilweise wich der Beschwerdeführer die Fragen aus und schilderte die allgemeine Lage in Afghanistan, anstatt auf die Frage zu antworten. Teilweise wirkte der BF in seiner Erzählweise als ob er seine Gefährdung versteigert darstellen wollte (so wie zB die Erklärung seines Vaters den BF mit Stromschlag töten zu können oder die Darstellung mit dem Gift). Der BF wohnte allerdings zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr zuhause, sondern war auf der Flucht. Es hätte somit auch keine Möglichkeit der Giftverabreichung bestanden. Teilweise hatte der Richter den Eindruck, dass er nicht selbst erlebtes wiedergab, sondern die Schilderung in ungewöhnlicher und nicht nachvollziehgarer Weise steigerte. Wesentlich ist jedoch, dass der Saat Afghanistan ihm Schutz gab und dass er selbst nicht bedroht wurde. Die Drohungen bestanden aus Wahrnehmungen von Dritten. Hinsichtlich der aktuellen Gefährdungslage war ihm daher die Glaubwürdigkeit zu versagen..."

1.16. Mit rechtzeitig eingelangtem Schriftsatz vom wurde seitens des Beschwerdeführers die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses beantragt. Die weitere Verfahrenspartei wurde darüber in Kenntnis gesetzt.

1.17. Am 07.05.2018 langte beim Gericht eine Änderung der Vertretungsvollmacht ein. Der nunmehrige Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist im Spruch genannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2. Feststellungen:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt steht fest!

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und ist am XXXX geboren. Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist nicht - wie anfänglich von ihm vorgebracht - nicht vom islamischen Glauben abgefallen.

2.1.2. Der Beschwerdeführer stammt aus der Stadt Kabul, aus dem Stadtteil XXXX , im Gebiet XXXX , ist dort im Verband seiner Familie aufgewachsen, besuchte 12 Jahre lang die Schule, maturierte und studierte Engineering bzw. Architektur ein bis eineinhalb Jahre an der Universität von Kabul. Zur gleichen Zeit war er in einem Krankenhaus als Verwaltungsleiter beschäftigt. Er ist ledig und kinderlos.

Seine Familie besteht aus seinem Vater, seiner Mutter, drei Schwestern und fünf Brüdern. Die Familie lebt weiterhin in Kabul, wobei die einzelnen Geschwister teilweise bei den Eltern, mit getrennten Wohnungseinheiten, leben würden. Ein Bruder arbeitet bei der Polizei, ein Bruder lebt im Iran. Seine finanzielle Situation in Afghanistan war, ebenso wie die seiner Familie, durchschnittlich. Er reiste ca im Aug 2013 von Kabul in die Provinz Kuz Kunar, arbeitete dort in einem Militärcamp als Trockenbauer, verließ dies ca wieder im Jänner 2014 den Iran, arbeitete dort weiter als Trockenbauer und verließ ca im Jänner 2015 den Iran in Richtung Europa. Er zahlte einen Schlepper ca 2.000 USD und reiste über die Türkei und der Balkanroute, mehrheitlich zu Fuß, in die Europäische Union ein.

2.1.3. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

2.1.4. Der Beschwerdeführer weiß, wo sich seine Familie in Kabul aufhält. Er könnte mit ihr wieder leicht Kontakt aufnehmen. Die Familie wird ihn persönlich nicht unterstützen. Sein Bruder, der Polizist ist, wäre jedoch in der Lage, ihn zu unterstützen.

2.1.5. Der Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan einen Beruf aufnehmen können und sich selbst versorgen können. Er ist grundsätzlich gesund und arbeitsfähig.

2.1.6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

2.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

2.2.1. Der Beschwerdeführer hatte eine außereheliche sexuelle Beziehung mit seiner Cousine. Eines nachts, um 4 Uhr in der Früh, als er zur Arbeit gehen wollte, wurde er von zwei der Verwandten der Cousine aufgelauert. Sie hätten ihn zur Rede stellen wollen, er ist aber zur Polizei geflüchtet. Es sind zwei Schüsse gefallen, wobei dies auch Warnschüsse sein konnten. Bei der Polizei sind dann auch die Verwandten eingetroffen und wurde ein Akt über ihn angelegt. Er hatte Angst vor der persönlichen Verfolgung der Verwandten, weil er sich des Verbrechens der "Zina" (des außerehelichen Geschlechtsverkehrs) zu Schulden kommen ließ. Die Familie der Cousine erstattete schließlich nicht die Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der "Zina".

2.2.2. Er verblieb freiwillig im Gefängnis der Polizei und bekam dadurch Schutz den Staat Afghanistan.

2.2.3. Als er danach freikam wurde er von den Verwandten nicht mehr persönlich bedroht. Er hörte nur von seinem Bruder, dass sie sich "eine Waffe" gekauft hätten. Er musste die persönliche Beziehung zu der Cousine aufgeben. Er versteckte sich ca 14 Tage in einem Keller und ging danach ca 6 bis 7 Monate in die Provinz Kunar arbeiten. In einem Militärcamp arbeitete er als Trockenbauer. Als diese keine Arbeit mehr hatten, übersiedelte er in den Iran und war dort weiterhin als Trockenbauer beschäftigt.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer, nachdem er das Gefängnis freiwillig verließ, von Seiten seiner Familie oder von Seiten der Familie der Cousine einer direkten gegen ihn gerichteten Bedrohung ausgesetzt war.

2.2.4. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat einer systematischen Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, dh. wegen der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt war oder ihm in Falle einer Rückkehr derartiges droht.

2.2.5. Im Falle einer Bedrohung hätte der Beschwerdeführer innerhalb von Afghanistan beispielsweise in die Städte Herat oder Mazar-e Sharif flüchten können.

2.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

2.3.1. Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in seine Heimatstadt in Afghanistan, in die Hauptstadt Kabul, kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

2.3.2. Im Falle einer tatsächlichen Bedrohung - von dem das Gericht nicht ausgeht - stünden dem Beschwerdeführer die sicheren Städte Herat oder Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternativen offen.

2.4. Zum (Privat)Leben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer ist seit seiner Antragstellung am 01.05.2015 aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Er bezieht seit seiner Antragstellung Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und keine sonstigen engen sozialen Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer hat Deutschkurse besucht; die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers sind auf dem Niveau A2 des Europäischen Referenzrahmens. Der Beschwerdeführer lebt im Bezirk XXXX in Kärnten. Er hat persönliche Beziehung zu seiner Unterstützerin und ist dort sozial integriert. Er ist um Integration bemüht.

2.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

2.5.1. Allgemeine Sicherheitssituation in Afghanistan

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kurzinformation am 30.01.2018. Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)

"Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vgl. BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).

Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019

Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).

Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018

Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vgl. The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).

Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).

Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018

Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018).

(Grafik)

Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).

Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018

Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden(BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

(Grafik)

Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vgl. NYT 21.1.2018).

Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).

Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018)."

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kurzinformation am 21.12.2017, beinhaltet im Länderinformationsblatt, Punkt 1.

"Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil - der Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Regierungskräften hält landesweit an (UN GASC 20.12.2017). Zur Verschlechterung der Sicherheitslage haben die sich intensivierende Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften beigetragen (SIGAR 30.10.2017; vgl. SCR 30.11.2017).

Die afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte verstärkten deutlich ihre Luftoperationen (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die in 22 Provinzen registriert wurden. So haben sich im Berichtszeitraum der Vereinten Nationen (UN) Luftangriffe um 73% gegenüber dem Vorjahreswert erhöht (UN GASC 20.12.2017). Der Großteil dieser Luftangriffe wurde in der südlichen Provinz Helmand und in der östlichen Provinz Nangarhar erfasst (UN GASC 20.12.2017; vgl. SIGAR 30.10.2017), die als Hochburgen des IS und der Taliban gelten (SIGAR 30.10.2017). Verstärkte Luftangriffe hatten wesentliche Auswirkungen und führten zu hohen Opferzahlen bei Zivilist/innen und regierungsfeindlichen Elementen (UN GASC 20.12.2017). Zusätzlich ist die Gewalt in Ostafghanistan auf die zunehmende Anzahl von Operationen der ANDSF und der Koalitionskräfte zurück zu führen (SIGAR 30.10.2017).

Landesweit kam es immer wieder zu Sicherheitsoperationen, bei denen sowohl aufständische Gruppierungen als auch afghanische Sicherheitskräfte Opfer zu verzeichnen hatten (Pajhwok 1.12.2017; TP 20.12.2017; Xinhua 21.12.2017; Tolonews 5.12.2017; NYT 11.12.2017).

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der Konflikt seit Anfang des Jahres verändert, sich von einer asymmetrischen Kriegsführung entfernt und in einen traditionellen Konflikt verwandelt, der von bewaffneten Zusammenstößen zwischen regierungsfeindlichen Elementen und der Regierung gekennzeichnet ist. Häufigere bewaffnete Zusammenstöße werden auch als verstärkte Offensive der ANDSF-Operationen gesehen um die Initiative von den Taliban und dem ISKP zu nehmen - in diesem Quartal wurde im Vergleich zum Vorjahr eine höhere Anzahl an bewaffneten Zusammenstößen erfasst (SIGAR 30.10.2017)."

Sicherheitsrelevante Vorfälle

Die Vereinten Nationen (UN) registrierten im Berichtszeitraum (15.9. - 15.11.2017) 3.995 sicherheitsrelevante Vorfälle; ein Rückgang von 4% gegenüber dem Vorjahreswert. Insgesamt wurden von 1.1.-15.11.2017 mehr als 21.105 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, was eine Erhöhung von 1% gegenüber dem Vorjahreswert andeutet. Laut UN sind mit 62% bewaffnete Zusammenstöße die Hauptursache aller sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs [Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung/Sprengfallen], die in 17% der sicherheitsrelevanten Vorfälle Ursache waren. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von den südlichen Regionen - zusammen wurde in diesen beiden Regionen 56% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle registriert. Gezielte Tötungen und Entführungen haben sich im Vergleich zum Vorjahreswert um 16% erhöht (UN GASC 20.12.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden vom 1.1.-30.11.2017 24.917 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan registriert (Stand: Dezember 2017) (INSO o.D.)....

High-profile Angriffe:

Am 31.10.2017 sprengte sich ein Selbstmordattentäter in der "Green Zone" der Hauptstadt Kabul in die Luft. Der angebliche Täter soll Quellen zufolge zwischen 12-13 Jahren alt gewesen sein. Mindestens vier Menschen starben bei dem Angriff und ein Dutzend weitere wurden verletzt. Dies war der erste Angriff in der "Green Zone" seit dem schweren Selbstmordattentat im Mai 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017). der IS bekannte sich zu diesem Vorfall Ende Oktober 2017 (BBC 31.10.2017; vgl. Telegraph 31.10.2017; UN GASC 20.12.2017)

Am 20.10.2017 sprengte sich ein Angreifer in der Shia Imam Zamam Moschee in Kabul in die Luft; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet und 45 weitere verletzt. Der IS bekannt sich zu diesem Angriff (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017; UN GASC 20.12.2017). In dem Distrikt Solaina, in der westlichen Provinz Ghor, wurde ebenso eine Moschee angegriffen - in diesem Fall handelt es sich um eine sunnitische Moschee. Die tatsächliche Opferzahl ist umstritten: je nach Quellen sind zwischen 9 und 39 Menschen bei dem Angriff gestorben (Independent 20.10.2017; vgl. NYT 20.10.2017; al Jazeera 20.10.2017).

Am 19.10.2017 wurde im Rahmen eines landesweit koordinierten Angriffes der Taliban 58 afghanische Sicherheitskräfte getötet: ein militärisches Gelände, eine Polizeistationen und ein militärischer Stützpunkt in Kandahar wären beinahe überrannt worden (Independent 20.10.2017; vgl. BBC 21.10.2017). Einige Tage vor diesem Angriff töteten ein Selbstmordattentäter und ein Schütze mindestens 41 Menschen, als sie ein Polizeiausbildungszentrum in der Provinzhauptstadt Gardez stürmten (Provinz Paktia) (BBC 21.10.2017). In der Woche davor wurden 14 Offiziere der Militärakademie auf dem Weg nach Hause getötet, als ein Selbstmordattentäter den Minibus in die Luft sprengte in dem sie unterwegs waren (NYT 20.10.2017). Die afghanische Armee und Polizei haben dieses Jahr schwere Verlusten aufgrund der Taliban erlitten (BBC 21.10.2017).

Bei einem Selbstmordangriff im November 2017 wurden mindestens neun Menschen getötet und einige weitere verletzt; die Versammelten hatten einem Treffen beigewohnt, um den Gouverneur der Provinz Balkh - Atta Noor - zu unterstützen; auch hier bekannte sich der IS zu diesem Selbstmordattentat (Reuters 16.11.2017; vgl. UN GASC 20.12.2017)."

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 3, "Sicherheitslage"

"Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017). [...]

Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:

The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).

Haqqani-Netzwerk

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).

Al-Qaida

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vgl. auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).

Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vgl. auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vgl. auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen [....]

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017). [...]

Quellen: [...]"

2.5.1.1. Zur Sicherheitslage in Kabul.

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 3.1.

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

...Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: UNAMA 6.2.2017). Quellen:[...]"

2.5.2. Justizsystem in Afghanistan

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 4.:

Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia (islamisches Gesetz), Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9 .2016; vgl. auch: USIDP o.D. und WP 31.5.2015). Fast 80% der Dispute werden außerhalb des formellen Justizsystems gelöst - üblicherweise durch Schuras, Jirgas, Mullahs und andere in der Gemeinschaft verankerte Akteure (USIP o.D.; vgl. auch: USDOS 13.4.2016).

Traditionelle Rechtsprechungsmechanismen bleiben für viele Menschen, insbesondere in den ländlichen Gebieten, weiterhin der bevorzugte Rechtsweg (USDOS 13.4.2016, vgl. auch: FH 27.1.2016). Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten (USDOS 13.4.2016). In einigen Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle setzen die Taliban ein paralleles Rechtssystem um (FH 27.1.2016).

Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan weitverbreitet akzeptiert ist, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang. Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.). Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, da die Zentralregierung dort am stärksten ist, während es in den ländlichen Gebieten - wo ungefähr 76% der Bevölkerung leben - schwächer ausgeprägt ist (USDOS 13.4.2016).

Dem Justizsystem mangelt es weiterhin an der Leistungsfähigkeit um die hohe Zahl an neuen und novellierten Gesetzen zu beherrschen. Der Mangel an qualifiziertem, juristischem Personal behindert die Gerichte. Die Zahl der Richter/innen, welche ein Rechtsstudium absolviert haben erhöht sich weiterhin (USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2014 wurde die Zahl der Richter/innen landesweit mit 1.300 beziffert (SZ 29.9.2014; vgl. auch: CRS 8.11.2016), davon waren rund 200 Richterinnen (CRS 8.11.2016). Im Jahr 2015 wurde von Präsident Ghani eine führende Anwältin als erste Frau zur Richterin des Supreme Courts ernannt (RFE/RL 30.6.2016). Die Zahl registrierter Anwälte/innen hat sich in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt (WP 31.5.2015). Der Zugang zu Gesetzestexten wird besser, ihre geringe Verfügbarkeit stellt für einige Richter/innen und Staatsanwälte immer noch eine Behinderung dar (USDOS 13.4.2016).

Ein Mangel an qualifiziertem Justizpersonal behindert die Gerichte (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016). Manche Amtsträger/innen in Gemeinden und Provinzen verfügen über eine eingeschränkte Ausbildung und gründen ihre Entscheidungen daher auf ihrem persönlichen Verständnis der Scharia, ohne jeglichen Bezug zum kodifizierten Recht, Stammeskodex oder traditionellen Bräuchen (USDOS 13.4.2016).

Innerhalb des Gerichtswesens ist Korruption weiterhin vorhanden (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: FH 27.1.2016); Richter/innen und Anwält/innen sind oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffneten Gruppen (FH 27.1.2016), um Entlassungen oder Reduzierungen von Haftstrafen zu erwirken (USDOS 13.4.2016). Afghanische Gerichte sind durch öffentliche Meinung und politische Führer leicht beeinflussbar (WP 31.5.2015). Im Juni 2016 errichtete Präsident Ghani das Strafrechtszentrum für Anti-Korruption, um innerhalb des Rechtssystems gegen korrupte Minister/innen, Richter/innen und Gouverneure/innen vorzugehen, die meist vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt waren (Reuters 12.11.2016).

Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz in Fällen des Konflikts zwischen traditionellem islamischem Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 9 .2016).

2.5.3. Sicherheitsbehörden

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 5.:

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (ANDSF) bestehen aus folgenden Komponenten: der afghanischen Nationalarmee (ANA), welche auch die Luftwaffe (AAF) und das ANA-Kommando für Spezialoperationen (ANASOC) beinhaltet; der afghanischen Nationalpolizei (ANP), die ebenso die uniformierte afghanische Polizei beinhaltet (AUP), der afghanischen Nationalpolizei für zivile Ordnung (ANCOP), der afghanischen Grenzpolizei (ABP) und der afghanischen Polizei die Verbrechen bekämpft (AACP). Sie stehen unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums Die afghanische Lokalpolizei (ALP), sowie ihre Komponenten (etwa die afghanischen Kräfte zum Schutz der Öffentlichkeit (APPF) und die afghanische Polizei zur Drogenbekämpfung (CNPA) sind unter der Führung des Innenministeriums (USDOD 6. 2016).

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (Afghan National Defense and Security Forces, ANDSF) haben - wenn auch unbeständig - Fortschritte gemacht. Sie führten ihre Frühjahrs- und Sommeroperationen erfolgreich durch. Ihnen gelang im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern. Schwierigkeiten in Schlüsselbereichen wie Spionage, Luftfahrt und Logistik, verbesserten sich, beeinträchtigten dennoch die Schlagkraft. Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016).

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben zwar im Jahr 2015 die volle Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen (AA 9 .2016; vgl. auch: USIP 5.2016); dennoch werden sie teilweise durch US-amerikanische bzw. Koalitionskräfte unterstützt (USDOD 6.2016).

Drei Ministerien verantworten die Sicherheit in Afghanistan: Das afghanische Innenministerium (Afghanistan's Ministry of Interior - MoI), das Verteidigungsministerium (Ministry of Defense - MoD) und der afghanische Geheimdienst (NDS). Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan Local Police (ALP). Die (Afghan National Police (ANP) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit zuständig. Ihre primäre Aufgabe ist die Bekämpfung der Aufständischen. Das National Directorate of Security (NDS) fungiert als Geheimdienst und ist auch für die Untersuchung von Kriminalfällen zuständig, welche die nationale Sicherheit betreffen (USDOS 13.4.2016). Die autorisierte Truppenstärke der ANDSF wird mit 352.000 beziffert (USDOD 6.2016), davon 4.228 Frauen (SIGAR 30.7.2016).

Die monatlichen Ausfälle (umfasst alle geplanten und ungeplanten Ausfälle von Pensionierungen über unerlaubte Abwesenheit bis hin zu Gefallenen) der ANDSF liegen bei 2.4% - eine leichte Erhöhung gegenüber dem Dreijahresmittel von 2.2% (USDOD 6.2016).

Afghan National Police (ANP) und Afghan Local Police (ALP)

Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption und die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit aber in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Das Langzeitziel der ANP ist weiterhin, sich in einen traditionellen Polizeiapparat zu verwandeln. Mit Stand 31.5.2016 beträgt die Stärke der ANP etwa 148.000 Mann. Dies beinhaltet nicht die rund 6.500 Auszubildenden in Polizeiakademien und andere die Ausbildungszentren landesweit ausgebildet werden. Frauen machen sind mit etwa 1.8% in der ANP vertreten (USDOD 6.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vgl. auch: Sputnik News 14.6.2016). Die Personalstärke der ALP beträgt etwa 28.800 Mann; zusätzlich autorisiert sind weitere 30.000 Mann, welche nicht in der allgemeinen ANDSF-Struktur inkludiert sind (USDOD 6.2016). Aufgabe der ALP ist, Sicherheit innerhalb von Dörfern und ländlichen Gebieten zu gewährleisten - indem die Bevölkerung vor Angriffen durch Aufständische geschützt wird, Anlagen gesichert und lokale Aktionen gegen Rebellen durchgeführt werden (USDOD 6.2016).

Die monatlichen Ausfälle der ANP betragen über die letzten Jahre relativ stabil durchschnittlich 1.9% (USDOD 6.2016).

Afghanische Nationalarmee (ANA)

Die afghanische Nationalarmee (ANA) untersteht dem Verteidigungsministerium und ist für die externe Sicherheit verantwortlich, primär bekämpft sie den Aufstand im Inneren (USDOS 13.4.2016).

Mit Stand 31. Mai 2016 betrug der autorisierte Personalstand der ANA 171.000 Mann, inklusive 7.100 Mann in den Luftstreitkräften (Afghan Air Force - AAF); etwa 820 Frauen sind in der ANA, inklusive AAF. Die Ausfälle in der ANA sind je nach Einheit unterschiedlich. Die allgemeine Ausfallsquote lag unter 3%, gegenüber 2,5% in der letzten Berichtsperiode. Die Einheiten der Luftstreitkräfte und der afghanischen Spezialeinheiten (ASSF) hielten weiterhin die niedrigsten Ausfallsquoten und die höchsten Verbleibquoten aller ANDSF-Teile (USDOD 6.2016).

Die Vereinigten Staaten von Amerika errichteten fünf Militärbasen in: Herat, Gardez, Kandahar, Mazar-e Sharif und Kabul (CRS 8.11.2016).

Resolute Support Mission

Die "Resolute Support Mission" ist eine von der NATO-geführte Mission, die mit 1. Jänner 2015 ins Leben gerufen wurde. Hauptsächlich konzentriert sie sich auf Ausbildungs-, Beratungs- und Unterstützungsaktivitäten auf ministerieller und Behördenebene, sowie in höheren Ebenen der Armee und Polizei. Die personelle Stärke der Resolute Support Mission beträgt 13.000 (durch NATO und anderen Partnernationen). Das Hauptquartier ist in Kabul (Bagram), mit vier weiteren Niederlassungen in: Mazar-e-Sharif, Herat, Kandahar und Laghman (NATO 5.2016). Quellen [...].

2.5.4. Sicherheitssituation in Herat

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 3.13.

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel, Ghorian, Guzra und Pashtoon Zarghoon, werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen. Awba, Kurkh, Kushk, Gulran, Kuhsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirker zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna, Farsi, und Chisht-i-Sharif als Bezirke dritter Stufe (o.D.q). Provinzhauptstadt ist Herat City, mit etwa 477.452 Einwohner/innen (UN OCHA 26.8.2015; vgl. auch: Pajhwok 30.11.2016). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.928.327 geschätzt (CSO 2016).

Herat ist eine vergleichsweise entwickelte Provinz im Westen des Landes. Sie ist auch ein Hauptkorridor menschlichen Schmuggels in den Iran - speziell was Kinder betrifft (Pajhwok 21.1.2017).

Gewalt gegen Einzelpersonen

95

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

197

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

41

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

144

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

15

Andere Vorfälle

4

Insgesamt

496

  

Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Herat 496 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Herat wird als einer der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in abgelegenen Distrikten der Provinz aktiv (Khaama Press 2.1.2017; vgl. auch: RFE/RL 6.10.2016; Press TV 30.7.2016; IWPR 14.6.2014). Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig heilige Orte wie Moscheen an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AAN 11.1.2017).

Das afghanische Institut für strategische Studien (AISS) hat die alljährliche Konferenz "Herat Sicherheitsdialog" (Herat Security Dialogue - HSD) zum fünften Mal in Herat abgehalten. Die zweitägige Konferenz wurde von hochrangigen Regierungsbeamten, Botschafter/innen, Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Repräsentanten verschiedener internationaler Organisationen, sowie Mitgliedern der Presse und der Zivilgesellschaft besucht (ASIS 17.10.2016).

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Seite 28

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

2.5.5. Sicherheitssituation in Mazar-e Sharif

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Punkt 3.5. zu der Provinz "Balkh"

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.353.626 geschätzt (CSO 2016).

Gewalt gegen Einzelpersonen

30

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

81

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

26

Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften

70

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

18

Andere Vorfälle

1

Insgesamt

226

  

Im Zeitraum 1.1. -

31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die zentral gelegene Provinz Balkh - mit ihrer friedlichen Umgebung, historischen Denkmälern und wunderschönen Landschaft - wird als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt (Xinhua 12.12.2016; DW 4.8.2016). Obwohl Balkh zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt, versuchen dennoch bewaffnete Aufständische die Provinz zu destabilisieren. In den letzten Monaten kam es zu Vorfällen in Schlüsselbezirken der Provinz (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Xinhua 11.11.2016; Xinhua 1.10.2016). Laut dem Gouverneur Noor würden Aufständische versuchen, in abgelegenen Gegenden Stützpunkte zu errichten (Khaama Press 30.3.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Khaama Press 30.3.2016; vgl. auch: Tolonews 26.5.2016; Tolonews 18.4.2016). In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt (Kabul Tribune 5.1.2017). Dabei hatten die Taliban Verluste zu verzeichnen (Khaama Press 14.12.2016; Tolonews 26.5.2016). Auf Veranlassung des Provinzgouverneur Atta Noor wurden auch in abgelegenen Gegenden großangelegte militärische Operationen durchgeführt (Khaama Press 17.1.2017; vgl. auch: Khaama Press 14.12.2016; Khaama Press 7.3.2016).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol, das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noor bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015 haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt, miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen. Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

High-profile Angriff:

Bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Mazar-e Sharif waren am 10.11.2016 sechs Menschen getötet und fast 130 weitere verletzt worden (Die Zeit 20.11.2016). Nach Polizeiangaben attackierte am späten Abend ein Selbstmordattentäter mit seinem Auto das Gelände des deutschen Generalkonsulats in Mazar-e Sharif. Die Autobombe sei gegen 23:10 Uhr Ortszeit am Tor der diplomatischen Einrichtung explodiert, sagte der Sicherheitschef der Provinz Balkh. Bei den Toten soll es sich um Afghanen handeln. Alle deutschen Mitarbeiter des Generalkonsulats seien bei dem Angriff unversehrt geblieben (Die Zeit 10.11.2016). Das Gebäude selbst wurde in Teilen zerstört. Der überlebende Attentäter wurde dem Bericht zufolge wenige Stunden später von afghanischen Sicherheitskräften festgenommen (Die Zeit 20.11.2016).

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh, existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFE/RL 8.7.2015).

2.5.6. Risikogruppen in Afghanistan: (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 -zusammenfassende Darstellung des UNHCR vom 04.05.2016):

"Laut UNHCR können folgende Asylsuchende aus Afghanistan, abhängig von den im Einzelfall besonderen Umständen, internationalen Schutz benötigen. Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:

(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;

(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;

(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;

(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;

(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;

(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;

(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;

(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;

(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;

(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;

(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;

(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;

(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und

(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie deren Familienangehörige)."

2.5.7. Zur Zina:

Aus: "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 30.01.2018, Seite 183

"Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9 .2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt - in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9 .2016).

Ehrenmorde

Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016)....."

3. Beweiswürdigung

3.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

3.1.1. Ad 2.1.1.: Diese Feststellung ergibt sich aus den übereinstimmenden Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde, in der eingebrachten Stellungnahme, in den im Verfahren erstatteten Stellungnahmen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten Dokumenten.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name und Geburtsdatum) getroffen wurden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Das er vom islamischen Glauben - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht abgefallen ist, ergibt sich aus seinen Angaben vor dem Gericht (sh Seite 13 der gerichtlichen Niederschrift). Aus diesem Grund wird dieser Punkt in der Folge nicht weiter behandelt.

3.1.2. Ad 2.1.2: Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem schulischen und beruflichen Werdegang, seinem Familienstand, seinen Familienangehörigen, seinen sozialen und familiären Anknüpfungspunkten in Afghanistan, der wirtschaftlichen Situation seiner Familie, seinen Lebensumständen in Afghanistan, seiner Einreise nach Österreich sowie seiner Fluchtroute waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Afghanistan plausibel. Die Daten, wann er welchen Ort verlassen hat und was er wo gearbeitet hat, ergeben sich teilweise aus seinen Angaben oder aus Rückrechnungen der Zeitspannen vom Zeitpunkt der Antragstellung ausgesehen.

3.1.3. Ad 2.1.3: Das Datum der Antragstellung ergibt sich aus dem Akteninhalt.

3.1.4. Ad 2.1.4: Dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie wieder leicht in Kontakt treten könne ergibt sich daraus, dass er deren Aufenthaltsort in Kabul kennt. Es ist für das Gericht glaubhaft, dass er von der Familie, weil diese von seiner außerehelichen Beziehung in dem Ansehen ebenso betroffen ist, keine persönliche Unterstützung erwarten kann. Dass ihm sein Bruder unterstützten könnte, ergibt sich daraus, dass er zu diesem nach dem Vorfall nach wie vor Kontakt hält (sh Seite 8 der gerichtlichen Niederschrift).

3.1.5. Ad 2.1.5: Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer abgesehen von Schlafstörungen gesund ist und an keinen relevanten medizinischen Beschwerden leidet, konnte aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung getroffen werden (sh Seite 5 der gerichtlichen Niederschrift), sowie ergibt sich dies aus dem von ihm vorgelegten Befund (sh Punkt 1.8). Zweifel an der grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sind während des gesamten Verfahrens nicht aufgetaucht.

3.1.6. Ad 2.1.6: Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

3.2. Zu den Feststellungen hinsichtlich seiner Fluchtvorbringen

3.2.1. Ad 2.2.1.: Dass der Beschwerdeführer von der Polizei wegen seiner außerehelichen sexuellen Beziehung mit seiner Cousine angehalten wurde ergibt sich aus den von ihm vorgelegten Unterlagen. Diese sind zwar nicht in der deutschen Sprache abgefasst worden, doch in dem Verwaltungsakt ist teilweise eine Übersetzung vorgenommen worden (sh OZ 1, AS 263 ff). Es ist somit glaubhaft, dass er von der Polizei deswegen angehalten wurde.

Nach Ansicht des Gerichtes wurde zwar ein Akt angelegt aber seitens der Familie der Cousine keine Anzeige erstattet. Der Beschwerdeführer erklärte dies damit, dass im Falle einer Anzeige - nicht nur er - sondern auch die Cousine einer Strafe ausgesetzt gewesen wäre.

An dieser Stelle ist jedoch anzumerken - und insofern wird die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen geschwächt - dass der Beschwerdeführer vor dem Gericht versuchte, den Sachverhalt dramaturgisch darzustellen und verstrickte sich dabei widerholt Widersprüchen oder wich der gestellten Frage aus. Diese Tatsache gründet sich auf folgende Aussagen des Beschwerdeführers:

3.2.1.1. Aus der Verhandlungsniederschrift vor dem Gericht, nachdem der Beschwerdeführer angab, der Zina beschuldigt geworden zu sein (sh Seite 10 ff):

"BF: ....Dass, was ich bei der Polizei...angegeben habe und auch beim BFA, sind 5 % meines Fluchtvorbringens 95% meine

Fluchtvorbringens habe ich gar nicht erwähnt.... R: Die wären? ...

R: Warum haben Sie 95% Ihres Fluchtvorbringens nicht erwähnt?

BF: Ich bin noch nicht fertig, ich werde ich es Ihnen noch weiter schildern...Meine Geschichte ist allen Menschen bekannt..."

Der Beschwerdeführer beschränkte sich in der Folge auf genau diese Geschichte, die er bereits vor dem BFA vorbrachte.

"BF: Der Inhalt der Anzeige ist weit entfernt von der Realität. Wenn man die Anzeige lesen würde, man könnte feststellen, dass alle Anschuldigungen gelogen seien.

R: Was wurden Sie bezichtigt?

BF: Ich wurde laut Religion, laut Gesetz und laut Kultur, des außerehelichen Geschlechtsverkehrs (Zina) bezichtigt.

R: Was ist daran gelogen?

BF: Die Ankläger haben nicht bei der Polizei die ausführliche Geschichte angegeben. Außereheliche Geschlechtsverkehr (Zina) wird man als beide Parteien beschuldigt, sowohl der Mann als auch die weibliche Person. Die Ankläger bzw. die Familie des Mädchens hat nicht die Wahrheit bei der Polizei gesagt, hätten sie die Wahrheit bei der Polizei gesagt, wegen der Zina, wäre das Mädchen auch zur einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, dann müsste sie auch eine Gefängnisstrafe absitzen.

(Nach Rückübersetzung: Nach dem eine Weile die Gefängnisstrafe absitzt, wird man auch zwangsverheiratet, das sagt das Gesetz.)

Aber sie hatte Geschlechtsverkehr mit mir auf ihren eigenen, freien Willen. Die Anzeige wurde erstattet bei den hochrangigen Polizisten sowie Kommandanten und Leiter und stellvertretender Leiter der Polizei. Bis zum Abend blieb ich in Gewahrsam bei der Polizei. Bis zu dem Zeitpunkt war der schriftliche Akt vervollständigt. Ich hätte ins Gefängnis gebracht werden sollen, aber das passierte nicht. Die Familie des Mädchens wollte auch im Polizeisprengel die Anzeige zurückziehen. Die Polizisten haben mir gesagt, ich dürfe gehen...."

3.2.1.2. An anderer Stelle (Seite 12) widersprach er sich bei der Darstellung der Wahrheit. Bis zu diesem Zeitpunkt der Einvernahme bracht er vor, dass er sich selbst der Polizei stellte, er der Zina beschuldigt worden sei und die Familie der Cousine die Anzeige nicht erstatten wollte. Auf die Frage, warum er nach 16 bzw 17 Tagen Gefängnis freigekommen sei, brachte er vor, dass die Dorfältesten Angst gehabt hätten, dass "er der Regierung die Wahrheit sagen würde". Wenn nun die Wahrheit darin liegt, dass er der Zina beschuldigt worden sei, dann war dies ja bereits der Polizei, resp. der "Regierung" zu diesem Zeitpunkt bekannt, weil er ja wegen diesem Grund freiwillig in das Gefängnis ging.

3.2.1.3. Der Beschwerdeführer konnte nicht erklären warum er einen Bürgen hat und was sich dieser verbürgen hätte (Seite 15 der gerichtlichen Niederschrift).

3.2.1.4. Völlig überzogen erscheint dem Gericht die Darstellung von ihm, dass sein Großvater oder seine Großmutter dem Vater Methoden zur Ermordung des Beschwerdeführers empfahlen:

"R: Ich habe zu diesem Zeitpunkt zu ihrem Verfahren keine weiteren Fragen. Wollen Sie noch etwas angeben oder Anträge stellen?

BF: Ich möchte noch etwas sagen. Erstens, im Falle einer Rückführung nach Afghanistan, könnte ich nicht in Sicherheit bei meiner Familie leben. Mein Großvater war 103 Jahre alt. Er gab meinem Vater eine Idee, wie er mich umbringen sollte und zwar mit einem Stromschlag. Meine Großmutter ist älter 90 Jahre. Sie bat meinem Vater eine Mini-Flasche voll von Gift. Ich weiß es auch nicht, wo sie diese Mini-Flasche voll von Gift hatte und mein Vater hätte mit dem Gift mein Essen vergiften sollen. Das sind die Geschichten bzw. auch die Beispiele, dass die Ältesten unseren Familien gegen mich waren und wollten mich auf diese Art und Weise, von dieser von mir geschilderten Art und Weise umbringen lassen. Zweitens, ich bin ein Zina-Begeher, laut afghanischer Kultur bin ich zum Tode verurteilt. Drittens, laut der Religion der Afghanen, die Religion ist bekannter Weise der Islam, laut der Religion muss ich gesteinigt werden. Viertens, ich werde auch seitens der Regierung verfolgt. Fünftens, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan, wenn ich auch getötet werden würde, würde dieser Streit nicht ein Ende finden, weil ich einer anderen Clan angehöre als die Familie der Cousine. Zwischen diesen zwei Familien besteht zwar keine Familienfehde, aber eine intensive Konkurrenz. Auf Grund dieser herrschenden Konkurrenz zwischen diesen zwei großen Familien, selbst wenn ich von der Familie des Mädchens umgebracht werden würde, meine Familie muss sich an dieser Familie wegen mich rächen. Nirgendswo in Afghanistan ist es für mich sicher, im Falle einer Rückkehr ist das Beste, was mir passieren könnte ist, mir würde eine Gefängnisstrafe drohen bzw. ich müsste ins Gefängnis gehen."

Warum die Regierung gegen ihm gewesen wäre, ist völlig unklar, ebenso wie der Vater den Sohn hätte vergiften könne, wenn sich dieser nach der "Freilassung" von dem Gefängnis bei einem Bekannten im Keller befand, so wie er selbst vorbrachte.

3.2.2. Ad 2.2.2.: Diese Feststellung ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen vor der Behörde und vor dem Gericht. Er verbleib freiwillig im Gefängnis, und bekam dadurch einen Schutz vom Staat Afghanistan.

3.2.3. Ad 2.2.3: Diese Feststellungen ergaben sich aus dem übereinstimmenden Angaben vor der Behörde und vor dem Gericht. Er wurde nicht selbst bedroht und hörte nur, dass sich die Verwandten eine neue Waffe gekauft hätten. Dies hätte ihm sein Bruder, der Polizist, gesagt. Daraus lässt sich jedoch keine gegen ihn gerichtete Bedrohung ableiten.

Die Verfolgung von Zina endet nicht zwangsweise in dem Tod der Beteiligten. Ebenso gut wäre eine Verbannung der Beteiligten durch die sozialen Machthaber bzw den Älterstenrat möglich (sh dazu beispielsweise: https://de.wikipedia.org/wiki/Zinā ; Zugriff:

07.05.2018). Angesichts dessen, dass er seitens der Familie der Cousine nicht der Zina beschuldigt wurde, der Älterstenrat - nach seinen Aussagen - noch nicht endgültig über ihn entscheid, bzw nur insofern, als er von dem Gefängnis (worin er freiwillig saß) freikommen solle, konnte der Beschwerdeführer auch nicht notwendigerweise davon ausgehen, dass er verfolgt werden würde. Er stellte es jedoch insofern der Behörde und dem Gericht dar, wobei - wie oben ausgeführt - er selbst nicht direkt bedroht wurde.

Dass Zina nicht ausschließlich in Gewalt endet, wird auch in der vom Beschwerdeführer vorgelegte Stellungnahme beschrieben (sh Seite 9 der Stellungnahme vom 10.04.2018 auf Berufung auf "Landinfo").

"... Familien mit hoher Bildung, Familien in Großstädten... Tadschiken allgemein offen dafür seien, Lösungen zu finden, häufig

auch mithilfe von Vermittlungen. ... Auch wenn die Verhandlungen

schwierig seine, die Parteien in der Regel zu einer Lösung kommen würden. Es komme selten vor, dass solche Fälle in Gewalt bzw Mord enden würden...."

Er hätte sich bei einem Bekannten 14 Tage im Keller versteckt und hätte in dieser Zeit versucht als Dolmetscher zu arbeiten. Als ihm das nicht gelang, wurde er bei den Amerikanern in einem Camp in der Provinz Kunar als Trockenbauer beschäftigt. Wenn er tatsächlich einer Bedrohung ausgesetzt gewesen wäre, hätte er Kabul sofort verlassen ungeachtet dessen, ob er als Dolmetscher bei den Amerikanern eine Arbeit gefunden hätte. Er brachte vor, dass er ein paar Mal im Camp interviewt worden sei und in dieser Zeit in Kabul gelebt hätte. Das bedeutet, das er in dieser Zeit mehrmals von Kabul nach Kunar reiste. Bei einer aktuellen Bedrohungslage von ihm ("BF:

... .hätte mich jemand gesehen, wäre ich direkt, unmittelbar getötet worden..."; sh Seite 13 der gerichtlichen Niederschrift), ist ein mehrmaliges Reisen für das Gericht nicht vorstellbar.

3.2.4. Ad 2.2.4: Es war daher im Ergebnis die Feststellung zu treffen, dass er keiner aktuellen Bedrohungslage ausgesetzt war oder im Falle der Rückführung ausgesetzt sein wird. Das Gericht kamen auch von Amts wegen im Laufe des Verfahrens weiteren keine Gründe erkennen, wonach der Beschwerdeführer einer Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt sein könnte.

3.2.5. Ad 2.2.5: Selbst bei einer Wahrunterstellung, also selbst bei der Tatsache, dass der Beschwerdeführer von seiner Familie oder von der Familie der Cousine verfolgt werden würde, stünde dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative offen: Er hätte innerhalb von Afghanistan in ein sicheres Gebiet, wo ihm keine kennt flüchten können. Auf die Frage, warum er das nicht gemacht hat, brachte er vor:

R: Hätten Sie nicht in ein sicheres Gebiet in Afghanistan flüchten können?

BF: Erstens: Ich habe mein ganzes Leben lang in Kabul gelebt, außerhalb von Kabul hatte ich weder Freunde noch Bekannte.

R: Das hatten Sie im Iran auch nicht.

BF: Zweitens: Man hätte mich außerhalb Kabuls leicht umbringen können. Drittens: Außerhalb von Kabul wäre es für mich nicht sicher gewesen, Afghanistan an sich ist ein unsicheres Land. Menschen haben in Afghanistan überall Angst um ihr Leben. Viertens: Ich hätte weder einen Job noch ein Zimmer, eine Wohnmöglichkeit haben könne, weil ich niemanden außerhalb Kabuls kenne und ich habe keine Bekannte. Ich hätte nirgendswo in Afghanistan, auf Grund der Sicherheitslage einen Job gefunden.

R: Warum hätten man Sie außerhalb von Kabul leicht umbringen können?

BF: Die Sicherheitslage in Kabul ist relativ besser im Vergleich zu den anderen Gebieten des Landes. Es war mir klar in Afghanistan, dass meine Probleme Tag für Tag zunehmen würden.

R: Welche konkrete Bedrohung gegen Ihre Person würden Sie jetzt befürchten, wenn Sie nach Afghanistan zurückkehren müssten?

BF: Ich habe Ihnen heute bereits geschildert, dass mein Verwaltungsakt sehr dick, sehr groß war bzw. die Probleme des Aktes. Mein Vater hat nicht mehr jüngere Schwester zur Schule gehen lassen, auf Grund der bedrohlichen Situation..."

Dass er deswegen nicht in ein sicheres Gebiet von Afghanistan flüchten könne, weil er - wie er angab - sein ganzes Leben in der Stadt Kabul verbracht hat, ist nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig konnte er nicht plausibel begründen, dass er wegen des Fehlens von Wohnmöglichkeiten oder wegen der "allgemeinen schlechten Sicherheitslage" nicht innerhalb von Afghanistan sich hätte niederlassen können. Die Städte Herat und Mazar-e Sharif gelten entsprechend der nicht widersprochenen Länderberichte als sicher. Der Tatsache, dass er keine Wohnmöglichkeit und keine Freunde außerhalb von Kabul oder Afghanistan hatte, standen ihm auch im Iran oder in der Europäischen Union entgegen und trotzdem siedelte er sich dort an. A

Die Darstellung von ihm (Seite 12), dass der einzige Ort in Afghanistan das Camp der Amerikaner in der Provinz Kunar sei, kann angesichts dessen, dass es in Afghanistan kein geordnetes Meldewesen gibt und eine Ansiedelung in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif (als Beispiele genannt) nicht nachvollzogen werden.

3.3. Zu den Feststellungen hinsichtlich seiner Rückkehr:

3.3.1. Ad 2.3.1: Die Feststellungen zu den Folgen bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsstadt Kabul ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten. Auf das Wesentliche zusammengefasst geht daraus hervor, dass Kabul eine relativ sichere Stadt ist.

3.3.2. Ad 2.3.2: Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung des Beschwerdeführers in Herat oder Mazar-e Sahrif ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den oben angeführten Länderberichten in Zusammenschau mit den - vom Beschwerdeführer glaubhaft dargelegten (vgl. die Punkte 2.5.4 und 2.5.5) - persönlichen Umständen.

Es besteht eine Bus-, und Flugverbindung zwischen den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat. Dem 29-jährigen Beschwerdeführer, welcher mit der afghanischen Kultur vertraut ist, ist zuzumuten, dass er die Reise von Kabul, wo er bei einer Rückführung landen wird, bis nach Herat oder Mazar-e Sharif ohne Schwierigkeiten schaffen wird.

Die Fahrtzeit zwischen Kabul und der Stadt Chaharikar beträgt 1 Stunde und 6 Minuten bzw über die Straße "AH76" 1 Stunde und 21 Minuten. Die Fahrtstrecke betragen 56 km bzw 67,5 km (über die "AH76").

3.4. Zu den Feststellungen seines (Privat)Leben in Österreich

Die Feststellung zu Aufenthaltsdauer und -titel, der familiären Situation und der Integration des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf die Aktenlage, insbesondere auf die von ihm vorgelegten Unterlagen, sowie auf die damit übereinstimmenden, glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Fremdeninformationssystem, Grundversorgungs-Informationssystem).

3.5. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

3.6. Folgende Länderberichte wurden den Parteien mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und ihnen Gelegenheit geboten binnen 14 Tagen hierzu Stellung zu nehmen:

Die oben wiedergegebenen Länderberichte wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung übermittelt. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeräumt. Der Beschwerdeführer erstatte zwar im Wege seiner Vertretung eine Stellungnahme, trat den wiedergegebenen Länderberichten und Erkenntnisquellen jedoch nicht substantiiert entgegen (sh zum Inhalt unter Punkt 1.11).

Zu in der Stellungnahme verwiesenem weiterem Länderberichtsmaterial, ist anzumerken, dass die darin getätigten Aussagen in den (meist aktuelleren) Länderfeststellungen im Kern ohnehin Deckung finden.

Die Richtlinien und Anmerkungen von UNHCR wurden ausreichend berücksichtigt (zur Indizwirkung von UNHCR-Richtlinien vgl. u.a. VwGH 10.12.2014, Ra 2014/18/0103).

Soweit die Stellungnahmen des Beschwerdeführers auf weiteres Berichtsmaterial verweisen, ist festzuhalten, dass es sich bei der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, die den Großteil der in das Verfahren eingebrachten Länderfeststellungen zusammengetragen hat, um eine in österreichischen Gesetzen verankerte Abteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl handelt, deren Pflicht es ist, Neutralität, Objektivität und Transparenz zu wahren, und deren Aufgabe es ist, auf Basis von internationalen Berichten, internationalen Kooperationen und der Durchführung von Fact Finding Missions ausgewogene Länderinformationen zu erstellen und verfügbar zu machen. Dass sich die Recherche der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl dafür auf öffentlich zugängliche Internetquellen stützt, die den (hohen) Standards der Staatendokumentation entsprechen, ist geradezu Voraussetzung für die Erfüllung der Aufgaben der Staatendokumentation. Fallgegenständlich ist daher kein hinreichender Grund erkennbar, von diesen (oben angeführten) Länderfeststellungen abzuweichen.

Daraus folgt die

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Anzuwendendes Recht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I. Nr. 138/2017 (in der Folge kurz "VwGVG" genannt) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrens - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984 und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen im Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels gesonderter Bestimmungen im

die Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Mit Datum vom 01.01.2006 ist das AsylG 2005 in Kraft getreten und ist dieses auf die ab diesen Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden.

Die allgemeinen Verfahrensbestimmungen, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem BFA, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten, werden durch das BFA-Verfahrensgesetz, geregelt. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt (§ 1 leg cit).

Die Beschwerde ist zulässig.

4.2. Zu A): Abweisung der zulässigen Beschwerde:

4.3. Zu Spruchpunkt I. (Asyl)

4.3.1. Rechtliches zur Gewährung von Asyl

Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in der Folge kurz: "AsylG 2005" genannt), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Unter "Verfolgung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (Hinweis E vom 24. März 2011, 2008/23/1443, mwN). § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 EMRK niedergelegte Verbot der Folter (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).

Flüchtling i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (i.d.F. des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn die wohlbegründete Furcht im beschriebenen Sinn (zumindest) "glaubhaft" ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur wohlbegründeten Furcht Folgendes ausgeführt (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074): "Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Die begründete Furcht vor Verfolgung muss sich auf jenes Land beziehen, dessen Staatsangehörigkeit der Asylwerber besitzt (VwGH 08.11.1989, 89/01/0338).

Einer von Privatpersonen und privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung kommt Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (VwGH 21.04.2011, 2011/01/0100). Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119; 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN). Die Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie) sieht einerseits vor, dass die staatliche Schutzfähigkeit zwar generell bei Einrichtung eines entsprechenden staatlichen Sicherheitssystems gewährleistet ist, verlangt aber anderseits eine Prüfung im Einzelfall, ob der Asylwerber unter Berücksichtigung seiner besonderen Umstände in der Lage ist, an diesem staatlichen Schutz wirksam teilzuhaben (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233); dies ist unter Betrachtung des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. VwGH 11.07.2017, Ra 2016/20/0275). Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss auch Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Herkunftsstaats bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Herkunftsstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036 und 15.03.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/20/0539).

4.3.2. Anwendung auf den konkreten Fall:

Das BFA begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer eine persönliche Bedrohung oder Verfolgung in Afghanistan nicht glaubhaft habe machen können (sh Seite 85 des Bescheides). Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht:

4.3.2.1. Zur behaupteten Verfolgung wegen der außerehelichen Beziehung zu seiner Cousine:

Aus den in der Stellungnahme eingebrachten Länderberichten, der Stellungnahme des Beschwerdeführer und den unter 3.2.3 eingefügten link ist übereinstimmend zu entnehmen, dass Beziehungen vor oder außerhalb der Ehe als schwere Ehrverletzung der Familien, vor allem der Familie der Frau, gesehen werden und nicht nur die Frau, sondern auch der Mann bedroht und sogar getötet werden können (sh die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.04.2018). Andererseits ist aus dem festgestellten Sachverhalt und den damit übereinstimmenden Länderberichten (vgl. dazu LIB) abzuleiten, dass für Frauen und Männer, die unmoralischer Verhaltensweisen wie außer- bzw. vorehelicher Geschlechtsverkehr bezichtigt werden, somit auch für den Beschwerdeführer, das Risiko besteht, über die parallelen Justizstrukturen regierungsfeindlicher Kräfte zu harten Strafen, einschließlich zu Auspeitschung und zum Tod, verurteilt zu werden. Es ist jedoch relativierend festzuhalten, dass nicht jede außereheliche Beziehung zum Tod führt (sh dazu den Länderbericht, eingebracht seitens des Beschwerdeführers unter Punkt 3.2.3.

Die dem Beschwerdeführer wegen sexueller Beziehung drohende Sanktion durch die Familie der Cousine bzw seiner eigenen Familie weisen eine Verbindung zu einem Konventionsgrund auf, weil eine vermeintliche Verfolgung wegen einer den religiösen Wertvorstellungen der Verfolger zuwiderlaufenden Handlungsweise gegeben ist, womit dem Beschwerdeführer eine abweichende religiöse Überzeugung (zumindest) unterstellt wird (vgl. dazu VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0141). Dies wird auch in der Beschwerde vorgebracht (sh dazu Punkt 1.8).

Im gegenständlichen Fall konnten jedoch drei wesentliche Punkte erhoben werden:

Dem Beschwerdeführer ist zuzustimmen, dass er durch die Zuordnung seiner Person anhand seiner Lebensumstände und Fakten potentiell zu einer oder mehreren von der UNHCR aufgestellten Risikogruppe angehört (sh zu den Risikogruppen der UNHCR Punkt 2.5.6). Der UNHCR selbst sieht jedoch unter dem genannten Punkt "Potentielle Risikoprofile" mehrfach vor, dass eine Einzelfallprüfung zu ergehen hat. Der UNHCR führt folgendes an: "Der UNHCR ist auf Grundlage der vorangegangenen Analyse der Ansicht, dass - je nach den Umständen

des Einzelfalls - für Personen, ... eine Gefährdung bestehen kann."

Es ist somit von keiner absoluten Gefährdung auszugehen, wenn der Beschwerdeführer sich in einen oder mehreren Risikogruppen einordnen kann, sondern es ist der Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich eine Gefährdung besteht. Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, konnte in diesem Zusammenhang keine Gefahr gegen seine Person, dargelegt werden.

Selbst bei einer tatsächlichen Gefährdung gegen seine Person hätte der Beschwerdeführer innerhalb von Afghanistan, beispielsweise in die Städte Herat oder Mazar-e Sharif flüchten können. Die Städte gelten entsprechend der Länderinformationen (sh oben unter Punkt 2.5.4 und 2.5.5) derzeit als sicher. Es sind keine Gründe aufgetreten, welche dagegensprechen könnten, dass er in diese Städte hätte flüchten können. Dies insbesondere auch weil es in Afghanistan kein Meldewesen gibt und die Verwandten der Cousine ihn niemals in diesen Städten hätten finden können. Dies allerdings nur unter der Vorrausetzung dass tatsächlich eine Bedrohung stattgefunden hat, von dem das Gericht nicht ausgeht (sh auch 3.3.2).

4.4. Zu Spruchpunkt II. (subsidiärer Schutz)

4.4.1. Rechtliches zum subsidiären Schutz

Vorausgesandt wird an dieser Stelle, dass das Gericht zum Ergebnis kam, dass die Verwandten der Cousine gegenüber dem Beschwerdeführer keine Verfolgungshandlungen vornahmen und auch nicht im Falle der Rückkehr mit solchen Verfolgungshandlungen beginnen. Für den nicht wahrscheinlichen Fall, dass diese Bedrohung tatsächlich besteht, also bei einer Wahrunterstellung seines Vorbringens, würde der Beschwerdeführer einer realen Gefahr einer Verletzung von die ihm verbrieften Rechte gem. Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention in Kabul ausgesetzt sein. Das Gericht ha daher gem § 11 AsylG eine innerstaatliche Fluchtalternative zu prüfen. Die gleiche Prüfung ist im Rahmen des § 8 AsylG vorzunehmen. Der gegenständliche Absatz (4.4.) setzt daher die Wahrunterstellung:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 leg.cit. mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 leg.cit. oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 leg.cit. zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 leg.cit.) offensteht.

Nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (vgl. VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Für den hier in Rede stehenden Herkunftsstaat Afghanistan hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst mehrfach auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. dazu VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, 18.03.2016, Ra 2015/01/0255, 13.09.2016, Ra 2016/01/0096, jeweils mit zahlreichen Hinweisen auf die seit 2013 bestehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte).

In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, I gegen Schweden, Appl. 61204/09; siehe dazu auch VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255).

4.4.2. Rechtliches zur innerstaatlichen Fluchtalternative

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei einer Person gegeben, die im gesamten Staatsgebiet ihres Herkunftsstaats keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).

§ 11 AsylG 2005 unterscheidet nach seinem klaren Wortlaut zwei getrennte und selbständig zu prüfende Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative. Zum einen ist zu klären, ob in dem als innerstaatliche Fluchtalternative ins Auge gefassten Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, gegeben ist. Demgemäß verbietet sich die Annahme, der Schutz eines Asylwerbers sei innerstaatlich zumindest in einem Teilgebiet gewährleistet, jedenfalls dann, wenn in dieser Region Verhältnisse herrschen, die Art. 3 EMRK widersprechen. Zum anderen setzt die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative voraus, dass dem Asylwerber der Aufenthalt in diesem Gebiet zugemutet werden kann. Die Zumutbarkeit des Aufenthaltes ist daher von der Frage der Schutzgewährung in diesem Gebiet zu trennen. Selbst wenn in dem betreffenden Gebiet also keine Verhältnisse herrschen, die Art. 3 EMRK widersprechen (oder auf Grund derer andere Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllt wären), wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative bei Unzumutbarkeit des Aufenthaltes in diesem Gebiet zu verneinen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. VwGH 8.8.2017, Ra 2017/19/0118, mwN; VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Nach allgemeiner Auffassung soll die Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative danach beurteilt werden, ob der in einem Teil seines Herkunftslandes verfolgte oder von ernsthaften Schäden (iSd Art. 15 Statusrichtlinie) bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen kann (vgl. etwa die Richtlinien des UNHCR zum internationalen Schutz Nr. 4. "Interne Flucht- und Neuansiedlungsalternative" vom 23. Juli 2003, Rz 22 ff; Marx, Handbuch zur Qualifikationsrichtlinie (2009), 226 ff). Dabei ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (§ 11 Abs. 2 AsylG 2005; vgl. auch die im Wesentlichen gleichlautenden Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie; VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung ist das Kriterium der "Zumutbarkeit" nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001).

Betreffend die auch im vorliegenden Fall in Rede stehende Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Afghanistan führte der Verwaltungsgerichtshof jüngst ausdrücklich aus, dass nicht von vornherein erkennbar sei, weshalb ein Fremder durch mangelnde tragfähige Beziehungen und mangelnde Ortskenntnisse in afghanischen Großstädten trotz Vertrautheit mit den kulturellen Gegebenheiten und der Sprache in eine Situation ernsthafter individueller Bedrohung des Lebens komme (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Auch der Verfassungsgerichtshof führte in einem jüngst ergangenen Erkenntnis ausdrücklich aus, dass das Faktum, dass ein Beschwerdeführer nicht über hinlängliche Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Kabul verfügt, für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht ausreiche und dass mit dem Hinweis auf die schwierige Lebenssituation bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche und in wirtschaftlicher Hinsicht keine reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und damit keine Verletzung von Art. 3 EMRK dargetan werde (vgl. VfGH 12.12.2017, E 2068/2017).

4.4.3. Anwendung auf den konkreten Fall, wobei

Der Beschwerdeführer kann - bei Wahrunterstellung einer tatsächlichen Bedrohung, von dem das Gericht nicht ausgeht - nicht nach Kabul zurückzukehren, weil ihm dort eine Verfolgung von den Verwandten der Cousine drohen würde.

Angesichts dieser Situation in Kabul wäre die Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. eine für ihn als Zivilperson ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts nicht nur möglich, sondern geradezu wahrscheinlich.

Diese Problematik wirkt sich jedoch nicht auf ganz Afghanistan aus. Es ist daher das Offenstehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative (hier: die Stadt Herat oder Mazar-e Sharif) zu prüfen:

§ 11 AsylG 2005 lautet:

"(1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. (2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen."

Daher:

4.4.3.1. Einem Asylwerber muss in einem Teil seines Herkunftsstaats vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden können.

Schutz ist gewährleistet, wenn

4.4.3.2. in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und

4.4.3.3. die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Die Bedingungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 sind dann gegeben, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

4.4.3.4. Dem Asylwerber muss der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebiets zugemutet werden können.

Dazu im Einzelnen:

4.4.3.5. Ad 4.4.3.1: Sowohl Herat als auch Mazar-e Sharif stehen unter staatlicher Kontrolle; staatlicher Schutz steht in Form von Polizei, Sicherheitskräften und Justiz zur Verfügung. Auch wenn der Staat nicht präventiv jeden Angriff verhindern kann, kann nicht von einer Schutzunfähigkeit oder -unwilligkeit Afghanistans gesprochen werden. Zudem sind die Situationen in Herat oder in Mazar-e Sharif nicht so schlecht, dass der Beschwerdeführer schon wegen seiner Anwesenheit dort mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwarten muss, einem Nachteil durch die Taliban ausgesetzt zu sein, dem asylrelevante Intensität zukommt.

4.4.3.6. Ad 4.4.3.2: Unter "wohlbegründete(r) Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention" ist eine wohlbegründete Furcht vor der Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Überzeugung zu verstehen. Läge eine solche Furcht auch in den Städten Herat oder Mazar-e Sharif vor, wäre eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen.

Eine Furcht vor einer möglichen Verfolgung kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist; es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

Der Beschwerdeführer nannte - zusammengefasst - seine Angst vor der Verwandtschaft der Cousine, dass sich diese wegen der Blutschande an ihm rächen könnten, als Grund dafür, nicht nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Fallbezogen ist es gerade nicht wahrscheinlich, dass die Verwandten den Beschwerdeführer - bei Wahrunterstellung einer tatsächlichen Verfolgung - in Herat oder Mazar-e Sharif suchen und verfolgen würden.

Geht man von einer aktuellen Bedrohung gegenüber den Beschwerdeführer aus, so fehlt es schon an der Glaubhaftmachung einer Verfolgungshandlung gegenüber dem Beschwerdeführer, die sich in ganz Afghanistan auswirken soll. Der Beschwerdeführer wuchs in Kabul auf und lebte dort. Über ihn wurde in Kabul aus seinem Antrieb heraus die Polizeigewahrsame verhängt. Die Verwandten hätten keinen Anlass ihn in Herat oder Mazar-e Sharif zu suchen.

Er hätte innerhalb von Afghanistan in ein sicheres Gebiet, wo ihm keine kennt flüchten können. Auf die Frage, warum er das nicht gemacht hat, brachte er lediglich vor, dass es außerhalb von Kabul noch unsicherer wäre und außerdem dort keinen kennen würde (sh Punkt 3.2.5). Damit gelang es dem Beschwerdeführer nicht, darzulegen warum er sich nicht außerhalb von Kabul niederlassen hätte können.

Aus den Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass dem Beschwerdeführer aus anderen Gründen in Herat und Mazar-e Sharif eine konkrete, gegen ihn gerichtete, asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

Seitens des Beschwerdeführer kann in Herat und in Mazar-e Sharif somit keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen.

4.4.3.7. Ad 4.4.3.3: Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK setzt eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf dazu einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).

Dazu reicht es nach der aktuellen Rechtsprechung des VwGH nicht, sich zur Argumentation des Vorliegens einer "realen Gefahr" oder einer "ernsthaften Bedrohung" im obigen Sinne lediglich auf die allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu berufen (vgl. VwGH 05.12.2017, Ra 2017/01/0236), wobei die Berichtslage zu Kabul nicht derart gelagert ist, dass schon allein die Rückkehr dorthin ausreicht, um von einer ernsthaften Bedrohung der in Art. 3 EMRK geschützten Rechte auszugehen (vgl. VwGH 10.08.2017, Ra 2016/20/0369). Vielmehr liegt es an der Person des Beschwerdeführers, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihm im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine insbesondere dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs fordert das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG) zu beachten (VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Ausgehend von den zu Kabul getroffenen Feststellungen liegt trotz einiger Missstände und Risiken keine menschenrechtswidrig prekäre Allgemein- und Sicherheitslage vor; es gibt keine Gründe für die Annahme eines realen Risikos einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention und auch nicht für die Annahme einer ernsthaften Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit des Beschwerdeführer im Falle seines bloßen Aufenthalts in Kabul. Die Berichtslage zu Kabul ist nach Ansicht des EGMR und auch des VwGH nicht derart gelagert, dass schon allein die Rückkehr dorthin ausreicht, um von einer ernsthaften Bedrohung der in Art. 3 EMRK geschützten Rechte auszugehen (vgl. EGMR vom 12. Jänner 2016, A.G.R. gegen Niederlande, Nr. 13442/08, und etwa VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063, VwGH 10.03.2017, Ra 2017/18/0064 und zuletzt etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2016/08/2017). Daran vermag auch das seitens der RV eingebrachte Urteil eines französischen Gerichtes nichts zu ändern.

Selbiges gilt für die Städte Herat und Mazar-e Sharif.

Darüber hinaus sind Herat und Mazar-e Sharif eine für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, vergleichsweise sichere Städte. In den Städten Herat und Mazar-e Sharif sind nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es dort zu Anschlägen kommt.

Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung nach Herat oder Mazar-e Sharif für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG) sind in Bezug auf Herat oder Mazar-e Sharif sohin nicht gegeben.

Ad 4.4.3.4: Angesichts der Feststellungen zur Person des Beschwerdeführer und seinem bisherigen Lebensweg kann dem Beschwerdeführer ein Aufenthalt in Herat oder in Mazar-e Sharif auch zugemutet werden:

Beide Städten können legal und sicher vom Beschwerdeführer von Kabul aus erreicht werden. In Herat oder in Mazar-e Sharif ist auch die Infrastruktur für die Befriedigung elementarer Lebensbedürfnisse wie Unterkunft, grundlegender Versorgung und Erwerbsmöglichkeiten gegeben. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgewachsen, ist mit den Sitten des Herkunftsstaats bekannt, spricht eine Landessprache und gehört nicht zu einer gefährdeten Minderheit. Es handelt sich bei ihm um einen gesunden, arbeitsfähigen Mann ohne soziale Verpflichtungen.

Der Beschwerdeführer genoss eine langjährige Schulbildung, hat auch durch das rasche Erlernen der deutschen Sprache Anpassungsfähigkeit bewiesen, und ist arbeitsfähig, sodass davon auszugehen ist, dass er gerade in einer im Aufbau befindlichen Stadt sich - auch unter Zuhilfenahme verschiedener vorhandener Programme für Rückkehrer - eine Existenz aufbauen kann. Es ist daher nicht zu befürchten, dass der Beschwerdeführer aus persönlichen Gründen in Kabul in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation geraten wird, auch wenn er nicht auf seine - nach den Feststellungen vorhandenen - Sozialkontakte in Afghanistan und in Kabul im Speziellen zurückgreifen würde.

Dem Beschwerdeführer kann daher ein Aufenthalt in Herat oder Mazar-e Sharif zugemutet werden.

Daraus ergibt sich, dass für den Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG 2005 in Herat oder Mazar-e Sharif offensteht.

Wegen des Offenstehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative war gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005 der Antrag des Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 der Antrag des Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen (Spruchpunkt II.; vgl. auch VwGH 26.04.2017, Ra 2017/19/0016).

4.5. Zu Spruchpunkt III. (sonstiger Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Rückkehrentscheidung)

4.5.1. Zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist dann von Amts wegen zu prüfen, wenn "der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird".

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Keiner dieser Tatbestände ist im vorliegenden Fall verwirklicht: Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet (Z 1). Es liegt auch kein Interesse der Rechtspflege am weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet vor (Z 2). Der Beschwerdeführer war auch kein Opfer von Gewalt und ist die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung zum Schutz vor weiterer Gewalt nicht erforderlich (Z 3). Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lagen sohin nicht vor.

4.5.2. Zur Rückkehrentscheidung

Die relevanten Bestimmungen für eine Rückkehrentscheidung lauten auszugsweise:

§ 10 AsylG 2005:

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn [...]

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, [...]"

§ 50 FPG:

"Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht."

§ 52 FPG:

"Rückkehrentscheidung

[...] (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn [...]

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, [...]

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. [...]"

§ 55 FPG:

"Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

[...]"

§ 9 BFA-VG:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

[...]"

4.5.2.1. Rechtlich folgt daraus:

Der Antrag des Beschwerdeführer auf internationalen Schutz war sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diese Entscheidung war daher nach § 10 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG mit einer Rückkehrentscheidung nach dem FPG zu verbinden.

Greift eine Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben eines Fremden ein, so ist deren Erlassung nach § 9 Abs. 1 BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dazu sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählten Punkte zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten in Österreich und verfügt in Österreich über keine sonstigen besonders engen sozialen Bindungen. Die Familienmitglieder des Beschwerdeführers befinden sich in Afghanistan. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich sohin über kein Familienleben i.S.d. Art. 8 EMRK. Es bleibt zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers einhergeht.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60.654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Verwaltungsgerichtshof stellen in ihrer Rechtsprechung darauf ab, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen bewusst waren, der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes sei derart, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher ist (VwGH 30.04.2009, 2009/21/086, VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721 und die dort zitierte EGMR-Judikatur).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren (vgl. z.B. EGMR 05.09.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 09.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.04.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich;

31.01.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande;

31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 mwH).

Geht man nun im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführer in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführer aus und würde die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK darstellen:

Der Beschwerdeführer hält sich erst seit etwa XXXX im Bundesgebiet auf. Das Recht des Beschwerdeführers auf Aufenthalt im Bundesgebiet gründete sich allein auf die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz. Ein sonstiger Aufenthaltstitel wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt. Der Beschwerdeführer musste sich des unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

Der Beschwerdeführer hat bereits mehrere Sprachkurse absolviert, konnte in der mündlichen Verhandlung ganze Sätze auf Deutsch formulieren. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Soziale Bindungen hat der Beschwerdeführer nur wenige; er unternimmt ab und an etwas mit einem Österreicher aus seinem Sprachkurs.

Dass der Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet - insbesondere aufgrund der verhältnismäßig kurzen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführer in Österreich und mangels intaktem Familien- und Privatkleben in Österreich - überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung war gemäß § 10 AsylG 2005 iVm § 52 FPG geboten und stellt nach einer Interessensabwägung keine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.

4.5.3. Zur Zulässigkeit der Abschiebung

Gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung ist festzustellen, ob eine Abschiebung gemäß § 46 FPG zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, weil nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich § 3 und § 8 AsylG 2005 tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Es gibt auch keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR, die einer Abschiebung entgegenstehen würde.

Der auf § 52 Abs. 9 FPG 2005 gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht. Mit Eintreten der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung ist sohin die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig.

4.5.4. Frist für die Ausreise

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Es war daher der Spruchpunkt III. der Behörde zu bestätigen.

4.6. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist - soweit diese nicht unvertretbar ist - nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN). Auch bei Gefahrenprognosen im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 und bei Interessenabwägungen nach Art. 8 EMRK handelt es sich letztlich um einzelfallbezogene Beurteilungen, die im Allgemeinen nicht revisibel sind (z.B. VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255; 12.10.2016, Ra 2016/18/0039).

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