OLG Wien 34R5/14a

OLG Wien34R5/14a12.6.2014

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 260902 über die als Rekurs zu wertende Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 10.1.2012, WM 76/2011‑3, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2014:03400R00005.14A.0612.000

 

Spruch:

Die Bezeichnung der Antragsgegnerin wird auf ***** richtig gestellt.

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:

«Dem Widerspruch gegen die Marke AT 260902 wird zur Gänze Folge gegeben und daher die Registrierung in Bezug auf die Waren- und Dienstleistungsklassen 19 (Baumaterialien [nicht aus Metall], Rohre; teilweise bearbeitetes Holz [Balken, Bretter, Platten], Sperrholz) und 20 (Möbel, Spiegel, Bilderrahmen; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz) mit Wirksamkeit vom 9.2.2011 (Zeitpunkt der Registrierung) aufgehoben.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

 

Begründung

Die aus dem Markenregister ersichtliche und während des Rechtsmittelverfahrens erfolgte Umschreibung der Marke Marke AT 260902 auf die nunmehrige Antragsgegnerin war von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl Rechberger in Rechberger, AußStrG2 § 2 Rz 9 ff; RIS-Justiz RS0123028).

Die Antragstellerin widersprach dieser Wortbildmarke (angegriffene Marke) AT 260902

,

deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die im aus dem Spruch ersichtlichen und die Waren- und Dienstleistungsklassen 19 und 20 umfassenden Umfang eingetragen ist. Die Antragstellerin berief sich dabei

1. auf die älteren österreichischen Wortbildmarken

a) AT 207174:

,

eingetragen für die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 (Möbel, Polstermöbel, Sitzmöbel, Hocker, Bänke, Diwane, Tische, Betten, Schränke, Regale, Bestandteile, Einzelteile und Fertigteile für alle vorgenannten Möbel und Möbelteile [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind]; Kisten, Kästen und Verpackungs- und Aufbewahrungsbehälter aus Holz und Kunststoff; Rahmen, Bilderleisten; Platten aus Holz, verpressten Holzspänen, Kork oder Kunststoff [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind], für Möbel oder Möbelteile; Waren [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] aus Holz, Kork, Rohr-, Binsen-, Weidengeflecht oder aus Kunststoff; Selbstbaumöbel; Kleiderhaken [nicht aus Metall]), 37 (Bau, Errichtung, Montage, Wartung und Reparatur von Möbeln, Betten, Schränken, Regalen, Kästen; Installation, Montage, Wartung und Reparatur von Böden, Bodenbelägen, Fußböden, Teppichen) und 42 (Konstruktionsplanung, technische Projektplanung; Planung von Möbeln und Bestandteilen von Möbeln; Erstellung, Design, Aktualisierung und Wartung von Computer-Software; Dienstleistungen eines Industriedesigners; Dienstleistungen eines Möbeldesigners; Dienstleistungen eines Grafikers; Dienstleistungen eines Innenarchitekten; Styling [industrielles Design]);

b) AT 176834:

,

eingetragen für die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 (Möbel; Bestandteile, Einzelteile und Fertigteile für Möbel und Möbelteile [soweit nicht in anderen Klassen enthalten]; Rahmen; Platten aus Holz, verpressten Holzspänen, Kork oder Kunststoff [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] für Möbel oder Möbelteile; Waren [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] aus Holz, Kork, Rohr-, Binsen-, Weidengeflecht oder aus Kunststoff; Selbstbaumöbel); sowie

c) AT 176833:

,

eingetragen für die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 (Möbel; Bestandteile, Einzelteile und Fertigteile für Möbel und Möbelteile [soweit nicht in anderen Klassen enthalten]; Rahmen; Platten aus Holz, verpressten Holzspänen, Kork oder Kunststoff [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] für Möbel oder Möbelteile; Waren [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] aus Holz, Kork, Rohr-, Binsen-, Weidengeflecht oder aus Kunststoff);

2. die älteren Gemeinschaftsmarken:

a) CTM 4538138:

,

eingetragen ua für die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 (Möbel, Polstermöbel, Sitzmöbel, Hocker, Bänke, Diwane, Tische, Betten, Schränke, Regale, Bestandteile, Einzelteile und Fertigteile für alle vorgenannten Möbel und Möbelteile [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind]; Kisten, Kästen und Verpackungs- und Aufbewahrungsbehälter aus Holz und Kunststoff; Rahmen, Bilderleisten; Platten aus Holz, verpressten Holzspänen, Kork oder Kunststoff [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] für Möbel oder Möbelteile; Waren [soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind] aus Holz, Kork, Rohr-, Binsen-, Weidengeflecht oder aus Kunststoff; Selbstbaumöbel; Kleiderhaken [nicht aus Metall]);

b) CTM 1292002:

,

eingetragen ua für die Waren- und Dienstleistungsklasse 20 (Möbel; Bestandteile, Einzelteile und Fertigteile für Möbel und Möbelteile [soweit nicht in anderen Klassen enthalten]; Rahmen; Platten aus Holz, verpressten Holzspänen, Kork oder Kunststoff [soweit nicht in anderen Klassen enthalten] für Möbel und Möbelteile; Waren aus Holz, Kork, Rohr-, Binsen-, Weidengeflecht oder aus Kunststoff [soweit nicht in anderen Klassen enthalten]; Selbstbaumöbel).

Die angegriffene Marke sei zur Verwechslung mit den Widerspruchsmarken laut Klassifikation der Waren und Dienstleistungen geeignet, zumal der sämtliche Widerspruchsmarken prägende Bestandteil „MAX“ vollständig in ihr enthalten sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Widerspruch ab. Es verneinte die Verwechslungsgefahr, weil trotz teilweiser Identität und Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen bildliche und begriffliche Unterschiede bestünden.

Dagegen richtet sich die an die Rechtsmittelabteilung des Patentamts gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, die nach der Gesetzesänderung durch die Patent- und Markenrechts-Novelle 2014, BGBl I 2013/126, ab 1.1.2014 als Rekurs zu werten ist, über den das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden hat (§ 77c Abs 1 MSchG, § 176b Abs 1 Z 1 PatG). Beantragt wird, den angefochtenen Beschluss so abzuändern, dass dem Widerspruch stattgegeben werde.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss des Patentamts zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

1.1. Für den zivilrechtlichen Markenschutz ist die tatsächliche Verwendung der registrierten Marke jedenfalls vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist des § 33a MSchG ohne Bedeutung (RIS-Justiz RS0079295 [T6, T7]). Zweck der Benutzungsobliegenheit ist es, das Markenregister durch Löschung nicht benutzter Marken zu entlasten (RIS-Justiz RS0066801; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 4).

Die Antragsgegnerin erhob bereits in der Äußerung vom 9.6.2011 hinsichtlich der Wortbildmarke „MAX“ (fristgerecht: Woller/Stangl/Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 29b Rz 11) zumindest implizit die Einrede der mangelnden Benützung. Mit dieser Einrede setzte sich das Patentamt ohne Begründung wohl deswegen nicht auseinander und trug der Antragstellerin keine Äußerung auf, weil maßgeblich ist, dass diese mit Priorität vom 14.10.2009 (vgl § 33a Abs 1 MSchG) einen Antrag auf Warenerweiterung für diese Marke stellte, dem mit Beschluss vom 11.1.2010 stattgegeben wurde. Wegen dieser Erweiterung ist schon nach dem Wortlaut von § 33a Abs 1 MSchG die Einrede nicht berechtigt (arg: „für die Waren und Dienstleistungen, [...] innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung [...].“), zumal § 29b Abs 3 auf § 33a MSchG verweist.

Die Antragsgegnerin hält die Einrede der Nichtbenützung in ihrer Beschwerdebeantwortung auch nicht mehr aufrecht. Eine nähere Befassung durch das Rekursgericht erübrigt sich daher und auch, weil „MAX“ ohnehin nicht die einzig maßgebliche Widerspruchsmarke ist.

1.2. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind – entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegnerin in der Beschwerdebeantwortung – ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5f mwN).

1.3. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB EuGH 8.2.2012 C‑191/11 P Yorma's, Rn 43); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159T‑One mwN; ÖBl 2003, 182Kleiner Feigling ua; R

IS‑Justiz RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k, 17 Ob 1/08h, 17 Ob 32/08t, 4 Ob 7/12a, jüngst 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

1.4. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, deren Kennzeichnungskraft und den Bekanntheitsgrad auf dem Markt und die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH 29.9.1998 C‑39/97 = ÖBl 1999, 105 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist es, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS‑Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04dFIRN; 17 Ob 36/08fKOBRA/cobra-couture.at).

1.5. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS‑Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 94 mwN). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra; 4 Ob 139/02ySUMMER SPLASH; ecolex 2003, 608 [Schanda] – MORE; RIS‑Justiz RS0078944; EuGH 22.6.1999 C‑342/97 Lloyd, Rn 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight). Deshalb ist die Durchführung einer – in der Beschwerde beantragten – mündlichen Rekursverhandlung nicht erforderlich (§ 52 AußStrG; vgl RIS-Justiz RS0120357).

1.6. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246 – GO; 4 Ob 55/04y = RIS‑Justiz RS0079190 [T22], RS0108039; RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabel/Puma, RdN 23; 4 Ob 139/02ySUMMER SPLASH; ecolex 2003, 608 [Schanda] – MORE; RIS-Justiz RS0117324; EuGH 6.10.2005, C‑120/04 Slg 2005 I-08551 Rn 28 = GRUR 2005, 1042 = ÖBl 2006, 143Thomson life).

1.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164 – Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b – GARANTA; 4 Ob 225/03xluminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438).

1.8. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 – Preishammer; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03dMore).

1.9. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke – die angegriffene Marke besteht aus zwei Silben – kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (EuGH 20.9.2007, C‑193/06 P Quick/Quicky).

Ungeachtet des Normalfalls, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke als Ganzes wahrnimmt, und ungeachtet dessen, dass der Gesamteindruck von einem oder mehreren Bestandteilen einer komplexen Marke dominiert werden kann, ist nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall eine ältere Marke, die von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt wird, eine selbstständig kennzeichnende Stellung im zusammengesetzten (jüngeren) Zeichen behält, ohne aber darin den dominierenden Bestandteil zu bilden. In einem solchen Fall kann der Gesamteindruck das Publikum glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, in welchem Fall das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen ist (EuGH 6.10.2005, C‑120/04 Slg 2005 I-08551 Rn 30 f = GRUR 2005, 1042 = ÖBl 2006, 143Thomson life; 17 Ob 16/07p).

1.10. Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (17 Ob 32/08tJukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]). Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl. 6.10.2005, C‑120/04 , ÖBl 2006, 143Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero).

2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu bejahen:

2.1. Die Waren der einander gegenüberstehenden Marken sind in den beiden relevanten Klassen weitgehend vergleichbar; in der Klasse 20 besteht sogar nahezu vollständige Identität. Warenähnlichkeit ist zwischen den Waren der Klasse 19 der angegriffenen Marke und den Waren der Klasse 20 der Widerspruchsmarken deswegen gegeben, weil die Waren der Klasse 20 aus jenen der Klasse 19 bestehen oder sich aus diesen ergänzen lassen. Zutreffend weist das Patentamt auch darauf hin, dass aufgrund der Branchenidentität, ähnlicher Verwendungsmöglichkeiten und identer Kundenkreise die Konsumenten auch zu den beiden Dienstleistungsklassen der Widerspruchsmarken eine Assoziation herstellen werden.

2.2. Bei diesen Waren (und Dienstleistungen) handelt es sich überwiegend nicht um solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit des Konsumenten bei deren Inanspruchnahme nicht besonders gering. Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird dennoch fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten. Kehren nun diese Merkmale – wie der dominante Wortstamm und die Silbe „MAX“ – auch bei der später wahrgenommenen Bezeichnung wieder, dann schließt die Abweichung durch Voranstellen der zweiten Silbe „SPANN“ wegen des Wortklangs die Gefahr einer Verwechslung nicht mehr aus.

Anders als das Patentamt ist das Rekursgericht auch der Ansicht, dass „MAX“ nicht nur als Größenangabe und gängige Abkürzung für „maximal“, also „größtmöglich“, sondern auch als Eigenname verstanden wird, sei es als gebräuchliche Abkürzung für „Maximilian(e)“, sei es als Familienname (17 Ob 20/10f = ÖBl 2011/29Justierfuß Max). In diesem Kontext kommt dieser Silbe daher durchaus höhere Unterscheidungskraft zu, weil sie beim Publikum angesichts der relevanten Waren- und Dienstleistungsklassen einen Denkprozess auslöst und es zudem unerheblich ist, dass ein Wort mehrere unterschiedliche Bedeutungen haben kann (weiterführend Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 82 mwN).

2.3. Zu berücksichtigen ist weiters, dass die angegriffene Marke zwar farblich unterschiedlich mit der Mischung Gold/Schwarz und mit einem anderen Schriftbild als die durchwegs in Rot als Grundton gehaltenen Widerspruchsmarken ausgestaltet ist, jedoch das Wortbild „MAX“ wegen der beiden übereinander gestellten Buchstaben „N“ in der Mitte des Schriftzuges optisch rechts, also in Leserichtung am Ende stehend, bei der flüchtigen Betrachtung des Bildes ohne Beachtung von Einzelheiten durchaus im Vordergrund steht, und zudem der Wort- im Vergleich zum Bildbestandteil wesentlicher ist und damit die Assoziation mit den Marken der Antragsstellerin herstellt.

Den Bildbestandteilen der beiden Zeichen kommt wegen der Dominanz der Wortbestandteile damit untergeordnete Bedeutung zu (zB 17 Ob 26/11iGulliver's Reisen III).

2.4. Bei der klanglichen Beurteilung kann nicht rein auf die Mehrsilbigkeit der angegriffenen Marke, sondern muss auf die vom durchschnittlichen Konsumenten gemachte Wahrnehmung und das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden. Dies führt bei der angegriffenen Marke zwar dazu, dass sie in Form von „SPANNMAX“ ausgesprochen wird, aber dennoch die Endung „MAX“ im Gedächtnis haften bleiben wird (oben 1.7.).

Außerdem kommt es ohnehin nicht darauf an, dass das übernommene Zeichen das Eingriffszeichen dominiert (Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero).

2.5. „MAX“ spielt damit weder bildlich noch klanglich eine untergeordnete Rolle noch wird der Gesamteindruck der angegriffenen Marke allein durch die Silbe „SPANN“ geprägt. Damit ist wiederum in Bezug auf die Gleichartigkeit der Waren der Klassen 19 und 20 und die Branchenähnlichkeit der Dienstleistungsklassen 37 und 42 der Widerspruchsmarken die Verwechslungsgefahr gegeben.

2.6. Im Fall einer „Markenfamilie“ oder von „Serienmarken“ ergibt sich die Verwechslungsgefahr zudem aus der Möglichkeit, dass sich der Verbraucher wegen der Verwendung eines in der Widerspruchsmarke enthaltenen Bestandteils (hier „MAX“) über die Herkunft oder über den Ursprung der von der Anmeldemarke erfassten Waren oder Dienstleistungen irrt und irrig annimmt, dass die angegriffene Marke zur Familie oder zur Serie von Marken gehört, die bereits durch diesen Bestandteil gekennzeichnet wird (EuGH 13.9.2007, C‑234/06 P Bainbridge; RIS-Justiz RS0106989 [T3]). Darauf wies die Antragstellerin bereits in ihrer Replik auf die Äußerung der Antragsgegnerin hin.

2.7. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung der eingangs näher erläuterten Warenidentität, weiters der Dominanz jeweils der Wortbestandteile der Marken sowie deren klanglicher Nähe zueinander, muss hier die Verwechslungsgefahr bejaht werden.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

4. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt; die Parteien haben daher für ihre Rechtsmittelschriften keine Kosten verzeichnet.

 

[Der OGH wies den außerordentlichen Revisionsrekurs zurück, 4 Ob 181/14t, 21.10.2014.]

 

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