AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:G306.1432225.2.00
Spruch:
G306 1432225-2/11E IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. Kosovo, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.09.2013, Zl. 13 05.631-EAST-Ost, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wird das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung insoweit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), stellte am 02.01.2013 seinen ersten Asylantrag welcher im Beschwerdeverfahren rechtskräftig negativ entscheiden wurde. Den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF stellte der BF am 30.04.2013 im Zuge der Schubhaft.
Im Rahmen der Erstbefragung des BF durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.04.2013 gab dieser im Wesentlichen an, dass er mit seiner Mutter telefoniert habe. Er habe ihr mitgeteilt, dass er nach Hause möchte. Sie habe gesagt, dass er kommen könne, aber er sei dann 100% ein toter Mann. Aufgrund dessen habe er in der nunmehrigen Schubhaft versucht sich umzubringen indem er 20 Tabletten geschluckt habe. Sie seien 32 Familienangehörige und würden alle im Hausarrest leben. Über das Problem im Kosovo habe er bereits im ersten Asylverfahren erzählt. Falls man ihm versichern könne, dass er im Kosovo sicher sei würde er jederzeit zurückkehren. Er wolle hier nichts, außer arbeiten. Wenn er allein bleiben müsse habe er immer Angst. Seinen neuen Asylantrag habe er gestellt, weil er mit seiner Mutter telefoniert habe.
Bei der am 14.05.2013 stattgefundenen niederschriftlichen Einvernahme des BF vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen (im Folgenden: BAT) gab dieser im Wesentlichen an, dass er zurzeit in ärztlicher Behandlung sei und alle drei Tage zum Arzt ginge. Er würde Medikamente nehmen. Die Medikamente seien gegen Kopfschmerzen und die Nerven. Er sei auch im März oder April 2013 in XXXX in der Nervenklink gewesen. Er sei seit seiner ersten Antragsstellung immer in Österreich gewesen. Es habe sich an den Fluchtgründen nichts geändert. Er habe mit seiner Mutter telefoniert und habe er ihr mitgeteilt, dass er in den Kosovo zurückkehren werde. Sie habe jedoch gesagt, dass das Problem im Kosovo nach wie vor bestehe und er nicht zurückkommen sollte.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesasylamtes vom 07.09.2013 persönlich übernommen am 11.09.2013, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) und der BF gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Kosovo ausgewiesen (Spruchpunkt III.) und gemäß
§ 38 Abs. 1 Z 1 AsylG wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Die belangte Behörde begründete im angefochtenen Bescheid ihre abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass seitens des Bundesasylamtes eine ärztliche Untersuchung veranlasst worden sei und die habe ergeben, dass der BF aus aktueller Sicht, keine belastungsabhängige, krankheitswertige psychische Störung aufweise. Einer Überstellung in den Kosovo würde daher aus ärztlicher Sicht möglich sein. Es würde im Kosovo ausreichende Behandlungsmöglichkeiten geben und wäre die medizinische Versorgung gewährleistet. Dies sei auch in den Feststellungen zum Kosovo angeführt. Laut Vorlagen von Befunden habe sich der BF vom XXXX bis XXXX in einer Nervenklink befunden. Im Zeitraum vom XXXX bis XXXX, sowie im Zeitraum vom XXXX bis XXXX habe sich der BF im XXXX XXXX befunden. Betreffend der neuerlich angeführten Gründe zum Verlassen des Herkunftsstaates wäre auszuführen, dass der BF im neuerlichen Asylverfahren noch immer die selben Gründe anführe, wie in dem bereits rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahren. Der BF habe nach der ersten negativen Entscheidung in den Kosovo zurückkehren wollen. Er habe mit seiner Mutter im Kosovo telefoniert. Diese hätte ihn vor einer Rückkehr in den Kosovo abgeraten. Der BF habe seinen Asylantrag damit begründet, dass er in Bosnien Angst gehabt habe und sich in Österreich sicherer fühlen würde. Dabei sei auffällig gewesen, dass der BF angegeben habe, dass er Bosnien aus Angst verlassen habe und nicht seinen Heimatstaat Kosovo. Dies würde auch zeigen wie vage und substanzlos die Behauptungen einer Bedrohung und die damit einhergehenden Furcht vor dem Heimatland Kosovo wäre. Der BF habe nach der Frage des konkreten Grundes für seine Ausreise aus dem Kosovo lediglich völlig allgemein einen Vorfall geschildert. Nach neuerlichen Aufforderung und detaillierte und konkrete Angaben, habe der BF zusammenhanglos angegeben, dass sein Vater und sein Onkel wegen des "Vorfalles" im Gefängnis sitzen würden, daher wäre er gezwungen gewesen auszureisen. Der BF habe immer wieder vage, unschlüssig und unkonkret Angaben über eine Familienstreitigkeit und einer damit einhergehenden Blutrache angegeben. Er sei jedoch nicht in der Lage gewesen schlüssige Zusammenhänge zu seiner Person herzustellen und die konkrete Bedrohung seiner Person darzustellen. Das Vorbringen müsse als offensichtlich unrichtig gewertet werden.
3. Mit dem am 20.09.2013 beim Bundesasylamt eingebrachten und mit 17.09.2013 datierten Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Darin wurde beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen; eine mündliche Verhandlung anzuberaumen; der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF Asyl gewährt werde; dem BF den Status des subsidiären Schutzberechtigten zuzuerkennen; festzustellen, dass die Ausweisung auf Dauer unzulässig sei.
Die Beschwerde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die erfolgte Beweiswürdigung der Erstinstanz sowie die Feststellung zur Unglaubwürdigkeit seiner Person unschlüssig sei. Die Erstbehörde habe ihre Ermittlungspflicht unterlassen indem sie zu seinem Fluchtvorbringen keine ausreichenden Erhebungen getätigt hätte. Aus diesem Grund sei das Verfahren mit schwerwiegenden Verfahrensfehlern behaftet. Die Behörde habe es unterlassen, vor Ort Erhebungen zu tätigen, die den Vorfall bestätigen könnten. Die Behörde habe sich zu wenig mit der Blutrache im Kosovo auseinandergesetzt. In weiten Teilen der Beschwerde wird auf das Thema Blutrache eingegangen und werden Kommentare einer Schweizer Webadresse angeführt.
Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesasylamt vorgelegt und sind am 25.09.2013 beim Asylgerichtshof (nunmehr Bundesverwaltungsgericht) eingelangt.
4. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 30.09.2013 wurde dem BF die aufschiebende Wirkung gemäß § 38 Abs. 2 AsylG 2005 zuerkannt.
5. Mit Eingabe vom 12.11.2013 legte der BF dem Asylgerichthof ein Schreiben auf Albanisch vor. Das Bundesverwaltungsgericht veranlasste eine Übersetzung und handelt es sich dabei um eine eidesstaatliche Erklärung eines Notars aus dem Kosovo aus dem hervorgeht, dass ein gewisser XXXX, Dorfvorsitzender des Heimatsdorfes des BF, bestätigt, dass die vom BF angegebenen Familien des Dorfes in keinen guten Verhältnis zueinander stehen. Die Familie des BF sei eingesperrt und dürfe gemäß den Bräuchen eine Bese-Genehmigung damit sie sich frei bewegen dürfen. Aufgrund dieser Situation und aus Angst habe der BF sein Dorf verlassen.
6. Am 08.01.2014 legte der BF eine fachärztliche Bestätigung für Neurologie/Psychiatrie und Kinderneurologie vor. Aus dem Schreiben geht im Wesentlichen hervor, dass der BF nach wie vor an Ein- und Durchschlafstörungen leiden würde.
7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.02.2014 an dem BF wurde dieser vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.
8. Am 19.03.2014 langte das mit 17.03.2014 datierte Schreiben des BF am Bundesverwaltungsgericht ein. Der BF führt darin im Wesentlichen an, dass sein Leben im Kosovo aufgrund einer Blutrache bedroht sei. Die übermittelten Länderfeststellungen würden jedoch keine Informationen zum Thema Blutrache beinhalten. Er würde unter permanenter Schlaflosigkeit leiden. Zu seiner Integration in Österreich möchte er anführen, dass er, obwohl keinen Deutschkurs besucht, gut Deutsch sprechen könne und strafrechtlich unbescholten sei. Überdies lebe er mit einer österreichischen Staatsbürgerin zusammen. Er habe als Fluchtgrund die Blutrache angegeben. Er beantrage ausdrücklich, Erhebungen vor Ort in seinem Heimatland und legte der BF Bilderauszüge (Google) aus seinem Heimatdorf bei. Des Weiteren wurde ein ärztlicher Verlaufsbericht vom 23.01.2014 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der BF behauptet, XXXX zu heißen und am XXXX in XXXX, Kosovo geboren zu sein. Der BF ist Staatsangehöriger von Kosovo. Er gehört der Volksgruppe der Albaner an und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Die Muttersprache des BF ist albanisch.
1.2. Der BF verfügt, seinen eigenen Angaben zu Folge, aufgrund lebender naher Familienangehöriger, über familiäre Anknüpfungspunkte im Kosovo.
1.3. Der BF hat sein Heimatsland aus reinen privaten und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Eine Gefährdung des BF allein aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Albaner hat dieser nicht angegeben und ist auch nicht glaubhaft, da er keine diesbezüglichen Bedrohungen vorbringen konnte. Der BF gibt an, dass seine Familie der Blutrache durch einer anderen Familie, die auch zur Albanischen Volksgruppe gehört, ausgesetzt sei.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in den Kosovo Opfer einer Verfolgung von asylrelevanter Intensität werden würde. Eine staatliche oder staatlich geduldete generelle Verfolgung der Volksgruppe der Albaner im Kosovo existiert nicht.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo in seinem Recht auf das Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.
Der BF ist bislang keiner regelmäßigen Beschäftigung nachgegangen und lebte bislang von Leistungen der öffentlichen Hand (Grundversorgung).
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über bestimmte Deutschkenntnisse verfügt der BF gibt in seiner Stellungnahme vom 17.03.2014 an keinen Deutschkurs besucht oder erfolgreich abgeschlossen haben.
Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.
1.4. Der BF ist in seinem Herkunftsstaat weder vorbestraft noch wurde er jemals inhaftiert und hatte auch mit den Behörden der Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Der BF war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an.
Der BF wurde im Bundesgebiet zwei Mal wegen Diebstahls zur Anzeige gebracht.
Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK ausgesetzt ist.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführenden Partei
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort) und zur Staatsangehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.
Die Feststellung zur Ausreise aus dem Kosovo, der weiteren Reiseroute und zur Einreise in Österreich ergibt sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der BF über bestimmte Deutschkenntnisse verfügt und allenfalls einen Deutschkurs besucht oder erfolgreich abgeschlossen hat, ergibt sich daraus, dass der BF im bisherigen Verfahren diesbezüglich nur angab die deutsche Sprache zu verstehen jedoch keinen Deutschkurs besucht zu haben. Ansonsten hat der BF keinerlei Angaben getätigt und auch in Wahrnehmung seiner Mitwirkungspflichten im Asylverfahren von sich aus keine diesbezüglichen Nachweise (zB Deutschkurs-Teilnahmebestätigung bzw. Prüfungszeugnis für die Deutschprüfung) vorgelegt.
2.3. Zum Vorbringen der Beschwerdeführenden Partei
Wie vom Bundesasylamt ausgeführt, hat der BF keinerlei glaubhaften konkrete Bedrohungen vorbringen können. Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Behörden wurden von dem BF nicht vorgebracht. Aus dem vorgebrachten Sachverhalt kann keine asylrelevante Verfolgung im Sinne der Gründe der GFK gefasst werden.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wurde, dass es dem BF nicht ermöglicht worden wäre, alles Wesentliche vorbringen zu können, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser im Rahmen der Erstbefragung sowie der Einvernahme durch das Bundesasylamt die Möglichkeit eingeräumt wurde sämtliche Fluchtgründe geltend zu machen, ihm die aufgenommene Niederschrift rückübersetzt wurde, er keinerlei Ergänzungen oder Beanstandungen der Einvernahmeprotokolle vorgenommen hat und die Richtigkeit und Vollständigkeit der Protokolle durch seine Unterschrift bestätigt hat.
Festzuhalten bleibt zudem, dass der BF in der Beschwerde der im angefochtenen Bescheid getroffenen Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich des behaupteten Fluchtvorbringens nicht substanziiert entgegengetreten ist. Insoweit in der Beschwerde behauptet wird, dass die belangte Behörde das Vorbringen unrichtig beurteilt hätte, ist einzuwenden, dass auch in der Beschwerde nicht im Einzelnen näher dargelegt worden ist, weshalb die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht richtig sei. Vielmehr wurde allgemein angeführt, dass der BF, im Falle einer Heimreise, sehr wohl eine reale Gefahr für sein Leben oder Gesundheit ausgesetzt wäre und zwar aus dem Grunde der Blutrache.
Dem Vorwurf, dass der Inhalt des Bescheides der belangten Behörde an Rechtswidrigkeit leide und eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege, ist nicht zu folgen, zumal im gesamten Verfahren vor der belangten Behörde keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ersichtlich sind, dass die belangte Behörde willkürlich entschieden hätte. Vielmehr wurde der beschwerdeführenden Partei ausreichend die Möglichkeit eingeräumt, ihr Fluchtvorbringen darzulegen, gegebenenfalls zu ergänzen bzw. aufgetretene Unklarheiten oder Widersprüche zu beseitigen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Die maßgebenden Erwägungen, von denen sich die belangte Behörde bei ihrer Begründung leiten ließ, sind im angefochtenen Bescheid in umfassender und übersichtlicher Art dargelegt.
Zur Lage im Herkunftsstaat
Kosovo - Allgemeine Feststellungen
(Stand: März 2014)
Allgemeine politische Lage
Das politische System hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom 17.02.2008 gefestigt. Kosovo ist eine Republik mit parlamentarischer Demokratie. Die Verfassung enthält neben den Grundwerten moderner europäischer Verfassungen und dem Prinzip der Gewaltenteilung umfassenden Schutz für die in Kosovo anerkannten Minderheiten (Serben, Türken, Bosniaken, Goranen, Roma, Ashkali, Ägypter). Sie eröffnet ihnen weitgehende Möglichkeiten der politischen Partizipation, so z.B. garantierte Sitze im Parlament. Art. 59 der Verfassung sieht z.B. die Ausübung der eigenen Sprache, Kultur und Religion sowie den Zugang zu Bildungseinrichtungen mit jeweiligem Sprachangebot und die Nutzung eigener Medien vor.
Seit Februar 2011 regiert eine Koalitionsregierung aus Demokratischer Partei Kosovos (PDK), Allianz Neues Kosovo (AKR) und den Parteien der Minderheiten unter Führung von Premierminister Thaçi (PDK) mit einer knappen Parlamentsmehrheit. Erstmals bekleidet mit dem Vorsitzenden der Unabhängigen Liberalen Partei (SLS), Slobodan Petrovic, ein Repräsentant der kosovo-serbischen Minderheit das Amt eines der sechs stellvertretenden Ministerpräsidenten; er ist außerdem Minister für lokale Verwaltung. Die Ministerien für Rückkehr und Minderheiten sowie für Arbeit und Soziales werden ebenfalls von einem Vertreter der serbischen Minderheit geleitet; seit September 2013 hat ein weiterer Kosovo- Serbe das Amt eines Ministers ohne Portfolio inne. Die türkische Minderheit stellt den Minister für öffentliche Verwaltung.
Gewaltenteilung ist gewährleistet. Das Justizsystem befindet sich weiter im Aufbau, unter maßgeblicher Beteiligung von EULEX (Rechtsstaatlichkeitsmission der EU in Kosovo), deren derzeitiges Mandat bis Mitte Juni 2014 läuft. Die Polizei hat sich bislang als gute Stütze der demokratischen Strukturen etabliert und wird durch EULEX flankiert. Seit dem 19.10.2012 führen Kosovo und Serbien in Brüssel unter Vermittlung der Europäischen Union einen politischen Dialog zur Normalisierung ihrer Beziehungen. Dieser hat am 19.04.2013 zu einem ersten Abkommen geführt, in dem u. a. der Übergang der serbischen parallelen Strukturen in Justiz, Verwaltung und Polizei im Norden Kosovos in kosovarische Institutionen und die Abhaltung von Kommunalwahlen in ganz Kosovo, also auch in den von ethnischen Serben dominierten Gemeinden im Norden des Landes vereinbart wurden. Eine Vielzahl der vereinbarten Maßnahmen wurde bereits umgesetzt.
Die Wirtschaftslage bleibt weiterhin schwierig. Eine hohe Arbeitslosenquote, ein unterentwickelter Industriesektor und nur geringe ausländische Direktinvestitionen sind Faktoren, die die innere Stabilität des Landes mittelfristig beeinflussen können. Positiv ist das nach wie vor, vor allem im regionalen Vergleich, hohe Wirtschaftswachstum sowie eine seit 2011 erfolgreiche Fiskalpolitik zu nennen.
Nach der im April 2011 durchgeführten Volkszählung ("Kosovo Population and Housing Census 2011"), deren Endergebnisse im September 2012 veröffentlicht wurden, lebten zum Erhebungstag 1,734 Mio. Personen in Kosovo (ohne die im Wesentlichen von ethnischen Serben bewohnten Gemeinden im Norden Leposavic, Zubin Potok, Zvecan und Nord- Mitrovica), wobei sich folgende Aufteilung nach ethnischen Gruppen ergibt (auf Hunderte gerundet): Albaner 1.616.900 (93 %); Serben 25.500 (1,5 %); Türken 18.700 (1.1 %); Bosniaken 27.500 (1,6 %); Roma 8.800; Ashkali 15.400; Ägypter 11.500 [RAE zusammen somit
35.800 bzw. 2,1 %] und Goranen 10.200 (0,6 %). (Auswärtiges Amt:
Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seiten 5, 6 und 7 )
Der Kosovo hat im Juli 2012 de facto die völlige Souveränität erreicht. Der Internationale Lenkungsrat (International Steering Group/ISG) aus Unterstützern der Unabhängigkeit des Kosovo hat beschlossen, die internationale Überwachung der Unabhängigkeit zu beenden. Das für die Überwachung zuständige Internationale Zivilbüro (ICO) in Prishtina (Pristina) wurde geschlossen. Die NATO-Truppe KFOR nimmt auch nach Beendigung der Unabhängigkeits-Überwachung ihre Aufgaben wahr, ebenso bis Juni 2014 die EU-Rechtsstaatsmission EULEX, die beim Aufbau von Justiz, Zoll und Polizei hilft. Internationale Vertreter verbleiben auch beratend u.a. in der kosovarischen Privatisierungsbehörde und im Verfassungsgericht. (APA: "Kosovo hat de facto völlige Souveränität erreicht" , Artikel vom 02.07.2012)
An den Grenzübergängen zwischen dem Nordkosovo und Südserbien wurde im Dezember 2012 eine integrierte Grenzkontrolle eingeführt. Sie wird von serbischen und kosovarischen Grenzpolizisten und Zöllnern sowie Beamten der EU-Rechtsstaatsmission EULEX zusammen durchgeführt. (APA: "Kosovo und Serbien einigten sich zu Einhebung von Zöllen an Grenze", Artikel vom 18.01.2013)
Die EULEX behält ihre Zuständigkeit für die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung von Kriegsverbrechen, organisierter Kriminalität und Korruption sowie für den Zeugenschutz. (Amnesty
International: Amnesty Report 2013 Serbien (einschließlich Kosovo) vom 01.06.2013)
Staatsangehörigkeit:
Das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) der Republik Kosovo trat am 15.06.2008 in Kraft.
Nach Art. 155 der Verfassung der Republik Kosovo haben alle rechtmäßigen Bewohner Kosovos einen Anspruch auf die kosovarische Staatsbürgerschaft. Außerdem haben ihn alle Bürger (und deren Abkömmlinge) der ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien, die am 01.01.1998 ihren ständigen Wohnsitz in Kosovo, unabhängig vom derzeitigen Wohnort, hatten.
Ein Bürger kann auch Bürger eines oder mehrerer anderer Staaten sein, der Erwerb oder Besitz einer anderen Staatsbürgerschaft bedeutet nicht den Verlust der kosovarischen Staatsangehörigkeit.
Eine erleichterte Einbürgerung ermöglicht Art. 13 StAG den Mitgliedern der Kosovo-Diaspora (Ausreise vor dem 01.01.1998). Als ihr Mitglied gilt, wer seinen Wohnsitz außerhalb Kosovos hat, im Kosovo geboren ist und enge familiäre und wirtschaftliche Beziehungen in Kosovo hat (Abs. 2). Auch Nachkommen der ersten Generation, die familiäre Verbindungen in Kosovo haben, zählen zur Kosovo-Diaspora (Abs. 3). Art. 28 und 29 StAG regeln den Status derjenigen, die als rechtmäßige Bewohner registriert sind (legal residents) und der Bürger des ehemaligen Jugoslawiens, die am 01.01.1998 ihren ständigen Wohnsitz in Kosovo hatten (habitually residing).
Jeder, der die Voraussetzungen erfüllt, gilt automatisch als Staatsbürger der Republik Kosovo. Laut Art. 28 I StAG ist jede Person, die als "habitual resident" gem. UNMIK Regulation No. 2000/13 im Zivilregister registriert wurde, als Staatsbürger Kosovos zu betrachten (shall be considered) und als solcher in einem Staatsbürgerschaftsregister zu erfassen.
Um als rechtmäßiger Bewohner (habitual resident) registriert zu werden, musste nachgewiesen werden:
- in Kosovo geboren zu sein,
- oder mindestens einen in Kosovo geborenen Elternteil zu haben,
- oder mindestens fünf Jahre ununterbrochen in Kosovo gewohnt zu haben
(ausgenommen von dieser Regel sind Personen, die aufgrund ihrer Flucht die minimale Residenzpflicht nicht erfüllen können). Nur wer im Zivilregister eingetragen ist, konnte eine UNMIK-Identity Card (ID) und damit ein UNMIK- Travel-Dokument (TD) beantragen. Der Besitz eines UNMIK-Dokuments spricht demnach dafür, dass der Inhaber Staatsbürger Kosovos ist (Art. 28 StAG).
Eine Sonderegelung für Vertriebene und Flüchtlinge des Kosovo-Krieges ist Art. 29 StAG. Danach sind auch alle Personen (und ihre direkten Nachkommen), die am 01.01.1998 Bürger der Bundesrepublik Jugoslawien waren und an diesem Tag ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in Kosovo hatten, Bürger von Kosovo und als solche im Bürgerregister unabhängig von ihrem derzeitigen Wohnort oder ihrer derzeitigen Staatsangehörigkeit zu erfassen. Für die Erfassung im Bürgerregister bedarf es jedoch eines Antrags (Abs. 3) Kriterien zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes in Kosovo am 01.01.1998 sind analog der in der UNMIK-Richtlinie 2000/13 zum zentralen Zivilregister festgelegt (Abs. 5). Auch dieser Personenkreis hat also die Staatsbürgerschaft kraft Gesetzes erworben, so er die Erfassung im Register beantragt. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 08/2008).
Internationale Präsenz in Kosovo
Mit der Beendigung der Überwachung der Unabhängigkeit Kosovos am 10.09.2012 würdigte die internationale Gemeinschaft die weitgehende Umsetzung der Bestimmungen des "Comprehensive Proposal on the Kosovo Status Settlement" (Ahtisaari-Plans) zu den politischen und kulturellen Rechten der serbischen Minderheit.
Auch weiterhin bleibt die Souveränität Kosovos durch die Befugnisse der internationalen Präsenzen beschränkt. Die EU-Rechtsstaatsmission EULEX Kosovo hat im Dezember 2008 ihre operative Tätigkeit aufgenommen und im April 2009 volle Einsatzfähigkeit erreicht. EULEX Kosovo hat den Auftrag, die kosovarischen Behörden beim Aufbau eines multiethnischen Justiz-, Polizei- und Zollwesens zu unterstützen und an rechtsstaatliche EU-Standards heranzuführen. Das derzeitige Mandat läuft im Juni 2014 aus; über eine Fortführung bis möglicherweise Mitte 2016 wird derzeit verhandelt.
In Kosovo sind gegenwärtig noch rund 5.000 KFOR-Soldaten stationiert. In den letzten Jahren konnte wegen der stark verbesserten Sicherheitslage die KFOR-Präsenz schrittweise und nach jeweiliger Befassung des NATO-Rates reduziert werden.
Die OSZE-Mission in Kosovo ist mit Feldbüros in allen Regionen des Landes vertreten. Die Schwerpunkte ihrer Arbeit liegen in den Bereichen Demokratieförderung, Menschenrechts- und Minderheitenschutz. (Auswärtiges Amt: Kosovo Innenpolitik, Stand: März 2014)
Am 10.09.2012 hat die Internationale Lenkungsgruppe (ISG) die "überwachte Unabhängigkeit" der Republik Kosovo und somit auch das Mandat des Internationalen Zivilen Repräsentanten (ICR) beendet. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass Kosovo das Ahtisaari-Paket umgesetzt, soweit dies in seiner Macht stand, und Bestimmungendaraus in seine Verfassung (am 07.09.2012) und Gesetzgebung (am
31.08.2012) inkorporiert hat. Das Ahtisaari-Paket sieht weitgehende (Autonomie‑)Rechte für die Minderheiten vor.
KFOR ist in seiner Truppenstärke beginnend 2010 stufenweise reduziert worden. Seit
01.03.2011 verfügt KFOR noch über eine Sollstärke von ca. 5000 Soldaten. Eine weitere Truppenreduzierung erscheint nur möglich, wenn eine dauerhafte politische Lösung für den Norden des Landes zu einer nachhaltigen Stabilisierung der dortigen Sicherheitslage geführt hat. Die europäische Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX ist nach der "strategischen Überprüfung" im Sommer 2012 weiterhin mit ca. 1200 internationalen Polizisten, Richtern und Staatsanwälten (davon ca. 140 Deutsche) sowie zivilem Personal (knapp 1000) in Kosovo tätig.
Die auf der Basis der VN-Sicherheitsratsresolution 1244 eingerichtete VN-Mission UNMIK nimmt noch Residualfunktionen vor allem in Nord-Kosovo wahr. Die OSZE-Mission in Kosovo (OMiK) ist mit dem Aufbau demokratischer Institutionen und guter Regierungsführung, Menschen- und Minderheitsrechten sowie öffentlicher Sicherheit betraut. Im Rahmen des Abkommens vom 19.04.2013 hat die Mission einen Beitrag zur Organisation der Kommunalwahlen am 03.11.2013 im Norden Kosovos geleistet. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 8)
Sicherheitslage
Die innere Sicherheit der Republik Kosovo beruht weiterhin auf drei Komponenten: der Kosovo Police (KP), den unterstützenden internationalen EULEX-Polizeikräften und den KFOR-Truppen. Als eine ihrer Operationslinien unterstützt KFOR Aufbau und Training der multiethnischen und zivil kontrollierten, leichtbewaffneten Sicherheitskräfte Kosovo Security Force (KSF), die gemäß Ahtisaari-Plan nicht mehr als 2500 Mitglieder und maximal 800 Reservisten haben sollen. Derzeit umfasst die KSF etwa 2200 Kräfte, davon gehören etwa 18 % den Minderheiten an. Die KSF übernimmt primär zivile Aufgaben wie Krisenreaktion, Sprengmittelbeseitigung und Zivilschutz. Die Polizei (Kosovo Police, KP - ehemals Kosovo Police Service, KPS) hat derzeit eine Stärke von ca. 9000 Personen und ist im ganzen Land vertreten. Der Frauenanteil in der KP beträgt fast 15 %; ähnlich hoch liegt der Anteil der Angehörigen von Minderheiten. EULEX Polizisten beraten und unterstützen Polizeidienststellen im gesamten Land. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 8)
Die lokalen Sicherheitskräfte bilden sich aus der Kosovo-Polizei (KP) und der Kosovo Security Force (KSF), diese unterstehen dem Innenministerium und werden, im Rahmen eines Mandates, von der EULEX überwacht. Die EULEX berät und schult die örtlichen Justizbehörden bei rechtlichen Vollstreckungsmaßnahmen. Polizeiaktionen werden unter der Verantwortung der EULEX-Polizei durchgeführt. Die EULEX kooperiert mit internationalen polizeilichen Behörden und besitzt begrenzte Exekutivgewalt bei organisierter Kriminalität, Kriegsverbrechen, Zeugenschutz, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die KSF ist eine leicht bewaffnete Organisation für Sicherheits- und Zivilschutz und wird von der KFOR betreut. Bei Kriegsverbrechen und organisierter Kriminalität ermitteln spezialisierte von internationalen EULEX-Polizisten besetzte Polizeieinheiten und führen Zeugenschutzprogramme durch. Die EULEX ist durch internationale Polizeibeamte, Staatsanwälte und Richter im ganzen Land im Einsatz und greifen in bestimmten kriminellen Angelegenheiten ein. Alle anderen Polizeiangelegenheiten liegen im Aufgabenbereich und der Verantwortung der örtlichen Polizei.
Die Polizeiinspektion (PIK), wurde als unabhängige Stelle im Innenministerium eingerichtet, ist mit Untersuchungen und Kontrollen von Polizisten beauftragt. Im Laufe des Jahres 2013 wurden 1.235 Fälle von Befehlsverweigerung, Beschädigung oder Verlust von Polizeieigentum angezeigt und untersucht. (U.S. Department of State: Kosovo 2013 Human Rights Report vom 27.02.2014, S. 8)
Die Sicherheitslage ist in Kosovo insgesamt stabil, aber in den mehrheitlich serbisch besiedelten Bereichen im Norden des Landes nach wie vor angespannt. Dieser Teil des Landes steht nicht unter Kontrolle der kosovarischen Institutionen. Es gibt keine Hinweise auf intendierte staatliche Repressionen aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit. Repressionen Dritter gegenüber ethnischen Minderheiten haben seit 2004 stetig abgenommen. (Auswärtiges Amt:
Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 5)
Serbien hat die ersten Polizeistationen in Nordkosovo geschlossen und so mit dem Abbau seiner staatlichen Strukturen begonnen. Die Polizeiverwaltung in Leposavic hat seit 14. Juni geschlossen. Die Polizeiwache in Zvecan stellte am 21.06.2013 ihren Dienst ein. Die Auflösung aller staatlichen serbischen Institutionen in Nordkosovo mit seiner serbischen Minderheit ist zentraler Teil des von der EU vermittelten Aussöhnungsvertrages zwischen Belgrad und Pristina. Als nächster Schritt sollen auch die serbischen Gerichte aufgelöst werden. (europe online magazine: Serbien schließt erste Polizeistationen in Nordkosovo, Artikel vom 21.06.2013)
Menschenrechte
Das Bekenntnis zu unveräußerlichen Menschenrechten ist in der Verfassung verankert. Nach Art. 22 der Verfassung gelten folgende internationale Menschenrechtsabkommen unmittelbar für Kosovo und haben Anwendungsvorrang:
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte;
Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten einschließlich der Zusatzprotokolle (EMRK);
Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte einschließlich der Zusatzprotokolle;
Rahmenübereinkommen des Europarats betreffend den Schutz nationaler Minderheiten;
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;
Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW);
Übereinkommen über die Rechte des Kindes;
Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe;
(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite
21)
Eine Vielzahl von nationalen Menschenrechtsgruppierungen kann ohne Einschränkungen durch die Regierung Untersuchungen durchführen und Fälle von Menschenrechtsverletzungen veröffentlichen. Bei Berichten und Empfehlungen von Menschenrechtsgruppierungen zeigt sich die Regierung kooperativ, ergriff Maßnahmen und setzte die Vorschläge und Empfehlungen um. Die Volksanwaltschaft untersucht Anzeigen von vermeintlichen Menschenrechteverletzungen durch Behörden und der Regierung. Der von der Regierung ernannte Ombudsmann ist regelmäßig in den Gemeinden tätig und veröffentlicht die Ergebnisse seiner Untersuchungen. (U.S. Department of State: Kosovo 2013 Human Rights Report vom 27.02.2014, S. 25)
Seit November 2000 gibt es die Einrichtung einer Ombudsperson, die für alle Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen oder Amtsmissbrauch durch die zivilen Behörden in Kosovo zuständig ist. Das Amt sowie die mit ihm verbundenen Rechte und Pflichten sind in der Verfassung festgeschrieben (Art. 132 bis Art. 135). Die Ombudsperson geht Hinweisen auf Menschenrechtsverletzungen nach und gibt in einem Jahresbericht an das Parlament (einsehbar unter: www.ombudspersonkosovo.org ) und Empfehlungen für deren Behebung. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite
22)
Religionsfreiheit
Daten der Volkszählung zeigen, dass sich die Mehrheit der ethnischen albanischen Bevölkerung zum islamischen Glauben bekennen. Weniger als 2,2 % der Bevölkerung sind Angehörige der serbisch-orthodoxen Kirche. Die größten katholischen und protestantischen Gemeinden befinden sich in Prizren, Kline/Klina, Janjevo, Gjakove/Djakovica und Pristina. Die größte jüdische Gemeinde ist in Prizren ansässig. (U.S. Department of State: Kosovo International Religious Freedom Report vom 22.05.2013, Seite 1)
Die Religionsfreiheit ist nach Art. 38 der kosovarischen Verfassung garantiert. Einschränkungen der Religionsfreiheit sind nicht bekannt. Das Tragen eines islamischen Kopftuchs an öffentlichen Schulen ist verboten; diese Anordnung der Regierung wurde im Oktober 2011 vom Verfassungsgericht bestätigt. Aufgrund der verbesserten Sicherheitslage und den grundsätzlich abnehmenden Spannungen zwischen Kosovo-Albanern und Kosovo-Serben konnte KFOR die Sicherheitsverantwortung für zahlreiche serbische Religions- und Kulturstätten an die Kosovo Police übertragen. Lediglich das Kloster Decani wird noch von KFOR-Einheiten gesichert. Seit Übernahme der Verantwortung durch die Kosovo Police hat es nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes keine Sicherheitsvorfälle gegeben. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 15)
Es kommt gelegentlich zu gesellschaftlichen Übergriffen oder Diskriminierungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Mitglieder der serbisch-orthodoxen Kirche berichten über vereinzelte Fälle von Diebstahl und Vandalismus in religiösen Einrichtungen. (U.S.
Department of State: Kosovo International Religious Freedom Report vom 22.05.2013, S. 1)
Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis
Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz. Bei Verdacht der Korruption von Richtern und Staatsanwälten können Disziplinarverfahren eingeleitet werden. (U.S. Department of State: Kosovo 2013 Human Rights Report vom 27.02.2014, S. 4)
Im Januar 2013 trat ein neues Strafverfolgungsgesetz, ein neues Strafgesetzbuch und eine neue Strafprozessordnung in Kraft. 2011 waren die Gesetze über den Richterrat und den Staatsanwaltsrat in Kraft getreten. Der Sonderstaatsanwaltschaft kommt eine wichtige Rolle bei der Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung schwerer Kriminalität im Kosovo zu. Zur Sonderstaatsanwaltschaft gehören EULEX-Staatsanwälte und Staatsanwälte des Kosovos mit der Befugnis und Verantwortung für die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen und die Verfolgung schwerer Straftaten, die unter die ausschließliche oder die subsidiäre Zuständigkeit der Sonderstaatsanwaltschaft fallen. (Europäische Kommission: Commission Staff Working Document Kosovo 2013 Progress Report vom 16.10.2013)
Im gesamten Justizwesen sind Richter und Staatsanwälte aus allen relevanten ethnischen Gruppen tätig. Nach Angaben von EULEX-Richtern gibt es zum Teil noch erhebliche Ausbildungsdefizite bei den lokalen Richtern und Staatsanwälten. EULEX hat seit dem 9. Dezember 2008 justizielle Funktionen im Bereich der Strafjustiz, der Zivilgerichtsbarkeit und der Staatsanwaltschaft übernommen, die zuvor von internationalen UNMIK-Richtern/-Staatsanwälten ausgeübt wurden. Dabei handelt es sich inbesondere um Fälle um Kriegsverbrechen, schwere organisierte Kriminalität und ungelöste Eigentumsfragen im Nachgang zu den kriegerischen Auseinandersetzungen bis 1999.
Mit Gesetz Nr. 03/L-199 vom 2207.2010, das am 01.01.2013 in Kraft getreten ist, wurde
das Gerichtswesen neu geordnet und übersichtlicher gestaltet. Es umfasst neben dem Verfassungsgericht (Constitutional Court) einen Obersten Gerichtshof (Supreme Court), ein
Berufungsgericht (Court of Appeals) und die Gerichte erster Instanz (Basic Courts). Die sieben Gerichte erster Instanz haben einen Hauptsitz und mehrere Zweigstellen. Die Hauptsitze der Gerichte erster Instanz befinden sich in Pristina, Gjilan/Gnjilane, Prizren, Gjakova/Djakovica, Peja/Pec, Ferizaj/Urosevac und Mitrovica. In jedem dieser Gerichte gibt
es Abteilungen für allgemeine Verfahren (in jedem Hauptsitz und jeder Zweigstelle), für Minderjährige und für schwere Verbrechen (nur beim Hauptsitz). Für Handels- und Verwaltungssachen gibt es jeweils eine Abteilung beim Gericht in Pristina mit Zuständigkeit
für das gesamte Territorium der Republik Kosovo. Das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof - ebenfalls zuständig für ganz Kosovo - haben ihren Sitz in Pristina.
In der kosovarischen Verfassung wurde in Artikel 150 die Verpflichtung zur Überprüfung von Richtern und Staatsanwälten vor ihrer Ernennung auf Lebenszeit als wesentliches Element für die Festigung der Rechtsstaatlichkeit aufgenommen. Die für den Aufbau einer unabhängigen Justiz wichtige Auswahl und Sicherheitsüberprüfung von Richtern und Staatsanwälten wurde Ende Oktober 2010 mit der Ernennung der Richter für die Amtsgerichte und zugehörige Staatsanwälte abgeschlossen. Bereits zuvor waren die höchsten Ämter in der Justiz (Oberster Gerichtshof, Ober- und Sonderstaatsanwälte) besetzt sowie Richter und Staatsanwälte an den Bezirks- und Berufsgerichten, u.a. auch in der Finanzgerichtsbarkeit, ernannt worden.
Insgesamt ist der Zugang zum Gerichtswesen nicht landesweit einheitlich gewährleistet. Das
Gericht in Nord-Mitrovica ist z.B. nach wie vor nur sehr eingeschränkt funktionstüchtig. Hier
bleibt abzuwarten, inwieweit das Abkommen vom 19.04.2013 in der Praxis umgesetzt wird. Es gibt inzwischen zehn u.a. von UNDP und Legal Aid Commission betriebene Regionalbüros für Rechtsfragen, die Personen mit geringem Einkommen kostenlose Rechtshilfe anbieten, um ihre Rechtsansprüche durchzusetzen, darunter auch zahlreichen Minderheitenangehörigen (Serben, RAE, Bosniaken und Türken). Auch NROs wie etwa das Civil Rights Programme Kosovo (CRP/K) leisten gerade auch Minderheitenangehörigen Unterstützung in Rechtsangelegenheiten (s.o.). Es ist jedoch davon auszugehen, dass es im Einzelfall Unterschiede beim Zugang zum Gerichtswesen geben kann, gerade auch für Minderheitenangehörige in den Mehrheitsgebieten. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 16)
Repressionen Dritter
Die Akzeptanz der verschiedenen ethnischen Gruppen untereinander seit der Unabhängig der Republik Kosovo im Jahr 2008 hat weiter zugenommen. Bei den jetzt nur noch vereinzelten Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen verschiedener ethnischer Gruppen lässt sich darüber hinaus nur selten überprüfen, ob es sich um ethnisch motivierte Streitigkeiten handelt. Interethnische Zwischenfälle finden fast ausschließlich vor dem Hintergrund des angespannten Verhältnisses zwischen Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern statt. Sie ereignen sich in aller Regel - lokal eingegrenzt - in bestimmten Gebieten des unmittelbar räumlichen Aufeinandertreffens/Zusammenlebens beider Bevölkerungsgruppen. Zumeist ergeben sich problematische Situationen wie z.B. handgreifliche Auseinandersetzungen bzw. Proteste, wenn das Betreten eines von der anderen Ethnie dominierten Gebietes als Provokation ausgelegt wird. Insbesondere im Norden von Kosovo (den Gebieten nördlich des Flusses Ibar) werden staatliche Maßnahmen als Eingriff in die von Serbien eingerichteten oder unterstützten Parallelstrukturen angesehen und sind Ursache häufiger Spannungen und Auseinandersetzungen. Die Übergriffe gehen dabei allerdings ungefähr gleichermaßen von beiden Seiten aus, in aller Regel bleibt es bei mittleren Sachschäden und Körperverletzungen geringeren Ausmaßes. Die Anzahl interethnischer Vorfälle gegen Angehörige der Minderheitengemeinschaften der ethnischen Roma, Askhali und Ägypter (RAE) geht weiter zurück. Auch in Kosovo tätige internationale Flüchtlingshilfeorganisationen berichten in diesem Zusammenhang lediglich von einigen wenigen konkreten Vorfällen.
Bei vielen Minderheitenangehörigen besteht weiterhin ein Unsicherheitsgefühl gegenüber staatlichen Sicherheitskräften. Inzwischen verfügt jede regionale Dienststelle der Kosovo Police (KP) über Polizeibeamte, die ausschließlich für die Belange aller Minderheitengemeinschaften zuständig sind. Zumeist sind solche Beamte selbst Angehörige verschiedener Minderheiten.
Nach den vorliegenden Erkenntnissen unterhalten diese Beamten ständige Kontakte zu den in ihrem Zuständigkeitsbereich lebenden Minderheitengemeinschaften und ihren Führungs-persönlichkeiten. Auch hierdurch soll gewährleistet werden, dass Minderheitenangehörigen die Möglichkeit geboten wird, u. a. gegen sie gerichtete Straftaten anzuzeigen und verfolgen zu lassen. NROs weisen in diesen Zusammenhang darauf hin, dass insbesondere bei Roma davon ausgegangen werden kann, dass viele Ereignisse nicht zur Anzeige gebracht werden. Die EULEX-Polizei in Kosovo übt u. a. Monitoring-Funktionen über die Kosovo Polizei aus. Der EULEX-Polizei liegen keine Erkenntnisse vor, dass Anzeigen insbesondere von RAE-Minderheiten nicht angenommen bzw. nicht bearbeitet werden. Ferner weist die EULEX-Polizei darauf hin, dass entsprechende Anzeigen von Angehörigen der RAE auch bei der EULEX-Polizei gestellt werden können. Es ist nicht auszuschließen, dass es noch Personengruppen gibt, die weiterhin einer Gefährdung ausgesetzt sind (so z.B. Personen in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft sowie Personen, die der Zusammenarbeit mit den serbischen Behörden in der Zeit von 1990 bis 1999 verdächtigt werden). (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seiten 19 und 20)
Die Sicherheitslage im gesamten Kosovo hat sich in den vergangen Jahren, kontinuierlich verbessert, so dass eine Wiederholung der inter-ethnischen Ausschreitungen vom März 2004 unwahrscheinlich ist. Auch die Lage im mehrheitlich von Kosovo-Serben bewohnten Norden hat sich - vor allem nach Abschluss des ersten Normalisierungsabkommen zwischen Pristina und Belgrad im April 2013 zunehmend entspannt, bleibt aber fragil. (Auswärtiges Amt: Kosovo Innenpolitik Stand: März 2014)
Minderheiten
Die Verfassung garantiert einen umfassenden Schutz der in Kosovo anerkannten Minderheiten (Kosovo-Serben, Türken, Bosniaken, Gorani, Roma, Ashkali und Ägypter) sowie deren Teilhabe am öffentlichen Leben. Im kosovarischen Parlament stehen den anerkannten Minderheiten 20 Sitze zu, ein "Konsultativrat für Minderheiten" ist im Büro des Staatspräsidenten angesiedelt und jede Kommune verfügt über ein "Büro für Minderheiten". (Auswärtiges Amt: Kosovo Innenpolitik, Stand: März 2014)
Das Rechtsübereinkommen zum Schutz der nationalen Minderheiten, einschließlich
ihrer ethnischen, kulturellen, sprachlichen oder religiösen Identität, gilt unmittelbar im Kosovo. Auch der inländische Rechtsrahmen umfasst Vorschriften, aufgrund derer die Institutionen des Kosovos die Sicherheit von Minderheiten zu schützen haben. Gemeindeämter haben ihre Sozialleistungen für Minderheitenfamilen erhöht.
Kosovo verfügt über eine Strategie und einen Aktionsplan zur Integration der Roma, Aschkali und Balkanägypter. Diese Strategie und der Aktionsplan sind erst in begrenztem Maße umgesetzt worden. (Europäische Kommission: Commission Staff Working Document Kosovo 2013 Progress Report vom 16.10.2013)
Seit 3. Juni 2013 sendet der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Kosovo Programme in Romanes und in serbischer, bosnischer und türkischer Sprache. Im Juni 2013 wurde ein landesweiter Fernsehsender, speziell für die serbische Bevölkerung eingerichtet. Die Serben bilden die größte Minderheit in Kosovo und sind vor allem in den nördlichen Gemeinden des Landes ansässig. Die Sprachen albanisch und serbisch sind die Amtssprachen des Kosovo. (Balkan Insight: "Kosovo Broadcaster Launches New Channel in Serbian", Artikel vom 04.06.2013)
90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo sind ethnische Albaner, fünf bis sechs Prozent Serben, den übrigen Anteil machen andere Minderheiten-Angehörige aus. (APA: "Kosovarisches Staats-TV startete Programm in Minderheitensprachen", Artikel vom 05.06.2013)
Die Minderheiten genießen verfassungsgemäß weitreichende Rechte. Gemäß Art. 78 der Verfassung sind 20 der 120 Parlamentssitze für die nicht-albanischen Minderheiten (Serben 10, Türken 2, Bosniaken 3, Goranen 1 und RAE 4) garantiert. Laut Art. 81 der Verfassung bedarf es bei der Verabschiedung wichtiger Gesetze nicht nur der Mehrheit aller Abgeordneten, sondern getrennt davon auch der Mehrheit der Abgeordneten, die Minderheiten vertreten. Die Bestimmungen des Ahtisaari-Pakets (seit September 2012 Bestandteil der Verfassung) erlauben weitgehende Autonomie auf Kommunalebene, wovon vor allem die Serben und Türken mit "eigenen" Gemeinden profitieren, in denen sie die Mehrheit stellen.
Die Regierung tritt öffentlich für Toleranz und Respekt gegenüber den RAE ein. In der kosovarischen Öffentlichkeit wirbt die Regierung regelmäßig dafür, dass das kulturelle Erbe
der Roma-Gemeinschaften von allen Kosovaren zu respektieren, zu schützen und zu unterstützen sei. Die im Februar 2009 verabschiedete Regierungsstrategie "Strategy for the Integration of Roma, Ashkali and Egyptian Communities in the Republic of Kosovo 2009-2015" hat Nachteile für Angehörige der Roma-Gemeinschaften u.a. beim Zugang zu Personenstandsdokumenten, Wohnraum, Arbeit, staatlichen Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung identifiziert.
Die Lebensbedingungen der RAE in den ländlichen Gebieten sind oftmals vergleichbar mit denen der albanischen Bevölkerung. Die Familien sind zumeist während des Krieges nicht vertrieben worden oder konnten nach dem Krieg in ihre nicht zerstörten Häuser zurückkehren. Diese Familien berichten kaum über schwerwiegende soziale oder wirtschaftliche Probleme oder Nachteile beim Zusammenleben mit der albanischen Bevölkerung. (Auswärtiges Amt:
Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seiten 9 und 10)
Kosovo-Albaner
Kosovo-Albaner christlichen Glaubens sind keinen Diskriminierungen durch die muslimische Mehrheitsbevölkerung ausgesetzt. So können sich auch Kosovo-Albaner lokal begrenzt in einer Minderheitsposition befinden (z.B. im Gemeindegebiet Lipjan/Lipljan oder im Norden der Stadt Mitrovicë/Mitrovica und den Gemeindegebieten Zubin Potok, Leposaviq/Leposavic und Zveçan/Zvecan). Bislang gibt es keine Hinweise auf gezielte Repressionen gegenüber diesen lokal begrenzten Minderheitengruppen. Die kosovo-albanische Tradition der Blutrache ist kaum mehr anzutreffen. Allerdings sind insbesondere außerhalb der größeren Städte nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten. Diese werden landläufig als "Blutrache" bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun (der Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt) beharrlich betrieben, zum Teil mit blutigen bzw. tödlichen Folgen. Bei diesen Racheakten ist die Hemmschwelle, eine Schusswaffe zu benutzen, oft sehr niedrig. Beteiligte an solchen Taten werden verfolgt, angeklagt und verurteilt. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 20)
Im Positionspapier des UNHCR vom 09. November 2009 wird aber darauf hingewiesen, dass es immer noch einige Kategorien von Kosovo-Albanern (so z.B. aus Gebieten in denen sie eine ethnische Minderheit bilden oder Kosovo-Albaner in Mischehen und Personen gemischt-ethnischer Herkunft, Kosovo-Albaner, die der Mitarbeit mit dem serbischen Regime nach 1990 verdächtigt werden, Opfer von Menschenhandel, Opfer von häuslicher Gewalt sowie Personen, deren Anträge auf sexueller Orientierung basieren) gibt, die mit ernsten Problemen konfrontiert werden könnten, wenn sie derzeit nach Hause zurückkehren würden. (UNHCR: Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Individuals from Kosovo, 2009)
Die Situation für die kosovo-albanischen Minderheiten in den von ihnen bewohnten Gebieten ist in der Regel entspannt. (United Nations Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, vom 04.02.2013, Seite 4)
Ausweichmöglichkeiten
Eine Übersiedlung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen. Alle Ethnien können sich in Kosovo grundsätzlich frei bewegen. Die Sicherheitskräfte bemühen sich um einen verstärkten Schutz für Minderheitengebiete und Enklaven, Angehörige von Minderheiten verlassen diese Gebiete - oftmals aufgrund eines subjektiv empfundenen Unsicherheitsgefühls und auch sprachlicher Barrieren - nur selten.
Von der Freizügigkeit wird zum Teil von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern v.a. dort aus einem subjektiv empfundenen Unsicherheitsgefühl heraus kein Gebrauch gemacht, wo sich diese Gruppen in der Minderheit befinden. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 21)
Grundversorgung
Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 23)
Um Sozialleistungen in Anspruch nehmen zu können, existieren spezielle Kriterien. Erstens muss die Person als kosovarischer Staatsbürger registriert sein. Ist dies gegeben, so kann bestimmt werden, welche Kriterien zum Erhalt von Sozialleistungen er/ sie erfüllt. Die Person muss einen festen Wohnsitz haben. Darauf basierend kann er/ sie, soweit die Familie die Voraussetzungen erfüllt, soziale und andere Hilfe- und Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Anfragebeantwortung vom 09.02.2012)
Staatliche Sozialhilfeleistungen werden aus dem Budget des Sozialministeriums finanziert. Sie sind bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung zu beantragen und werden für die Dauer von bis zu 6 Monaten bewilligt. Die Leistungsgewährung für bedürftige Personen erfolgt auf Grundlage des Gesetzes No. 2003/15.
Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen wird durch Mitarbeiter der Kommunen und des Sozialministeriums überprüft. Jede Gemeinde verfügt über ein Zentrum für Soziales. Angehörige der Minderheiten werden zusätzlich von den in jeder Gemeinde eingerichteten Büros für Minderheitenangelegenheiten Büros für Gemeinschaften und Rückkehrer (Municipal Office for Communities and Return, MOCR) betreut. Die Sozialhilfe bewegt sich auf niedrigem Niveau. Gehört zur Familie eine weitere erwachsene Person (Ehepartner), so wird für diese weitere 10 Euro/Monat gezahlt. Für jedes Kind, das zur Familie gehört werden
5 Euro pro Monat gezahlt. Zusätzlich hierzu sind Empfänger von Sozialhilfeleistungen von den Zuzahlungsbeträgen im öffentlichen Gesundheitssystem befreit. Ferner ist der Strombezug für Familien, die Sozialhilfeleistungen beziehen, bis zu 400 kW pro Monat kostenlos. Voraussetzung hierfür ist ein registrierter Stromzähler. Im September 2013 erhielten 29 425 Familien bzw. 121 836 Personen Sozialhilfe. Sozialleistungen reichen zur Befriedigung der Grundbedürfnisse kaum aus. Das wirtschaftliche Überleben sichern in der Regel zum einen der Zusammenhalt der Familien, zum anderen die in Kosovo ausgeprägte zivilgesellschaftliche Solidargemeinschaft. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite
24)
Zusätzliche Einnahmequellen bestehen in der Landwirtschaft bzw. durch die Erledigung von Gelegenheitsarbeiten vor allem in der Baubranche. Unterstandslosigkeit ist im Kosovo im Gegensatz zu westlichen EU-Staaten äußerst selten auftauchendes Problem. So ist die Zahl der tatsächlich unterstandslosen Personen in Pristina - immerhin geschätzte 600.000 Einwohner verschwindend gering (geschätzte 20 Personen!), im ländlichen Bereich gar nicht vorhanden. (Kosovo-Bericht 27. September 2009 des Verbindungsbeamten des BMI, Seite 12 und Seiten 13-15; Müller, Stephan: Gutachten vom 10. April 2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057-0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477-1/2008/5Z vom 10.04. 2009)
Wohnraum -wenn auch mitunter auf niedrigem Standard - steht ausreichend zur Verfügung. Die überwiegende Anzahl der Rückkehrer werden von Angehörigen ihrer Familie aufgenommen und untergebracht. Nur wenige Rückkehrer sind auf Unterstützungen der in jeder Gemeinde eingerichteten "Municipal Return Offices" (MOCR) angewiesen. Nach den Erkenntnissen der URA-Projektleitung ist eine Ausgrenzung von Angehörigen der RAE-Gemeinschaften durch Vermieter von Wohnraum nicht festzustellen. Aus Mitteln des Stabilitätspakts für Südosteuropa fördert die Bundesregierung Projekte des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) zur Schaffung von Wohnraum für zurückgekehrte Roma. Im Jahre 2011 wurden 6 Häuser in Obilic und 6 Häuser in Fushe Kosovo errichtet. Im 2012 gab es weitere 20 neue Häuser in verschiedenen Orten, die an RAE-Familien übergeben werden sollen. Unter Federführung von "Caritas Switzerland" wurden 2011 in Gjakova/Djakovica 29 Häuser für RAE neu gebaut. (Auswärtiges Amt:
Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 24)
Sollte die für einen AW extreme Situation der "Nichtunterstützung" seitens seiner Familie auftreten, welche allerdings sehr unwahrscheinlich ist, so finden sich im Kosovo nach wie vor einzelne internationale und nationale humanitäre Organisationen ("Mutter Teresa", das "Rote Kreuz", die "Caritas"...), die humanitäre Hilfe ermöglichen. Weiters sind zahlreiche NGOs im Kosovo tätig, die eine zusätzliche Möglichkeit darstellen, bei auftretenden Problemen welcher Art auch immer entsprechende Unterstützung zu erhalten. Der Zugang zu deren Büros oder eine direkte Kontaktaufnahme ist für alle Personen im Kosovo möglich. (Auskunft des Spezialattachés Wolfgang Hochmüller,12.11.2007, Zahl 536/07 an das BAE)
Im Allgemeinen ist festzuhalten, dass ethnische Albaner im Kosovo nicht Gefahr laufen zu verhungern oder in ihrer Existenz gefährdet zu sein. Die Solidarität in der Großfamilie in Zusammenspiel mit Schwarz- oder Gelegenheitsarbeiten, möglicher Sozialhilfe und humanitärer Hilfe verhindern im Allgemeinen ein vollkommenes Abgleiten kosovo-albanischer Familien. (Müller, Stephan: Gutachten vom 10.04.2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057-0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477-1/2008/5Z, Seite 8-9)
Für Angehörige anderer ethnischer Minderheiten (z.B. ethnische Türken, Bosniaken und Gorani) ist die Sicherheitslage stabil. Sie sind denselben sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen wie die Bevölkerungsmehrheit ausgesetzt. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 21)
Medizinische Versorgung
Den in den 1990er Jahren stark vernachlässigten Gesundheitssektor will die Regierung prioritär mit dem Ziel einer umfassenden, überwiegend in öffentlicher Trägerschaft organisierten medizinischen Versorgung reformieren. Die Umsetzung der bereits von der früheren Regierung entwickelten "Health Sector Strategy 2010-2014", die u. a. die Einführung eines Krankenversicherungssystems auf Basis eines zum Teil aus Steuermitteln finanzierten öffentlichen Gesundheitsfonds vorsieht, soll im Rahmen des vom Gesundheitsministerium erarbeiteten "Action Plan 2011-2014" durch einen Katalog von Maßnahmen unterstützt werden. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 25)
In Kosovo existiert noch kein Krankenversicherungssystem. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung wird durch eine staatlich finanzierte Basisversorgung sichergestellt. Für medizinische Leistungen sowie für bestimmte Basismedikamente (verzeichnet in der sog. "Essential Drug List") zahlt der Patient Eigenbeteiligungen, die nach vorgegebenen Sätzen pauschal erhoben werden. Von der Zuzahlungspflicht befreit sind Invaliden und Empfänger von Sozialhilfeleistungen, chronisch Kranke, Kinder bis zum 15. Lebensjahr, Schüler und Studenten bis zum Ende der Regelausbildungszeit und Personen über 65 Jahre.
Für Behandlungen im öffentlichen Gesundheitssystem von Kosovo ist für nicht von den Zusatzkosten befreite Patienten ein Eigenanteil von 4,00 € pro Untersuchung zu zahlen. Weitere Kosten können entstehen, wenn bei Untersuchungen medizinische Diagnosegeräte wie Ultraschall oder CT eingesetzt werden. Die Kosten hierfür belaufen sich auf ca. 10,00 € pro Untersuchung. Die Zuzahlungskosten für stationäre Behandlungen betragen für den Patienten 4,00 € pro Tag. Ab dem 10. Krankenhaustag entfallen weitere Zuzahlungen. Die Kosten für Behandlungen und Medikamente im privaten Gesundheitswesen sind vom Patienten in voller Höhe selbst zu bezahlen. (Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pristina: Medizinische Versorgung in Kosovo, Anfragebeantwortung vom 30.04.2013)
In dem unter der UNSC Resolution 1244 verwalteten Kosovo ist die Chancengleichheit aller dort lebenden Gemeinschaften festgeschrieben. Alle kosovarischen Staatsbürger haben offiziell gleichen Zugang zu staatlichen Institutionen. Patienten können sich an jegliche bzw. nächstgelegene Gesundheitseinrichtungen zur Behandlung wenden. Die Entscheidung, Leistungen privater Gesundheitsleistungen in Anspruch zu nehmen, obliegt dabei ihnen selbst. Das kosovarische Gesundheitsministerium verfügt über eine Liste sogenannter essentieller Medikamente. Nichtsdestotrotz fehlen die meisten in den Apotheken und nur eine eingeschränkte Menge von Medikamenten ist in den Gesundheitseinrichtungen erhältlich. Normalerweise - jedoch nicht immer - werden hospitalisierten Patienten Medikamente frei zur Verfügung gestellt. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Anfragebeantwortung vom 09.02.2012)
Das Gesundheitssystem stellt vor allem Basismedikamente bereit, so dass Patienten mit seltenen, chronischen Erkrankungen (z.B. Wachstumshormonmangel, Hämophilie, HIV/AIDS) in öffentlichen medizinischen Einrichtungen und Apotheken teilweise nicht die von ihnen benötigten Arzneimittel, sondern lediglich die vom Gesundheitsministerium zugelassenen Medikamente finden. Private Apotheken können die notwendigen Medikamente u.U. importieren; die Preise können jedoch entsprechend höher und die Versorgung unsicher sein. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderinformationsblatt Kosovo, vom Juni 2013, Seite 34)
Öffentliches Gesundheitssystem
Die staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik Pristina.
Die primäre Gesundheitsversorgung, d.h. die ambulante Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal erfolgt in Kosovo in sogenannten Familien-Gesundheitszentren, die in der Verantwortung der jeweiligen Kommune betrieben und von diesen finanziert werden. Zur primären Erstversorgung der Bevölkerung stehen 234 Ambulanzen für Familienmedizin, 166 Zentren für Familienmedizin und 29 medizinische Hauptzentren zur Verfügung. Bei den Ambulanzen handelt es sich um Gesundheitsstationen in den ländlichen Gebieten, die eine eingeschränkte Basisversorgung bieten und nur zu bestimmten Zeiten mit einem Arzt besetzt sind.
Die staatliche sekundäre Versorgung beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheits-versorgung in den Regionalkrankenhäusern in Ferizaj, Gjakovë, Gjilan, Mitrovicë-Nord, Pejë, Prizren und Vushtrri/Vucitrn.
Die tertiäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina gewährleistet, die medizinische Dienstleistungen von hoher Komplexität zu hohen Kosten anbietet. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig und dementsprechend stark frequentiert.
Der Gesamtetat des Gesundheitsministeriums beträgt für das Jahr 2013 ca. 107 Mio. Euro, für 2014 voraussichtlich 114 Mio. Euro. Zusammen mit den Einnahmen aus Zuzahlungen der Patienten reichen die Mittel aber nur zur Finanzierung einer Gesundheitsversorgung auf einfachem Niveau aus. Problematisch bleiben der schlechte bauliche Zustand von Krankenhäusern und Gesundheitsstationen mit teilweise veralteter Ausstattung. Die Krankenhäuser wurden in den letzten Jahren mit einigen modernen medizinisch-technischen Diagnosegeräten ausgestattet. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seiten 25-26)
Psychische Erkrankungen
Die Behandlung von psychischen Erkrankungen wird im öffentlichen Gesundheitssystem in acht regionalen Gesundheitszentren ("Mental Health Care Centres", MHCs) durchgeführt, die sich in den Städten Pejë/Pec, Prizren, Ferizaj/Uroševac, Gjilan/Gnjilane, Gjakovë/Djakovica, Mitrovicë/Mitrovica (Süd), Podujevo und Prishtinë/Priština befinden.
Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, werden in den vier Regionalkrankenhäusern Gjilan/Gnjilane, Pejë/Pec, Prizren und Gjakovë/Dakovica in den Abteilungen für stationäre Psychiatrie (jeweils mit angeschlossener Ambulanz) sowie in der Psychiatrischen Klinik der Universitätsklinik Pristina behandelt. In diesen Regionalkrankenhäusern stehen ausreichende Bettenkapazitäten zur Verfügung. Diese Einrichtungen verfügen jeweils über eine angeschlossene psychiatrische Ambulanz mit ambulanter fachärztlicher Betreuung.
Patienten, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) leiden, werden in den psychiatrischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems weiterhin primär medikamentös behandelt. Eine Behandlung auf psychotherapeutischer Grundlage wird nach Angaben der Ärzte durchgeführt, wenn hierfür eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und die für die Durchführung von psychotherapeutisch orientierten Gesprächen erforderliche Zeit zur Verfügung steht. Daneben führen auch Nichtregierungsorganisationen Behandlungen auf
psychotherapeutischer Basis durch. Die Nichtregierungsorganisation "Medica Kosova" mit Sitz in Gjakova/Djakovica ist auf die psychiatrische und psychologische Behandlung von Opfern sexueller Gewalt während des Krieges spezialisiert. Den Frauen werden, sowohl einzeln als auch in Gruppen, spezielle Beratungen und Therapien angeboten. Die Institution verfügt über entsprechend erfahrene Psychologen zur Durchführung von Psychotherapien.
Fachärzte für Psychiatrie im privaten Gesundheitssektor behandeln Traumapatienten sowohl medikamentös als auch im Rahmen einer Psychotherapie. Privatpraxen für Psychiatrie bzw. Neurologie finden sich inzwischen in ganz Kosovo. Der Preis für die Durchführung einer Gesprächstherapie beträgt zwischen 10 und 20 Euro. Die behandelnden Ärzte verfügen mindestens über eine Qualifikation als Neuropsychiater. Einige Ärzte haben zusätzliche Fachkenntnisse im Ausland erworben bzw. nehmen an Schulungsmaßnahmen teil, die NROs
in Kosovo v.a. zur Behandlung von Trauma-Patienten anbieten.
Freiwillige Rückkehrer sowie Zurückgeführte können bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung/Traumatisierung unmittelbar nach ihrer Ankunft kostenlos die Hilfs- und Unterstützungsleistungen des Kosovo-Rückkehrerprojekts "URA II" in Anspruch nehmen. Psychologen, die in Deutschland im Rahmen des Projektes URA II zu Trauma-Spezialisten geschult worden sind, bieten eine professionelle Behandlung für psychisch erkrankte Rückkehrer an und/oder sind bei der Vermittlung von qualifizierten Behandlungsplätzen behilflich. Die Pflege und Betreuung von psychisch kranken Menschen findet in Kosovo in der Regel innerhalb der Familie statt. Die zuständigen staatlichen Stellen unterstützen die häusliche Pflege und Betreuung durch Leistungen auf der sekundären Ebene durch das Mental Health Care Center (MHCs) sowie auf der primären Ebene zunehmend durch gemeindliche oder von NGOs finanzierte Fürsorge- und Betreuungsdienste. Es werden therapeutische Maßnahmen etwa im Rahmen von Psychotherapien durchgeführt. Eine Hotline bietet pflegenden Angehörigen Beratung, die Bildung privater Netzwerke wird gefördert.
Vor diesem Hintergrund existieren in Kosovo nur einige staatliche Pflege- und Fürsorgeeinrichtungen mit wenigen Plätzen. Sie werden als "Integrationshäuser" bezeichnet und befinden sich im Raum Pristina sowie in Gjilan/Gnjilane, Mitrovicë/Mitrovica, Prizren, Ferizaj/Uroševac, Pejë/Pec und Gjakovë/Djakovica. Jede dieser Einrichtungen verfügt über jeweils zehn Pflegeplätze. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 30)
In Prishtina ist die neuropsychiatrische Abteilung in der neurologischen Klinik des Universitäts-Klinikzentrums untergebracht und umfasst ca. 75 Betten. In den anderen Städten beträgt die Anzahl der Betten für psychisch Kranke ca. 16. Zusätzlich gibt es in Prishtina und Stimlje unter der Aufsicht des Sozialministeriums eine zusätzliche Institution (SSI), die mit psychisch kranken Menschen arbeitet. Ursprünglich war diese Institution zur Unterbringung geistig zurückgebliebener Menschen gedacht, im Laufe der Zeit wurden dort jedoch etwa 70 Personen mit psychischen Problemen betreut. Das Sozialministerium hat ein eigenes Programm zur Steigerung der Lebensqualität in dieser Einrichtung. Durch die Unterbringung in kleinen Appartements die Personen langsam an ein normales Leben heranzuführen. Solche betreuten Apartments zur Rehabilitierung von psychiatrischen Langzeit-Patienten gibt es zur Zeit in Gjilan/Gnjilane und Gjakkovë/Djakovica. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderinformationsblatt Kosovo, vom Juni 2013, Seite
36)
Behandlung von Rückkehrern
Gemeinsam mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen hat die Regierung Schutz- und Hilfsmaßnahmen für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, Rückkehrer, Asylsuchende, Staatenlose und anderen hilfsbedürftigen Personen bereitgestellt. Nach Angaben der Polizei wird die Sicherheitslage in Kosovo als weitgehend stabil bezeichnet. (U.S. Department of State: Kosovo 2013 Human Rights Report vom 27.02.2014, Seiten 17-18)
Im April 2010 gründete die Regierung einen interministeriellen Verwaltungsrat, der die Durchführung und Umsetzung des politischen Rahmens für die Reintegration der Rückkehrer überwacht. Er ist auch verantwortlich für den Aufbau wirksamer Strategien und für die Bereitstellung von Informationen auf lokaler Ebene. (OSCE Mission in Kosovo: Assessing progress in the implementation of the policy framework for the reintegration of repatriated persons in Kosovo's municipalities vom September 2011, Seite 5)
In den letzten Jahren hat Kosovo seine Wiedereingliederungspolitik verbessert. 2010 verabschiedete die Regierung eine überarbeitete Strategie und einen Aktionsplan für die Wiedereingliederung sowie ein durch einen Wiedereingliederungsfonds unterstütztes Wiedereingliederungsprogramm. Sie stockte die Mittel für diesen Fonds in den Jahren 2011 und 2012 auf. Aus dem Wiedereingliederungsfonds werden Soforthilfeleistungen für Rückkehrer finanziert, wie die Beförderung nach der Ankunft, vorübergehende Unterkünfte, medizinische Hilfe, Pakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln, Bereitstellung von Wohnraum sowie Leistungen zur dauerhaften Wiedereingliederung, darunter Sprachkurse für Minderjährige, berufsbildende Maßnahmen, Hilfe bei der Arbeitssuche und Unterstützung bei Unternehmensgründungen. Eine Verordnung regelt die Aufgaben und Zuständigkeiten der an der Wiedereingliederung von Rückkehrern beteiligten nationalen und kommunalen Behörden, die Beschlussfassung und die Kriterien für die Inanspruchnahme dieses Programms. Die institutionelle Struktur für die Wiedereingliederung wurde 2012 verbessert. Ein von einem Sekretariat unterstützter Exekutivrat genehmigt die Zahlungen aus dem Wiedereingliederungsfonds, kontrolliert die Durchführung und koordiniert die betreffenden Tätigkeiten der Ministerien und die Berichterstattung seitens der Kommunen. Das Amt für Wiedereingliederung, zu dem auch ein Empfangsbüro am Flughafen gehört, nimmt mit den Rückkehrern direkt Kontakt auf.
Zwischen Januar und September 2012 zählte die Wiedereingliederungsabteilung 2 968 Kosovo-Rückkehrer, von denen etwa drei Viertel (2 181 Personen) aus dem Wiedereingliederungsfonds unterstützt wurden. 61,5 % der Begünstigten gehörten der albanischen Volksgruppe an, 30 % den Minderheiten der Roma, Aschkali und Balkanägypter
und 4 % der serbischen Minderheit. Alle Begünstigten erhielten Pakete mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln, 34 % schulische Hilfe, 18 % Brennholz zum Heizen, 18 % eine vorläufige Unterkunft oder eine Wohnungsbeihilfe, 11 % Beförderungsleistungen nach der Ankunft und 17 % eine Berufsausbildung oder Unterstützung bei einer Unternehmensgründung. (Europäische Kommission: Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: über die Fortschritte des Kosovos bei der Erfüllung der Vorgaben des Fahrplans für die Visaliberalisierung vom 08.02.2013, Seite 4)
Die erste Kontaktaufnahme zu den Rückkehrern findet bereits unmittelbar nach deren Ankunft in einem eigens hierfür errichteten Büro im Flughafen Pristina statt. Falls erforderlich, werden Transportmöglichkeiten in die Heimatgemeinde oder eine befristete Unterkunft in einer Unterbringungseinrichtung in Pristina angeboten sowie Ansprechpartner in den Kommunen benannt. Auf dem Flughafen Pristina befindet sich eine Flughafenambulanz. Im Bedarfsfall können individuelle medizinische Versorgungsmöglichkeiten über die Abteilung für Reintegration von Rückkehrern in Zusammenarbeit mit dem kos. Gesundheitsministerium organisiert werden. (Auswärtiges
Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29.01.2014, Seite 31-32)
Quellen:
Amnesty International: Amnesty Report 2013 Serbien (einschließlich Kosovo) vom 01.06.2013
APA: "Kosovo hat de facto völlige Souveränität erreicht" vom 02. Juli 2012
APA: "Kosovo und Serbien einigten sich zu Einhebung von Zöllen an Grenze", Artikel vom 18. Jänner 2013
APA: "Kosovarisches Staats-TV startete Programm in Minderheitensprachen", Artikel vom 05. Juni 2013
Auskunft des Spezialattachés Wolfgang Hochmüller,12. November 2007, Zahl 536/07 an das BAE
Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013) vom 29. Januar 2014
Auswärtiges Amt: Kosovo Innenpolitik, Stand März 2014
Balkan Insight: "Kosovo Broadcaster Launches New Channel in Serbian", Artikel vom 04. Juni 2013
Botschaft der Bundesrepublik Deutschland Pristina: Medizinische Versorgung in Kosovo, Anfragebeantwortung vom 30.04.2013
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 03/2008
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Entscheidungen Asyl 08/2008
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Anfragebeantwortung vom 09.02.2012
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Länderinformationsblatt Kosovo, vom Juni 2012
Europäische Kommission: Commission Staff Working Document Kosovo 2013 Progress Report vom 16.10.2013
europe online magazine: Serbien schließt erste Polizeistationen in Nordkosovo, Artikel vom 21.06.2013
International Court of Justice, 22. July 2010: Accordance with International Law on the Unilateral Declaration of Independence in Respect of Kosovo
Kosovo-Bericht 27. September 2009 des Verbindungsbeamten des BMI
Müller, Stephan: Gutachten vom 10. April 2009 zu GZ B12 233056- 0/2008/5Z, B12 244057-0/2008/5Z, B12 402256-1/2008/5Z, B12 402477-1/2008/5Z vom 10. April 2009
OSCE Mission in Kosovo: Assessing progress in the implementation of the policy framework for the reintegration of repatriated persons in Kosovo's municipalities vom September 2011
United Nations Security Council: Report of the Secretary-General on the United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, vom 04.02.2013
UNHCR: Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Individuals from Kosovo, 2009
U.S. Department of State: Kosovo 2013 Human Rights Report vom 27.02.2014
U.S. Department of State: Kosovo International Religious Freedom Report vom 22.05.2013
Gesundheitssystem in Kosovo:
Den in den 1990er Jahren stark vernachlässigten Gesundheitssektor will die Regierung prioritär mit dem Ziel einer umfassenden, überwiegend in öffentlicher Trägerschaft organisierten medizinischen Versorgung reformieren. Die Umsetzung der bereits von der früheren Regierung entwickelten "Health Sector Strategy 2010-2014", die u.a. ein Krankenversicherungssystem auf Basis eines zum Teil steuerfinanzierten Gesundheitsfonds vorsieht, soll im Rahmen des vom Gesundheits-ministerium erarbeiteten "Action Plan 2011-2014" durch einen Katalog von Maßnahmen unterstützt werden. Die staatlich finanzierte medizinische Grundversorgung der Bevölkerung erfolgt in einem öffentlichen dreistufigen Gesundheitssystem. Es besteht aus Erstversorgungszentren, Krankenhäusern auf regionaler Ebene sowie einer spezialisierten medizinischen Versorgung durch die Universitätsklinik Pristina.
Bisher existiert kein öffentliches Krankenversicherungssystem. Im Dezember 2012 wurde zwar ein Gesetz zur Reform des Gesundheitssystems verabschiedet. Nach wie vor fehlt aber
ein ergänzendes Gesetz über den Aufbau eines öffentlichen Krankenversicherungssystems: Die primäre Gesundheitsversorgung, d.h. die ambulante Grundversorgung durch Allgemeinmediziner und andere Fachärzte sowie medizinisches Assistenzpersonal erfolgt in
Kosovo in sogenannten Familien-Gesundheitszentren, die in der Verantwortung der jeweiligen Kommune betrieben und von diesen finanziert werden. Zur primären Erstversorgung der Bevölkerung stehen 234 Ambulanzen für Familienmedizin, 166 Zentren für Familienmedizin und 29 medizinische Hauptzentren zur Verfügung. Die staatliche sekundäre Versorgung beinhaltet die ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung in den Regionalkrankenhäusern in Ferizaj/Urosevac, Gjakova/Djakovica, Gjilan/Gnjilane, Mitrovica-Nord, Peja/Pec, Prizren und Vushtrri/Vucitrn.
Die tertiäre Gesundheitsversorgung wird durch die Universitätsklinik Pristina gewährleistet,
die umfassende, auch komplexe medizinische Dienstleistungen, verbunden mit hohen Kosten anbietet. Gleichzeitig ist die Universitätsklinik für die sekundäre Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung der Region Pristina zuständig und dementsprechend stark frequentiert. Die Medikamentenversorgung und -beschaffung im staatlichen Gesundheitssystem wird zentral vom Gesundheitsministerium gesteuert. Auf seiner Homepage veröffentlicht das Gesundheitsministerium die aktuellen "Essential Drug Lists", in denen alle staatlich finanzierten Basismedikamente und -wirkstoffe, Verbrauchsmaterialien sowie Zytostatika aufgelistet werden. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013), vom 29.01.2014, vom 12.06.2013, Seiten 25, 27)
Sind psychische Erkrankungen grundsätzlich im Kosovo behandelbar?
Antwort: Die Behandlung von psychischen Erkrankungen wird im öffentlichen Gesundheitssystem in neun regionalen Gesundheitszentren ("Mental Health Care Centres", MHCs) durchgeführt, die sich in den Städten Pejë/Pec, Prizren, Ferizaj/Uroševac, Gjilan/Gnjilane, Gjakovë/Djakovica, Mitrovicë/Mitrovica (Süd), Skenderaj, Podujevo und Prishtinë/Priština befinden. Patienten, die einer stationären Behandlung bedürfen, werden in den vier Regionalkrankenhäusern Gjilan/Gnjilane, Pejë/Pec, Prizren und Gjakova/Djakovica in den Abteilungen für stationäre Psychiatrie sowie in der Psychiatrischen Klinik der Universitätsklinik Pristina behandelt. In diesen Regionalkrankenhäusern stehen ausreichende Bettenkapazitäten zur Verfügung. Diese Einrichtungen verfügen jeweils über eine angeschlossene psychiatrische Ambulanz mit ambulanter fachärztlicher Betreuung.
Fachärzte für Psychiatrie im privaten Gesundheitssektor behandeln Traumapatienten sowohl medikamentös als auch im Rahmen einer Psychotherapie. Privatpraxen für Psychiatrie bzw. Neurologie finden sich inzwischen in ganz Kosovo. Der Preis für die Durchführung einer Gesprächstherapie beträgt zwischen 10 und 20 Euro. Die behandelnden Ärzte verfügen mindestens über eine Qualifikation als Neuropsychiater. Einige Ärzte haben zusätzliche Fachkenntnisse im Ausland erworben bzw. nehmen an Schulungsmaßnahmen teil, die NROs in Kosovo v.a. zur Behandlung von Trauma-Patienten anbieten.
Patienten, die an einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) leiden, werden in den psychiatrischen Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitssystems weiterhin primär medikamentös behandelt. Eine Behandlung auf psychotherapeutischer Grundlage wird nach Angaben der Ärzte durchgeführt, wenn hierfür eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und
die für die Durchführung von psychotherapeutisch orientierten Gesprächen erforderliche Zeit
zur Verfügung steht. Daneben führen auch Nichtregierungsorganisationen Behandlungen auf
psychotherapeutischer Basis durch. Die Nichtregierungsorganisation "Medica Kosova" mit Sitz in Gjakova/Djakovica ist auf die psychiatrische und psychologische Behandlung von Opfern sexueller Gewalt während des Krieges spezialisiert. Bei der Nichtregierungsorganisation "Kosova Rehabilitation Centre für Torture Victims" (KRCT) in Pristina handelt es sich um eine weitere, auf die psychiatrische und psychologische Behandlung von Opfern sexueller Gewalt spezialisierte Behandlungseinrichtung. Das KRCT wird u.a. vom Internationalen Roten Kreuz finanziert und beschäftigt mehrere ausschließlich
für das KRCT tätige Psychologen und Psychiater.
Fachärzte für Psychiatrie im privaten Gesundheitssektor behandeln Traumapatienten sowohl
medikamentös als auch im Rahmen einer Psychotherapie. Privatpraxen für Psychiatrie bzw.
Neurologie finden sich inzwischen in ganz Kosovo. Der Preis für die Durchführung einer Gesprächstherapie beträgt zwischen 10 und 20 Euro. Die behandelnden Ärzte verfügen mindestens über eine Qualifikation als Neuropsychiater. Einige Ärzte haben zusätzliche Fachkenntnisse im Ausland erworben bzw. nehmen an Schulungsmaßnahmen teil, die NROs in Kosovo v.a. zur Behandlung von Trauma-Patienten anbieten. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Kosovo (Stand: November 2013), vom 29.01.2014, Seiten 29, 30)
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Die gegenständliche, noch an den Asylgerichtshof gerichtete Beschwerde, wurde am 20.09.2013 beim Bundesasylamt eingebracht und ist nach Vorlage am 25.09.2013 beim Asylgerichtshof (nunmehr Bundesverwaltungsgericht) eingelangt.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß § 75 Abs. 17 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Bundesasylamt anhängigen Verfahren ab 01.01.2014 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zu Ende zu führen.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes richtet, der vor dem 31.12.2013 erlassen wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß §§ 16 Abs. 6 und 18 Abs. 7 BFA-VG sind die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;
09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;
19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;
25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine gegen die Person des BF gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor dem Bundesasylamt noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptet. Wenn der BF in seiner Beschwerde anführt, dass er aufgrund der Blutrache einer sozialen Gruppe im Sinne der GFK angehöre so wird ausgeführt, dass eine bestimmte soziale Gruppe, eine Gruppe von Personen ist, die neben ihrem Verfolgungsrisiko ein weiteres gemeinsames Merkmal aufweisen oder von der Gesellschaft als eine Gruppe wahrgenommen werden. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass auch eine Familie eine soziale Gruppe darstellen kann, die dem Begriff des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK entspricht (VwGH v. 14.1.2003, Zl 2001/01/0508/7.
VwGH v. 16.04.2002, Zl 99/20/0483/7, in diesem Sinn auch VwGH v. 26.02.2002,
Zl 98/20/0544/7 (Gruppe, die durch Erstgeburt, Geschlecht oder auch Jungfräulichkeit definiert sein kann), VwGH v. 31.01.2002, Zl:
99/20/0497-6 (Verkauf nigerianischer Frau an Zuhälter, Spannungsverhältnis Gruppe Geschlecht und Familie), UBAS v. 21.03.2002,
Zl: 220.268/0-XI/33/00 (Frauen und Geschlechtsverstümmelung in Kamerun).
VwGH v. 26.02.2002, Zl 99/20/0509/7 zu Ogboni-Sektenmitgliedern). Dies trifft im konkreten Fall des BF jedoch nicht zu.
Blutrache
Die Blutrache ist nur ein Aspekt eines umfassenden Rechtssystems, des Gewohnheitsrechts. Das Gewohnheitsrecht ist im sogenannten "Kanun" kodifiziert. Allerdings gibt es kein einheitliches albanisches Gewohnheitsrecht, sondern eine Reihe von "Kanuns" mit regionalem bzw. geographischem Anwendungsbereich.
Der Kanun des Lekë Dukagjini, alb. Kanuni i Lekë Dukagjinit, stellt die bekannteste Zusammentragung des albanischen Gewohnheitsrechtes dar. Das Kernland des Kanun ist Dukagjin, d. h. das Hochland von Lezha, Mirdita, Shala, Shoshi und Nikaj- Merturi, in Nordalbanien, sowie die Dukagjin-Ebene, im heutigen westlichen Kosova (Istok, Pec, Gjakove, Prizren, Decani, Rahovec)
(Gutachten zu 300.946-2/8Z-XVIII/58/07 u.a., Dezember 2007, Seite 4)
Bei einem Gesetzesvakuum wie es der Kosovo immer wieder erleben musste, besann sich die Bevölkerung auf ihre Traditionen, die ein geregeltes Zusammenleben ermöglichten. Dies war der eigentliche Sinn des Kanun (das albanische Gewohnheitsrecht), der jeden gesellschaftlichen Bereich regelte und eigentlich auf die reinen Bergvölker anzuwenden war, die abseits jeder Zivilisation eine Gesellschaftsordnung entwickeln mussten.
(Österreichische Botschaft, Außenstelle Prishtina, Kosovobericht 01.04.2006)
Das Phänomen der "Blutrache" existiert seit Jahrhunderten im Kosovo, ist aber zumindest seit den 80er-Jahren im Abnehmen begriffen.
Zwischen 1986 und 1989 sind ca. 1.100 Streitfälle, nicht nur Fälle der "Blutrache", sondern auch andere Streitigkeiten zwischen Familien, durch den "Rat zur Vergebung der Blutrache" unter dem Vorsitz von Anton Çeta geschlichtet worden, indem er angesichts serbischer Unterdrückung an die Einigkeit der AlbanerInnen appellierte.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes,Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 13;Schweizerische Flüchtlingshilfe: Blutrache in Kosovo. 09.08.2004, Seite 4) Dr. Pajazit Nushi, (Professor für Psychologie an der Universität Pristina und Vorsitzender der NGO "KMDLNJ" (Council for the Defence of Human Rights and Freedoms, CDHRF) war in den 80er-Jahren Mitglied des "Rates zur Vergebung der Blutrache" und gilt als Experte für diesen Themenbereich im Kosovo) schätzt die gegenwärtige Zahl der Familien im Kosovo, die von Blutrache betroffen sind, auf ca. 700.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 13)
Der Blutrache, bzw. Blutfehde liegt die Idee zugrunde, dass a) die Tötung eines Menschen eine tödliche Vergeltung notwendig macht und
b) dass eine solche Vergeltung nach weiteren Vergeltungen ruft, so dass eine Kette derartiger Ereignisse möglich wird.
Strenggenommen werden fälschlicherweise auch Reaktionen auf bloße Ehrverletzungen (z.B. wegen einer illegitimen Beziehung, Entführung eines Mädchens ohne Billigung der Eltern, Vergewaltigung, Ehebruch, Verleumdung, falsche Zeugenaussage vor Gericht oder Bruch eines gegebenen Wortes), die eine Tötung zur Folge haben, als Blutrache bezeichnet. Dabei handelt es schon sich begrifflich nicht um Blutrache, weil die Rache nicht Folge einer Tötung ist. In diesen Fällen wird von gewöhnlicher Rache (hakmarrje) gesprochen. Jedoch kann die gewaltsame Rächung einer Ehrverletzung ihrerseits eine Blutrache (gjakmarrje) auslösen.
(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Blutrache in Kosovo. 09.08.2004, Seite 4; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Serbien und Montenegro /Kosovo. Frauen im Kosovo. Mai 2006, Seite 17; XXXX: Der Kanun - Gewohnheitsrecht als rechtliche Grundlage für Unrecht? Die Ausdehnung auf Tätigkeiten illegaler Natur und der damit verbundene Einfluss auf Delikte ethnischer Albaner in der Schweiz. Hochschule Luzern, Competence Center Forensik und Wirtschaftskriminalität. April 2007, Seite 17)
Ob die Tötung in Notwehr oder im Notwehrexzess entstand, ist für die Entscheidung zur Blutrache unwesentlich, weil für die Konfliktparteien nicht die Interpretation des Gewaltakts durch Polizei und Gerichte entscheidend ist, sondern der Meinungsbildungsprozess innerhalb der eigenen Gruppe. Dieser spiegelt eine partikularistische Optik (Verlust der Ehre und eines Mannes der eigenen Familie/Sippe) und wird sich kaum je mit den polizeilichen/gerichtlichen Bewertungen oder mit der Sicht der Gegenseite decken.
(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Blutrache in Kosovo. 09.08.2004, Seite 4)
Der Kanun hält fest, dass eine Tötung nicht nur vorsätzlich, sondern auch fahrlässig begangen werden kann. Die fahrlässige Tötung wird "unbeabsichtigter Totschlag" genannt. In diesem Fall muss gründlich untersucht werden, ob der Totschlag wirklich unbeabsichtigt war. Während der Untersuchung des Falles muss der Täter versteckt bleiben, so lange "das Blut heiß ist" (die Erregung dauert). Die Untersuchung wird durch "vernünftige" Männer geführt. Kommen diese zum Schluss, dass die Tötung unbeabsichtigt war, hat der Täter lediglich eine Buße zu bezahlen.
Eine Körperverletzung - ob vorsätzlich oder fahrlässig begangen ist irrelevant - wird ebenfalls mit Buße bestraft. Bei der Höhe der Buße kommt es darauf an, welche Körperteile des Opfers verletzt wurden. Des Weiteren erhält das Opfer nach den Regeln des Kanun die Möglichkeit, sich nach dem Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" zu rächen. Das Opfer darf dem Täter also die gleiche Verletzung zufügen, wie ihm selbst zugefügt worden ist. Wurde auf der einen Seite jemand getötet, auf der anderen Seite zwei Personen verwundet, dann gilt die Blutrache ebenfalls für vollzogen, denn zwei Verwundete entsprechen einem Toten.
(Der Kanun - Gewohnheitsrecht als rechtliche Grundlage für Unrecht? Die Ausdehnung auf Tätigkeiten illegaler Natur und der damit verbundene Einfluss auf Delikte ethnischer Albaner in der Schweiz. Hochschule Luzern, Competence Center Forensik und Wirtschaftskriminalität. April 2007, Seite 16)
Es ist davon auszugehen, dass die Art der die Blutrache auslösenden Tötungshandlung ursächlich mit für den weiteren Verlauf der Blutrache mitbestimmend ist. Ob eine ehrverletzte Familie Blutrache übt, hängt entscheidend davon ab, ob sie noch sehr stark und selbstverständlich dem Gewohnheitsrecht verhaftet ist.
Ein wichtiger Faktor ist auch der Bildungsgrad der Betroffenen. In der Stadt aufgewachsene und erzogene Menschen, die zum Teil auch in kleineren Familienverbänden bis hin zur Kleinfamilie westlichen Musters leben, stehen in größerer Distanz zum Gewohnheitsrecht als Menschen, die noch im traditionellen Kontext albanischer Kultur leben.
(amnesty international: Gutachten an das VG Leipzig, Zahl A 4 K 30409/94. 20.8.1996)Die Blutrache obliegt nur den männlichen Mitgliedern der Hausgemeinschaft.
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Serbien und Montenegro /Kosovo. Frauen im Kosovo. Mai 2006, Seite 17)
In Fällen echter Blutrache wären männliche Verwandte ersten Grades gefährdet, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Blutrache an einer Person vollzogen ist.
(Auswärtiges Amt: Auskunft an das VG Karlsruhe zu Zahl A 11 K 12939/03. 01.12.2005)
Opfer der Blutrache sind ganz vorrangig die männlichen Personen mit dem höchsten Rang (Ansehen) in der Familie, weil die gegnerische Seite den größtmöglichen Schaden anrichten will.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 14)
Ein offensichtlich "Schwacher" wird schon aus dem Ehrgefühl des "Blut Nehmenden" heraus nicht vorrangiger Adressat einer Blutrache sein. Denn dies widerspräche dem hohen Prestigewert der Blutrache für die Mannbarkeit. Allerdings wird dieses Thema im Kanun nicht behandelt.
(amnesty international: Gutachten an das VG Leipzig, Zahl A 4 K 30409/94. 20.8.1996)
Frauen sind generell von der Blutrache ausgeschlossen (mit Ausnahme sogenannter "Sworn virgin", die die Rolle eines Mannes in der Familie übernommen haben: Meist wenn männliche Nachkommen aus biologischen Gründen oder nach fortgesetzter Blutrache fehlen).
Frauen können allerdings in wenigen Ausnahmefällen zu Objekten/Opfern der Blutrache werden: Wenn sie etwa Ehebruch begangen oder ihren Ehemann umgebracht haben.
(amnesty international: Gutachten an das VG Leipzig, Zahl A 4 K 30409/94. 20.8.1996; Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite14) Kinder und Jugendliche sind ebenfalls (normalerweise) von der Blutrache ausgeschlossen. Es wird traditionell gewartet, bis ein junger Mann ausgewachsen/erwachsen ist. Dieses "Erwachsen"-Sein kann durchaus aber schon mit 16 Jahren erreicht sein.
(amnesty international: Gutachten an das VG Leipzig, Zahl A 4 K 30409/94. 20.8.1996)
Dennoch kamen Übergriffe verschiedener Art in Gegenwart und Vergangenheit immer wieder vor. Es sind sogar Fälle bekannt, wo auch schwangere Frauen und Kinder getötet wurden, obgleich dies nach den Regeln des Kanun nicht zulässig ist.
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Serbien und Montenegro /Kosovo. Frauen im Kosovo. Mai 2006, Seite 17)
Wenn eine Seite der Blutfehde eine "Nimmschuld" offen hat, ist sie eigentlich vor weiterer Rache der anderen Seite sicher. Eine streng nach den Kanun-Regeln vollzogene Fehde bleibt also offen, wenn eine Seite mit "Nimmschuld" nicht von ihrem "Rache - Recht" Gebrauch macht. Solange keine Versöhnungszeremonie vollzogen wird, kann/darf die Familie, deren "Nimmschuld" offen ist, jederzeit "Blut nehmen", ist aber bis dahin vor einem Gegenschlag der anderen Seite quasi sicher.
Verhandlungen zur Beendigung der Blutrache/fehde sind im Kanun geregelt. Es waren früher vor allem katholische Geistliche, osmanische Verwalter oder jedenfalls angesehene und von beiden Konfliktparteien respektierte Persönlichkeiten, die eine rituelle Versöhnung (Blutsbrüderschaft) herstellen konnten.
(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Blutrache in Kosovo. 09.08.2004, Seiten 3 - 4)
Nach Aussage von Herrn Nushi sind im Kosovo nur in einigen wenigen Dörfern sog. "Versöhnungsräte" tätig, die sich darum bemühen, Streitigkeiten zwischen Familien zu schlichten, um Blutrache-Fehden zu verhindern. Die im Dorf angesehensten Familienoberhäupter bilden diesen "Versöhnungsrat". Soweit beide Parteien zustimmen, ist ihr "Schlichterspruch" (z.B. verbunden mit einer Geldzahlung oder die Eigentumsübertragung von Grundstücken) für die betroffenen Familien absolut verbindlich (albanisch: "besa"), wer dagegen verstößt, verliert seine "Ehre". Die Versöhnung zwischen den Familien wird öffentlich gemacht. Es kommt nur äußerst selten vor, dass derart versöhnte Familien wegen der besagten Streitigkeit wieder in Blutrache verfielen.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 14)
Eine strafrechtliche Verurteilung des Täters löse nicht automatisch eine Versöhnung der Familien aus, "denn mit einer (staatlichen) Strafe gebe man das Blut nicht zurück".
Wenn ein vorsätzliches Tötungsdelikt im Raum steht, sei eine "besa" aber eher unwahrscheinlich.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 14)
Nach Aussage von Herrn Nushi können die männlichen Familienmitglieder im Falle einer Blutrache weder in anderen Teilen des Kosovo noch im Ausland tatsächlich vor Blutrache sicher sein. Es gebe keine "räumliche Sicherheit". Ihm sei sogar ein Fall aus den USA bekannt, in dem der dortige Mord seine Ursache in einer Blutrache-Fehde im Kosovo hatte.
(Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge: Serbien und Montenegro/Kosovo, Erkenntnisse des Bundesamtes, Berichtszeitraum: Januar - April 2004. Mai 2004, Seite 14)
In Fällen echter Blutrache wären Betroffene nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes nirgendwo auf der Welt sicher, es wäre mit Vollzug zu rechnen sobald der Betroffene greifbar ist.
(Auswärtiges Amt: Auskunft an das VG Karlsruhe zu Zahl A 11 K 12939/03. 01.12.2005)
Die echte Blutrache ist aber im Kosovo so gut wie nicht mehr anzutreffen, sie tritt noch sporadisch vor allem im ländlichen Gebiet auf.
Nach dem Ende des Krieges in Kosovo 1999, damit dem Ende serbischer Dominanz, kam es wie schon zuvor im Chaos des postkommunistischen Albanien zu einer Renaissance der Blutrache in einer brutalisierten Form, d.h. ohne Einhaltung traditioneller Regeln (eine Rache aus dem Hinterhalt galt früher als wenig ehrenhaft). So geschahen in Kosovo von 1999 bis Ende 2003 mindestens vierzig Tötungen, die mit Blutrache im Zusammenhang stehen.
(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Blutrache in Kosovo. 09.08.2004, Seite 3)
Insbesondere außerhalb der größeren Städte sind nicht selten Racheakte aus verschiedenen Gründen zu beobachten. Diese werden landläufig als Blutrache bezeichnet und ohne Beachtung der einschränkenden Regeln des Kanun (der Eröffnung, Ablauf und Beendigung regelt) beharrlich betrieben, zum Teil mit blutigen bzw. tödlichen Folgen. Bei diesen Racheakten ist die Hemmschwelle, eine Schusswaffe zu benutzen, oft sehr niedrig.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Kosovo, Stand September 2009, Seite 13; Verbindungsbeamter des BMI Obstlt. XXXX: Auskunft vom 25.09.06 an den Unabhängigen Bundesasylsenat)
Schutzfähigkeit der staatlichen Organe:
Bei echten Blutrachefällen kann nicht von einer effektiven Schutzmöglichkeit ausgegangen werden - hier besteht ein permanenter Drohfaktor ohne rechtliche Einschreitungsmöglichkeit, denn grundsätzlich verjährt eine Tat, welche die Blutrache zur Folge hat nie. Eine Tat kann theoretisch somit auch nach über 100 Jahren noch gesühnt werden, wenn die Familien zu einer Aussöhnung nicht bereit sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Täter der eigentlichen Tat selbst noch am Leben ist, denn die Tat lastet der gesamten Familie bzw. den männlichen Mitgliedern, die zum Zeitpunkt der Tat im gemeinsamen Haushalt mit dem Täter gelebt haben, und deren Nachkommen an.
(Verbindungsbeamter des BMI Auskunft vom 07.12.2006 an den Unabhängigen Bundesasylsenat; Gutachten zu 300.946-2/8Z-XVIII/58/07
u. a, Dezember 2007, Seite 7)
Eine Beurteilung der Gefährdungssituation ist jedoch grundsätzlich ohne direkte Rücksprache mit der Familie des Opfers nicht möglich, da die Bereitschaft, tatsächlich Blutrache auszuüben von verschiedenen individuellen Faktoren abhängt, beispielsweise inwieweit die Familie dem Gewohnheitsrecht verhaftet ist, welche Meinungsbildung innerhalb der Familie erfolgt ist, ob Bereitschaft zur Versöhnung besteht etc.
(Verbindungsbeamter des BMI Auskunft vom 12.02.2008 an den Unabhängigen Bundesasylsenat; amnesty international: Gutachten an das VG Leipzig, Zahl A 4 K 30409/94. 20.8.1996)
Im Falle konkreter Straftatbestände besteht effektiver Schutz bei Kosovo Police (KP), die Qualität des polizeilichen Einschreitens ist durchaus gegeben. Mit einer Anzeige bei Kosovo Police kann erreicht werden, dass entsprechende Maßnahmen gegen den Verdächtigen eingeleitet werden. Die Vorgangsweise entspricht durchaus jener in Österreich. Sollte im Falle einer Drohung nach einer Einvernahme bzw. Befragung bei der Polizei noch Ernsthaftigkeit (Ausführungsgefahr) beigemessen werden, würde mit Festnahme bzw. Haft vorgegangen.
Es gibt zwei gesetzliche Möglichkeiten: Freiheitsstrafe bis zu zwei Monaten bzw. Geldstrafe nach dem Gesetz über öffentlichen Frieden und Ordnung bzw. Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, in schweren Fällen (bei Drohung mit dem Umbringen) bis zu einem Jahr oder Geldstrafe nach dem Provisional Criminal Code of Kosovo Artikel 161.
(Verbindungsbeamter des BMI Auskunft vom 29.01.2008 an den Unabhängigen Bundesasylsenat)
Auch im Falle eines Angriffes, der einen strafrechtlich relevanten Tatbestand bildet, ist eine entsprechende Strafverfolgung zu erwarten, wenn dieser auch bei der Polizei angezeigt wird.
In jenen Fällen, wenn KP nicht tätig werden würde, wäre sowohl eine Beschwerde gegen die Untätigkeit bei Kosovo Police im Rahmen der internen Dienstaufsicht oder beim Kosovo Police Inspectorate, EULEX (als "Monitoring" von KP), bei der Staatsanwaltschaft direkt (lokale Justiz), beim Department of Justice (internationale Justiz) oder bei der Ombudsperson möglich. Die Stellen sind aufgrund ihrer Funktion und ihres Tätigkeitsbereiches in der Lage, entsprechende Schritte zur Überprüfung von Beschwerden bzw. zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen (Anzeigeentgegennahme, Urgenz, Anordnung und Durchführung von Untersuchungen, etc.) zu setzen.
Konkrete Anhaltspunkte dahingehend, dass die staatlichen Institutionen im Kosovo im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch Privatpersonen tatsächlich weder schutzfähig noch schutzwillig wären, sind weder aus dem Vorbringen vor der belangten Behörde und in der Beschwerde noch aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ersichtlich. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz vor privater Verfolgung naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191). So hat die BF auch in der Beschwerde nicht substanziiert dargelegt, warum die staatlichen Stellen des Herkunftsstaates, insbesondere die Sicherheits- und Justizbehörden, entgegen den diesbezüglich vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen nicht in der Lage oder nicht willens wären, ihr vor Übergriffen angemessenen Schutz zu bieten.
Der BF hat seinen Herkunftsstaat aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe des BF für das Verlassen seines Herkunftsstaates der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.
3.2.3. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinem Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Die Todesstrafe wurde im Kosovo vollständig abgeschafft.
Bei dem BF handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Der BF verfügt darüber hinaus über eine mehrjährige Schulausbildung. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der BF im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird, sich mit einer ausgeübten Tätigkeit ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall seiner Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird. So gab der BF selbst an, dass seine gesamte Kernfamilie nach wie vor im Kosovo lebt.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.
Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF im Zuge seines ersten Asylverfahrens bzw. nach dessen negativen Ausgang einen Selbstmordversuch indem er 20 Tabletten schluckte, verübt hatte. Der BF legte dem Bundesverwaltungsgericht am 19.03.2014, im Zuge seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme einen ärztlichen Verlaufsbericht vor indem als Diagnose Lumbago (Hexenschuss) und Spannungskopfschmerz angeführt wurde.
Betreffend des angeführten Gesundheitszustandes des BF und die damit verbundene Frage einer eventuellen Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat Kosovo wird folgendes ausgeführt:
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der BF entsprechend der vorgelegten Befunde bzw. ärztlichen Bestätigungen ursprünglich an einer akuten Belastungsreaktion mit psychovegetativer Entgleisung, depressiver Reaktion und suizidaler Gefährdung litt (nach Übermittlung des ersten negativen Asylverfahrens). Im Weiteren Ein- und Durchschlafstörungen auftraten und im aktuellsten ärztlichen Befund (23.01.2014) als Diagnose Lumbago (Hexenschuss) und Spannungskopfschmerz angeführt wurde. Diese angeführten Zustände könnten beim BF im Falle einer Abschiebung in den Kosovo wieder auftreten. Die bereits aufgetretenen Krankheitsbilder des BF sind, wie sich aus den getroffenen Feststellungen ergibt auch im Heimatland Kosovo behandelbar. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt auch nicht, dass es im Falle einer tatsächlich durchzuführenden Abschiebung des BF in den Kosovo es zu Begehung eines weiteren Suizidversuches kommen kann. Dies ist jedoch im Falle einer zwangsweisen Abschiebung bei keiner Person vollkommen auszuschließen.
Es gibt unzählige höchstgerichtliche Entscheidungen zum Thema des Art. 3 EMRK (VfGH 06.03.2008, B 2400/07-9; EGMR 07.07.1989, Fall Soering, EuGRZ 1989, 314; EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98 Fall Bensaid) und kann dazu zusammenfassend ausgeführt werden, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK, gewährleisteten Rechte. Solche liegen etwa dann vor, wenn eine lebensbedrohliche Erkrankung durch die Abschiebung zum Tode führen könnte.
Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005.
3.3.3. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zu Spruchpunkt II. (Zurückverweisung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das BFA):
3.5.1. Die relevanten Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 19, 20 und 23 AsylG 2005 idgF lauten wie folgt:
"§ 75. (...)
(19) Alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren sind ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.
(20) Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,
jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs. 1 AVG des Bundesasylamtes,
den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,
so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.
(...)
(23) Ausweisungen, die gemäß § 10 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 erlassen wurden, bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht. Diese Ausweisungen gelten als aufenthaltsbeendende Maßnahmen gemäß dem 1. oder 3. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012."
3.5.2. Mit der vorliegenden Entscheidung wird der abweisende Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt.
Wie sich aus den bisherigen Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde und aus der Beschwerde ergibt hat der BF in Österreich keine lebenden Verwandten. Der BF gibt in seiner Stellungahme vom 17.03.2014 an mit einer Österreicherin zusammenzuleben.
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die kurze Dauer des bisherigen Aufenthalts in Österreich (seit Jänner 2013) nicht erkennbar. So konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über hinreichende Deutschkenntnisse verfügt oder bereits einen Deutschkurs besucht oder eine Deutschsprachprüfung erfolgreich abgelegt hat. Aber auch Sprachkenntnisse allein reichen noch nicht aus, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen. Der BF geht derzeit auch keiner Beschäftigung nach, sondern lebte bislang von der öffentlichen Hand (Grundversorgung). Der BF verfügt in Österreich sonst über keine nennenswerten sozialen Bindungen.
Bei Beantwortung der Frage, ob eine Verletzung von Art. 8 EMRK vorliegt, sind gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF. - insbesondere - zu berücksichtigten: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, sowie die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
3.5.3. Zu einer allfälligen Verletzung des Beschwerdeführer in seinem Recht auf Privatleben ist Folgendes festzuhalten: Bei der Bewertung des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die Erk. 08.03.2005, 2004/18/0354; 27.03.2007, 2005/21/0378), ist Derartiges auch im Fall des Beschwerdeführers, der sich erst seit Juni 2013 in Österreich aufhält, anzunehmen.
Sollte aber - entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts - davon auszugehen sein, dass die Ausweisung des Beschwerdeführer in deren Recht auf Privat- oder Familienleben eingreifen würde, wäre ein solcher Eingriff jedenfalls insofern iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt: Denn der Beschwerdeführer durfte sich in Österreich bisher nur auf Grund seines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, die zu keinem Zeitpunkt berechtigt waren (vgl. mit ähnlichen Überlegungen zu Ausweisungen nach § 33 Abs. 1 FrG zB VwGH 20.2.2004, 2003/18/0347; 26.2.2004, 2004/21/0027; 27.4.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Nnyanzi v Vereinigtes Königreich, Rs 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).
3.5.4. Anhaltspunkte dafür, dass dem BF ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Ebenso wenig gibt es Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person der BF liegen und nicht von Dauer sind, Art. 3 EMRK verletzen könnte.
Die in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides angeordnete Ausweisung nach
§ 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 87/2012 gilt gemäß § 75 Abs. 23 AsylG 2005 idgF als aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem
1. Abschnitt des 8. Hauptstückes des FPG. Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Geltung als Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 FPG.
Da sich im gegenständlichen Fall nicht ergeben hat, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre, war gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das BFA zurückzuverweisen.
Das BFA wird daher nach der nunmehr geltenden Rechtslage die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, im Lichte, dass der BF angab mit einer Österreicherin zusammenzuleben, neu zu prüfen haben.
3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Nach Art. 47 abs. 2 der Grundrechtscharta der Europäischen Union (GRC) hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Die in §§ §§ 24 Abs. 1 VwGVG iVm. 21 Abs. 7 BFA-VG vorgesehenen Einschränkungen der Verhandlungspflicht iSd. Art 52 Abs. 1 GRC sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zulässig, zumal diese eben - wie in der GRC normiert - gesetzlich vorgesehen sind und den Wesensgehalt des in Art 47 Abs. 2 GRC verbürgten Rechtes achten. Die rasche Entscheidung über Asylanträge ist ein Ziel der Union, dem ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa Erwägungsgrund 11 der Präambel der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 [Asyl-VerfahrensRL]). Das Unterbleiben der Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne das der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die gegenständlich vorgesehene Einschränkung auf die im letzten Satz des Art 52 Abs. 1 GRC normierte Voraussetzung.
Der Verfassungsgerichtshof hat (damals in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013) unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substanziiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seien bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren gebe, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen des Beweiswürdigung aufträten oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne.
Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des EGMR konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch im Rahmen der Amtswegigkeit im Sinne des § 37 in Verbindung mit § 39 AVG geht die Manuduktionspflicht der belangten Behörde nicht so weit, Asylgründe, die der Asylwerber anlässlich seiner Ersteinvernahme bzw. Zweiteinvernahmen gar nicht behauptet hat, amtswegig erforschen zu müssen (vgl. dazu VwGH Erkenntnis Zl.: 95/20/0650).
Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter hinreichend schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt in konkreter und substanziierter Weise behauptet. Der BF hat in seinem nunmehrigen zweiten Asylantrag die identen Fluchtgründe angegeben wie bei seinem ersten Asylverfahren, welches negativ entschieden wurde. Es habe sich in keiner Phase des zweiten Asylverfahren Sachverhalten aufgetan, die nicht bereits der Erstbehörde als auch dem Bundesverwaltungsgericht aus dem Erstverfahren bekannt waren.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung, zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
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