BVwG W123 2129988-1

BVwGW123 2129988-16.3.2017

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W123.2129988.1.00

 

Spruch:

W123 2129988-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.06.2016, Zl. 1096107200/151834140, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß den §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 55, 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF und §§ 52, 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, reiste illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 22.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen der am 23.11.2015 durch ein Organ der Landespolizeidirektion Niederösterreich durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass in seinem Dorf die Taliban und die ISIS an der Macht seien. Sie hätten gewollt, dass der Beschwerdeführer den ISIS beitrete, aber der Beschwerdeführer sei dagegen gewesen. Im Dorf des Beschwerdeführers würde er keine Arbeit bekommen und er sehe dort keine Zukunft.

3. Am 19.05.2016 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

"LA: Aus welchem Grund verließen Sie Ihr Heimatland? Schildern Sie dies bitte möglichst lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür ruhig Zeit!

VP: Ich habe bei meiner Erstbefragung angegeben, dass ich wirtschaftliche Probleme habe. Mein eigentlicher Fluchtgrund ist jener, dass ich in Masar-e Scharif Fußball gespielt habe. Ich habe in einer Halle namens XXXX gespielt. Wir hatten ein Match. Ein Mitspieler aus meinem Team hat mit einem Gegenspieler vom anderen Team gestritten. Nachdem das Spiel vorbei war, hat der Spieler aus meinem Team außerhalb der Halle den Gegenspieler mit einem Messer getötet. Dieser Spieler hat die Leiche des Getöteten in seinem Auto versteckt und hat sein Auto auf unserem Autoabstellplatz abgestellt. Wir haben neben dem Verkauf von Traktoren auch Autos bewacht. Der Mörder hat sein Auto abgestellt und ist selbst geflüchtet. Die Polizei hat das Auto auf unserem Abstellplatz gefunden und mich festgenommen. Ich war 17 Tage in Haft. Dann wurde meine Unschuld bewiesen und ich wurde freigelassen. Die Familie des getöteten waren Hazara, da ich aber halb Paschtune bin haben sie angenommen, dass ich aufgrund ethnischer Probleme, mit dem Mord etwas zu tun habe. Die Familie hat mich einige Male bedroht. Sie haben mich einige Male gewarnt und mir gesagt, dass sie die Rache für den Tod des Angehörigen nehmen werden. Sehr lange habe ich mich versteckt gehalten und obwohl ich sehr gerne Fußball gespielt habe, konnte ich dies nicht. Die Drohungen wurden immer heftiger und mehr. Seit kurzem hatte die Familie auch Kontakte zu der neuen Regierung und die Familie war bewaffnet. Das ist der Hauptgrund weshalb ich nach Europa gekommen bin. Ich konnte das Haus nicht verlassen, ich hatte ständig Angst. Ich fühlte mich sehr eingeengt. Die Behörden haben keine wichtige Rolle in Afghanistan. Meine Familie hat auch versucht eine Lösung zu finden und wir haben auch den Vorschlag gemacht in Kompensation (afg. Badi) ein Mädchen aus unserer Familie in die verfeindete Familie zu verheiraten, damit die Feindschaft zur Ruhe gelegt wird. Die verfeindete Familie war mit diesem Lösungsvorschlag nicht einverstanden, da wir unterschiedliche islamische Ausrichtungen (Sunnit, Schiit) haben. Da hat die Familie den Entschluss gefasst, dass ich das Land verlassen soll. Ich habe zwar angegeben, dass ich illegal Afghanistan verlassen habe und in den Iran eingereist bin. Das ist nicht richtig, ich hatte einen Reisepass und bin legal in den Iran gereist. Ein mitreisender Hazara hat mir dazu geraten, den Reisepass zu zerreißen und zu sagen, dass ich illegal Afghanistan verlassen habe und dass ich angeben soll aus wirtschaftlichen Gründen aus meiner Heimat geflüchtet bin. Ich habe ihm vertraut, aber er hat aufgrund ethnischer Unterschiede mir zu etwas falschem geraten. Obwohl die Taliban oder die Daesh sich in der Region verbreitet haben, habe ich dennoch in meiner Heimatregion weitergelebt. Aber diese persönlichen Feinde sind gefährlicher als die Taliban und die Daesh. Es ist die Wahrheit, sie können die Sicherheitskommandantur, die Polizei der Region, oder auch andere Bürger danach befragen. Dort ist mein Vater sehr bekannt. Unser Autohandel ist ziemlich bekannt. Das war alles.

LA: Wann war das Spiel? Was war das für ein Spiel?

VP: Das Spiel, das in dieser Halle stattgefunden hat, wurde vom Besitzer der Halle organisiert und Hobbyspieler haben Teams gebildet und gegeneinander gespielt. Es war ein Freundschaftsspiel. Es war ungefähr vor einem Jahr.

LA: Welcher Mitspieler hat mit wem gestritten?

VP: Einer hat in meinem Team gespielt. Einer war Paschtune und der andere Hazara und deshalb sind auch die unterschiedlichen Ethnien aufgebracht gewesen und sind hinter dem Getöteten gestanden.

LA: Welcher Mitspieler hat mit wem gestritten?

VP: Der in meinem Team hat XXXX geheißen und war ca. 24-25 Jahre alt. Über den Gegenspieler habe ich keine Informationen. Ich habe ihn zum ersten Mal gesehen. Ein hübscher Junge. Ich kannte ihn nicht.

LA: Schildern Sie den Streit?

VP: In Afghanistan gibt es keinen Profifußball. Sie sind aneinander geraten. Einer fühlte sich in seiner Ehre verletzt. Es ging darum den Gegner zu besiegen und um die Kosten nicht zu bezahlen. Mein Mitspieler war Verteidiger. Der Gegenspieler war Stürmer. Einige Male haben sie sich gegenseitig gefoult. Während des Spieles merkte man das beide sehr verärgert sind. Nach dem Spiel habe ich auch gefühlt, dass mein Mitspieler sehr verärgert war. Nach dem Spiel bin ich zu unserem Autoabstellplatz gegangen und er hat dann später sein Auto dort abgestellt. Ohne das er mich informiert oder mir etwas davon sagt. Die Angehörigen des Getöteten haben uns angezeigt. Bei dieser Sache ging es eigentlich um die Ethnie weil ich mit meinem Mitspieler Paschtu gesprochen habe, haben sie mich angezeigt, dass ich etwas damit zu tun habe.

LA: Schildern Sie mir den Vorfall vom Abpfiff bis zur Tötung mit allen Details und lebensnah?

VP: Um fünf Uhr war Abpfiff. Der Mitspieler war sehr verärgert, weil der Gegner ihn vor seinen Freunden beschimpft hatte. Der Mitspieler hat ihn gewarnt. Wir haben dies nicht ernst genommen. Die Gegner sind auch Richtung nach Hause gegangen. Auch wir gingen von dort weg. Der Mörder hat sich von uns getrennt. Ich habe auch in der Nacht unseren Autoabstellplatz bewacht und habe auch dort geschlafen. Um 12 Uhr in der Nacht hat diese Person sein Auto auf unserem Abstellplatz abgestellt. Er hat über sein Auto eine Plane gezogen. Er sagte mir, sein Auto wird einige Zeit hier bleiben und soll vor der Sonne geschützt bleiben und er meinte, dass er einige Zeit weg gehen würde. Er ging dann weg. Dann kam die Polizei. Die Polizei kam und dann wurden wir von den Angehörigen bedroht.

LA: Was meinen Sie mit der Mitspieler hat ihn gewarnt?

VP: Der Mitspieler sagte ihm, ich werde dich nicht am Leben lassen. Solange ich der Sohn meines Vaters bin. Du hast mich vor allen Leuten beschimpft und erniedrigt. Wir haben das Ganze nicht ernst genommen.

LA: Haben Sie mit Ihrem Mitspieler gesprochen?

VP: Nein, er ist einfach weg gegangen ohne etwas zu sagen. Ich habe auch nicht daran gedacht, dass er so etwas tun würde.

LA: Woher wissen Sie dass er den Gegenspieler gedroht hat ihn zu töten wenn er gleich gegangen ist?

VP: Als wir das Spielfeld verlassen haben, bzw. während wir beim gehen waren, haben sie miteinander gestritten und er dies zu ihm gesagt. An diesem Tag haben wir das Spiel verloren. Die Mitspieler und ich haben ihn am Arm gezogen und gesagt, lass uns weiter gehen.

LA: Woher wissen Sie, dass er ihn mit einem Messer vor der Halle getötet hat?

VP: Nach dem Spiel am Abend wurde der Gegenspieler getötet. Die Freunde des Getöteten sagten, dass er mit einem Messer getötet wurde und sie es gesehen hätten.

LA: Wenn sie (die Freunde) es gesehen hätten, warum haben sie es nicht verhindert?

VP: Es war angeblich so. Der Getötete wurde angerufen, dass er zu einem Spiel kommen soll. Der XXXX (der Mörder) ist mit seinem Auto sowie einem weiteren Auto mit vermummten in die Nähe des Hauses des Getöteten gefahren. Kurz nachdem er sein Haus verlassen hatte. Wurde er mit dem Messer attackiert. Die Freunde des Getöteten haben ihn an der Farbe seines Autos erkannt.

LA: Schildern Sie im Detail die Bedrohungen der Familie?

VP: Einige Freunde sind nach wie vor in diese Halle gegangen um dort zu spielen. Dort haben sie von den Angehörigen des Getöteten erfahren, das . Ähh, ich habe den Faden verloren. Die Angehörigen haben immer den Hallenbesitzer danach gefragt, wann ich wieder spielen komme. Wenn ich da bin soll er sie verständigen.

LA: Schildern Sie im Detail die Bedrohungen der Familie?

VP: Nachdem meine Unschuld bewiesen war, und sie (die Familie des Getöteten) waren auch einflussreich. Die gesamte Ethnie, die sehr groß ist und in Masar-e Scharif lebt, stand hinter dieser Familie.

LA: Haben Sie meine Frage richtig verstanden?

VP: Ja.

LA: Schildern Sie im Detail die Bedrohungen der Familie?

VP: Drei bis vier Mal haben Sie Leute zu mir geschickt um mich unter einem Vorwand aus dem Haus zu locken. Unser Haus befindet sich in einer sehr langen Gasse. Es ist eine Sackgasse. In die Gasse konnten sie nicht hineinkommen, deshalb wollten sie mich herauslocken. In Afghanistan habe ich viele verfeindete Familien gesehen, die ihren Hass gegenüber der verfeindeten Ethnie lange Zeit in sich tragen. Vielleicht ist das in Europa auch so.

LA: Wie oft wurden Sie bedroht?

VP: Sehr oft. Ich habe in dieser Zeit kaum das Haus verlassen. Wegen dem Reisepass und dem Visum musste ich auch sehr vorsichtig aus dem Haus rausgehen. Nachdem ich gemerkt habe, dass sie nicht nachgeben, hat meine Familie das Gerücht verbreitet, dass ich das Haus verlassen habe, obwohl ich zu Hause war."

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß §§ 57, 55 AsylG nicht erteilt. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Die Beweiswürdigung lautet auszugsweise:

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

"Ein weiteres Indiz für Ihre persönliche Unglaubwürdigkeit liegt im in Ihrem Verfahren zu Tage getretenen Widerspruch hinsichtlich Ihres Wohnortes. So haben Sie anfangs der Einvernahme (EV) noch behauptet, immer schon in Masar-e-Sharif gelebt zu haben und sogar dort geboren zu sein (siehe EV Seite 3). Im Laufe der EV änderten Sie dies aber dahingehend ab, im Distrikt Deh Dadi aufgewachsen zu sein und lediglich die letzten dreieinhalb bis vier Jahre in Masar-e-Sharif gelebt zu haben (siehe EV Seite 5). Seitens BFA ist kein Grund ersichtlich, weshalb sich eine Person in diesen Fakten zu seinem Leben in diesem gravierenden Ausmaß widersprechen könne, und kann daher nur zu der Erkenntnis kommen, Sie als Person unglaubwürdig zu erkennen.

Betreffend die Feststellungen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

Sie waren zusätzlich mehrfach widersprüchlich während Ihres Vorbringens.

So gaben Sie einerseits zu Protokoll der Mord hätte direkt außerhalb der Halle stattgefunden (siehe EV Seite 6) und änderten dies, erneut erst nach mehrfachen Nachfragens bzgl. Details, darauf ab, dass der Mord mit anderen gemeinsam in der Nähe des Wohnorts des Getöteten stattgefunden hätte.

Weiters waren Sie widersprüchlich als Sie anführten, der Mörder hätte sein Fahrzeug ohne etwas zu sagen auf Ihrem Abstellplatz abgestellt (siehe EV Seite 8). Im Zuge der EV änderten Sie diesen Umstand darauf ab, der Mörder hätte zu Ihnen gesagt, sein Auto bleibe einige Zeit bei Ihnen stehen und er decke es mit einer Plane ab um es vor der Sonne zu schützen, sowie dass er selbst für einige Zeit weg gehen würde.

Zusätzlich behaupteten Sie, die Leiche wäre im Auto des Mörders versteckt (siehe EV Seite 6) und änderten dies während der Rückübersetzung darauf ab, die Leiche wäre nicht im Auto versteckt gewesen, sondern sei vor dem Haus des Getöteten liegen geblieben (siehe EV Seite 14).

Noch ein Widerspruch ist zu erkennen in dem Sie erklärten, nicht mit Ihrem Mitspieler gesprochen zu haben weil dieser gleich weggegangen sei, um gleich in der folgenden Frage dies anders darzustellen, da behördlicherseits Vorgehalten wurde, woher Sie gewisse Details wissen würden wenn dieser gleich gegangen wäre, in dem Sie widersprüchlich anführten Ihren Mitspieler am Arm gezogen zu haben und gesagt hätten weiter zu gehen (siehe EV Seite 9).

Alleine schon diese maßgeblichen Widersprüche in Ihren Ausführungen, lassen nur die Erkenntnis zu, Ihr Vorbringen als Unglaubwürdig zu erkennen, zumal sich ein glaubhaftes Vorbringen, wie auch anfangs angeführt, sich nicht in maßgeblichen Punkten widersprechen darf und in sich schlüssig sein muss.

5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 07.07.2016 – rechtzeitig – Beschwerde in vollem Umfang. Die Fluchtgründe des Beschwerdeführers bestünden in Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Dem Beschwerdeführer drohe, aus Rache ermordet zu werden. Bezüglich des Verbleibs der Leiche des Getöteten habe der Beschwerdeführer bereits in der Einvernahme die irrtümlich unrichtige Transkription seiner Aussagen richtig gestellt, und ebenso sei seine Angabe missverstanden worden, ob er darüber informiert gewesen sei, dass der Mörder sein Auto auf dem Abstellplatz abgestellt habe. Zur allfälligen Gewährung subsidiären Schutzes sei festzustellen, dass auch die allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan eine Rückkehr nicht zulasse.

6. Am 24.02.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise:

R: Wo sind Sie geboren und aufgewachsen?

BF: Ich bin in der Provinz Balkh, im Distrikt Dehdadi im Dorf XXXX geboren und aufgewachsen. Die letzten drei bis vier Jahre meines Aufenthaltes in Afghanistan habe ich in der Stadt Mazar-e Sharif verbracht.

R: Bei wem haben sie in Mazar-e Sharif gewohnt?

BF: Ich habe mit meiner Familie zusammen gelebt.

R: Lebt die Familie immer noch in Mazar-e Sharif?

BF: Nein. Vor ca. zwei Monaten ist meine Familie nach Kunduz gezogen. Das ist nicht mehr in Mazar-e Sharif.

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R: Welcher Feindschaft war Ihre Familie ausgesetzt?

BF: Ich habe mein Fluchtvorbringen bereits in der ersten Instanz geschildert. Wir führten ein Traktorunternehmen. Wir haben diese gekauft und verkauft. Somit hatten wir einen Abstellplatz für die Traktoren aber auch für andere Fahrzeuge. Ich hatte einen Freund, der mit mir zusammen Fußball gespielt hat. Er stammte aus Kandahar und war aber nach Mazar-e Sharif gekommen, weil er dort mit Textilien gehandelt hat. Er hat Textilien aus Pakistan nach Afghanistan gebracht und dort verkauft.

R: Welche Angehörigen haben Sie in Afghanistan? Wer lebt noch dort?

BF: Meine Eltern, meine sechs Schwestern und ein Bruder leben in Kunduz. Ich habe drei Onkel väterlicherseits, welche mit ihren Frauen in Mazar-e Sharif leben. Meine Onkel mütterlicherseits und mein Großvater leben in den Provinzen Helmand und Kandahar.

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R: Sie haben vor dem BFA gesagt, dass damals ihre Unschuld bewiesen worden sei. Haben Sie diesbezüglich Dokumente vorzuweisen?

BF: Ich habe keine Dokumente diesbezüglich, aber wenn Sie wollen, kann ich welche besorgen.

R: Wurde Ihnen in Afghanistan diesbezüglich etwas ausgestellt?

BF: Nein, in Afghanistan gibt es solche Sachen nicht.

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R: Wurden Sie von der Familie des Ermordeten persönlich bedroht?

BF: Selbstverständlich. Sie sagten, dass ich immer mit ihm im Kontakt gestanden bin und mit ihm viel Zeit verbracht habe. Aus diesem Grund hätte ich etwas mit dem Mord zu tun bzw. ich sollte den Mörder finden.

R: Wann wurden Sie das erste Mal von dieser Familie bedroht?

BF: An dem Nachmittag an dem ich zur Polizeistation gebracht wurde, kam auch die Familie des Opfers dorthin. Doch in Anwesenheit der Polizei konnten sie mir nichts sagen. Danach gingen sie wieder weg. Ich war dann einige Tage in Haft. Danach wurde ich freigelassen. Wir verfügten weder über Waffen noch über Macht, aber es ist ganz klar, dass diese Familie auf eine Gelegenheit wartete.

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R: Wo haben sich die Bedrohungen durch die Familie abgespielt?

BF: Es waren mehr als zehn Bedrohungen. Wenn ich ihnen persönlich begegnet wäre, hätten sie mich getötet. Sie wissen selbst, dass es in Afghanistan nicht allzu schwer ist, jemanden umzubringen. Sie haben mir Nachrichten über die Ältesten übermittelt.

R: Das heißt, diese Familie hat Sie nie persönlich bedroht?

BF: Ich durfte dieser Familie niemals begegnen. Ich hatte mich versteckt. Immerhin hatten sie ein Familienmitglied verloren.

R: Ist es richtig, dass die Bedrohungen nur im Wege durch die Ältesten stattgefunden haben?

BF: Wir waren bemüht eine Lösung zu finden. Ich bin unschuldig gewesen, aber aufgrund der Konflikte der Sunniten und Schiiten wollte die Familie das nicht akzeptieren.

R: Was konkret hat die Familie Ihnen vorgeworfen?

BF: Sie warfen mir vor, dass ich mit dem Täter zusammengewirkt hätte und sollte ich nicht der Mörder gewesen sein, dann müsste ich den Mörder für sie finden.

R: Haben Sie den Bedrohern gesagt, dass Sie inhaftiert waren und wieder freigelassen wurden und mit dem Mord nichts zu tun haben?

BF: Sie glauben den Verfahren und den Urteilen der Behörden nicht. Die Menschen tragen Waffen und machen nur von ihrer Macht gebrauch.

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R: Wo haben Sie sich versteckt gehalten?

BF: Ich war meistens zu Hause und zwischendurch ging ich zu meinen Onkeln väterlicherseits. Ich habe drei Onkel.

R: Können Sie ungefähr das Jahr bzw. die Monate, in denen Sie von der Familie bedroht wurden, nennen?

Anmerkung: Der BF überlegt sehr lange.

BF: Der Vorfall ereignete sich im Frühling 2015. Danach war ich einige Tage in Haft. Nach meiner Freilassung hörte ich immer wieder von den Drohungen. Ca. zweieinhalb Monaten nach dem Vorfall verließ ich Afghanistan.

R: Sie sagten, dass Sie über den Weg der Ältesten die Bedrohungen bekommen haben. Wie geschah das konkret? Kamen diese zu Ihnen nach Hause, oder wurden Ihnen Briefe geschickt?

D merkt an, dass sie die Frage zum dritten Mal wiederholt, weil sie keine Antwort auf die Frage bekommen hat.

BF: Es gibt große Unterschiede zwischen der österreichischen und afghanischen Gesellschaft. Mein Vater führt seit ca. 25 Jahren ein Traktorunternehmen. Fast alle Menschen kennen ihn dort und grüßen ihn, wenn sie an ihm vorbeigehen. Es fand bereits ein Gespräch zwischen meiner Familie und der Familie des Opfers statt. Die Familie des Opfers verlangte von meiner Familie, einer meiner Schwestern als Tilgung zu übergeben. Die beiden Familien konnten sich jedoch nicht einigen, somit hatten die Bedrohungen auch kein Ende. Die Ältesten der Region überbrachten die Nachrichten meinem Vater, wenn er auf dem Abstellplatz beim Verkauf der Traktoren war.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger und gehört der Volksgruppe der Tadschiken an. Der Beschwerdeführer ist in der Provinz Balkh, Distrikt Dehdadi, Dorf XXXX, geboren und aufgewachsen. Die letzten drei bis vier Jahre vor seiner Ausreise aus Afghanistan hat der Beschwerdeführer in der Stadt Mazar-e Sharif verbracht. Der Beschwerdeführer hat dort mit seiner Familie zusammen gelebt. Der Beschwerdeführer hat Familienangehörige in der Stadt Mazar-e Sharif; drei Onkel väterlicherseits leben dort. Der Beschwerdeführer hat zwölf Jahre die Schule besucht. Er hat sowohl im Betrieb des väterlichen Unternehmens, als auch für eine kurze Zeit in einer Apotheke in Mazar-e Sharif gearbeitet.

Der Beschwerdeführer hat keine Familienangehörigen in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt über soziale Kontakte in Österreich. Der Beschwerdeführer konnte das ÖSD Zertifikat A1, Deutsch, vorlegen. Der Beschwerdeführer hat in Österreich noch nicht gearbeitet. Er konnte eine Bestätigung für das Jahr 2016 am Bauhof der Stadtgemeinde Bruck an der Leitha vorlegen. Ferner eine Beschäftigungszusage der XXXX. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Der Beschwerdeführer ist gesund.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung ausgesetzt ist und eine solche im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten hätte.

1.2. Feststellungen zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Staatendokumentation (Stand 21.01.2016; letzte Kurzinfo vom 19.12.2016):

Sicherheitslage

Im Zeitraum 1.8.-31.10.2015 verzeichnete die UNO landesweit 6.601 sicherheitsrelevante Vorfälle. Diese Vorfälle beziehen sich auf Arbeit, Mobilität und Sicherheit von zivilen Akteuren in Afghanistan. Dies bedeutet eine Steigerung von 19% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2014. 62% dieser Vorfälle fanden in den südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen statt. Im Berichtszeitraum gelang es den Taliban neben Kunduz City weitere 16 Distriktzentren einzunehmen. Deren Großteil befindet sich im Norden (Badakhshan, Baghlan, Faryab, Kunduz, Sar-e Pul und Takhar), im Westen (Faryab) und im Süden (Helmand und Kandahar) des Landes. Den afghanischen Sicherheitskräften war es jedoch möglich bis Ende Oktober 13 Distriktzentren wieder zurückzuerobern (UN GASC 10.12.2015).

Im Zeitraum 1.6.-31.7.2015 registrierte die UNO landesweit 6.096 sicherheitsrelevante Vorfälle, ein Rückgang von 4,6% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die geographische Reichweite des Konfliktes fokussierte sich hauptsächlich auf die nord-östlichen Regionen rund um Kunduz, Badakhshan und Badghis, im Nordwesten auf die Provinz Faryab und im Südosten auf Nangarhar und im Süden auf Helmand. Der Großteil der Vorfälle wurde in den südlichen und östlichen Teilen des Landes registriert. In Kandahar, Nangarhar, Ghazni, Helmand und Kunar wurden 44.5% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle des Berichtszeitraumes registriert (UN GASC 1.9.2015).

Einige Experten haben auf Leistungsverbesserungen der afghanischen Sicherheitskräfte hingewiesen (SCR 9.2015). Ein erhöhtes Operationstempo hat zu einer signifikant höheren Opferzahl unter den afghanischen Sicherheitskräften geführt (+27% im Zeitraum von 1.1. – 15.11.2015 im Vergleich zu 2014) (USDOD 12.2015). Ähnliche Zahlen nennt WP, mit 7.000 getöteten und und 12.000 verletzten Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte (+26% zum Jahr 2014). Im gesamten Jahr 2014 wurde hingegen von 5.000 getöteten afghanischen Polizisten und Soldaten berichtet (SCR 9.2015). Zudem haben die Taliban ihre Angriffe auf Sicherheitskräfte seit Beginn ihrer jährlichen Frühjahrsoffensive im April 2015 erhöht (BBC 29.6.2015).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast allen Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten. Gleichzeitig haben die Taliban bewiesen, dass sie ländliche Gegenden einnehmen, Schlüsselgebiete bedrohen (z.B. in Helmand) und gleichzeitig high-profile Angriffe in Kabul durchführen können (USDOD 12.2015). Laut Angaben der afghanischen Regierung, kontrollieren die Taliban nur vier der mehr als 400 Bezirke landesweit, aber es ist bekannt, dass diese Zahl stark untertrieben ist. Die afghanische Regierung hat außerdem oftmals nur Kontrolle über die Distriktzentren, aber nicht über die ländlichen Gebiete (The Long War Journal 22.9.2015)

Es gab Vorschläge zur Gründung regierungsfreundlicher Milizen – sogenannter lokaler Verteidigungskräfte – um die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Diese existieren angeblich bereits in einer Anzahl von Provinzen (UNGASC 10.12.2015).

Es gibt drei Gründe für das Wiederaufleben der Taliban: Erstens das Ende der US- amerikanischen und NATO-Mission Ende 2014, sowie der Abzug der ausländischen Kräfte aus Afghanistan, hat den militärischen Druck auf die Taliban verringert. Krisen in anderen Teilen der Welt (Syrien, Irak und Ukraine) nährten bei den Taliban die Hoffnungen auf ein Desinteresse der internationalen Gemeinschaft. Wenn Taliban militärische Stützpunkte, Distriktzentren und Check-Points Afghanistans überrennen, erbeuten sie jedes Mal Waffen für den Kampf gegen die afghanische Regierung. Zweitens vertrieb die pakistanische Militäroperation Zarb-e Azb in den Stammesgebieten Nordwaziristans im Juni 2014 tausende Aufständische – hauptsächlich Usbeken, Araber und Pakistanis - die nach Afghanistan strömten und in den Rängen der Taliban aufstiegen. Die Taliban lenkten ohnehin eine große Anzahl ihrer eigenen Kämpfer von Pakistan aus. Drittens mangelt es den afghanischen Sicherheitskräften an Ausbildung und Ausstattung, vor allem in den Bereichen Luftstreitkräfte und Aufklärung. Außerdem nützen die Taliban interne Machtkämpfe der Kabuler Zentralregierung und deren scheinbare Schwäche in verschiedenen Bereichen in Kabul aus (BBC 5.1.2016).

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Balkh

Im Zeitraum 1.1. – 31.8.2015 wurden in der Provinz Balkh, 226 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die Provinz Balkh liegt im Norden Afghanistans. Sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Die Hauptstadt Mazar-e Sharif, liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.:

Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.: Provinzhauptstadt Baghlan]. Sie hat 14 administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich. Die Provinz Kunduz lieg im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y). Balkh grenzt an drei Zentralasiatische Staaten an: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.325.659 geschätzt (UN OCHA 26.8.2015).

Die Stadt Mazar-e Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014). Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer, die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Grund dafür ist das Machtmonopol das der tadschikisch-stämmige Gouverneur und ehemalige Warlord Atta Mohammed Noo bis in die abgelegensten Winkel der Provinz ausübt. Nichtsdestotrotz, ist die Stabilität stark abhängig von den Beziehungen des Gouverneurs zum ehemaligen Warlord und nunmehrigen ersten Vizepräsidenten Abdul Rashid Dostum. Im Juni 2015, haben sich die beiden Rivalen darauf geeinigt miteinander zu arbeiten, um die Sicherheit in Nordafghanistan wiederherzustellen (RFE/RL 9.2015). Die Stabilität der Provinz Balkh war ein Hauptfokus der NATO-Kräfte (RFE/RL 8.7.2015).

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt um manche Gegenden von Terroristen zu befreien (Khaama Press 18.9.2015; Pajhwok 31.5.2015; Tolonews 30.4.2015; Tolonews 16.1.2015). Im Distrikt Balkh wird die Reduzierung von Rebellenaktivitäten der Leistungsfähigkeit der ANSF und des neuen Distriktpolizeichefs zugeschrieben (APPRO 1.2015)

Außerhalb von Mazar-e Sharif, in der Provinz Balkh existiert ein Flüchtlingscamp - auch für Afghan/innen - die Schutz in der Provinz Balkh suchen. Mehr als 300 Familien haben dieses Camp zu ihrem temporären Heim gemacht (RFA/RL 8.7.2015).

1.2.2. Auszug Gutachten des länderkundigen Sachverständigen Dr. Rasuly im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 29.04.2016:

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt weiterhin sehr instabil und die Taliban machen weitere Geländegewinne und erweitern so ihre Einflussgebiete in Afghanistan. Mehr als die Hälfte aller Distrikte Afghanistans steht unter der Kontrolle der Taliban. Die Taliban führen in verschiedenen Distrikten der Provinzen Faryab, Jawjan, Badakhshan, Takhar, Baghlan, Sar-e Pul, Badghis, Uruzgan, Ghazni, Helmand, Kandahar, Kunar, Laghman, Nangarhar, Logar, Wardak, Kapisa, Kunduz und Ghor Krieg gegen die Nationalarmee. Bei allen diesen Kriegen gerät die Zivilbevölkerung zwischen die Fronten. In den von den Taliban beherrschten Gebieten herrscht das Taliban-Gesetz, das islamische Rechtssystem; Sharia. Die Menschen werden bei geringster Abweichung von den Vorgaben der Taliban schwer bestraft. Bei den Frauen und jungen Männern reicht es, wenn die Ehemänner, Väter oder Brüder sich bei den Taliban über diese beschweren. Es kommt immer wieder vor, dass die Taliban die Mädchen aufgrund der Beschwerden ihrer Väter auspeitschen und sogar steinigen, wenn sie verdächtigt werden, Geliebte zu haben.

Durch die Geländegewinne der Taliban hat sich auch die Wirtschaftslage weiter verschlechtert. Für die Wirtschaftstreibenden erwächst dadurch Erschwernis auf den Transportwegen, welche auf den Wirtschaftsaustausch im Lande Auswirkungen haben und sie bewirken auch somit die hohe Arbeitslosigkeit im Lande. Auf den Hauptstraßen zwischen verschiedenen Provinzen, außerhalb Kabul, Mazar-e Sharif, Bamiyan, Taluqan, Herat, Hauptstadt von Badakhschan, Faizabad usw. herrscht große Unsicherheit, wenn die Menschen ihre Heimatregionen erreichen wollen oder wenn sie in andere Regionen mit Linienbussen oder Taxis reisen wollen. Es kommt immer wieder vor, dass die Taliban vereinzelt einzelne Menschen aus den Bussen und Linientaxis herauszerren und mitnehmen.

Die Städte Mazar-e Sharif, Kabul, Herat, Bamiyan zählen derzeit zu relativ sicheren Städten Afghanistans. Der Grund liegt darin, dass die Sicherheitsmaßnahmen in diesen Städten seitens der Behörde und der ausländischen Truppen erhöht worden sind. Aber sie bieten fremden Menschen, d.h. Menschen aus anderen Provinzen keine Arbeitsmöglichkeit, aber auch keine Wohnmöglichkeit, wenn die Fremden keine Verwandten dort haben oder wenn sie keinen Arbeitsplatz vorweisen können.

Die Stadt Kabul wurde bis vor zwei Wochen, begonnen von September 2015 bis Mitte April 2016, von größeren Attentaten verschont. Aber am 19.04.2016 haben die Taliban wieder zugeschlagen und einen Lastwagen voll Sprengstoff zur Explosion gebracht, bei der 300 Menschen schwer verletzt und mehr als 60 Menschen getötet worden sind. Dieses Attentat galt zwar dem 10. Präsidium des Staatssicherheitsdienstes, aber dabei starben mehr Zivilisten als die Mitglieder der Behörde.

1.2.3. Auszug Gutachten des länderkundigen Sachverständigen Dr. Rasuly im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.05.2016:

Betreffend die Sicherheitslage in Großstädten: Kabul, Herat, Bamiyan und Mazar-e Sharif:

Die Sicherheitslage in Kabul hat sich aufgrund der verstärkten Sicherheitsmaßnahmen seitens des afghanischen Verteidigungs- und Innenministeriums sowie seitens des Staatssicherheitsdienstes gegenüber den letzten Monaten relativ gebessert. Die Internationale Sicherheitskräfte sind auch an dieser Aktion zur Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen beteiligt. Das erneute Engagement der ausländischen Truppen kann die Sicherheit in Großstädten wesentlich verbessern. Es gibt wenige Anschläge seitens der Taliban und die Sicherheitsbehörde nimmt oft die Selbstmordattentäter fest, bevor sie ihre Anschläge durchführen. Im letzten Monat hat es in Kabul einen Anschlag gegeben, wobei mehr als 28 Leute getötet und hunderte Personen leichten bis schwere Verletzungen davontrugen, (Siehe dazu:

(http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/kabul-afghanistan-bombenexplosion-opfer , http://www.n-tv.de/politik/28-Menschen-bei-Anschlag-in-Kabul-getoetet-article17501806.html )

Dieser Anschlag galt einem Amt des Staatssicherheitsdienstes. Während meiner Forschungsreise nach Kabul vom 21. März bis 02. April 2016 habe ich beobachten können, dass die Sicherheitslage in der Stadt Kabul relativ ruhig war. Aber man kann nicht ausschließen, dass die Taliban wieder vereinzelt Anschläge verüben können. Ich habe bezüglich die Sicherheitslage zusätzlich zu meinen Informationen in der heutigen Verhandlung, 04. 05. 2016, nach Afghanistan angerufen und meine Mitarbeiter über die derzeitige Sicherheitslage in Kabul gefragt. Nach deren Angaben ist die Situation in Kabul ruhig und es sind keine nennenswerte weitere Anschläge in Kabul zu verzeichnen. Bei der Beurteilung der Sicherheitslage in Kabul berücksichtige ich auch, was die Bevölkerung von Kabul von der Sicherheit ihrer Stadt halten. Es gibt Zeiten in Kabul, in denen unter der Bevölkerung ständig von der schlechten Sicherheitslage gesprochen wird und es Zeiten, wie seit Anfang Mai 2016, in denen die Leute in Kabul auf die Frage, wie die Sicherheitslage in ihrer Stadt wäre, mit dem Satz "derzeit Gut, reagieren. Ich möchte bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass die Sicherheitslage in den meisten Provinzen Afghanistans prekär bis sehr prekär ist, aber in folgenden Großstädten ist die Sicherheitslage insofern besser, weil die Taliban zwar vereinzelt Anschläge in diesen Städten verüben können, aber nicht in der Lage sind in diesen Städten bestimmte Bezirke einzunehmen und für eine Weile unter ihrer Kontrolle zu halten. Das sind: Kabul, Mazar-e Sharif, Herat und Bamiyan.

1.2.4. Auszug Gutachten des länderkundigen Sachverständigen Dr. Rasuly vom 03.01.2017 zur Versorgungs- und Sicherheitslage:

Personen, die nicht aus der Provinz Kabul stammen, können außerhalb der Stadt Kabul kaum Fußfassen, weil sie dort keine Arbeit finden und auch keine Geschäfte gründen. Außerhalb der Großstädte werden die Fremdlinge kaum von der einheimischen Bevölkerung akzeptiert und sie können sich dort nicht niederlassen. Nur in Großstädten, wie Kabul, Mazar-e Sharif, Bamiyan, Herat, Kandahar und Jalalabad könnten auch Fremdlingen sich niederlassen.

Die Sicherheitslage in Kabul, in Mazar-e Sharif, in Herat, in Jalalabad und in Bamiyan ist relativ sicher. Außerhalb Jalalabad in der Provinz Nangarhar, in Kandahar, Helmand, Faryab, in Teilen Badakhshans, Maidan Wardak, Logar und Takhar ist die Sicherheitslage sehr prekär. Die Taliban greifen nur staatliche und ausländische Stellen sporadisch in Kabul an. Es wird in der Woche, nach meiner Schätzung, von einem Anschlag in einem Teil der Stadt Kabul gemeldet. Aber diese Anschläge gelten nicht gegen die Zivilisten. Allerdings können die Zivilisten auch von diesen Anschlägen betroffen sein, wenn sie zufällig in der Nähe des Anschlages der den Ausländern oder der Armee gilt, sich befinden.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zu Grunde gelegt werden konnten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich aus den folgenden Gründen der Beurteilung des BFA im angefochtenen Bescheid an, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Furcht vor Verfolgung im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft ist:

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht im Stande war, genaue Zeitangaben über die behaupteten Bedrohungen zu tätigen. Auf die einfach gestellte Frage des Bundesverwaltungsgerichts, "Können Sie ungefähr das Jahr bzw. die Monate, in denen Sie von der Familie bedroht wurden, nennen?", konnte der Beschwerdeführer nach einer langen Überlegungszeit (vgl. Auszug aus der Niederschrift: "Anmerkung.: Der BF überlegt sehr lange.") lediglich angeben, dass sich der Vorfall im Frühling 2015 abgespielt habe. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts kann von einer Person, die immerhin zwölf Jahre die Schule absolviert hat, jedenfalls verlangt werden, dass sie ein für sie so relevantes Ereignis, das Auslöser für ihre Flucht gewesen sein soll, zeitlich genau benennen kann, ohne eine sehr lange Überlegungszeit dafür zu benötigen. Diesbezüglich vermittelte der Beschwerdeführer daher in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen sehr unsicheren Eindruck.

Der Beschwerdeführer machte zudem widersprüchliche Angaben über den Wohnort seiner Familie. Während er noch im Zuge der Einvernahme vor dem BFA angab, dass sich seine gesamte Familie nach wie vor im Herkunftsort (Mazar-e Sharif) aufhalte, gab er vor dem Bundesverwaltungsgericht (plötzlich) an, dass seine Familie vor ca. zwei Monaten nach Kunduz gezogen sei. Zur diesbezüglichen Begründung führte der Beschwerdeführer aus, dass zum einen für seine Familie eine private Feindschaft herrsche und zum anderen sich die Lage in Mazar-e Sharif verschlechtert habe. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer vor dem BFA keine Angaben dahingehend getätigt hat, dass auch seine Familie in die Feindschaft mit jener Familie, die den Beschwerdeführer angeblich bedroht habe, einbezogen gewesen wäre, erscheint es dem Bundesverwaltungsgericht mehr als unwahrscheinlich, dass der Vater des Beschwerdeführers sein Unternehmen und seine gute finanzielle Lage im "sicheren" Mazar-e Sharif zugunsten eines Lebens in der "unsicheren" Provinz Kunduz aufgegeben hat (zur Sicherheit vgl. Länderfeststellungen). Die nunmehrigen Angaben des Beschwerdeführers sind daher als "gesteigertes Vorbringen" zu qualifizieren und daher nicht glaubhaft. Selbst wenn man diesen Angaben Glauben schenken vermag, verfügt der Beschwerdeführer in der Heimatprovinz aber noch immer über familiäre Anknüpfungspunkte, da drei Onkel väterlicherseits in Mazar-e Sharif wohnen. Der Beschwerdeführer hat sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgesagt, dass er "zwischendurch" zu seinen Onkeln väterlicherseits gegangen sei, um sich dort zu "verstecken".

Schließlich konnte der Beschwerdeführer sein zentrales Fluchtvorbringen (Bedrohung seitens der Familie des Mordopfers) nicht plausibel darlegen. Zunächst ist anzumerken, dass das BFA dem Beschwerdeführer diesbezüglich dreimal dieselbe Frage ("Schildern Sie im Detail die Bedrohungen der Familie?") gestellt hat. Nachdem der Beschwerdeführer zweimal der Frage ausgewichen ist, gab er schließlich lediglich an, dass drei- bis viermal die Leute zu ihm geschickt worden seien, um ihn unter einem Vorwand aus dem Haus zu locken. Auch bei der dritten Antwort blieb der Beschwerdeführer somit eine detailreiche Schilderung der Bedrohungen schuldig. Ebenso wenig konnte der Beschwerdeführer auf die gezielt gestellte Frage des BFA, wie oft er bedroht wurde, eine genaue Antwort geben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht führte der Beschwerdeführer auf die Frage, wann er das erste Mal von dieser Familie bedroht wurde, aus, dass an dem Nachmittag, an dem er zur Polizeistation gebracht worden sei, auch die Familie des Opfers dort hingekommen sei, doch in Anwesenheit der Polizei sie nichts sagen habe können. Auf die Frage, wo sich die Bedrohungen durch die Familie abgespielt haben, gab der Beschwerdeführer dann plötzlich an, dass die Nachrichten über die "Ältesten" übermittelt worden seien. Diese "Ältesten" hat der Beschwerdeführer vor dem BFA noch mit keinem Wort erwähnt. Nach den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA war somit noch davon auszugehen, dass die Familie selbst den Beschwerdeführer bedroht habe. Vor dem Bundesverwaltungsgericht gestand der Beschwerdeführer dann aber (indirekt) zu, dass er niemals persönlich von der Familie bedroht worden sei (vgl. "R: Das heißt, diese Familie hat Sie nie persönlich bedroht? BF: Ich durfte dieser Familie niemals begegnen.")

Auf eine zentrale Frage des Bundesverwaltungsgerichts ("Sie sagten, dass Sie über den Weg der Ältesten die Bedrohungen bekommen haben. Wie geschah das konkret? Kamen diese zu Ihnen nach Hause, oder wurden Ihnen Briefe geschickt?"), merkte die Dolmetscherin dem Gericht zunächst an, dass sie diese Frage zum dritten Mal wiederholt hat, weil sie keine Antwort auf die Frage bekommen hat. Die schließlich darauf gegebene Antwort entsprach keinesfalls einer genauen und detaillierten Beschreibung zu den angeblichen Bedrohungen der Ältesten. Auch diesbezüglich vermittelte der Beschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht einen sehr unsicheren Eindruck.

Aus einer Gesamtschau der oben angeführten Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren ergibt sich, dass der Beschwerdeführer trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande war, eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen in seinem Herkunftsstaat glaubhaft zu machen. Es konnte weder eine konkret gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 161/2013, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl. insbesondere § 1 BFA-VG).

"§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[ ]"

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 22. Dezember 1999, Zl 99/01/0334; vom 21. Dezember 2000, Zl 2000/01/0131, sowie vom 25. Jänner 2001, Zl 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19. Dezember 2007, Zl 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 21. Dezember 2000, Zl 2000/01/0131, sowie vom 25. Jänner 2001, Zl 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 9. September 1993, Zl 93/01/0284; vom 15. März 2001, Zl 99/20/0128, sowie vom 23. November 2006, Zl 2005/20/0551); diese muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 19. Oktober 2000, Zl 98/20/0233).

Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 11. Juni 1997, Zl 95/01/0627).

"Glaubhaftmachung" im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 9. Mai 1996, Zl 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 30. September 2004, Zl 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 23. Jänner 1997, Zl 95/20/0303, sowie vom 28. Mai 2009, Zl 2007/19/1248) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 26. November 2003, Zl 2001/20/0457).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen konnte vom Beschwerdeführer jedoch nicht glaubhaft gemacht werden (vgl. Beweiswürdigung). Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zahl 95/18/0049; 05.04.1995, Zahl 95/18/0530;

04.04.1997, Zahl 95/18/1127; 26.06.1997, Zahl 95/18/1291;

02.08.2000, Zahl 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zahl 93/18/0214)

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zahl 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zahl 98/01/0122; 25.01.2001, Zahl 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zahl 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zahl 95/21/0294; 25.01.2001, Zahl 2000/20/0438; 30.05.2001, Zahl 97/21/0560).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich, Zahl 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zahl 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB. Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK in Verbindung mit § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. § 50 Abs. 1 FPG bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. vs. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, Zahl 2000/01/0443;

13.11.2001, Zahl 2000/01/0453; 09.07.2002, Zahl 2001/01/0164;

16.07.2003, Zahl 2003/01/0059).

Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zahl 2001/21/0137).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten (oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwSlg. 15.437 A/2000; VwGH 25.11.1999, 99/20/0465; 8.6.2000, 99/20/0203; 8.6.2000, 99/20/0586;21.9.2000, 99/20/0373; 25.1.2001, 2000/20/0367; 25.1.2001, 2000/20/0438; 25.1.2001, 2000/20/0480; 21.6.2001, 99/20/0460;16.4.2002, 2000/20/0131; vgl. dazu überdies EUGH 17.2.2009, Meki Elgafaj/Noor Elgafaj vs. Staatssecretaris van Justitie, C-465/07 , a, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45, wonach eine Bedrohung iSd Art. 15 lit. c der Richtline 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 [StatusRL] auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat (unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG, dies ist nun auf § 8 Abs. 1 AsylG zu übertragen) als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.2.2001, 98/21/0427; 20.6.2002, 2002/18/0028).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich, dass die Provinz Balkh – im Vergleich zu anderen Provinzen – nicht als derart unsicher qualifiziert werden können, dass es einem Beschwerdeführer von vornherein verunmöglicht würde, dorthin zurück zu gelangen. Das gilt insbesondere für die Hauptstadt von Balkh, Mazar-e-Sharif, die über eine vergleichsweise gute Infrastruktur mit dem Bestehen eines Flughafens, der für den zivilen Flugverkehr geeignet ist, verfügt. Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer, die sicherste Provinz in Nordafghanistan (zur Sicherheit in Mazar-e-Sharif siehe auch die in den Länderfeststellungen zitierten aktuellen gutachterlichen Stellungnahmen von Dr. Rasuly, denen zudem von der Vertreterin des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich zugestimmt wurden).

Zudem ist nicht zu erkennen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat doch der Beschwerdeführer selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung nach Afghanistan jegliche Existenzgrundlage – im Sinne des bereits zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059 – fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmittel oder Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, sodass bei ihm die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Da der Beschwerdeführer ca. drei oder vier Jahre lang in Mazar-e-Sharif gelebt hat, ist davon auszugehen, dass er mit den dortigen örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut ist. Der Beschwerdeführer hat zudem im Rahmen seines Aufenthaltes in Mazar-e-Sharif sowohl im Betrieb des väterlichen Unternehmens, als auch für eine kurze Zeit in einer Apotheke gearbeitet. Es ist daher anzunehmen, dass er in dieser Provinz in der Lage sein wird, sich ein ausreichendes Auskommen zu sichern und somit nicht in eine hoffnungslose Lage kommt. Schließlich verfügt der Beschwerdeführer über Familienangehörige in Mazar-e Sharif, womit aber davon ausgegangen werden kann, dass dem Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr nach Afghanistan durch seine Familienangehörigen eine wirtschaftliche und soziale Unterstützung zu Teil wird.

Im gegenständlichen Fall haben sich in einer Gesamtschau der Angaben des Beschwerdeführers und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Afghanistan herangezogenen Erkenntnisquellen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung für den Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen und somit einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. Die bloße Möglichkeit einer allenfalls drohenden extremen (allgemeinen) Gefahrenlage in Afghanistan reicht nicht aus, sondern es müssen vielmehr konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; konkret zu Afghanistan: zB Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichts vom 29.06.2010, Zl. BVerwG 10 C 10.09; weiters EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 84; 20.12.2011, J.H. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 48839/09, Rz 55).

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

III. Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich erst seit November 2015 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird. Nach § 55 Abs. 2 AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Das Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK umfasst auch nicht formalisierte eheähnliche Lebensgemeinschaften zwischen Mann und Frau; bei solchen ist normalerweise das Zusammenleben der beiden Partner in einem gemeinsamen Haushalt erforderlich, es können aber auch andere Faktoren wie etwa die Dauer oder die Verbundenheit durch gemeinsame Kinder unter Beweis stellen, dass die Beziehung hinreichend konstant ist (EGMR vom 27.10.1994, 18535/91 Kroon und andere gg. die Niederlande, Z 30; EGMR vom 22.04.1997, 21.830/93, X,Y und Z gg. Vereinigtes Köngreich, Z 36)

Art. 8 EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. Zum geschützten Privatleben gehört das Netzwerk der gewachsenen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bindungen (EGMR vom 09.10.2003, 48321/99, Slivenko gg. Lettland). So können persönliche Beziehungen, die nicht unter das Familienleben fallen, sehr wohl als "Privatleben" relevant sein.

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Der Beschwerdeführer ist zum Aufenthalt in Österreich nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich als nicht begründet erwiesen hat, berechtigt gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind keine Hinweise für eine ausreichend intensive Beziehung zu allfälligen in Österreich aufhältigen Familienangehörigen oder ihm sonst besonders nahestehende Personen hervorgekommen, zumal seine Kernfamilie in Afghanistan lebt.

Im Hinblick auf die Zeitspanne, seit der sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält (November 2015), kann selbst unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale – wie etwa Unbescholtenheit und einfache Deutschkenntnisse – eine von Art. 8 EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vgl. auch VwGH 20.12.2007, Zl. 2007/21/0437, zu § 66 Abs. 1 FPG, wonach der 6-jährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, Zl. 2010/18/0026; VwGH 30.04.2009, Zl. 2009/21/0086; VwGH 08.07.2009, Zl. 2008/21/0533; VwGH 08.03.2005, 2004/18/0354). Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. VwGH 22.01.2013, Zl. 2011/18/0036; VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100; VwGH 22.03.2011, Zl. 2007/18/0628; VwGH 26.11.2009, Zl. 2007/18/0305), zu geben ist.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner geregelten Arbeit nach. Zur vorgelegten Beschäftigungszusage der XXXX vom 21.02.2017 ist festzuhalten, dass diese lediglich unter der Bedingung eines Vorliegens des entsprechenden wirtschaftlichen Bedarfs eingeräumt worden ist. Im Übrigen bewirkt der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).

Es ist davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach

§ 55 AsylG nicht gegeben.

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde. Wie bereits oben ausgeführt sieht auch der EGMR in seiner jüngsten Rechtsprechung die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Art 3 EMRK verstoßen würde.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 2 Wochen festgelegt worden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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