BVwG W182 2012969-1

BVwGW182 2012969-128.1.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:W182.2012969.1.00

 

Spruch:

W 182 2012969-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dieter PFEILER über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Volksrepublik China, vertreten durch RA XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.09.2014, Zl. 831047102/1693594, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2015 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han-Chinesen an, ist konfessionslos, war zuletzt im Herkunftsstaat in der Stadt XXXX in der Provinz XXXX wohnhaft, reiste am 19.07.2013 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 20.07.2013 brachte die BF zu ihren Fluchtgründen vor, sie habe mit ihrem Ehemann einen Obst- und Gemüseladen betrieben, als ein Konkurrent, dessen gegenüberliegendes Geschäft nicht gut gelaufen sei, Leute engagiert habe, um ihres zu ruinieren bzw. zu übernehmen. Am 12.06.2013 sei es zwischen ihnen zu Handgreiflichkeiten gekommen, wobei ihn die BF mit einer Holzstange auf den Kopf geschlagen und er dann geblutet hätte. Aus diesem Grund seien sie und ihr Gatte weggelaufen, die BF zu einer Freundin und ihr Mann zu einem Freund. Seitdem habe die BF keinen Kontakt mehr zu ihrem Gatten. Um einer Festnahme zu entgehen, habe sie China verlassen. Bei einer Rückkehr habe sie Angst, eingesperrt zu werden. Sie sei am 18.07.2013 mit dem Zug nach Peking gefahren, von wo aus sie schlepperunterstützt nach Österreich geflogen sei. Im Herkunftsland würden sich noch ihr Gatte und ihr Sohn sowie ein Bruder aufhalten. Die BF habe im Herkunftsland von 1970 bis 1979 die Schule besucht.

In einer Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) am 09.09.2014 brachte die BF im Wesentlichen vor, sie habe einen Obstladen gehabt, der, im Gegensatz zum gegenüberliegenden, sehr gut gelaufen sei. Mit der Zeit hätten sie oft verbale Konflikte mit ihrem Konkurrenten gehabt, der einmal mit einer Gasflasche in ihr Geschäft gekommen sei und gedroht habe, dieses damit in die Luft zu sprengen (vgl. As 53). Dann sei es zu einer Rauferei mit ihrem Mann gekommen, dabei habe die BF ihren Konkurrenten mit einer Holzstange auf den Kopf geschlagen, wobei dieser verletzt worden sei (vgl. As 57). Danach sei sie zu einer Freundin gelaufen. Der Gegner habe sie angezeigt und, um einer Festnahme durch die Polizei zu entgehen, habe sie ihre Heimat verlassen (vgl. As 53). Genauer könne sie diesen Vorfall nicht schildern, an mehr könne sie sich nicht erinnern. Passiert sei das Ganze am 12.06.2013. Vorgehalten, dass ihren Angaben keine asylrelevanten Gründe zu entnehmen wären, brachte die BF vor, der Besitzer des gegenüberliegenden Obstladens habe die Mafia damit beauftragt, ihr Probleme zu machen. Ansonsten hätte sie China nicht verlassen. Auf Vorhalt, dass sie die Mafia bisher nicht ansatzweise erwähnt habe, erwiderte sie, sie habe in der Erstbefragung davon gesprochen. Auf weiteren Vorhalt hin, sie habe bislang behauptet, Angst vor der Polizei zu haben, wiederholte die BF lediglich, dass der Besitzer Mafialeute engagiert habe, weswegen sie ihr Geschäft verkaufen hätte müssen. Nachgefragt, ob sie das Geschäft vor der Flucht tatsächlich verkauft habe, verneinte sie dies wiederum, und gab an, es nur verlassen zu haben (vgl. As 55). Ihr Mann befinde sich in XXXX, das habe sie telefonisch von ihrem Sohn erfahren. Wenn sie jetzt zurückkehren würde, hätte sie Probleme mit der Mafia und der Polizei zu befürchten.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen brachte die BF vor, sie sei verheiratet und habe einen 24-jährigen Sohn sowie einen jüngeren Bruder, alle Verwandten würden in China leben. Sie selbst habe sechs Jahre die Grundschule sowie drei Jahre die Hauptschule besucht und sei danach als Fabrikarbeiterin tätig gewesen, bis die Firma in Konkurs gegangen sei. Von 2003 bis zu ihrer Ausreise sei sie selbstständig gewesen und habe den Obstladen geführt. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen und nur ein paar Landsleute kennengelernt.

1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt III.). Weiters wurde innerhalb Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen der BF nicht glaubhaft zu entnehmen sei, dass sie aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgung im Heimatland zu gewärtigen gehabt oder in Zukunft zu befürchten hätte. Trotz Fragestellung und Unterstützung sei sie nicht in der Lage gewesen, eine plausible, nachvollziehbare Fluchtgeschichte zu präsentieren, sondern habe sich fortwährend in Widersprüche verwickelt und im Verlauf der Einvernahme bzw. des Verfahrens ihre Aussagen gesteigert. Nachdem sie etwa mehrfach durch die Behörde auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen und ihr mitgeteilt worden sei, dass die Abweisung ihres Antrags beabsichtigt wäre, habe sie als unmittelbare Reaktion darauf erstmals die Mafia ins Spiel gebracht. Es müsse auch für Laien erkennbar sein, dass die Beteiligung der Mafia wesentlich schwerer wiege, als bloß schlicht "Leute". Die Behörde verkenne nicht, dass die Angaben in der Erstbefragung sich nicht auf die näheren Fluchtgründe beziehen dürften, jedoch sei die Ausdrucksweise "Leute" derart eindeutig, dass sich daraus nur der oben angegebene Schluss ziehen lasse. Gleiches gelte für die plötzlich hervorgekommene Gasflasche, mit der das Geschäft hätte gesprengt werden sollen. Ursprünglich habe die BF vorgebracht, ihr Kontrahent hätte das Geschäft lediglich übernehmen wollen. Darüber hinaus sei die BF den entsprechenden Vorhalten und Fragen in der niederschriftlichen Einvernahme nicht bzw. nur einsilbig entgegengetreten.

1.3. Dagegen wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben und der gegenständliche Bescheid zur Gänze angefochten und unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die BF aus Furcht vor langjähriger Inhaftierung unter unmenschlichen Bedingungen oder Einweisung in ein Zwangsarbeitslager nach Österreich flüchten habe müssen. Für die BF sei in der polizeilichen Erstbefragung selbsterklärend gewesen, dass die von ihr dort beschriebenen "Leute", die angeheuert worden seien, um in ihrem Geschäft eine Prügelei anzuzetteln, Kriminelle gewesen seien. Auch nach dem allgemeinen Menschenverstand sei dies offensichtlich. Eine Steigerung irgendeiner Art sei ihrem Vorbringen daher nicht zu entnehmen. Hinsichtlich der vorgeworfenen Widersprüche bezüglich der Erstbefragung sei festzustellen, dass diese gesetzlich nicht dazu gedacht sei, die Fluchtgründe eines Asylwerbers erschöpfend darzustellen. Auch habe das Bundesamt offenbar seine eigenen Länderberichte nicht zur Kenntnis genommen, aus denen hervorgehe, dass eine "kleine" Person wie die BF keinerlei Aussicht habe, von den kommunistischen Behörden Gerechtigkeit oder Schutz zu bekommen und in Fällen wie diesem keine Schutzwilligkeit und -fähigkeit vorhanden sei. Das Vorbringen der BF entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig, gründlich substantiiert, in sich konsistent und durch die Länderberichte belegt. Ihr drohe in der Heimat Verfolgung im Sinne der GFK und es wäre ihr daher Asyl zu gewähren gewesen.

1.4. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 24.09.2015, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der BF im Beisein einer Dolmetscherin der chinesischen Sprache, weiters durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, wobei das Bundesamt lediglich schriftlich die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde von der BF im Wesentlichen vorgebracht, sie und ihr Mann hätten seit 2009 ein ca. 90 m² großes, gutgehendes Geschäft gehabt, in dem sie Obst und Gemüse verkauft hätten. Davor habe die BF als gelernte Elektrikerin bei einer staatlichen Firma gearbeitet, bis diese aufgelöst worden sei (vgl. S. 7 des Verhandlungsprotokolls). Am 12.06.2013 habe es einen Streit gegeben. Da ihr Geschäft besser gelaufen sei als das vis-a-vis seien sie von dessen Besitzer mit dem Spitznamen XXXX immer wieder provoziert worden. Dieser sei mit einer Gasflasche und einem Feuerzeug in der Hand zu Ihnen gekommen. Kunden seien zu diesem Zeitpunkt keine mehr da gewesen, Passanten hätten alles durch das Schaufenster sehen können und die Polizei alarmiert (vgl. S. 13 des Verhandlungsprotokolls). Zuerst habe XXXX damit gedroht, die mitgebrachte Gasflasche gleich anzuzünden. Auf Vorhalt, er würde dann selber mitexplodieren, antwortete die BF, sie hätten nicht mitgedacht. Anfangs habe ihr Nachbar die Gasflasche auf den Boden gestellt und mit ihrem Mann einen Wortwechsel gehabt, der immer heftiger geworden sei. Danach habe er damit gedroht, die Gasflasche anzuzünden, in weiterer Folge hätte er sich mit dem Mann der BF geschlagen. Als dieser zu Boden gegangen sei, habe die BF XXXX sieben oder acht Mal mit einer Trennstange von einem Obstregal auf den Kopf geschlagen, dieser habe dann ihren Mann los gelassen, um seinen Kopf zu schützen. Daraufhin habe die BF Polizeisirenen gehört, das Blut gesehen und Angst bekommen (vgl. S. 14ff. des Verhandlungsprotokolls). Sie und ihr Mann seien beide davongelaufen. Nachgefragt, warum sie sich nicht der Polizei gestellt hätten, da es ja Notwehr gewesen sei, antwortete die BF, sie habe nicht so viel gedacht, sie kenne das Gesetz nicht so gut. Danach habe XXXX sie immer noch bedroht, er habe Leute zu Ihnen geschickt und Geld verlangt. Es sei ungefähr am 14. oder 15. gewesen, er habe noch einen Verband am Kopf gehabt. Nachgefragt erklärte die BF, er habe immer so laut vor Bekannten von ihnen gesprochen. Die Polizei habe er wahrscheinlich mit Geld geschmiert. Ob diese etwas unternommen habe, wisse die BF nicht, gesucht habe die Polizei nach ihnen nicht, da die BF und ihr Mann ja geflohen seien. Ob sie ihr Kontrahent angezeigt habe, wisse sie nicht. Bei einer Rückkehr würde sie XXXX immer noch suchen und Geld haben wollen (vgl. S. 16 des Verhandlungsprotokolls). Dies sei in China so, wenn man nicht Geld gebe, werde man geschlagen. Nachgefragt, ob es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, erklärte die BF, dies sei der Grund gewesen, warum XXXX in ihr Geschäft gekommen sei. Dies habe er anfangs nicht so direkt gesagt, sondern er habe nur über ihre Konkurrenz gesprochen. Er habe ein Jahr nach ihnen (Ende 2010) sein eigenes Geschäft eröffnet. Nachdem er bemerkt habe, dass das Geschäft der BF besser gelaufen sei, hätten die Probleme begonnen. Seit ungefähr Mitte 2011 hätte sie XXXX öfter in ihrem Geschäft aufgesucht (vgl. S. 17 des Verhandlungsprotokolls). Er habe immer mit dem Mann der BF gesprochen, dieser habe ihr jedoch nicht erzählt, worüber. Dass es Probleme gegeben habe, habe sie nur vermutet. Nochmals nachgefragt, erklärte die BF, ihr Mann habe ihr erzählt, dass er XXXX beim Großhandel getroffen habe und sie gestritten hätten. Genaueres habe er nicht berichtet (vgl. S. 18 des Verhandlungsprotokolls). Am 12.06.2013 habe XXXX nicht direkt Geld verlangt, nur am 14. oder 15. habe er sie in der Öffentlichkeit bedroht und gesagt, dass er Geld haben wolle. Nachgefragt, was aus dem Supermarkt geworden sei, erklärte die BF: "Wir haben es so gelassen". Das Geschäft sei geschlossen, es sei von ihnen nur gemietet gewesen (vgl. S. 19 des Verhandlungsprotokolls). Vorgehalten, sie habe beim Bundesamt angegeben, dass sie den Obstladen seit 2003 führe, stritt sie dies ab. Unter Vorhalt des Protokolls samt ihrer Unterschrift erklärte sie, sie habe seit 2003 Obst verkauft, aber das Geschäft hätten sie erst seit 2009 gehabt. Auf weiteren Vorhalt hin, sie hätte heute ausdrücklich angegeben, dass sie vor der Unternehmensgründung in der Fabrik gearbeitet hätte, antwortete sie, sie sei nicht genau gefragt worden, in welchem Jahr. Weiters vorgehalten, beim Bundesamt habe sie im Gegensatz zur Beschwerdeverhandlung angegeben, dass ihr Kontrahent sie angezeigt habe, erklärte sie, nach der Schlägerei habe es an und für sich keine Anzeige gegeben, er habe sie nur bedroht. Überdies vorgehalten, sie habe beim Bundesamt erklärt, dass sie China verlassen habe, um einer Festnahme durch die Polizei zu entgehen, gab die BF an, XXXX habe gute Beziehungen zur Polizei. Vorgehalten, sie habe vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben, sie werde nicht von der Polizei gesucht bzw. wisse es nicht, bestätigte sie dies. Nachgefragt, warum sie dann ausdrücklich vor dem Bundesamt angegeben habe, dass sie wegen der Anzeige vor der Polizei geflüchtet sei, erklärte sie, jeder habe Angst vor der Polizei. Auf Vorhalt, sie habe vor dem Bundesamt angegeben, dass ihr Kontrahent die Mafia beauftragt habe, in der Beschwerdeverhandlung habe sie jedoch nichts davon erwähnt, bestritt sie dies, und gab an, dass unter den Leute, die er geschickt habe, auch "nicht ordentliche" bzw. Leute von der Mafia gewesen seien. Aufgefordert, zu erklären, was sie damit gemeint habe, als sie beim Bundesamt gesagt habe, dass XXXX die Mafia beauftragt habe, um ihnen Probleme zu machen und woher sie das wisse, antwortete sie, jeder wisse, dass er das so mache. Nachgefragt, warum er das nicht früher gemacht habe, gab sie an, dass sie darüber keine Kenntnis habe. Nachgefragt, ob sie sich bei einer Rückkehr auch vor der Mafia fürchte, verneinte die BF dies ausdrücklich. Sie habe nur Angst vor XXXX, falls er von ihr Geld wolle. Nachgefragt, warum er noch etwas von ihr fordern solle, obwohl der Laden schon geschlossen sei, erklärte die BF, in China sei es so, das Geld spiele eine große Rolle. Die BF habe sich gleich nach diesem Vorfall zu einem Freund begeben. Ihren Mann, der ebenfalls bei einem (anderen) Freund untergekommen sei, habe sie seit damals nicht mehr gesehen. Anfangs habe sie ihn noch zwei oder drei Mal angerufen, danach habe sie keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt. Den Namen des Freundes ihres Mannes kenne sie nicht, er würde jedoch in XXXX leben. Als sie mit ihrem Mann telefoniert habe, habe er ihr gesagt, dass er nach XXXX wolle. Ob er sich jetzt dort befinde, wisse sie nicht. Vorgehalten, dass sie beim Bundesamt angegeben habe, sie hätte in einem Telefongespräch mit ihrem Sohn erfahren, dass ihr Mann sich in XXXX befinde, erklärte sie, sie habe das nur gehört, sie habe keine Kenntnis darüber, ob er wirklich dort sei. Die Beziehung zu ihrem Mann sei nicht so eng gewesen, die Trennung habe ihr nicht weh getan. Es habe Streitereien und Kleinigkeiten gegeben. Sie sei von ihm nicht geschlagen worden. Am 20.06.2013 habe die BF den Entschluss gefasst, auszureisen und sei am 18.07.2013 aus China direkt nach Österreich geflogen. Nachgefragt, wie XXXX sie in China finden könne, wenn er sie nicht einmal bei ihrem Freund gefunden habe, antwortete die BF, sie habe Angst, falls er sie doch finden würde.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen erklärte die BF, dass sie in der Heimat außer ihrem Mann noch einen volljährigen Sohn sowie einen Bruder habe. Bis zu ihrer Ausreise habe sie gemeinsam mit ihrem Ehemann in einer Wohnung in ihrer Heimatstadt gewohnt. Da sie schon lange in Österreich sei, habe sie keinen Kontakt mehr zu ihren Angehörigen und kenne auch nicht deren momentanen Aufenthaltsort. Der Sohn habe 2009 in XXXX mit seinem Studium begonnen, bis zu ihrer Ausreise hätten Sie Kontakt miteinander gehabt. Danach nicht mehr. Das Verhältnis zu ihrem Bruder sei eher kühl gewesen, sie habe ihn ungefähr zwei Jahre vor ihrer Ausreise das letzte Mal gesehen. Gelebt habe er damals in XXXX. Nachgefragt, was dagegen sprechen würde, sich nach XXXX oder zu ihrem Sohn nach XXXX zu begeben, erklärte sie, daran habe sie nicht gedacht, dort sei es heiß und sie habe Herzprobleme. In Österreich würden sich keine Familienangehörigen der BF aufhalten. Sie arbeite etwa seit Oktober 2013 fallweise in einem Studio im Rotlichtmilieu und lebe in einer Wohngemeinschaft. Staatliche Unterstützungsleistungen habe sie in Österreich nie bezogen. Sie habe keinen Freund oder Lebensgefährten. Deutschkurse habe sie keine besucht. Sie verfüge weder über einen österreichischen Freundeskreis noch sei sie in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen aktiv.

Zu ihrem Gesundheitszustand gab die BF an, es gehe ihr gut, sie sei jedoch wegen Nierensteinen in Behandlung. Sie müsse zehn Tage lang ein Medikament nehmen, wenn sich die Steine nicht verkleinern würden, würde sie operiert. Dazu legte sie Röntgenbilder eines Diagnosezentrums sowie zwei Medikamentenverschreibungen (Schmerzmittel, Mittel zur Förderung des Harnflusses) vor.

Im Rahmen der Verhandlung wurden mit der BF die der Entscheidung zu Grunde liegenden Länderberichte erörtert, wobei sie auf die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme. Ausdrücklich verzichtete. Befragt, was gegen eine Rückkehr sprechen würde, wenn sie von XXXX nicht mehr verfolgt werden würde, erklärte die BF, sie habe sich an das Leben in Österreich gewöhnt und an die medizinische Vorsorge. In China würde alles mit Geld bezahlt. Vorgehalten, ihre Nierenstein-Probleme seien medizinisch einfach zu lösen, ansonsten sei sie doch gesund, erwiderte sie, man könne nicht sagen, dass es eine große Operation sei. Sie wolle sich schon hier behandeln lassen. Sie habe in zehn Tagen einen medizinischen Kontrolltermin. Wenn das Medikament wirke, sei wahrscheinlich eine Operation nicht notwendig.

1.5. Am 12.10.2015 langten beim Bundesverwaltungsgericht ein Arztbrief eines Urologen sowie zwei Rezepte (Schmerzmittel, Mittel zur Förderung des Harnflusses) ein. Demnach seien zwei der ehedem drei Nierensteine nicht mehr nachweisbar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han-Chinesen an, ist konfessionslos, war zuletzt im Herkunftsstaat in einer Stadt in der Provinz XXXX wohnhaft, reiste am 19.07.2013 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die BF ist grundsätzlich gesund, arbeitsfähig, verfügt über neun Jahre Schulbildung sowie eine Fachausbildung als Elektrikerin und ist in der Lage, ihren notwendigen Unterhalt zu sichern. In China hat sie einen volljährigen Sohn, einen Ehemann sowie einen jüngeren Bruder.

Die BF hält sich seit zweieinhalb Jahren im Bundesgebiet auf. Sie verfügt über keine Deutschkenntnisse und hat hier weder Verwandte noch österreichische Freunde oder sonstige soziale Kontakte.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF im Herkunftsland einer Gefährdung oder Verfolgung ausgesetzt war bzw. ist. Sie hat das Herkunftsland ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

1.2. Zur Situation in der Volksrepublik China

Politische Lage

Die Volksrepublik China ist mit geschätzt 1.367 Milliarden Einwohnern (Stand Juli 2015) der bevölkerungsreichste Staat der Welt, bei einer Fläche von 9.596.960 km² (CIA 11.8.2015).

Sie ist in 22 Provinzen, die fünf Autonomen Regionen der nationalen Minderheiten Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi, sowie vier regierungsunmittelbare Städte (Peking, XXXX, Tianjin, Chongqing) und zwei Sonderverwaltungsregionen (Hongkong, Macau) unterteilt. Nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme", der der chinesisch-britischen "Gemeinsamen Erklärung" von 1984 über den Souveränitätsübergang zugrunde liegt, kann Hongkong für 50 Jahre sein bisheriges Gesellschaftssystem aufrecht erhalten und einen hohen Grad an Autonomie genießen. Nach einem ähnlichen Abkommen wurde Macau am 20. Dezember 1999 von Portugal an die Volksrepublik China zurückgegeben. Die Lösung der Taiwanfrage durch friedliche Wiedervereinigung bleibt eines der Hauptziele chinesischer Politik (AA 4.2015a).

Gemäß ihrer Verfassung ist die Volksrepublik China ein "sozialistischer Staat unter der demokratischen Diktatur des Volkes, der von der Arbeiterklasse geführt wird und auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern beruht" (AA 4.2015a). Die Volksrepublik China ist ein autoritärer Staat, in dem die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) verfassungsmäßig die höchste Autorität ist. Beinahe alle hohen Positionen in der Regierung sowie im Sicherheitsapparat werden von Mitgliedern der KPCh inne gehalten (USDOS 25.6.2015). Die KPCh ist somit entscheidender Machtträger. Nach dem Parteistatut wählt der alle fünf Jahre zusammentretende Parteitag das Zentralkomitee (376 Mitglieder), das wiederum das Politbüro (25 Mitglieder) wählt. Ranghöchstes Parteiorgan und engster Führungskern ist der zurzeit siebenköpfige "Ständige Ausschuss" des Politbüros. Dieser gibt die Leitlinien der Politik vor. Die Personalvorschläge für alle diese Gremien werden zuvor im Konsens der Parteiführung erarbeitet (AA 4.2015a, vgl. USDOS 25.6.2015).

An der Spitze der Volksrepublik China steht der Staatspräsident, der gleichzeitig Generalsekretär der KP Chinas und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission ist und somit alle entscheidenden Machtpositionen auf sich vereinigt. Der Ministerpräsident leitet den Staatsrat, die eigentliche Regierung. Der Staatsrat fungiert als Exekutive und höchstes Organ der staatlichen Verwaltung. Alle Mitglieder der Exekutive sind gleichzeitig führende Mitglieder der streng hierarchisch gegliederten Parteiführung (Ständiger Ausschuss, Politbüro, Zentralkomitee), wo die eigentliche Strategiebildung und Entscheidungsfindung erfolgt (AA 4.2015a).

Der 3.000 Mitglieder zählende Nationale Volkskongress (NVK) wird durch subnationale Kongresse für fünf Jahre gewählt. Er wählt formell den Staatspräsidenten für fünf Jahre und bestätigt den Premierminister, der vom Präsidenten nominiert wird (FH 28.1.2015a). Der NVK ist formal das höchste Organ der Staatsmacht (AA 4.2015a). Der NVK ist jedoch vor allem eine symbolische Einrichtung. Nur der Ständige Ausschuss trifft sich regelmäßig, der NVK kommt einmal pro Jahr für zwei Wochen zusammen, um die vorgeschlagene Gesetzgebung anzunehmen (FH 28.1.2015a). Eine parlamentarische oder sonstige organisierte Opposition gibt es nicht. Die in der sogenannten Politischen Konsultativkonferenz organisierten acht "demokratischen Parteien" sind unter Führung der KP Chinas zusammengeschlossen; das Gremium hat lediglich eine beratende Funktion (AA 4.2015a). Beim 18. Kongress der KPCh im November 2012 wurde, nach einem Jahrzehnt, ein Führungswechsel vollzogen (AI 23.5.2013). Für die nächsten fünf Jahre wurden ein neues Zentralkomitee, Politbüro und ein neuer Ständiger Ausschuss bestimmt. Xi Jinping wurde zum Generalsekretär der KPCh und zum Leiter der Zentralen Militärkommission gekürt. Mit dem 12. Nationalen Volkskongress im März 2013 gilt dieser Führungswechsel als abgeschlossen. Seitdem ist Xi Jinping auch Präsident Chinas (AA 4.2015a, vgl. FH 28.1.2015a). Er hält damit die drei einflussreichsten Positionen (USDOS 27.2.2014). Die neue Staatsführung soll zehn Jahre im Amt bleiben, wenngleich die Amtszeit offiziell zunächst fünf Jahre beträgt, mit der Möglichkeit zur Verlängerung durch eine zweite, ebenfalls fünfjährige, Amtsperiode (Die Zeit 14.3.2013). Vorrangige Ziele der Regierung sind weitere Entwicklung Chinas und Wahrung der politischen und sozialen Stabilität durch Machterhalt der KPCh. Politische Stabilität gilt als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Reformen. Äußere (u.a. nachlassende Exportkonjunktur) und innere (u.a. alternde Gesellschaft, Umweltschäden, Wohlfahrtsgefälle) Faktoren machen weitere Reformen besonders dringlich (AA 4.2015a).

Die Rolle der Partei in allen Bereichen der Gesellschaft soll gestärkt werden. Gleichzeitig laufen Kampagnen zur inneren Reformierung und Stärkung der Partei. Prioritäten sind Kampf gegen die Korruption und Verschwendung, Abbau des zunehmenden Wohlstandsgefälles, Schaffung nachhaltigeren Wachstums, verstärkte Förderung der Landbevölkerung, Ausbau des Bildungs- und des Gesundheitswesens, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und insbesondere Umweltschutz und Nahrungsmittelsicherheit. Urbanisierung ist und bleibt Wachstumsmotor, bringt aber gleichzeitig neue soziale Anforderungen und Problemlagen mit sich. Erste Ansätze für die zukünftige Lösung dieser grundlegenden sozialen und ökologischen Entwicklungsprobleme sind sichtbar geworden, haben deren Dimension aber zugleich deutlich aufgezeigt (AA 4.2015a).

Quellen:

Sicherheitslage

Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China stark zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Ländereien oder die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen. Die Anzahl sog. "Massenzwischenfälle" soll 2012 bei ca. 200.000 gelegen haben und schnell zunehmen. Massenzwischenfälle sind nach chinesischer Definition nicht genehmigte Demonstrationen und Proteste, an denen sich mehr als 100 Personen beteiligen. Wie verlässlich die genannten Zahlen sind, bleibt offen. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (AA 15.10.2014). Einer internationalen NGO zufolge wird die Zahl der Proteste auf 30.000 -50.000 pro Jahr geschätzt. Andere Quellen sprechen von einigen 10.000 bis 100.000 jedes Jahr. Wie schon in den vergangenen Jahren fand sich die Ursache der Mehrzahl der Demonstrationen Grundstücksstreitereien, Wohnungsprobleme, Industrie- Umwelt und Arbeitsangelegenheiten, staatliche Korruption, Steuern sowie sonstige wirtschaftliche und soziale Anliegen (USDOS 25.6.2015).

Nach den Massenkundgebungen der Demokratiebewegung in Hongkong ist noch keine Einigung mit den Behörden in Sicht (DW 7.10.2014, vgl. HRW 29.1.2015). Auf dem Höhepunkt der Proteste hatten bis zu 100.000 Menschen in der früheren britischen Kronkolonie für mehr Demokratie demonstriert. Sie verlangen den Rücktritt von Verwaltungschef Leung Chun Ying. Zudem protestieren sie dagegen, dass die Regierung in Peking bei der 2017 anstehenden Wahl eines Nachfolgers nur vorab bestimmte Kandidaten zulassen will (TR 20.10.2014).

Die Proteste waren weitgehend friedlich, im Oktober kam es aber auch zu einigen gewalttätigen Auseinandersetzungen, als Einzelpersonen versuchten, die von den Demonstranten auf mehreren Hauptstraßen errichtet Barrikaden zu beseitigen. Einige Demonstranten behaupteten, dass diese Personen kriminellen Banden angehörigen würden oder auf Geheiß der Zentralregierung tätig wurden und dass die Polizei nicht angemessen darauf reagiert habe. Von der Polizei wurden die Vorfälle untersucht und 19 Personen verhaftet, die mutmaßlich Angriffe auf die Demonstranten verübt haben. Im November konnte die Polizei einen Versuch der Demonstranten, das Regierungsgebäude in Hongkong zu stürmen abwehren (USDOS 15.6.2015).

In Hongkong hat das Parlament nun mit Beratungen über eine umstrittene Wahlreform begonnen. Die Demokratiebewegung sieht eine wesentliche Forderung nicht erfüllt, denn Peking will weiterhin massiv mitbestimmen. Den künftigen Regierungschef soll Hongkong frei wählen dürfen - ausgesucht werden sollen die Kandidaten aber von Peking selbst. Seit 17.6.2015 berät das aus 70 Abgeordneten bestehende Parlament der chinesischen Sonderverwaltungszone über den Wahlmodus des künftigen Regierungs- und Verwaltungschefs. Viele Demokratie-Aktivisten lehnen die Änderungen im Wahlmodus ab. Im Parlament platzierten oppositionelle Abgeordnete Schilder mit Kreuzen als Zeichen ihres Protests gegen die Reformpläne. Vor dem Parlament versammelten sich hunderte Anhänger beider Lager (DW 17.6.2015).

Quellen:

Rechtsschutz und Justizwesen

Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.10.2014). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2014, vgl. FH 28.1.2015a). Parteipolitisch-rechtliche Ausschüsse überwachen die Tätigkeit der Gerichte auf allen Ebenen und erlauben Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KPCh zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen (FH 28.1.2015). Die Gerichte sind auf jeder Ebene administrativ und institutionell den jeweiligen Einheiten des Nationalen Volkskongresses verantwortlich, von denen sie laut Verfassung auch errichtet werden. Jedes Gericht verfügt über ein Rechtskomitee, bestehend aus dem Gerichtspräsidenten, dem Vizepräsidenten und dem Leiter jeder Abteilung des Gerichts. Aufgabe ist es, bei "wichtigen und komplizierten Fällen" Anleitung zu geben. Das Problem ist, dass ein Richter, der einen solchen "komplizierten" Fall betreut, vor dem Urteilsspruch an das Rechtskomitee berichten muss. Es kommt daher zu der Situation, dass Personen, die den Prozess nicht gehört haben, Einfluss auf das Urteil nehmen (ÖB 11.2014). Das 3. Plenum des Zentralkomitees hat im November 2013 Beschlüsse zu einer Justizreform verabschiedet. Neben der Abschaffung des Systems der "Umerziehung durch Arbeit" sind Kernthemen Fragen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht zuletzt im Interesse der Korruptions- und Missbrauchsbekämpfung, der Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte und Professionalisierung der Justizarbeit. Die Zahl der Straftaten, die die Todesstrafe nach sich ziehen, sollte reduziert werden. Die durchaus ermutigenden Ansätze einer Verrechtlichung werden allerdings durch den fortbestehenden umfassenden Führungsanspruch der Partei relativiert (AA 15.10.2014). Trotz laufender Reformbemühungen gibt es, vor allem auf unterer Gerichtsebene, noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern, was die unterschiedliche Rechtsqualität zwischen den Gerichten in den großen Städten und den kleineren Städten erklärt (ÖB 11.2014). Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.10.2014).

Am 1.1.2013 trat eine Novelle des chinesischen Strafprozessgesetzes in Kraft. Es handelt sich dabei um die umfassendste Reform des Strafrechts seit 16 Jahren. Neu aufgenommen wurde "die Hochachtung und der Schutz der Menschenrechte". So sind z.B. gemäß Art. 50 Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung verboten. Gemäß Art. 83 sollen die Familien der Internierten innerhalb von 24 Stunden ab Strafarrest informiert werden, es sei denn es ist nicht möglich. Gemäß Art. 188 tragen Ehepartner, Eltern und Kinder keine Beweispflicht mehr. Die Rechte der Verteidigung wurden in einigen Bereichen gestärkt; so sind Geständnisse, die durch illegale Methoden wie Folter erzwungen werden, ungültig. Beweismittel und Zeugenaussagen, die auf unrechtmäßigem Wege gewonnen wurden, sind vor Gericht unzulässig; Polizeibehörden können Verdächtige nicht mehr zwingen sich selbst zu bezichtigen; dies könnte zu einem Rückgang an Foltervorfällen durch Polizeiorgane führen. Der Schutz jugendlicher Straftäter wird erhöht (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013, AA 15.10.2014). Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.10.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 28.1.2015a).

Das neue Gesetz sieht allerdings vor, dass "Staatsicherheit gefährdende" Verdächtige an einem "designierten Ort" bis zu 6 Monate unter "Hausarrest" gestellt werden können. Die Familie muss zwar formell innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Dieser Aufenthaltsort könnte auch außerhalb offizieller Einrichtungen sein. Rechtsexperten sehen darin eine signifikante Ausweitung der Polizeimacht, denn es ist zu befürchten, dass es an diesen geheimen Orten weiterhin zu Folterhandlungen kommen könnte (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013). Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, die die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.10.2014). Der Vorwurf der "Gefährdung der Staatssicherheit" oder des "Terrorismus" sind vage Begriffe, die oft als Vorwand von Maßnahmen gegen Dissidenten verwendet werden; jährlich werden ca. 1.000 Personen wegen des Verdachts auf "Gefährdung der Staatssicherheit" festgehalten (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013). Häufig wurden Anklagen wegen "Gefährdung der Staatssicherheit", "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" oder "Preisgabe von Staatsgeheimnissen" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen gegen Personen verhängt, weil sie Internetblogs veröffentlicht oder als sensibel eingestufte Informationen ins Ausland weitergeleitet hatten. Der Staat benutzt somit das Strafrechtssystem dazu, seine Kritiker zu bestrafen (AI 23.5.2013). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von "Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, einen Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird ihm vom Gericht überhaupt ein Verteidiger bestellt (AA 15.10.2014).

Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Verstöße gegen das Recht von Angeklagten auf ein faires Gerichtsverfahren und gegen andere ihrer Rechte waren gängige Praxis, darunter der verwehrte Zugang zu Anwälten und Familienangehörigen, Inhaftierungen über die rechtlich zulässige Zeitdauer hinaus, sowie Folter und Misshandlung in Gewahrsam (AI 23.5.2013; vgl. FH 23.1.2014a).

Die wachsende Anzahl von Bürgerrechtsanwälten war auch 2014 weiterhin mit Beschränkungen und körperlichen Angriffen konfrontiert. Anwälte wurden daran gehindert, ihre Klienten zu sehen, geschlagen und in einigen Fällen sogar festgehalten und gefoltert (FH 28.1.2015a).

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Personen werden oft über lange Zeit hinweg in ihrer eigenen Wohnung oder an anderen Orten ohne Zugang zur Außenwelt festgesetzt (AA 15.10.2014).

Der Nationale Volkskongress schaffte Chinas berüchtigtes System der "Umerziehung durch Arbeit" im Dezember 2013 offiziell ab. In der Folge griffen die Behörden ausgiebig auf andere Formen der willkürlichen Inhaftierung zurück, wie z.B. Schulungseinrichtungen für Rechtserziehung, verschiedene Arten der Administrativhaft, geheime "black jails" und rechtswidrigen Hausarrest. Darüber hinaus benutzte die Polizei häufig vage Anklagen wie "Streitsucht und Unruhestiftung" oder "Störung der Ordnung in der Öffentlichkeit", um politisch engagierte Bürger für Zeiträume von bis zu 37 Tagen willkürlich in Haft zu nehmen. KPCh-Mitglieder, die unter Korruptionsverdacht standen, wurden im Rahmen des geheimen Disziplinarsystems shuanggui ("doppelte Festlegung") ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand und ihren Familien in Gewahrsam gehalten (AI 25.2.2015, vgl. ÖB 11.2014).

Quellen:

Sicherheitsbehörden

Zivile Behörden behielten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 25.6.2015). Die KPCh kontrolliert und leitet die Sicherheitskräfte auf allen Ebenen. 2013 dehnte die Partei ihren Apparat zur "Stabilitätserhaltung", mit dem Recht und Ordnung erhalten werden soll, allerdings auch friedlicher Protest unterdrückt und die Bevölkerung überwacht wird, weiterhin aus (FH 23.1.2014a). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes. Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4.2015a).

Für die innere Sicherheit sind zuständig:

(1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen;

(2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet;

(3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die fu¿r Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind (AA 15.10.2014).

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit (MfÖS) mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden können, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.10.2014).

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab, die sich in Konkurrenz zum MSS und MfÖS sieht. Die elektronische Aufklärung wird vornehmlich durch die 3. Hauptverwaltung im Generalstab wahrgenommen. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen

1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.10.2014).

Quellen:

Folter und unmenschliche Behandlung

China ratifizierte 1988 die VN-Konvention gegen Folter. Nach Art. 247 und 248 StGB wird Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken in schweren Fällen mit einer Strafe von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 15.10.2014).

In den letzten Jahren wurden einige Verordnungen erlassen, die formell einen besseren Schutz vor Folter für Tatverdächtige im Ermittlungsverfahren bieten sollen. Die letzte Strafprozessnovelle (in Kraft mit 1.1.2013) sah einige Verbesserungen vor. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente, die Sicherheitsbehörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum. Im Jänner 2014 wurden die Umerziehungslager durch Arbeit (Reeducation through Labour) offiziell abgeschafft. Unklar ist jedoch, inwieweit die Lager durch Lager für Drogensüchtige oder die sogenannten "Community correction" Zentren ersetzt wurden. Die ohne gesetzliche Basis operierenden "Custody and Education" Zentren für Prostituierte bestehen jedenfalls weiter. Illegale Haftanstalten ("black jails") sind darüber hinaus weiterhin landesweit in Verwendung, besonders für die Festhaltung von unliebsamen Petitionären (ÖB 11.2014).

Das revidierte Strafverfahrensrecht schließt die Verwendung unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommener Geständnisse und Zeugenaussagen (neuer Art. 53) und illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess ausdrücklich aus. Folter soll in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen (AA 15.10.2014). Die Anwendung von Folter zur Erzwingung von Geständnissen ist nach wie vor weit verbreitet (AI 25.2.2015, vgl. FH 28.1.2015a). Straffreiheit ist die Normalität, auch für verdächtige Todesfälle in Gefängnissen (FH 28.1.2015a). Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe "unterer Amtsträger" dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 15.10.2014).

In einem seltenen Fall bestätigte ein Berufungsgericht in Harbin, Provinz Heilongjiang, im August 2014 die Schuldsprüche gegen vier Personen wegen Folter. Sie waren zusammen mit drei anderen Personen von einem Gericht der ersten Instanz für schuldig befunden worden, im März 2013 mehrere Straftatverdächtige gefoltert zu haben. Die Täter erhielten Haftstrafen von einem bis zu zweieinhalb Jahren. Nur drei der sieben Personen waren Polizeibeamte; bei den übrigen handelte es sich um "Sonderinformanten" - gewöhnliche Bürger, die der Polizei bei der Aufklärung von Straftaten "behilflich" sein sollen. Eines der Opfer, das mit Elektroschocks traktiert und mit einem Schuh geschlagen wurde, starb in der Haft an den Folgen der Folter (AI 25.2.2015).

Quellen:

Korruption

Bei der Polizei auf lokaler Ebene ist Korruption weit verbreitet, auch die Justiz wird durch Korruption beeinflusst. Es gibt Strafen für Korruption, doch dieses Gesetz wird nicht konsequent und transparent umgesetzt (USDOS 25.6.2015, vgl. FH 28.1.2015a)

Das Vierte Plenum des 18. Zentralkomitees der KPCh, welches von 20.

2014 erreichte eine aggressive Korruptionsbekämpfungskampagne die höchsten Ränge der Partei. Korruption bleibt weit verbreitet, in vielen Fällen auch in stark von der Regierung regulierten Bereichen wie Landnutzungsrechte, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur - die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeld sind. Trotz der Bemühungen der Regierung die Korruption zu bekämpfen bleibt diese bestehen. Die Strafverfolgung ist sehr selektiv und undurchsichtig, sodass persönliche Netzwerke und interne Machtkämpfe innerhalb der KPCh die Zielpersonen und Ausgänge beeinflussen. Ein Durchgreifen auf unabhängige Korruptionsbekämpfungsaktivisten und Repressalien gegen ausländische Medien bei Untersuchungen des Einflusses von Bestechung von hochrangigen Beamtenfamilien haben die Effektivität und Legitimität der Kampagne weiter untergraben (FH 28.1.2015a). Im Jahr 2013 langten bei der Zentralen Kommission für Disziplinaruntersuchungen 1,95 Millionen Korruptionsvorwürfe ein,

172.532 Fälle wurden untersucht und 182.038 Disziplinarverfahren verhängt (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in China bietet weiterhin ein zwiespältiges und trotz aller Fortschritte im Ergebnis negatives Bild. 2004 wurde der Begriff "Menschenrechte" in die Verfassung aufgenommen, die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahren erheblich erweitert. Andererseits bleiben die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh oberste Prämisse und rote Linie. Vor diesem Hintergrund geht die chinesische Führung kompromisslos gegen jene vor, die als Bedrohung dieser Prioritäten angesehen werden, wie z. B. regierungskritische Schriftsteller, Blogger, Bürgerrechtsaktivisten, Menschenrechtsanwälte, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften (Falun Gong, Hauskirchen etc). Nach dem Führungswechsel im März 2013 hat sich das Klima für Menschenrechtsverteidiger und regierungskritische Personen, die politische Reformen fordern, deutlich verschärft. Kritische Intellektuelle, Journalisten und Blogger, die sich zu Themen äußern, die die chinesische Führung als sensibel ansieht, werden unter Druck gesetzt, bedroht und inhaftiert. Zahlreiche Dissidenten und Aktivisten befinden sich wegen kritischer Äußerungen in Haft (AA 15.10.2014).

Politische Opposition ist in der VR China strafbar (Straftatbestand der "Staatsgefährdung"), unabhängige Gewerkschaftsgründung verboten, Presse- und Meinungsfreiheit nach wie vor stark eingeschränkt. Weiterhin befinden sich unzählige DissidentInnen in Arbeitslagern oder psychiatrischen Kliniken. Internetzensur ist nicht nur bei Diskussionen über Demokratie oder Freiheit an der Tagesordnung (ÖB 11.2014).

Nicht zuletzt dank der modernen Kommunikationsmittel entsteht eine über ihre Rechte zunehmend besser informierte Öffentlichkeit, die bereit ist, diese Rechte zu verteidigen, und willkürliches Handeln der staatlichen Organe nicht länger unwidersprochen hinnehmen will. Massenproteste mit sozialpolitischem Hintergrund - insbesondere gegen illegale Landnahme, unzureichende oder vorenthaltene Kompensationen bei Umsiedlungen, gewaltsamen Abriss von Häusern, Umweltkonflikte und Korruption - nehmen zu (AA 15.10.2014). Die chinesische Gesellschaft hat durch die soziale Dynamik, die durch die wirtschaftlichen Reformen ausgelöst wurde, in den letzten drei Jahrzehnten insgesamt an Offenheit gewonnen. Die Lebensbedingungen haben sich für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung deutlich verbessert und erlauben im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich ein höheres Maß an persönlicher Freiheit. Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen. Dem steht jedoch weiterhin der Anspruch der Kommunistischen Partei auf ungeteilte Macht gegenüber. Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden ausdrücklich abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert, neben sozialer Not eine der Hauptquellen von Unzufriedenheit in der chinesischen Gesellschaft (AA 4.2015a). Die Volksrepublik China erkennt de jure die grundlegenden Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an. Sie gehört einer Reihe von VN-Übereinkünften zum Schutz der Menschenrechte an und hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zwar 1998 gezeichnet, allerdings bis heute nicht ratifiziert. Am 27.3.2010 hat die Volksrepublik den VN-Wirtschafts- und Sozialpakt ratifiziert, allerdings zum Recht auf die Bildung freier Gewerkschaften einen Vorbehalt eingelegt. Unabhängige Gewerkschaften sind nicht zugelassen (AA 4.2015a).

Es gibt weiterhin besorgniserregende Verletzungen rechtsstaatlicher Mindeststandards in ganz China. So gibt es immer noch Strafverfolgung aus politischen Gründen, Administrativhaft (Haftstrafe ohne Gerichtsurteil), Verletzung von allgemeinen Verfahrensgarantien im Strafverfahren (z.B. Unschuldsvermutung), sehr häufige Verhängung der Todesstrafe sowie Fälle von Misshandlungen und Folter. Daneben gibt es das Bekenntnis der Regierung zu einem an Recht und Gesetz ausgerichteten sozialen Regierungshandeln und vermehrt Reformbemühungen im Rechtsbereich, so beispielsweise beim 4. Plenum des Zentralkomitees der KPCh im Oktober 2014. Im Januar 2013 ist eine umfassende Revision des Strafprozessrechts in Kraft getreten. Ende 2013 wurde die Abschaffung der seit den 1950er Jahren existierenden Umerziehungslager ("Reform durch Arbeit") beschlossen; viele dieser Lager sowie andere Formen der Lagerhaft bestehen allerdings fort (AA 4.2015a).

Presse-, Meinungs- und Religionsfreiheit sind stark eingeschränkt. Das öffentliche Infragestellen des Machtmonopols der Kommunistischen Partei Chinas wird weiterhin hart geahndet.

Menschenrechtsverteidiger sind starken Repressionen ausgesetzt. China geht mit besonderer Härte auch gegen Forderungen nach Unabhängigkeit oder größerer Autonomie, besonders in Tibet und Xinjiang vor. Die heutige chinesische Gesellschaft ermöglicht freie Meinungsäußerung im privaten Bereich, Mobilität und individuelle beruflich-wirtschaftliche Chancen. Insbesondere sogenannte soziale Medien im Internet haben sich in diesem Zusammenhang - trotz aller Kontrollversuche der chinesischen Regierung - zu besonders wichtigen Kommunikationsträgern entwickelt (AA 3.2014a, vgl. HRW 28.1.2015).

Die chinesische Regierung hat 2014 gezielt das Internet und die Presse weiteren Einschränkungen unterworfen. Alle Medien unterliegen allgegenwärtiger Kontrolle und Zensur. Die Regierung unterhält eine landesweite Internetfirewall, um politisch inakzeptable Informationen zu filtern. Die Behörden haben auch Einschränkungen der Presse verschärft. Die "staatliche Verwaltung für Radio, Film und Fernsehen" hat im Juli 2014 eine Richtlinie erlassen die verlangt, dass chinesische Journalisten eine Vereinbarung unterzeichnen die besagt, dass sie unveröffentlichte Informationen nicht ohne vorherige Zustimmung ihres Arbeitgebers veröffentlichen. Weiters wird dabei gefordert, dass sie Prüfungen in politischer Ideologie ablegen, bevor sie einen amtlichen Presseausweis ausgestellt bekommen (HRW 28.1.2015).

Kommunalregierungen griffen weiter auf Landverkäufe zur Finanzierung von Projekten der Wirtschaftsförderung zurück, was im ganzen Land zur rechtswidrigen Zwangsräumung von Tausenden Menschen aus ihren Wohnungen oder zur Vertreibung von ihrem Land führte. Rechtswidrige Zwangsräumungen unter Anwendung von Gewalt und ohne Vorankündigung waren weit verbreitet. Ihnen gingen oftmals Drohungen und Drangsalierungen voraus. Eine Konsultierung der betroffenen Einwohner fand nur selten statt. Entschädigungen, angemessene Ersatzwohnungen und der Zugang zu Rechtsbehelfen waren stark eingeschränkt. In vielen Fällen schlossen korrupte Dorfvorsteher Verträge mit privaten Bauunternehmen und übertrugen ihnen die Nutzungsrechte für Grund und Boden, ohne dass die dortigen Bewohner darüber unterrichtet wurden (AI 23.5.2013).

Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Beho¿rdenwillku¿r den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde, z.B. Provinz- oder Zentralregierung. Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Allein in Peking versammeln sich täglich Hunderte von Petenten vor den Toren des staatlichen Petitionsamts, um ihre Beschwerde vorzutragen. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Mio. Eingaben eingereicht (AA 15.10.2014, vgl. AI 23.5.2013). Das Petitionswesen kann die Missstände allerdings nicht lösen. Dazu kommt, dass zahlreiche Petenten, aus den verschiedenen Provinzen, die die örtliche Politik bei der Pekinger Zentralregierung anprangern, über die Verbindungsbu¿ros ihrer jeweiligen Heimatprovinzen denunziert, häufig von Schlägertrupps im Auftrag der Provinzregierungen aufgespürt und in Ihre Heimatregionen zurückgebracht oder zur Rückkehr gezwungen werden. Als Sanktion für ihr Verhalten werden viele anschließend in ein Lager für "Umerziehung durch Arbeit", eine psychiatrische Anstalt oder ein illegales Gefängnis ("black jail") eingewiesen (AA 15.10.2014, vgl. FH 28.1.2015a).

Nicht zuletzt dank der modernen Kommunikationsmittel entsteht allerdings eine über ihre Rechte zunehmend besser informierte Öffentlichkeit, die bereit ist, diese Rechte zu verteidigen und willkürliches Handeln der staatlichen Organe nicht länger unwidersprochen hinnehmen will. Massenproteste mit sozialpolitischem Hintergrund - insbesondere gegen illegale Landnahme, unzureichende oder vorenthaltene Kompensationen bei Umsiedlungen, gewaltsamen Abriss von Häusern, Umweltkonflikte und Korruption - nehmen zu. Dabei sind Internet und soziale Netzwerke zu machtvollen Sprachrohren von Frustrationswellen geworden, die Partei und Regierung immer stärker herausfordern. Ungeachtet der strengen und engmaschigen Kontrolle des Internet ist eine zunehmende Unterstützung der chinesischen Öffentlichkeit im Internet für soziale und politische Anliegen zu beobachten, die unter kreativer Umgehung der Zensur über Blogs und Mikroblog-Netzwerke genährt wird (AA 15.10.2014, vgl. FH 28.1.2015a).

Die Pressefreiheit bleibt in China weiter sehr eingeschränkt. Journalisten, Blogger und Intellektuelle werden regelmäßig bedroht und sogar verhaftet. Die chinesischen Festlandmedien sind politisch gleichgeschaltet. CNN und BBC werden bei China betreffenden Meldungen sensiblen Inhalts in der Regel abgeschaltet, Internetseiten wie Facebook, Twitter und YouTube sind dauerhaft gesperrt. Inhalte mit sensiblen Schlüsselwörter wie "4. Juni", "Ägypten/Libyen Aufstand", "Jasminrevolution" oder "Nobelpreis" werden ebenfalls geblockt (ÖB 11.2014).

Laut Mitteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit hat die Polizei landesweit 15.000 Menschen festgenommen, die angeblich in Verbindung mit Onlinekriminalität stehen. Auf welchen Zeitraum sich die Festnahmen beziehen, ist unklar. Anfang Juli 2015 hat Chinas Parlament ein neues Sicherheitsgesetz verabschiedet, das der Polizei im Internet noch weitreichendere Durchgriffsmöglichkeiten als bisher einräumt. Das Gesetz ermächtigt die Ermittler zu "allen notwendigen Maßnahmen", um die Sicherheit im Internet zu gewährleisten (Die Presse 19.8.2015).

Quellen:

Haftbedingungen

Es wird geschätzt, dass 3-5 Millionen Menschen in Hafteinrichtungen einsitzen. Die Haftbedingungen sind im Allgemeinen hart, mit unzureichender Ernährung, regelmäßigen Misshandlungen und Entzug von medizinischer Hilfe (FH 28.1.2015a). Misshandlungen von Gefangenen durch Strafvollzugs- und Sicherheitsorgane werden selbst von staatlichen Stellen eingeräumt. Diese, zusammen mit zum Teil schwierigen Haftbedingungen, führen bei den Gefangenen nicht selten zu gesundheitlichen Schwierigkeiten. Neben der Freiheitsstrafe existieren verschiedene Formen freiheitsentziehender Maßnahmen als sogenannte Administrativhaft: "Haft zur Erziehung" (shourong jiaoyu), "Haft zur Umerziehung" und "Zwangsmäßige Drogenrehabilitation in Isolation". Sie zielen häufig auf Prostituierte und Drogenabhängige, aber auch politisch missliebige Personen (z.B. Anti- Falun-Gong-Kampagne) ab. Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem "Verwaltungsstrafen" verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer "Verwaltungshaft" (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten "black jails" kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren. Das umstrittene System der "Umerziehung durch Arbeit" ("laojiao") wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des Zentralkomitees im November 2013 offiziell am 28. Dezember 2013 abgeschafft. Es ist derzeit unklar, ob die betroffenen Fälle in ein ordentliches gerichtliches Verfahren überführt werden. Es liegen Erkenntnisse vor, wonach diese Haftanstalten lediglich umbenannt wurden, etwa in Lager für Drogenrehabilitation, rechtliche Erziehungszentren oder diese als illegale Gefängnisse weiter genutzt werden. Bereits durch das seit Juni 2008 in Kraft getretene "Anti-Drogengesetz", nach welchem Drogenabhängige nicht mehr durch Laojiao, sondern durch die "Zwangsrehabilitierung in Isolation" bestraft wurden, war die Zahl der (offiziell) in Laojiao befindlichen Personen stark zurückgegangen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass diese Maßnahmen weder Rehabilitierungs-/Entzugshilfe bieten noch der Resozialisierung der Drogenabhängigen dienen. Vielmehr stehen der Freiheitsentzug und die Verrichtung unbezahlter Arbeit im Vordergrund. Zugleich haben nach offiziellen Angaben seit der landesweiten Einführung 2009 ca. 1,67 Mio. Menschen an so genannten "Community Correction Programs" teilgenommen (Stand: Oktober 2013). In diesen Programmen sollen primär verurteilte Straftäter in einem sozialen Umfeld wieder an die Gesellschaft herangeführt werden, u.a. durch "freiwillige" Arbeit (AA 15.10.2014).

Im Mai 2013 trat das neue "Mental Health Law" in Kraft. Psychiatrische Einweisungen als Bestrafung zu verwenden oder Behandlungen an Menschen ohne geistige Krankheiten sind demnach illegal und es werden für solche Praktiken auch Strafen festgelegt. Die Definitionen für die Voraussetzung für eine Einweisung - "schwere geistige Krankheit" und "Gefahr für sich selbst oder andere" - bleiben vage, sodass die Wahrscheinlichkeit für breitere Interpretationen bleibt. Das Gesetz bringt allerdings die Debatte um unrechtmäßige Verwahrung in psychiatrischen Anstalten vorwärts (Psychiatry online 1.6.2013). Missbräuchliche Einweisungen politisch missliebiger Personen (vor allem Petenten oder Dissidenten) in psychiatrische Anstalten ohne faires Gerichtsverfahren oder aufgrund falscher oder gefälschter medizinischer Gutachten kommen weiterhin vor (AA 15.10.2014). Die Polizei kann in solchen Anstalten Personen nach eigenem Gutdünken ohne zeitliche Begrenzungen festhalten (ÖB 11.2014).

Quellen:

Todesstrafe

China führt weiterhin weltweit in der Anzahl der Hinrichtungen. Die Zahl der jährlichen Exekutionen ist ein Staatsgeheimnis, Experten zufolge wurde die Zahl 2013 und 2014 auf jeweils 2.400 jährlich geschätzt (FH 28.1.2015a).

Es gibt Anzeichen, dass China sich langsam in Richtung auf eine Verminderung der Anwendung der Kapitalstrafe bewegt. Da seit 2006 der Oberste Volksgerichtshof jede verhängte Todesstrafe bestätigen muss, gab es vermutlich einen signifikanten Rückgang der Hinrichtungen. China richtet dennoch heute jährlich mehr Menschen hin als alle anderen Länder zusammen. Obwohl die Regierung betont, dass die überwiegende Mehrheit der ChinesInnen für die Beibehaltung der Todesstrafe wäre, gibt es eine offene Debatte zur Anwendung der Todesstrafe, die in den vergangenen Jahren zu positiven Reformen geführt hat. Durch die verstärkte Praxis der außergerichtlichen Mediation, bei der der Mörder die Familie des Todesopfers finanziell entschädigen kann, konnten ebenfalls einige Todesurteile abgewendet werden. Im Jahr 2011 wurden 13 Verbrechen ohne Gewaltbezug (für die ohnehin nie die Kapitalstrafe angewendet wurde), von der Liste der mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechen gestrichen. Menschen im Alter von über 75 Jahren werden, außer bei besonders grausamen Verbrechen, nicht mehr hingerichtet. Das Vierte Plenum des 18. ZK beschloss im Oktober 2014 die Streichung weiterer 9 Verbrechen ohne Gewalttaten. Die Todesstrafe wird in letzter Zeit verstärkt gegen des Terrorismus beschuldigte Uiguren verhängt, teilweise in Massenverfahren ohne Transparenz (ÖB 11.2014).

Angesichts der Tatsache, dass rd. 90% der Todesurteile in China für schwere Verbrechen wie Mord, Raubmord, Vergewaltigung oder Drogenschmuggel verhängt werden, wird die Beschränkung der Todesstrafe absehbar nicht zu signifikant weniger Todesurteilen in China führen. Todesurteile werden entweder zur sofortigen Vollstreckung oder mit zweijährigem Vollstreckungsaufschub verhängt. In letzterem Fall werden die Urteile nach Ablauf der Frist, falls sich der Delinquent in dieser Zeit straffrei verhalten hat, regelmäßig in lebenslange Strafen umgewandelt (AA 15.10.2014, vgl. FH 28.1.2015a).

Quellen:

Frauen

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1949 erklärtes politisches Ziel der Regierung. In der Verfassung ist festgelegt, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens die gleichen Rechte wie Männer genießen. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik (AA 15.10.2014). Die Regierung gibt keine Einschränkungen bei der Teilhabe von Frauen und Minderheiten im politischen Prozess vor, jedoch halten Frauen nur wenige Positionen von signifikantem Einfluss in der KPCh oder der Regierungsstruktur. Die Regierung ermutigt Frauen in den Dorfkomitees zu wählen und sich zur Wahl aufstellen zu lassen, jedoch sind nur wenige der gewählten Mitglieder Frauen. Das Wahlgesetz sieht Quoten für Frauen vor. Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 25.6.2015).

In der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 15.10.2014). Häusliche Gewalt ist weiterhin ein großes Problem (USDOS 25.6.2015). Ein starker rechtlicher Mechanismus zum Schutz von Frauen gegen häusliche Gewalt ist somit nicht vorhanden. Sowohl das Ehegesetz als auch das Gesetz zum Schutz von Rechten und Interessen von Frauen beinhalten Bestimmungen, die direkt häusliche Gewalt verbieten, jedoch meinen einige Experten diese wären zu allgemein gehalten, versagen darin, häusliche Gewalt zu definieren und sind schwierig umzusetzen. Aufgrund des Standards, dass alle Zweifel ausgeschlossen werden müssen, kann ein Richter ohne Geständnis nicht gegen den Gewalttäter entscheiden. Berichten zufolge kommt in einem Viertel der Familien häusliche Gewalt vor, mehr als 85% der Opfer sind Frauen. Die Regierung unterstützt Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt, und einige Gerichte begannen, Opfer zu schützen. Hilfe erreicht jedoch nicht immer die Opfer und Sicherheitskräfte ignorieren häusliche Gewalt oft. Die All China Women's Federation berichtete im Jahr 2013 von 70.000 Beschwerden jährlich. Laut der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2008 gab es landesweit 12.000 spezielle Kabinen bei der Polizei für Anzeigen von häuslicher Gewalt, 400 Schutzhäuser für Gewaltopfer und 350 medizinische Untersuchungszentren für Frauen, die Anzeige erstatten (USDOS 25.6.2015).

Im November 2014 veröffentlichte die Regierung das Gesetz gegen häusliche Gewalt, das zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, aber hinter internationalen Standards und bewährten Verfahrensweisen zurückbleibt (HRW 29.1.2015).

Zwangsprostitution und Menschenhandel werden strafrechtlich verfolgt. Es gibt glaubhafte Berichte, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen Prostitution ausgeübt wird, beteiligt sind. Prostitution ist zwar keine Straftat, aber ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der mit Administrativhaft geahndet wird (AA 15.10.2014).

Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen (AA 15.10.2014). Vergewaltigung ist verboten, die Strafen reichen von drei Jahren Haft bis zur Todesstrafe. Offizielle Statistiken zu Vergewaltigung sind nicht verfügbar (USDOS 25.6.2015).

Frauen sind von der Durchsetzung der Familienplanungspolitik der VR China in besonderem Maße betroffen (AA 15.10.2014). So sind die reproduktiven Rechte besonders von Frauen durch diese Familienplanungspolitik stark beschränkt (HRW 29.1.2015).

Quellen:

Bewegungsfreiheit

Die beschriebenen Repressionen erfolgen landesweit nicht einheitlich. Da wegen der Größe des Landes und der historisch überkommenen Strukturen Einfluss und Kontrolle der Zentralregierung in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sind, treten staatliche oder dem Staat zurechenbare Übergriffe in den Regionen unterschiedlich häufig auf. Daher kann es im Einzelfall möglich sein, durch einen Ortswechsel Repressalien auszuweichen. So berichten beispielsweise protestantische Hauskirchen von besonders großem Druck in den Provinzen Hubei, Hebei und Heilongjiang, während sie in Peking relativ ungehindert praktizieren können. Allerdings ist ein Umzug von in der VR China lebenden . Chinesen in einen anderen Landesteil durch die restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"- System) nur schwer möglich (Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen). Für Personen aus ländlichen Gebieten ist es schwierig, legal in eine Stadt überzusiedeln. Für aus politischen Gründen Verfolgte gibt es nach Ansicht des Auswärtigen Amtes keine sichere Ausweichmöglichkeit innerhalb Chinas (AA 15.10.2014).

Quellen

Auswärtiges Amt (15.10.2014): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China

Grundversorgung / Wirtschaft

China ist seit 2010 die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach den USA, seit 2014 nach Kaufkraft sogar die größte. Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt China mit rund 5.000 EUR im weltweiten Mittelfeld. Zudem hält China die weltweit höchsten Devisenreserven (rund 3,9 Bill. USD). Es gibt jedoch innerhalb des Landes enorme regionale und soziale Unterschiede (AA 5.2015b).

2014 lag das Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft bei 7,4% und damit im internationalen Vergleich weiterhin sehr hoch, auch wenn nicht mehr die zweistelligen Wachstumszahlen vergangener Jahre erreicht werden konnten. Der langfristige Wachstumstrend wird sich aufgrund der demographischen Entwicklung weiter abschwächen. Dazu trägt auch Chinas Ein-Kind-Politik bei, die dazu führt, dass weniger Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen werden. Es wird geschätzt, dass das Wachstumspotenzial der chinesischen Volkswirtschaft mittel- und langfristig niedriger ausfallen wird. Dementsprechend wurde für 2015 jüngst ein Wachstumsziel von "etwa 7%" ausgerufen. Das chinesische Wirtschaftsmodell ist nach wie vor stark investitionsgetrieben. Staatliche Investitionen bilden einen wesentlichen Wachstumsmotor. Auch 2014 trugen Investitionen überdurchschnittlich stark zum Wachstum bei, noch immer stärker als der heimische Konsum. Die chinesische Regierung will den Umbau der Wirtschaft durch strukturelle Reformen vorantreiben. Eine stärkere Marktorientierung und ein schrittweiser Rückzug staatlicher Stellen von der bisherigen Mikrosteuerung in Wirtschaftsfragen sind Leitgedanken der anstehenden Reformen (AA 5.2015b).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Der Lebensstandard der Bevölkerung steigt im Allgemeinen kontinuierlich an, wenn auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit (AA 15.10.2014). Die andauernde Gefährdung für die soziale Verfasstheit der chinesischen Gesellschaft geht unverändert von der ungleichen wie ungleichzeitigen Entwicklung der chinesischen Ökonomie und Wohlstandsverteilung aus. Besonders gravierend zeigen sich die Unterschiede im Vergleich von (vergleichsweise wohlhabender) Stadt- und (vergleichsweise armer) Landbevölkerung, regulärer Arbeit und Wanderarbeit sowie jüngerer und älterer Menschen. Nur minimal hat sich der Gini-Koeffizient - der Maßstab für die Einkommensungleichverteilung - 2014 gegenüber 2013 verringert, von 0,473 auf 0,469. Somit liegt China nach wie vor deutlich über der Grenze, die nach Definition der Vereinten Nationen eine extreme Ungleichheit anzeigt (0,4). Das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen pro Kopf und Jahr ist in der Stadt mit

28.844 RMB (ca. 4.200 Euro) 2,75 Mal so hoch wie in ländlichen Gebieten mit 10.489 RMB (ca. 1.550 Euro). Dabei wuchs das Einkommen der Landbevölkerung mit 9,2% stärker als jenes der Stadtbewohner mit 6,8%. Der Mindestlohn ist im ersten Quartal 2015 nur vereinzelt angehoben worden. Die Provinz Guangdong kündigte Erhöhungen von bis zu 22% an. Die Angestellten in der Provinz sollen so einen Mindestlohn von 1,895 RMB pro Monat erhalten (+515 RMB gegenüber Vorjahr), die in der Stadt Shenzen sogar 2,030 RMB (+230 RMB gegenüber Vorjahr). Erklärtes Ziel der chinesischen Regierung ist die Verdopplung der Einkommen bis zum Jahr 2020. Hierfür soll der Mechanismus der Lohnfindung, also die Systeme zur Festlegung des Mindestlohns und das System der Tarifverhandlungen, ausgebaut werden. Zur Reform der Tarifpolitik liegt ein umfassender Fünfjahresplan des All-Chinesischen Gewerkschaftsbundes vor, der in erster Linie auf den Ausbau industrie- und branchenspezifischer Tarifpolitik zielt (AA 5.2015b).

Noch leben mehr als 46% aller Chinesen auf dem Land, wo es nach offiziellen Schätzungen immer noch ein Überangebot von mehr als 100 Mio. Arbeitskräften gibt. Es gibt mittlerweile 269 Mio. interne Arbeitsmigranten ("Wanderarbeiter"), von denen 166 Mio. außerhalb ihrer Heimatprovinz einer Beschäftigung nachgehen. Die Regierung will bis 2020 mit Hilfe eines entwicklungsorientierten Programms zur Armutsreduzierung in ländlichen Regionen gezielt in die soziale Infrastruktur von besonders zurückgebliebenen Schlüsselregionen investieren. Eine systematische staatliche Unterstützung für Bedürftige befindet sich jedoch erst im Aufbau und konzentriert sich vorwiegend auf die Bevölkerung in den Städten. Bis heute spielt vor allem die Familie in China bei der Existenzsicherung eine wichtige Rolle (AA 15.10.2014).

Die neu geschaffenen Mikrokredite für Einzelpersonen sind Darlehen von bis zu 100.000 Yuan. Bei Mikrokrediten für Kleinunternehmen kann sich das Darlehen unter bestimmten Bedingungen auf bis zu maximal 3 Millionen Yuan belaufen. Registrierte Arbeitslose, Behinderte, ehemalige Soldaten, genauso wie Absolventen der Grundschule (der Abschluss muss 2 Jahre zurück liegen), die selbständig sind, sind für 3 Jahre von Verwaltungskosten, Anmelde- und Lizenzgebühren und ähnlichen Kosten befreit, nachdem sie sich bei dem Industrie- und Gewerbeamt registriert haben. Entlassene Arbeiter, die im Besitz eines "Wiederbeschäftiguns-Zertifikates" sind und selbständige ehemalige Soldaten, die einen Mikrokredit beantragt haben um ein kleines Unternehmen zu gründen, sind von Zinszahlungen befreit. Dies fällt in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes. Andere bei der Stadt registrierte Arbeitslose, Hochschulabsolventen und Bauern, die enteignet wurden, die sich für einen Mikrokredit bewerben, müssen die Hälfte der Zinsen bezahlen. Das Finanzamt zahlt dementsprechend die anderen 50% der Zinsen (IOM 10.2014).

Anfang 2014 hat der Staatsrat den Aufbau eines einheitlichen Altersversicherungssystems für Stadt- und Landbewohner beschlossen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Rentenansprüche landesweit übertragbar sind. Provinzen, die nicht über genügend eigene Mittel verfügen, erhalten Subventionen von der Zentralregierung. Zur weiteren Vereinheitlichung wurden Anfang 2015 überdies rund 40 Mio. Staatsangestellte in die staatliche Rentenversicherung eingebunden. Diese mussten zuvor keine Beiträge entrichten und erhielten Pensionen. Die seit langem erwartete Erhöhung des Rentenalters wird voraussichtlich erst ab 2017 beschlossen (AA 3.2014b).

Im Rahmen des Basisrentensystems können anspruchsberechtigte Personen, die die folgenden Kriterien erfüllen, eine monatliche Grundrente beziehen:

1) Erfüllung der nationalen Ruhestandsvoraussetzungen, einschließlich des normalen Ruhestands, krankheitsbedingter Frührente, berufsbedingtem vorzeitigen Ruhestand 2) Einzahlungen für 15 Jahre, in Übereinstimmung mit den Regelungen zur Basisrentenversicherung. Einzahlung für weniger als 15 Jahre, aber Erreichen des Ruhestandsalters: einmalige Auszahlung des persönlichen Fonds bei Beendigung der Rentenversicherungsansprüche. Der Rentenkontostand ist im Todesfall des Beitragszahlers übertragbar (IOM 10.2014).

Chinas soziales Sicherungssystem ist ein regierungsfinanziertes System, das bestimmten Personengruppen (alte Menschen, Waisen, Menschen mit Behinderung) soziale Sicherheit bietet (IOM 10.2014).

Trotz des laufenden Ausbaus des Sozialsystems bleibt angesichts des niedrigen Niveaus der Sozialleistungen die familiäre Solidarität in Notfällen ein entscheidender Faktor. Die meisten sozialen Leistungen sind zudem an die Wohnrechtsregistrierung (hukou) gekoppelt, befindet sich diese auf dem Land, ist mit einem noch niedrigeren Niveau an staatlicher Hilfeleistung zu rechnen (ÖB 11.2014).

Quellen:

Medizinische Versorgung

In China gibt es kein System niedergelassener Ärzte. Die Krankenversorgung konzentriert sich daher auf die Krankenhäuser. In den großen Städten finden sich sehr große Klinikzentren mit modernster Ausstattung, wohingegen auf dem Land die Versorgung noch sehr einfach sein kann. Die Hygiene mag nicht europäischen Vorstellungen entsprechen (AA 20.8.2015c).

Ende Juni 2013 wurden in China 980.199 Gesundheitseinrichtungen gezählt, einschließlich 649.744 Dorfkliniken in ländlichen Gebieten,

25.108 Krankenhäusern (13.371 davon staatlich), 36.965 Gesundheitszentren, 34.198 Gemeinde-Gesundheitszentren, 3.129 Mutter- und Kind-Abteilungen, 3.495 Zentren für Krankheitskontrolle und Prävention sowie 3.089 Sanitätsstationen (IOM 10.2014).

Die medizinische Grundversorgung ist für große Teile der chinesischen Bevölkerung nur unzureichend gewährleistet. Für wohlhabende Chinesen gibt es in Peking, XXXX und anderen Großstädten an der Ostküste eine wachsende Zahl teurer Privatkliniken. Wer die steigenden Kosten für eine Behandlung nicht bezahlen kann, muss sich - wenn ihm das möglich ist - hoch verschulden (AA 15.10.2014).

Stadtbewohnern und städtischen Arbeitnehmern steht ein medizinisches Grundversicherungsschema zur Verfügung. Die medizinische Versorgungskooperative in den ländlichen und städtischen Regionen stellt Chinas medizinisches Grundversicherungssystem dar. Abgedeckt werden somit städtische Arbeitnehmer, städtische Nicht-Arbeitnehmer, die Landbevölkerung sowie gefährdete Personengruppen in den Städten und auf dem Land. Die Medikamentenkosten von Arbeitnehmern können im Rahmen der Regularien des Provinzrates von der Grundversicherung gedeckt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn der jeweilige Arbeitgeber die entsprechenden Grundversicherungsprämien leistet (IOM 10.2014). Von dem neu eingeführten kooperativen medizinischen Versorgungssystem auf dem Lande wurden Ende 2013 nach Angaben des nationalen Büros für Statistik 99% der Landbevölkerung erfasst. Es handelt sich um eine Basisversorgung. Sie regelt die Teilerstattung von Kosten für die Behandlung (regional unterschiedlich definierter) schwerer Erkrankungen. Darüber hinaus gibt es für die Landbevölkerung bisher kein flächendeckendes Krankenversicherungssystem. Auch wer in einer städtischen Krankenversicherung versichert ist, muss einen großen Teil der Behandlungskosten selbst tragen, da die Erstattungsbeträge aus der Krankenversicherung in der Regel nicht mehr als 60% betragen (AA 15.10.2014).

Die Krankenversicherung umfasst die medizinische Versicherung, Behinderten- und Pflegeversicherung, wobei die gängigste medizinische Versicherung zum einen die Versicherung von Krankheiten und zum anderen von Unfällen beinhaltet (IOM 10.2014).

Quellen:

http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_china-dl_de.pdf?__blob=publicationFile , Zugriff 20.8.2015

Behandlung nach Rückkehr

Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgen, konnten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle nach einer Identitätsüberprüfung unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen bzw. ihre Weiterreise in China antreten. Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die Deutsche Botschaft Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses - keine politisch begründeten, unmenschlichen Repressalien auslöst. Nach Art. 322 chin. StG droht bei Vorliegen schwerwiegender Tatumstände Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich eine Geldstrafe. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Vergehen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet (AA 15.10.2014).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv sind. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten, die eine ernst zu nehmende Medienresonanz im westlichen Ausland hervorrufen. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen sind bei Rückkehr in die VR China nicht auszuschließen. Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stehen unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandvertretungen), insbesondere:

* der Weltverband der Uiguren,

* die Ostturkistanische Union in Europa e.V.,

* der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. und

* das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans

Aufklärung über die und Bekämpfung der von extremen Vertretern der uigurischen Minderheit getragenen Ostturkistan-Bewegung zählen zu den obersten Prioritäten des Staatsschutzes. Anhänger dieser Bewegung werden mit unnachgiebiger Härte politisch und strafrechtlich verfolgt. Mitglieder uigurischer Exilorganisationen haben bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen. Es sind bisher keine Fälle von ehemaligen Mitgliedern oder Vorstandsmitgliedern exilpolitischer uigurischer Organisationen aus Deutschland bekannt geworden, die nach China zurückgekehrt sind. Berichtet wird jedoch über Fälle von Abschiebungen nach China aus anderen Ländern Asiens mit anschließender Folter oder Verurteilung (AA 15.10.2014).

In den letzten Jahren kam es, vermutlich auf chinesischen Druck, immer wieder zur Abschiebung von uigurischen Asylwerbern aus Nachbarländern, vor allem aus Kambodscha, Thailand, Pakistan und Malaysia. Im Juli 2012 wurden aus Malaysia abgeschobene Uiguren zu bis zu 15 Jahren Haft wegen "separatistischer Tätigkeiten" verurteilt (ÖB 11.2014).

Quellen:

Dokumente

In ganz China ist die Herstellung oder Beschaffung gefälschter oder formal echter, aber inhaltlich unwahrer Dokumente verschiedenster Art seit langem ohne besondere Schwierigkeiten möglich. Nach Einschätzung internationaler Dokumentenexperten arbeiten in China die meisten und die besten Fälscherwerkstätten weltweit. Viele verfügen über neueste Technik. Von falschen oder gefälschten Dokumenten (vor allem aus den Provinzen XXXX, Zhejiang und Fujian, hier vor allem der Stadt Changle) wird zu vielfältigen Zwecken Gebrauch gemacht (AA 15.10.2014).

Quellen

Nicht festgestellt werden kann, dass Asylwerberinnen, die der Volksgruppe der Han-Chinesen angehören, im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat grundsätzlich asylrelevante Verfolgung droht, dass ihnen jedwede Lebensgrundlage fehlt und dass in ihre gemäß Art. 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte eingegriffen wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Herkunft der BF stützen sich auf ihre diesbezüglich glaubwürdigen Angaben im Asylverfahren. Auch das Bundesasylamt ging vom Feststehen der Staatsangehörigkeit der BF aus. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand bestehen - auch im Hinblick auf ihre Sprach- und Landeskenntnisse - keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, die Angaben der BF zu ihrer Staatsangehörigkeit in Zweifel zu ziehen. Die Identität der BF konnte - wie auch schon vom Bundesamt - mangels entsprechender chinesischer Personaldokumente nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

2.2. Der BF ist es nicht gelungen, ihr Fluchtvorbringen, wegen einer Auseinandersetzung mit einem konkurrierenden Geschäftsmann von diesem und der Mafia bedroht bzw. von der Polizei gesucht zu werden, glaubhaft zu machen.

Bereits die Beschreibung des Konkurrenzkonfliktes, auf den das Vorbringen der BF im Kern aufbaute, erwies sich angesichts ihrer diesbezüglich teilweise haarsträubenden Angaben als völlig unschlüssig und letztlich konstruiert. So behauptete die BF, dass ihr Konkurrent, der auf der gegenüberliegenden Seite etwa ein Jahr nach ihnen auch einen Obstladen eröffnet hätte, am 12.06.2013 mit der Absicht in ihr Geschäft gekommen wäre, von ihnen Geld zu erpressen (vgl. S 17 Verhandlungsprotokoll). Abgesehen davon, dass die BF nicht nachvollziehbar dartun konnte, warum er als Konkurrent Geld von ihnen verlangt hätte ("Das ist in China so, wenn man nicht Geld gibt, wird man geschlagen" vgl. S 17 Verhandlungsprotokoll), verhielt sich seine diesbezügliche Vorgehensweise auffällig disproportional zur behaupteten Intention. So gab die BF dazu ursprünglich an, dass er - in der einen Hand eine Gasflasche und in der anderen ein Feuerzeug - ins Geschäft gekommen wäre und angekündigt hätte, die Gasflasche "gleich" anzuzünden (vgl. S. 14 - 15 Verhandlungsprotokoll). Ein derartiges Vorgehen wäre zwar angesichts eines aus religiösen oder weltanschaulichen Gründen fanatisierten Attentäters noch vorstellbar, passt aber nicht zu einem Konkurrenten, der im Wesentlichen lediglich mit der Intention handelte, sich einen materiellen Vorteil zu verschaffen (vgl. S. 17 Verhandlungsprotokoll). Auf den entsprechenden Vorhalt, dass er sich ja dann selbst in die Luft gesprengt hätte, wenn er so die Gasflasche angezündet hätte, konnte die BF nur wenig überzeugend erwidern: " Ja, aber er hat es so gesagt, wir haben nicht mitgedacht, dass er mitexplodiert" (vgl. S. 14 - 15 Verhandlungsprotokoll).

Die BF war in der mündlichen Verhandlung auch nicht in der Lage, den Geschäftsnamen oder persönlichen Namen ihres direkten Konkurrenten, der bereits seit über Ende 2010, also seit zweieinhalb Jahren vis-à-vis von ihrem Obstgeschäft ein Konkurrenzgeschäft betrieben hätte, zu nennen (vgl. S. 10 und 12 Verhandlungsprotokoll). Dazu gab sie begründend wenig überzeugend an, dass ihn "alle" - offenbar auch seine Kunden - nur nach seinem Spitznamen, der auf Chinesisch wörtlich "XXXX" bedeutet, genannt hätten. Die BF behauptete auf Nachfragen, dass er - ihn Gegensatz zu ihnen - auch kein Geschäftsschild besessen hätte. Den Vorhalt, dass es wenig plausibel erscheine, dass er als Geschäftsinhaber nur mit einem derart negativ besetzten Namen in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten wäre, ignorierte die BF und gab lediglich an: "Alle haben ihn so genannt."

In diesem Zusammenhang erscheint es auch wenig nachvollziehbar, dass die BF zwar erklärte, dass ihr Konkurrent seit Mitte 2011 verbale Auseinandersetzungen mit ihren Gatten gehabt hätte, sie über die Hintergründe des Streites aber keinerlei konkrete Angaben machen konnte (vgl. S. 18 Verhandlungsprotokoll).

Die BF konnte auch nicht plausibel dartun, weshalb sie als gelernte Elektrikerin, die wie ihr Mann zuvor Maschinen in einer Fabrik gewartet hätte (vgl. S. 8 Verhandlungsprotokoll), nach Schließung der Fabrik im Jahr 2009 plötzlich einen 90 Quadratmeter großen "Obstsupermarkt" eröffnet hätte. Sie gab dazu lediglich an: "Weil das am einfachsten war", konnte aber auch auf Nachfragen in keiner Weise dartun, warum für sie gerade der Obsthandel das Einfachste gewesen wäre (vgl. S. 8 Verhandlungsprotokoll). Letztlich spricht gegen das tatsächliche Zutreffen des Vorbringens der BF aber auch massiv der Umstand, dass sie beim Bundesamt im völligen Widerspruch dazu erklärt hatte, bereits seit 2003 einen Obstladen gehabt zu haben (vgl. As 51). Diesen Widerspruch konnte sie in der Verhandlung auch unter Vorhalt nicht nachvollziehbar aufklären (vgl. S. 20 -21).

Hinzu kamen aber noch weiter auffällige Widersprüche. So gab die BF etwa beim Bundesamt an, dass sie ihr Konkurrent wegen des Vorfalls am 12.06.2013, bei dem sie ihn dann in weiterer Folge mit einer Holzstange am Kopf verletzt habe, angezeigt hätte, was wiederum zufolge gehabt hätte, dass die BF, um einer Festnahme durch die Polizei zu entgehen, die Heimat verlassen habe (vgl. As 53). Letzteren Fluchtgrund gab sie auch bei der Erstbefragung an (Vgl. As 19). Dazu im Widerspruch, erklärte sie nunmehr in der Beschwerdeverhandlung, dass ihr Konkurrent "wahrscheinlich" die Polizei mit Geld geschmiert hätte, konnte aber auf Nachfragen weder angeben, ob er die BF und ihren Mann angezeigt, noch ob die Polizei überhaupt etwas unternommen hätte (vgl. S. 16 Verhandlungsprotokoll). Auf Vorhalt ihrer anderslautenden Angaben beim Bundesamt, räumte die BF sogar ein, dass es nach der Schlägerei am 12.06.2013 an und für sich keine Anzeige gegeben habe (vgl. S 21 Verhandlungsprotokoll) und sie von ihrem Konkurrenten, der gute Beziehungen zur Polizei hätte, nur bedroht worden sei. Auf neuerlichen Vorhalt, dass sie beim Bundesamt dezidiert angegeben habe, wegen des Vorfalls am 12.06.2013 angezeigt worden zu sein und deshalb aus Angst vor einer Festnahme geflüchtet sei, gab sie wenig überzeugend nur noch allgemein an: "Jeder hat Angst vor der Polizei" (vgl. S. 21 Verhandlungsprotokoll). Unabhängig von den aufgezeigten Widersprüchlichkeiten konnte die BF somit aber auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür dartun, dass sie bei einer Rückkehr ins Herkunftsland wegen des Vorfalls am 12.06.2013 von der Polizei belangt werden würde.

Was die angebliche Bedrohung der BF durch die Mafia betrifft, so erwähnte sie diese erstmals vor dem Bundesamt und zwar nachdem ihr vorgehalten worden war, dass ihren Angaben keine asylrelevanten Gründe zu entnehmen wären (vgl. As 55). Dabei erklärte sie, dass der Besitzer des gegenüberliegenden Obstladens die Mafia beauftragt hätte, um ihr Probleme zu machen und sie deswegen die Heimat verlassen habe. Die BF hatte zwar bereits in der Erstbefragung davon gesprochen, dass ihr Konkurrent "Leute" engagiert habe, um ihr Geschäft zu ruinieren bzw. zu übernehmen, dabei aber ausdrücklich angegeben, dass sie die Heimat aus Angst vor der Polizei - und nicht etwa vor der Mafia - verlassen habe. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht erwähnte die BF die Mafia zunächst nicht. Erst auf Vorhalt, dass sie beim Bundesamt auch eine Bedrohung durch die Mafia angegeben habe, erklärte sie, ihr Konkurrent habe sie nach dem Vorfall am 12.06.2013 gegenüber dritten Personen bedroht, wobei auch "nicht ordentliche Leute" bzw. "Leute von der Mafia" dabei gewesen wären (vgl. S. 21 Verhandlungsprotokoll). Unabhängig davon stellte die BF aber auf Nachfragen klar, dass sie bei einer Rückkehr ins Herkunftsland keine Verfolgung von der Mafia, sondern nur von ihrem ehemaligen Konkurrenten befürchte, "falls" dieser noch von ihr "Geld wollte" (vgl. S. 22 Verhandlungsprotokoll). Nachgefragt, warum er noch etwas fordern sollte, zumal ihr Geschäft doch schon geschlossen wäre, erklärte die BF dies lediglich damit, dass es in China so sei und dass Geld eine große Rolle spiele, war also somit auch hier nicht in der Lage, überzeugend eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Bedrohung darzutun. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es der BF selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung der Bedrohung durch ihren ehemaligen Konkurrenten jedenfalls möglich und auch zumutbar wäre, sich der lokal begrenzten Bedrohung durch einen Ortswechsel - etwa durch einem Aufenthalt bei ihrem Sohn in XXXX - wirksam zu entziehen (vgl. S. 22 Verhandlungsprotokoll).

Dazu ist noch festzuhalten, dass sich die BF auch hinsichtlich des Kontaktes zu ihren Familienangehörigen wiederholt widersprochen hat. So hat sie noch bei der Erstbefragung angegeben, dass sie seit der getrennten Flucht keinen Kontakt mehr zu ihrem Gatten gehabt hätte (vgl. As 19). Beim Bundesverwaltungsgericht erklärte sie dazu im Widerspruch, sie habe ihren Mann danach noch zwei oder dreimal angerufen (vgl. S. 19 Verhandlungsprotokoll). Vor dem Bundesamt brachte sie vor, dass sie von ihrem Sohn erfahren habe, dass ihr Mann sich in XXXX befinde (vgl. As 57). Vor dem Bundesverwaltungsgericht erklärte sie wiederum, dass sie nicht wisse, ob ihr Gatte in XXXX sei, er hätte ihr in einem Telefonat lediglich mitgeteilt, dass er vorhabe, dort hinzugehen. Es habe ihr aber niemand gesagt, dass er tatsächlich nach XXXX gegangen wäre. Wahrscheinlich sei er aber schon dort (vgl. S. 20 Verhandlungsprotokoll). Angesichts solcher nicht unerheblicher Widersprüche wird auch davon auszugehen sein, dass entgegen ihrer anderslautenden Behauptung ein entsprechender Kontakt der BF zu ihren Familienangehörigen nach wie vor besteht.

Angesichts des Ausgeführten konnte in einer Gesamtbetrachtung sohin nur von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der BF ausgegangen werden.

2.3. Die getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat stützen sich auf die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegten Berichte, die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erörtert wurden.

Die Feststellungen beruhen auf unterschiedlichen Quellen. Trotz unterschiedlichen Quellmaterials zeichnet sich daraus ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche ab, sodass kein Grund besteht, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln. Hinzu kommt, dass den Auskünften in der Regel Recherchen von vor Ort tätigen Personen oder Organisationen zu Grunde liegen, welche wohl auf Grund der Ortsanwesenheit am besten zur Einschätzung der Lage fähig sind. Von der BF wurden auch keine anderslautenden Berichte vorgelegt oder auf solche verwiesen, noch die herangezogenen Berichte substantiiert bestritten.

2.4. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

3.2. Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Dazu ist vorweg festzuhalten, dass auf § 3 Abs. 1 AsylG 2005 die bisherige höchstgerichtliche Judikatur zu den Kriterien für die Asylgewährung nach § 7 AsylG 1997 in Anbetracht der identen Festlegung, dass als Maßstab die Feststellung einer Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK gilt, grundsätzlich anzuwenden ist.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 idgF kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Weiters muss sie sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hiefür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist. Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß § 3 Abs. 3 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG) offen steht (Z.1) oder er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat (Z. 2).

Gemäß § 3 Abs. 3 Z 1 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. (vgl. zur Rechtslage vor dem AsylG z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert, deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 08.09.1999, 98/01/0614, 29.03.2001, 2000/-20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

3.2.2. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht gemäß § 3 AsylG 1991 setzt positiv getroffene Feststellungen von Seiten der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, Zl. 95/01/0627). Im Asylverfahren stellt das Vorbringen des Asylwerbers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar. Dabei genügen aber nicht bloße Behauptungen, sondern bedarf es, um eine Anerkennung als Flüchtling zu erwirken, hierfür einer entsprechenden Glaubhaftmachung durch den Asylwerber (vgl. VwGH 04.11.1992, Zl. 92/01/0560). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559). So erscheint es im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unschlüssig, wenn den ersten Angaben, die ein Asylwerber nach seiner Ankunft in Österreich macht, gegenüber späteren Steigerungen erhöhte Bedeutung beigemessen wird (vgl. VwGH 08.07.1993, Zl. 92/01/1000; VwGH 30.11.1992, Zl. 92/01/0832; VwGH 20.05.1992, Zl. 92/01/0407; VwGH 19.09.1990, Zl. 90/01/0133). Der Umstand, dass ein Asylwerber bei der Erstbefragung gravierende Angriffe gegen seine Person unerwähnt gelassen hat (hier Schläge, Ziehen an den Haaren, Begießen mit kaltem Wasser) spricht gegen seine Glaubwürdigkeit (VwGH 16.09.1992, Zl. 92/01/0181). Auch unbestrittenen Divergenzen zwischen den Angaben eines Asylwerbers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung und dem Inhalt seines schriftlichen Asylantrages sind bei schlüssigen Argumenten der Behörde, gegen die in der Beschwerde nichts Entscheidendes vorgebracht wird, geeignet, dem Vorbringen des Asylwerbers die Glaubwürdigkeit zu versagen (Vgl. VwGH 21.06.1994, Zl. 94/20/0140). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, Zl. 2001/20/0006, zum Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH vom 23.01.1997, Zl. 95/20/0303 zu Widersprüchen bei einer mehr als vier Jahre nach der Flucht erfolgten Einvernahme hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des BFs in seinem Heimatdorf nach seiner Haftentlassung) können für sich allein nicht ausreichen, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. dazu auch VwGH 26.11.2003, Zl. 2001/20/0457).

3.2.3. Die amtswegigen Ermittlungspflichten im Asylverfahren sind im § 18 Abs. 1 AsylG 2005 geregelt, der inhaltlich nahezu wortgleich der Vorgängerbestimmung des § 28 AsylG 1997 entspricht. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. AsylG 1997 folgend stellt diese Gesetzesstelle eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehende Verpflichtung der Verwaltungsbehörden dar, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, begründet aber keine über den Rahmen der angeführten Vorschriften hinausgehende Ermittlungspflicht (vgl. VwGH 08.04.2003, Zl. 2002/01/0522). Grundsätzlich obliegt es dem Asylwerber, alles Zweckdienliche, insbesondere seine wahre Bedrohungssituation in dem seiner Auffassung nach auf ihn zutreffenden Herkunftsstaat, für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (Vgl. VwGH 31.05.2001, Zl. 2001/20/0041; VwGH 23.07.1999, Zl. 98/20/0464). Nur im Fall hinreichend deutlicher Hinweise im Vorbringen eines Asylwerbers auf einen Sachverhalt, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention in Frage kommt, hat die Behörde gemäß § 28 AsylG 1997 in geeigneter Weise auf eine Konkretisierung der Angaben des Asylwerbers zu dringen. Aus dieser Gesetzesstelle kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (Vgl. VwGH 14.12.2000, Zl. 2000/20/0494; VwGH 06.10.1999, Zl. 98/01/0311; VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0222). Die Ermittlungspflicht der Behörde geht auch nicht soweit, den Asylwerber zu erfolgversprechenden Argumenten und Vorbringen anzuleiten (vgl. VwGH vom 21.09.2000, Zl. 98/20/0361; VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0599)

3.2.4. Es kann nicht angenommen werden, dass es der BF gelungen wäre, wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK glaubhaft zu machen:

Zunächst kann nicht angenommen werden, dass die BF, die der Volksgruppe der Han-Chinesen angehört, konfessionslos ist und auch sonst nicht politisch aktiv war, im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale einer Verfolgung ausgesetzt wäre.

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde, ist es der BF auch sonst nicht gelungen, individuelle Gründe für die Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung im Herkunftsland glaubwürdig darzutun.

Die BF hat das Herkunftsland ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.

Dazu ist festzustellen, dass in allgemeinen schlechten wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen keine Verfolgung gesehen werden kann (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0597 unter Bezugnahme auf VwGH 24.10.1996, Zl. 95/20/0321, 0322; VwGH 17.02.1993, Zl. 92/01/0605) und auch eine existenzgefährdende Schlechterstellung der BF aus Gründen der GFK nicht ersichtlich ist.

Der Vollständigkeit halber ist aber noch zu ergänzen, dass das Vorbringen der BF, das auf rein kriminelle, auf Bereicherung ausgerichtete Verfolgungsmotive eines Konkurrenten im Obsthandel abstellt, selbst bei hypothetischer Wahrheitsunterstellung keinen konkreten Anknüpfungspunkt an die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe erkennen lässt (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vgl. zu diesen Prüfkriterien auch die Ausführungen in Feßl/Holzschuster, a.a.O., 106f; Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht (2007), 41f Fn 146).

3.3. Zur Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idgF):

3.3.1. Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß § 8 Abs. 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (§ 2 Abs. 1 Z 13, § 10 Abs. 1 Z 2, § 27 Abs. 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Nach der (zur Auslegung der Bestimmungen zum subsidiären Schutz anwendbaren) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 Asylgesetz 1997 (AsylG 1997) iVm § 57 Fremdengesetz 1997 BGBl I 75 (FrG) ist Voraussetzung einer positiven Entscheidung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und -fähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, eine positive Entscheidung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000;

VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0586;

VwGH 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH 21.06.2001, Zl. 99/20/0460;

VwGH 16.04.2002, Zl. 2000/20/0131). Diese in der Judikatur zum AsylG 1997 angeführten Fälle sind nun zT durch andere in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnte Fallgestaltungen ausdrücklich abgedeckt. Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG hat der Fremde glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; VwGH 26.02.2002, Zl. 99/20/0509). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 2.8.2000, Zl. 98/21/0461). Dies ist auch im Rahmen des § 8 AsylG 1997 (nunmehr: § 8 Abs. 1 AsylG 2005) zu beachten (VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582; VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095).

"Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des BFs als Zielort wegen der dem Beschwerdeführer dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013, Zl. U1674/12; 12.06.2013, Zl. U2087/2012)."

(VfgH vom 13.09.2013, Zl. U370/2012)

3.3.2. Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der BF aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde.

Zunächst kann vor dem Hintergrund der Feststellungen nicht gesagt werden, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Es liegen keine begründeten Anhaltspunkte dafür vor, dass die BF mit der hier erforderlichen Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, im Herkunftsland Übergriffen von im gegebenen Zusammenhang interessierender Intensität ausgesetzt zu sein. Unter Zugrundelegung der herangezogenen Länderberichte kann auch keine diesbezügliche Praxis in China erkannt werden, wonach Personen einzig aufgrund des Umstandes, dass sie China illegal verlassen haben, bei einer Rückkehr unmenschliche Behandlung oder unmenschliche Strafen befürchten müssten.

Weiters kann auch nicht angenommen werden, dass die arbeitsfähige BF, die über neun Jahre Schulbildung sowie eine Fachausbildung als Elektrikerin verfügt und sich ihren Lebensunterhalt selbst finanziert hat, nach einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Dies würde selbst für den unwahrscheinlichen Fall gelten, dass sie tatsächlich jeglichen Kontakt zu ihrem Ehemann bzw. zu ihrem Sohn oder ihrem Bruder verloren hätte. Dazu ist zu ergänzen, dass die Grundversorgung der chinesischen Bevölkerung - wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt - gesichert ist. In der Beschwerdeschrift wurden auch keine konkreten, individuellen Gründe dargetan, die hinsichtlich der BF eine andere Einschätzung nahelegen würden. Zusätzlich ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach sich aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung im Sinne des § 57 FrG ergibt (vgl. etwa VwGH 30.1.2001, Zl. 2001/01/0021).

Was die vorgebrachte Nierensteinerkrankung betrifft, so ist dem am 12.10.2015 vorgelegten Arztbrief eines Urologen zu entnehmen, dass diese sich bereits wesentlich gebessert hat. Dass noch eine Operation notwendig ist, kann daraus nicht entnommen werden. Die BF stammt zudem aus einer Stadt und wie aus den Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichts ersichtlich ist, steht Stadtbewohnern ein medizinisches Grundversicherungsschema zur Verfügung. Eine allfällig notwendige weitere Behandlung der BF wäre somit gesichert. Ergänzend ist festzuhalten, dass die BF ihre angeblichen Herzprobleme lediglich erwähnt hat, als ihr seitens des Bundesverwaltungsgerichts vorgehalten worden war, sie könne sich zu ihrem Ehemann nach XXXX oder ihrem Sohn nach XXXX begeben, was sie eben mit der Begründung ablehnte, dass es dort heiß wäre und sie Herzprobleme hätte. Derartige Probleme wurden von ihr jedoch zuvor weder in der Erstbefragung, noch beim dem Bundesamt oder in der Beschwerde auch nur ansatzweise angedeutet. Selbst in der Verhandlung, als sie konkret zu ihrer Gesundheit befragt wurde, wurden Herzbeschwerden noch mit keinem Wort thematisiert (vgl. S. 3 und S. 23f. des Verhandlungsprotokolls). Entsprechende Befunde wurden weder vorgelegt noch bis dato nachgereicht. Somit kann aber nur davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um keine ernsthaften oder gar schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme handelt.

Schließlich kann nicht gesagt werden, dass eine Abschiebung der BF für diese als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Denn in der Volksrepublik China ist eine Zivilperson nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt.

3.3.3. Das Vorbringen der BF vermag sohin keine Gefahren i.S.d. § 8 Abs. 1 AsylG darzutun.

3.4. Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

3.4.1. Gemäß § 10. Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

3.4.2. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die BF befindet sich seit Juli 2013 im Bundesgebiet und ihr Aufenthalt ist nicht geduldet. Sie ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

3.4.3. Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die BF ist als Staatsangehörige der Volksrepublik China keine begünstigte Drittstaatsangehörige und es kommt ihr kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

3.4.4.1. Gemäß § 55 Abs.1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

3.4.4.2. Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 9 Abs. 4 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

Gemäß § 9 Abs. 5 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß § 9 Abs. 6 BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl Nr 60/1974 gilt.

3.4.4.3. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen neben den zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienleben bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Als Kriterien hiefür kommen in einer Gesamtbetrachtung etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens bzw. die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sich bei der Prüfung allein auf das Kriterium der Abhängigkeit zu beschränken, greift jedenfalls zu kurz (vgl. VwGH 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, Zl. U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, Zl. 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0017)

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

3.4.4.4. Solche Gründe sind im gesamten Asylverfahren nicht hervorgekommen. Die BF ist zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt. Anhaltspunkte dafür, dass ihr ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Es liegen keine Hinweise für eine ausreichend intensive Beziehung der BF zu allfälligen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen oder ihr sonst besonders nahestehenden Personen vor. Sie hat kaum Kenntnisse der deutschen Sprache und ist auch in keinen Vereinen oder Organisationen aktiv. Der BF ist zwar zugute zu halten, dass sie keine Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, wobei sie teilweise einer (legalen) Erwerbstätigkeit im Rotlichtmilieu nachgeht (vgl. dazu VfGH 19.09.2014, U2377/2012). Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich die im Juli 2013 eingereiste BF in Österreich aufhält, könnte aber selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" nicht angenommen werden (vgl. etwa VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zkl. 2008/21/0533; VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse der BF am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.

Somit liegen aber auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht vor.

3.4.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten zu den Punkten 3.2. und 3.3. können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben.

3.4.6. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben (vgl. dazu insbesondere die unter den Punkten II.3.2.1. - II.3.2.5., II.3.3.1.

f. und II.3.4.4.3. f. zitierte Judikatur).

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

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