BVwG W233 2193818-1

BVwGW233 2193818-14.12.2019

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W233.2193818.1.00

 

Spruch:

W233 2193813-1/8E

 

W233 2193818-1/9E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Pakistan und 2.) XXXX alias XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Paktistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 05.04.2018, Zahl: 1163942605 - 170947765 (ad 1.) und Zahl:

1165126509 - 170980983 (ad 2.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.11.2019 zu Recht:

 

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

I.1. Beide Beschwerdeführer reisten getrennt voneinander in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Erstbeschwerdeführer stellte am 13.08.2017 und der Zweitbeschwerdeführer am 23.08.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

I.2. Am 14.08.2017 wurde der Erstbeschwerdeführer von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Dabei führte er im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er in seinem Herkunftsstaat als Rikschafahrer sehr wenig Geld verdient habe, um seine Familie zu ernähren. Deshalb hätten ihm seine Freunde geraten, nach Deutschland zu ziehen, da er dort sehr viel verdienen könne. Weiter Gründe für seine Asylantragstellung verneinte er.

 

Eine im Zuge dieser Erstbefragung gestellte Anfrage an das EURODAC-Informationssystem ergab, dass der Erstbeschwerdeführer am 26.07.2016 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

 

Der damals minderjährige Zweitbeschwerdeführer gab im Zuge seiner Erstbefragung am 23.08.2017 an, dass er in Paktistan nicht leben wolle, da man ihn dort als Angehörigen der religiösen Gruppierung der Ahmadis nicht leben lassen würde.

 

Eine im Zuge dieser Erstbefragung gestellte Anfrage an das EURODAC-Informationssystem ergab, dass über den Zweitbeschwerdeführer keine Daten aufscheinen.

 

I.3. Im Zuge einer Befragung am 21.09.2017 bestätigte der erstbeschwerdeführer, dass es sich beim Zweitbeschwerdeführer um seinen Sohn handle und sie in Serbien getrennt worden seien.

 

Bei seiner Einvernahme zu seinen Asylgründen am 20.02.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ergänzte der Erstbeschwerdeführer sein Fluchtvorbringen dahingehend, dass er mit Personen, die nicht der Religionsgemeinschaft der Ahmadis angehörten, Probleme gehabt hätte und diese seine Rickscha demoliert und ihn mit dem Umbringen bedroht hätten. Bedroht wäre er geworden, weil man in Pakistan nicht wolle, dass Ahmadis in Pakistan bleiben. Ihre Moschee wäre in Brand gesetzt worden.

 

Der Zweitbeschwerdeführer gab im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt zu seinen Fluchtgründen am 20.02.2018 befragt im Wesentlichen an, dass auf ihre Moschee geschossen und er und sein Vater mit dem Umbringen bedroht worden wäre.

 

I. 4. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit den im Spruch angeführten Bescheiden vom 05.04.2018 die Antäge der beiden Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 13.08.2017 (den BF 1 betreffend) und vom 22.08.2017 (den BF 2 betreffend) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) als auch ihre Anträge auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. (Spruchpunkt II.) ab. Unter einem wurde den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Zif. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz gegen sie eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Zif 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Pakistan gem. § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde den Beschwerdeführern gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine 14-tägige Frist für seine freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

 

I.5. Die Beschwerdeführer erhoben gegen die oben angeführten Bescheide fristgerecht Beschwerde.

 

I.6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 18.11.2019 in Anwesenheit beider Beschwerdeführer und ihrer gemeinsamen Rechtsvertretung eine öffentlich mündliche Verhandlung durch, in der beide Beschwerdeführer ausführlich zu ihren Fluchtgründen, zu ihren persönlichen Umständen im Herkunftsstaat sowie zu ihrer Integration in Österreich befragt wurden. Zudem wurde in dieser mündlichen Beschwerdeverhandlung vom Bundesverwaltungsgericht das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Pakistan vom 16.05.2019 mit Stand vom 09.08.2019 in das Verfahren eingebracht.

 

Im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.11.2019 schilderte der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt im Wesentlichen, dass er Pakistan wegen einer Gruppierung von "Nicht-Ahmadies" hätte verlassen müssen. In Pakistan würden diese "Nicht-Ahmadis" sie nicht den Gebetsruf ausführen und sie ihre Moschee nicht betreten lassen. In ihren Moscheen würde randaliert, Feuer gelegt und diese zerstört. Konkret nachgefragt, was genau ihn veranlasst habe, Pakistan zu verlassen gab der Erstbeschwerdeführer zu Protokoll, dass bereits 2003 sein Onkel mütterlicherseits ermordert worden wäre. Er bringe diesen Umstand erstmals in der heutigen mündlichen Verhandlung vor, weil man ihn bisher nicht danach gefragt habe. Die Leute, die seinen Onkel damals ermordet hätten, hätten damals gleich ihnen gegenüber gewohnt. Diese Leute ließen ihn keine Kunden mit seiner Rikscha fahren und würden sie noch niedriger betrachten als Hindus. Man hätte sie geschlagen, seine Rikscha zerstört und sie mit dem Umbringen bedroht. Wegen dieser Vorkommnisse hätte er sich aber nicht an die örtlichen Sicherheitsbehörden gewendet, da die Polizei in Pakistan nicht auf sie hören würde. Seinen in Pakistan zurückgebliebenen Familienmitgliedern ginge es zurzeit gut, wenn auch seine Brüder in Gefahr leben würden. In Pakistan könnte er auch nicht in einer anderen Stadt sicher vor Verfolgung leben, da in ganz Pakistan die gleiche Situation herrschen würde.

 

Der nunmehr volljährige Zweitbeschwerdeführer gab im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu seinen Fluchtgründen befragt zusammengefasst zu Protokoll, dass glaublich ein Onkel seines Vater 2001 bei einem Vorfall getötet worden wäre. Ein Jahr nach diesem Vorfall hätten die "Nicht-Ahmadis" herausgefunden, dass sie als Verwandte des getöteten Onkels nun in Faisalabad wohnen und angefangen nach ihnen zu suchen. Irgendwer hätte ihnen erzählt, dass sein Vater Rischka fährt und er zur Schule gehe. In der Schule wäre er von anderen Kindern schikaniert worden und wäre ihr Haus mit Steinen beworfen worden. Dass der Onkel seines Vaters getötet worden wäre, wisse er von seiner Mutter, die ihm davon erzählt hätte. Auch sie hätten nun die gleichen Probleme wie dieser Onkel.

 

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurden beide Beschwerdeführer damit konfrontiert, dass die bulgarischen Behörden im Zuge eines Konsultationsverfahrens ihre über sie in Bulgarien gespeicherten Identätsdaten mit XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit von Afghanistan (den Erstbeschwerdeführer betreffend) und XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit von Pakistan (den Zweitbeschwerdeführer betreffend) bekanntgaben. Beide Beschwerdeführer führen dazu aus, dass sich die bulgarischen Behörden geirrt haben müssen.

 

I.7. Mit Schriftsatz vom 29.11.2019 nahme die beiden Beschwerdeführer Stellung zu den ihnen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung überreichten Länderinformatinen über Pakistan.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

 

1.1.1. Zum Erstbeschwerdeführer:

 

Beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, der den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX führt und sich bis zu seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat überwiegend in der Stadt Faisalabad der Provinz Punjab, aufgehalten hat. Seine Identität steht nicht fest.

 

Der Erstbeschwerdeführer hat am 26.07.2016 in Bulgarien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die bulgarischen Behörden haben seine im Zuge seines Antrag abgenommenen Fingerabdrücke in der EURODAC-Datenbasis unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gespeichert.

 

Der Erstbeschwerdeführer gehört der islamischen Gemeinschaft der Ahmadiyya auch Ahamdia an und bezeichnet sich selbst als Angehöriger der Volksgruppe der Rain, er beherrscht die in Pakistan gesprochenen Sprachen Urdu und Punjabi.

 

Der Erstbeschwerdeführer hat in Pakistan die Grundschule besucht und verfügt in Paktistan über Berufserfahrungen in der Landwirtschaft und als Rikscha-Fahrer.

 

Der Erstbeschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

 

Der Erstbeschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Er befindet sich in der Grundversorung und lebt von staatlicher Unterstützung. Der Erstbeschwerdeführer hat kaum nennenswerte Kenntnisse der deutschen Sprache, betätigt sich in Österreich weder ehrenamtlich noch nimmt er er an sozialen oder kulturellen Aktivitäten teil. Er unterhält keine Freundschaften zu Österreichern. Seine Zeit verbringt er mit Spazierengehen, Fußball- und Kricketspielen mit afghanischen Mitbewohnern seiner Flüchtlingsunterkunft.

 

Zusammenfassend können somit keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Erstbeschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

 

Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Pakistan über Familienmitglieder in Form seiner in der Stadt Faisalabad aufhältigen Ehefrau und den gemeinsamen minderjährigen Kindern.

 

Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

1.1.2. Zum Zweitbeschwerdeführer:

 

Beim Zweitbeschwerdeführer handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, der den Namen XXXX alias XXXX und das Geburtsdatum XXXX führt und sich bis zu seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat überwiegend in der Stadt Faisalabad der Provinz Punjab, aufgehalten hat. Seine Identität steht nicht fest.

 

Die bulgarischen Behörden haben im Rahmen des eingeleiteten Konsultationsverfahrens mitgeteilt, dass der Zweitbeschwerdeführer in Bulgarien unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Pakistan, einen Asylantrag gestellt hat.

 

Der Zweitbeschwerdeführer gehört der islamischen Gemeinschaft der Ahmadiyya auch Ahamdia an und bezeichnet sich selbst als Angehöriger der Volksgruppe der Rain, er beherrscht die in Pakistan gesprochenen Sprachen Urdu und Punjabi.

 

Der Zweitbeschwerdeführer hat in seinem Herkunftstaat die Grundschule besucht und verfügt über Berufserfahrung in der Landwirtschaft.

 

Der Zweitbeschwerdeführer ist gesund und nimmt keine Medikamente.

 

Der Zweitbeschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich und pflegt auch keine Freundschaften zu Österreichern. Er befindet sich in der Grundversorung und bezieht staatliche Unterstützung. Zudem finanziert er sich seinen Lebensunterhalt indem er nachts Zeitungen austrägt und tagsüber mit dem Austausch von Fußabstreifern beschäftigt ist. Für diese Tätigkeiten erhält der Zweitbeschwerdeführer eine Geldleistung in Höhe von € 20,- pro Tätigkeit. Mit diesen Einkünften unterstützt der Zweitbeschwerdeführer seine Familie in Pakistan, indem er einmal pro Monat oder alle zwei Monate zwischen € 400,- und € 450,- seiner Familie überweist. Für die Ausübung dieser Beschäftigunen besitzt der Zweitbeschwerdeführer keine Beschäftigungsbewilligung bzw. verfügt er im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten auch keine Gewerbeberechtigung.

 

Der Zweitbeschwerdeführer hat kaum nennenswerte Kenntnisse der deutschen Sprache, betätigt sich in Österreich weder ehrenamtlich noch nimmt er an sozialen oder kulturellen Aktivitäten teil.

 

Der Zweitbeschwerdeführer ist ein oder zwei Monate nach seiner Antragstellung unerlaubt nach Italien weitergereist, um in Italien einen weitern Antrag auf internationalen Schutz zu stellen. Da man dort seinen Asylantrag nicht entgegengenommen hätte, ist er wieder nach Österreich zurückgekehrt.

 

Zusammenfassend können somit keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Zweitbeschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

 

Der Zweitbeschwerdeführer verfügt in Pakistan über Familienmitglieder in Form seiner in der Stadt Faisalabad aufhältigen Mutter und Geschwister.

 

Der Zweitbeschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

 

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

 

1.2.1. Zum Erstbeschwerdeführer:

 

Das Vorbringen des Erstbeschwerdefühers ist nicht glaubhaft und kann somit der Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz nicht zugrundegelegt werden.

 

Der Erstbeschwerdeführer konnte im Besonderen nicht glaubhaft vorbringen, dass er in Pakistan von "Nicht-Ahmadis" mit dem Umbringen bedroht wurde, "Nicht-Ahmadis" seine Rikscha zerstört hätten, man ihnen den Gebetsruf nicht ausführen und sie in ihrer Moschee nicht beten ließe. Dieses sehr vage und oberflächlich beschriebene Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ist weder geeignet eine gegen ihn konkret gerichtete Verfolgung oder Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, noch seine individuelle Verfolgung oder Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufzuzeigen, das er als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Ahmadis in Pakistan einer solchen Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt ist. Daran ändert auch nichts, das Erstbeschwerdeführer erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausführte, dass sein Onkel mütterlicherseits im Jahre 2003 von Mitgliedern einer Organisation die gegen sie eingestellt seien, ermordet worden wäre.

 

Somit kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdefüher in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

 

1.2.2. Zum Zweitbeschwerdeführer:

 

Auch das Vorbringen des Zweitbeschwerdefühers ist nicht glaubhaft und kann somit der Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz nicht zugrundegelegt werden.

 

Der Zweitbeschwerdeführer konnte im Besonderen nicht glaubhaft vorbringen, dass in Pakistan auf ihre Moschee geschossen worden wäre, seinem Vater die Rikscha demoliert worden wäre und er und sein Vater mit dem Umbringen bedroht worden wären. Dieses sehr vage und oberflächlich beschriebene Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers ist weder geeignet eine gegen ihn konkret gerichtete Verfolgung oder Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, noch seine individuelle Verfolgung oder Bedrohung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aufzuzeigen, das er als Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Ahmadis in Pakistan einer sochen Verfolgung oder Bedrohung ausgesetzt ist. Daran ändert auch nichts das erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausgeführte Vorbringen, des Zweitbeschwerdeführers, dass ein Onkel seines Vaters im Jahre 2001 ermordet worden sei.

 

Somit kann nicht festgestellt werden, dass der Zweitbeschwerdefüher in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.

 

1.3. Zur Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat:

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer Gefahr liefen, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würden. Beide Beschwerdeführer sind arbeitsfähig und arbeitswillig und ist davon auszugehen, dass die beiden Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr wieder bei ihrer Familie wohnen werden können.

 

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung der Beschwerdeführer in ihrem Heimatland festgestellt werden.

 

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Pakistan:

 

Auszug aus dem den Beschwerdeführern in der mündlichen Beschwerdeverhandlung überreichten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 16.05.2019, zuletzt aktualisiert am 09.08.2019:

 

[...]

 

Politische Lage

 

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsanderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit- Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad ("Islamabad Capital Territory") bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

 

[...]

 

Sicherheitslage

 

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

 

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

 

[...]

 

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiöskonfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).

 

Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).

 

[...]

 

Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von

2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).

 

Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019).

 

[...]

 

Wichtige Terrorgruppen

 

Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) ist die groste der in Pakistan aktiven militanten regierungsfeindlichen Gruppen. Die TTP ist eine Dachorganisation 13 verschiedener - also ungefahr der Halfte aller pakistanischen - Talibanfraktionen. Die Hochburgen der TTP in den ehem. FATA wurden durch militarische Operationen beseitigt, jedoch halt die TTP nach wie vor Rückzugsgebiete in Ostafghanistan. Analysten meinen, dass die TTP sich Mitte 2018 unter neuer Führung in Sud-Wasiristan vereinen konnte und wieder schlagkraftiger wurde (EASO 10.2018 S 24f). PIPS hingegen gibt an, dass TTP verzweifelt darum kampfe, ihr Netzwerk zu erhalten, innere Streitereien zu überwinden und die Finanzierung sicherzustellen (PIPS 7.1.2019 S 74).

 

Gemäß PIPS war die TTP im Jahr 2018 für 79 Terroranschläge mit 185 Toten verantwortlich. 57 dieser Anschläge wurden in Khyber Pakhtunkhwa, wo die Gruppe für den größten Teil aller Anschläge verantwortlich war, und 18 in Belutschistan durchgeführt (PIPS 7.1.2019 S 74f). Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 hat die TTP die Verantwortung für mehrere Anschläge übernommen (EASO 10.2018 S 26).

 

[...]

 

Lashkar-e-Jhangvi (LeJ) ist eine Deobandi-Terroristengruppe. Die Gewalt von LeJ richtet sich größtenteils gegen Schiiten; die Organisation vertritt auch radikale Standpunkte gegenüber Christen, Ahmadis und sufistischen Muslimen (EASO 10.2018 S 32). Im Jahr 2018 war LeJ für sieben terroristische Angriffe, darunter sechs in Belutschistan und einem in Khyber Pakhtunkhwa, mit insgesamt neun Toten, verantwortlich (PIPS 7.1.2019 S 78). Im Jahr 2017 war die LeJ mit ihren Splittergruppen, darunter die Lashkar-e-Jhangvi Al-Alami, insgesamt für 18 Anschläge mit 132 Toten verantwortlich. 90 % davon betrafen die erste Jahreshälfte. Die verminderte Aktivität im zweiten Halbjahr ist durch die Zerschlagung ihrer Hauptnetzwerke zu erklären (PIPS 7.1.2018 S 87).

 

[...]

 

Punjab und Islamabad

 

Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).

 

Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).

 

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).

 

[...]

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 13.3.2019). Die pakistanische Verfassung und die Rechtsordnung basieren weitgehend auf dem britischen Rechtssystem. Wenngleich gemäß Verfassung alle Gesetze grundsätzlich im Einklang mit der Scharia stehenmüssen, ist deren Einfluss auf die Gesetzgebung eher beschränkt, abgesehen von bestimmten Bereichen wie beispielsweise den Blasphemiegesetzen (ÖB 10.2018).

 

Der Aufbau des Justizsystems ist in der Verfassung geregelt. Der Supreme Court ist das pakistanische Höchstgericht und kann sich in Fällen von öffentlichem Interesse auch der Rechtsdurchsetzung bei Grundrechtsverletzungen, die gem. Verfassung in die Zuständigkeit der High Courts fällt, annehmen. Die fünf High Courts (je einer pro Provinz und im Islamabad Capital Territory) fungieren u.a. als Berufungsinstanz gegen Beschlüsse und Urteile von Special Courts sowie als Aufsichts- und Kontrollorgane für alle ihnen unterstehenden Gerichte. Ferner bestehen Provinz- und Distriktgerichte, Zivil- und Strafgerichte sowie spezialisierte Gerichte für Steuern, Banken und Zoll (ÖB 10.2018).

 

Des Weiteren existiert gemäß Verfassung ein Federal Shariat Court, der zur Prüfung von Rechtsvorschriften auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorgaben des Islam angerufen werden und diesbezüglich auch von sich aus tätig werden kann. Er fungiert zusätzlich zum Teil als Rechtsmittelinstanz in Delikten nach den Hudood Ordinances von 1979, die eine v.a. Frauen stark benachteiligende Islamisierung des Strafrechts brachten und durch den Protection of Women (Criminal Law Amendment) Act 2006 in - Kritikern zufolge bei Weitem nicht ausreichenden - Teilen entschärft wurden (ÖB 10.2018).

 

Die Richter des Supreme Court, der High Courts sowie des Federal Shariat Court werden vom Staatspräsidenten auf Vorschlag der Judicial Commission of Pakistan und nach Bestätigung durch einen Parlamentsausschuss ernannt. Der Supreme Court und die High Courts gelten als chronisch überlastet (ÖB 10.2018).

 

Die Justiz steht weiterhin unter dem Einfluss der mächtigen pakistanischen Armee. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen fort. Die Gerichte und das pakistanische Rechtssystem sind hochgradig ineffizient (AA 21.8.2018). Gerichte sind überlastet, die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 1.2.2019). Laut NGOs und Rechtsexperten ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen beeinträchtigt (USDOS 13.3.2019). Die im Rahmen des nationalen Anti-Terror-Aktionsplans vom 24.12.2014 vorgesehene grundlegende Reform des Systems der Strafjustiz kommt bislang nicht voran (AA 21.8.2018).

 

Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und anfällig für den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings von den Medien und der Öffentlichkeit als glaubwürdig eingestuft (USDOS13.3.2019).

 

Verzögerungen in zivilen und Kriminalfällen sind auf ein veraltetes Prozessrecht, unbesetzte Richterstellen, ein schlechtes Fallmanagement und eine schwache rechtliche Ausbildung zurückzuführen. Der Rückstand sowohl in den unteren als auch in den höheren Gerichten beeinträchtigt, zusammen mit anderen Problemen, den Zugang zu Rechtsmitteln oder eine faire und effektive Anhörung (USDOS 13.3.2019).

 

Zivile Streitigkeiten, insbesondere wegen Eigentum und Geld, sind ein häufiger Grund für Mordfälle in Pakistan. Die oftmals Jahrzehnte dauernden Verzögerungen bei Urteilen durch Zivilgerichte können zu außergerichtlicher Gewaltanwendung zwischen den Streitparteien führen (JPP 4.10.2018). De facto spielt in weiten Landesteilen das staatliche Recht für normale Pakistaner kaum eine Rolle (AA 21.8.2018). Vor allem in ländlichen Gebieten Pakistans bestehen informelle Rechtsprechungssysteme und Rechtsordnungen, die auf traditionellem Stammesrecht beruhen und die oft Menschenrechtsverletzungen zur Folge haben (USDOS 13.3.2019; vgl. ÖB 10.2018). Für mehr Details siehe Abschnitt 4.2.

 

Die örtliche Zuständigkeit von Supreme Court und High Courts erstreckte sich gemäß Verfassung grundsätzlich nicht auf die Stammesgebiete (Provincially Administered Tribal Areas - PATA, und Federally Administered Tribal Areas - FATA; vgl. Art. 246 der Verfassung). Mit Ende Mai 2018 wurden die Stammesgebiete durch die

31. Verfassungsänderung v.a. in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert, wodurch das gesamte pakistanische Rechts- und Justizsystem nach einer zweijährigen Übergangsfrist auf FATA und PATA ausgeweitet werden soll (ÖB 10.2018; vgl. Dawn 31.5.2018). Außerdem gibt es auch in Azad Jammu und Kaschmir (AJK) sowie in Gilgit- Baltistan eigene Justizsysteme (ÖB 10.2018). Siehe dazu die Abschnitte 4.3 und 4.4

 

Die Regierung erließ im Jänner 2015 als Reaktion auf den Terrorangriff auf die Militärschule in Peschawar eine Verfassungsänderung, welche den Militärgerichten erlaubt, gegen unter Terrorverdacht stehende Zivilisten zu prozessieren (USDOS 13.3.2019; vgl. News 19.1.2019). Für mehr Informationen zu den Militärgerichten siehe Abschnitt 4.1

 

Im Zivil-, Kriminal- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und auf Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann auf öffentliche Kosten ein Anwalt zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 13.3.2019).

 

Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Schiiten, Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemie-Fällen und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 13.3.2019). Für mehr Informationen zu Blasphemiegesetzen siehe Abschnitt 16.5

 

Auf dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit 2019 rangiert Pakistan auf Platz 117 von 126; gemäß Bereinigung um die 13 im Vergleich zum Vorjahr hinzugefügten Staaten würde das eine Verschlechterung um einen Rang darstellen (WJP 2019).

 

[...]

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Sicherheitsbehörden Pakistans bestehen aus der Polizei, die dem Innenministerium untersteht (AA 21.8.2018), dem Heer, das dem Verteidigungsministerium untersteht (MoD o.D.), militärische Hilfstruppen, die dem Innenministerium unterstehen (EASO 10.2018) sowie den Geheimdiensten (AA 21.8.2018).

 

Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt (AA 21.8.2018). Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung, organisierte Kriminalität, Interpol und verfügt über eine Abteilung zur Terrorismusbekämpfung (Counter Terrorism Wing - CTWI) (AA 21.8.2018).

 

Im Wesentlichen ist die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung Aufgabe der Provinzen, die über eigene Polizeieinheiten verfügen (Noureen/Sarfraz 2016; vgl. AA 21.8.2018). Gegenüber den Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 21.8.2018). Die lokalen Einheiten der Provinzpolizei unterstehen dem District Nazim [~Bezirkshauptmann] (Noureen/Sarfraz 2016).

 

Pakistan verfügt über einen Auslands-/Inlandsnachrichtendienst (Directorate for Inter-Service Intelligence, ISI), einen Inlandsnachrichtendienst (Intelligence Bureau, IB) sowie einen militärischen Nachrichtendienst (Military Intelligence, MI). Das IB untersteht dem Innenministerium und ist für Diplomatenschutz, Abwehr terroristischer Bedrohungen im Inland sowie Ermittlungen bei Kapitalverbrechen zuständig. Der ISI wird vom Militär dominiert. Seine Aufgabe, die nationalen Interessen Pakistans zu schützen, ermöglicht ihm ein Tätigwerden in den unterschiedlichsten Bereichen. De jure untersteht der ISI dem Verteidigungsministerium, de facto jedoch dem jeweiligen Armeechef (Chief of Army Staff). Eine effektive zivile Kontrolle über die militärischen Geheimdienste gibt es nicht (AA 21.8.2018). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des ISI gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

 

[...]

 

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte variiert von Bezirk zu Bezirk und reicht von gut bis ineffizient (USDOS 13.3.2019). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein hohes Ansehen. So sind u.a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie häufige unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden Strafanzeigen häufig gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 21.8.2018).

 

Die Polizeikräfte versagen oftmals dabei, Angehörigen religiöser Minderheiten - wie beispielsweise Ahmadis, Christen, Schiiten und Hindus - Schutz vor Übergriffen zu bieten. Es gibt jedoch Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Einzelne lokale Behörden demonstrierten die Fähigkeit und den Willen, unter großer eigener Gefährdung Minderheiten vor Diskriminierung und Mob-Gewalt zu schützen (USDOS 13.3.2019).

 

Es gibt weiterhin Berichte, dass Sicherheitskräfte in Menschenrechtsverletzungen involviert sind, darunter Folter und andere Misshandlungen, willkürliche Verhaftungen, außergerichtliche Exekutionen und Verschwindenlassen. Diese bleiben aufgrund des Fehlens unabhängiger und unparteiischer Mechanismen, um gegen die Täter zu ermitteln und sie vor Gericht zu stellen, straflos (AI 21.2.2018). Berichten zufolge werden von einigen Einheiten der Sicherheitskräfte Gefangene in Isolationshaft festgehalten und die Aufenthaltsorte dieser Gefangenen nicht offen gelegt. Menschenrechtsorganisationen berichteten darüber, dass viele paschtunische Aktivisten sowie Nationalisten der Provinzen Sindh und Belutschistan verschwanden oder grundlos verhaftet wurden (USDOS 13.3.2019).

 

Mangelnde Bestrafung von Übergriffen, begangen von Angehörigen der Sicherheitskräfte, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Übergriffen bzw. Misshandlungen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den District Nazims, Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte sind ebenfalls dazu befugt, in solchen Fällen eine kriminalstrafrechtliche Verfolgung zu empfehlen, die gerichtlich angeordnet werden muss. Das Gerichtssystem bleibt das einzige Mittel, um Missbrauch durch Sicherheitskräfte zu untersuchen (USDOS 13.3.2019).

 

Im November 2018 wurde mit Unterstützung der USA ein modernes Trainingszentrum der Polizei eröffnet, um die Ausbildung von Führungskräften zu verbessern (USEC 27.11.2018). Im Jahr 2018 wurden insgesamt sieben Trainingslehrgänge im Bereich Menschenrechte und Flüchtlingsrechte für ca. 200 Polizeibeamte in verschiedenen Städten von der NGO SHARP-Pakistan (Society for Human Rights and Prisoners' Aid) durchgeführt (SHARP 29.12.2018).

 

[...]

 

Korruption

 

Das pakistanische Strafgesetzbuch untersagt, Bestechungen anzubieten, zu bezahlen oder anzunehmen. Schmiergeldzahlungen und Geschenke sind verboten aber weit verbreitete Praxis (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 13.3.2019). Korruption ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen verbreitet (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Im Corruption Perceptions Index 2018 von Transparency International nahm Pakistan, wie bereits im Jahr zuvor, die 117. Stelle von 180 Ländern ein (TI 29.1.2019a; vgl. TI 21.2.2018).

 

Das "National Accountability Bureau" (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit dem Mandat, Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 13.3.2019), ist jedoch in der Effektivität der Arbeit durch unzureichende Geld- und Personalressourcen eingeschränkt (USDOS 19.7.2018).

 

Trotz solider Gesetzeslage ist Pakistan nicht in der Lage, Korruption in staatlichen Stellen zu verhindern. Die Regierung setzt die Anti-Korruptionsgesetze nicht effizient durch und Beamte, die in Korruption verwickelt sind, bleiben straffrei (GAN Integrity 12.2017; vgl. USDOS 13.3.2019). Die Hauptgründe für Korruption sind mangelndes Verantwortungsbewusstsein sowie fehlende leistungsbezogene berufliche Aufstiegschancen bei relativ niedrigen Löhnen (USDOS 29.6.2018).

 

Korruption ist auch in den unteren Ebenen der Polizei üblich. So werden durch manche Polizeikräfte Gebühren für die Annahme von gerechtfertigten Anzeigen angenommen und Bestechungsgelder für die Registrierung falscher Anzeigen akzeptiert. Bestechungsgelder zur Vermeidung von Strafzahlungen sind weit verbreitet (USDOS 13.3.2019).

 

Pakistan hat die UN-Konvention gegen Korruption sowie die Anti-Korruptions-Initiative der Asiatischen Entwicklungsbank und OECD unterzeichnet, nicht jedoch die OECD-Konvention zur Bekämpfung von Bestechung (USDOS 29.6.2018).

 

Transparency International sieht in Pakistan eine vielversprechende politische Entwicklung. Durch Massenmobilisierung gegen Korruption, kombiniert mit großer politischer Partizipation und Wahlbeteiligung wurde eine neue Regierung gewählt, die weitreichende Reformen in der Korruptionsbekämpfung versprach. Jedoch haben sich die Versprechen noch nicht in Aktionen, insbesondere gegen die große Korruption, manifestiert (TI 29.1.2019b)

 

[...]

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert:

Grundrechte, Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum, Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz; Verbot willkürlicher Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist in Pakistan nach wie vor nicht abgeschafft) (AA 21.8.2018).

 

Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung und die gesellschaftliche Realität voneinander ab. Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet. Die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 5.3.2019).

 

Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt kritisch. Grundsätzlich bekennt sich die pakistanische Regierung zu den Menschenrechten. In vielen Fällen fehlt ihr jedoch der politische Wille, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird. Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Militanz werden Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Führenden Politikern fehlt vielfach das Grundverständnis für die Relevanz menschenrechtlicher und anderer völkerrechtlicher Normen, zu deren Einhaltung sich Pakistan verpflichtet hat (AA 21.8.2018).

 

Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte sind u.a. extralegale und gezielte Tötungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Folter, willkürliche und überlange Untersuchungshaft, willkürliche und ungesetzliche Verletzung der Privatsphäre, Zensur, Blockieren von Webseiten, willkürliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Journalisten, schwere Schikanen und Einschüchterungen und medienwirksame Angriffe gegen Journalisten und Medienherausgeber, staatliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit inklusive übermäßig restriktive Gesetze gegen internationale NGOs, Einschränkungen der Religionsfreiheit und Diskriminierung religiöser Minderheiten, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Korruption in den Behörden, Rekrutierungenund Einsatz von Kindersoldaten durch nichtstaatliche militante Gruppen, fehlende Ermittlungen und Rechenschaftspflicht in Fällen von Vergewaltigung, sexueller Belästigung, sogenannter Ehrverbrechen, weiblicher Genitalverstümmelung und Gewaltverbrechen aufgrund von Geschlecht, Genderidentität und sexueller Orientierung, gesetzliches Verbot gleichgeschlechtlicher Handlungen, Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, transnationaler Menschenhandel und die schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019). Wegen fehlender Rechenschaftspflicht der Regierung bleiben Vergehen oft ungeahndet, was zu einer Kultur der Straflosigkeit der Täter führt, unabhängig davon, ob es sich um staatliche oder nicht-staatliche Täter handelt. Die Behörden bestrafen Beamte nur selten für Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019, AI 21.2.2018).

 

Gemäß Angabender vom Innenministerium eingesetzten Kommission zur Ermittlung erzwungenen Verschwindens (COIOED) wurden im Zeitraum 2011 bis 31.1.2019 COIOED 5.777 Fälle zur Kenntnis gebracht und davon 3.599 Fälle abgeschlossen; 2.178 Fälle sind noch offen (COIOED 1.2.2019). Im Jahr 2018 wurden von COIOED 1.098 neue Fälle registriert und 671 Fälle abgeschlossen; 2017 wurden 868 neue Fälle aufgenommen und 555 Fälle abgeschlossen (COIOED 23.2.2019).

 

Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form der sogenannten "police encounters" vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Militanten oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Laut der NGO "Human Rights Commission of Pakistan" kamen 2017 landesweit hunderte Personen bei "police encounters" ums Leben. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht (AA 21.8.2018). Im Jänner 2019 wurde im Punjab vier Personen, darunter Eltern und ihre Tochter, von der Polizei erschossen. Gemäß offiziellen Angaben waren die Toten Mitglieder des Islamischen Staates, Zeugenaussagen und Amateurvideos geben jedoch an, dass die Familie, die mit dem Auto unterwegs war, grundlos beschossen wurde. Nachdem die Videos veröffentlicht wurden, ordnete der Provinzminister eine Untersuchung, sowie die Verhaftung aller am Ereignis beteiligten Beamten an (Dawn 20.1.2019).

 

In zahlreichen Fällen bleiben Strafgefangene über viele Jahre hinweg widerrechtlich inhaftiert, obwohl ihre Haftstrafe bereits verbüßt ist. Ein häufiger Grund ist, dass die Strafgefangenen oder ihre Familienangehörigen nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, die gleichzeitig mit der Haftstrafe verhängte Geldbuße nach Ablauf der Haftzeit zu begleichen. Ein anderer Grund ist, dass Gerichtsurteile nicht konsequent umgesetzt werden. Andere Personen werden, ohne dass gegen sie eine Haftstrafe verhängt wurde, nur deshalb in Haft genommen, weil sie nicht in der Lage sind, gegen sie verhängte Bußgelder zu begleichen (AA 21.8.2018).

 

Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind Blasphemiefälle. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 21.8.2018).

 

Der Senat und die ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechten halten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen mit Bezug auf die Menschenrechte ab. Per Gesetz von 2012 wurde 2015 die Nationale Kommission für Menschenrechte als unabhängiges Komitee eingerichtet. Im November 2015 wurde wieder ein unabhängiges Ministerium für Menschenrechte eingerichtet (USDOS 13.3.2019).

 

[...]

 

Religionsfreiheit

 

Laut Volkszählung 2017 sind 96,28 % der ca. 207 Millionen Einwohner Pakistans muslimisch, 1,59 % Christen, 1,6 % Hindus, 0,22 % Ahmadi, 0,25 % gelistete Kasten ("scheduled castes") und 0,07 % gehören einer anderen Religion an (PBS 2017b). CIA World Factbook gibt an, dass von den Muslimen ca. 85-90 % Sunniten und 10-15 % Schiiten sind (CIA 5.2.2019); USDOS geht anhand der Volkszählung 1998 davon aus, dass 75 % der muslimischen Bevölkerung offiziell als Sunniten und 25 % als Schiiten geführt werden. Weitere Religionsgemeinschaften sind Zoroastrier, Bahai, Sikh, Buddhisten, und kleinere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten. Minderheitenvertreter schätzen die Anhängerzahl der religiösen Minderheiten auf 6-10 Millionen Menschen (USDOS 29.5.2018).

 

Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islam konform sein müssen, wobei der Artikel auch Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Pakistan Constitution 1973/2016; vgl. USDOS 29.5.2018). Die Verfassung verbietet Diskriminierung in religiösen Bereichen (USDOS 29.5.2018). Am 28.11.2018 wurde Pakistan vom US Amerikanischen Außenministerium in Bezug auf Religionsfreiheit als besonders besorgniserregendes Land ("Country of Particular Concern under the International Religious Freedom Act of 1998") eingestuft, da systematische, ständige und schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit von staatlicher Seite durchgeführt oder toleriert werden (USDOS 11.12.2018).

 

Vertreter der Minderheiten berichten, dass die Regierung bei der Sicherung der Rechte der Minderheiten auf Bundes- und Provinzebene inkonsequent sei und dass die Maßnahmen der Regierung zur Unterbindung von Zwangskonvertierungen religiöser Minderheiten zum Islam unzureichend seien (USDOS 29.5.2018).

 

Die Lage der religiösen Minderheiten - vor allem Christen und Hindus sowie der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat nicht als Muslime anerkannt werden -, ist weiterhin schwierig. Viele sind Zwangsarbeit ausgesetzt und leben in Schuldknechtschaft. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten und Muslime, die nicht einer konservativen Islam-Auslegung folgen, wie die Sufis, aus (AA 1.2.2019). Das Antreten von extremistischen religiösen Parteien im Wahlkampf 2018 führte zu vermehrten Bedrohungen und verhetzender Sprache gegenüber religiösen Minderheiten (USCIRF 4.2019). [Anmerkung: Für eine detaillierte Lagebeschreibung der unterschiedlichen religiösen Gruppen siehe die Abschnitte 16.1, 16.2, 16.3, 16.4]

 

Laut PIPS wurden im Jahr 2018 bei insgesamt 16 religiös oder konfessionell motivierten Terroranschlägen 59 Menschen getötet (PIPS 1.2019 S 53, 59); im Jahr 2017 gab es 26 religiös oder konfessionell motivierte Terroranschläge mit insgesamt 87 Toten (PIPS 7.1.2018 S 60, 68).

 

Gemäß Menschenrechtsaktivisten haben weder Bundes- noch Provinzbehörden substanzielle Fortschritte bei der Umsetzung der Entscheidung des Obersten Gerichtes von 2014 gemacht, die die Regierung dazu verpflichtet, religiöse Minderheiten zu schützen (USDOS 29.5.2018). Gerichte und Polizei versagen oft darin, religiöse Minderheiten zu schützen. NGOs kritisieren die Behörden, dass die Polizei Angriffe auf Mitglieder der religiösen Minderheiten nicht erfolgreich verhindert bzw. erfolglos bei der Verhaftung der Täter ist. Es gibt allerdings Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und einzelne Beispiele, wo lokale Behörden unter großem persönlichen Risiko Minderheitenangehörige vor Diskriminierung und Mob-Gewalt schützen (USDOS 13.3.2019). Es gibt auch Berichte über Angriffe auf religiöse Plätze, Friedhöfe und religiöse Symbole der religiösen Minderheiten, die nicht von der Polizei unterbunden werden konnten (USDOS 29.5.2018).

 

Die umstrittene Blasphemie-Gesetzgebung sieht für Gotteslästerung die Todesstrafe vor, die allerdings im Zusammenhang mit diesem Delikt noch nie vollstreckt wurde (AA 21.8.2018). Die Blasphemiegesetze werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis, Schiiten und andere Mitglieder religiöser Minderheiten angewendet (USDOS 13.3.2019) und gemäß Interessenvertretungen sind Mitglieder religiöser Minderheiten überproportional von der Anwendung der Blasphemiegesetze betroffen (USDOS 29.5.2018). [Anmerkung: Für mehr Informationen zur Blasphemiegesetzgebung siehe Abschnitt 16.5]

 

Grundsätzlich hat jede Person die Freiheit, ihre Religion selbst zu bestimmen. Artikel 20 der Verfassung von 1973 garantiert die freie Religionsausübung. Die Rechtsordnung schränkt die Freiheit, die Religion zu wechseln, nicht ein. Für Apostasie - Abfall vom Islam - gibt es in Pakistan keine strafrechtliche Bestimmung. Die Gesellschaft akzeptiert Apostasie aber in keiner Weise [vgl. dazu Abschnitt 16.6] (AA 21.8.2018).

 

Per Gesetz ist es Madrassen verboten, interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. Es wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden oder direkt bei der Regierung registrieren lassen und ihre Finanzierung nachweisen müssen. Anführer der Zivilgesellschaft sagen, dass die Lehre religiöser Intoleranz weiterhin weit verbreitet ist. Es gibt Berichte, dass einzelne Madrassen Gewalt oder extremistische Inhalte lehren. Der nationale Aktionsplan gegen Terror sieht explizit die Bekämpfung von Hassreden vor. Einige Fälle wurden strafrechtlich verfolgt. Auch wurde die Bewegungs- und Redefreiheit von Klerikern eingeschränkt, denen vorgeworfen wird, religiösen Hass zu verbreiten (USDOS 29.5.2018).

 

Laut Vertretern der Minderheitsreligionsgemeinschaften hindert die Regierung organisierte religiöse Gruppen prinzipiell nicht daran, Gebetsstätten zu errichten und ihre Geistlichen auszubilden, jedoch verweigern lokale Behörden Ahmadis regelmäßig notwendige Baubewilligungen. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 29.5.2018).

 

Ehen, die gegen die Vorgaben des Islam geschlossen werden, werden nicht anerkannt. So wäre z.B. eine Heirat einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nicht gültig, der umgekehrte Fall dagegen schon. Im Allgemeinen gibt es in Pakistan keine dem österreichischen Rechtssystem vergleichbare zivile Ehe: Muslime heiraten nach islamischem Recht und lassen ihre Ehe in der Folge vor staatlichen Stellen registrieren; für andere Religionsangehörige gelten wiederum eigene Regelungen (ÖB 10.2018).

 

Von den 342 Sitzen im Parlament sind zehn für Angehörige religiöser Minderheiten reserviert (NAP 25.2.2019; vgl. USDOS 29.5.2018). Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz (USDOS 29.5.2018). Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen; vier in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan (Pakistan Constitution §106). Die gewählten Parteien und nicht die Minderheitenversammlungen bestimmen die Minderheitenvertreter (USDOS 29.5.2018). In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (BFA 10.2014 S 75).

 

Im Rahmen der Umsetzung der 18. Verfassungsänderung wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 21.8.2018). Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und interkonfessionelle Harmonie organisiert die Teilnahme am Hajj und anderen islamischen Pilgerfahrten. Das Budget des Ministeriums deckt auch finanzielle Hilfen für autochthone Minderheiten ab; darunter die Renovierung von Glaubensstätten, kleinen Entwicklungsprojekte, Stipendien und die Durchführung religiöser Feiertage (USDOS 29.5.2018).

 

Die meisten Minderheitengruppen berichten von Diskriminierungen bei Anstellungen in der öffentlichen Verwaltung und bei der Aufnahme an Hochschulen. Im staatlichen Bereich gilt auf nationaler Ebene eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten. Diese wird allerdings nach Aussage von Minderheitenvertretern nicht durchgesetzt. Vertreter religiöser Minderheiten berichten von einer "Gläsernen Decke", die verhindert, dass Nicht-Muslime in höhere Positionen im öffentlichen Dienst befördert würden. Auch im Militärdienst gibt es zwar keine offiziellen Hinderungsgründe, jedoch würden Angehörige von religiösen Minderheiten nur selten in Dienstgrade höher als Colonel [Oberst] aufsteigen (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 21.8.2018).

 

[...]

 

Ahmadis

 

Die islamische Religionsgemeinschaft der Ahmadiya wird von muslimischen Geistlichen in Pakistan nicht als muslimisch anerkannt. Durch Änderung der Verfassung 1974 wurde diese Lehrmeinung Verfassungsgrundsatz (AA 21.8.2018). Die Glaubensgemeinschaft der Ahmadiya teilt sich in die Qadiani-Gruppe (Ahmadiya Muslim Jamaat) und die wesentlich kleinere Lahore-Gruppe (Ahmadiya Anjuman Ischa?at-i-Islam Lahore) (BFA 10.2014). Die Bezeichnung "Qadiani" wird als abfällige Bezeichnung gesehen (UKHO 6.2018; vgl. PT 5.9.2018).

 

Es gibt keine zuverlässigen Statistiken zur Anzahl der in Pakistan lebenden Mitglieder der Ahmadiya-Gemeinschaft. Bei der Nationalen Registrierungsbehörde NADRA sind ca. 167.000 Personen als Ahmadis registriert (UKHO 6.2018). Laut Ergebnissen der Volkszählung 2017 sind 0,22 % der ca. 207 Millionen Pakistanis Ahmadis [Anm.: ca. 460.000] (PBS 2017b). Andere Schätzungen liegen zwischen 400.000 bis fünf Millionen. Die Divergenz dieser Werte wird damit begründet, dass die meisten Ahmadis eine Registrierung als Nicht-Muslime ablehnen und auch die Volkszählung 2017 boykottierten (UKHO 6.2018).

 

Das Zentrum der Ahmadis in Pakistan liegt in Chenab Nagar, dem vormaligen Rabwah. 90-95 % der Einwohner der Stadt, ca. 60.000-70.000 Menschen, sind Ahmadis. Weitere wichtige Ansiedlungen der Ahmadis befinden sich in Sialkot, Quetta, Multan, Rawalpindi, Karatschi, Lahore und Faisalabad, sowie weiters auch Khewra, Sarghoda, Bhalwal, Shahpur, Gujaranwala (UKHO 6.2018). Gemäß Aussagen von Ahmadis fühlen sich diese in Rabwah am sichersten (DFAT 20.2.2019; vgl. UKHO 6.2018). Jedoch ist ein Ahmadi, der die Aufmerksamkeit der Behörden oder der Gesellschaft auf sich gezogen hat, auch dort nicht sicher (DFAT 20.2.2019). Die Anti-Ahmadi-Gesetze [s. unten] haben auch in Rabwah Gültigkeit (UKHO 6.2018).

 

Der weitaus größte Teil der Ahmadis lebt friedlich mit den muslimischen Nachbarn zusammen, berichtet wird aber weiterhin über Fälle von Repressionen Dritter gegen Ahmadis (AA 21.8.2018). Ahmadis sind von gezielten Angriffen, Blasphemie-Vorwürfen, der Entweihung und Zerstörung ihrer Kultstätten sowie verschiedenen Formen der sozialen Diskriminierung betroffen (UKHO 6.2018). Die Diskriminierung der religiösen Minderheit der Ahmadis durch das Verhalten der sunnitischen Mehrheitsbevölkerung hält an (AA 21.8.2018). Auch sind die Ahmadis Ziel von Angriffen durch nicht-staatliche Akteure aus den Bereichen der sunnitischen Mehrheitsbevölkerung (UKHO 5.2016). Ahmadis haben das höchste Risiko für Diskriminierung und Gewalt in ländlichen Ortschaften, wo es keine größere Ahmadi-Gemeinschaft gibt (DFAT 20.2.2019)

 

Die Ahmadis werden über eine speziell gegen sie gerichtete Gesetzgebung diskriminiert: Per Gesetz haben sie zwar den Status einer religiösen Minderheit, gleichzeitig ist es ihnen aber ausdrücklich verboten, sich als Muslime zu bezeichnen oder auszugeben. Dieses Verbot ist im Pakistanischen Strafgesetzbuch (§ 298 c PPC) niedergelegt und mit einer Strafandrohung von maximal drei Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert (AA 21.8.2018). Diese Gesetze und die Blasphemiegesetze werden regelmäßig gegen Ahmadis aller Gesellschafts- und Altersgruppen angewandt (UKHO 6.2018). Strafverfahren gegen Ahmadis werden in der Regel von islamistischen Gruppierungen der Khatm-e-Nabuwwat ("Siegel der Prophetenschaft") in Gang gebracht (AA 21.8.2018; vgl. UKHO 6.2018). Diese radikalen Gruppenierungen werden mit Einschüchterungen, Drohungen und Gewalt gegen Ahmadis in Verbindung gebracht (MBZ NL 4.2017).

 

Ahmadis wird die Abhaltung von öffentlichen Veranstaltungen regelmäßig untersagt. Zwar gibt es für Ahmadis keine offiziellen Einschränkungen zum Bau von Glaubens- und Kultstätten, jedoch verweigern lokale Behörden regelmäßig notwendige Baubewilligungen (USDOS 29.5.2018). Vereinzelt kommen auch Maßnahmen staatlicher Stellen vor, wie z. B. die Durchsuchung des Hauptbüros der Ahmadis in Pakistan (AA 21.8.2018).

 

Die Blasphemie-Gesetzgebung wird dazu benutzt, die Angehörigen dieser Minderheit aus den verschiedensten Motiven unter Druck zu setzen, die nur zum Teil einen religiösen Hintergrund haben. Oft geht es auch um Streitigkeiten zwischen Nachbarn oder Geschäftsleuten und vor allem um Auseinandersetzungen um Grundbesitz (AA 21.8.2018).

 

Gemäß Angaben der Ahmadiya-Gemeinschaft wurden im Laufe des Jahres 2018 62 Ahmadis aus religiösen Gründen strafrechtlich belangt (persecutionofahmadis.org 2018). Im Laufe des Jahres 2017 wurden 77 Ahmadis in zehn verschiedenen Fällen wegen religiöser Delikte angezeigt und zum Jahresende 2017 befanden sich neun Ahmadis wegen solcher Delikte in Haft (USDOS 29.5.2018). USDOS berichtet von sieben Todesopfern in fünf gezielten Angriffen auf Ahmadis im Jahr 2017 (USDOS 29.5.2018); PIPS berichtet für das Jahr 2018 über keine terroristischen Angriffe auf Ahmadis und von drei gezielten Angriffen auf Ahmadis mit einem Todesopfer (PIPS 7.1.2019). Die Polizei ist ineffektiv beim Schutz vor bzw. beim Ermitteln in Fällen von Gewalt gegen Ahmadis. Ahmadis zögern oft, Vorfälle der Polizei zu melden, aus Angst, wegen den Anti-Ahmadi- oder Blasphemiegesetzen selbst verfolgt zu werden. Der Staat scheint weder willig noch fähig, wirksamen Schutz zu bieten (UKHO 6.2018).

 

Gesellschaftliche Diskriminierung und Anti-Ahmadi-Propaganda sind weit verbreitet. Der Einsatz von Hassreden gegen Ahmadis wird von den Medien oftmals unkritisch behandelt. Gegen Ahmadi-Geschäftsleute aller gesellschaftlichen Klassen erfolgen auch Kampagnen zum wirtschaftlichen Ausschluss bis hin zu Morddrohungen (UKHO 6.2018). Im Vorfeld der Wahlen 2018.

 

Menschenrechtsgruppen sehen die Ahmadis wegen der rechtlichen Diskriminierung und wachsenden religiösen Intoleranz als vulnerabelste Gruppe in Pakistan an. Gemäß Einschätzung des Australischen Ministeriums für Äußere Angelegenheiten und Handel (DFAT) sind Ahmadis einem hohen Risiko staatlicher Diskriminierung ausgesetzt, das ihre Möglichkeiten zur freien Religionsausübung und zur politischen und sozialen Partizipation einschränkt. Gemäß Einschätzung von DFAT ist das Risiko sozialer Diskriminierung und Gewalt gegen Ahmadis aufgrund großer Protestveranstaltungen der Khatm-e-Nabuwat-Bewegung in den Jahren 2017 und 2018 gestiegen (DFAT 20.2.2019).

 

Die scheckkartenartige "Computerized National Identity Card" (CNIC) identifiziert dessen Besitzer nicht als Ahmadi, da diese Information nicht auf der Karte angegeben ist (UKHO 6.2018). Bei Beantragung der CNIC muss die eigene Religion angegeben werden. Personen, die sich als Muslime verzeichnen lassen wollen, müssen eine Deklaration unterschreiben, in der sie den Propheten der Ahmadis verurteilen (UKHO 6.2018; vgl. USDOS 29.5.2018) Im Reisepass wird als Religionszugehörigkeit "Ahmadi" angegeben, wenn der Antragsteller sich als solcher deklariert (USDOS 29.5.2018).

 

Die genannte Voraussetzung hält die Gemeinde der Ahmadis effektiv von der Beschaffung rechtlicher Dokumente ab und übt Druck auf sie aus, gegen ihren Glauben zu handeln um ihre Bürgerrechte, einschließlich des Wahlrechts, wahrnehmen zu können, bzw. riskieren sie rechtliche Probleme wenn sie sich als Muslime deklarieren (UKHO 6.2018, vgl. USDOS 13.3.2019). Als einzige religiöse Minderheit werden Ahmadiya-Angehörige auf einer gesonderten Wählerliste geführt (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 29.5.2018), dadurch sind Ahmadis exponierter gegen Bedrohungen und Angriffe. Viele Ahmadis nehmen daher nicht am politischen Prozess teil (USDOS 29.5.2018). Ahmadis sind derzeit nicht im Parlament vertreten, weil sie sich selbst als Muslime verstehen und deshalb nicht für die Listenplätze der Parteien für nichtmuslimische Minderheiten kandidieren (AA 21.8.2018).

 

Im September 2018 wurde der Ahmadi Atif R. Mian von Premierminister Imran Khan in das Economic Advisory Council berufen. Es kam zu starken Druck von religiösen politischen Parteien, weswegen Mian nur kurze Zeit nach seinem Amtsantritt zurücktreten musste (Dawn 7.9.2018). Eine Änderung am Antrittseid, die es Ahmadis etwas erleichtert hätte, aktiv und passiv an Wahlen teilzunehmen (Nation 19.11.2017) führte im November 2017 zu einer etwa dreiwöchigen Blockade des Autobahnknotens Fayzabad Interchange in Islamabad. Die Änderung am Eid wurde durch einen Parlamentsbeschluss rückgängig gemacht, dennoch wurden die Proteste fortgesetzt und der Rücktritt des Justizministers erwirkt (Dawn 28.11.2017).

 

[...]

 

Ethnische Minderheiten

 

Pakistan ist ein multiethnischer und multilingualer Staat (GIZ o. D.). Laut Volkszählung 2017 leben in Pakistan ca. 207,7 Millionen Menschen (PBS 2017d). Laut CIA World Factbook ist die ethnische Zusammensetzung: Punjabi 44,7 %, Paschtunen 15,4 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 8,4 %, Muhajirs 7,6 %, Belutschen 3,6 %, andere ethnische Gruppen 6,3 % (CIA 5.2.2019). Laut Volkszählung 2017 ist die Bevölkerungsverteilung nach Muttersprache: Punjabi 44,15 %, Paschto 15,42 %, Sindhi 14,1 %, Saraiki 10,53 %, Urdu 7,57 %, Belutschisch 3,57 %, andere 4,66 % (PBS 2017c).

 

In Karatschi ging die Regierung seit 2013 u.a. gegen die radikalen Flügel von politischen Parteien vor, die in erster Linie eine ethnische Gruppe vertreten. Durch dieses Vorgehen konnten die Opferzahlen von politischer und religiös-konfessioneller Gewalt sowie durch Bandenkriminalität massiv verringert werden (PIPS 7.1.2018).

 

Das Pak Institute for Peace Studies (PIPS) berichtet für das Jahr 2018 von landesweit 22 Vorfällen ethnisch oder politisch motivierter Gewalt mit insgesamt 11 Todesopfern und 55 Verletzten (PIPS 7.1.2019).

 

Gemäß Menschenrechtsorganisationen wurden zahlreiche paschtunische Rechtsaktivisten sowie sindhi- und belutschische Nationalisten ohne Grund oder Haftbefehl verhaftet oder es kam zu Fällen von Verschwindenlassen. Nationalistische Parteien im Sindh beschuldigen Sicherheitsbehörden der Entführung und Tötung von sindhi-politischen Aktivisten (USDOS 13.3.2019).

 

[...]

 

Blasphemiegesetze

 

Es bestehen scharfe Gesetze gegen Blasphemie (§§ 295 a-c des pakistanischen Strafgesetzbuches). Seit 1990 verbieten § 295a das absichtliche Verletzen religiöser Objekte oder Gebetshäuser, § 295b die Entweihung des Koran, und § 295c die Beleidigung des Propheten Mohammed. Auch bei unbeabsichtigter Erfüllung des Tatbestands der Prophetenbeleidigung ist die Todesstrafe vorgesehen. In den meisten Fällen wird auf Druck von Extremisten im erstinstanzlichen Urteil die Todesstrafe verhängt; Berufungsgerichte heben solche Urteile aber oft wieder auf. So wurde bislang kein Todesurteil in einem Blasphemiefall vollstreckt (AA 21.8.2018; vgl. UKHO 1.2017).

 

Gerichte wenden die Blasphemiegesetze gegen Mitglieder der Schiiten, Christen, Ahmadis und anderer religiöser Minderheiten an (USDOS 13.3.2019). Ahmadis bleiben das Hauptziel der Verfolgung nach den Blasphemiegesetzen, die zusätzlich zu den Anti-Ahmadi-Gesetzen zur Anwendung kommen (HRW 17.1.2019; vgl. Abschnitt 16.2). Ungerechtfertigte Anzeigen wegen Blasphemie werden manchmal eingebracht, um persönliche Streitigkeiten um Landrechte zu lösen (UKHO 1.2017; vgl. BBC 8.5.2019). Die Strafgesetz-Änderung von Ende 2004, nach der nur noch höhere Polizeibeamte Ermittlungen führen dürfen, hat die Lage nicht wie erhofft verbessert (AA 21.8.2018).

 

Gerichte der ersten Instanz verlangten oft keine angemessenen Beweise in Blasphemiefällen (USDOS 13.3.2019). Falschaussagen kommen wegen der vagen Formulierung der Blasphemiegesetze und der minimalen Beweisanforderungen - nur die Aussage eines Zeugen ist notwendig - regelmäßig vor (MBZ 4.2017). Einige beschuldigte Personen verbrachten Jahre im Gefängnis, bevor Gerichte höherer Instanzen die Urteile aufhoben und die Freilassung anordneten. Berichten zufolge verweigern die Behörden in Blasphemiefällen manchmal eine Entlassung auf Kaution aufgrund des Risikos, die Angeklagten könnten fliehen oder Opfer von öffentlicher Gewalt werden. NGOs berichten, dass viele Personen, die wegen Vergehens gegen das Blasphemiegesetz in Haft sind, längere Zeiträume in Einzelhaft verbringen. Die Regierung erklärt, dass dies zum Schutz dieser Häftlinge ist (USDOS 13.3.2019).

 

Blasphemie-Vorwürfe werden immer wieder zum Anlass oder Vorwand für Mob-Gewalt oder Mordanschläge genommen (AA 21.8.2018; vgl. HRCP 3.2019). Auch ein richterlicher Freispruch kann Mob-Gewalt auslösen, insbesondere wenn es sich beim Beschuldigten um einen Angehörigen einer religiösen Minderheit handelt (UKHO 1.2017). Jemand, der einmal wegen Blasphemie verurteilt wurde, wird auch nach Freispruch durch ein Berufungsgericht vielfach von extremistischen Organisationen verfolgt (AA 21.8.2018; vgl. HRCP 3.2019). Insbesondere bei Angehörigen religiöser Minderheiten geraten Familienangehörige von Angeklagten häufig ebenfalls ins Visier von Extremisten und erhalten z.B. anonyme Drohungen (AA 21.8.2018). Gelegentlich werden Beschuldigte, deren Verteidiger oder Richter ermordet (Reuters 7.3.2016).

 

Häufig werden Anklagen wegen Blasphemie von der Bewegung Khatm-e-Nabuwwat in Gang gebracht. Die Gruppe geht bei Verdacht auf einen Blasphemiefall aktiv auf Personen zu um diese zu überzeugen, eine Anzeige wegen Blasphemie einzubringen und stellt den Klägern eine kostenfreie Rechtsvertretung zur Verfügung. Die Gruppe nutzt Einschüchterungstaktiken in den Gerichten, um Verurteilungen wegen Blasphemie durchzusetzen (Reuters 7.3.2016).

 

2017 wurden laut der NGO "Human Rights Commission of Pakistan" über 170 "Blasphemiefälle" behördlich registriert (AA 21.8.2018). Etwa drei Viertel aller Blasphemiefälle landesweit werden im Punjab bzw. 11 % in Lahore angezeigt (ET 11.3.2018; vgl. HRCP 3.2019). Während in der Mehrheit der Fälle Muslime betroffen sind, sind religiöse Minderheiten im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich überproportional betroffen (AA 21.8.2018; vgl. BBC 8.5.2019). Unter den Fällen gegen Muslime steigt der Anteil der schiitischen Minderheit (AA 21.8.2018). Mindestens 17 Personen befanden sich 2018 aufgrund von Blasphemie-Verurteilungen im Todestrakt (HRW 17.1.2019).

 

Die Blasphemiegesetze schränken die Meinungsfreiheit in Bezug auf religiöse Themen ein (USDOS 13.3.2019). Seit 2017 führt die Regierung eine Aktion Scharf gegen blasphemische Inhalte in sozialen Medien durch (USDOS 29.5.2018). Der überwiegende Teil der pakistanischen Gesellschaft unterstützt die Blasphemie-Gesetzgebung (AA 21.8.2018; vgl. BBC 8.5.2019). Im Wahlkampf zur Nationalversammlung 2018 versprach der später siegreiche Kandidat Imran Khan, die strengen Blasphemiegesetze zu verteidigen (BBC 8.5.2019).

 

Es gibt Berichte, dass die Polizei in einigen Fällen Mob-Gewalt in Folge von Blasphemie-Vorwürfen verhindern konnte (USDOS 29.5.2018). In einzelnen Fällen wurden Personen wegen Straftaten, die sie im Zuge von Selbstjustiz in Folge von Blasphemievorwürfen begingen, verhaftet (USDOS 13.3.2019). Rechtsvertreter berichten, dass die Regierung kleine Schritte in Richtung Schutz vor unbegründeten Blasphemieanklagen unternimmt, jedoch entgegen einer Anordnung vom Islamabad High Court im August 2017 hat das Parlament bisher noch kein Gesetz beschlossen, dass falsche Anschuldigungen der Blasphemie dem gleichen Strafmaß wie die Blasphemie selbst unterliegen (USDOS 29.5.2018; vgl. BBC 8.5.2019).

 

Im Oktober 2018 wurde die Christin Asia Bibi, die 2010 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt wurde, vom Obersten Gericht freigesprochen (USDOS 13.3.2019). Nach landesweiten, gewaltsamen Protesten von Anhängern der Tehreek-e-Labaik Pakistan (TLP) und Todesdrohungen gegen die Richter (DT 29.1.2019; vgl. HRW 17.1.2019) wurde das Urteil des Höchstgerichtes erneut geprüft und im Jänner 2019 wurde der Freispruch bestätigt (DT 29.1.2019). Bis zur Revisionsentscheidung wurde Asia Bibi die Ausreise aus Pakistan untersagt. Sie wurde gemeinsam mit ihrem Mann unter Behördenschutz an einem geheimen Ort in Pakistan untergebracht (SN 10.4.2019) und konnte schließlich im Mai 2019 nach Kanada ausreisen (Guardian 8.5.2019). Auch Bibis Anwalt erhielt Todesdrohungen (HRCP 3.2019).

 

[...]

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung (USDOS 13.3.2019). Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der ehemaligen FATA und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019, HRCP 3.2019). Es gibt einzelne rechtliche Einschränkungen, Wohnort, Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu wechseln (FH 1.2019)

 

Die Regierung verbietet Reisen nach Israel. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch von Studenten wird dies selten verlangt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche in staatsfeindliche Aktivitäten und Terrorismus involviert sind oder in Verbindung zu einer verbotenen Organisation stehen bzw. jene, gegen die ein Kriminalverfahren vor höheren Gerichten anhängig ist, von Auslandsreisen abhalten (USDOS 13.3.2019). Die NGO HRCP gibt an, dass Personen aus politischen Gründen auf die Exit Control List gesetzt werden und die genauen Voraussetzungen, wann eine Person auf diese Liste kommt, nicht transparent sind (HRCP 3.2019).

 

Reisebewegungen von bestimmten religiösen und Gender-Minderheiten bleiben gefährlich (HRCP 3.2019). Seit 2009 haben pakistanische Bürger das Recht, sich in Gilgit Baltistan anzusiedeln, jedoch gibt es weiterhin Einschränkungen für eine Ansiedlung in Azad-Jammu und Kaschmir (FH 1.2018). Einschränkungen der Bewegungsfreiheit gibt es für Bewohner der ehemaligen FATA durch Ausgangssperren, Umzäunungen und eine starke Zunahme an Kontrollpunkten (ICG 20.8.2018).

 

[...]

 

Grundversorgung

 

Pakistan ist mit ca. 207 Millionen Einwohnern (PBS 2017a) der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Erde. Über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, der Abhängigenquotient [Bevölkerung bis 14 und ab 65 Jahre / Bevölkerung 15-64 Jahre] liegt bei 65 % (CIA 5.2.2019).

 

Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine - trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 - teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).

 

Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u.

a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auchder Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab.

 

Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).

 

Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).

 

Die Arbeitslosigkeit in Pakistan liegt Stand 2017 offiziell etwa bei 6 % (CIA 5.2.2019). CIA hält fest, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen die Situation nicht vollständig beschreiben können, da ein großer Teil der Wirtschaft informell und die Unterbeschäftigung hoch ist (CIA 5.2.2019a; vgl. GIZ 2.2019). Kritisch ist vor allem die Situation von jungen erwerbslosen/arbeitslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren. Als Folge dieser hohen Arbeitslosigkeit gepaart mit einer Verknappung natürlicher Ressourcen, vor allem auf dem Land, kommt es zu einer verstärkten Arbeitsmigration nicht nur in die großen Städte, sondern traditionell auch in die Golfstaaten. Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten und Gastarbeitern nach Pakistan belaufen sich gegenwärtig auf ca. 5% des BIP (GIZ 2.2019a). Für das Finanzjahr 2019 (Juli 2018 bis Juni 2019) werden Rücküberweisungen von 22 Milliarden US-Dollar erwartet (KT 30.10.2018).

 

Gemäß dem Global Education Monitoring Report 2017/18 der UNESCO stellen sich die Bildungserfolge Pakistans relativ schwach dar. Die Einschulungs- und Alphabetisierungsrate Pakistans zählt zu den niedrigsten der Welt, Lediglich rund 60 Prozent der Bevölkerung (Frauen: 46%) können lesen und schreiben. Nur etwas über zwei Prozent des Bruttosozialprodukts werden in Bildung investiert. Weiterhin bleiben große Diskrepanzen in der Alphabetisierungs- und Bildungspolitik zwischen Provinzen sowie zwischen ländlichen und städtischen Gebieten bestehen.

 

Das pakistanische Bildungssystem spiegelt die anhaltende soziale Ungleichheit in der Gesellschaft wider (GIZ 2.2019b).

 

Zwar hat die aktuelle Regierung die staatlichen Ausgaben für Gesundheit deutlich gesteigert, doch sind sie weiterhin zu niedrig, um eine flächendeckende Versorgung zu gewährleisten. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben betragen 0,92 % des Bruttoinlandsprodukts (GIZ 2.2019b).

 

Das Programm Tameer-e-Pakistan soll Personen bei der Arbeitssuche unterstützen (IOM 2018). Das Kamyab Jawan Programme, eine Kooperation des Jugendprogrammes des Premierministers und der Small and Medium Enterprises Development Authority (SMEDA), soll durch Bildungsprogramme für junge Menschen im Alter zwischen 15 und 29 die Anstellungsmöglichkeiten verbessern (Dawn 11.2.2019).

 

Etwa 7,1 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2016 Zugang zum Sozialversicherungssystem (HRCP 5.2017). Etwa drei Millionen Personen leben in sklavenähnlichen Beschäftigungsverhältnissen (HRCP 3.2019).

 

Es gibt einen Mangel von zehn Millionen Wohnungen landesweit, was zu Obdachlosigkeit, illegalen Siedlungen und überhöhten Mieten führt (BTN 12.2.2019). Im Oktober 2018 kündigte Premierminister Imran Khan den Bau von fünf Millionen Wohneinheiten für Niedrigverdiener in den kommenden fünf Jahren an. Unter dem staatlichen Programm Naya Pakistan Housing Scheme (Dawn 10.10.2018; vgl. NPHS 13.10.2018) soll ein Haus 1,65 bis 2,1 Millionen Rupien kosten (BTN 12.2.2019). Die Teilnehmer am Programm bezahlen 20 Prozent des Kaufpreises im Voraus und den restlichen Betrag über 20 Jahre (NPHS 6.11.2018; vgl. BTN 12.2.2019) in monatlichen Raten zu ca. 18.500 Rupien, was ungefähr einer monatlichen Miete entspricht. Das Haus geht nach 18 Monaten ins Eigentum des Bewohners über (BTN 12.2.2019). Personen, die bereits ein Haus besitzen, können nicht am Naya Pakistan Housing Scheme teilnehmen (NPHS 13.10.2018). Der Baubeginn für die ersten 135.000 Wohneinheiten wurde für den 17.4.2019 in Islamabad und Belutschistan angekündigt (Dawn 9.4.2019).

 

[...]

 

Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen unzureichend und entspricht medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch meist nicht europäischem Standard. Die Versorgung mit zuverlässigen Medikamenten und eine ununterbrochene Kühlkette sind nicht überall gesichert (AA 13.3.2019).

 

In Islamabad und Karatschi ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem hohen Niveau und damit auch teuer (AA 13.3.2019). In modernen Krankenhäusern in den Großstädten konnte - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die am weitesten verbreiteten Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z. B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden und sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 21.8.2018).

 

In staatlichen Krankenhäusern, die i.d.R. europäische Standards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies auf schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen, nicht zu. Hier können zum Teil gemeinnützige Stiftungen die Kosten übernehmen (AA 21.8.2018).

 

Im Verhältnis gibt es einen Arzt für 957 Personen, ein Krankenhausbett für 1.500-1.600 Personen und einen Zahnarzt für

9.730 Personen. Das relative Verhältnis des medizinischen Personals zur Bevölkerungszahl hat sich in den vergangenen Jahren leicht verbessert (HRCP 3.2019; vgl. HRCP 18.4.2018).

 

Das Gesundheitswesen fällt vorwiegend in die Zuständigkeit der Provinzen. In der Organisation wird zwischen Primär-, Sekundär- und Tertiärversorgung unterschieden. Die Primärversorgung erfolgt in Basic Health Units (BHU) und Rural Health Centers mit einem Einzugsbereich von 25.000 bis 100.000 Menschen. Die Sekundärversorgung erfolgt in Tehsil Head Quarters und District Head Quarters mit einem Einzugsbereich von 500.000 bis 3 Millionen Menschen. Diese Einrichtungen bieten eine große Zahl ambulanter und stationärer Behandlungen an. Der tertiäre Sektor bietet eine hoch spezialisierte stationäre Versorgung; in der Regel werden Patienten vom primären und sekundären Einrichtungen überwiesen (IJARP 10.2017).

 

Zugänglichkeit und Leistbarkeit für Gesundheitsdienste sind insbesondere für die ländliche Bevölkerung problematisch, da es einen ernsten Mangel an qualifiziertem Gesundheitspersonal und unzureichende Finanzierung der primären Versorgungsebene gibt (IJARP 10.2017). Eine ständig steigende Bevölkerungszahl in Zusammenhang mit ineffizienter und missbräuchlicher Verwendung ohnehin beschränkter finanzieller Mittel werden als Hauptgründe für den relativ schlechten Zustand des Gesundheitswesens gesehen (SBP 1.2018).

 

Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren (HRCP 3.2019) führt der Großteil der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen keine zufriedenstellende Behandlung durch. Die Menschen tendieren dazu, private Einrichtungen aufzusuchen (Kurji et al 2016; vgl. HRCP 3.2019). Diese sind jedoch für die ärmere Bevölkerung unleistbar (Kurji et al 2016). Ebenso suchen viele Menschen traditionelle Heiler (Hakims), Homöopathen und Quacksalber auf (RPHS 19.6.2016).

 

Mehr als 15 Millionen Menschen in Pakistan leiden an einer psychischen Erkrankung, jedoch gibt es nur fünf staatliche psychiatrische Krankenhäuser und es gibt weniger als 300 qualifizierte Psychiater, die in Pakistan praktizieren. In konservativen Regionen ist eine psychische Erkrankung mit einem sozialen Stigma verbunden (BBC 29.9.2016).

 

73 % der Bevölkerung sind ohne staatliche Krankenversicherung; 57 % in den Städten und 83 % am Land (ILO 2017). Es gibt staatliche Sozialleistungen für Angestellte in Betrieben mit mehr als fünf Mitarbeitern und bis zu einem Gehalt von 15.000 Rupien pro Monat (18.000 in Punjab) sowie für von ihnen abhängige Personen. Ausgenommen von den Sozialleistungen sind Mitarbeiter in Familienbetrieben und Selbständige. Für Mitarbeiter im öffentlichen Dienst und der Eisenbahn sowie Mitglieder der Armee, der Polizei und der örtlichen Verwaltung gibt es eigene Systeme. Begünstigte erhalten allgemeinmedizinische Leistungen, Medikamente, Krankenhausbehandlungen und Krankentransporte. Während der Krankheit wird 75 % des Gehalts weiterbezahlt (100 % bei Tuberkulose und Krebs; in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa generell 50 % Gehaltsfortzahlung). Die Begünstigung setzt sich bei Beendigung des Dienstverhältnisses für sechs Monate oder für die Dauer der Krankheit (je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt) fort (USSSA 3.2017).

 

Das staatliche Wohlfahrts-Programm Bait-ul-Mal vergibt Unterstützungsleistungen und fördert die Beschaffung von Heilbehelfen (PBM o.D.).

 

Die nichtstaatliche Entwicklungshilfeorganisation Aga Khan Development Network betreibt landesweit 450 Kliniken, fünf Krankenhäuser sowie ein Universitätskrankenhaus in Karatschi und fördert zahlreiche Projekte auf lokaler Ebene, um den Zugang zur Grundversorgung zu verbessern (AKDN o.D.).

 

[...]

 

2. Beweiswürdigung:

 

2.1. Zu den Feststellungen zur Person der beiden Beschwerdeführer:

 

Die Feststellungen zu den Namen, den Geburtsdaten zur Staats-, und zur Volksgruppenzugehörigkeit der beiden Beschwerdeführer und ihrem Aufenthaltsort in Pakistan ergeben sich aus ihren Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und dem Bundesverwaltungsgericht. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers in ihren jeweiligen Verfahren. Beide Beschwerdeführer haben weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente, die ihre Identität zweifelsfrei belegen hätten können und mit ihren Identitätsangaben übereinstimmen würden, vorgelegt.

 

Die Feststellung über ihre Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmadies stützt sich auf ihre Angaben im Verfahren und auf die Vorlage von Bescheinigungen der in Österreich ansässigen Ahmadiyya Muslim Jamaat vom 13.03.2018, wonach beide Beschwerdeführer seit ihrer Geburt Angehörige der Glaubensgemeinschaft der Ahmadis seien.

 

Die Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer am 26.07.2016 in Bulgarien unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , als Staatsangehöriger von Afghanistan einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, stützt sich auf das aufgrund des mit Bulgarien eingeleiteten Konsultationsverfahrens erteilte bulgarische Antwortschreiben vom 12.10.2017.

 

Ebenso stützt sich die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer in Begleitung seines Vaters, des Erstbeschwerdeführers, am 26.07.2016 in Bulgarien einen Asylantrag unter dem Namen XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Pakistan, gestellt hat, auf das Antwortschreiben der bulgarischen Behörden vom 12.10.2017.

 

Die Feststellungen über die Kenntnis ihrer Landessprachen Urdu und Punjabi beruht auf ihren eigenen Angaben.

 

Die Feststellung über ihre Schulbildung, Berufstätigkeit und Berufserfahrung in Paktistan beruhen auf ihren diesbezüglich Angaben.

 

Die Feststellung, dass der Erst- und der Zweitbeschwerdführer gesund sind und keine Medikamente nehmen stützen sich auf ihre eigenen Angaben.

 

Die Feststellungen über den Zweitbeschwerdeführer in Bezug auf seine Tätigkeit als Zeitungszusteller bzw. seine Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Austausch von Fußabstreifern und das daraus erzielte Einkommen beruhen aus seinen eigenen Angaben, wie auch die Feststellung, dass er weder über eine Beschäftigunsgbewilligung noch über einen Gewerbeschein verfügt.

 

Ebenso stützt sich die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdefüher ein oder zwei Monate nach seiner Antragstellung auf internationalen Schutz in Österreich unerlaubt nach Italien weitergereist ist, auf seine eigenen Angaben.

 

Die Feststellung, dass weder der Erst- noch der Zweitbeschwerdefüher keine die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Schritte einer außergewöhnlichen Intetration gesetzt haben, die jedenfalls das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber ihren persönlichen Interessen in den Hintergrund treten lässt, stützt sich zum einen auf den Umstand, dass sie sich erst seit rund 2 Jahren und drei Monaten im Bundesgebeit aufhalten und keine integrationsbegründenden Schritte gesetzt haben. Beide Beschwerdeführer verfügen über kaum nennenswerte Kenntnisse der deutschen Sprache pflegen keine Kontakte zu Österreichen und nehmen weder an ehenamtlichen noch an sozialen oder kulturellen Aktivitäten teil. Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich über einen aufenthaltsberechtigten Neffen verfügt, vermag daran nichts zu ändern, da der Erstbeschwerdeführer kein zu diesem Neffen bestehendes intensives Abhängigkeitsverhältnis aufzeigte.

 

Zudem haben sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer den Großteil ihres bisherigen Lebens in Pakistan verbracht, dort die Schule besucht und sind dort einer Erwerbstätigkeit nachgegangen, sodass nicht davon auszugehen ist, dass sie diesem Kulturkreis völlig entrückt wären.

 

Die Feststellung, dass die beiden Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, stützt sich auf die Einsichtnahme in ihre aktuellen Strafregisterauszüge.

 

2.2. Zu den Fluchgründen der Beschwerdeführer:

 

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es bei den in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

 

2.2.1. Zum Erstbeschwerdeführer:

 

Der Erstbeschwerdeführer schildert über sein gesamtes Verfahren hinweg seine Gründe, warum er Pakistan verlassen haben müsse recht vage und sie wirkt dürftig und konstruiert.

 

Wenn der Erstbeschwerdeführer in seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch davon spricht, dass er Pakistan verlassen habe, da er dort als Rikscha Fahrer zu wenig verdient hätte um seine Familie zu ernähren, weshalb ihm Freunde geraten hätten, nach Deutschland zu kommen, steigert er sein Vorbringen anlässlich seiner Einvernahme vor dem Bundesamt insofern, als er nun angibt, als Rikscha Fahrer mit Personen die nicht zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya zu gehören, Probleme gehabt zu haben und ihm diese Personen seine Rikscha zerstört und ihn mit dem Umbringen bedroht hätten. Zudem führte er aus, dass man sie in Pakistan nicht wolle und es dort Bombenanschläge gäbe und ihre Moscheen in Brand gesetzt würden.

 

Über das ganze Verfahren hinweg, war es dem Erstbeschwerdeführer - trotz Nachfragens beim Bundesamt und während der mündlichen Beschwerdeverhandlung - nicht möglich, konkrete Angaben, zu den von ihm geschildetern Bedrohungs- bzw. Verfolgungssituationen darzutun. Wenn auch der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt eine namentlich aber bereits verstorbenen Person als jenen, der ihn mit dem Umbringen bedroht habe, anführt, so berichtet er in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bloß noch davon, dass Leute gegen sie eingestellt gewesen wären, diese Personen ihn nicht Kunden mit seiner Rikscha hätten transportieren lassen und diese Personen sie als noch niedriger als Hindu betrachten würden. Im Zuge seiner Befragung vor dem Bundesamt konnte der Erstbeschwerdeführer keine Angaben zum Zeitpunkt der von ihm geschildeteren Vorfälle machen. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer auf die Frage des erkennenden Richters an, dass sich der Vorfall, bei dem seine Rikscha zerstört und er mit dem Umbringen bedroht worden wäre, ca. ein Jahr vor seiner tatsächlichen Ausreise aus Pakistan zugetragen hätte, wohingegen er auf die Frage seiner Rechtsvertretung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausführte, dass sich dieser Vorfall zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Pakistan zugetragen hätte.

 

Diese Schilderungen von Vorfällen, bei dem der Erstbeschwerdeführer - seinen eigenen Angaben zufolge - doch um sein Leben hätte fürchten müssen, sind demnach unbestimmt, oberflächlich und von wenig Substanz, die nicht darauf schließen lassen, dass er das Erzählte tatsächlich erlebt hat. Umsomehr der Erstbeschwerdeführer seine Aussagen erst über ausdrückliches Nachfragen etwas konkreter formulierte wobei es sich allerdings auch in diesen Fällen darauf beschränkte, das ihm Widerfahren mit Sätzen wie "Die Leute waren gegen uns. Sie haben gesagt, sie werden es nicht erlauben, dass ich mit der Rikscha fahren." oder "Sie haben gesagt, dass wir keine Kunden nehmen dürfen, weil wir Marjai sind. Sie waren dann gegen uns eingestellt und wollten uns auch umbringen" (siehe Verhandlungsschrift S. 13). Solch knappe und im Wesentlichen auf Gemeinplätze beschränkte Aussagen sind nicht geeignet, eine wie vom Erstbeschwerdeführer behauptete schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu veranlasst hätte, sein Heimatland zu verlassen.

 

Auch sein in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erstmals erstattetes Vorbringen, dass sein Onkel bereits 2003 von diesen Leuten umgebracht worden wäre, ist im Hinblick darauf, dass der Zweitbeschwerdeführer diesen Vorfall in das Jahr 2001 einreihte, nicht geeignet die Glaubhaftmachung seiner Vorbringen zu stützen. Zudem hat der Erstbeschwerdeführer auch nicht nachvollziehbar dargelegt, warum er dieses Vorbringen nicht schon im Verfahren vor dem Bundesamt hätte darlegen können. Jedenfalls ist seine Verantwortung, dass er bisher nicht danach gefragt worden wäre, nicht plausibel bzw. stellt diese Verantwortung keinen in § 20 Abs. 1 BFA-VG dargelegten Ausnahmegrund vom Neuerungsverbot dar.

 

Auch aus der in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Bestätigung über die Zugehörigkeit zur der Gemeinschaft der Ahmadis vom 13.03.2018 lässt sich für den Erstbeschwerdeführer nichts gewinnen, da er weder Tätigkeiten für die Ahmadi-Gemeinde oder insbesondere eine herausragende Funktion innerhalb dieser Gemeinde vorgebracht hat. Vom Erstbeschwerdeführer wurde auch nicht dargetan, dass er sich in irgendeiner Form in leitender Funktion exponiert hat, aufgrund welcher er in den Blickwinkel der pakistanischen Behörden bzw. von militanten Mitgliedern der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam, die die islamische Religionsgemeinschaft der Ahmadiay als nicht muslimisch ansehen, geraten wäre. Vielmehr hat sich das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers in allgemein gehaltenen und nicht näher substantiierten Aussagen erschöpft, wonach in Pakistan eine Gruppierung von "Nicht-Ahmadis" ihn hätte töten wollen bzw. ihm seine Rikscha zerstört hätte.

 

Das erkennende Gericht kommt daher in einer Gesamtschau zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers die Glaubhaftigkeit zu versagen ist und er Pakistan in Wahrheit nicht aus Furcht vor Verfolgung verließ.

 

2.2.2. Zum Zweitbeschwerdeführer:

 

Der Zweitbeschwerdeführer stützt sein Fluchtvorbringen im Zuge seiner Befragung vor dem Bundesamt im Wesentlichen darauf, dass in Pakistan in ihrem Dorf auf ihre Moschee geschossen worden wäre. Sein Vater hätte ihm erzählt, dass man ihn gesehen hätte, als er in ihre Moschee gegangen wäre und man ihn deshalb nicht am Leben lassen würde.

 

Im Zuge seiner Befragung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung berichtete der Zweitbeschwerdeführer davon, dass bereits im Jahre 2001 ein Onkel seines Vaters (des Erstbeschwerdeführers) ermordert worden wäre. Nach diesem Vorfall seien sie alle nach Faisalabad umgezogen, doch hätten die "Nicht-Ahmadis" herausgefunden, dass sie nun in Faisalabad wohnten. Ein oder zwei Monate, nachdem sie nach Faisalabad umgezogen wären, hätte es einen Vorfall mit der Rikscha seines Vaters gegeben. Dass der Onkel seines Vaters 2001 getötet worden wäre, wisse er aus Erzählungen seiner Mutter. Auch im Falle des Zweitbeschwerdefühers ist für den erkennenden Richter, nicht nachvollziehbar, warum er dieses Vorbringen nicht schon im Verfahren vor dem Bundesamt hätte darlegen können.

 

Ebenso lässt sich aus der in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorgelegten Bestätigung über die Zugehörigkeit zur der Gemeinschaft der Ahmadis vom 13.03.2018 für den Zweitbeschwerdeführer nichts gewinnen, da er weder Tätigkeiten für die Ahmadi-Gemeinde oder insbesondere eine herausragende Funktion innerhalb dieser Gemeinde vorgebracht hat. Vom Zweitbeschwerdeführer wurde auch nicht dargetan, dass er sich in irgendeiner Form in leitender Funktion exponiert hat, welche ihn für die pakistanischen Behörden bzw. für islamistische Gruppierungen interessant gemacht hätte. Vielmehr hat sich das Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers darin erschöpft, dass auf ihre Moschee geschossen worden wäre und dass er in der Schule von den anderen Kindern schikaniert worden wäre, weil er nicht wisse wie man bete und dass Kinder mit Steinen auf ihr Haus geworfen hätten.

 

Somit reicht dieses sehr allgemein gehaltene Fluchtvorbringen jedenfalls nicht aus, eine objektive und konkret gegen den Zweitbeschwerdeführer gerichtete Drohung oder Verfolgung von erheblicher Intensität mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit glaubhaft darzustellen.

 

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

 

2.3.1. Zur allgemeinen Sicherheitslage:

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die schwierige Sicherheitslage in Pakistan und dass das zentrale Problem für die innere Sicherheit Pakistans die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt, wobei die Zahl der landesweit verübten terroristischen Angriffe seit 2009 zurückgegangen ist.

 

Den oben wiedergegeben Länderinformationen ist zu entnehmen, dass die Taliban und andere terroristische Organisationen Anschläge insbesondere in Belutschistan und in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa verüben, aber auch in Großstädten wie Karachi, wobei 2018 über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa entfielen. Diese Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis, ab.

 

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiöskonfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel. Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren.

 

Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.11.2019 wurde den beiden Beschwerdeführern die aktuellen Länderberichte dargelegt und diesen die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

 

In ihren schriftlichen Stellungnahmen vom 29.11.2019 führten beide Beschwerdeführer aus, dass sie als Angehörige der Religionsgemeinschaft der Ahmadis in ihrer Heimat permanent Diskriminierungen und Verfolgung ausgesetzt gewesen wären. Ihre Angaben würden den allgemein zugänglichen Informationen und Medienberichten entsprechen. In der Folge zitieren die beiden Beschwerdeführer aus den ihnen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung überreichten Länderfeststellungen über Pakistan und ergänzen diese durch weitere Medienbereichte, wie der "Thüringer Allgemeine".

 

Dieses in ihrer gemeinsamen Stellungnahme vom 29.11.2019 nicht weiter substantiierte Vorbringen ist mangels Konkretisierung im Hinblick auf das Bestehen eines exponierten Risikos der Bedrohung oder Verfolgung des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers nicht geeignet, eine Gefährdungslage, die mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit erwartet werden muss und den insoweit notwendigen Grad an Intensität erreicht um von rechtlicher Relevanz zu sein, zu begründen.

 

Im vorliegenden Fall stammen sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer aus der Provinz Punjab, konkret aus der Stadt Faisalabad, wo den einschlägigen aktuellen Länderinformationen zufolge die Sicherheitslage in dieser Provinz als gut gilt. Allerings sind auch in der Provinz Punjab mehrer militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge zu verüben, aktiv.

 

Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) wurden für das Hauptstadtterritorium Islamabad keine und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten registriert. Im Jahr 2018 wurde für das Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban. Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern.

 

Auf Grundlage dieser Länderberichte kann somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in Pakistan und insbesondere in der Herkunftsregion des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist.

 

2.3.2. Zur Gefährdung von Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Ahmadiyya auch Ahamdis:

 

Im Hinblick auf die im Verfahren angesprochene religiös motivierte Gewalt in Pakistan und zur Situation der Angehörigen der Religinsgemeinschaft der Ahmadis ist auszuführen, dass das Bundesverwaltungsgericht auf Grund der ins Verfahren eingebrachten Länderinformationen davon ausgeht, dass in Pakistan die Lage der religiösen Minderheit der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat bzw. von muslimischen Geistlichen in Pakistan nicht als Muslime anerkannt werden, als weiterhin schwierig anzusehen ist. Laut Ergebnis der Volkszählung von 2017 sind ca. 0,22 % (ca. 460.000 Personen) der Bevölkerung Pakistans Ahmadies, wobei andere Schätzungen die Zahl der Ahmadis zwischen 400.000 bis 5 Millionen annehmen. Das Zentrum der Ahmadis in Pakistan liegt in der Stadt Chenab Nager, dem vormaligen Rabwah, wo ca. 90 - 95 % der Einwohner Ahmadis sind. Weitere wichtigte Ansiedelungen der Ahmadis finden sich ua. in der Herkunftsstadt der beiden Beschwerdeführer, Faisalabad.

 

Der weiteaus größte Teil der Ahmadis lebt friedlich mit den muslimischen Nachbarn zusammen, wobei allerdings über Fälle von Repressionen Dritter gegen Ahmadis berichtet wird. Nichtsdestotrotz werden Angehörige der Religionsgemeinschaft der Ahmadis diskriminiert, da sie zwar den Stauts eines religiösen Minderheits besitzen, sich allerdings nicht als Muslime bezeichnen dürfen. Dieses Verbot ist im pakistanischen Strafgesetzbuch mit einer Strafdrohung von maximal drei Jahren Freiheitsstrafe niedergelegt. Die vorhin erwähnte Blasphemie-Gesetzgebung wird zudem dazu benutzt, um die Angehörigen der Religionsgemeinschaft der Ahmadis aus verschiedensten Motiven unter Druck zu setzen, wobei dies häufig aus wirtschaftlichen Motiven geschieht.

 

Was eine Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmaidis betrifft, ist allgemein anzumerken, das nicht erkannt werden kann, dass aufgrund dieses Umstandes ohne Hinzutreten weiterer persönlicher Gefährdungsmerkmale alleine eine Asylrelevanz zu erkennen ist. Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass die gesellschaftliche Diskriminierung und Propaganda gegen die Religionsgemeinschaft der Ahmadis weit verbreitet sind und auch Angehöriger der Ahmadi Gemeinschaft aus religiösen Gründen vereinzelt strafrechtlich belangt werden. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Angehöriger der Religionsgemeinschaft der Ahmadis in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer solcher Gewalt zu werden. Vielmehr geht das erkennende Gericht nach Würdigung und Bewertung der Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien davon aus, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Ahmadis allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung ausgesetzt sind. Solche hinzukommenden persönlichen Gefährdungsmerkmale haben aber weder der Erst- noch der Zweitbeschwerdeführer im Verfahren vorgebracht. Vielmehr haben sie beide in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausgeführt, dass in Pakistan keine Gerichtsverfahren gegen sie anhängig sind, nach ihnen in Pakistan nicht gefahndet wird und sie auch keine Probleme mit den dortigen Sicherheitsbehörden haben (vgl. Verhandlungsprotokoll S. 10 und S. 18). Die Beschwerdeführer haben auch sonst keine weiteren in ihrer Person gelegene Eigenschaften, wie etwa die Einnahme einer exponierten Stellung innerhalb der Ahmadi Gemeinschaft vorgebracht, die sie als besonders gefährdet erscheinen ließen. Die bloße Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadis bildet jedoch noch keinen ausreichenden Grund für die Asylgewährung (vgl. VwGH 22.5.2018, Ra 2018/18/0220, mwN).

 

In einer Gesamtschau sämtlicher Aspekte, kann daher eine Gefährdung des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers, allein aufgrund der Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Ahmadis schon allein mangels von ihnen konkret vorgebrachter zusätzlicher persönlicher Gefährdungsmerkmale nicht erkannt werden.

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

3. Rechtliche Beurteilung

 

Zu A)

 

3.1. Abweisung der Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 56/2018 (im Folgenden: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

 

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn ein/e Beschwerdeführer/in die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diese/n trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er/sie hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine/ihre Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt.

 

Wie schon in der Beweiswürdigung dargestellt brachten weder der Erst- noch der Zweitbeschwerdeführer sie konkret betreffenden Bedrohungssituationen in ihrem Herkunftsstaat vor. Sowohl der Erstbeeschwerdeführer als auch der Zweitbeschwerdeführer stellten zwar vage in den Raum in Pakistan von "Nicht-Ahmadis" wegen ihrer Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Ahmadis bedroht und verfolgt worden zu sein; ein daraus folgendes aktuelles Verfolgungsrisiko brachten beide Beschwerdeführer aber nicht vor und wurde im Verfahren auch nicht ersichtlich.

 

Den Beschwerdeführern ist es deshalb insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Pakistan können auch keine sonstigen Gründe erkannt werden, wonach den Beschwerdeführern im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung drohte.

 

In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund waren die Beschwerden des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers gegen Spruchpunkt I. der von ihnen angefchtenen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen.

 

3.2. Abweisung der Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof festgehalten hat, ist diese Bestimmung allerdings unionsrechtskonform im Lichte der für den Status des subsidiären Schutzes maßgeblichen Bestimmungen der Statusrichtlinie 2011/95/EU auszulegen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sind nach der Statusrichtlinie vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK. Im Lichte des Art. 3 Statusrichtlinie ist es dem nationalen Gesetzgeber auch verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuerkennen (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

 

Angesichts dessen ist im Folgenden zu prüfen, ob im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 eine reale Gefahr der Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer nach Art. 2 oder 3 EMRK im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat gegeben ist. Bejahendenfalls wäre zu prüfen, ob sich eine solche Verletzung als ernsthafter Schaden unter einen der Tatbestände des Art. 15 Statusrichtlinie subsumieren ließe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum realen Risiko einer drohenden Verletzung der Art. 2 und 3 EMRK und zur ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im innerstaatlichen Konflikt auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137):

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN).

 

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Fremden bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 und 23.09.2009, 2007/01/0515 mwN).

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR 17.07.2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR Sufi und Elmi, RNr. 217).

 

Thurin (Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung2 [2012], 203) fasst die bezughabenden Aussagen in der Rechtsprechung des EGMR dahingehend zusammen, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem "realen Risiko" und einer "bloßen Möglichkeit" prinzipiell im Vorliegen oder Nichtvorliegen von "special distinguishing features" zu erblicken ist, die auf ein "persönliches" ("personal") und "vorhersehbares" ("foreseeable") Risiko schließen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe nur in sehr extremen Fällen ("most extreme cases"), wenn die allgemeine Lage im Herkunftsstaat so ernst sei, dass praktisch jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen und unmittelbar drohenden ("real and imminent"") Risiko einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sei. Diesfalls sei das reale Risiko bereits durch die extreme allgemeine Gefahrenlage im Zielstaat indiziert.

 

Auch im Urteil der Großen Kammer vom 23.08.2016, Nr. 59166/12, J.K. u. a. gegen Schweden, beschäftigte sich der EGMR mit seiner einschlägigen Rechtsprechung und führte u.a. aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person grundsätzlich bei dieser liege (va. RNr. 91 und 96), gleichzeitig aber die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert sei, in Betracht zu ziehen seien und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheide (vgl. RNr. 94), im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden sei (RNr. 97). Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat gehe, sei jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich hätten die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liege an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen (RNr. 98).

 

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG2005 orientiert sich an Art. 15 lit. c Statusrichtlinie und umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführgen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH 17.02.2009, C-465/07 , Elgafaji, und vom 30.01.2014, C-285/12 , Diakité).

 

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl. VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

 

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden, Nr. 61204/09 und mwH).

 

Dass dem Erst- und dem Zweitbeschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Pakistan die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen oder in anderer Hinsicht die Verletzungsschwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), kann in ihren beiden Beschwerdefällen nicht angenommen werden.

 

Sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer wurden in Pakistan sozialisiert, haben dort eine mehrjährige Grundschulausbildung erfahren und haben ihren Lebensunterhalt mit Arbeiten in der Landwirtschaft bestritten. Zudem verfügen der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer über Auch wenn der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt in ihrem Herkunftsstat Pakistan über relevante familiären Anknüpfungspunkte.

 

Es sind weiters keine Umstände gerichtsbekannt, wonach in Pakistan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Pakistan auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführer für diese als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden. Schon deshalb ist die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide abzuweisen.

 

3.3. Abweisung der Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der Erlassung der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide) lauten wie folgt:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017, (in der Folge: FPG) zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

Das AsylG 2005 regelt in seinem 7. Hauptstück die Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen sowie das Verfahren zur Erteilung derselben. Die darin enthaltenen Bestimmungen lauten auszugsweise folgendermaßen:

 

"Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK

 

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und

 

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen.

 

[...]

 

"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"

 

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

 

(3) - (4) [...]

 

"Antragstellung und amtswegiges Verfahren"

 

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

 

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

 

(2) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist gemäß § 55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

(4) - (14) [...]"

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des 7. und 8. Hauptstücks des FPG lauten wie folgt:

 

"Abschiebung

 

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

(2) - (6) [...]

 

[...]

 

"Verbot der Abschiebung"

 

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

[...]

 

"Rückkehrentscheidung"

 

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

 

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

 

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

(3) - (8) [...]

 

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

(10) - (11) [...]

 

[...]

 

"Frist für die freiwillige Ausreise"

 

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

(4) - (5) [...]"

 

§ 9 BFA-VG lautet wie folgt:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

(4) - (6) [...]"

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Gemäß § 58 Abs. 2 leg.cit. ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 leg.cit. nur von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen nicht vor, weil weder der Aufenthalt des Erst- noch des Zweitbeschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist und beide Beschwerdeführer auch nicht Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 wurden. Weder hat der Erst- noch der Zweitbeschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 leg.cit. behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

 

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

 

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine

 

Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Zu einem allfälligen Eingriff in ein mögliches Familienleben des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers in Österreich ist Folgendes festzuhalten:

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527; 23.02.2011, 2011/23/0097; 08.09.2010, 2008/01/0551, mwH). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK begründet, stellt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0527 mit Hinweisen auf die diesbezügliche EGMR-Judikatur).

 

Der erwachsene Erst- und der erwachsene Zweitbeschwerdeführer verfügen im österreichischen Bundesgebiet über keinen relevanten familiären Anknüpfungspunkt.

 

In Bezug auf das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, dass er in Österreich über einen erwachsenen Verwandten in Form seines hier lebenden Neffen verfügt ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof wiederholt festgestellt hat, dass eine solche Beziehung unter Erwachsenen nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK fällt, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen zwischen erwachsenen Personen hinausgehen (vgl. etwas das Erkenntis des VfGH vom 9. Juni 2006, B 1277/04). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinen Entscheidungen wiederholt daran erinnert, dass zwischen Eltern und erwachsenen Kindern oder zwischen erwachsenen Geschistern kein Familienleben iSv. Art. 8 EMRK bestehe, solange diese Personen keine zusätzlichen Elemente einer Abhängigkeit nachweisen können (vgl. etwa EGMR 30.06.2015, 39350/13). Der Erstbeschwerdefüher hat allerding eine solche zusätzlichen Abhängigkeitsmerkmale von seinem Neffen weder im Administrativverfahren noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dargelegt.

 

Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegenüber dem Erst- und dem Zweitbeschwerdeführer könnten daher allenfalls lediglich in ihr Privatleben eingreifen.

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen eines Menschen zu verstehen (vgl. EGMR 15.01.2007, Sisojeva ua. gegen Lettland, Appl. 60.654/00). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 mwH).

 

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwH).

 

Es wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zwar nicht verkannt, dass sich der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer seit rund zwei Jahren und vier Monaten in Österreich befinden (Antragstellung im August 2017) und in diesem Zeitraum auch davon auszugehen ist, dass sie sich um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemühen, wenngleich sie beide weder über nennenswerte Deutschkenntnisse noch über Freundschaften zu Österreichen und auch keine eherenamtlichen Tätigkeiten in Österreich ausüben.

 

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur sind die Integratinsbemühungen der beiden Beschwerdeführer nicht derart ausgeprägt, dass von einem schützenswerten Privatleben des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers iSd Art. 8 EMRK auszugehen ist.

 

Sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer halten sich in Bezug auf ihr Lebensalter erst seit einem relativ kurzen Zeitraum in Österreich auf und kann auch aufgrund der nicht übermäßig langen Abwesenheit aus ihrem Heimatland Pakistan nicht davon ausgegangen werden, dass bereits eine völlige Entwurzelung vom Herkunftsland stattgefunden hat.

 

Der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer halten sich seit ihrer Antragstellung im Bundesgebiet auf, wo sie nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in ihrem Asylverfahren verfügt haben. Beide Beschwerdeführer reisten illegal nach Österreich ein und stellten in weiterer Folge jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz, der sich als unberechtigt erwies. Die Dauer ihrer Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie dem Bundesverwaltungsgericht überstieg zudem nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen (vgl. VfSlg. 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Butt gegen Norwegen, Appl. 47.017/09, 85 f.).

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass die strafrechtliche Unbescholtenheit der beiden Beschwerdeführer weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen vermögen (z.B. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253). Zudem ist auszuführen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes selbst einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 2005 und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323, mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612, und 29.06.2010, 2010/18/0195, jeweils mwN); es kommt auch nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob dem Beschwerdeführer ein "Vorwurf" im Hinblick auf eine unterlassene Integration am Arbeitsmarkt zu machen ist, sondern darum, ob sie ihm objektiv gelungen ist oder nicht (vgl. VwGH 19.04.2012, 2010/21/0242).

 

Das Interesse der Beschwerdeführer an der Aufrechterhaltung privater Kontakte in Österreich ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass sie sich bei ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet stets seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten: Sie durften sich hier bisher nur auf Grund seines Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der als unbegründet abzuweisen war (vgl. z.B. VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; vgl. auch EGMR 08.04.2008, Appl. 21.878/06, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß auf Grund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat; in diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg. 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).

 

Schließlich ist festzuhalten, dass es beiden Beschwerdeführern bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007, 861).

 

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrages verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall nach den oben dargelegten Erwägungen jedenfalls schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung iSd § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Erst- und des Zweitbeschwerdeführers im Bundesgebiet ihr persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, wonach in den gegenständlichen Fällen eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG stellt sohin keine Verletzung des Rechts der Beschwerdeführer auf Privat- und Familienleben gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iVm Art. 8 EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist daher nicht geboten.

 

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG 2005 liegen vor: Da die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurden, ist jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 leg.cit. von Amts wegen zu erteilen.

 

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das 6. oder 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Dies entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der vorliegenden Entscheidung verneint.

 

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Pakistan nicht.

 

Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, sind die Beschwerden gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

 

3.4. Abweisung der Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide:

 

Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide):

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 leg.cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Gemäß § 55 Abs. 2 leg.cit. beträgt diese Frist 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, wenn nicht im Rahmen einer (vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden) Abwägung festgestellt worden ist, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß § 55 Abs. 3 leg.cit. kann, wenn besondere Umstände überwiegen, die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als den 14 Tagen festgesetzt werden; die besonderen Umstände hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen, zugleich hat er einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.

 

Da derartige besondere Umstände von beiden Beschwerdeführern nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide sind daher als unbegründet abzuweisen.

 

Zu B)

 

Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte