VwGH Ra 2016/20/0275

VwGHRa 2016/20/027511.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Christl, über die Revision der S H-W in W, vertreten durch Dr. Christoph Wildmoser, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Platz 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2016, Zl. W189 2120266- 1/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 2005 §3;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige Somalias und der Volksgruppe der Madhibaan zugehörig, stellte am 4. Mai 2015 - gemeinsam mit ihrem somalischen, den Sheikal angehörenden Ehemann, den sie in Österreich am 16. Juni 2015 geheiratet hat - einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass sie Somalia im Jahr 2007 wegen des Bürgerkrieges und der Diskriminierung der Volksgruppe der Madhibaan verlassen habe.

2 Mit Bescheid vom 5. Jänner 2016 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.), erkannte der Revisionswerberin den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.). Auch ihrem Ehemann wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

3 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin, soweit er die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten betraf, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

4 Mit dem hier angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gegen diese Entscheidung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass die Revisionswerberin der Volksgruppe der Madhibaan angehöre und bis August 2007 mit ihren Eltern und Geschwistern in Mogadischu gelebt habe. Sie sei mittlerweile mit einem somalischen Staatsangehörigen verheiratet.

6 Soweit sie vorbringe, dass sie im Falle ihrer Rückkehr aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit misshandelt oder getötet werden würde, verkenne sie, dass sich die Situation von Minderheitenclans seit 2007 in Mogadischu verbessert habe. Dies gehe aus den Länderberichten hervor.

7 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es sei der Revisionswerberin nicht gelungen, eine konkret gegen sie gerichtete Verfolgung von asylrelevanter Intensität glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Entführung des Vaters der Revisionswerberin sei schon mangels Aktualität der Fluchtgefahr nicht der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen. Ein Asylgrund aufgrund der vorgebrachten Zugehörigkeit zur "sozialen Gruppe der alleinstehenden, schutzlosen Frauen" in Somalia liege schon deshalb nicht vor, weil die Revisionswerberin aufgrund ihrer Eheschließung im Falle ihrer Rückkehr auf männlichen Schutz zurückgreifen könne.

8 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Revision bringt im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung vor, die Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, es liege keine Verfolgungsgefahr mehr vor, sei grob fehlerhaft. Dazu ist festzuhalten, dass die Frage, ob eine aktuelle Verfolgungsgefahr vorliegt, eine Einzelfallentscheidung ist, die grundsätzlich - wenn sie, wie vorliegend, auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH vom 22. Februar 2017, Ra 2016/19/0238, mwH). Dass die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts, im Hinblick auf die festgestellte jahrelange Abwesenheit der Revisionswerberin und die zwischenzeitig eingetretenen politischen und sozialen Veränderungen in Mogadischu sei nicht mehr von einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr auszugehen, unvertretbar sei, vermag die Revision nicht darzutun.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Juli 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte