BVwG W226 2149768-2

BVwGW226 2149768-230.7.2018

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W226.2149768.2.00

 

Spruch:

W226 2149768-2/2E

 

W226 2149764-2/2E

 

W226 2149766-2/2E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) des XXXX , geb. XXXX ,

2.) der XXXX , geb. XXXX und 3.) des XXXX , geb. XXXX , alle StA:

Ukraine gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 01.03.2018, 1.) Zl. 830052609-170703135, 2.) Zl. 1030379302-170703653, 3.) Zl. 1112214509-170703777 nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

 

A)

 

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

 

Der Erstbeschwerdeführer (in der Folge BF1) gelangte laut Aktenlage am 12.01.2013 gemeinsam mit seinen beiden Eltern illegal in das Bundesgebiet. Zu dem in der Folge gestellten Antrag auf internationalen Schutz erfolgte am 14.01.2013 die Befragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Der BF1 gab dabei an, staatenlos und von der Volksgruppe her ein Jezide zu sein. Er sei nicht verheiratet und stamme - ebenso wie seine Eltern - aus dem Gebiet XXXX , also aus der Russischen Föderation.

 

Der BF1 schilderte in weiterer Folge einen Fluchtweg vom Gebiet XXXX über die russische Hauptstadt XXXX und dann in weiterer Folge auf nicht näher beschreibbaren Wegen bis Österreich in einem Taxi, zwei kleine Grenzübergänge habe er wahrgenommen, habe aber nicht aussteigen müssen.

 

Auch den Fluchtgrund beschrieb der BF1 in weiterer Folge mit Vorfällen wegen Rassismus in der Russischen Föderation, er sei in der Russischen Föderation mehrmals von Skinheads zusammengeschlagen worden. Die Skinheads hätten seinem Vater gesagt, dass der Vater den Skinheads Geld geben müsse, sonst würde er den BF1 nur stückweise zurückbekommen, die Skinheads hätten versucht, ihn zu erpressen.

 

In weiterer Folge wurde der BF1 vor dem Bundesasylamt zu seiner Person und zu seinen Fluchtgründen einvernommen, in diesen Einvernahmen, etwa am 25.03.2013, beharrte der BF1 darauf, in der Russischen Föderation, in der Region XXXX , geboren zu sein und staatenlos zu sein, er habe keine Dokumente vorzulegen, die seine Identität bestätigen würden, er habe in der Russischen Föderation keine Bestätigungen gehabt, ein einziges Dokument im Zusammenhang mit seiner Geburt sei beim Umzug aus der Region XXXX in die Region XXXX verloren gegangen.

 

Erneut schilderte der Beschwerdeführer angebliche Probleme in der Russischen Föderation mit Skinheads, er sei dort verprügelt worden, er habe sie angezeigt, die Leute seien jedoch freigesprochen worden. Sein eigener Vater habe diese Personen geschlagen, weil es seitens der Justiz in Russland keine Gerechtigkeit gegeben habe und hätten sich die geschlagenen Skinheads dann bei "Banditen" beschwert, diese Banditen hätten dann begonnen, den Vater des BF1 zu verfolgen. Nach den Drohungen durch Banditen habe der Vater beschlossen, dass sie gemeinsam die Russische Föderation verlassen sollten. Sie hätten in Russland auch mit der Polizei gesprochen und hätten die Polizisten gesagt, dass sie selbst Familie und Kinder hätten und deshalb nichts gegen diese Leute tun könnten. Daraufhin hätte der BF1 mit seinen Eltern die Tiere der Landwirtschaft verkauft, um die Flucht zu finanzieren.

 

Weitere Nachforschungen des Bundesasylamtes ergaben, dass der BF1 bereits in Deutschland unter ganz anderer Identität ein Asylverfahren angestrengt hatte und dabei unter einer anderen Identität und als armenischer Staatsbürger dokumentiert worden ist. Dieses Asylverfahren in Deutschland wurde im Jahr 2003 negativ abgeschlossen und der BF1 in weiterer Folge offensichtlich im Jahr 2004 aus Deutschland abgeschoben. Dazu gab der BF1 im Zuge einer Befragung am 25.06.2013 an, dass er kein Staatsangehöriger der Republik Armenien sei und auch niemals in Deutschland gewesen sei.

 

In weiterer Folge ergab sich - offensichtlich im Zusammenhang mit einem diesbezüglichen Verfahren wegen Auslieferung des Vaters des BF1 in die Ukraine - dass alle Familienmitglieder Staatsbürger der Ukraine sind und gegen den Vater des BF1 in der Ukraine strafrechtliche Ermittlungen geführt werden. Nach diesbezüglicher Aussage des Vaters des BF1 wurde dem BF1 nunmehr in weiterer Folge durch das Bundesasylamt vorgehalten, dass laut Angaben des Vaters er in Wirklichkeit eine ganz andere Identität besitze und ukrainischer Staatsangehöriger sei. Der BF1 gab an, dass dies der Wahrheit entspreche, der Vater habe dort Probleme mit Behörden, nicht mit der Polizei, sondern mit einer Behörde, die mit der inneren Sicherheit der Ukraine zu tun habe. Von diesen Behörden sei die Familie des BF1 beschattet worden, es sei gesagt worden, dass sie Drogenabhängige seien. Der Vater sei auch mitgenommen worden, bei einem anderen Mal sei etwas im Zusammenhang mit dem Zoll gewesen. Immer wieder seien die Männer zu ihnen gekommen und hätten den Vater mitgenommen und diesen nach zwei bis drei Tagen wieder frei gelassen. Sie hätten auch Beschwerden an die Polizei und die Staatsanwaltschaft geschrieben, der Vater sei auf der Flucht gewesen und sei deshalb der BF1 selbst observiert worden. Er sei aufgefordert worden zu sagen, wo der Vater sei, ansonsten würde er eingesperrt werden. Er habe das nicht bereits früher gesagt, weil er ja nicht sicher gewesen wäre, ob nicht alles in die Ukraine weitergeleitet wird und der Vater verhaftet wird.

 

Am 03.09.2013 wurde dem BF1 durch das Bundesasylamt Gelegenheit gegeben, seine eigenen Fluchtgründe zu schildern und führte er nunmehr aus, dass er in der Ukraine als LKW-Fahrer gearbeitet habe und von drei oder vier Leuten nach seinem Vater befragt worden sei. Einmal im August 2012 seien sie in das Haus gekommen und hätten nach dem Vater gefragt, dabei hätte die Familie gerade Tee getrunken und hätten die Männer den Tisch gestoßen. Der heiße Tee habe daraufhin die Haut eines Neffen verbrannt und habe er im Zorn gemeinsam mit seinem Schwager die Scheibe des Polizeiautos eingeschlagen. Die Männer seien dann wieder weggefahren. Die Männer hätten in weiterer Folge den Schwager am Markt zu Rede gestellt und nach dem Vater gefragt. Außerdem hätten die Männer dem Schwager gesagt, dass er ihnen 10000 USD wegen der kaputten Scheibe am Auto schulde.

 

Auf die Frage, um wen es sich konkret bei diesen Leuten gehandelt habe, führte der BF1 aus, dass er nicht wisse, ob es sich um Beamte aus der Großstadt oder aus seiner Kleinstadt, des Sicherheitsdienstes oder der Grenzpolizei handle, sie seien zivil gekleidet gewesen. Nach einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft seien die Männer dann nicht mehr in das Haus gekommen, sondern hätten das Haus nur mehr beobachtet.

 

In weiterer Folge schilderte der BF1 eine angebliche Ausreise mit Visum in die Tschechische Republik, von dort seien sie mit dem Auto nach Österreich gebracht worden. Er selbst sei mit dem Auslandspass von XXXX nach XXXX geflogen.

 

Dem Vater sei alles Mögliche vorgeworfen worden, Mord, Drogensucht, Ketchup-Diebstahl. Die Männer hätten inzwischen einen anderen gefunden, dem sie den Mord anhängen konnten, dieser "sitze" immer noch. Somit blieben für den Vater noch der Diebstahl und die Drogensucht über. Der Sohn des Chefs des BF1 habe bei der Staatsanwaltschaft gearbeitet und habe den BF1 gefragt, warum der Vater überhaupt gesucht werde. Der Sohn des Arbeitgebers habe wiederrum den Vater nicht auf der Fahndungsliste gefunden. Der Schwager habe aber angeblich ein Fahndungsblatt in der Stadt gesehen, er glaube, dass die Vorwürfe nur ein Vorwand seien, um Forderungen an den Vater zu stellen. Dieser sollte 50000 USD zahlen. Auf die Frage, warum er schon einmal in Deutschland um Asyl angesucht habe, führte der BF1 aus, es nicht zu wissen, er sei mit den Eltern mitgewesen. Er selbst werde in der Heimat nicht gesucht, nur der Vater.

 

In weiterer Folge wurde bezüglich des Vaters des BF1 am Landesgericht XXXX ein Verfahren wegen Auslieferung zur Strafverfolgung an die Ukraine geführt. Mit Beschluss vom XXXX, Zahl XXXX, wurde in dieser Angelegenheit die Auslieferung des Vaters des BF1 für zulässig erklärt, einer Beschwerde des Vaters wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX keine Folge gegeben. Die eine Auslieferung für zulässig erklärende erstgerichtliche Entscheidung wurde demnach bestätigt.

 

Laut Mitteilung des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde in weiterer Folge durch den Bundesminister für Justiz auf Grundlage der oben genannten Beschlüsse die Auslieferung des Vaters des BF1 bewilligt. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Justiz vom XXXX wurde in Weiterleitung einer Mitteilung von IP- XXXX berichtet, dass sich die Region, in der das Strafverfahren gegen den Vater des BF1 anhängig ist, derzeit unter der Kontrolle der bewaffneten illegalen Truppen befinde. Die Frage bezüglich der Übergabe des Vaters des BF1 werde demnach erst nach der "Anti-Terror-Operation" gelöst werden. Aufgrund dieser Entwicklung wurde das Auslieferungsverfahren von der Staatsanwaltschaft XXXX am XXXX abgebrochen und kommt eine Auslieferung des Vaters aufgrund der politischen Verhältnisse derzeit nicht in Betracht.

 

In der Zwischenzeit war die BF2 am 01.09.2014 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Auch diese gab an, der Volksgruppe der Jeziden anzugehören, sie sei ukrainische Staatsbürgerin und wolle zu ihrem langjährigen Freund, dem BF1 kommen. Die eigene Familie sei nach Russland geflüchtet, dies ca. im August 2014. Sie habe sich aber von den Eltern getrennt, da sie zum BF1 nach Österreich gewollt habe. Sie wolle somit zum BF1, welcher "in Österreich mit Asylstatus lebt". Weitere eigene Fluchtgründe wurden von der BF2 nicht angegeben, außer dass das Haus in der Ostukraine zerstört worden sei und die Familie nach Russland geflüchtet sei.

 

In weiterer Folge nahm die belangte Behörde Einsicht in Länderberichte zur Lage der Jeziden in der Ukraine und erfolgte am 16.02.2016 eine erneute Einvernahme der BF2. Auch dabei schilderte die BF2, dass sie nach österreichischem Recht nicht verheiratet sei, sie habe auch einen Mutter-Kind-Pass vorzulegen, sie sei vom BF1 schwanger. Außer dem BF1 habe sie niemanden in Österreich, auch nicht sonst wo in der EU, die Eltern seien nach Russland gezogen, zu diesen haben sie keinen Kontakt. Zum Leben in der Ukraine befragt schilderte die BF2, dass sie dort in der Region XXXX geboren sei, habe dort die Schule und den Kindergarten besucht, mit dem BF1 sei sie seit der Kindheit bekannt gewesen und hätten sie sich geliebt. Ihre eigene Familie habe gut gelebt, der Vater sei Kraftfahrer gewesen. Sie und die Mutter hätten den Haushalt geführt. Der Vater sei Busfahrer gewesen, sie selbst habe niemals gearbeitet.

 

In weiterer Folge schilderte die BF2, dass eigentlich die Eltern einen anderen Mann für sie vorgesehen gehabt hätten, diesen habe sie aber gar nicht gekannt. Die Eltern seien eigentlich dagegen gewesen, dass sie den BF1 heirate, sie hätte besser einen reichen Mann heiraten sollen, da hätte sie ein besseres Leben. Sie habe aber dann den Eltern gesagt, dass sie flüchten würde von Zuhause, wenn sie diesen anderen Mann heiraten müsse, und dann hätten die Eltern die Meinung geändert. Die Eltern hätten aber nicht gewollt, dass sie nach Österreich komme. Sie selbst sei persönlich nie angegriffen worden, aber im Dorf sei gekämpft worden. Sie persönlich habe überhaupt keine Probleme gehabt, aber es habe in der Ostukraine und im Dorf Probleme gegeben, das sei auch für sie gefährlich gewesen. Mit Polizei oder Behörden oder Militär habe sie niemals Probleme gehabt, sie habe nur Angst, weil dort in der Ostukraine Krieg sei. Ihr Geliebter, der BF1, sei in Österreich und in der Ukraine sei es unmöglich eine Familie zu gründen.

 

Im Verfahren des BF1 erstattete in der Zwischenzeit ein ausgewiesener Rechtsanwalt eine Äußerung vom 08.11.2016. Dabei wurde auf die Lage in der Ostukraine Bezug genommen und auf die problematische Verfassung der ukrainischen Justiz und der ukrainischen Haftpraxis. Auch wenn es primär der Vater des BF1 sei, der von den Sicherheitskräften gesucht werde, so befürchte der BF1 aber trotzdem, dass durch ihn die Rückkehr des Vaters erzwungen (Erpressung, Androhung von Folter) und durchgesetzt werden könnte. Binnenflüchtlinge seien auf sich selbst angewiesen, der BF1 sei ein sogenannter Binnenflüchtling, da dieser in die russisch besetzte Ostukraine nicht zurückkehren könne. Da der BF1 keine familiären Bezugspunkte mehr in der gesamten Ukraine habe, würde ihm auch eine Unterstützung der Familie fehlen. Es gäbe keine Unterstützung für Personen, die nicht zu ihren Familien zurückkehren können. Die Lage in der Westukraine sei nicht bedeutend besser, auch eine weitere Verfolgung durch die SBU, die in der gesamten Ukraine Geheimgefängnisse habe, wäre aufgrund der Aussage des BF1 nicht auszuschließen. Gegen eine Rückkehr spreche auch, dass sich die Kernfamilie des BF1 in Österreich aufhalte und sich nahe Angehörige in Russland und Deutschland befinden. Es wäre daher mehr als unmenschlich, wenn eine Jungfamilie zurück in die Westukraine geschickt würde.

 

Am 04.10.2016 erfolgte durch die belangte Behörde eine abschließende Einvernahme des BF1. Dabei führte er aus, mit der BF2 nach wie vor nicht verheiratet zu sein, aber sie hätten ein gemeinsames Kind (BF3 wurde inzwischen am XXXX im Bundesgebiet geboren). Er habe einen Onkel, der in Deutschland lebe, in der Ukraine gebe es hingegen niemanden. Zu seinem persönlichen Leben in der Ukraine befragt, schilderte der BF1, dass seine Familie eine Firma aufgemacht und Möbel renoviert hätte. Der Vater habe auch eine Art Linienbus zwischen zwei Städten betrieben, die Leute hätten den Bus bestellt und seien dann zu einem Markt gebracht worden. Die Firma des Vater war wie ein Hobby, es sei ihnen gesagt worden, dass sie keine offizielle Firma gründen müssten, wenn sie auch keine größeren Aufträge bekommen. In die ukrainische Armee sei er nicht einberufen worden, er habe irgendwann eine medizinische Untersuchung gehabt. Eine Wohnung in der Ukraine hätten sie verkauft, ein weiteres Haus in XXXX sei zerstört worden und gäbe es noch ein Haus in einer anderen Stadt, auf dieses würden die Nachbarn aufpassen.

 

Nochmals schilderte der BF1 die angeblichen Probleme in der Ukraine, wonach der Vater Probleme mit der SBU, somit einer Art Inlandsgeheimdienst, gehabt habe. Der Vater hätte Geld zahlen sollen, würde er das nicht machen, solle er in das Gefängnis. Es seien fingierte Verfahren begonnen worden, wegen Drogenhandels, Mordes und Diebstahls. Er selbst sei auch einmal bedroht worden und hätten sie ihn nach dem Vater gefragt. Sie hätten ihn auch geschlagen und er habe Glück gehabt, dass der Chef gerade vorbeigefahren ist. Auf den Vorhalt, warum der Inlandsgeheimdienst in Angelegenheiten wie Drogenhandel und Mord recherchieren sollte, führte der BF1 aus, dass er das nicht wisse, die Männer hätten das so gesagt. Jetzt in Österreich habe er erfahren, dass der Vater als Schlepper genannt werde. Auf die Frage, was sich zwischen den Forderungen der SBU im März 2012 und der Ausreise im Dezember 2012 noch ereignet habe, führte der BF1 aus, dass der Vater das Haus verlassen habe, die Männer seien jedoch in das Haus gekommen und hätten gedroht. Die Männer hätten nach dem Vater gefragt, dass dieser außerdem Geld zahlen soll. Sie hätten gesagt, dass der Vater ein Drogenverkäufer sei. Die Frage, wie oft er selbst persönlich angehalten worden sei führte der BF1 aus wie folgt: "Ein paar Mal, einmal, zweimal oder zehnmal".

 

Auf Nachfrage führte der BF1 aus, dass der Vorfall der erste Vorfall gewesen sei, als der Chef vorbeigefahren sei. Beim zweiten Mal sei nach dem Vater gefragt worden, als er nach Hause gekommen sei. Beim dritten Mal hätten die Männer gesagt, dass sie alle Drogenhändler seien und beim vierten Mal sei der Vorfall gewesen, wo die Familie Tee getrunken habe und er das hintere Fenster beim Auto eingeschlagen habe. Wenn man das alles zusammenrechne, dann seien die Männer viermal gekommen. Ins Gefängnis habe er nie müssen, Anzeigen in der Ostukraine seien nicht entgegengenommen worden. Diese Männer hätten sich zwar als Angehörige der SBU ausgewiesen, sie hätten auch Ausweise gezeigt und wisse er nur nach den Worten des Mannes, dass er von der SBU sei. Es könne sein, dass es falsche Ausweise gewesen sein. In der Ukraine liege keine Anklage gegen ihn selbst vor, auch kein Gerichtsverfahren, er werde auch nicht gesucht, nur der Vater. Außer den genannten Problemen habe er keine weiteren Probleme in der Ukraine. Auf die Frage, warum er zuletzt keine Arbeit mehr ausgeübt habe, führte der BF1 aus, dass seine Mutter immer alleine war, er habe wegen der Mutter nicht mehr gearbeitet und sei bei dieser Zuhause geblieben. Sie seien in der Ukraine auch keine armen Leute gewesen, hier in Österreich lebe er von der Sozialhilfe. Auf die Frage, was ihn im Fall der Rückkehr in die Ukraine erwarte gab der BF1 an, es nicht sagen zu können, niemand wisse es. In Österreich helfe er freiwillig Asylanten, er verteile Spenden. Vom BF1 wurde in weiterer Folge ein Bescheid in Vorlage gebracht, wonach der BF1 fallweise Beschäftigungsbewilligungen (Branchenkontingent) als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter hatte, weiters ein Dienstzettel für Saisondienstverhältnisse, ein Diplom über die Absolvierung eines Deutschkurses A2.

 

Mit Bescheiden des BFA jeweils vom 17.02.2017, wurde jeweils unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AslyG abgewiesen. Unter Spruchteil II. wurde gemäß § 8 AsylG der Antrag auf internationalen Schutz auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde unter Spruchpunkt III. gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist. Zudem wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung bezüglich des BF1 gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 BFA-VG und bezüglich der BF2 und 3 gemäß § 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, das Bundesverwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit Erkenntnis vom 24.03.2017, Zl. W226 2149768-1/3E u.a. als unbegründet ab.

 

Zum besseren Verständnis wird der Inhalt dieser Entscheidung wiedergegeben:

 

"1. Feststellungen:

 

Feststellungen zu den Beschwerdeführern:

 

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie sind Angehörige der Volksgruppe der Jeziden.

 

Die Identität der Beschwerdeführer steht infolge der Vorlage unbedenklicher Dokumente zumindest des BF1 fest.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass den Beschwerdeführern in der Ukraine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

 

Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in ihrem Recht auf Leben gefährdet wären, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

 

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

 

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Beeinträchtigungen - an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr in die Ukraine iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden. Derartiges wurde auch nicht behauptet.

 

"Die Beschwerdeführer halten sich nach illegaler Einreise seit Jänner 2013 (BF1), September 2014 (BF2) bzw. April 2016 (BF3) durchgehend im Bundesgebiet auf, beziehen Leistungen aus der Grundversorgung.

 

Die Beschwerdeführer sind unbescholten.

 

Im Herkunftsstaat hat der BF1 bis zur Ausreise gearbeitet, er verfügt ebenso wie BF2 über eine Ausbildung.

 

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (laut aktuellem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation):

 

1. Politische Lage

 

Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt. Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).

 

Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige VizePremier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).

 

Die Ukraine-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Heidi Tagliavini, legt ihr Amt nieder. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium in Bern keine Angaben. In diplomatischen Kreisen wurde auf den bisher schwersten Bruch der im März 2015 vereinbarten Waffenruhe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Rebellen in der zurückliegenden Woche verwiesen. Zudem sei eine weitere Gesprächsrunde zwischen den Konfliktgegnern ergebnislos beendet worden (Standard 7.6.2015).

 

In Kiew kommt es immer wieder zu Protesten vor allem mit sozialen Forderungen. Die prowestliche Führung, die nach gewaltsamen Massenprotesten auf dem Maidan im vergangenen Jahr an die Macht gekommen war, wirft den Demonstranten vor, von russischen Geheimdiensten gesteuert und bezahlt zu sein. Auf Flugblättern war von einem "Maidan 3.0" die Rede - nach den beiden prowestlichen Massenprotesten 2004/2005 und 2013/2014 (Standard 8.6.2015).

 

Präsident Poroschenko ficht in Kiew allerdings bei weitem nicht nur mit Kremlchef Putin, sondern auch gegen aktuelle und ehemalige Mitglieder der eigenen Führungsspitze. Dabei spitzt sich hinter den Kulissen derzeit besonders der Konflikt mit dem Oligarchen und ExGouverneur von Dnepropetrowsk Ihor Kolomoisky zu. Nachdem Poroschenko zuletzt dessen Vertrauten Igor Paliza als Gouverneur von Odessa entlassen und den Posten mit Michail Saakaschwili besetzt hatte, revanchierte sich Kolomoisky mit einem Überfall rechter Schläger auf die Gay-Parade in Kiew, um Poroschenko im Westen zu diskreditieren (Standard 10.6.2015).

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik node.html, Zugriff

 

10.6.2015

 

 

http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen152.pdf

 

 

Premier,

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4606103/Ukrainisches-

 

 

Parlament-waehlt-erneut-Jazeniuk-zum-Premier?from=suche.intern.portal.

Zugriff

 

10.6.2015

 

 

 

http://derstandard.at/2000017079596/Ukraine-Beauftragte-der-0SZE-gibt-auf?ref=rec , Zugriff 10.6.2015

 

 

 

11.6.2015

 

 

11.6.2015

 

2. Sicherheitslage

 

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 rissen pro-russische Separatisten in einigen Gebieten der Ost-Ukraine die Macht an sich und riefen unterstützt von russischen Staatsangehörigen die "Volksrepublik Donezk" und die "Volksrepublik Luhansk" aus. Der ukrainische Staat begann daraufhin eine sogenannte Antiterroroperation (ATO), um die staatliche Kontrolle wiederherzustellen. Bis August 2014 erzielten die ukrainischen Kräfte stetige Fortschritte, seitdem erlitten sie jedoch zum Teil schwerwiegende Verluste bedingt durch militärische Unterstützung der Separatisten aus Russland (AA 05.2015a).

 

Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU- Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützte die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine. Diese Unterstützung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt (AA 05.2015b).

 

Mit seiner Unterschrift kündigte Präsident Poroschenko die letzten bilateralen Sicherheitsabkommen mit Russland auf. Beendet werden damit per sofort ein Verteidigungsbündnis, zwei Verträge über die Zusammenarbeit der Militärgeheimdienste sowie zwei Transitverträge für russische Truppen. Besonders die Auflösung des Vertrags über den Landtransport russischer Soldaten und von deren Familien in die Republik Moldau wiegt für Moskau schwer. Der Vertrag regelte die Versorgung der 14. Russischen Armee, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tiraspol, der "Hauptstadt" der selbsternannten Republik Transnistrien, stationiert ist (NZZ 9.6.2015).

 

Auf der russisch besetzten Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine waren Entführungen und Misshandlungen von Gefangenen an der Tagesordnung und betrafen Hunderte von Menschen. Besonders gefährdet waren Vertreter lokaler Behörden, pro-ukrainische politische Aktivisten, Journalisten und internationale Beobachter. Bis Ende 2014 waren im Zuge des Konflikts in der Ostukraine mehr als 4.000 Menschen getötet worden. Zahlreiche Zivilpersonen starben durch wahllosen Beschuss von Wohngebieten, insbesondere durch den Einsatz von ungelenkten Raketen und Mörsergranaten (AI 25.2.2015, vgl. HRW 29.1.2015).

 

Quellen:

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik node.html, Zugriff

 

11.6.2015

 

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Aussenpolitik node.html, Zugriff

 

11.6.2015

 

 

https://www.amnesty.de/iahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015

 

 

3.1. Krimhalbinsel

 

Die EU und die USA hatte die Annexion der Krim vor einem Jahr als Völkerrechtsbruch verurteilt und Strafmaßnahmen verhängt. Auf der Krim hatten die Menschen in einem international nicht anerkannten Referendum am 16. März (2014) für den Beitritt zu Russland gestimmt. Am 18. März wurde in Moskau die Aufnahme der Halbinsel in die Russische Föderation vertraglich besiegelt (Presse 18.3.2015).

 

Nach der Annexion der Krim im März 2014 fanden dort russische Gesetze Anwendung, die das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterdrückten. Zivilgesellschaftliche Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, weil sie die rechtlichen Anforderungen Russlands nicht erfüllten. Die einheimische Bevölkerung wurde zu russischen Staatsbürgern erklärt. Wer die ukrainische Staatsbürgerschaft behalten wollte, musste die Behörden darüber informieren (AI 25.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

https://www.amnestv.de/iahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015

 

3.2. Lagebild Ostukraine:

 

(Quelle: IAC 10.6.2015)

 

Schwer bewaffnete pro-russische Separatisten kämpfen in der Ost-Ukraine gegen offizielle ukrainische Kräfte und haben sich in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk konstituiert. Die Opferzahlen betrugen laut VN-Zählungen im Mai 2015 über 6.100; daneben führte der Konflikt bisher zu rund 1,25 Mio. Binnenflüchtlingen. Unter dem Eindruck einer erneuten Verschärfung des Konflikts und nach langwierigen Verhandlungen auf oberster Ebene im sogenannten Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) verständigte sich die Kontaktgruppe am 12. Februar 2015 auf das sogenannte Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Minsker Absprachen. Der Rückzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie kam daraufhin in Gang, wurde jedoch nach OSZE-Beobachtung bisher von keiner Seite vollständig umgesetzt (AA 05.2015).

 

In der Ostukraine ist trotz des Waffenstillstandsabkommens keine Ruhe eingekehrt, seit Anfang Juni wird wieder mit schweren Waffen gekämpft. Am Dienstag berichteten die Konfliktparteien über Gefechte entlang fast der gesamten Frontlinie. Die aktivsten Kampfhandlungen wurden aus Awdejewka, Horliwka, Krymskoje, Marjinka und Schirokino. gemeldet. Diplomatisch gibt es immerhin eine vorsichtige Annäherung:

Die Rebellen haben neue Vorschläge zur Verfassungsänderung der Ukraine an die Kontaktgruppe geschickt. Einzelne Gebiete mit Sonderstatus oder ihre Vereinigungen sollen unveräußerlicher Bestandteil der Ukraine bleiben. Die Macht in der Region sollen laut diesem Vorschlag aber weiterhin Sachartschenko und das Oberhaupt der "Luhansker Volksrepublik" Igor Plotnizki ausüben (Standard 10.6.2015, vgl. BBC 3.6.2015).

 

Nach den jüngsten Kämpfen im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung im Osten des Landes angekündigt. Mehr als 50.000 Soldaten seien derzeit im Kampfgebiet im Einsatz. Bis zum Jahresende soll die Kampfstärke auf insgesamt 250.000 erhöht werden. Nach einem Angriff prorussischer Separatisten wurde in den vergangenen Tagen auch wieder schweres Kriegsgerät in die Region gebracht. Während sich Kiew und Moskau gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich machen, warnt die EU vor einer Gewaltspirale. Brüssel forderte die Konfliktparteien zum wiederholten Male auf, das Minsker Waffenruheabkommen umzusetzen (Presse 4.6.2015).

 

Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt. Eine entsprechende Benachrichtigung traf beim Europarat in Straßburg ein. Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens. Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind (Standard 10.6.2015).

 

Quellen:

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik node.html, Zugriff

 

11.6.2015

 

 

10.6.2015

 

 

11.6.2015

 

 

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4746993/Ostukraine Kiew-plant-massive- Aufrustung?from=suche.intern.portal, Zugriff 11.6.2015

 

 

garantieren,

http://derstandard.at/2000017283292/Kiew-will-in-Kriegsgebiet-

 

Menschenrechte-nicht-mehr-garantieren, Zugriff 11.6.2015

 

 

3. Rechtsschutz/Justizwesen

 

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, in der Praxis war diese jedoch Gegenstand von politischem Druck, Korruption, Ineffizienz und Mangel an Vertrauen der Öffentlichkeit. In manchen Fällen wirkte der Ausgang von Prozessen vorbestimmt. Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Richter beschwerten sich weiterhin über Verschlechterungen bei der Gewaltenteilung, einige beklagten Druck durch hochrangige Politiker. Lange Verfahrensdauern, speziell vor Verwaltungsgerichten, unzureichende Finanzierung, Mängel bei der Rechtsberatung und die Unfähigkeit der Gerichte Urteile durchzusetzten, waren ebenfalls ein Problem. Die neue Strafprozessordnung vom November 2012 schränkte die Verwendung der Untersuchungshaft ein, reduzierte die Anreize zum Erzwingen von Geständnissen und gab der Verteidigung mehr Verfahrensrechte.

 

Verfassung und Gesetze garantieren das Recht auf Regress für Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe. Allerdings behindert eine ineffiziente und korrupte Justiz die Ausübung dieses Rechts. Einzelpersonen können sich an den parlamentarischen Ombudsmann für Menschenrechte wenden. Nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe steht auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. In den ersten 11 Monaten 2013, erließ der EGMR 60 Urteile gegen die Ukraine. Die meisten betrafen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, unangemessen lange Verfahren, Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (USDOS 27.2.2014).

 

Der während der Präsidentschaft Janukowitsch zu beobachtende Missbrauch der Justiz als Hilfsmittel gegen politische Mitbewerber und kritische Mitglieder der Zivilgesellschaft hat sich unter den neuen politischen Voraussetzungen nach den revolutionären Entwicklungen des EuroMaidan vom Winter 2013/14 nicht prolongiert. An den strukturellen Unzulänglichkeiten im ukrainischen Justizwesen vermochte aber auch das neue politische Umfeld bislang nichts zu ändern. Richter haben in der Ukraine eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bevor sie auf Lebenszeit ernannt werden. Die erstmalige Ernennung zum Richter erfolgt durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag des Obersten Justizrats, die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit durch das Parlament. Angesichts der Abhängigkeit des Obersten Justizrats von der Präsidialadministration ist die politische Abhängigkeit von Richtern zumindest während ihrer Probezeit evident. Besondere Besorgnis ruft die gängige ukrainische Haftpraxis sowie die umfassende Abhängigkeit der Richter von der Staatsanwaltschaft hervor. Ukrainische Richter kommen beinahe ausnahmslos den Haftanträgen und den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Verlängerung der Untersuchungshaft nach.

 

Die Justiz ist selektiv und unfair und verletzt Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention". Richter und Staatsanwälte in der Ukraine hätten kein Verständnis für die Prinzipien der Unschuldsvermutung und der Gleichheit der Parteien vor Gericht. "Nur 0,2% aller Personen, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden, werden von Gerichten freigesprochen. Das bedeutet, dass die Unschuldsvermutung im wirklichen Leben nicht besteht und das die Rechtsprechung nicht als unparteiische und unabhängige Kontrollinstanz der Exekutive funktioniert." Das Rechtsverständnis ukrainischer Richter und Staatsanwälte sei von sowjetischer Tradition geprägt (ÖB 09.2014).

 

Im April 2014 wurde seitens des Parlaments ein Gesetz zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Justiz verabschiedet, demzufolge die bisherige Praxis der weitgehenden Unterstellung der Richter unter die Gerichtspräsidenten abgeschafft wurde und diese in weiterer Folge unabhängig von politischen Einflüssen machte. Ein Entwurf einer Justizreformstrategie wurde gemeinsam mithilfe der EU entwickelt (EC 25.3.2015).

 

Mit der Reform der ukrainischen Strafprozessordnung eng einhergehend ist die Umsetzung des am 2. Juni 2011 verabschiedeten und mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Gesetzes über den unentgeltlichen Rechtsbeistand, welches die Liste der potenziellen Nutznießer bedeutend ausweitete und einen umgehenden Rechtsbeistand nach Inhaftierung nach besten europäischen Standards gewährleistet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes stehen dafür über 3.000 auf Basis eines Auswahlverfahrens rekrutierte Rechtsanwälte zur Verfügung. Die Strafverfolgungsbehörden haben von sich aus für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu sorgen, sollte der Inhaftierte außerstande sein, die Kosten seines Rechtsbeistands selbst zu tragen. Sie selbst belastende Aussagen von Inhaftierten, die in Abwesenheit eines Rechtsbeistands getroffen wurden, können im folgenden Gerichtsverfahren nicht gegen sie verwendet werden (ÖB 09.2014)

 

Quellen:

 

 

Neighbourhood Policy in Ukraine Progress in 2014 and recommendations for actions http://www.ecoi.net/file upload/1226 1427898393 ukraine-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

 

 

 

4. Sicherheitsbehörden

 

Nach dem Sturz von Wiktor Janukowytsch versprach die neue Regierung öffentlich, man werde diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für Tötungen und Misshandlungen von Protestierenden auf dem Maidan verantwortlich seien. Doch abgesehen von Anklagen gegen die ehemalige politische Führungsriege wurden so gut wie keine konkreten Schritte unternommen. Nur zwei Angehörige der Sicherheitskräfte mussten sich vor Gericht für Folter und andere Misshandlungen im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten verantworten. Es handelte sich dabei um Rekruten niedrigen Ranges aus einer dem Innenministerium unterstellten Einheit. Sie wurden am 28. Mai 2014 wegen "Überschreitung von Befugnissen oder Vollmachten" (Artikel 365 des Strafgesetzbuchs) zu Bewährungsstrafen von drei bzw. zwei Jahren verurteilt (AI 25.2.2015).

 

Die EU errichtete eine "EU Advisory Mission for Civilian Security Reform Ukraine (EUAM Ukraine)", um die Ukraine bei der Reform ihres zivilen Sicherheitssektors zu unterstützen, insbesondere bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und im Bereich der Polizei. Eine diesbezügliche notwendige Polizeireformstrategie, insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Übergriffen bei den Euromaidan-Protesten Mitte Februar 2014 und der Rolle illoyaler Polizisten am Anfang der Destabilisierungsphase in der Ostukraine, wurde seitens der Regierung angenommen. Auch mit einer Reform der Militärischen Kräfte wurde noch vor der Annexion der Krim begonnen, sie befindet sich aber noch in einem frühen Stadium (EC 25.3.2015).

 

Mit Präsidentendekret Nr. 252 vom 6. April 2012 wurde ein Komitee zur Reform der Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Sollte dieses Komitee bereits einschlägige Vorschläge ausgearbeitet haben, sind sie bislang nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von einem Pilotprojekt zur Einrichtung kommunaler Polizeitruppen in Lemberg im Sommer 2014 erwartet man sich Erfahrungen für eine dezentralere Organisation des Polizeiwesens (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

12.6.2015

 

 

 

https://www.amnesty.de/iahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 12.6.2015

 

 

5. Folter und unmenschliche Behandlung

 

Ukraine hat den Ombudsmann als Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN- Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe installiert. Zusammen mit der neuen Strafprozessordnung, das die Gründung eines unabhängigen Untersuchungsbüros für Folterfälle vorsieht, sollte das die Fälle von Folter erheblich reduzieren (EC 20.3.2013; vgl. AI 23.5.2013).

 

Folter wird von der Verfassung verboten. Nach der neuen Strafprozessordnung dürfen unter Folter erzwungene Geständnisse auch nicht mehr als Beweis im Verfahren verwendet werden. Es gibt aber Berichte, dass weiterhin Beamte solcherart Geständnisse erpressen. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gab es 2013 bis August, also noch unter der Präsidentschaft Janukowitsch, 9.878 Beschwerden wegen Folter und unerlaubter Gewaltanwendung durch Polizisten. Die Behörden untersuchten demnach 231 dieser Fälle und es gab bis November 5 Verurteilungen von Polizisten wegen Folter und disziplinäre Maßnahmen gegen 45 weitere. Laut Büro des Generalstaatsanwalts gab es 2013 bis Oktober 2.857 offene Verfahren wegen Folter durch Polizisten. 820 Misshandlungsfälle (950 Beamte betreffend) wurden den Gerichten übergeben, davon 54 ausdrückliche FolterVorwürfe. Folter ist vor allem in Gefängnissen ein Problem (USDOS 27.2.2014).

 

Nach wie vor kommt es zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, darunter Folter und andere Misshandlungen, sowie zur exzessiven Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen. Die dafür Verantwortlichen bleiben größtenteils straflos, und Untersuchungen dieser Vorfälle führen zu keinem Ergebnis. Es gibt Entführungen von Einzelpersonen, insbesondere durch pro-russische paramilitärische Kräfte auf der russisch besetzten Halbinsel Krim. Aber auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine kommt es zu Entführungen durch beide Konfliktparteien. Beide Seiten sind für Verletzungen des Kriegsrechts verantwortlich. Auf der Krim sind die russischen Beschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeführt worden. Pro-ukrainische Aktivisten und Krimtataren geraten ins Visier paramilitärischer Kräfte und werden von den De-facto-Behörden verfolgt (AI 25.2.2015).

 

Quellen:

 

 

https://www.ecoi.net/local link/248072/374321 de.html, Zugriff 12.6.2015

 

 

https://www.amnestv.de/iahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 12.6.2015

 

 

Neighbourhood Policy In Ukraine,

 

http://www.ecoi.net/file upload/1226 1364374550 2013-progress-report-ukraine-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

 

 

6. Korruption

 

Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Korruption öffentlich Bediensteter strafbar ist, werden die Gesetze nicht effektiv umgesetzt und korrupte Beamte bleiben oft straflos. Trotzdem gab es 2013 Schritte der Regierung zur Stärkung der Antikorruptionsgesetzgebung. Kritiker meinen aber, diesen Gesetzen fehle es an Durchsetzungsmechanismen. Die Offenlegungspflicht für das Einkommen von Regierungsvertretern sieht keine Strafen bei Nichtbefolgung vor. Gesetzesänderungen aus dem Jahre 2012 machten außerdem öffentliche Beschaffungsprozesse intransparenter.

 

Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 340 niedere Beamte an die Gerichte weitergeleitet. Vorwürfe gegen höhere Regierungsbeamte wurden hingegen nicht untersucht, obwohl Korruption höherer Ebenen gemeinhin als großes Problem empfunden wird, speziell im Beschaffungswesen. Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 11 Richter an die Gerichte weitergeleitet (USDOS 27.2.2014).

 

Seitens der Regierung, des Parlaments und der Präsidialverwaltung wurden einige neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. In der AntiKorruptionsgesetzgebung wurden u.a. die Strafen erhöht, alle Formen von Korruption kriminalisiert und die Zeugenschutzregelung gestärkt. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2014 von Transparency International rangiert die Ukraine am 142. von 175 Plätzen (2013: 144. von 177) (EC 25.3.2015, vgl. FH 28.1.2015).

 

Am 14. Mai 2013 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Antikorruptionsgesetz, nicht zuletzt aufgrund einer im Aktionsplan zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine vorgesehen Vorgabe. Das Gesetz fordert unter anderem verstärkte Berichtspflichten für (Neben‑)Einkünfte und Aufwendungen von öffentlich Bediensteten und von Bediensteten staatlicher Betriebe sowie ihrer Familien. Das Gesetz sieht außerdem den Schutz von Personen vor, die Korruption anzeigen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes lassen jedoch auf sich warten. Das Versprechen der aktuellen Regierung Jazenjuk, ein nationales Anti-Korruptionsbüro einzurichten, scheiterte bislang an der Ablehnung der entsprechenden Gesetzesinitiativen im Parlament. Als positiver Schritt wird die Verabschiedung eines neuen Gesetzes "Über öffentliche

 

Auftragsvergaben" am 10. April 2014 gewertet. Insbesondere die neuen Publizitätskriterien sollen den Vergabeprozess transparenter und damit kontrollierbarer machen (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

 

Neighbourhood Policy in Ukraine, Progress in 2014 and recommendations for actions http://www.ecoi.net/file upload/1226 1427898393 ukraine-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

 

 

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

 

Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft und ist ein wichtiger Schritt nach vorne für die Vereinigungsfreiheit. Wenn es gut umgesetzt wird, wird es NGOs die Registrierung erleichtern und Probleme wie Gebietsbeschränkungen ihrer Tätigkeit angehen (EK 20.3.2013).

 

Erhöhter Druck auf die Zivilgesellschaft, NGOs und Aktivisten war ein Problem, zumindest unter der Präsidentschaft Janukowitschs. Verfassung und Gesetze garantieren jedenfalls Vereinigungsfreiheit. Die Regierung respektierte dieses Recht generell, es blieben aber Einschränkungen. Es existieren Registrierungsauflagen, aber es liegen keine Berichte vor, dass die Regierung sie benutzt hätte um bestehende Organisationen aufzulösen oder die Bildung neuer zu verhindern. Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft. Es vereinfacht die Registrierung und hebt Beschränkungen ihrer Tätigkeit auf (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

http://www.ecoi.net/file upload/1226 1364374550 2013-progress-report-ukraine-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

 

 

8. Ombudsmann

 

Die Ukraine ratifizierte im Jahr 2006 das "Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" und verpflichtete sich, innerhalb eines Jahres einen "national preventive mechanism (NPM)" zu etablieren. Dies fand letztendlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes am 2. Oktober 2012 statt, welches den "Ukraine's Parliament commisioner for Human Rights" (Ombudsmann) als NPM namhaft machte. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigten sich bei derartigen Besuchen bislang kooperativ (ÖB 09.2014).

 

Die Verfassung sieht eine Ombudsmann-Institution vor, offiziell der Parlamentarische Kommissär für Menschenrechte. Im April 2012 wurde Valeriya Lutkovska in dieses Amt gewählt. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UNFakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Der Ombudsmann kann Untersuchungen (Probleme, Missbrauch) bei den Sicherheitsbehörden initiieren. Er steht für Beschwerden über Gerichtsverfahren auch nach Ausschöpfung des Instanzenzuges zur Verfügung. Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, AntiDiskriminierung und Genderfragen. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet oft mit NGOs zusammen, vor allem in beratenden Bürgerräten in Projekten zur Beobachtung der Menschenrechtspraxis (USDOS 27.2.2014, vgl. UPCHR o.D.).

 

Quellen:

 

 

15.6.2015

 

 

12.6.2015

 

 

9. Wehrdienst

 

Mit dem Erlass "Über Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit des Landes" ist die Wehrpflicht nun mit sofortiger Wirkung wieder in Kraft getreten. Ziel sei es, der "Gefahr für die territoriale Einheit und der Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine" zu begegnen. In der Ukraine müssen Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren wieder ihren Wehrdienst leisten (ORF 1.5.2014, vgl. BBC 2.5.2014).

 

Das ukrainische Parlament erhöhte das obere Alterslimit für die Wehrpflicht von 25 auf 27 Jahre.

 

Das Gesetz sieht vor, dass männliche Staatsbürger, die älter als 18 Jahre und nicht älter als 27 Jahre und die nicht vom Wehrdienst befreit sind, zum Wehrdienst eingezogen werden (GS 20.3.2015).

 

Die derzeitige Mobilmachung in der Ukraine aufgrund der Entwicklungen in der Ostukraine bezieht sich auf den zu Mobilmachung vorgesehenen Personenkreis (Männer wie Frauen) ohne weitere Spezifizierung. Es handelt sich in der nicht bloß um die Mobilmachung von Schlüsselpersonal oder ausschließlich Spezialisten.

Alle wehrpflichtigen Männer zwischen 25 und 60 Jahren (Reihenfolge:

Freiwillige, Reservisten, Wehrpflichtige [Freiwillige, vorzugsweise jene die Wehrpflichterfahrung haben; Reservisten und Wehrpflichtige wiederum vorzugsweise jene die zum Zeitpunkt der Einberufung Arbeitslos bzw. nicht erwerbstätig sind.]); 50-60-Jahrige jedoch nur auf freiwilliger Basis. Frauen zwischen 25 und 50 Jahre können einberufen werden (ÖB 20.2.2015).

 

Quellen:

 

 

 

http://www.bbc.com/news/world-europe-27247428 , Zugriff 12.6.2015

 

 

http://www.globalsecuritv.org/militarv/world/ukraine/personnel.htm , Zugriff 12.6.2015

 

 

9.1. Wehrersatzdienst

 

Ukrainische Staatsbürger, die einer laut ukrainischer Gesetzgebung aktiven religiösen Gemeinschaft angehören, deren religiöse Überzeugung keinen Waffengebrauch zulässt, können einen Ersatzdienst ableisten. Der Ersatzdienst kann bei Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, die staatliches Gemeindeeigentum sind, absolviert werden. Die Tätigkeit muss im Zusammenhang mit dem sozialen Schutz der Bevölkerung, der Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Baumaßnahmen oder der Landwirtschaft bzw. mit Organisationen des Roten Kreuzes in Verbindung stehen. Der Ersatzdienst dauert 1% mal länger als der Militärdienst (IOM 08.2013).

 

Wehrpflichtige haben das verfassungsmäßig grundgelegte Recht einen Wehrersatzdienst zu leisten. Dieses Recht ist im entsprechenden Gesetz über den Wehrersatzdienst spezifiziert und auf religiöse Gründe eingeschränkt. Das heißt, dass in der Ukraine nur Personen Wehrersatzdienst leisten dürfen, die einer entsprechend anerkannten Religionsgemeinschaft angehören (UK 2006, vgl. IRB 2006).

 

Quellen:

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622

 

/16391428/16800762/Ukraine -Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

 

http://www.unhcr.org/refworld/type ,QUERYRESPONSE„UKR,45f147b811,0.html, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

http://www.ecoi.net/file upload/1329 1200308262 ukraine-060706.pdf, Zugriff 12.6.2015

 

9.1. Wehrdienstverweigerung

 

Wehrdienstverweigerung bzw. Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung wird gemäß den Artikeln 335-337 des Strafgesetzbuches der Ukraine folgendermaßen bestraft:

 

Artikel 335. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung zum Wehrdienst sieht eine Inhaftierung bis zu 3 Jahren vor.

 

Artikel 336. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung sieht eine Inhaftierung von 2 bis zu 5 Jahren vor.

 

Von einer tatsächlichen Strafverfolgung ist in der Praxis auszugehen - inwieweit der Strafumfang völlig ausgeschöpft wird ist jedoch der ÖB nicht bekannt (ÖB 20.2.2015).

 

Quelle:

 

 

10. Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Eine Reihe von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen ist in der Ukraine aktiv. Ihr Engagement wird deutlich wahrgenommen. Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen sowie schleppende Gerichtsverfahren.

 

Die Bürgergesellschaft entwickelte sich nach der "Orangenen Revolution" deutlich lebendiger als zuvor. Es entstand außerdem eine pluralistische Medienlandschaft, die allerdings unter der Präsidentschaft von Janukowytsch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt war (AA 05.2015).

 

Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme 2013 waren erhöhte Einmischung der Regierung in und Druck auf Medien; erhöhter Druck auf NGOs und die Zivilgesellschaft; sowie die politisch motivierte Strafverfolgung von Exponenten der Regierung Timoschenko (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Innenpolitik node.html, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

12.6.2015

 

11. Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind Gegenstand wiederkehrender massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Am 29. April 2013 verabschiedete das Ministerkabinett der Ukraine das "National Target Programme to Reform the State Penal Service of Ukraine. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt auf die Regelung der Arbeitsbedingungen in ukrainischen Haftanstalten, wobei nicht so sehr der soziale Aspekt des Erlernens von Fähigkeiten für die Zeit nach Verbüßung der Haft als vielmehr die Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zur Mitfinanzierung des ukrainischen Haftsystems im Vordergrund steht. Bezüglich der medizinischen Betreuung von Häftlingen trifft das Programm lediglich allgemeine Aussagen über die Ausstattung von Gefängnisambulanzen und fordert eine Strategie im Umgang mit Tuberkulose in ukrainischen Haftanstalten (ÖB 09.2014)

 

Der Präsident unterzeichnete eine neue Strafprozessordnung, die eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen darstellt. In ihr ist klar formuliert, dass eine Haft im Augenblick der Festnahme durch die Polizei beginnt und Häftlinge von diesem Moment an Anspruch auf einen Anwalt und einen unabhängigen medizinischen Experten haben. Sie legt außerdem eindeutig fest, dass Untersuchungshaft nur bei außergewöhnlichen Umständen angeordnet werden soll, entsprechend den Empfehlungen des Europarats. Außerdem ist vorgesehen, dass alle zwei Monate automatisch geprüft wird, ob die Untersuchungshaft weiterhin gerechtfertigt erscheint. Anlass zu Bedenken gab, dass ein Anwalt nur bei besonders schweren Delikten, die mit einer Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren geahndet werden können, Pflicht ist. Prozesskostenhilfe ist ebenfalls nur in diesen Fällen vorgesehen (AI 23.5.2014).

 

Die Haftbedingungen entsprechen nicht internationalen Standards und sind manchmal sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Gefangenen. Schlechte Hygiene, Missbrauch und ungenügende medizinische Versorgung sind Probleme. Gemäß staatlicher Gefängnisbehörde waren 2013 bis November 128.512 Personen in Haft, davon 22.483 in Untersuchungshaft. Ca. 7.977 waren Frauen und 927 Jugendliche. Diese Gruppen werden in der Regel getrennt untergebracht, es gibt aber Berichte über Untersuchungsgefängnisse, wo keine Trennung Jugendlicher und Erwachsener stattfinden soll. 830 Insassen starben im og.

 

Zeitraum, davon 77 durch Selbstmord. Die Zustände in den temporären Polizeigefängnissen und Untersuchungsgefängnissen sind härter als in normalen Gefängnissen der niedrigen und mittleren Sicherheitsstufe. Haft in temporären Polizeigefängnissen ist stark rückläufig. Die Regierung erlaubt unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UNFakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Bis November 2013 führte ein gemischtes Beobachterteam 266 Besuche von Hafteinrichtungen usw. in der Ukraine durch. Der Ombudsmann veröffentliche einen Bericht darüber, in dem er systemische Probleme wie Nichtbeachtung von Grundrechten, schlechte Hygiene, physische und psychische Misshandlung anspricht (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

weltweiten Lage der Menschenrechte - Ukraine,

 

https://www.ecoi.net/local link/248072/374321 de.html, Zugriff 12.6.2015

 

 

 

12.6.2015

 

12. Todesstrafe

 

Die Todesstrafe wurde in der Ukraine 1999 offiziell abgeschafft (AI o. D.).

 

Quelle:

 

 

 

http://www.amnestv.org/en/death-penaltv/abolitionist-and-retentionist-countries , Zugriff

 

12.6.2015

 

13. Frauen/Kinder

 

Vergewaltigung ist gesetzlich verboten, jedoch erwähnt das Gesetz nur indirekt die Vergewaltigung in der Ehe. Gemäß ukrainischer Generalstaatsanwaltschaft gab es in den ersten 9 Monaten d.J. 2013 447 angezeigte Fälle von Vergewaltigung oder versuchter Vergewaltigung. Es gab Anklagen in 231 dieser Fälle. Häusliche Gewalt gegen Frauen war weiterhin ein ernstes Problem. Vergewaltigung in der Ehe ist verbreitet. Im November 2013 standen

88.162 Personen wegen häuslicher Gewalt unter polizeilicher Überwachung. 2012 waren es 117.400 gewesen. Im ersten Halbjahr 2013 wurden beim Sozialministerium 65.797 Beschwerden wegen häuslicher Gewalt registriert, davon 58.039 von Frauen, 412 von Kindern. Die Polizei sprach in den ersten 11 Monaten 2013 95.329 Verwarnungen aus und verhängte 108.467 Strafen wegen Gewalt bzw. Nichtbeachten von Schutzanordnungen. Diese Strafen beinhalteten Bußgelder und gemeinnützige Arbeit (USDOS 27.2.2014).

 

Alleinstehenden (unverheirateten) Frauen und alleinerziehenden Adoptivvätern/-müttern von Adoptivkindern, deren Geburtsurkunde keine Informationen zu Mutter oder Vater enthält, steht Unterstützung zu. Die Leistungen stehen auch Witwen/Witwern mit Kindern zu, die vor dem Todesfall geschieden wurden, die keine Rente wegen des Ausfalls des Hauptversorgers der Familie oder andere Sozialleistungen erhalten. Alleinstehende Frauen mit Kindern, die nicht verheiratet sind, aber mit einem Mann zusammenleben, haben keinen Anspruch auf diese Leistungen. Eine Bescheinigung des Standesamtes ist Voraussetzung für den Erhalt der Leistungen. Die Leistungen betragen pro Kind mindestens 10 % des monatlichen Mindesteinkommens der Familie (seit 1. Januar 2007, 30 %) (IOM 08.2013).

 

Quellen:

 

 

12.6.2015

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

13.1 Kinder

 

Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, AntiDiskriminierung und Genderfragen. Er erhielt bis Dezember 601 Beschwerden bezüglich Kinderrechte und besuchte 112 Einrichtungen für Kinder. Der daneben existierende Ombudsmann des Präsidenten für Kinderrechte erhielt mehr als 1.000 Beschwerden. Die ukrainische Staatsbürgerschaft wird durch Geburt in der Ukraine (jus soli) oder über die Eltern erworben (jus sanguinis). Ein Kind das staatenlosen Eltern in der Ukraine geboren wird ist Ukrainer. Kinder müssen innerhalb einen Monats aber der Geburt registriert werden. In den ersten 11 Monaten 2013 wurden 1.164 Kinder Opfer von Verbrechen, darunter 77 Fälle sexueller Vergehen (USDOS 27.2.2014).

 

Alle Bürger der Ukraine können, ungeachtet ihrer Hautfarbe, politischen und religiösen Überzeugung, ihres Geschlechts, ihrer ethnischen und sozialen Herkunft, ihres Besitztums, Wohnortes, sprachlicher und anderer Eigenschaften eine kostenlose weiterführende Schulbildung an staatlichen und kommunalen Bildungseinrichtungen erhalten. Für Kinder, die körperlich oder geistig gefördert werden müssen, gibt es spezielle Schuleinrichtungen der

 

Klassen 1-3 sowie entsprechende Einrichtungen für Kinder, die eine Langzeitförderung benötigen (IOM 08.2013).

 

Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an sozial schwache Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein nicht unbeträchtlicher Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie eine Beihilfe für Alleinerziehende (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

12.6.2015

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

14. Bewegungsfreiheit

 

Die Verfassung und Gesetze garantieren die Freiheit für innerstaatliche Bewegungen, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereingliederung. Die Regierung respektierte allgemein diese Rechte (USDOS 27.2.2014).

 

Am 11. Dezember 2003 trat in der Ukraine das Gesetz Nr. 1382-IV der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine in Kraft. Darin ist vorgesehen, dass Bürger der Ukraine, sowie legal aufhältige Staatenlose und Fremde die im Titel genannten Rechte genießen und eine Registrierung oder Nicht-Registrierung keine Vorbedingung für die Ausübung oder Grund für die Aberkennung verfassungsmäßiger Rechte sein kann. Das Gesetz definiert den Ort des dauerhaften Aufenthalts (Place of permanent residence) als territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person mehr als sechs Monate im Jahr lebt. Demgegenüber ist der Ort des zeitweiligen Aufenthalts (Place of temporary residence) jene territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person weniger als sechs Monate im Jahr lebt. An einem neuen dauerhaften Aufenthaltsort muss man sich innerhalb von 10 Tagen ab Ankunft registrieren. Änderungen des Aufenthalts innerhalb derselben territorialen Verwaltungseinheit müssen der Behörde innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Die Registrierung am Ort des zeitweiligen Aufenthalts muss innerhalb von sieben Tagen ab Ankunft erfolgen.

Artikel 6 des Gesetzes der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine sieht vor, dass Daten bezüglich des Aufenthalts nur in Ausnahmefällen gemäß den Gesetzen der Ukraine oder mit

 

Einverständnis der betroffenen Person weitergegeben werden. Außer von der betreffenden Person, können diese Daten nur vom Geheimdienst, der Polizei oder den Gerichten eingesehen werden. In der Praxis soll es aber nicht unmöglich sein, sich auf illegalem Weg mit Meldeinformation zu versorgen, etwa durch korrupte Polizisten. Soziale Rechte sowie Zugang zu Renten, medizinischen und kommunalen Leistungen sind in der Ukraine nach wie vor eng mit dem Ort der Meldung verbunden. Trotzdem ist es möglich an einem anderen Ort zu wohnen und zu arbeiten ohne sich umzumelden und trotzdem weiterhin Zugang zu medizinischer Notversorgung in der gesamten Ukraine zu haben. Überhaupt sei es durchaus möglich, auch bei längerer Abwesenheit an einer Adresse gemeldet zu bleiben, da es in der Ukraine keine behördlichen Überprüfungen in Meldeangelegenheiten gibt (BAA 23.2.2010).

 

Quellen:

 

 

 

15. Binnenflüchtlinge

 

Rund 20.000 Menschen, die wegen der russischen Besetzung der Krim geflohen waren, erhielten staatliche Hilfen zur Umsiedlung in andere Regionen. Durch den Konflikt in der Ostukraine wurden Schätzungen zufolge fast eine Million Menschen vertrieben. Etwa die Hälfte von ihnen blieb im Land, die übrigen gingen überwiegend nach Russland. Die Binnenvertriebenen in der Ukraine erhielten zumeist eine begrenzte staatliche Unterstützung und waren ansonsten auf eigene Mittel, familiäre Netzwerke und die Hilfe von Freiwilligenorganisationen angewiesen. Im Oktober 2014 wurde ein Gesetz zu Binnenvertriebenen verabschiedet, das ihre Lage jedoch bis zum Jahresende noch nicht merklich verbessert hatte (AI 25.2.2015).

 

Rund 1,15 Millionen sogenannte "Binnenvertriebene" (Internally Displaced Persons, IDP) sollen sich derzeit in der Ukraine aufhalten, weitere 670.000 sind in andere Länder geflohen

 

 

Quellen:

 

 

https://www.amnesty.de/iahresbericht/2015/ukraine , Zugriff 15.6.2015

 

 

16. Grundversorgung/Wirtschaft

 

Die Ukraine ist eine offene, bislang wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Die ukrainische Wirtschaft ist 2014, vor allem infolge der Auswirkungen der Kampfhandlungen im Osten des Landes, um 7% geschrumpft. Die gegenwärtige ukrainische Regierung hat sich einem umfassenden Reformprogramm verschrieben, dessen Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft deutlich erhöhen dürfte (AA 05.2015).

 

Laut dem Bericht zur sozioökonomischen Lage der Ukraine im ersten Halbjahr 2013 waren 21,84 Millionen Personen (15-70 Jahre) wirtschaftlich aktiv, die Zahl der beschäftigten arbeitsfähigen Personen lag bei 20,08 Millionen (Gesamtbevölkerung der Ukraine im Juni 2013: 45.480,300 Menschen). Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung betrug am 1. Juli 2013 59,3%, wovon 22% im informellen Sektor beschäftigt waren. Die Arbeitslosigkeit lag bei 8%. Die Regionen mit der höchsten Beschäftigung sind Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk, Charkow (östliche Ukraine). Die Regionen mit der niedrigsten Beschäftigung sind Lwow, Iwano-Frankowsk und Ternopil (westliche Ukraine). Der durchschnittliche Monatsverdienst eines Arbeitnehmers lag im Mai 2013 bei 3253 UAH. Arbeitnehmer und andere Versicherte (z.B. Unternehmer), die arbeitslos gemeldet sind und für 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht weniger als 26 Wochenstunden gearbeitet und Rentenbeitragszahlungen geleistet haben, können staatliche Arbeitslosenhilfe beantragen. Die Beihilfe wird ab dem achten Tag nach der Meldung der versicherten Person beim staatlichen Arbeitsamt ausbezahlt und richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsjahre. Nicht versicherte Personen (keine Rentenbeitragszahler) sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger im Juni 2013 betrug 398.500 Personen. Die durchschnittliche Höhe der Arbeitslosenhilfe lag bei 1087 UAH (IOM 08.2013).

 

Das monatliche Mindesteinkommen für alle Branchen liegt bei UAH

1.218 (USD 150), basierend auf dem monatlichen Existenzminimum, das die Regierung festgelegt hat (USDOS 27.2.2014). Der Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei UAH 3.265 (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 186) (ÖB 09.2014).

 

Der Ukrainische Statistische Dienst weist für 2013 in der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerungsgruppe der Männer zwischen 15 und 59 und der Frauen zwischen 15 und 55 Jahren eine Arbeitslosenquote von 7,7% aus (erfasst nach der Methodologie der International Labour Organization). Im Vorjahr hatte die Arbeitslosenquote 8,1 % betragen. In der Altersgruppe von 15 bis 70 Jahren waren im Jahr 2013 65,0% erwerbstätig (USDOS 27.2.2014).

 

Quellen:

 

 

amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ukraine/Wirtschaft node.html, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

12.6.2015

 

 

16.1. Sozialbeihilfen

 

Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Die gewährten sozialen Leistungen sind in der Regel unzureichend. Es gibt zwei Hauptformen der staatlichen Unterstützung:

 

a) Materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) - Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt, und b) Soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.). Die Voraussetzungen für die Gewährung sozialer Unterstützung sind sehr verschieden und richten sich nach der Art der beantragten Leistung. In der Regel muss der Antragsteller die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. nach: dem Verlust des Arbeitsplatzes, Arbeitsunfall bzw.

 

Arbeitsunfähigkeit. Es gibt Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Verschiedene NGOs unterstützen ebenfalls Menschen in sozialen Notlagen (IOM 08.2013, vgl. ÖB 09.2014).

 

Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde im Jahr 2013 mit UAH 1.218 festgelegt (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 70). Im Jahr 2010 galten 26,4% der ukrainischen Bevölkerung als arm, wobei 23% der Stadtbewohner, jedoch 38% der Landbewohner mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auszukommen hatten. Nur 56,8% der als arm Qualifizierten können sich auf Hilfe aus dem Sozialsystem stützen (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

https://milQ.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

17. Medizinische Versorgung

 

Das ukrainische Gesundheitssystem ist in seinen Grundzügen nach wie vor das ehemals sowjetische Modell. Krankenhäuser und Fachärzte spielen eine zentrale Rolle, Allgemeinmediziner gibt es kaum. Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde trotz jahrelanger Diskussionen in der Ukraine bislang nicht eingeführt. Vielmehr besteht ein in der Verfassung verankerter universeller Anspruch der Bevölkerung auf Gesundheitsleistungen, die aus Steuermitteln finanziert sein sollen (ÖB 09.2014, vgl. IOM 08.2013).

 

In der Ukraine gibt es über 7.000 Gesundheitszentren (26 Wissenschaftliche Forschungszentren, 40 Krankenhäuser und besondere Gesundheitszentren, 6 Ambulante Kliniken, 150 Sanatorien und Erholungseinrichtungen. Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. Die Bedingungen in den Krankenhäusern verschlechtern sich. In den Städten ist die Situation im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten. Auf dem Land lebenden Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wird empfohlen, das jeweilige Gebietskrankenhaus aufzusuchen. Um in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung versorgt zu werden, müssen Patienten ihre Ausweisdokumente (Personalausweis) und die Krankenversicherungskarte vorweisen (in privaten Kliniken ist dies nicht notwendig. Um in einer staatlichen Klinik versorgt zu werden, muss der Patient in der jeweiligen Region registriert sein (IOM 08.2013).

 

In den Spitälern sind Zuzahlungen der Patienten für die Behandlung üblich. Im Zeitraum 2003-2008 wurden rund 40% der Kosten von den Patienten selbst abgedeckt. Der Großteil dieser Eigenmittel wurde für Medizinprodukte und Medikamente ausgegeben (ÖB 09.2014).

 

Medikamente sind in den meisten Fällen erhältlich, müssen jedoch von den Patienten selbst gekauft werden. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 12,00, wenn es aus der Schweiz stammt ca. UAH 42,00. In der Ukraine gibt es ein Netzwerk von psychiatrischen Kliniken, die entsprechend dem Schweregrad der psychischen Erkrankung aufgeteilt sind. Organtransplantationen werden in bestimmten Transplantationskliniken in Kiew und Charkow sowie in normalen Krankenhäusern in Kiew,

 

Donezk, Saporoschje, Lwow, Odessa, Iwano-Frankiwsk, Kirowograd, Lutsk, Mariupol, Mykolajiw, Cherson, Tscherkassij und Tschernowzij durchgeführt (IOM 08.2013).

 

Schätzungen zufolge sind zumindest 10% aller Geldflüsse im ukrainischen Gesundheitswesen unter dem Begriff "informelle Zahlungen" zu subsumieren. In der Regel werden derartige Zuwendungen vor der entsprechenden Behandlung geleistet. Die Höhe der Zuwendung bestimmt in der Folge die Qualität und die Schnelligkeit der Behandlung. Glaubwürdigen Schätzungen zufolge setzt sich das Gehalt eines Bediensteten im Medizinbereich im Schnitt zu 20% aus derartigen "informellen Zuwendungen" zusammen, die nicht selten - zumal auf dem Land - auch aus Naturalien bzw. bereitgestellten Dienstleistungen bestehen können. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes

Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten (ÖB 09.2014).

 

Quellen:

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

 

18. Behandlung nach Rückkehr

 

Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung für Obdachlose jedoch gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Das Zentrum für die Wiedereingliederung obdachloser ukrainischer Staatsbürger beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt obdachlose Menschen. Es gibt derzeit keine gesonderte Unterstützung für allein heimkehrende Frauen und Mütter, die nicht zu Ihrer Familie zurückkehren können bzw. wollen (IOM 08.2013).

 

Quelle:

 

 

 

https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/698622 /16391428/16800762/Ukraine -

 

Country Fact Sheet 2013%2C deutsch.pdf?nodeid=16801302&vernum=-2, Zugriff

 

12.6.2015

 

Ergänzend ist auf den aktuellen Länderbericht des AUSWÄRTIGEN AMTS Berlin, vom 11. Februar 2016 Gz.: 508-516.80/3 UKR, zu verweisen:

 

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine

 

(Stand: Januar 2016)

 

Grundsätzliche Anmerkungen:

 

1. Auftrag: Das Auswärtige Amt erstellt Lageberichte in Erfüllung seiner Pflicht zur Rechts- und Amtshilfe gegenüber Behörden und Gerichten des Bundes und der Länder (Art. 35 Abs.1 GG, §§ 14, 99 Abs. 1 VwGO). Insoweit wird auf die Entscheidung des BVerfG vom 14.5.1996 zu sicheren Herkunftsstaaten besonders hingewiesen, in der es heißt: "Angesichts der Tatsache, dass die Verfassung dem Gesetzgeber die Einschätzung von Auslandssachverhalten aufgibt (...), fällt gerade den Auslandsvertretungen eine Verantwortung zu, die sie zu besonderer Sorgfalt bei der Abfassung ihrer einschlägigen Berichte verpflichtet, da diese sowohl für den Gesetzgeber wie für die Exekutive eine wesentliche Entscheidungsgrundlage bilden." Das Auswärtige Amt erstellt daher Lageberichte ausschließlich in eigener Verantwortung.

 

2. Funktion: Lageberichte sollen also vor allem dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und den Verwaltungsgerichten als Entscheidungshilfe in Asylverfahren, aber auch den Innenbehörden der Länder bei ihrer Entscheidung über die Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer dienen. In ihnen stellt das Auswärtige Amt asyl- und abschiebungsrelevante Tatsachen und Ereignisse dar. Wertungen und rechtliche Schlussfolgerungen aus der tatsächlichen Lage haben die zuständigen Behörden und Gerichte vorzunehmen.

 

3. Ergänzende Auskünfte: Über Lageberichte hinausgehende Anfragen von Behörden und Gerichten wird das Auswärtige Amt beantworten, insoweit die Anfragen einen konkreten tatsächlichen Sachverhalt zum Gegenstand haben. Die Beantwortung von Fragen, die bereits in der Fragestellung eine rechtliche Wertung enthalten (z.B. "Besteht für den Kläger das Risiko einer politischen Verfolgung?"), fällt in die Zuständigkeit der Gerichte bzw. Innenbehörden, nicht aber des Auswärtigen Amts.

 

4. Quellen: Die Auslandsvertretungen sind angewiesen, sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Erkenntnisse auszuwerten. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Erkenntnisquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen wie z.B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und dem UNHCR Informationen über die Lage in einzelnen Herkunftsländern aus. Dadurch sowie durch stets mögliche schriftliche Stellungnahmen erhalten die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen und des UNHCR die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse zu den in den Lageberichten dargestellten Sachverhalten einzubringen.

 

5. Aktualität: Lageberichte berücksichtigen die dem Auswärtigen Amt bekannten Tatsachen und Ereignisse bis zu dem jeweils angegebenen Datum der Erstellung, es sei denn, es ist ausdrücklich anders angegeben. Die Aktualisierung der Lageberichte erfolgt in regelmäßigen Zeitabständen. Dabei geht das Auswärtige Amt auch Hinweisen auf evtl. in den Lageberichten enthaltene inhaltliche Unrichtigkeiten nach. Bei einer gravierenden, plötzlich eintretenden Veränderung der Lage erstellt das Auswärtige Amt einen Ad-hoc-Bericht. Wenn dies nicht möglich ist, werden die Empfänger darauf hingewiesen, dass der betreffende Lagebericht nicht mehr der aktuellen Lage entspricht. Bei Anhaltspunkten für eine Veränderung der Lage, die den Empfängern bekannt geworden sind, steht das Auswärtige Amt darüber hinaus den Empfängern jederzeit für - auch telefonische - Auskünfte zur Verfügung.

 

6. Einstufung: Lageberichte sind als "Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft. Nur dieses restriktive Weitergabeverfahren stellt sicher, dass die Berichte ohne Rücksichtnahme auf außenpolitische Interessen formuliert werden können. Die Schutzbedürftigkeit ist auch aus Gründen des Quellenschutzes und in Einzelfällen sogar im Interesse der persönlichen Sicherheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Auswärtigen Amts geboten. Das Auswärtige Amt weist darauf hin, dass die Lageberichte nicht an Dritte, die selbst weder verfahrensbeteiligt noch verfahrensbevollmächtigt in einem anhängigen Verfahren sind, weitergegeben werden dürfen. Die unbefugte Weitergabe dieser Informationen durch verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwälte stellt einen Verstoß gegen berufliches Standesrecht dar (§ 19 der anwaltlichen Berufsordnung) und kann entsprechend geahndet werden. Das Auswärtige Amt hat keine Einwände gegen die Einsichtnahme in diesen Lagebericht bei Verwaltungsgerichten durch Prozessbevollmächtigte, wenn die Bevollmächtigung in einem laufenden Verfahren nachgewiesen ist. Aus Gründen der Praktikabilität befürwortet das Auswärtige Amt, dass die Einsichtnahme unabhängig von örtlicher und sachlicher Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts, bei dem der Prozessbevollmächtigte im Einzelfall Einsicht nehmen möchte, möglich ist.

 

7. Besondere Hinweise zum Lagebericht: Der Bericht beruht auf Erkenntnissen, die die deutsche Botschaft in Kiew im Rahmen ihrer

Kontakte und Recherchen gewonnen hat, sowie auf folgenden Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8. Anlage: Landkarte von United Nations Department of Field Support Cartographic Section, Stand: März 2014 ( http://www.un.org/Depts/Cartographic/english/htmain.htm )

 

Das Auswärtige Amt übernimmt keine Gewähr für die Richtigkeit des Inhalts der Karte. Es ist beabsichtigt, den Bericht jährlich zu aktualisieren.

 

Inhaltsverzeichnis I. Allgemeine politische Lage 6

 

II. Asylrelevante Tatsachen 7

 

1. Staatliche Repressionen 7

 

1.1 Politische Opposition 7

 

1.2 Versammlungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit 7

 

1.3 Minderheiten 7

 

1.4 Religionsfreiheit 7

 

1.5 Strafverfolgungs- und - Zumessungspraxis 7

 

1.6 Militärdienst 8

 

1.7 Handlungen gegen Kinder 9

 

1.8 Geschlechtsspezifische Verfolgung 9

 

1.9 Exilpolitische Aktivitäten 9

 

2. Repressionen Dritter 10

 

3. Ausweichmöglichkeiten 10

 

4. Konfliktgebiete 10

 

III. Menschenrechtslage 11

 

1. Schutz der Menschenrechte in der Verfassung 11

 

2. Folter 12

 

3. Todesstrafe 12

 

4. Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen 12

 

5. Lage ausländischer Flüchtlinge 12

 

IV. Rückkehrfragen 14

 

1. Situation für Rückkehrerinnen und Rückkehrer 14

 

1.1 Grundversorgung 14

 

1.2 Rückkehr und Reintegrationsprojekte im Herkunftsland 14

 

1.3 Medizinische Versorgung 14

 

2. Behandlung von Rückkehrern 15

 

3. Einreisekontrollen 15

 

4. Abschiebewege 15

 

V. Sonstige Erkenntnisse 15

 

1. Echtheit der Dokumente 16

 

1.1 Echte Dokumente unwahren Inhalts 16

 

1.2 Zugang zu gefälschten Dokumenten 16

 

2. Zustellungen 16

 

3. Feststellung der Staatsangehörigkeit 16

 

4. Ausreisekontrollen und Ausreisewege 16

 

Zusammenfassung

 

• Nach dem "Euromaidan" im Winter 2013/14 und dem Sturz von Präsident Janukowytsch gelang nach Übergangsregierung, Neuwahlen von Präsident und Parlament und nach der Regierungsbildung im weiteren Jahresverlauf 2014 eine relative Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und sich im Osten der Ukraine illegale "Volksrepubliken" durch Separatisten etablierten. Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen sind über 9.000 Menschen umgekommen. 1,4 Mio. Binnenflüchtlinge sind innerhalb der Ukraine registriert, etwa 900.000 Ukrainer sind in Nachbarländer geflohen. Die Regierung verabschiedete Reformgesetze (Wirtschaft, Energie und Justiz, Korruptionsbekämpfung, Lustration) und ratifizierte das Assoziie- rungsabkommen mit der EU.

 

• Das Parteiensystem ist plural. Bei den Parlamentswahlen vom 26.10.2014 scheiterten rechts- wie linksradikale Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Arbeit von Nicht- regierungsorganisationen, die Aktivitäten von Oppositionsparteien und -gruppen sowie die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit unterliegen keinen staatlichen Restriktionen. Eine staatliche Diskriminierung von Minderheiten findet nicht statt, die Religionsfreiheit wird respektiert.

 

• Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet. Die Ukraine ist Mitglied der UN-Anti-Folter-Konventionen. Die Todesstrafe ist abgeschafft. Der Schutz ausländischer Flüchtlinge ist verbessert worden. Abschiebungen anerkannter Flüchtlinge und Asylbewerber finden nicht statt.

 

• Homosexualität ist in der Ukraine seit 1991 nicht mehr strafbar, jedoch bestehen in der Gesellschaft generell deutliche Vorbehalte gegen LGBTTI-Personen.

 

• In den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben. Die Einwohner der Krim wurden nach Russland eingebürgert, die Minderheit der Krimtataren unterliegt erheblich Restriktionen durch die russischen Vertreter. Medien stehen unter Druck, eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr. In den Oblasten Donezk und Luhansk kam es in den von Separatisten kontrollierten Gebieten zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Der VN-Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCHR) spricht von einem "vollständigen Zusammenbruch von Recht und Ordnung". Auch in Gebieten, in denen ukrainische "Freiwilligen-Bataillone" gegen Separatisten vorgehen, kam es zu schweren Menschenrechtsverletzungen.

 

• Die Grundversorgung für Rückkehrer ist (wie für die meisten Menschen in der Ukraine) knapp ausreichend. Die medizinische Versorgung ist laut Gesetz kostenlos und flächendeckend, qualitativ höherwertige Leistungen sind jedoch von privaten Zuzahlungen abhängig.

 

• Auf Grund der aktuellen Situation ist von einem erhöhten Migrationspotenzial auszugehen, das sich nicht nur auf Personen beschränkt, die durch den Konflikt vertrieben wurden.

 

I. Allgemeine politische Lage

 

Nach der versuchten gewaltsamen Niederschlagung des "Euromaidans" mit 130 Toten flüchtete der damalige Präsident Janukowytsch nach Russland. Das ukrainische Parlament, die Werchowna Rada, erklärte ihn für abgesetzt und bestellte einen Übergangspräsidenten. Neuer Ministerpräsident wurde Arseni Jazenjuk. Am 21.02.2014 setzte das Parlament die Verfassung von 2004 wieder in Kraft. Sie schreibt Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Gerichte fest. In der Praxis werden diese Grundsätze durch die grassierende Korruption häufig durchbrochen. Die Ukraine liegt auf Rang 142 des Korruptionsindex von Transparency International und gilt damit als das korrupteste Land Europas.

 

Die Annexion der Krim durch Russland und die militärischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine überschatten weiterhin die innenpolitische Entwicklung: Nach VN-Angaben sind seit Beginn des bewaffneten Konflikts über 9.000 Menschen umgekommen; die Flüchtlings- zahlen sind auf 1,4 Mio. Binnenflüchtlinge und über 900.000 Flüchtlinge in Nachbarländern, insbesondere Russland, angestiegen. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt: Zwar hat sich die Sicherheitslage seit Ende August 2015 verbessert, auch wenn Waffenstillstandsverletzungen an der Tagesordnung bleiben. Der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland) stockt jedoch trotz hochrangiger Unterstützung im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland). Besonders kontrovers bleibt neben den Lokalwahlen im besetzten Donbass der Dezentralisierungsprozess, den die Rada noch nicht abgeschlossen hat. Die Regierung Jazenjuk II hält am euroatlantischen Integrationskurs fest und hat bisher trotz zahlreicher koalitionsinterner Querelen erste Fortschritte im Kampf gegen die Korruption, in der Reform des Justizsektors und in der "Deoligarchisierung" erzielt. Gleichwohl sind die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen bei weitem nicht befriedigt. Die Wirtschaftslage bleibt - in erster Linie wegen der fortgesetzten Konfliktlage in der Ostukraine - desolat: Für 2015 wird ein (weiterer) Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um ca. 11% prognostiziert. Die Jahresinflation lag im April bei 60%, Ende 2015 bei bis zu 50%; das Realeinkommen der Bevölkerung sank im Jahresvergleich um ca. 30%. Ohne internationale Finanzhilfen durch IWF und andere wäre die Ukraine vermutlich insolvent. Regierung und Nationalbank bemühen sich ernsthaft und bislang erfolgreich, die harten Auflagen, die mit den IWF-Krediten einhergehen, zu erfüllen (u.a. Sparhaushalt, Abbau der Verbraucherpreissubventionen für Energie, Konsolidierung des Bankensektors, marktwirtschaftliche Reformen).

 

Die Lokalwahlen im November 2015 verliefen im Großen und Ganzen regelkonform. Die Parteienlandschaft ist plural und reflektiert alle denkbaren Strömungen von nationalkon- servativ und nationalistisch über rechtsstaats- und europaorientiert bis kommunistisch wieder. Noch ist der Programmcharakter der Parteien wenig entwickelt, die Wähler orientieren sich hauptsächlich an den Führungsfiguren. Bei den Parlamentswahlen vom 26.10.2014 scheiterten rechts- wie linksradikale Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Möglichkeit von Nichtregierungsorganisationen, sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen.

 

Die Sicherheitsbehörden haben sowjetische Traditionen noch nicht abgestreift. Reformen werden von Teilen des Staatsapparats abgelehnt. Miliz (mittlerweile umbenannt und reorga- nisiert als nationale Polizei), Staatsanwaltschaft und Sicherheitsdienst (SBU) waren jahr- zehntelang Instrumente der Repression; im Bereich von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gibt es noch überlappende Kompetenzen.

 

II. Asylrelevante Tatsachen

 

1. Staatliche Repressionen

 

1.1 Politische Opposition

 

Aktivitäten von Oppositionsparteien oder -gruppen unterliegen keinen staatlichen Restrik- tionen.

 

1.2 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit

 

Die Versammlungsfreiheit wurde im Euromaidan 2013/2014 unter erheblichen Opfern ver- teidigt. Sie ist seither unangefochten. Auch Meinungs- und Pressefreiheit unterliegen keinen staatlichen Restriktionen, leiden jedoch unter der wirtschaftlichen Schwäche des unab- hängigen Mediensektors und dem Übergewicht von Medien, die Oligarchen gehören oder von ihnen finanziert werden.

 

1.3 Minderheiten

 

Eine Zunahme des Antisemitismus in der Ukraine seit den politischen Umwälzungen 2013/2014 ist nicht erkennbar. Ukrainische Wissenschaftler, NRO-Vertreter und religiöse Würdenträger der jüdischen Gemeinden sind sich weitgehend darin einig, dass sich zwar die allgemeine Sicherheitslage verschlechtert habe. Hiervon seien aber die Bürger insgesamt betroffen; eine spezifische Bedrohungslage der jüdischen Gemeinden und ihrer Mitglieder bestehe nicht. Der ukrainische Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses Jossyf Sissels wies im November 2014 in einer Analyse antisemitischer Vorfälle der letzten Jahre in der Ukraine darauf hin, dass deren Zahl sogar signifikant abgenommen habe.

 

Roma stellen eine schwer quantifizierbare Minderheit dar. Nach offizieller Zählung umfasst sie 48.000 Personen, nach Schätzungen von Roma-NROs im Lande sollen es 400.000 sein. Diese Diskrepanz ist nur zum Teil erklärbar durch das Bedürfnis vieler sozial integrierter Roma, sich nicht zu erkennen zu geben. Unstreitig ist, dass große Teile der Roma-Bevölke- rung sozial marginalisiert und benachteiligt sind (z. B. führt wie andernorts fehlende Geburtsregistrierung zu Benachteiligungen bei der Gesundheitsversorgung und Schulbildung). Es liegen keine Erkenntnisse für eine staatliche Diskriminierung vor. In der Bevölkerung bestehen teilweise erhebliche Vorurteile gegen Roma.

 

Klagen von Vertretern der ungarischen und rumänischen Minderheit, diese Gruppen würden überproportional zum Wehrdienst herangezogen, sind mittlerweile entkräftet und werden nicht mehr wiederholt.

 

1.4 Religionsfreiheit

 

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird von der Verfassung garantiert (Art. 35) und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert.

 

1.5 Strafverfolgungs- und Zumessungspraxis

 

Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis orientieren sich zunehmend an westeuro- päischen Standards. Untersuchungshaft wird nach umfassender Reform des Strafverfahrens- rechts (mit Unterstützung der Internationalen Stiftung für Rechtliche Zusammenarbeit und ausgerichtet an deutschen Vorbildern) erkennbar seltener angeordnet als früher. Sippenhaft wird nicht praktiziert.

 

1.6 Militärdienst

 

Die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes besteht für Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren. Er dauert grundsätzlich eineinhalb Jahre, für Wehrpflichtige mit Hochschul- qualifikation (Magister) 12 Monate. Am 01.05.2014 wurde die früher beschlossene Aussetzung der Wehrpflicht widerrufen. Danach erfolgten insgesamt sechs Mobilisierungs- wellen, die hauptsächlich Reservisten, aber auch Grundwehrdienstleistende (letztere zu einer sechsmonatigen Ausbildung) erfassen sollte. Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung spielen bei der Heranziehung keine Rolle.

 

Angesichts der andauernden militärischen Auseinandersetzungen in der Ostukraine sollen die Streitkräfte um mehr als ein Drittel (66.000) auf 250.000 aufwachsen (204.000 Soldaten und 46.000 Zivilangestellte). Diese ambitionierte Personalerhöhung wurde vermutlich trotz weiterer Teilmobilisierungsmaßnahmen für Reservisten nicht erreicht.

 

Für 12 Monate wird der Arbeitsplatz garantiert, das Gehalt ist in dieser Zeit (zusätzlich zum Dienstgrad-entsprechenden Sold) weiterzuzahlen.

 

Während der sechsmonatigen Ausbildungen werden Wehrpflichtige nicht im ATO-Gebiet (Teil der Ostukraine, in denen es zu Kämpfen mit den Separatisten kommt) eingesetzt. Ob und wann sie danach dort zum Einsatz kommen, ist hier nicht bekannt. Richter, Vollzeitstudenten, Post-Graduate-Studenten, Priester, Väter mit drei und mehr minderjährigen Kindern, Parlamentsabgeordnete und Straftäter sind freigestellt.

 

Bei der derzeitigen Teilmobilisierung ergeht an den Wehrpflichtigen ein Einberufungs- bescheid des Militärkommissariats (entspricht dem deutschen Kreiswehrersatzamt). Zunächst wird versucht, den Bescheid dem Einberufenen persönlich zuzustellen. Bei Unzustellbarkeit wird der Bescheid an die Arbeitsstätte gesandt, ggf. wird der Einberufene direkt an der Arbeitsstätte abgeholt. Es findet Wehrüberwachung statt: Wehrpflichtige habe einen Wohnortwechsel binnen einer Woche anzuzeigen. Sollte künftig Vollmobilisierung erfolgen, wäre ein Wohnortwechsel durch die Wehrüberwachungsbehörde vorab zu genehmigen.

 

Ermittlungen, ob eine Person einberufen wurde (z. B. durch Anfragen über die Botschaft an das Außen- und Verteidigungsministerium), könnten dazu führen, dass die Wehrüber- wachungsbehörden erst durch diese Nachfrage darauf aufmerksam werden, dass eine Person bisher ihrer Überwachung entgangen ist. Ohnehin wäre mit einer langen Bearbeitungszeit zu rechnen.

 

Der Ersatzdienst hat in der Ukraine kaum Tradition und ist in der Gesellschaft noch wenig verankert. Über die Zahl der Verweigerer macht das ukrainische Verteidigungsministerium keine offiziellen Angaben. NRO-Vertreter gehen von bislang 7.500 Anträgen aus. Für aktive Soldaten ist eine Verweigerung nicht vorgesehen. Das Gesetz über den Ersatzdienst vom 12.12.1991 (Nr. 1975-XII) regelt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und die Möglich- keit, den Ersatzdienst unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abzuleisten. Die Wehrpflichtigen durchlaufen bei der Musterung sämtliche Untersuchungen im jeweils zuständigen Militärkommissariat (Kreiswehrersatzamt). Spätestens zwei Monate vor dem Einberufungs- termin muss der Wehrpflichtige bei der für den jeweiligen Wohnort zuständigen Behörde einen begründeten Antrag einreichen.

 

Eine Verweigerung kann nur auf die religiöse Überzeugung und die entsprechende Zuge- hörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Gemeinschaft gestützt werden. Bei Kriegs- oder Ausnahmezustand kann das Recht der Wahl zwischen Wehr- und Ersatzdienst gesetzlich für bestimmte Zeit eingeschränkt werden. Der Ersatzdienst dauert 27 Monate, für Hochschul- absolventen (Magister) 18 Monate. Er wird in staatlichen Sozial-, Gesundheits- und Kommu- naleinrichtungen oder beim Roten Kreuz abgeleistet.

 

Strafrechtliche Verfolgung: Die Entziehung vom Wehrdienst wird nach Art. 335 ukr. StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Eine Mobilisierungsentziehung kann gemäß Art. 336 ukr. StGB mit bis zu fünf Jahren bestraft werden. Für Entziehung von der Wehrerfassung sieht Art. 337 eine Geldstrafe bis zu 50 Mindest-Monatslöhnen oder Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten vor, für Entziehung von einer Wehrübung Geldstrafe bis zu 70 Mindest-Monatslöhnen oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten.

 

1.7 Handlungen gegen Kinder

 

Zwangsarbeit und Zwangsrekrutierungen finden staatlicherseits nicht statt. In den von Separa tisten kontrollierten Landesteilen soll es zum Einsatz von Jugendlichen in militärischen Ver- bänden gekommen sein.

 

1.8 Geschlechtsspezifische Verfolgung

 

Artikel 24 der Verfassung schreibt die Gleichberechtigung von Männern und Frauen aus- drücklich vor. Auch im Übrigen gibt es keine rechtlichen Benachteiligungen. Nach ukrai- nischem Arbeitsrecht genießen Frauen die gleichen Rechte wie Männer. Tatsächlich werden sie jedoch häufig schlechter bezahlt und sind in Spitzenpositionen unterrepräsentiert. Die Ukraine ist noch immer Herkunftsland für grenzüberschreitenden Frauen- und Mädchen- handel.

 

1.8.1 Situation für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender und Intersexuelle (LGBTTI)

 

Homosexualität ist in der Ukraine seit 1991 nicht mehr strafbar. Dennoch bestehen in der Gesellschaft weiterhin generelle Vorbehalte gegen LGBTTI-Personen. Mit abnehmender politischer Instrumentalisierung scheint auch die Zahl von Übergriffen zurückzugehen. Aller- dings berichten LGBTTI-Organisationen von gelegentlichen Angriffen auf Homosexuelle in den von den Separatisten kontrollierten Konfliktgebieten der Ostukraine, wo Einschüchterung und Terrorisierung Betroffener durch die allgemeine Brutalisierung des Alltags zugenommen haben. Die LGBTTI-Kundgebung der "Kyiv Pride" ("Equality March") konnte im Juni 2015 stattfinden, nachdem der Widerstand der Kiewer Stadtpolizei und Bürgermeister Klitschkos durch Intervention von Präsident Poroschenko (ausdrücklich unter Bezug auf die Versammlungsfreiheit) überstimmt worden war. Dabei wurde ein Polizist durch einen Explosionskörper von Seiten homophober Gegendemonstranten lebensgefährlich verletzt. Das Parlament verabschiedete am 04.11.2015 (im Rahmen des Gesetzespakets für den Visaliberalisierungsaktionsplan) ein allgemeines Diskriminierungsverbot im Arbeitsrecht, das auch explizit Diskriminierung aufgrund geschlechtlicher Identität oder sexueller Orientierung umfasst.

 

1.9 Exilpolitische Aktivitäten

 

Eine große Zahl von Ukrainern lebt im Ausland. Viele sind nach Kanada, in die USA, nach Israel und nach Deutschland ausgewandert. Repressionen gegen Personen, die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, nach deren Rückkehr in die Ukraine, oder Rückkehrverbote für solche Personen sind nicht bekannt.

 

2. Repressionen Dritter

 

Über Repressionen Dritter, für die der ukrainische Staat mittelbar die Verantwortung trägt, indem er sie anregt, unterstützt oder hinnimmt, liegen keine Erkenntnisse vor. Wegen der Konfliktgebiete in den Oblasten Donezk und Luhansk vgl. Nr. 4.

 

3. Ausweichmöglichkeiten

 

Die Zahl der registrierten Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons - IDPs) ist bis November 2015 auf 1,4 Mio. gestiegen, weitere 900.000 Menschen sind in Nachbarländer geflohen. Das ukrainische Parlament hat ein lange gefordertes IDP-Gesetz erlassen, das am 19.11.2014 vom Präsidenten unterzeichnet wurde. Damit wurde eine Rechtsgrundlage für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von IDPs geschaffen.

 

4. Konfliktgebiete

 

In den Gebieten außerhalb der staatliche Kontrolle, namentlich in den von Separatisten kontrollierten Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, staatliche Befugnisse wahrzunehmen.

 

Auf der Krim werden seit März 2014 staatliche Aufgaben von russischen De-facto-Behörden ausgeübt. Die Einwohner wurden pauschal eingebürgert, es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Besorgniserregend sind weiterhin Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit verschwinden, nicht mehr auf die Krim zurückreisen dürfen bzw. vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Medien geraten zunehmend unter Druck, dem unabhängigen Fernsehsender der Tataren ATR wurde die Lizenz entzogen; er hat seinen Sitz nach Kiew verlegt. Eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr, Auskunftspersonen haben die Krim verlassen. Religiöse Literatur gilt den Behörden als extremistisch. Ein Bericht von ODIHR vom Juli 2015 hat eine erhebliche Verschlechterung der Menschenrechtslage auf der Krim zum Gegenstand, die von einer Einschränkung des Versammlungsrechts bis hin zu Entführungen, Folter und Ermordung reicht.

 

In den Oblasten Donezk und Luhansk ist zu differenzieren zwischen Gebieten, die sich unter Kontrolle der pro-russischen Separatisten befinden, befriedeten Gebieten unter voller Kontrolle staatlicher ukrainischer Stellen, und Gebieten, in denen ukrainische Militäreinheiten, auch die sog. Freiwilligen-Bataillone, zum Einsatz kommen.

 

Berichte der OSZE-Beobachtermission, von Amnesty International sowie weiteren NROs lassen den Schluss zu, dass es nach Ausbruch des Konflikts im März 2014 in den von Separatisten kontrollierten Gebieten zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Dazu zählen extralegale Tötungen auf Befehl örtlicher Kommandeure ebenso wie Freiheitsberaubung, Erpressung, Raub, Entführung, Scheinhinrichtungen und Vergewalti- gungen. Auch im jüngsten Bericht (09.12.2015) spricht der VN-Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCHR) - trotz zwischenzeitlicher Beruhigung der Lage - von einem "Zusammenbruch von Recht und Ordnung" auf dem Gebiet der selbstproklamierten "Republiken". Die Zivilbevölkerung ist der Willkür der Soldateska schutzlos ausgeliefert, Meinungsäußerungs- und Versammlungsfreiheit sind faktisch suspendiert.

 

In den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten wird die staatliche Ordnung erhalten oder wieder hergestellt, um Neuaufbau sowie humanitäre Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen.

 

Problematisch sind die Gebiete, in denen nicht die ukrainischen Streitkräfte selbst, sondern sog. "Freiwilligen-Bataillone" gegen Separatisten vorgehen. Diese Einheiten nehmen offiziell an der sog. "Anti-Terror-Operation" teil; fast alle sind dem Verteidigungsministerium und der Nationalgarde (Innenministerium) unterstellt. Teilweise handelt es sich um Einheiten, die von privater Seite finanziert werden, z. B. vom Dnipropetrowsker Oligarchen Kolomojsky (bis Ende März 2015 im Amt als Gouverneur). Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hat zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, evtl. auch zu extralegalen Tötungen.

 

Meldungen über die Entdeckung von Massengräbern können nicht bewertet werden. Funde in Gebieten, die zuvor unter der Kontrolle ukrainischer Einheiten standen (der russische Außenminister Lawrow sprach von 400 entdeckten Leichen), werden von Amnesty International, OSZE und UNHCR als übertrieben bewertet; sie bestätigten den Fund von drei Gräbern mit insgesamt 10 Leichen. Eine unabhängige forensische Untersuchung zur Todes-ursache war bislang nicht möglich. Die ukrainische Regierung bestreitet jede Verantwortung und veröffentlichte ihrerseits eine Karte mit einer großen Zahl von angeblichen Massen-gräbern, die von Separatisten angelegt worden sein sollen. Auch hier ist eine Bewertung der-zeit nicht möglich.

 

Mittlerweile scheint das Bewusstsein dafür zu wachsen, dass Disziplinlosigkeit der Frei- willigen-Bataillone sowohl die Bevölkerung in den Einsatzgebieten gefährdet, als auch in andere Regionen ausstrahlt und dort zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führt. Der ukrainische Staat scheint gewillt, nach einer Beruhigung der militärischen Lage das staat- liche Gewaltmonopol wieder herzustellen.

 

III. Menschenrechtslage

 

1. Schutz der Menschenrechte in der Verfassung

 

Der Grundrechtskatalog der Verfassung (in Abschnitt II, Art. 21 bis 63, über Rechte, Frei- heiten und Pflichten) enthält neben den üblichen Abwehrrechten eine große Zahl von Ziel- bestimmungen (z. B. Wohnung, Arbeit, Erholung, Bildung). Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtskonventionen (Internationaler Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, Internatio nales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, Überein- kommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, UN-Anti-Folter-Konvention, UN-Kinderrechtskonvention, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Europäische Menschenrechtskonvention).

 

2. Folter

 

Folter sowie grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen, sind gemäß Artikel 28 der ukrainischen Verfassung verboten. Die Ukraine ist seit 1987 Mitglied der UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) und seit 1997 Teilnehmerstaat der Anti-Folter-Konvention des Europarats. Bei der Umsetzung bestehen vor allem im Strafvollzug weiterhin Defizite. Menschenrechtswidrige Verhör- methoden mit Schlägen und Tritten, überfordertes, unterbezahltes Personal, chronische Überbelegung, schlechte hygienische Verhältnisse und schlechtes Essen führen nach Einschätzung der Menschenrechtsbeauftragten des Parlaments in einigen Haftanstalten und Polizeistationen zu Zuständen, die nicht konventionskonform sind.

 

3. Todesstrafe

 

Die Todesstrafe wurde 1999 vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, im Jahr 2000 abgeschafft und durch lebenslange Haft ersetzt. Die Ukraine ist Vertragsstaat des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK.

 

4. Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen

 

Extralegale Tötungen sind nach den Ereignissen auf dem Euromaidan zwischen November 2013 und Februar 2014 außerhalb der Konfliktgebiete im Osten des Landes nicht mehr bekannt geworden. Die Aufklärung der Tötungsfälle im Zusammenhang mit dem Euromaidan und den Zwischenfällen in Odessa am 02.05.2014 mit insgesamt über 160 Getöteten kommen nur äußerst schleppend voran. Fälle von willkürlichen Festnahmen sowie Verschwindenlassen wurden aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten sowie von der Krim gemeldet.

 

Die Haftbedingungen in ukrainischen Untersuchungshaftanstalten und Gefängnissen ver- bessern sich nur langsam und in den verschiedenen Anstalten nur sehr ungleichmäßig. Fort- schritte in einigen Vollzugseinrichtungen kontrastieren mit unerträglichen Zuständen in einigen U-Haft- und psychiatrischen Einrichtungen. Immerhin ist die Zahl der Insassen - nach einer Reform der StPO - deutlich rückläufig. Nach Angaben des Leiters des nationalen Justizvollzugsdienstes vom August 2014 gibt es derzeit noch ca. 94.000 Häftlinge, ein erheblicher Rückgang im Vergleich zu 2002 (215.000). Schlecht bezahltes und unzureichend ausgebildetes Wachpersonal, überbelegte Großraumzellen, mangelhafte Ernährung, unzu- reichende medizinische Betreuung, unzulängliche hygienische Verhältnisse sowie unverhält- nismäßig starke Beschränkungen von Kontakten zur Außenwelt sind immer noch die Regel.

 

5. Lage ausländischer Flüchtlinge

 

Die Ukraine hat die Genfer Konvention von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und das Zusatzprotokoll von 1967 ratifiziert. Der Schutz ausländischer Flüchtlinge ist auch durch ein neues nationales Flüchtlingsrecht verbessert worden. Abschiebungen anerkannter Flücht- linge oder anerkannter Asylbewerber finden nicht statt.

 

Die Ukraine hat sich zu einem wichtigen Transitland von Migranten aus Asien und den GUS-Staaten entwickelt. Die Zustände in den Aufnahmelagern haben sich verbessert, ent- sprechen aber noch nicht überall den dafür geltenden Standards. Nach Auskunft des Staatlichen Migrationsdienstes bewegt sich die Zahl der Asylanträge im niedrigen vierstelligen Bereich (2010: 1.500; 2011: 890; 2012. 1.860; 2013: 1.310; 2014: 1.173; 2015: 630; Stand: 30. Juni 2015). Hauptherkunftsländer waren Afghanistan (35%), Somalia (11%), Syrien (9,5%) und Irak (4,1%). In der Hauptsache handelt es sich bei den Antragstellern um geschleuste irreguläre Migranten.

 

Am 14.12.2015 wurde ein neues Migrant Accommodation Center in Martynivske (Oblast Mykolajiw, etwa 400 Kilometer südlich von Kiew) eröffnet. Die Langzeiteinrichtung für irreguläre Migranten wurde unter finanzieller Beteiligung der EU errichtet, die durch verschiedene Programme das ukrainische Flüchtlingsmanagement finanziell unterstützt. Auf- nahme bzw. Unterbringung von Ausländern erfolgt anhand der ausländerrechtlichen Einord- nung in zwei unterschiedlichen Einrichtungstypen: Einerseits Aufenthaltseinrichtungen für sich unerlaubt aufhaltende Ausländer und Staatenlose mit Überwachung in Tschernihiw und Wolyn (Gebiet Luzk). Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments attestierte dem Aufnahmezentrum in Wolyn annehmbare Lebensbedingungen. Ein Zentrum in Donezk soll im Laufe der dortigen Kämpfe zerstört worden sein. Andererseits gibt es Aufnahmestellen für die vorläufige Unterbringung von Flüchtlingen in Jahodyn (Gebiet Kiew), Odessa und im Gebiet Transkarpatien. Die Aufnahmekapazität in diesen modern eingerichteten Zentren soll bei jeweils 200 Personen liegen. Zu angeblichen Misshandlungen von Flüchtlingen durch Aufsichtspersonal liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor.

 

Der UNHCR hält an seiner früheren Bewertung fest: Rückführungen von Drittstaatern sollten mit Behutsamkeit ("caution") erfolgen.

 

Die Ukraine ist für die illegale Migration von Drittausländern aus Asien und dem Nahen Osten in Richtung Westeuropa von zunehmender Bedeutung. Die illegalen Grenzübertritte werden häufig durch Schleusernetzwerke organisiert. Die landesweite Ermittlungsarbeitet konzentriert sich dabei auf den Nachweis operierender Schleuserorganisationen. Nur ein geringer Teil der migrationsrelevanten Feststellungen werden an den Westgrenzen zu den EU- und Schengenstaaten getroffen. Die West- und Schengen-Außengrenzen - hier die Grenz- dienstinspektion Lemberg (Polen), Tschop (Dreiländereck Ukraine-Ungarn-Slowakei), Ushgorod (Slowakei) sowie Tysa (Ungarn) - bleiben jedoch Schwerpunkte relevanter Fest- stellungen im Bereich der Ausschleusungen über die grüne Grenze.

 

Bis zum Abschluss der Strafverfahren bleiben irreguläre bzw. geschleuste Migranten in Ein- richtungen zur vorläufigen Aufnahme, die sie häufig bald verlassen. Nachdem es lange Zeit so aussah, als verhindere der Ukraine-Konflikt den Transit für irreguläre Migranten, scheinen sich die Schleuser mit den Verhältnissen arrangiert zu haben. Vor allem Personen aus Asien werden weiterhin über Russland (insbesondere über die unter ukrainischer Kontrolle stehenden Oblaste Charkiw und Sumy) auf dem Weg durch die Ukraine nach Europa ge- schleust. Die Ostukraine wird dabei aus Sicherheitsgründen von der unorganisierten irregu- lären Migration eher gemieden, wogegen gut vernetzte Schleuserorganisationen sie sogar bevorzugen. Für die Schleusung von Migranten aus Zentralasien oder dem Nahen Osten sollen inzwischen Zahlungen zwischen 10.000 und 15.000 US-Dollar geleistet werden. Neben meist ausweislosen irregulären Migranten aus Afghanistan, Somalia und Syrien wird auch vielen russischen Staatsangehörigen an den unterschiedlichen Grenzübergangsstellen die Einreise in die Ukraine häufig verwehrt.

 

Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der illegal in der Ukraine lebenden Flüchtlinge die rasche Weiterreise nach Westeuropa anstrebt.

 

IV. Rückkehrfragen

 

1. Situation für Rückkehrerinnen und Rückkehrer

 

1.1 Grundversorgung

 

Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. In Teilen des Landes stehen Strom, Gas und warmes Wasser nicht ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade der auf staatliche Ver- sorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kinder bleibt daher karg.

 

Die ukrainische Währung Hrywnja (UAH) verlor von Anfang 2014 bis Frühjahr 2015 etwa die Hälfte ihres Außenwerts, in kurzfristigen Spitzen auch deutlich mehr. Seither ist der Wechselkurs weitgehend stabil (Anfang Dezember 2015 bei gut 25 Hrywnja pro Euro, knapp 24 Hrywnja zum Dollar). Die Inflation bleibt jedoch hoch: sie lag 2015 in der Spitze bei knapp 60%, soll zum Jahresende bei ca. 50% liegen und 2016 auf 12% zurückgehen (IWF- und Nationalbankprognose). Der gesamtukrainische, sektorübergreifende Durchschnittslohn betrug Mitte 2015 3.870 UAH (bei starken sektoralen und regionalen Unterschieden); die Durchschnittsrente dürfte bei weniger als der Hälfte dieses Betrags liegen. Die Realein- kommen der Bevölkerung sind 2015 im deutlich zweistelligen Bereich zurückgegangen. Ohne zusätzliche Einkommensquellen bzw. private Netzwerke ist es alten Menschen kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es gibt infolge der Wirtschaftskrise und der damit einhergehenden Probleme von Unternehmen und Staat gewisse Lohn- und Gehaltsrückstände (derzeit etwa 5% der monatlichen Lohnsumme), aber so gut wie keine Rückstände bei Renten, mit Ausnahme der von Separatisten besetzten Kreise in den Gebieten Donezk und Luhansk.

 

1.2 Rückkehr und Reintegrationsprojekte im Herkunftsland

 

Die Bundesregierung unterstützt mit dem Programm "Rückkehrende Fachkräfte" gezielt die Einbindung rückkehrinteressierter Fachkräfte, die in Deutschland z. B. ein Studium oder eine Ausbildung absolviert haben, in die Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit in der Ukraine. 2015 wurden über das Centrum für internationale Entwicklung und Migration (CIM) neun rückkehrende Fachkräfte gefördert.

 

1.3 Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung ist kostenlos und flächendeckend. Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebenswichtige Maßnahmen durchgeführt und chronische, auch innere und psychische Krankheiten behandelt werden können, existieren sowohl in der Hauptstadt Kiew als auch in vielen Gebietszentren des Landes. Landesweit gibt es ausgebildetes und sachkundiges medizinisches Personal. Dennoch ist gelegentlich der Beginn einer Behandlung korruptionsbedingt davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind jedoch für den größten Teil der ukrainischen Bevölkerung nicht bezahlbar. Fast alle gebräuchlichen Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor.

 

2. Behandlung von Rückkehrern

 

Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen müssen sich Rückkehrer an den Ort begeben, an dem sie zuletzt gemeldet waren. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie bei anderen Personengruppen auch - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben.

 

3. Einreisekontrollen

 

Grundsätzlich ist die Einreise eines ukrainischen Staatsangehörigen verfassungsmäßig garantiert (Art. 33 Absatz 2). Ob eine Rückkehr in die Ukraine erfolgen kann und wie sich Rückkehr, Einreise und Wiedereingliederung gestalten, hängt deshalb von der Staatsangehörigkeit des Rückkehrers ab. Vor einer Abschiebung oder zwangsweisen Rückkehr ist ein Nachweis der Staatsangehörigkeit zu führen. Dies setzt, soweit die Person nicht im Besitz eines gültigen ukrainischen Reisepasses ist, eine entsprechende Prüfung durch eine Auslands vertretung der Ukraine voraus. Im Normalfall wird ein vom Betroffenen auszufüllen-der Antrag zur Ausstellung von Passersatzpapieren an das Außenministerium in Kiew mit der Bitte weitergeleitet, die ukrainische Staatsangehörigkeit festzustellen. Möglich ist auch die Überprüfung aufgrund eines von der ukrainischen Auslandsvertretung selbst gestellten Ersuchens an das Außenministerium. Ist der Betroffene nicht zur Mitwirkung an der Beschaf- fung von Heimreisedokumenten bereit, so haben die ukrainischen Auslandsvertretungen in der Vergangenheit mitunter deutsche Behörden gebeten, unmittelbar mit dem Innenminis- terium der Ukraine in Kontakt zu treten und die Modalitäten einer zwangsweisen Rückkehr zu vereinbaren. Nur ukrainische Dokumente sind anerkennungsfähig. Heimreisedokumente der EU oder der Bundesrepublik Deutschland werden nicht anerkannt. Die Ukraine stellt seit dem 01.01.2016 einen neuen Personalausweises im Kartenformat aus. Im Zeitraum von fünf Jahren wird die neue ID-Karte den "historischen" sog. Nationalpass (Inlandspass) ablösen. Antragsberechtigt sind ukrainische Staatsangehörige ab 14 Jahren.

 

4. Abschiebewege

 

Westliche Staaten ohne gemeinsame Grenze mit der Ukraine (z.B. Frankreich und Nieder- lande) nehmen Rückführungen illegal Eingereister in erster Linie entsprechend den Regeln des Internationalen Zivilluftfahrt-Übereinkommens von Chicago (ICAO) vor. Auch aus Deutschland finden Abschiebungen statt. Das Rücknahmeübereinkommen zwischen der EU und der Ukraine ist am 01.01.2008 in Kraft getreten.

 

V. Sonstige Erkenntnisse

 

1. Echtheit der Dokumente

 

Gefälschte Dokumente und echte nichtamtliche Dokumente mit unwahrem Inhalt werden in zunehmendem Maße verwendet. Teilweise wird der Inhalt falscher Dokumente bis in Gerichtsverfahren hinein vorgetragen. Die Vorlage falscher Dokumente gilt verbreitet als Kavaliersdelikt.

 

1.1 Echte Dokumente unwahren Inhalts

 

Nach hiesigen Erfahrungen ist die Verwendung von echten Dokumenten ukrainischer Behörden mit unwahrem Inhalt nicht häufig. Ausstellung von nichtbehördlichen Bescheini- gungen mit unwahrem Inhalt (z. B. Arbeitsbescheinigungen) ist ein verbreitetes Phänomen.

 

1.2 Zugang zu gefälschten Dokumenten

 

Die Verfälschung echter Dokumente kommt gelegentlich vor und betrifft in erster Linie Personenstandsurkunden sowie gerichtliche Beschlüsse und Urteile.

 

2. Zustellungen

 

Rechtshilfe in Strafsachen, etwa die Zustellung von Gerichtsentscheidungen, Verfahrens- urkunden und Zeugenladungen, wird auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens vom 20.04.1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen in Verbindung mit dem Zusatzprotokoll vom 17.03.1978 gewährt, das die Ukraine am 11.03.1998 ratifiziert hat. Rechtshilfeersuchen werden zwischen dem Bundesamt für Justiz oder den Justizministerien der Länder (Landesjustizverwaltungen) der Bundesrepublik Deutschland einerseits und dem ukrainischen Justiz- ministerium (bei Ersuchen einer gerichtlichen Instanz) oder der Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine (bei Ersuchen einer Ermittlungsbehörde) andererseits, in dringenden Fällen unmittelbar zwischen den Justizbehörden übermittelt. Die Bearbeitung durch die zuständigen ukrainischen Behörden nimmt häufig viel Zeit in Anspruch.

 

3. Feststellung der Staatsangehörigkeit

 

Die ukrainische Staatsangehörigkeit wird durch das Staatsbürgerschaftsgesetz vom 18.01.2001 geregelt. Ukrainischer Staatsangehöriger ist danach, wer zum Zeitpunkt der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine (24. August 1991) beziehungsweise zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Staatsangehörigkeitsgesetzes (13. November 1991) auf dem Territorium der Ukraine seinen ständigen Wohnsitz hatte. Es gilt der Grundsatz der ausschließlichen Staatsbürgerschaft, gesetzliche Regelungen sind daher deutlich auf die Vermeidung mehr-facher Staatsangehörigkeit ausgerichtet. Soweit zur Gewährleistung von Menschenrechten geboten oder in Fällen des Geburtserwerbs wird diese jedoch geduldet. Die Erwerbstat-bestände entsprechen weitestgehend internationaler Praxis (ius sanguinis sowie eingeschränkt ius soli, z.B. in Fällen sonst drohender Staatenlosigkeit). Eine Ausbürgerung mit der Folge der Staatenlosigkeit ist nicht möglich. Ein von den ukrainischen Behörden anerkannter Flüchtling kann bereits nach drei Jahren mit ununterbrochenem Wohnsitz in der Ukraine die ukrainische Staatsangehörigkeit erwerben. Bei Personen, die als ständig im Ausland wohnhaft gelten, sind die ukrainischen Auslandsvertretungen und das ukrainische Außenministerium befugt, Anträge auf Erwerb oder Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit entgegenzu nehmen.

 

4. Ausreisekontrollen und Ausreisewege

 

Die Ausreisefreiheit wird (vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen) von der Verfassung jedermann garantiert (Art. 33 Absatz 1). Ausreisewillige ukrainische Staatsangehörige müssen über einen Auslandsreisepass verfügen, der auf Antrag und gegen Gebühr ausgestellt wird. Bei Ausreise zur ständigen Wohnsitznahme im Ausland wird darüber hinaus anlässlich der Abmeldung von den Ordnungsämtern geprüft, ob noch Schulden oder andere rechtliche Verpflichtungen (z.B. Unterhalts- oder Steuerschulden) bestehen.

 

Die ukrainischen Grenzschutzbehörden kontrollieren an der Grenze, ob ein gültiger Auslandsreisepass und gegebenenfalls ein Visum des Ziellandes vorliegen, der Ausreisende in der Ukraine zur Fahndung ausgeschrieben ist oder andere Ausreisehindernisse bestehen. Ausgereist wird vornehmlich auf dem Landweg. Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass bei männlichen Reisenden an der Grenze der Status ihrer Wehrpflicht überprüft wird.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Ebenso wie die belangte Behörde hat auch das erkennende Gericht ganz massive Zweifel bezüglich des Wahrheitsgehaltes des Vorbringens des BF1. Wie die belangte Behörde umfassend dargestellt hat und wie sich aus dem gesamten Verwaltungsakt unzweifelhaft ergibt, hat der BF1 nach der Einreise in das Bundesgebiet keinesfalls die im späteren Verfahrensverlauf aufgestellten Behauptungen vorgetragen, nämlich in der Ukraine von dortigen Polizeiorganen bedroht worden zu sein, er hat vielmehr als angeblicher Staatenloser, der aus der Russischen Föderation (und nicht aus der Ukraine) stammen soll behauptet, dass er dort von irgendwelchen nicht näher beschreibbaren Skinheads bedroht und misshandelt worden sei, diese würden seine Familie erpressen bzw. hätte der Vater aus Angst vor diesen Skinheads die ganze Familie zur Ausreise aufgefordert. Wenn der Beschwerdeführer aber ursprünglich weder seine Identität noch die Staatsbürgerschaft und auch nicht ansatzweise eine angebliche Bedrohung durch ukrainische Polizei behauptet hat, dann muss dies einen Hintergrund haben, wobei das erkennende Gericht aufgrund des gesamten Verfahrensgangs geradezu zwingend davon ausgeht, dass der BF1 ursprünglich davon ausgegangen ist, dass ihm seine Angaben bezogen auf Staatenlosigkeit und angebliche Bedrohung durch Skinheads in der Russischen Föderation vielleicht geglaubt werden.

 

Erst vor dem Hintergrund eines Auslieferungsbegehrens der ukrainischen Justiz bezogen auf den Vater des BF1 wurde offensichtlich auch dem BF1 bewusst, dass sein Vorbringen - welches er gegenüber dem Bundesasylamt in mehreren Einvernahmen wiederholt hatte - nicht mehr geglaubt werden kann. Dennoch ist unbestreitbar, dass der Beschwerdeführer von sich aus trotz zahlreicher Vorhaltungen und trotz zahlreicher Möglichkeiten gegenüber dem Bundesasylamt mehrfach die Behauptung wiederholt hat, in der Russischen Föderation von unbekannten Skinheads, und zwar ausschließlich von diesen, bedroht worden zu sein. Damit ist evident, dass der BF1 viel Zeit hatte, sich ein Vorbringen zu überlegen, welches er für den Fall erstatten könnte, dass die Identität des Vaters und seine eigene doch bekannt werden sollte.

 

Sofern der BF1 nunmehr nach Entdecken seiner wahren Identität angeblich gesetzwidrige Vorgangsweisen der ukrainischen Polizei schildert, welche angeblich durch rechtswidrige Vorgangsweisen vom BF1 den Aufenthaltsort des strafrechtlich gesuchten Vaters erfahren will, beschränkt der BF1 diese Angaben auf mehrere Schlagwörter, nämlich dass irgendwann nach mehreren Nachfragen er die hintere Scheibe eines Polizeiautos eingeschlagen hätte, weil Polizisten bei einer Hausdurchsuchung Tee umgeschüttet und dabei einen Neffen an der Haut verbrannt hätten. Der BF1 kann jedoch nicht einmal ansatzweise sagen, von welcher konkreten Polizeieinheit die Personen stammen sollen, die zivil gekleidet sich angeblich nach dem Aufenthaltsort des strafrechtlich gesuchten Vaters erkundigt haben, diesbezüglich kann der BF1 nur höchst allgemeine Angaben tätigen, dass irgendein Mann ihm einen Ausweis gezeigt und sich vorgestellt hätte und es durchaus "sein kann, das es falsche Ausweise waren". (Aktenseite 215) Insbesonders ist nicht nachvollziehbar, warum ein ukrainischer Inlandsgeheimdienst sich im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Vater des BF1 einschalten sollte und insbesonders ist nicht ersichtlich, warum diese Nachforschungen viele Monate dauern sollten, ohne dass der Geheimdienst den BF1 wegen möglicher Beihilfe oder wegen Begünstigung etc. zumindest vorübergehend in Haft genommen hätte.

 

Völlig unglaubwürdig ist weiters, dass der BF1 im Zuge der fünften oder sechsten Einvernahme sogar die Behauptung aufstellt, dass Mitarbeiter des Geheimdienstes ihm einen Schraubenzieher in den Rücken gesteckt hätten, da das diesbezügliche Vorbringen, der ukrainische Inlandsgeheimdienst würde durch völlig extralegale Methoden versuchen, vom BF1 den Aufenthaltsort des gesuchten Vaters herauszupressen, völlig unschlüssig sind. Vielmehr ist evident, dass die ukrainische Justiz nach Kenntnis vom Aufenthaltsort des Vaters des BF1 ordnungsgemäß dessen Auslieferung zur Strafverfolgung an die Ukraine bei der österreichischen Justiz beantragt hat, wobei wie dargestellt eine die Auslieferung für zulässig erklärende erstgerichtliche Entscheidung des Landesgerichts XXXX vom XXXX mit Beschluss des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX bestätigt wurde.

 

Wenn aber die ukrainische Justiz Kenntnis davon hat, dass die österreichische Justiz - scheinbar ohne Bedenken im Zusammenhang mit Art. 3 EMRK - die Auslieferung des Vaters für zulässig erklärt hat, dann sind auch die weiteren Bedenken des BF1, dass er im Fall der Rückkehr in die Ukraine sofort wieder vom Geheimdienst bedroht, misshandelt etc. würde, um von ihm den Aufenthaltsort des Vaters herauszufinden, völlig unschlüssig. Vielmehr ist der ukrainischen Justiz bekannt, wo sich der Vater des BF1 aufhält - nämlich in Österreich - doch hat nach dem im Verwaltungsakt aufliegendem Schreiben des LG XXXX vom XXXX die ukrainische Justiz mitgeteilt, dass vorübergehend auf eine Auslieferung des Vaters des BF1 verzichtet wird, da offensichtlich der Tatort der vom Vater des BF1 gesetzten Straftaten irgendwo in der Ostukraine liegt, sodass eine Übergabe des Vaters des BF1 erst "nach der Anti-Terror-Operation" erfolgen werden wird.

 

Aus diesem Gesamtzusammenhang ist eher ein gewisses Desinteresse an der strafrechtlichen Verfolgung des Vaters des BF1 durch die ukrainische Justiz ableitbar, keinesfalls kann aus diesem Gesamtzusammenhang abgeleitet werden, dass die ukrainische Justiz bzw. die angeblich beauftragte Polizei bzw. sogar der Inlandsgeheimdienst dauerhaft versuchen würden, durch extralegale Handlungsweisen und durch Folter und durch ungerechtfertigte Inhaftnahme vom BF1 den Aufenthaltsort des Vaters herauszufinden.

 

All diese Überlegungen des BF1 sind daher geradezu absurd, vielmehr ist davon auszugehen, dass es überhaupt zu keinem Zeitpunkt irgendein Interesse seitens der ukrainischen Justiz am BF1 gegeben hat, welche über eine mögliche Nachfrage im Zuge der Strafrechtspflege, ob dieser den Aufenthaltsort des eigenen Vaters bekannt geben könne und wolle, hinausgegangen wären.

 

Vor dem Hintergrund des Wissens der ukrainischen Justiz über den Aufenthaltsort des Vaters des BF1 erweisen sich auch sämtliche Überlegungen in der "Äußerung" des rechtsfreundlichen Vertreters vom 08.11.2016 als höchst spekulativ, da eben nicht davon ausgegangen werden kann, dass mit einer auch nur ansatzweise realistischen Wahrscheinlichkeit die ukrainische Justiz oder die dortige Polizei durch extralegale Maßnahmen vom BF1 den Aufenthaltsort des Vaters herauspressen wollte.

 

In Summe ist somit in Übereinstimmung mit der belangten Behörde geradezu zwingend davon auszugehen, dass sämtliche Angaben des BF1 in Zusammenhang mit einem illegalen Vorgehen irgendeines Geheimdienstes gegenüber der eigenen Person frei erfunden sind, das gesamte diesbezügliche Vorbringen kann daher auch nicht der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.

 

Unter der realistischen Annahme, dass der BF1 und die BF2 ukrainische Staatsbürger sind, die aus dem näheren Umkreis der umkämpften Gebiete in der Ostukraine stammen, hat die belangte Behörde somit im Ergebnis zutreffend ausgeführt, dass der BF1 - abgesehen von den unglaubwürdigen Angaben über eine Verfolgung durch den Geheimdienst - massive Probleme wegen der Volksgruppenzugehörigkeit oder seiner Religion im Verfahren nicht dargelegt hat. Weder der BF1 noch die BF2 haben im Verfahren substantiiert behauptet, vorangehend jemals Probleme mit Behörden oder der Polizei gehabt zu haben. Auch zur Frage der belangten Behörde, warum er nicht in andere Landesteile in den Westen gezogen ist, hat der BF1 sinngemäß ausgeführt, dass er auch dort vom Inlandsgeheimdienst gefunden werden könnte, was jedoch nicht aufzeigt, dass - bei Unterstellung der diesbezüglichen Angaben als unwahr - es realistische Gründe geben würde, die den BF1 und die BF2 davon abhalten könnten, in anderen nicht umkämpften Landesteilen im Westen der Ukraine Aufenthalt zu nehmen. Die belangte Behörde hat den BF1 und die BF2 darauf verwiesen, dass es nach den Länderberichten ein Ministerium für die Binnenflüchtlinge gibt, dieses koordiniert Hilfsleistungen, soziale Versorgung und die Eingliederung in die Aufnahmegemeinde. Darüber hinaus wurden verschiedene Gesetze für die Verbesserung der Situation der Binnenflüchtlinge verabschiedet und sind diese Feststellungen auch nicht substantiiert bestritten worden.

 

In der Beschwerde wird einzig auf einen nicht näher beschriebenen "Bericht von UNHCR" verwiesen, allerdings weder ohne konkrete Benennung und auch nicht mit Datumsangabe, wonach in englischer Sprache allgemeine Probleme beschrieben werden, die allenfalls Binnenflüchtlinge haben könnten. Wenngleich es sein mag, dass einige der vorhandenen Notunterkünfte in "very pure condition" sich befinden und diese auch nicht für den Winter primär geeignet sein könnten, bleibt dennoch festzuhalten, dass es eine grundsätzliche Unterstützung für Binnenflüchtlinge gibt und es keinerlei Berichtslage gibt, dass Binnenflüchtlinge aufgrund der schlechten Unterbringung in westlichen Landesteilen Hunger leiden oder diversen Krankheiten hilflos ausgesetzt wären.

 

Auch sonstige allgemein beschriebene Aspekte, dass undokumentierte Personen Probleme bei der Registrierung haben könnten, etc., ist in gegenständlicher Rechtssache nicht bedeutend, liegt doch zumindest für den BF1 ein ukrainisches Dokument vor, nämlich dessen Inlandspass und wird es auch der BF2 unzweifelhaft möglich sein, Dokumente zum Beweis der Identität vorzulegen.

 

Vor dem Hintergrund, dass der BF1 bis zur Ausreise in den verschiedensten Berufszweigen sein eigenes Einkommen erwirtschaftet hat und darüber hinaus auch in der Ostukraine sogar eine Wohnmöglichkeit verfügbar sein soll, welche vermietet werden könnte, kann auch das erkennende Gericht nicht erkennen, warum den Beschwerdeführern mitsamt dem in Österreich geborenen Sohn eine zumindest temporäre Wohnsitznahme in anderen Landesteilen weiter im Westen, somit fernab der umkämpften Region in der Ostukraine, im Gegensatz zu hunderttausenden anderen ukrainischen Binnenflüchtlingen nicht möglich sein sollte. Den Beschwerdeführern steht es jedenfalls frei, sich in den Landesteil zu begeben, in welchem sie sich aufgrund ihrer fundierten Sprachkenntnisse der russischen Sprache auch umfassend verständigen können, angesichts des Vorlebens des BF1 und der BF2, die mit Ausnahme der unglaubwürdigen Angaben über Bedrohungen des BF1 durch den Inlandsgeheimdienst diesbezüglich überhaupt keine Angaben getätigt haben, kann nicht erkannt werden, dass ihnen unüberwindbare Hindernisse bei der Registrierung in anderen Landesteilen entgegenstehen würden. Dem BF1 wird somit möglich sein, erneut durch berufliche Tätigkeit und durch zumindest temporäre Inanspruchnahme staatlicher und privater Unterstützung den Lebensunterhalt für die Familie zu bestreiten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

 

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl. Nr. 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl. Nr. 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

 

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Zu A)

 

Zu I.:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH v. 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

 

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH v. 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; VwGH v. 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH v. 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vgl. auch VwGH v. 16.02.2000, Zl. 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

 

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. dazu VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH v. 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH v. 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH v. 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; VwGH v. 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

 

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH vom 27.01.2000, 99/20/0519, VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256, VwGH vom 04.05.2000, 99/20/0177, VwGH vom 08.06.2000, 99/20/0203, VwGH vom 21.09.2000, 2000/20/0291, VwGH vom 07.09.2000, 2000/01/0153, u.a.).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

 

Aus den Gesamtangaben der Beschwerdeführer ist nicht ableitbar, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat Ukraine konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätten.

 

Diskriminierungen allein aufgrund des Umstandes, der Volksgruppe der Jeziden anzugehören, haben sich aus den Länderinformationen nicht ergeben. Soweit in der Beschwerde von "Diskriminierung wegen Herkunft und Volksgruppenzugehörigkeit" ausgegangen wird, ist auf die im Verfahren genannten Berichte zu verweisen. Sowohl BF1 als auch BF2 haben individuelle Probleme wegen der Volksgruppe oder der Religion nicht substantiiert vorgetragen, beide wollen in der Ukraine an sich wirtschaftlich gut gelebt haben (abgesehen von der nicht glaubhaften Probleme des BF1 wegen der Suche des "Geheimdienstes" nach dem Vater). Eine relevante Diskriminierung wurde somit für das ganze bisherige Leben nicht behauptet, sodass nicht ohne Hinzukommen besonderer Umstände auf eine zukünftige asylrelevante, weil intensive Diskriminierung geschlossen werden kann.

 

Den Beschwerdeführern ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, darzulegen. Für die Beschwerdeführer war dementsprechend auch keine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, fassbar.

 

Zudem existiert eine inländische Fluchtalternative, haben die BF im Verfahren doch nicht dargetan, warum ihnen eine zumindest vorübergehende Wohnsitznahme in anderen Landesteilen in "Collective Centres" unmöglich sein sollte, bis der BF1 - wie im bisherigen Leben - eine seiner Ausbildung entsprechende Tätigkeit am Arbeitsmarkt findet.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

 

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

 

§ 8 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

 

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet § 8 Abs. 1 AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK iVm den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Art. 3 EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

 

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

 

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

 

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

 

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.

 

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

 

Weder aus den Angaben der Beschwerdeführer zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

 

Ausgehend von den dargestellten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der Ukraine einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Dies gilt auch für die angegebene Volksgruppe der Jeziden, hat sich eine Diskriminierung allein deshalb im Verfahren doch nicht ergeben. Die BF haben diesbezüglich kein substantielles Vorbringen für die Vergangenheit erstattet, eine massive Benachteiligung kann auch für den Fall der Rückkehr in andere Landesteile nicht ohne weiteres angenommen werden.

 

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden. Der BF1 hat fast bis zur Ausreise - somit über viele Jahre - gearbeitet, hat keine gesundheitlichen Einschränkungen, ebensowenig die BF2.

 

Für den erkennenden Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würden.

 

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Weiters gilt es zu bedenken, dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat über Jahre gelebt haben, dort bis vor wenigen Jahren noch aufhältig waren, sie die Sprache beherrschen und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut sind. Unter Verweis auf die zitierten Länderinformationen und jene im angefochtenen Bescheid kann für die Ukraine zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.

 

Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen.

 

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes übersieht nicht, dass das ukrainische Gesundheitssystem österreichischen Standards nicht entsprechen mag. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und jener des Verfassungsgerichtshofes hat jedoch - aus dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK - im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gäbe (siehe VfGH 6.3.2008, B 2400/07).

 

Eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat wurde nicht vorgebracht und ist eine solche aufgrund adäquater Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat überhaupt nicht fassbar.

 

Den Beschwerdeführern ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass sie im Falle einer Abschiebung in die Ukraine in eine "unmenschliche Lage" versetzt würden. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung nicht gegen Art. 2, Art. 3 EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 und auch nicht gegen Art. 15 lit. c StatusRL.

 

Eine andere generelle Sichtweise würde im Übrigen den exzeptionellen Ausnahmecharakter des Zuspruchs subsidiären Schutzes bei nichtstaatlicher Verfolgung in nicht vertretbarer Weise relativieren, als diesfalls wohl Personen, die an leicht behandelbaren Erkrankungen ohne akuten oder lebensbedrohlichen Verlauf leiden, wenn Sie in die Europäische Union einreisen, ein Schutzstatus zu gewähren wäre.

 

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der Bescheide des BFA abzuweisen, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass der BF1 erkennbar über seine tatsächlichen Probleme in der Vergangenheit in der Ukraine keine wahrheitskonformen Angaben tätigt.

 

Im Beschwerdeverfahren wurde wie dargestellt der Existenz von temporären Unterkünften, sei es von staatlichen Institutionen, sei es von privaten Institutionen unter Beihilfe des UNHCR nicht substantiiert widersprochen. Für das erkennende Gericht ist in Ermangelung eines substantiierten diesbezüglichen Vorbringens daher auch nicht nachvollziehbar, dass ein, zumindest temporärer Aufenthalt in solchen Übergangsquartieren für sich allein genommen bereits Artikel 3 EMRK berühren könnte. Aus den eingesehenen Berichten und aus dem Beschwerdevorbringen lässt sich nicht ableiten, dass Personen, die in solchen Übergangsquartieren Unterkunft nehmen, beispielsweise Hunger leiden müssten oder sonst massiv am Leben oder der Gesundheit bedroht wären. Da die BF keine wie immer gearteten gesundheitlichen Probleme geschildert haben, können selbst prekäre Wohnsituationen für eine Übergangszeit die Schwelle des Artikel 3 EMRK nicht erreichen.

 

Dabei ist wie dargestellt zu berücksichtigen, dass nach der festen Überzeugung des erkennenden Gerichtes der BF1 zur eigenen Situation und zum Interesse irgendwelcher Behörden oder Polizeidienststellen an seiner Person vor der Ausreise nicht die Wahrheit angegeben hat. Eine besondere Verletzbarkeit gerade der Beschwerdeführer kann demzufolge nicht angenommen werden (vgl. dazu etwa auch VwGH vom 16.07.2003, Zahl: 2003/01/0059).

 

Zur Rückkehrentscheidung:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag sowohl hinsichtlich des Status von Asylberechtigten als auch von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die Beschwerdeführer befinden sich nach ihrer Antragstellung im Juli 2014 durchgehend im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Sie sind auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch nicht Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

 

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Die Beschwerdeführer sind als Staatsangehörige der Ukraine keine begünstigte Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Unter Volljährigen reicht das rechtliche Band der Blutsverwandtschaft allein nicht, um ein Familienleben iSd. Art 8 MRK zu begründen. Hier wird auf das tatsächliche Bestehen eines effektiven Familienlebens abgestellt, darüber hinaus müssen zusätzliche Merkmale einer Abhängigkeit gegeben sein, die über die sonst üblichen Beziehungen hinausgehen. Vgl. ua. EGMR 30.11.1999 (Baghli gegen Frankreich) Ziff 35; EGMR Ezzouhdi (FN 9) Ziff 34; EGMR 10.07.2003 (Benhebba gegen Frankreich); EGMR 17.01.2006 (Aoulmi gegen Frankreich).

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

 

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts auf Familienleben und Privatleben statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff aufgrund der bereits zitierten gesetzlichen Bestimmungen gesetzlich vorgesehen.

 

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die BF sind gleichzeitig von der Rückkehrentscheidung betroffen, andere familiäre Bindungen zu Österreich bestehen nur insofern, als die Eltern des BF1 als Asylwerber temporär zum Aufenthalt berechtigt sind, die Auslieferung des Vaters des BF1 zwecks Strafverfolgung in der Ukraine wurde von der österreichischen Justiz für zulässig erklärt.

 

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

 

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

 

Die Beschwerdeführer halten sich seit 4 (BF1), 2 1/2 (BF2) bzw. 1 Jahr(en) im Bundesgebiet auf. Sie haben ihren Aufenthalt auf einen letztlich unbegründet gebliebenen Asylantrag gestützt (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 26.06.2007, 2007/01/0479, "... der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte..." und zu diesem Erkenntnis: Gruber, "Bleiberecht" und Artikel 8 EMRK, in Festgabe zum 80. Geburtstag von Rudolf MACHACEK und Franz MATSCHER (2008)

166," ... Es wird im Ergebnis bei einer solchen (zu kurzen)

Aufenthaltsdauer eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zur "Bindung zum Aufenthaltsstaat" als nicht erforderlich gesehen...").

 

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde (vgl. VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. I in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 im Rahmen der Novelle BGBl. I Nr. 38/2011 umgesetzt und findet sich nunmehr in § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG.

 

Es wurde nicht behauptet, dass die Dauer des bisherigen - im Licht der Judikatur kurzen - Aufenthaltes der Beschwerdeführer in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet liegt. Derartiges war auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen, zumal tatsächlich der BF1 über lange Zeit die Behörde bezüglich seiner Staatsangehörigkeit und Identität getäuscht hat.

 

Die Beschwerdeführer haben in der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes keine nennenswerte Integration und keinesfalls eine fortgeschrittene Integration dargelegt.

 

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

 

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Art. 8 EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

 

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

 

Keine Verletzung von Art. 8 EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte - die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vgl. auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Art. 8 EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vgl. ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

 

Unter Berücksichtigung der Angaben der BF ergibt sich Folgendes:

 

Der BF1 hat im Zuge des Verfahrens ein Zertifikat des ÖSD über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 erbracht. Darüber hinaus besucht die BF2 derzeit die Sprachstartgruppe einer Bundeshandelsschule. Darüber hinaus hat der BF1 in der Vergangenheit fallweise als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter gearbeitet (Branchenkontingent), eine konkrete Zusicherung und Einstellungszusage wurde zuletzt jedoch nicht vorgelegt, sodass im Ergebnis nicht nachvollziehbar ist, wie der BF1 dauerhaft den Unterhalt für sich, die BF2 und den BF3 bestreiten können sollte.

 

Darüber hinaus reduzieren sich die Angaben in der Beschwerdeschrift und die vorgelegten Dokumente darauf, dass der BF1 beim Verein XXXX freiwillig Arbeiten verrichtet und die BF bei "Interkulturellen Treffen" von Einheimischen und Zugewanderten teilnehmen. Sonstige intensive Bindungen zu Österreich, sei es die Teilnahme am Vereinsleben, sei es eine intensive Fortbildung etc., all das wurde im Verfahren nicht vorgetragen.

 

Dem steht gegenüber, dass die erwachsenen BF, bis vor wenigen Jahren den überwiegenden Teil ihres Lebens in der Ukraine verbracht haben. Dem steht weiters entgegen, dass nach der festen Überzeugung des erkennenden Gerichtes der BF1 niemals die Probleme hatte, die er im Verfahren geschildert hat.

 

Unter Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs - zuletzt etwa VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247 - sind die Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass ihnen immer bewusst sein musste, dass ihr Aufenthaltsstatus als unsicher anzusehen war, da sie einzig wegen des Asylverfahrens über ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht verfügten. Es konnte für sie daher kein ausreichender Grund zur Annahme bestehen, sie werden dauerhaft in Österreich bleiben dürfen. Dies gilt vor allem für den BF1, der doch intensiv die Behörden zu seiner Person, seiner Staatsangehörigkeit und seinen Ausreisegründen zu täuschen versuchte.

 

Wie dargestellt hat der BF1 im Herkunftsstaat bis zur Ausreise gelebt und dort hat er sein gesamtes Leben bis zur Ausreise, verbunden mit der Schulausbildung und beruflichem Werdegang, verbracht. Die Beschwerdeführer haben darüber hinaus zu keinem Zeitpunkt substantiiert vorgetragen, mit welchen Mitteln sie den Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten könnten.

 

Angesichts des vom Grunde auf unberechtigten Asylbegehrens überwiegen somit die öffentlichen Interessen an einer Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführer und an einer Rückkehr in den Herkunftstaat.

 

Im Lichte der noch kurzen Ortsabwesenheit kann auch nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführer ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würden. Beiden erwachsenen BF steht offen, in Landesteilen mit Russischer Volksgruppe Aufenthalt zu nehmen, dort beherrschen sie auch die Landessprache.

 

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Die Unbescholtenheit der BF fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen. (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

 

Im Übrigen sind die erwachsenen BF illegal eingereist und haben einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Bei einer Zusammenschau all dieser Umstände überwiegen im vorliegenden Fall jene Umstände, die für eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat sprechen.

 

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH v. 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, u. v.a.). Dies gilt gerade für den BF1, der doch massiv zu seiner Person und Staatsangehörigkeit zu täuschen versuchte.

 

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes des österreichischen Arbeitsmarktes die privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet (vgl. dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

 

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib in Österreich.

 

Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen der Beschwerdeführer an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten.

 

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die Beschwerdeführer erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

 

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen, bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes entsprechen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

 

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

 

Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der jeweils angefochtene Bescheid einen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.

 

Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig. Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 nicht gegeben.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine ist gegeben, da nach den die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Infolge des Verfahrensergebnisses bedarf es zur Frage der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch die belangte Behörde keiner weiteren Begründung, da sämtliche Spruchpunkte I. bis III. vollinhaltlich bestätigt wurden".

 

Am 14.06.2017 stellten die BF1-BF3 Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK. Das Antragsformular blieb weitgehend unausgefüllt, der BF1 verwies im Wesentlichen auf seinen durchgängigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 12.01.2013, die BF2 auf einen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 01.09.2014. Beigelegt war ein mit September 2016 datiertes Schreiben seines Unterkunftgebers, wobei dieses Schreiben die angeblichen Fluchtgründe des BF1 wiedergibt, diese Fluchtgründe seien dem Quartiergeber "in langen Diskussionen" dargestellt worden, dem Quartiergeber sei bewusst, dass eine Rückkehr des BF1 einem "Todesurteil" gleichkommen würde.

 

Erneut wurde beigelegt ein Schreiben des Vereins "XXXX",Sachspendenzentrum XXXX , wonach der BF1 oft und viel bei allen anfallenden Arbeiten mithelfe. Der BF1 und die BF2 seien regelmäßige Gäste beim "Kaffee miteinander" in XXXX , einem Vernetzungstreffen für Einheimische und Zugezogene. Der Verein sei sehr traurig, als er von der Ablehnung des Asylantrages gehört habe. Nach fünf Jahren in Österreich sei die Familie samt Eltern gemeinsam in XXXX angekommen und hier sehr willkommen. Dieser Verein XXXX , für ein soziales Miteinander und eine menschenwürdige Asylpolitik übermittelte ein weiteres Schreiben vom 01.03.2017, wonach ein freundschaftliches Verhältnis sehr schnell entstanden sei, eine Unterhaltung sei problemlos möglich. Es hätten sich außerordentliche Integrationsschritte gezeigt. Verwiesen wurde darauf, dass BF1 und BF2 sogar ordentliche Mitglieder des Vereins XXXX geworden seien und wurde für den BF1 ein Diplom für die ÖSD-Prüfung A2, Grundstufe Deutsch 2, vorgelegt. Vorgelegt wurde weiters ein Bescheid des AMS vom 24. April 2013, allerdings lautend auf einen Alias-Namen des BF1, wonach dieser im April 2013 kurzfristig eine Beschäftigungsbewilligung (Branchenkontingent) erhalten hat.

 

Auch für die BF2 wurde ein Zertifikat des ÖSD, Niveau A2, vorgelegt, weiters eine Teilnahmebestätigung Deutschkurs und eine Bestätigung, dass die BF2 die Sprachstartgruppe der Bundeshandelsschule XXXX im Schuljahr 2016/17 besuche. Auch für die BF2 wurde bestätigt, dass diese an einer Handarbeitsrunde für Frauen jeden Alters in XXXX teilnehme, Flüchtlingsfrauen und einheimische Frauen würden zusammentreffen und miteinander Kaffee trinken, kreativ sein und ins Gespräch kommen. Die BF2 bringe sich aktiv in Gespräche ein und beteilige sich auch mit Kuchen, die sie in die Gemeinschaft einbringe. Verwiesen wurde darüber hinaus, dass die BF2 erneut schwanger sei.

 

Zum BF1 wurde weiters ein Konto-Informationsschreiben gemäß § 25 BMSVG vorgelegt, wonach das angesparte Guthaben des BF1 (Abfertigungsanwartschaft) 104,46 Euro betrage.

 

In einer weiteren Nachreichung wurde für den BF1 eine Arbeitsplatzbestätigung eines namentlich genannten Betriebes vorgelegt, wonach der BF1 ein Vorstellungsgespräch in einer Gärtnerei erfolgreich absolviert habe und geringfügig beschäftigt werde. Das Unternehmen würde daher dem BF1 einen dauerhaften Vollzeit-Arbeitsplatz als Hilfskraft mit Führerschein anbieten und werde um dringende Prüfung einer Arbeitsbewilligung ersucht.

 

Mit Parteiengehör vom 01.02.2018 wurde den Beschwerdeführern durch die belangte Behörde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Anträge vom 14.06.2017 gemäß § 58 Absatz 10 Asylgesetz zurückzuweisen und diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Die belangte Behörde verwies dabei auf die rechtskräftige Abweisung der vorangehenden Asylanträge und auf die Existenz einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung. Auch im Verfahren des inzwischen nachgeborenen Sohnes Ruslan sei bereits eine gleichlautende Entscheidung ergangen. Die belangte Behörde verwies auf die nunmehr vorgelegten Dokumente und wurden die BF aufgefordert, eine schriftliche Stellungnahme zu erstatten.

 

Eine solche Stellungnahme wurde am 12.02.2018 für BF1 bis BF3 eingebracht. In dieser Stellungnahme verwiesen die erwachsenen BF darauf, dass die beiden Kinder bereits im Bundesgebiet geboren seien, der BF1 befinde sich seit fünf Jahren in Österreich und habe in dieser Zeit seine Sprachkenntnisse verbessert und sich soweit als möglich in die österreichische Gesellschaft integriert. Die BF2 habe eine Deutschprüfung A2 abgelegt und sich im Verein "Frauenzimmer" engagiert. Seit der Entscheidung des BVwG hätten sie sich weiterhin bemüht, sich in Österreich zu integrieren. Leider sei es dem BF1 auf Grund des derzeitigen Aufenthaltsstatus nicht möglich, einer Arbeit nachzugehen, es sei ihm aber eine Stelle bei einem Gärtnereibetrieb sicher. Seit der Entscheidung des BVwG vom 24.03.2017 seien somit weitere Integrationsschritte gesetzt worden. In das Heimatland würden keine Verbindungen mehr bestehen, sämtliche Familienmitglieder hätten das Heimatland bereits verlassen. Der völkerrechtliche bzw. nationalstaatliche Status sei momentan nicht geklärt, eine Rückkehr in die Heimat unmöglich. Dieser Eingabe waren erneut ein Schreiben eines namentlich genannten Gärtnereibetriebes - wonach der BF1 bereit sei, auf Friedhöfen zu arbeiten - sowie ein Schreiben des Vereines XXXX beigelegt. Auch das bereits erwähnte Empfehlungsschreiben des Quartiergebers der Familie vom 04.09.2016 wurde dieser Stellungnahme erneut beigelegt, ebenso das bereits erwähnte Schreiben des Vereins XXXX , Sachspendenzentrum XXXX , vom 28.02.2017.

 

Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK gemäß § 58 Absatz 10 Asylgesetz zurückgewiesen. Zugleich wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 3 FPG erlassen und wurde erneut gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Ukraine gemäß § 46 FPG zulässig ist.

 

Die belangte Behörde verwies dabei auf den bisherigen Verfahrensgang und auf die Entscheidung des BVwG vom 24.03.2017, insbesonders im Zusammenhang mit der getroffenen Rückkehrentscheidung. Die belangte Behörde verwies weiters darauf, dass in der Zwischenzeit ein weiterer Sohn im Bundesgebiet geboren wurde, für welchen ebenfalls ein Asylantrag eingebracht worden sei, wobei in diesem Verfahren mit Erkenntnis des BVwG vom 01.02.2018 eine gleichlautende Entscheidung wie im Verfahren der BF1-3 ergangen sei. Die belangte Behörde würdigte die Tatsache, dass der BF1 kurze Zeit bei einer namentlich genannten Firma (22.11.2017 bis 11.12.2017) geringfügig als Arbeiter beschäftigt gewesen sei und von dieser Firma eine Arbeitsplatzzusage habe.

 

Es sei jedoch kein neues Vorbringen erstattet worden, welches maßgeblich von dem bereits vom BVwG beurteilten Sachverhalt abweiche, die eigene Lebenssituation und die Lebenssituation der Kinder habe sich nicht verändert. Die belangte Behörde traf umfangreiche aktualisierte Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat.

 

In rechtlicher Hinsicht beurteilte die belangte Behörde die Anträge dahingehend, dass diese gemäß § 58 Absatz 10 Asylgesetz als unzulässig zurückzuweisen seien, da sich im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens ein geänderter Sachverhalt nicht ableiten lasse. Gegen die Beschwerdeführer sei zudem eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen worden und sei eine maßgebliche Sachverhaltsänderung nicht eingetreten. Zwischen dem Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung und der Bestätigung der Rückkehrentscheidung durch das BVwG liege nur eine Zeitspanne von elf Monaten, in dieser Zeit hätten die erwachsenen BF zwar die Sprachkenntnisse verbessert, jedoch kein weiteres Sprachzertifikat vorgelegt. Der BF1 habe eine Einstellungszusage vorgelegt und sei für einen Zeitraum von drei Wochen geringfügig beschäftigt gewesen. Dies alles sei jedoch im Wissen geschehen, dass der Aufenthalt in Österreich bereits unrechtmäßig sei. Die Rückkehrentscheidung wurde durch die belangte Behörde primär dahingehend begründet, als sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt im Sinne des § 9 BFA-VG und Artikel 8 EMRK nicht entscheidungswesentlich geändert habe. Auch eine Gefährdung im Fall der Rückkehr in die Ukraine habe nicht festgestellt werden können.

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und wurde dabei erneut auf den langen Aufenthalt des BF1 und der BF2 im Bundesgebiet verwiesen. Die beiden Kinder seien im Bundesgebiet zur Welt gekommen, auch weitere Familienmitglieder würden in Österreich leben. Es wurde erneut auf die Einstellungszusage einer namentlich genannten Firma verwiesen, zur Absicherung der Kostenübernahme sei zudem eine Haftungserklärung gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 15 NAG vorgelegt worden. Die Familie der BF habe sich seit nunmehr über fünf Jahren in Österreich korrekt verhalten, es würden keinerlei verwaltungsgerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verurteilungen vorliegen. Die Integration der Familie könne unter den gegebenen Umständen als mustergültig bezeichnet werden.

 

Vorgelegt wurde eine Haftungserklärung gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 15 NAG einer im bisherigen Verfahren nicht näher erwähnten Person. Beigelegt wurde erneut eine Arbeitsplatz-Bestätigung eines namentlich genannten Gärtnereibetriebes und ein Schreiben einer Mitarbeiterin in der Initiative " XXXX " in XXXX vom 27.02.3017, sowie die bereits erwähnten Schreiben des Vereins XXXX . Erneut wurde auch die bereits mehrfach wiedergegebene Empfehlung des Quartiergebers vom 04.09.2016 der Beschwerde beigelegt und diverse im Verfahren bereits mehrfach wiedergegebenen Schreiben des Vereins XXXX , Sachspendenzentrum XXXX . Ein aktuelleres Schreiben des Vereins XXXX bestätigt, dass die BF hilfsbereite und kontaktfreudige Menschen seien und diese im Verein MIT-Menschen mitarbeiten, so habe etwa der BF1 bei diversen Übersiedlungen und Abholaktionen mitgeholfen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1. Gegen die BF1 bis BF3 bestehen seit 24.03.2017 rechtskräftige Rückkehrentscheidungen. Am 14.06.2017 wurden beim Bundesamt die gegenständlichen Anträge der BF1 - BF3 eingebracht.

 

Für den am XXXX geborenen Sohn XXXX wurde ein Asylantrag gestellt, diesem wurde nicht der Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten erteilt, auch gegen diesen Sohn besteht seit 01.02.2018 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung (BVwG vom 01.02.2018, Zl. W189 2180452-1/2E).

 

Die BF, ein Ehepaar und der minderjährige Sohn im Alter von 2 Jahren sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie haben noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens verfügt.

 

Die BF befinden sich nicht in einem Verfahren nach dem NAG, verfügen über kein Aufenthaltsrecht nach dem NAG, verfügen über keinen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten und sind nicht zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt.

 

2.1. Der BF1 hielt sich von Jänner 2013 bis März 2017 als Asylwerber in Österreich auf. Seit Abschluss des Asylverfahrens durch Erkenntnis des BVwG vom 24.03.2017, mit dem auch eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung gegen ihn ausgesprochen wurde, hält er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Ausreiseverpflichtung ist er bis dato nicht nachgekommen.

 

Er ist strafgerichtlich unbescholten. Er hat grundlegende Deutschkenntnisse (A2). Er hat eine mehrjährige Schulbildung im Herkunftsstaat absolviert. In Österreich hat er keine Bildungsangebote abgesehen von einem Deutschkurs in Anspruch genommen. Er war in Österreich kurzfristig jeweils für wenige Wochen legal erwerbstätig, und ist Mitglied in einem Verein für Zuwanderer. Er verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Er legte eine mit November 2017 datierte Einstellungszusage als Hilfsarbeiter bedingt für den Fall der Erteilung einer Aufenthalts- und Beschäftigungsbewilligung vor.

 

Auch die BF2 verfügt über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2, die BF2 ist seit längerer Zeit in einem "Verein für ein soziales Miteinander und eine menschenwürdige Asylpolitik" engagiert, trifft sich darüber hinaus fallweise mit anderen Frauen in einer Initiative, wobei miteinander Kaffee getrunken wird und gesprochen wird.

 

Für den BF3 und seinen bereits erwähnten Bruder, der erst zu einem späteren Zeitpunkt nachgeboren wurde, wurden angesichts des Lebensalters keine besonderen integrativen Aspekte vorgetragen, diese leben erkennbar gemeinsam mit BF1 und BF2. Die BF2 ist seit 01.09.2014 als Asylwerber in Österreich aufhältig gewesen, seit 24.03.2017, somit seit Abschluss des Asylverfahrens, existiert auch gegen BF2, ebenso wie gegen die Kinder, eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und hält sie sich deswegen unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auch die BF2 ist der Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen.

 

Unter Bezugnahme auf die bereits mehrfach genannte Entscheidung des BVwG vom 24.03.2017 steht somit fest, dass sämtliche BF sich einzig wegen des als völlig unglaubwürdig erachteten Vorbringens des BF1 vorübergehend als Asylwerber im Bundesgebiet aufhalten konnten und diesbezüglich ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht hatten. In der vorangegangenen Entscheidung des BVwG wurde umfangreich dargestellt, dass die Angaben des BF1 über seine Fluchtgründe nicht glaubhaft sind, es wurde auch umfangreich wiedergegeben, dass der BF1 ursprünglich unter einer ganz anderen Identität und sogar einer anderen Staatsbürgerschaft aufgetreten ist.

 

Bereits in der genannten Entscheidung vom 24.03.2017 wurde umfassend dargestellt, dass die BF im Fall der Rückkehr in die Ukraine den Lebensunterhalt sichern können, an dieser Einschätzung hat sich nichts geändert, zumal BF1 quer durch das Verfahren schildert, arbeitsfähig und arbeitswillig zu sein. Unverändert sind keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen der BF feststellbar. Unverändert ist festzuhalten, dass der BF1 fast bis zur Ausreise aus der Ukraine über viele Jahre gearbeitet hat, Diskriminierungen einzig wegen der Volksgruppenzugehörigkeit sind weiterhin nicht feststellbar.

 

Unverändert liegen keine Hinweise dafür vor, dass im Herkunftsstaat Ukraine zwischenzeitig eine derartig exzeptionelle, prekäre allgemeine Sicherheitslage eingetreten wäre, dass schon die bloße Anwesenheit in der Ukraine eine ernsthafte Bedrohung für die durch

Artikel 3 EMRK geschützten Rechte erwarten lässt. Im Gegenteil, die Ukraine gilt nunmehr als sicherer Herkunftsstaat.

 

2. Beweiswürdigung:

 

1. Die Feststellung beruhen auf den vorgelegten Verwaltungsakten zu den BF unter den im Spruch genannten Zahlen bzw. den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes, dabei insbesondere aus den zuletzt gegen die BF1 - BF3 ergangenen, rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2017, aus den Antragsschreiben vom 14.06.2017, den Angaben des BF1 und der BF2 in den schriftlichen Eingaben an das Bundesamt, den vorgelegten Dokumenten sowie der Beschwerdeschrift vom 15.03.2018.

 

Was die soziale und familiäre Situation der BF im Inland und ihre Integration betrifft, waren seit den genannten, gegenständlich abweisenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2017 - außer dem bloßen Zeitablauf von einem Jahr - kaum maßgebliche Änderungen eingetreten. Zur Aufenthaltsdauer ist zusätzlich noch anzumerken, dass BF2 erst im September 2014 eingereist ist und BF3 erst im April 2016 geboren wurde.

 

Weder der BF1 noch die BF2 konnten hinsichtlich ihrer sozialen und beruflichen Integration markante Veränderungen dartun, beide gehen nach wie vor keiner dauerhaften legalen Erwerbstätigkeit nach, leben von der Grundversorgung bzw. nicht näher genannten Quellen im Freundes-und Bekanntenkreis. Auch das bislang erlernte Sprachniveau wurde nicht nachweislich deutlich verbessert, so verfügen BF1 und BF2 nach wie vor über Grundkenntnisse auf dem Niveau A2. Die BF sind weiterhin auch in einem Verein engagiert, wobei auch diesbezüglich keine markanten Änderungen seit Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung zu erkennen waren. Die beiden Kinder sind noch im Kleinkindalter. Es ist davon auszugehen, dass die Bindungen der BF ans Inland sich in der Zwischenzeit weiter verstärkt haben, jedoch nicht in einem derartig ausschlagegebenden Ausmaß, welches geeignet wäre, ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen.

 

Das bislang Ausgeführte gilt umso mehr, als die BF1- BF3 in der Zwischenzeit durch das weitere illegale Verharren im Bundesgebiet trotz rechtskräftiger und durchsetzbarer Rückkehrentscheidungen ihre Position zusätzlich verschlechtert haben.

 

Auch hinsichtlich der Verhältnisse im Herkunftsland sind - außer dem Zeitablauf - kaum relevante Änderungen eingetreten.

 

2. Was die Beschwerden betrifft, so sind auch diesen keine Hinweise zu entnehmen, die seit Rechtskraft der mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2014 ausgesprochenen Rückkehrentscheidungen entscheidungswesentliche Veränderungen erkennen lassen würden. Im Übrigen sind die BF1 und der BF2 gesund, arbeitsfähig, verfügen auch über entsprechende Arbeitserfahrung. In diesem Zusammenhang wird auch auf die vom Bundesamt getroffenen Länderfeststellungen verwiesen. Darüber hinaus sind Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Heimatland nicht geeignet, das Interesse der BF an einem Verbleib in Österreich in entscheidender Weise zu verstärken, sondern sind diese vielmehr - letztlich auch als Folge von einer ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich vorgenommenen Verlassens des Heimatlandes - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. dazu auch VwGH 30.06.2016, Zl. Ra 2016/21/0076, Rz 9).

 

4. Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Letztere Variante traf unter Berücksichtigung der in ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 VwGVG vertretenen Ansicht über den prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auf die gegenständliche Konstellation zu (vgl. dazu etwa VwGH 28.07.2016, Zl. Ra 2015/01/0123).

 

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

 

2. Beschwerden gegen die Bescheide betreffend die BF1 - BF4

 

Zu Spruchteil A):

 

2.1.1. Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I. Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Z 1), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Z 2), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Z 3), der Grad der Integration (Z 4), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Z 5), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Z 6), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Z 7), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Z 8), die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Z 9).

 

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), einen gleichwertigen Nachweis gemäß § 11 Abs. 4 über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBL. I. Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - Künstler" gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I. Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen (Z 5).

 

Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt gemäß § 58 Abs. 8 AsylG 2005 darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

Anträge gemäß § 55 AsylG 2005 sind gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

 

Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 AsylG 2005 begründen gemäß § 58 Abs. 13 AsylG 2005 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 AsylG 2005 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer

 

Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde (Z 1) und die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben (Z 2).

 

Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG bleiben gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht, es sei denn es wurde ein darüber hinausgehender Zeitraum gemäß § 53 Abs. 2 und 3 FPG festgesetzt. Anordnungen zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, Ausweisungen gemäß § 66 FPG und Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG bleiben 18 Monate ab der Ausreise des Fremden aufrecht. Dies gilt nicht für Aufenthaltsverbote gemäß § 67 FPG, die über einen darüber hinausgehenden Zeitraum festgesetzt wurden.

 

2.1.2. Die vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnissen vom 24.03.2017, Zlen. W226 2149768-1/3E u.a., gegen die BF1 - BF3 gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 58 Abs. 9 AsylG 2005, § 52 Abs. 3 FPG und § 9 BFA-VG erlassenen rechtskräftigen Rückkehrentscheidungen sind mangels einer zwischenzeitigen Ausreise der BF1 - BF3 gemäß § 12a Abs. 6 AsylG 2005 nach wie vor aufrecht und durchsetzbar. Auch gegen den nachgeborenen Sohn XXXX existiert eine solche durchsetzbare Rückkehrentscheidung (BVwG vom 01.02.2018, Zl. W189 2180452-1/2E).

 

Die gegenständlichen Anträge vom 14.06.2017 der BF1- BF3 sind gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 als unzulässig zurückzuweisen, da gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.

 

Dies entspricht § 44b Abs. 1 NAG aF, zu dem der Verwaltungsgerichtshof ausführte, dass die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen ist, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Bei dieser Prognose sind die nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als zu beurteilen ist, ob es angesichts dieser Umstände nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt nunmehr geboten sein könnte. Eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen (vgl. VwGH 10.4.2014, 2011/22/0286; 10.4.2014, 2013/22/0198; 11.11.2013, 2013/22/0252). Es stellt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als verfassungswidrig dar, wenn die Zulässigkeit eines Antrages nur an das Vorliegen eines für die Beurteilung nach Art. 8 EMRK maßgeblich geänderten Sachverhalts geknüpft wird und nicht jede Änderung im Tatsächlichen bereits die Zulässigkeit einer Antragstellung herbeiführt. Auch einer Antragszurückweisung hat nämlich eine Beurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK voranzugehen. Dies ist zwar nur im Rahmen der Prognose, ob die seit Erlassung der rechtskräftigen Ausweisung eingetretenen Sachverhaltsänderungen eine andere Beurteilung nicht als ausgeschlossen erscheinen lassen, vorzunehmen. Bei dieser Prognose sind aber die nach Art. 8 MRK relevanten Umstände jedenfalls soweit einzubeziehen, als im Rahmen der Prognose zu beurteilen ist, ob diese Umstände dergestalt sind, sodass nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann, dass im Hinblick auf früher maßgebliche Erwägungen eine andere Beurteilung nach Art. 8 EMRK nunmehr geboten sein könnte. Mit anderen Worten:

eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK muss sich zumindest als möglich darstellen. Auch eine solche Beurteilung ist letztlich nur unter Bedachtnahme auf den gesamten vorliegenden Sachverhalt möglich (vgl. VwGH 20.08.2013, 2012/22/0119). Die Überprüfung der im Asylverfahren ergangenen Ausweisung ist nicht Gegenstand des Verfahrens (vgl. VwGH 17.04.2013, 2013/22/0051).

 

Maßgeblich für eine Zurückweisung ist jener Sachverhalt, der der rechtskräftigen (und nicht bloß der nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen) Ausweisungsentscheidung zu Grunde lag, und es ist zu prüfen, ob sich dieser bis zum Zeitpunkt der in erster Instanz vorgenommenen Zurückweisung des Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Hinblick auf Art. 8 EMRK maßgeblich geändert hat (vgl. VwGH 26.06.2013, 2011/22/0319; 29.05.2013, 2011/22/0167). Nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände haben keinen Einfluss auf die Beurteilung, ob die Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde (vgl. VwGH 29.05.2013, 2011/22/0277).

 

2.1.3. Im Hinblick auf die BF1 - BF3 wurden die Rückkehrentscheidung mit Zustellung der Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.03.2017 rechtskräftig; dabei wurde die Frage, ob die Rückkehrentscheidung in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer eingreift, verneint. Bis zur Entscheidung des Bundesamtes über die gegenständlichen Anträge vergingen - gerechnet ab dem Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gerade 12 Monate. Der bloße Zeitablauf zwischen der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der angefochtenen Entscheidung kann in der gegenständlichen Konstellation hinsichtlich der Entscheidung allein aber noch keine Sachverhaltsänderung bewirken (vgl. dazu auch VwGH 15.12.2011, 2010/21/0228; 23.2.2012, 2012/22/0002; 10.4.2014, 2013/22/0198; 10.4.2014, 2011/22/0286), mag diese Zeit auch für eine gewisse weitere Integration - genützt worden sein, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich gemacht hätte, insbesondere - wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, als dadurch die Aufenthaltsdauer der BF nicht derartig qualifiziert verlängert wurde, dass die Judikatur über einen mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalt auf sie Anwendung finden würde (vgl. dazu etwa VwGH 23.02.2017, Zl. 2016/21/0340-9; aber auch VwGH 20.12.2012, Zl. 2011/23/0472).

 

Auch in ihrem Antrag brachten die BF1 - BF3 keine Sachverhaltsänderung vor, die geeignet wäre, eine andere Beurteilung des Art. 8 EMRK herbeizuführen, wie dies bereits bei der Beweiswürdigung hinreichend dargelegt wurde. Sowohl die Deutschkenntnisse als auch die soziale Integration bestand bereits bei Erlassung der Rückkehrentscheidung auf einen hinsichtlich der Entscheidungsrelevanz wenig gesteigertem Niveau. Zudem fehlt es weiterhin an einer nachhaltigen beruflichen Integration.

 

Soweit, wie im vorliegenden Fall, Kinder bzw. Minderjährige von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. dazu etwa die Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei in seiner Rechtsprechung den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46) befinden (vgl. zum Ganzen etwa VwGH vom 21. April 2011, 2011/01/0132). Hierzu ist anzumerken, dass sowohl der 2jährige BF3, als auch dessen nachgeborener Bruder sich immer noch in einem anpassungsfähigen Alter befinden. Hinweise für außergewöhnliche Umstände liegen angesichts des Kleinkindsalters gleichfalls nicht vor.

 

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §§ 58 Abs. 10 AsylG 2005 waren die Anträge der BF1 - BF3 daher zurückzuweisen gewesen. Die abweisenden Bescheid waren betreffend die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 FPG daher zu bestätigen.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können aber auch keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in den Herkunftsstaat ist gegeben.

 

Bezogen auf die erneute Rückkehrentscheidung der belangten Behörde gemäß § 10 Absatz 3 Asylgesetz in Verbindung mit § 9 BFA-VG in Verbindung mit § 52 Absatz 3 FPG ist festzuhalten, dass wie dargestellt, gegen sämtliche Beschwerdeführer und auch gegen den inzwischen nachgeborenen zweiten Sohn rechtskräftige Rückkehrentscheidungen seit den Entscheidungen des BVwG vom 24.03.2017, sowie 01.02.2018 bestehen.

 

Die im Übrigen nicht legal aufhältigen Beschwerdeführer sind somit gemeinsam von der gleichen aufenthaltsbeenden Maßnahme bedroht, weshalb kein Eingriff in das Familienleben besteht. Mit den anderen im Bundesgebiet aufhältigen Personen mit Verwandtschaftsbezug besteht kein gemeinsamer Wohnsitz, auch deren Aufenthaltsstatus ist darüber hinaus weitgehend ungesichert, wie bereits in der Entscheidung vom 24.03.2017 wiedergegeben. Bereits in der mehrfach wiedergegebenen Entscheidung vom 24.03.2017 wurde umfangreich dargestellt, warum die öffentlichen Interessen einer Aufenthaltsbeendigung schwerer wiegen, als die Interessen der BF an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. An dieser Einschätzung hat sich im Wesentlichen nichts Gravierendes geändert, außer dass seit dieser Entscheidung etwas mehr als ein Jahr vergangen ist und die BF durch die Asylantragstellung für den nachgeborenen Sohn XXXX und durch die gegenständliche Antragstellung weitere Monate im Bundesgebiet verbleiben konnten. Wie bereits im vorangegangenen Asylverfahren dargestellt und in der damaligen Rückkehrentscheidung berücksichtigt, haben die erwachsenen BF1 und BF2 im Herkunftsstaat bis zur Ausreise gelebt und dort ihr gesamtes Leben bis zur Ausreise, verbunden mit Schulausbildung und beruflichem Werdegang verbracht. Unverändert ist davon auszugehen, dass das Asylbegehren vom BF1 und BF2 von Grund auf unberechtigt war, diese somit niemals darauf vertrauen konnten, nach Ende des Asylverfahrens im Bundesgebiet verbleiben zu können.

 

Weiterhin kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass BF1 und BF2 ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sie sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würden. Bereits in der Entscheidung vom 24.03.2017 wurden darüber hinaus die erwachsenen BF darauf hingewiesen, dass es ihnen leicht möglich ist, in anderen Landesteilen der Ukraine eine neue Existenz aufzubauen, Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat wurden bereits in der Entscheidung vom 24.03.2017 als eine hinzunehmende Erschwernis beurteilt.

 

Wie bereits in der vorangehenden Rückkehrentscheidung ist darauf hinzuweisen, dass die erwachsenen BF illegal eingereist sind, einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften manifestieren, überwiegen.

 

Unter Hinweis auf die umfangreiche Begründung in der bereits rechtskräftigen Rückkehrentscheidung vom 24.03.2017, erweist sich somit auch die erneut ausgesprochene Rückkehrentscheidung als rechtmäßig, aus dem gesamten Vorbringen, auch in der Beschwerde, lässt sich nicht ableiten, dass die Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet dermaßen gravierend wären, dass eine Rückkehrentscheidung dauerhaft unzulässig wäre.

 

Zu den bezogen auf BF1 vorgelegten Dokumenten betreffend Einstellungszusage ist festzuhalten, dass in der vorgelegten Arbeitsplatzbestätigung vom 23.11.2017 nicht festgehalten wird, über welches Einkommen der BF1 überhaupt verfügen könnte. Wer die Person ist, die eine Haftungserklärung gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 15 NAG abgegeben hat, blieb quer durch das Verfahren unklar, sodass auch nicht nachvollzogen werden kann, in welchem Verhältnis diese Person zum BF1 steht und ob diese Person überhaupt in der Lage ist, einer Haftungserklärung nachzukommen.

 

Unabhängig davon überwiegen unverändert weiterhin die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung, die beschriebenen privaten Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet, zumal den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen angesichts des Verfahrensgangs und angesichts des vom Grunde auf unberechtigten Asylbegehrens unzweifelhaft der Vorrang einzuräumen ist.

 

4. Entfall der mündlichen Verhandlung

 

4.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

In seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. 2014/20/0017, ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind: "Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen." (VwGH 28.05.2014, Zl. 2014/20/0017).

 

4.2. In den Beschwerden wurde ein - nicht näher ausgeführter - Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

 

Was das Vorbringen der BF in den Beschwerden betrifft, so findet sich in diesen kein relevantes neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen, das in der vorliegenden Konstellation geeignet erscheint, zu einem anderen Verfahrensergebnis zu führen. Diesbezüglich ist auf die entsprechenden Ausführungen in der Beweiswürdigung und der rechtlichen Beurteilung zu verweisen. Somit ist diesbezüglich der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben (vgl. dazu etwa VwGH 30.06.2016, Zl. Ra 2016/21/0122; VwGH 17.11.2016, Zl. 2016/21/0316; VwGH 26.01.2017, Zl. Ra 2016/21/0233).

 

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte