AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W196.2149857.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.02.2017, Zl. 1049552309 - 150016481, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, Staatsangehörige der Ukraine, stellte nach ihrer illegalen Einreise am 07.01.2015, ebenso wie ihre Mutter (Beschwerdeführerin W196 2149862-1) und ihr Bruder (Beschwerdeführer W196 2149853-1) einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Zuge der Erstbefragung am 09.01.2015, gab die Beschwerdeführerin zusammengefasst an, dass ihre Eltern Angehörige einer politischen Partei namens Regional Partei, welche in Opposition zur ukrainischen Regierung stehe, seien. Sie würden der russischen Minderheit angehören. Aufgrund ihrer politischen Ansichten seien sie verfolgt und mit dem Tod bedroht worden. Ihr Vater und ihr älterer Bruder seien nach wie vor in der Ukraine, wo genau wisse sie ich nicht. Sie hätten in der Ukraine humanitäre Hilfe leisten wollen und seien sie am Weg zwischen Donezk und Luhansk verschwunden. Sie habe ebenfalls humanitäre Hilfe geleistet, indem sie vor dem Abtransport Schachteln mit Hilfsmittel verpackt habe. Am 04.01.2015 sei die telefonische Verbindung zu ihrem Vater abgebrochen und am 05.01.2015 habe sie ihr Bekannter XXXX angerufen, dass sie möglichst schnell das Land verlassen und sie am nächsten Morgen fertig zur Abholung sein sollten. Am 06.01.2015 sei sie zusammen mit ihrem Bekannten, der Mutter und dem Bruder aufgebrochen.
Am 23.06.2016 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin statt. Dabei brachte sie vor, wegen ihrer politischen Ansichten Probleme bei der Arbeit gehabt zu haben, weshalb sie seit Mitte September 2014 nicht mehr arbeite. Parteimitglied sei sie keines, jedoch habe sie nur die Partei der Regionen unterstützt. Sie habe bei den Präsidentschaftswahlen Flyer ausgeteilt. In solchen Momenten habe sie geholfen. Sie habe aber nicht ständig mitgeholfen. Sie habe Vorsitzende einer Wahlkommission werden wollen, aber ihre Chefin habe es ihr nicht erlaubt. Sie wäre bei einer staatlichen Einrichtung, einem Krankenhaus, als Buchhalterin beschäftigt. Zur humanitären Hilfeleistung ihres Vaters befragt, erklärte sie, dass sie mit Lebensmitteln, Schutzwesten und mit Helmen geholfen hätten, da der Staat kein Geld dafür vorgesehen habe. Des Weiteren gab die Beschwerdeführerin an, dass sie und ihr Bruder Anfang Dezember 2014 entführt und nach ein paar Tagen wieder freigelassen worden seien. Von da an, bis zu ihrer Ausreise am 06.01.2015, habe sie und ihr Bruder beim Bruder des Opas gelebt. Im Zuge der Einvernahme legte die Beschwerdeführer diverse Unterlagen vor. Darunter Deutschkursbestätigungen, Praktikumsnachweise, Schulbestätigungen und diverse Empfehlungsschreiben sowie einen selbst verfassten Lebenslauf vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 17.02.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 07.01.2015 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Ukraine nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise auf 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.).
Darin stellte die Behörde fest, dass die von der Beschwerdeführerin angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes nicht glaubhaft seien. Nicht festgestellt werden könne, dass der Beschwerdeführerin in der Ukraine Verfolgung drohe. Ebenso wenig habe eine Bedrohungssituation im Falle einer Rückkehr festgestellt werden können. Beweiswürdigend folgerte die belangte Behörde, dass das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht substantiiert und nachvollziehbar sei und die Handlungsabläufe nicht den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen würden, weshalb auch die Beschwerdeführerin persönlich nicht glaubwürdig sei, weshalb die Behörde zu dem Schluss gelangt sei, dass dem behaupteten Sachverhalt bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in der Ukraine kein Glauben geschenkt werde.
Gegen den oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde. Dabei wurde nach Wiederholung des Fluchtvorbringens vorgebracht, dass während der Blockade von Donezk und Luhansk die Eltern der Beschwerdeführerin Lebensmittel und Kleider gesammelt hätten, um die vom Bürgerkrieg betroffene Bevölkerung zu unterstützen. Die Beschwerdeführerin sowie ihr Bruder hätten kleine Hilfsarbeiten, wie etwa Arzneien sortieren oder Schachteln verpacken, geleistet. Der Vater sei folglich mit den gesammelten Spenden in die ATO-Zone (Antiterroristische Zone) gefahren und wären der Vater und der Bruder verschollen. Am nächsten Tag wären sie von einem Freund abgeholt und in die Westukraine gebracht worden. Ferner wurde unter näherer Ausführung in der Beschwerde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin ein glaubhaftes Vorbringen erstattet habe. Die Beschwerdeführerin würde in ihrem Heimatland aufgrund der politischen Tätigkeit und der damit einhergehenden unterstellten oppositionellen politischen Gesinnung verfolgt, weshalb ihr die die Flüchtlingseigenschaft iSd Genfer Flüchtlingskonvention zuzuerkennen gewesen wäre. Die Sicherheitsbehörden der Ukraine seien weder in der Lage noch gewillt, der Beschwerdeführerin den notwendigen Schutz zu gewähren. Aus diesem Grund bestehe auch keine Möglichkeit zur innerstaatlichen Fluchtalternative, da die Beschwerdeführerin landesweit jederzeit spielerisch leicht ausfindig gemacht werden könnte. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin nicht Ziel der Entführung, sondern bloß Mittel zum Zweck gewesen sei. Sie sei nicht aufgrund ihrer eigenen politischen Tätigkeit, sondern der ihrer Eltern entführt worden. Anders als von der belangten Behörde vermeint, würde der Beschwerdeführerin sowie ihrem Bruder und ihrer Mutter im Falle der Rückkehr, allen voran der Mutter, sehr wohl eine auf einem GFK-Grund beruhende Verfolgung in der Ukraine drohen. Die Beschwerdeführerin werde aufgrund der Tätigkeit ihrer Mutter bei der "Partei der Region" und bei den "Müttern für Ukraine" sowie der Tätigkeit ihres Vaters in den vom Bürgerkrieg betroffenen Gebieten und des engen Kontakts zum ehemaligen Parteichef XXXX eine oppositionelle politische Gesinnung unterstellt. Zudem wurde nochmals darauf hingewiesen, dass keine innerstaatliche Fluchtalternative vorliege. Somit wäre der Beschwerdeführerin seitens der Behörde internationaler Schutz gem. § 3 AsylG zu gewähren gewesen. Ferner würde der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Ukraine jedenfalls eine Verletzung in ihren von Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechten drohen, weshalb ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hätte werden müssen. Ferner müsse die Interessensabwägung eindeutig zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausgehen, da diese um ihre Integration in Österreich sehr bemüht sei. Eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihr Heimatland würde daher insgesamt eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin gefährde weder die öffentliche Ruhe oder Ordnung, noch die nationale Sicherheit oder das wirtschaftliche Wohl. Der Eingriff in das schützenswerte Privatleben der Beschwerdeführerin sei unverhältnismäßig und daher auf Dauer unzulässig. Darüber hinaus würde eine Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine eindeutig eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen, und sei somit unzulässig. Die Rückkehrentscheidung hätte sohin für dauerhaft unzulässig erklärt werden müssen, und die Behörde hätte der Beschwerdeführerin daher gem. § 58 Abs. 2 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen gehabt.
Mi Eingabe vom 14.07.2017 legte die Beschwerdeführerin diverse Unterlagen zu ihrer Integration vor.
Am 17.10.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Ukrainisch und Russisch statt, um der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zu geben die Bedrohung wegen der sie ihre Heimat verlassen hatte noch einmal ausführlich zu schildern. In der Beschwerdeverhandlung wurde ein Bericht von ACCORD über die Situation in der Westukraine und ein Bericht von Amnesty und Folter in der Ostukraine und jeweils eine Mappe mit Unterlagen vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehöriger der Ukraine und somit Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Sie ist in Jerewan, Armenien, geboren und gehört der ukrainischen Volksgruppe und der christlich-orthodoxen Glaubensrichtung an. Die Beschwerdeführerin ist ledig und hat keine Obsorgeverpflichtungen. Sie hat zehn Jahre die Grundschule und anschließend die Universität in XXXX besucht. Die Beschwerdeführerin spricht Ukrainisch, Russisch und Englisch. Zuletzt arbeitete sie in einem Krankenhaus als Buchhalterin. Vor ihrer Ausreise lebte die Beschwerdeführerin in XXXX Nähe XXXX .Der Vater und der ältere Bruder sind nach wie vor in der Ukraine aufhältig. Die Beschwerdeführerin hat zeitgleich mit ihrer Mutter (BF zu W196 2149862-1) und ihrem jüngeren Bruder (BF zu W196 2149853-1) die Ukraine verlassen, sind nach Österreich eingereist und stellten allesamt am 07.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in der Ukraine (Vater, Bruder, Großvater, Onkel). Die Beschwerdeführerin steht mit ihrem Großvater in Kontakt.
Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben der Beschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Ukraine. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführerin eine asylrelevante Gefährdung, die von Seiten der ukrainischen Behörden/Regierung ausgeht, ausgesetzt ist. Die Beschwerdeführerin hat haben ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.
Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in die Ukraine aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, ihres Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Ukraine aus sonstigen, in deren Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin noch aus amtswegiger Wahrnehmung.
Nicht festgestellt werden kann, dass es sich bei der Ukraine um einen Staat handelt bei dem von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates gesprochen werden kann. Festgestellt wird, dass die Ukraine ein sicherer Herkunftsstaat ist.
Die Beschwerdeführerin kann auch weiterhin im Herkunftsort leben, oder in einem anderen Ort in der Ukraine, wie zum Beispiel in Kiew, wo die Lage ebenfalls ruhig ist.
Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Die Beschwerdeführerin ist arbeitsfähig.
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin an keiner lebensbedrohlichen oder sonstigen schwerwiegenden psychischen oder physischen Krankheit leidet. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Die Beschwerdeführerin stellte am 07.01.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin lebt seit Antragstellung auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführerin nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von staatlicher Unterstützung; der Grundversorgung. Sie spricht Deutsch, und verfügt über einen Bekanntenkreis in Österreich. Die Beschwerdeführerin hat eine Ausbildung, Schule für Sozialbetreuungsberufe, besucht und diverse Kurse sowie ein Praktikum von 01.08.2017 bis 13.09.2017 absolviert. Die Beschwerdeführerin verfügt über einen Freunde- und Bekanntenkreis. Bis auf ihre Mutter und ihren Bruder, mit der sie einen gemeinsamen Wohnsitz aufweist, verfügt sie über keine verwandtschaftlichen Bezugspunkte im Bundesgebiet.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festge-stellt werden, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.
1.2. Zur Lage in der Ukraine:
Politische Lage
Die Ukraine ist eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist seit 20.05.2019 Präsident Wolodymyr Selensky, Regierungschef ist seit 14.4.2016 Ministerpräsident Wolodymyr Hroisman.
Das ukrainische Parlament (Verkhovna Rada) wird über ein Mischsystem zur Hälfte nach Verhältniswahlrecht und zur anderen Hälfte nach Mehrheitswahl in Direktwahlkreisen gewählt (AA 20.5.2019). Das gemischte Wahlsystem wird als anfällig für Manipulation und Stimmenkauf kritisiert. Auch die unterschiedlichen Auslegungen der Gerichte in Bezug auf das Wahlrecht sind Gegenstand der Kritik. Ukrainische Oligarchen üben durch ihre finanzielle Unterstützung für verschiedene politische Parteien einen bedeutenden Einfluss auf die Politik aus. Die im Oktober 2014 abgehaltenen vorgezogenen Parlamentswahlen wurden im Allgemeinen als kompetitiv und glaubwürdig erachtet, aber auf der Krim und in von Separatisten gehaltenen Teilen des Donbass war die Abstimmung erneut nicht möglich. Infolgedessen wurden nur 423 der 450 Sitze vergeben (FH 4.2.2019). Der neue Präsident, Wolodymyr Selensky, hat bei seiner Inauguration im Mai 2019 vorgezogene Parlamentswahlen bis Ende Juli 2019 ausgerufen (RFE/RL 23.5.2019).
In der Rada sind derzeit folgende Fraktionen und Gruppen vertreten:
Partei Sitze Block von Petro Poroschenko (Blok Petra Poroschenka) 135 Volksfront (Narodny Front) 81 Oppositionsblock (Oposyzijny Blok) 38 Selbsthilfe (Samopomitsch) 25 Radikale Partei von Oleh Ljaschko (Radykalna Partija Oleha Ljaschka) 21 Vaterlandspartei (Batkiwschtschyna) 20 Gruppe Wolja Narodu 19 Gruppe Widrodshennja 24 Fraktionslose Abgeordnete 60 (AA 20.5.2019)
Nach der "Revolution der Würde" auf dem Kiewer Maidan im Winter 2013/2014 verfolgte die Ukraine unter ihrem Präsidenten Petro Poroschenko eine europafreundliche Reformpolitik, die von der internationalen Gemeinschaft maßgeblich unterstützt wird. Zu den Schwerpunkten seines Regierungsprogramms gehörte die Bekämpfung der Korruption sowie eine Verfassungs- und Justizreform. Dennoch wurden die Erwartungen der Öffentlichkeit zu Umfang und Tempo der Reformen nicht erfüllt. Die Parteienlandschaft der Ukraine ist pluralistisch und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ und nationalistisch über rechtsstaats- und europaorientiert bis links-sozialistisch. Die kommunistische Partei ist verboten. Der Programmcharakter der Parteien ist jedoch kaum entwickelt und die Wähler orientieren sich hauptsächlich an den Führungsfiguren (AA 22.2.2019).
Der ukrainische Schauspieler, Jurist und Medienunternehmer Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj gewann am 21. April 2019 die Präsidentschaftsstichwahl der Ukraine gegen den Amtsinhaber Petro Poroschenko mit über 73% der abgegebenen Stimmen (Wahlbeteiligung: 61,4%). Poroschenko erhielt weniger als 25% der Stimmen (RFE/RL 30.4.2019). Beobachtern zufolge verlief die Wahl im Großen und Ganzen frei und fair und entsprach generell den Regeln des demokratischen Wettstreits. Kritisiert wurden unter anderem die unklare Wahlkampffinanzierung und die Medienberichterstattung in der Wahlauseinandersetzung (KP 22.4.2019). Selenskyj wurde am 20.5.2019 als Präsident angelobt. Er hat angekündigt möglichst bald parlamentarische Neuwahlen ausrufen zu lassen, da er in der Verkhovna Rada über keinen parteipolitischen Rückhalt verfügt und demnach kaum Reformen umsetzen könnte. Tatsächlich hat er umgehend per Dekret vorgezogene Parlamentswahlen bis Ende Juli 2019 ausgerufen (RFE/RL 23.5.2019).
Es ist ziemlich unklar, wofür Präsident Selenskyj politisch steht. Bekannt wurde er durch die beliebte ukrainische Fernsehserie "Diener des Volkes", in der er einen einfachen Bürger spielt, der eher zufällig Staatspräsident wird und dieses Amt mit Erfolg ausübt. Tatsächlich hat Selenskyj keine nennenswerte politische Erfahrung, ist dadurch jedoch auch unbefleckt von politischen Skandalen. Eigenen Aussagen zufolge will er den Friedensplan für den umkämpften Osten des Landes wiederbeleben und strebt wie Poroschenko einen EU-Beitritt an. Über einen Nato-Beitritt der Ukraine soll jedoch eine Volksabstimmung entscheiden (DS 21.4.2019; ZO 21.4.2019). Selenskyj hat sich vor allem den Kampf gegen die Korruption auf seine Fahnen geschrieben (UA 27.2.2019).
Kritiker sehen Selenskyj als Marionette des Oligarchen Igor Kolomojskyj, dessen weitgehende Macht unter Präsident Poroschenko stark beschnitten wurde, und auf dessen Fernsehsender 1+1 viele von Selenskyjs Sendungen ausgestrahlt werden. Diesen Vorwurf hat Selenskyj stets zurückgewiesen (UA 27.2.2019; CNN 21.4.2019; Stern 23.4.2019). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019
Quellen: -AA - Auswärtiges Amt (20.5.2019): Ukraine, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/ukraine-node/ukraine/201830 , Zugriff 27.5.2019 - CNN - Cable News Network (21.4.2019): Political newcomer Volodymyr Zelensky celebrates victory in Ukraine's presidential elections,
https://edition.cnn.com/2019/04/21/europe/ukraineelection-results-intl/index.html , Zugriff 24.4.2019 - DS - Der Standard (21.4.2019): Politikneuling Selenski wird neuer Präsident der Ukraine, https:// derstandard.at/2000101828722/Politik-Neuling-Selenski-bei-Praesidenten-Stichwahl-in-derUkraine-vorn, Zugriff 24.4.2019 - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 - KP - Kyiv Post (22.4.2019): Election watchdog Opora: Presidential election free and fair, https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/election-watchdog-opora-presidential-election-free-andfair.html , Zugriff 24.4.2019 - Stern (23.4.2019): Ihor Kolomojskyj, der milliardenschwere Strippenzieher hinter der Sensation Selenskyj, https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine--ihor-kolomojskyj--der-strippenzieher-hinterder-sensation-selenskyj-8678850.html , Zugriff 24.4.2019 - UA - Ukraine Analysen (27.2.2019):
Präsidentschaftswahlen 2019, per E-Mail - RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (23.5.2019): Zelenskiy's Decree On Disbanding Ukrainian Parliament Enters Into Force, https://www.rferl.org/a/zelenskiy-s-decree-on-disbandingukrainian-parliament-enters-into-force/29958190.html , Zugriff 27.5.2019
Sicherheitslage
In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
Durch die Besetzung der Krim, die militärische Unterstützung von Separatisten im Osten und die Verhängung wirtschaftlicher Sanktionen gegen die Ukraine, kann Russland seinen Einfluss auf den Verlauf des politischen Lebens in der Ukraine aufrechterhalten. Menschen, die in den besetzten Gebieten des Donbass leben, sind stark russischer Propaganda und anderen Formen der Kontrolle ausgesetzt (FH 4.2.2019).
Nach UN-Angaben kamen seit Beginn des bewaffneten Konflikts über 10.000 Menschen um; es wurden zahlreiche Ukrainer innerhalb des Landes binnenvertrieben oder flohen ins Ausland. Das im Februar 2015 vereinbarte Maßnahmenpaket von Minsk wird weiterhin nur schleppend umgesetzt. Die Sicherheitslage hat sich seither zwar deutlich verbessert, Waffenstillstandsverletzungen an der Kontaktlinie bleiben aber an der Tagesordnung und führen regelmäßig zu zivilen Opfern und Schäden an der dortigen zivilen Infrastruktur. Der politische Prozess im Rahmen der Trilateralen Kontaktgruppe (OSZE, Ukraine, Russland) stockt trotz hochrangiger Unterstützung im Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland). Besonders kontrovers in der Ukraine bleibt die im Minsker Maßnahmenpaket vorgesehene Autonomie für die gegenwärtig nicht kontrollierten Gebiete, die u.a. aufgrund der Unmöglichkeit, dort Lokalwahlen nach internationalen Standards abzuhalten, noch nicht in Kraft gesetzt wurde. Dennoch hat das ukrainische Parlament zuletzt die Gültigkeit des sogenannten "Sonderstatusgesetzes" bis Ende 2019 verlängert (AA 22.2.2019).
Ende November 2018 kam es im Konflikt um drei ukrainische Militärschiffe in der Straße von Kertsch erstmals zu einem offenen militärischen Vorgehen Russlands gegen die Ukraine. Das als Reaktion auf diesen Vorfall für 30 Tage in zehn Regionen verhängte Kriegsrecht endete am 26.12.2018, ohne weitergehende Auswirkungen auf die innenpolitische Entwicklung zu entfalten. (AA 22.2.2019; vgl. FH 4.2.2019).
Der russische Präsident, Vladimir Putin, beschloss am 24.4.2019 ein Dekret, welches Bewohnern der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft im Eilverfahren erleichtert ermöglicht. Demnach soll die Entscheidung der russischen Behörden über einen entsprechenden Antrag nicht länger als drei Monate dauern. Internationale Reaktionen kritisieren dies als kontraproduktiven bzw. provokativen Schritt. Ukrainische Vertreter sehen darin die Schaffung einer rechtlichen Grundlage für den offiziellen Einsatz der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine. Dafür gibt es einen historischen Präzedenzfall. Als im August 2008 russische Truppen in Georgien einmarschierten, begründete der damalige russische Präsident Dmitrij Medwedjew das mit seiner verfassungsmäßigen Pflicht, "das Leben und die Würde russischer Staatsbürger zu schützen, wo auch immer sie sein mögen". In den Jahren zuvor hatte Russland massenhaft Pässe an die Bewohner der beiden von Georgien abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien ausgegeben (FAZ 26.4.2019; vgl. SO 24.4.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (26.4.2019): Ein Signal an Selenskyj, https://www.faz.net/aktuell/politik/putin-verteidigt-russische-staatsbuergerschaft-fuer-ukrainer16157482.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0 , Zugriff 26.4.2019 - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 - SO - Spiegel Online (24.4.2019): Putins Provokation,
https://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-wladimir-putin-kuendigt-an-russische-paesse-imbesetzten-donbass-auszuteilen-a-1264280.html , Zugriff 29.3.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 10.4.2019
Halbinsel Krim
Auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
Im Feber 2014 besetzten russische Truppen die Halbinsel Krim militärisch. Im März wurde die Krim nach einem Scheinreferendum schließlich annektiert und zum Teil der Russischen Föderation erklärt. Die Vereinten Nationen verurteilten diesen Schritt und riefen dazu auf, dies nicht anzuerkennen. Auf der Krim gilt seither de facto russisches Recht, es wurde eine russische Regierung installiert, die von Sergey Aksyonov als "Premierminister" des "Staatsrats der Republik Krim" geführt wird. Der "Staatsrat" ist für die tägliche Verwaltung und andere Regierungsfunktionen zuständig. Es werden unverhältnismäßig repressive Gesetze verhängt und angewendet. Die russischen Sicherheitsbehörden auf der Krim schränken die Menschenrechte ein. Die schwerwiegendsten Probleme beinhalten: Verschwindenlassen; Folter, einschließlich strafweise psychiatrische Einweisung; Misshandlung von Inhaftierten als Strafe oder zur Erpressung von Geständnissen; harte Haftbedingungen und Überführung von Gefangenen nach Russland; willkürliche Festnahme und Inhaftierung, auch aus politischen Gründen; allgegenwärtige Missachtung der Privatsphäre; schwerwiegende Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Medien einschließlich Schließungen und Gewalt gegen Journalisten; Beschränkungen des Internets; grobe und weit verbreitete Unterdrückung der Versammlungsfreiheit; starke Einschränkung der Vereinigungsfreiheit, einschließlich Verbot der Selbstverwaltung (Mejlis) der Krimtataren; Einschränkung von Bewegungsfreiheit und Teilnahme am politischen Prozess; systemische Korruption; und systematische Diskriminierung von Krimtataren und ethnischen Ukrainern. Die russischen Behörden unternehmen kaum Schritte, um Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich zu verfolgen, wodurch eine Atmosphäre der Straflosigkeit und Gesetzlosigkeit geschaffen wurde (USDOS 13.3.2019b).
Die Einwohner der Krim wurden pauschal in die Russische Föderation eingebürgert und es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Auslandsreisepässen, auszustatten. Besorgniserregend sind weiterhin Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit aufgrund politisch motivierter Vorwürfe inhaftiert werden, verschwinden, nicht mehr auf die Krim zurückreisen dürfen bzw. vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Die gewählte Versammlung der Krimtataren wird von den de-factoBehörden als terroristische Vereinigung eingestuft, ihre Mitglieder verfolgt. Versuche, die tatarische Minderheit in eine den de-facto-Behörden willfährige Parallelstruktur einzubinden, blieben bisher ohne nennenswerten Erfolg. Unabhängige Medien werden unterdrückt, dem unabhängigen Fernsehsender der Tataren ATR wurde die Lizenz entzogen; er hat seinen Sitz nach Kiew verlegt. Eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr. Religiöse Literatur gilt den Behörden als extremistisch. Auch jüngste Berichte von UNHCR, Amnesty International sowie des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen listen eine Reihe von Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten auf der Krim auf, die von einer Einschränkung des Versammlungsrechts über willkürliche Verhaftungen bis hin zu Entführungen, Folter und Ermordung reichen. Versuche der Vereinten Nationen, der OSZE oder des Europarats eine kontinuierliche Beobachtung der Menschenrechtssituation auf der Krim vorzunehmen, sind bisher gescheitert. Die Einwohner der Krim werden von der Russischen Föderation, wenn sie nicht ihr Widerspruchsrecht genutzt und damit u. a. den Anspruch auf kostenlose medizinische Versorgung verloren haben, als russische Staatsangehörige behandelt (AA 22.2.2019).
Seit der russischen Annexion der Halbinsel Krim häufen sich Berichte über den Versuch der systematischen Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch die russischen Behörden unter dem Vorwand sicherheitspolitischer Erwägungen. Dies wirkt sich insbesondere auf die Aktivitäten der Krimtataren, jedoch auch auf Vertreter der ukrainischen Minderheit aus (ÖB 2.2019; vgl. HRW 17.1.2019).
Seit 2014 sind konstant Menschenrechtsverletzungen seitens der russischen Behörden zu beobachten: Gefangene legen Geständnisse ab, die durch Misshandlung und Folter erlangt wurden. Individuen bestimmter Gruppen werden in psychiatrische geschlossene Anstalten zwangseingewiesen. Anwälte können nicht uneingeschränkt ihrer Arbeit nachgehen. Menschen, die keinen russischen Pass haben, wird der Zugang zu staatlichen Dienstleistungen verwehrt. Weiters besteht Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Genderidentität. Menschen mit abweichender politischer Meinung werden verhaftet und unter Bezugnahme auf russische Antiterror-Gesetzgebung zu Haftstrafen verurteilt. Auch werden Personen entführt oder verschwinden plötzlich. Wenige bis keine dieser Fälle werden ausreichend strafverfolgt. Besonders die ethnische Gruppe der Krimtataren, aber auch Ukrainer anderer ethnischer oder religiöser Gruppen, sind von Menschenrechtsverletzungen betroffen. Die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit wird massiv eingeschränkt (ÖB 2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002209.html, Zugriff 25.4.2019- ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 12.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019b):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine (Crimea), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004270.html , Zugriff 11.4.2019
Ostukraine
In den von Separatisten kontrollierten Gebieten Donezk und Luhansk haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben (AA 22.2.2019).
In den nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk kam es insbesondere 2014/15 zu schwersten Menschenrechtsverletzungen. Obwohl die Separatisten seither die öffentliche Ordnung und eine soziale Grundversorgung im Wesentlichen wiederhergestellt haben, werden zahlreiche Grundrechte (v.a. Meinungs- und Religionsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Eigentumsrechte) weiterhin systematisch missachtet (AA 22.2.2019).
In den selbsternannten Volksrepubliken Donezk (DPR) und Luhansk (LPR) gibt es seit 2014 keine unabhängige Justiz, und das Recht auf ein faires Verfahren wird systematisch eingeschränkt. Es werden Inhaftierungen auf unbestimmte Zeit ohne gerichtliche Überprüfung und ohne Anklage oder Gerichtsverfahren berichtet. Bei Verdacht auf Spionage oder Verbindungen zur ukrainischen Regierung werden von Militärgerichten geheime Gerichtsverfahren abgehalten, gegen deren Urteile es nahezu keine Beschwerdemöglichkeit gibt und die Berichten zufolge lediglich dazu dienen, bei der Verfolgung von Personen einen Anschein von Legalität zu wahren. Willkürliche Verhaftung sind in der DPR und der LPR weit verbreitet. In der LPR wurde die Möglichkeit der Präventivhaft für 30 bis 60 Tage geschaffen. Die Präventivhaft wird Angehörigen nicht mitgeteilt (incommunicado) und kein Kontakt zu einem Rechtsbeistand und Verwandten zugelassen. Der Zustand der Hafteinrichtungen in den separatistisch kontrollierten Gebieten verschlechtert sich weiter. Berichten zufolge existiert in den Gebieten Donezk und Luhansk in Kellern, Abwasserschächten, Garagen und Industrieunternehmen ein umfangreiches Netz inoffizieller Haftstätten, die meist nicht einmal für eine kurzfristige Inhaftierung geeignet wären. Es gibt Berichte über schweren Mangel an Nahrungsmitteln, Wasser, Hitze, sanitären Einrichtungen und angemessener medizinischer Versorgung. Ein unabhängiges Monitoring der Haftbedingungen wird von den Machthabern nicht oder nur eingeschränkt erlaubt. Es gibt Berichte über systematische Übergriffe gegen Gefangene, wie Folter, Hunger, Verweigerung der medizinischen Versorgung und Einzelhaft sowie den umfangreichen Einsatz von Gefangenen als Zwangsarbeiter zur persönlichen Bereicherung der separatistischen Anführer (USDOS 13.3.2019).
In der Region Donbass unterdrücken die Separatisten die Rede- und Pressefreiheit durch Belästigung, Einschüchterung, Entführungen und Übergriffe auf Journalisten und Medien (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019, ÖB 2.2019). Die Separatisten verhindern auch die Übertragung ukrainischer und unabhängiger Fernseh- und Radioprogramme in von ihnen kontrollierten Gebieten. Mittlerweile haben die Separatisten im Osten des Landes ihre Bemühungen verstärkt, Online-Inhalte zu blockieren, welche angeblich die ukrainische Regierung oder die ukrainische kulturelle Identität unterstützen. Es sind nur Demonstrationen zulässig, welche von den lokalen "Behörden" unterstützt oder organisiert werden. In der DNR/LNR können nationale und internationale zivilgesellschaftliche Organisationen nicht frei arbeiten. Es gibt eine steigende Zahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen, die von den Separatisten gegründet wurden (USDOS 13.3.2019).
Es gibt es eine massive Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur in den Konfliktgebieten. Auch Schulen und medizinische Einrichtungen waren und bleiben weiterhin betroffen. Zuweilen ist vielerorts die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen oder nur zeitweise gesichert, ohne die im Winter auch nicht geheizt werden kann. Aufgrund der fehlenden Rechtsstaatlichkeit in den Separatistengebieten sind dort Frauen besonders gefährdet. Es gibt Berichte über Missbrauch, Sexsklaverei und Menschenhandel (ÖB 2.2019).
Die meisten LGBTI-Personen sind aus den separatistischen Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk geflohen oder verstecken ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität (USDOS 13.3.2019).
Die Separatisten in der Ostukraine haben Berichten zufolge einige religiöse Führer inhaftiert. Im Februar 2018 wurden in Luhansk religiöse Gruppen, die nicht den "traditionellen" Religionen angehören, darunter Protestanten und Zeugen Jehovas, verboten (FH 4.2.2019).
Die separatistischen Kräfte erlauben keine humanitäre Hilfe der ukrainischen Regierung, sondern nur solche internationaler humanitärer Organisationen. Infolgedessen sind die Preise für Grundnahrungsmittel angeblich für viele Bewohner der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der Ostukraine zu hoch. Menschenrechtsgruppen berichten auch über einen ausgeprägten Mangel an Medikamenten, Kohle und medizinischen Hilfsgütern. Es kommen weiterhin Konvois der russischen "humanitären Hilfe" an, die nach Ansicht der ukrainischen Regierungsbeamten aber Waffen und Lieferungen für die separatistischen Streitkräfte enthalten (USDOS 13.3.2019).
Durch die Kontaktlinie, welche die Konfliktparteien trennt, wird das Recht auf Bewegungsfreiheit beschnitten und Gemeinden getrennt. Jeden Tag warten bis zu 30.000 Menschen stundenlang unter erschwerten Bedingungen an den fünf Checkpoints auf das Überqueren der Kontaktlinie.
Unzureichend beschilderte Minen entlang der Straßen stellen eine Gefahr für die Wartenden dar (ÖB 2.2019; vgl. PCU 3.2019). Es gibt nur unzureichende sanitäre Einrichtungen, speziell auf separatistischer Seite (HRW 17.1.2019).
Im Zuge der Kampfhandlungen zwischen der Ukraine und den Separatisten kam es 2014 in jenen Gebieten, in denen nicht die ukrainischen Streitkräfte selbst, sondern Freiwilligenbataillone eingesetzt waren, mitunter zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Diese Bataillone wurden in der Folgezeit sukzessive der Nationalgarde (Innenministerium) unterstellt, nur das Bataillon Ajdar wurde in die Armee eingegliedert. Offiziell wurden Freiwilligenbataillone danach nicht mehr an der Kontaktlinie, sondern ausschließlich zur Sicherung rückwärtiger Gebiete eingesetzt. Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hatte zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen kam, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, evtl. auch zu extralegalen Tötungen. Diese Menschenrechtsverletzungen sind Gegenstand von teilweise schleppend verlaufenden Strafverfahren. Infolge des Übergangs von der ATO (Anti-Terror-Operation in der Ostukraine, geführt vom SBU, Anm.) zu der nunmehr von der Armee koordinierten OVK (Operation der Vereinigten Kräfte) mit April 2018, wurden verbliebene Freiwilligenverbände endgültig in die regulären Streitkräfte eingegliedert oder haben die OVK-Zone verlassen (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002209.html, Zugriff 25.4.2019 - PCU - Protection Cluster Ukraine (3.2019): Mine Action in Ukraine, https://www.unhcr.org/ua/wpcontent/uploads/sites/38/2019/04/2019_03_advocacy_note_on_mine_action_eng-1.pdf , Zugriff 17.5.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019
Rechtsschutz / Justizwesen
Die ukrainische Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, die Gerichte sind aber trotz Reformmaßnahmen der Regierung weiterhin ineffizient und anfällig für politischen Druck und Korruption. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Justiz ist gering. Trotz der Bemühungen um eine Reform der Justiz und der Generalstaatsanwaltschaft ist Korruption bei Richtern und Staatsanwälten weiterhin ein Problem. Einige Richter behaupteten Druckausübung durch hochrangige Politiker. Einige Richter und Staatsanwälte erhielten Berichten zufolge Bestechungsgelder. Andere Faktoren, welche das Recht auf ein faires Verfahren behindern, sind langwierige Gerichtsverfahren, insbesondere bei Verwaltungsgerichten, unterfinanzierte Gerichte und mangelnde Möglichkeiten Urteile durchzusetzen (USDOS 13.3.2019).
Die ukrainische Justizreform trat im September 2016 in Kraft, der langjährige Prozess der Implementierung der Reform dauert weiter an. Bereits 2014 startete ein umfangreicher Erneuerungsprozess mit der Annahme eines Lustrationsgesetzes, das u.a. die Entlassung aller Gerichtspräsidenten sowie die Erneuerung der Selbstverwaltungsorgane der Richterschaft vorsah. Eine im Februar 2015 angenommenen Gesetzesänderung zur "Sicherstellung des Rechtes auf ein faires Verfahren" sieht auch eine Erneuerung der gesamten Richterschaft anhand einer individuellen qualitativen Überprüfung ("re-attestation") aller Richter vor, die jedoch von der Zivilgesellschaft als teils unzureichend kritisiert wurde. Bislang wurden laut Informationen von ukrainischen Zivilgesellschaftsvertretern rund 2.000 der insgesamt 8.000 in der Ukraine tätigen Richter diesem Prozess unterzogen, wobei rund 10% entweder von selbst zurücktraten oder bei der Prozedur durchfielen. Ein wesentliches Element der Justizreform ist auch der vollständig neu gegründete Oberste Gerichtshof, der am 15. Dezember 2017 seine Arbeit aufnahm. Allgemein ist der umfassende Erneuerungsprozess der Richterschaft jedoch weiterhin in Gange und schreitet nur langsam voran. Die daraus resultierende häufige Unterbesetzung der Gerichte führt teilweise zu Verfahrensverzögerungen. Von internationaler Seite wurde die Annahme der weitreichenden Justizreform weitgehend begrüßt (ÖB 2.2019).
2014 wurde auch eine umfassende Reform der Staatsanwaltschaft in Gang gesetzt. In erster Linie ging es dabei auch darum, das schwer angeschlagene Vertrauen in die Institution wieder herzustellen, weshalb ein großer Teil dieser Reform auch eine Erneuerung des Personals vorsieht. Im Juli 2015 begann die vierstufige Aufnahmeprozedur für neue Mitarbeiter. Durchgesetzt haben sich in erster Linie jedoch Kandidaten, die bereits in der Generalstaatsanwaltschaft Erfahrung gesammelt hatten. Weiters wurde der Generalstaatsanwaltschaft ihre Funktion als allgemeine Aufsichtsbehörde mit der Justizreform 2016 auf Verfassungsebene entzogen, was jedoch noch nicht einfach gesetzlich umgesetzt wurde. Jedenfalls wurde in einer ersten Phase die Struktur der Staatsanwaltschaft verschlankt, indem über 600 Bezirksstaatsanwaltschaften auf 178 reduziert wurden. 2017 wurde mit dem Staatsanwaltschaftsrat ("council of prosecutors") ein neues Selbstverwaltungsorgan der Staatsanwaltschaft geschaffen. Es gab bereits erste Disziplinarstrafen und Entlassungen, Untersuchungen gegen die Führungsebene der Staatsanwaltschaft wurden jedoch vorerst vermieden. Auch eine spezialisierte Antikorruptions-Staatsanwaltschaft wurde geschaffen. Diese Reformen wurden vor allem wegen der mangelnden personellen Erneuerung der Staatsanwaltschaft kritisiert. Auch erhöhte die Reform die Belastung der Ankläger, die im Durchschnitt rund je 100 Strafverfahren gleichzeitig bearbeiten, was zu einer Senkung der Effektivität der Institution beiträgt. Allgemein bleibt aber, trotz einer signifikanten Reduktion der Zahl der Staatsanwälte, diese im europäischen Vergleich enorm hoch, jedoch ineffizient auf die zentrale, regionale und lokale Ebene verteilt (ÖB 2.2019).
Nachdem unter Präsident Janukowitsch die von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats eingemahnte Verfassungsreform jahrelang hinausgezögert wurde, wurde von Präsident Poroschenko durch seinen im Juli 2014 vorgelegten Gesetzesentwurf zur Änderung der ukrainischen Verfassung ein neuer Impuls gesetzt. Die darin vorgesehenen Schritte zu dezentraleren Strukturen mit erweiterten Kompetenzen der gewählten Gemeinde- und Bezirksräte, nicht zuletzt im Hinblick auf die Verteilung und Verwaltung öffentlicher Mittel, dem Ausbau der regionalen Selbstverwaltung und der erstmaligen Verankerung des Prinzips der Subsidiarität, wurden von der Venedig-Kommission begrüßt. Jedoch gibt es für die Annahme der Verfassungsreform in zweiter Lesung derzeit keine Mehrheit im Parlament. Vor allem die verfassungsrechtliche Absicherung der im Rahmen des Minsk-Prozesses zur Beilegung des Konflikts in der Ostukraine festgelegten Dezentralisierung steht unter starker Kritik einiger Parteien, weil diese eine "Ermächtigungsklausel" zur Schaffung eines Gesetzes über den Sonderstatus des Donbasss enthält. In der Praxis wurden jedoch bereits Erfolge bei der finanziellen Dezentralisierung erzielt, sowie zahlreiche Gemeinden zusammengelegt, die dadurch mit mehr finanziellen Mittel ausgestattet sind und effizienter arbeiten können. Ohne eine verfassungsmäßige Absicherung der Dezentralisierungsreform bleibt diese jedoch vorerst weiterhin unvollendet (ÖB 2.2019).
Die jüngsten Reforminitiativen bleiben hinter den Erwartungen zurück, werden aber fortgesetzt (FH 4.2.2019).
Quellen: - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019- USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019
Sicherheitsbehörden
Die Sicherheitsbehörden unterstehen generell effektiver ziviler Kontrolle. Die Sicherheitskräfte verhindern oder reagieren im Allgemeinen auf gesellschaftliche Gewalt. Zuweilen wenden sie jedoch selbst übermäßige Gewalt an, um Proteste aufzulösen, oder verabsäumen es in einzelnen Fällen, Opfer vor Belästigung oder Gewalt zu schützen (z.B. im Falle der Zerstörung eines RomaCamps durch Nationalisten, gegen die die Polizei nicht einschritt). Der ukrainischen Regierung gelingt es meist nicht, Beamte, die Verfehlungen begangen haben, strafrechtlich zu verfolgen oder zu bestrafen (USDOS 13.3.2019).
Das sichtbarste Ergebnis der ukrainischen Polizeireform ist die Gründung der Nationalen Polizei nach europäischen Standards, mit starker Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, als von der Politik grundsätzlich unabhängiges Exekutivorgan, die im Juli 2015 in vorerst 32 Städten ihre Tätigkeit aufnahm. Mit November 2015 ersetzte die Nationale Polizei offiziell die bestehende und aufgrund von schweren Korruptionsproblemen in der Bevölkerung stark diskreditierte "Militsiya". Alle Mitglieder der Militsiya hatten grundsätzlich die Möglichkeit, in die neue Truppe aufgenommen zu werden, mussten hierfür jedoch einen "Re-Attestierungsprozess" samt umfangreichen Schulungsmaßnahmen und Integritätsprüfungen durchlaufen. Im Oktober 2016 verkündete die damalige Leiterin der Nationalen Polizei den erfolgreichen Abschluss dieses Prozesses, in dessen Zuge 26% der Polizeikommandanten im ganzen Land entlassen,
4.400 Polizisten befördert und im Gegenzug 4.400 herabgestuft wurden. Zentrale Figur der Polizeireform war die ehemalige georgische Innenministerin Khatia Dekanoidze, die jedoch am 14. November 2016 aufgrund des von ihr bemängelnden Reformfortschrittes, zurücktrat. Zu ihrem Nachfolger wurde, nach einem laut Einschätzung der EU Advisory Mission (EUAM) offenen und transparenten Verfahren, im Feber 2017 Serhii Knyazev bestellt. Das Gesetz "Über die Nationalpolizei" sieht eine Gewaltenteilung zwischen dem Innenminister und dem Leiter der Nationalen Polizei vor. Der Innenminister ist ausschließlich für die staatliche Politik im Rechtswesen zuständig, der Leiter der Nationalen Polizei konkret für die Polizei. Dieses europäische Modell soll den Einfluss des Ministers auf die operative Arbeit der Polizei verringern. Dem Innenministerium unterstehen seit der Reform auch der Staatliche Grenzdienst, der Katastrophendienst, die Nationalgarde und der Staatliche Migrationsdienst. Festzustellen ist, dass der Innenminister in der Praxis immer noch die Arbeit der Polizei beeinflusst und die Reform somit noch nicht vollständig umgesetzt ist. Das nach dem Abgang von Katia Dekanoidze befürchtete Zurückrollen diverser erzielter Reformen, ist laut Einschätzung der EUAM, jedenfalls nicht eingetreten. Das im Juni 2017 gestartete Projekt "Detektive" - Schaffung polizeilicher Ermittler/Zusammenlegung der Funktionen von Ermittlern und operativen Polizeieinsatzkräften, spielt in den Reformen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wie in westeuropäischen Staaten bereits seit langem praktiziert, soll damit ein- und derselbe Ermittler für die Erhebung einer Straftat, die Beweisaufnahme bis zur Vorlage an die Staatsanwaltschaft zuständig sein. Bislang sind in der Ukraine, wie zu Sowjetzeiten, immer noch die operative Polizei für die Beweisaufnahme und die Ermittler für die Einreichung bei Gericht zuständig. Etwas zögerlich wurde auch die Schaffung eines "Staatlichen Ermittlungsbüros (SBI)" auf den Weg gebracht und mit November 2017 ein Direktor ernannt. Das SBI hat die Aufgabe, vorgerichtliche Erhebungen gegen hochrangige Vertreter der Staates, Richter, Polizeikräfte und Militärangehörige durchzuführen, sofern diese nicht in die Zuständigkeit des Nationalen Antikorruptions-Büros (NABU) fallen. Die Auswahl der Mitarbeiter ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Mit Unterstützung der EU Advisory Mission (EUAM) wurde 2018 auch eine "Strategie des Innenministeriums bis 2020" sowie ein Aktionsplan entwickelt.(ÖB 2.2019).
Die Nationalpolizei muss sich mit einer, das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung beeinträchtigenden Zunahme der Kriminalität infolge der schlechten Wirtschaftslage und des Konflikts im Osten, einer noch im alten Denken verhafteten Staatsanwaltschaft und der aus sozialistischen Zeiten überkommenen Rechtslage auseinandersetzen. Über Repressionen durch Dritte, für die der ukrainische Staat in dem von ihm kontrollierten Staatsgebiet mittelbar die Verantwortung trägt, indem er sie anregt, unterstützt oder hinnimmt, liegen keine Erkenntnisse vor (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019
Folter und unmenschliche Behandlung
Folter sowie grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafung, die gegen die Menschenwürde verstößt, ist gemäß Artikel 28 der ukrainischen Verfassung verboten. Die Ukraine ist seit 1987 Mitglied der UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) und seit 1997 Teilnehmerstaat der Anti-Folter-Konvention des Europarats (AA 22.2.2019).
Trotzdem gibt es Berichte, dass Strafverfolgungsbehörden an solchen Misshandlungen beteiligt waren. Obwohl Gerichte keine unter Zwang zustandegekommene Geständnisse mehr als Beweismittel verwenden, gibt es Berichte über von Exekutivbeamten durch Folter erzwungene Geständnisse. Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen bemängeln die Maßnahmen, angebliche Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbehörden zu ermitteln bzw. zu bestrafen, insbesondere angebliche Fälle von Folter, Verschwindenlassen, willkürlichen Inhaftierungen etc. durch den ukrainischen Geheimdienst (SBU), speziell wenn das Opfer aus Gründen der nationalen Sicherheit inhaftiert war/ist oder verdächtig war/ist "pro-russisch" eingestellt zu sein. Straflosigkeit ist somit weiterhin ein Problem. Während die Behörden manchmal Anklagen gegen Angehörige der Sicherheitsbehörden erheben, kommt es bei einschlägigen Ermittlungen oft nicht zu Anklagen, während die mutmaßlichen Täter weiter ihrer Arbeit nachgehen. Laut Bericht einer NGO kommt es nur in drei Prozent der Strafverfahren gegen Strafverfolgungsbehörden wegen körperlichen Missbrauchs von Festgenommenen zu einer Anklage. Das Innenministerium gibt an, dass Sicherheitskräfte 80 Stunden an verpflichtenden Menschenrechtsschulungen erhalten. Polizeiakademien bieten ebenfalls Kurse zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Verfassungsrechten, Toleranz und Nichtdiskriminierung, Verhütung häuslicher Gewalt und Folter (USDOS 13.3.2019).
2017 hat das ukrainische Innenministerium bis 1. Dezember ca. 2.000 Beschwerden bezüglich Menschenrechtsverstößen durch Polizeibeamte erhalten. 125 Ermittlungen wurden eingeleitet (davon 83 wegen Körperverletzung, 3 wegen Folter). Im selben Zeitraum begann die Staatsanwaltschaft 43 Untersuchungen (davon 22 wegen Körperverletzungen, 6 wegen Folter). Mit der Gründung des State Bureau of Investigation (SBI) ist dieses u.a. auch für die Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen gegen Sicherheitsbeamte zuständig. Einige Häftlinge berichteten, dass ihre Beschwerden bezüglich Misshandlung bei der Festnahme trotz sichtbarer Verletzungen von Richtern ignoriert wurden (CoE 6.9.2018).
Von der ukrainischen Seite der Kontaktlinie zu den Separatistengebieten der Ostukraine gibt es Berichte über Entführungen bzw. nicht-kommunizierte Haft bei nahezu völliger Straflosigkeit. Dies geschieht vor allem durch den Geheimdienst (SBU); die Opfer werden der Zusammenarbeit mit dem russischen Geheimdienst (FSB) oder bewaffneten Gruppen verdächtigt. Die ukrainischen Behörden sollen sich bei diesen Verhaftungen mitunter auch nationalistischer Gruppen bedient haben, welche die Gefangenen dann dem SBU übergaben. Auch von Misshandlung und Folter ist die Rede, wenn auch nicht in der Systematik und in dem Maßstab wie in den Separatistengebieten (USDOS 13.3.2019). Der SBU bestreitet dies trotz anderslautender Erkenntnisse der Beobachtungsmission des UN-Hochkommissars für Menschenrechte. In mindestens einem Fall haben die Strafverfolgungsbehörden bisher Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden wegen illegaler Haft aufgenommen (AA 22.2.2019).
Quellen:. - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - CoE-CPT - Council of Europe - European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (6.9.2018): Report to the Ukrainian Government on the visit to Ukraine carried out by the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) from 8 to 21 December 2017, https://www.ecoi.net/ en/file/local/1443529/1226_1537258189_2018-41-inf-eng-docx.pdf, Zugriff 24.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019 7. Korruption Die Gesetze sehen strafrechtliche Sanktionen für Korruption vor, aber die Behörden setzen diese nicht effektiv um, und viele Beamte sind ungestraft korrupt, weniger in der Regierung, aber auf allen Ebenen der Exekutive, Legislative und der Justizbehörden. Trotz Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption durch die Regierung, bleibt diese ein Problem für Bürger und Unternehmen. Im Juni 2018 unterzeichnete der Präsident das Gesetz über das Hohe Antikorruptionsgericht (HACC), was das System der staatlichen Stellen zur Bekämpfung der Korruption auf höchster Ebene vervollständigte (USDOS 13.3.2019). Im April 2019, kurz vor der Stichwahl um die Präsidentschaft, hat Präsident Poroschenko 38 Richter des neu gegründeten Antikorruptionsgerichts offiziell ernannt (RFE/RL 11.4.2019).
Der Erfolg wird von der Integrität der Auswahlverfahren für seine Richter sowie von der Wirksamkeit und Unabhängigkeit der beiden anderen zuvor gegründeten Antikorruptionsbehörden, dem Nationalen Anti-Korruptionsbüro (NABU) und dem Sonderstaatsanwalt für Korruptionsbekämpfung (SAP), abhängen. Die neuen unabhängigen Antikorruptionsgremien wurden mit politischem Druck konfrontiert, was Besorgnis über das Bekenntnis der Regierung zur Korruptionsbekämpfung auslöste. Es gab auch Vorwürfe und Rücktrittsaufforderungen gegen den Leiter der SAP wegen Behinderung der Justiz. Es kam 2018 zu mehreren Verhaftungen hochrangiger Amtsträger wegen Korruptionsvorwürfen, darunter der Bürgermeister von Odessa. Das Gesetz schreibt vor, dass hohe Amtsträger Einkommens- und Ausgabenerklärungen vorlegen müssen und diese durch die Nationale Agentur für Korruptionsprävention (NAPC) geprüft werden. Beobachter stellen jedoch zunehmend in Frage, ob die NAPC über die Fähigkeit und Unabhängigkeit zur Erfüllung dieser Funktion verfügt, während sich NABU in der Praxis als wirksamer für diese Aufgabe erwiesen habe, obwohl dies nicht dessen Kernaufgabe ist. Bis Juli 2018 hatte NAPC erst 300 von 2,5 Millionen eingegangene Erklärungen geprüft. Im September 2018 wurde daraufhin ein automatisiertes Überprüfungssystem eingeführt, an dessen Wirksamkeit es Kritik gibt (USDOS 13.3.2019; vgl. ÖB 2.2019).
Korruption ist nach wie vor ein ernstes Problem, und trotz des starken Drucks der Zivilgesellschaft ist der politische Wille gering, dagegen anzugehen. Antikorruptionsagenturen wurden wiederholt in politisch belastete Konflikte mit anderen staatlichen Stellen und gewählten Vertretern verwickelt (FH 4.2.2019).
Die Ukraine hat einige Fortschritte bei der Förderung der Transparenz erzielt, zum Beispiel durch die Verpflichtung der Banken, die Identität ihrer Eigentümer zu veröffentlichen, und indem 2016 ein Gesetz verabschiedet wurde, das Politiker und Beamte dazu verpflichtet, elektronische Vermögenserklärungen abzugeben. Es ist jedoch möglich, einige Vorschriften zu umgehen, zum Teil, weil unterentwickelte Institutionen nicht in der Lage sind, Verstöße zu erkennen und zu bestrafen (FH 4.2.2019).
Ein institutioneller Rahmen für die Bekämpfung der endemischen Korruption wurde geschaffen und durch ein System zur systematischen Offenlegung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse von Staatsbediensteten ergänzt (Im Herbst 2016 wurde eine elektronische Plattform zur Vermögens- und Einkommenserklärung von Staatsbediensteten und politischen Mandatsträgern ("e-declaration") eingeführt. Bei einem großen Teil der abgegebenen Erklärungen fehlt jedoch noch eine substanzielle Überprüfung durch die Korruptionspräventionsagentur (AA 22.2.2019).
Ende Feber 2019 hat das ukrainische Verfassungsgericht Artikel 368-2 des ukrainischen Strafgesetzbuches, welcher illegale Bereicherung durch ukrainische Amtsträger kriminalisierte, aufgehoben, weil er gegen die Unschuldsvermutung verstoßen habe. In der Folge musste NABU 65 anhängige Ermittlungen gegen Parlamentarier, Richter, Staatsanwälte und andere Beamte einstellen, die teilweise schon vor Gericht gekommen waren. Die EU zeigte sich über diese Entscheidung besorgt. Es wurden unmittelbar mehrere Gesetzesinitiativen registriert, um das Gesetz zu reparieren, die aber alle keine Aussicht hatten, vor der Präsidentenwahl beschlossen zu werden (Hi 3.3.2019).
Der neue Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat sich vor allem den Kampf gegen die Korruption auf die Fahnen geschrieben (UA 27.2.2019). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019
Quellen: - Hi - Hromadske international (3.3.2019): You Can Now Get Rich Illegally in Ukraine. What Does This Mean?, https://en.hromadske.ua/posts/ukraine-legalizes-illegal-enrichment , Zugriff 7.5.2019 - RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (11.4.2019): Ukraine's President Creates AntiCorruption Court, https://www.rferl.org/a/ukraine-s-president-poroshenko-creates-anti-corruptioncourt/29875480.html?ltflags=mailer , Zugriff 7.5.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019 - UA - Ukraine Analysen (27.2.2019): Präsidentschaftswahlen 2019, per E-Mail
Wehrdienst und Rekrutierungen
Die Wehrpflichtigen in der Ukraine werden folgendermaßen unterteilt:
? Stellungspflichtige (Pre-conscripts) ? Wehrpflichtige (Conscripts) ? aktive Soldaten ? zum Wehrdienst verpflichtete Personen (persons liable for military service) - sie haben bereits den Grundwehrdienst geleitet und können nötigenfalls wieder temporär mobilisiert werden ? Reservisten - zum Wehrdienst verpflichtete Personen, die freiwillig regelmäßige Waffenübungen absolvieren. (BFA/OFPRA 5.2017)
Die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes besteht für Männer im Alter zwischen 20 und 27 Jahren. Er dauert grundsätzlich eineinhalb Jahre, für Wehrpflichtige mit Hochschulqualifikation (Magister) 12 Monate. Am 01.05.2014 wurde die früher beschlossene Aussetzung der Wehrpflicht widerrufen. Danach erfolgten insgesamt sechs Mobilisierungswellen, die hauptsächlich Reservisten, aber auch Grundwehrdienstleistende (letztere zu einer sechsmonatigen Ausbildung) erfassten. Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung spielen bei der Heranziehung keine Rolle. Wehrpflichtige werden nur auf der Grundlage eines entsprechenden Beschlusses des Ministerkabinetts und in festgelegten Zeiträumen und Anzahl einberufen. So gab es 2018 zwei Einberufungszeiträume, April/Mai und Oktober/Dezember, in denen insgesamt 18.000 Wehrpflichtige einberufen wurden. Davon haben ca. 9.000 Soldaten ihren Wehrdienst in den Streitkräften abgeleistet. Wehrpflichtige wurden nur bis Mitte November 2016 und ausschließlich auf freiwilliger Basis nach der sechsmonatigen Grundausbildung in der Ostukraine eingesetzt; seither geschieht dies nicht mehr. Wehrpflichtige müssen einen Wohnortwechsel binnen einer Woche anzuzeigen. Sollte künftig eine Vollmobilisierung erfolgen, wäre ein Wohnortwechsel durch die Wehrüberwachungsbehörde vorab zu genehmigen. Klagen von Vertretern der ungarischen und rumänischen Minderheit, diese Gruppen würden überproportional zum Wehrdienst herangezogen, sind mittlerweile entkräftet und werden nicht mehr wiederholt. Zwangsarbeit und Zwangsrekrutierungen finden staatlicherseits nicht statt (AA 22.2.2019).
Binnenvertriebene (IDPs) sind grundsätzlich wehrpflichtig, sie stellen für das Verteidigungsministerium aber keine Priorität dar, nicht zuletzt wegen etwaiger Sicherheitsbedenken (Gegenspionage) (BFA/OFPRA 5.2017).
An den Wehrpflichtigen ergeht in der Praxis ein Einberufungsbescheid des regional zuständigen Militärkommissariats postalisch oder durch persönliche Zustellung (BFA/OFPRA 5.2017). Gesetzlich vorgesehen ist eigentlich eine persönliche Zustellung, weswegen postalisch zugestellte Bescheide Quellen zufolge ungültig seien (Lifos 15.7.2016).
Binnenvertriebene (IDPs) sind ebenso wehrpflichtig, sie stellen für das Verteidigungsministerium aber keine Priorität dar, nicht zuletzt wegen etwaiger Sicherheitsbedenken (Gegenspionage) (BFA/ OFPRA 5.2017).
Frauen mit militärisch nutzbaren Spezialkenntnissen und körperlicher Eignung (und geeigneter familiärer Situation) gelten ebenso als zum Wehrdienst verpflichtete Personen. Im Kriegsfall können sie einberufen werden. In Friedenszeiten können sie freiwillig aktiven oder Reservedienst leisten (BFA/OFPRA 5.2017).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - BFA/OFPRA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Office français de protection des réfugiés et apatrides (5.2017):
Fact Finding Mission Report Ukraine- Lifos - Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet (schwedische Herkunftslandinformationseinheit) (15.7.2016): Temarapport: Ukraina. Militärtjänstgöring, mobilisering och desertering, https://lifos.migrationsverket.se/dokument ?
documentAttachmentId=43632, Zugriff 23.5.2019
Wehrersatzdienst
Das Gesetz über den Ersatzdienst vom 12.12.1991 (Nr. 1975-XII) regelt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und die Möglichkeit, den Ersatzdienst unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abzuleisten. Spätestens zwei Monate vor dem Einberufungstermin muss der Wehrpflichtige bei der für den jeweiligen Wohnort zuständigen Behörde einen begründeten Antrag einreichen. Als Grund ist nur die religiöse Überzeugung bei entsprechender Zugehörigkeit zu einer anerkannten Religionsgemeinschaft zulässig (AA 22.2.2019), und zwar:
1. Adventists-Reformists 2. Seventh Day Adventists 3. Evangelical Christians 4. Evangelical Christians-Baptists 5. "The Penitents" - the Slavic Church of the Holy Ghost 6. Jehovah's Witnesses 7. Charismatic Christian Churches (and churches assimilated to them according to registered statutes) 8. Union of Christians of the Evangelical Faith - Pentecostals (and churches assimilated to them according to registered statutes) 9. Christians of Evangelical Faith; 10. Society for Krishna Consciousness (BFA/OFPRA 5.2017)
Bei Kriegs- oder Ausnahmezustand kann das Recht der Wahl zwischen Wehr- und Ersatzdienst gesetzlich für bestimmte Zeit eingeschränkt werden. Der Ersatzdienst dauert 27 Monate, für Hochschulabsolventen (Magister) 18 Monate. Er wird in staatlichen Sozial-, Gesundheits- und Kommunaleinrichtungen oder beim Roten Kreuz abgeleistet. Der Ersatzdienst hat in der Ukraine kaum Tradition und ist in der Gesellschaft noch wenig verankert. Über die Zahl der Ersatzdienstleister macht das ukrainische Verteidigungsministerium keine offiziellen Angaben. NGO-Vertreter gehen von bislang 7.500 Anträgen aus (AA 22.2.2019).
Es gibt Berichte, dass der Wehrersatzdienst auch in der Praxis zugänglich ist, wenn die nötigen Dokumente vorgelegt werden. Es gibt aber auch Berichte, dass Bestechungsgelder verlangt worden wären, um diesen Zugang zu erhalten. Rechtlich ist es auch möglich, wenn auch mit engen Zeitfenstern, dass nach der Einberufung konvertierte Wehrpflichtige noch in den Genuss des Ersatzdienstes kommen können (BFA/OFPRA 5.2017).
Im Juni 2016 bestätigte der High Specialized Court of Ukraine das Urteil eines Bezirksgerichts von 2014, dass Verweigerer aus Gewissensgründen auch im Falle der Mobilisierung das Recht auf einen Ersatzdienst haben. Es gab keine weiteren Strafverfolgungen bezüglich des Ersatzdienstes. Im September 2016 wurde vom selben Gerichtshof ein Urteil aufgehoben, mit dem ein Verweigerer aus Gewissensgründen wegen Flucht vor der Mobilisierung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Im Juni 2016 unterstütze der Kharkiv District Administrative Court die Beschwerde eines Verweigerers aus Gewissensgründen, der zum Wehrdienst einberufen werden sollte (USDOS 10.8.2016).
Quellen:- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - BFA/OFPRA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Office français de protection des réfugiés et apatrides (5.2017):
Fact Finding Mission Report Ukraine - USDOS - US Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Ukraine, http://www.ecoi.net/local_link/328420/455696_en.html , Zugriff 23.6.2017
Wehrdienstverweigerung / Desertion
Wenn eine Person ordnungsgemäß von der Einberufung informiert wurde, ihr aber nicht folgt, kann dies gemäß Art. 210 mit einem Bußgeld bestraft werden und es folgt eine zweiter Einberufungsbefehl. Wird diesem wieder nicht gefolgt, kann wieder gemäß Art. 210 ein Bußgeld verhängt werden. Folgt die Person dem Befehl immer noch nicht, wird der Fall wegen des Verdachts der Wehrdienstverweigerung der Polizei übergeben (Lifos 15.7.2016; vgl. BFA/OFPRA 5.2017).
Die Entziehung vom Wehrdienst wird nach Art. 335 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Eine Mobilisierungsentziehung kann gemäß Art. 336 StGB mit bis zu fünf Jahren bestraft werden. Für Entziehung von der Wehrerfassung sieht Art. 337 eine Geldstrafe bis zu 50 Mindestmonatslöhnen oder Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten vor. Für Entziehung von einer Wehrübung ist eine Geldstrafe bis zu 70 Mindestmonatslöhnen oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten vorgesehen (AA 22.2.2019).
Desertion ist gemäß Art. 408 des ukrainischen Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafe von zwei bis fünf Jahren strafbar. Wenn sie organisiert in einer Gruppe oder mit Waffe erfolgt, liegt das Strafmaß bei fünf bis zehn Jahren. Wenn die Desertion unter der Geltung von Kriegsrecht oder im Gefecht erfolgt, liegt das Strafmaß bei fünf bis zwölf Jahren. Es gibt eigene Strafen für Soldaten im Falle von Selbstverstümmelung oder anderen Formen sich dem Dienst zu entziehen, die in Art. 409 beschrieben sind (BFA/OFPRA 5.2017).
Grundsätzlich ist es möglich, dass Ukrainer bei Rückkehr aus dem Ausland strafverfolgt werden, weil sie sich der Mobilisierung entzogen haben, da diese Personen in ein Einheitliches Staatsregister der Personen, die sich der Mobilisierung entziehen, eingetragen wurden. Zugriff auf dieses Register haben der ukrainische Generalstab und das Innenministerium. In der Praxis gibt es trotz zahlreicher Fahndungen jedoch nur wenige Anklagen und kaum Verurteilungen (VB 21.3.2017). Die Verantwortung für das "Meiden der Einberufung" bei der Mobilisierung kann jedoch nur entstehen, wenn die Person in entsprechender Weise darüber informiert wurde, bzw. die Ladung bewusst abgelehnt wurde (VB 7.9.2018).
Quellen:- AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - BFA/OFPRA - Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl / Office français de protection des réfugiés et apatrides (5.2017):
Fact Finding Mission Report Ukraine - Lifos - Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet (schwedische Herkunftslandinformationseinheit) (15.7.2016): Temarapport: Ukraina. Militärtjänstgöring, mobilisering och desertering, https://lifos.migrationsverket.se/dokument ?
documentAttachmentId=43632, Zugriff 23.5.2019 - VB des BM.I für Ukraine (21.3.2017): Bericht des VB, per E-Mail - VB des BM.I für Ukraine (07.09.2018): Auskunft des VB, per E-Mail
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet. Die Möglichkeit von Nichtregierungsorganisationen (NGOs), sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen (AA 22.2.2019). Die Verfassung sieht eine vom Parlament bestellte Ombudsperson vor, den parlamentarischen Menschenrechtsbeauftragten. Das Amt wird derzeit von Lyudmila Denisova bekleidet. Ihr Büro arbeitet bei verschiedenen Projekten zur Überwachung von Menschenrechtspraktiken in Gefängnissen und anderen staatlichen Institutionen häufig mit NGOs zusammen. Die Ombudsperson bemühte sich in der Vergangenheit speziell um Krimtataren, Binnenvertriebene, Roma, Behinderte, sexuelle Minderheiten und Gefängnisinsassen. Die Ombudsperson kann auch Ermittlungen wegen Misshandlung durch Sicherheitskräfte einleiten und ist auch bei Problemen mit der Justiz jederzeit ansprechbar (USDOS 13.3.2019).
Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist in Verfassung und Gesetzen ausdrücklich vorgesehen. Tatsächlich werden Frauen jedoch häufig schlechter bezahlt und sind in Spitzenpositionen unterrepräsentiert (AA 22.2.2019). 2018 wurden Demonstrationen von LGBTI- oder Frauenrechtsgruppen regelmäßig von rechtsgerichteten Gruppen gestört (AA 22.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). Durch den bewaffneten Konflikt kommt es vermehrt zu häuslicher Gewalt und Gender Based Violence (GBV), von der vor allem Frauen betroffen sind. Ein neues Gesetz, das häusliche Gewalt als Straftatbestand deklariert, wurde im Dezember 2017 angenommen. Es gibt jedoch kaum ausreichend psychosoziale und medizinische (Notfall‑) Einrichtungen mit geschultem Personal (ÖB 2.2019).Frauen und Mitglieder von Minderheitengruppen können am politischen Leben in der Ukraine teilnehmen. Diese Rechte werden jedoch durch Faktoren wie den Konflikt im Osten, Analphabetismus und das Fehlen von Ausweisdokumenten (häufig bei Roma) geschmälert. Das Gesetz über Kommunalwahlen schreibt eine 30%-Quote für Frauen auf Parteilisten vor, die jedoch nicht wirksam durchgesetzt wird. Die gesellschaftliche Diskriminierung von sexuellen Minderheiten beeinträchtigt ihre Fähigkeit, sich an politischen Prozessen und Wahlprozessen zu beteiligen (FH 4.2.2019).
Versammlungsfreiheit ist laut Verfassung garantiert und die Regierung respektiert dieses Recht generell, aber einfachgesetzlich haben die Behörden breite Möglichkeiten das Demonstrationsrecht einzuschränken. 2018 wurden Demonstrationen von LGBTI- oder Frauenrechtsgruppen regelmäßig von rechtsgerichteten Gruppen gestört. Die Polizei schützte zwar den 2018 Kiew Pride-Marsch mit tausenden Beamten, kleinere Veranstaltungen von Minderheiten oder oppositionellen Gruppen wurden jedoch nicht immer ausreichend geschützt (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 4.2.2019). Zu den Pflichten des Veranstalters von friedlichen Versammlungen zählt unter anderem die Anmeldung der Veranstaltung im Vorfeld bei den örtlich zuständigen Behörden. Die Fristen, die in diesem Zusammenhang anzuwenden sind, sind jedoch nicht klar geregelt und variieren je nach vertretener Auffassung zwischen drei und zehn Tagen. Diese Unklarheit lässt den öffentlichen Behörden einen relativ großen Freiraum, Versammlungen zu untersagen. Tatsächlich wird die Abhaltung von friedlichen Versammlungen von den Behörden regelmäßig abgelehnt. Als gängige Begründungen dienen die zu späte Ankündigung der Demonstration, der Mangel an verfügbaren Polizisten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der gleichzeitige Besuch einer offiziellen ausländischen Delegation oder das gleichzeitige Stattfinden einer anderen Veranstaltung am gleichen Ort. Auch die Definition der "Friedlichkeit" einer Versammlung ist nicht immer unstrittig (ÖB 2.2019).
Verfassung und Gesetze sehen Vereinigungsfreiheit vor und die Regierung respektiert dieses Recht im Allgemeinen.
Menschenrechtsgruppen und internationale Organisationen kritisieren jedoch ein Gesetz vom März 2017, das für zivilgesellschaftliche Organisationen und Journalisten, die sich mit Antikorruptionsangelegenheiten befassen, gewisse Offenlegungserfordernisse vorsieht. Dies wird weithin als Einschüchterungsmaßnahme gesehen. Menschenrechtsorganisationen berichten von einer wachsenden Anzahl ungeklärter Angriffe auf Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft (mehr als 50 Angriffe binnen 12 Monaten), die ihrer Ansicht nach ein Klima der Straflosigkeit geschaffen hätten, weil die Regierung diese nicht ordentlich untersucht habe. Es gibt Vorwürfe gegen die Regierung, diese würde Aktivisten als Vergeltungsmaßnahme für ihre Tätigkeit strafrechtlich verfolgen (USDOS 13.3.2019).Sowohl natürliche als auch juristische Personen können einen Verein gründen. Die Vereinsgründung kann nur aus im Gesetz eng definierten Gründen untersagt werden (ÖB 2.2019). Nach dem Ende der Ära Janukowitsch sind zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen mit einer Vielzahl sozialer, politischer, kultureller und wirtschaftlicher Zielsetzungen entstanden oder wiederbelebt worden. Viele von ihnen können die Entscheidungsfindung auf verschiedenen Regierungsebenen beeinflussen. Ein klar gegen Russland gerichtetes Gesetz gegen "ausländische Agenten, die unter dem Einfluss eines Aggressorstaats agieren", wurde im September 2018 vorgelegt. Seitens der Zivilgesellschaft gibt es Bedenken, dass dieses Gesetz generell NGOs mit ausländischen Geldgebern treffen könnte. Gewalt gegen Aktivisten der Zivilgesellschaft nahm im Jahr 2018 zu. Zu den Bedrohten gehören Aktivisten, die sich gegen Korruption oder für die Rechte von LGBTIPersonen einsetzen (FH 4.2.2019).
Verfassung und Gesetze sehen Meinungsfreiheit vor, auch für Pressevertreter. Die Behörden respektieren diese Rechte jedoch nicht immer. Mit einigen Ausnahmen können Personen in Gebieten, die unter staatlicher Kontrolle stehen, die Regierung im Allgemeinen öffentlich und privat kritisieren und Angelegenheiten von öffentlichem Interesse erörtern, ohne Angst vor offiziellen Repressalien zu haben. Die Gesetze verbieten Aussagen, welche die territoriale Integrität des Landes bedrohen, Kriege fördern, Rassen- oder Religionskonflikte auslösen oder die russische Aggression gegen das Land unterstützen, und die Regierung verfolgt Personen gemäß dieser Gesetze. Die Regierung setzte Maßnahmen um Informationen, Medien oder einzelne Journalisten zu verbieten bzw. zu blockieren, wenn diese als Bedrohung für die nationale Sicherheit betrachtet werden oder Positionen geäußert haben, die nach Ansicht der Behörden die Souveränität und territoriale Integrität des Landes untergraben. Die betrifft vor allem Medien russischer Herkunft oder pro-russischer Ausrichtung. Unabhängige Medien sind aktiv und bringe eine weite Bandbreite an Meinungen zum Ausdruck. In Privatbesitz befindliche Medien - die erfolgreichsten gehören einflussreichen Oligarchen - transportieren oft die Ansichten ihrer Eigentümer, günstige Berichterstattung für ihre Verbündeten und Kritik an politischen und geschäftlichen Rivalen. Unabhängige Medien haben Schwierigkeiten zu konkurrieren. Problematische Praktiken wirken sich weiterhin auf die Medienfreiheit aus, darunter Selbstzensur, günstige Berichterstattung gegen Geld ("Jeansa") und verzerrte Berichterstattung in Medienunternehmen, deren Eigentümer enge Verbindungen zur Regierung oder zu politischen Oppositionspartnern haben. Gewalt gegen Journalisten ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beklagen mangelnde Gegenmaßnahmen der Regierung. 2018 wurden bis September Angaben zufolge 22 Angriffe und 24 Drohungen gegen Journalisten gemeldet, verglichen mit 19 Angriffen und 22 Drohungen im selben Zeitraum 2017. Besonders betroffen ist Berichterstattung, welche als nicht ausreichend patriotisch empfunden wird. Rufmordklagen gegen Journalisten werden von Personen des öffentlichen Interesses immer wieder eingesetzt oder angedroht, um die Berichterstattung zu beeinflussen. Berichten zufolge hat sich die Freiheit des Internet in der Ukraine zum zweiten Mal in Folge verschlechtert, weil die Behörden stärker gegen Meinungsbekundungen von Social MediaNutzern vorgehen, die als kritisch gegenüber der Position der Ukraine im Donbass-Konflikt wahrgenommen werden. Einer Medienbeobachtungsgruppe zufolge haben die Behörden 2017 gegen 40 Benutzer oder Administratoren von Social-Media-Plattformen strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet, weil ihre Inhalte die verfassungsmäßige Ordnung des Landes untergraben oder die nationale Sicherheit gefährdet hätten; 37 von ihnen wurden vor Gericht gestellt. Besonders "separatistische" oder "extremistische" Aktivitäten wurden 2018 besonders geahndet; User wurden festgenommen zu Geld- oder Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2019). Das unabhängige Institute of Mass Information registrierte von Januar bis November 2018 201 Verletzungen der Medienfreiheit. Von diesen Vorfällen betrafen 28 Gewalt sowie 27 Drohungen und Einschüchterungen. Die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden der Ukraine versagen manchmal beim Schutz der Rechte von Journalisten (FH 4.2.2019).
Mit Ausnahme eines Verbots der Kommunistischen Partei von 2015 gibt es keine formellen Hindernisse für die Gründung und den Betrieb politischer Parteien. In den letzten Jahren sind mehrere politische Parteien entstanden. Ein Gesetz aus dem Jahr 2016 regelt die staatliche Finanzierung im Parlament vertretener Parteien. Oppositionsgruppen sind im Parlament vertreten, und ihre politischen Aktivitäten werden im Allgemeinen nicht durch administrative Beschränkungen behindert. Neue Kleinparteien haben Schwierigkeiten mit etablierten Parteien zu konkurrieren, welche die Unterstützung politisch vernetzter Oligarchen genießen (FH 4.2.2019).
Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird von der Verfassung garantiert und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert (AA 22.2.2019). Laut Befragungen sind 68,2 Prozent der Ukrainer christlich-orthodox. Davon gehören 26,5 Prozent zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Kiewer Partiartchats (UOC-KP), 12 Prozent zur ukrainisch-orthodoxen Kirche des Moskauer Partiartchats (UOC-MP), 1,1 Prozent zur ukrainisch-autokephalen Kirche (UAOC) und 24,3 Prozent bezeichnen sich als "schlicht orthodox". 7,8 Prozent der Ukrainer sind griechischkatholisch, 1,3 Prozent jüdisch, 1 Prozent römisch-katholisch, 0,8 Prozent protestantisch und 0,2 Prozent muslimisch. Weitere 7 Prozent identifizieren sich als "Christen" und 12,6 Prozent geben an, dass sie keiner religiösen Gruppe angehören (USDOS 29.5.2018). Kleinere religiöse Gruppen berichten jedoch weiterhin von einer gewissen Diskriminierung. Im Oktober 2018 erhielten ukrainisch-orthodoxe Kleriker die Erlaubnis der religiösen Behörden in Istanbul, dem historischen Sitz der östlichen orthodoxen Kirche, zur Errichtung einer eigenen autokephalen Kirche außerhalb der kanonischen Gerichtsbarkeit der russisch-orthodoxen Kirche. Im Dezember wurde diese neue orthodoxe Kirche der Ukraine gegründet, um die bestehenden Denominationen zu vereinigen. Der Kreml und die Kirchenführer in Moskau lehnen diesen Schritt entschieden ab. Es gibt Berichte, dass der ukrainische Geheimdienst aus Furcht vor Provokationen russisch-orthodoxe Kirchen und Priesterheime durchsuchte und Kleriker, die als loyal zu Moskau gelten, zum Verhör vorgeladen wurden. Diese Auseinandersetzung hindert jedoch die meisten Menschen nicht wesentlich daran, den Glauben ihrer Wahl zu praktizieren (FH 4.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019 - USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436899.html , Zugriff 26.4.2019
Haftbedingungen
Die Bedingungen in ukrainischen Haftanstalten und Gefängnissen liegen weiterhin unter internationalen Standards und sind zuweilen eine ernsthafte Bedrohung für Leben und Gesundheit der Gefangenen. Misshandlung, Mangel an medizinischer Versorgung und Ernährung, schlechte Hygiene und Mangel an Licht sind anhaltende Probleme. Es gibt Berichte über Misshandlung durch Wachpersonal und über Gewalt unter den Gefangenen. Die Bedingungen in polizeilichen ("temporären") Hafteinrichtungen und Untersuchungshafteinrichtungen sind härter als in Gefängnissen mit niedriger und mittlerer Sicherheitsstufe. Die temporären Haftanstalten haben oft ein Ungezieferproblem und es mangelt an sanitären und medizinischen Einrichtungen. Die Qualität der Lebensmittel in den Gefängnissen ist im Allgemeinen schlecht. Internationale Beobachter dokumentierten systemische Probleme bei der medizinischen Versorgung, Fehlen einer ärztlichen Schweigepflicht, mangelnde Dokumentation von Verletzungen und mangelnder Zugang zu Fachärzten, einschließlich gynäkologischer und psychiatrischer Versorgung. Es mangelt auch an Medikamenten aller Art, welche daher meist von den Häftlingen und ihren Angehörigen bereitgestellt werden müssen. Die Bedingungen in den Krankenrevieren der Gefängnisse sind schlecht und unhygienisch. Bürokratische und finanzielle Hürden verhindern die rasche Überführung von Insassen in städtische Krankenhäuser. Obwohl Häftlinge und Gefangene Beschwerden über die Haftbedingungen beim Menschenrechtsbeauftragten einreichen dürfen, berichten Menschenrechtsorganisationen, dass Gefängnisbeamte weiterhin Beschwerden zensieren oder entmutigen bzw. bestrafen. Die Behörden gehen Beschwerden nicht immer ordnungsgemäß nach. Es gibt auch Berichte, dass Beamte trotz gesetzlicher Besuchsrechte manchmal Bestechungsgelder verlangten um Besuchern Zugang zu den Gefangenen zu gewähren. Die Regierung erlaubt im Allgemeinen das unabhängige Monitoring von Gefängnissen und Haftanstalten durch internationale und lokale Menschenrechtsgruppen (USDOS 13.3.2019).
Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind weiterhin Gegenstand wiederkehrender Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Als Teil der allgemeinen Reformbemühungen der Ukraine ist derzeit auch eine Reform des Strafvollzugs im Gange, die auch aktiv von der EU unterstützt wird, sich jedoch noch in einem recht frühen Stadium befindet. Als Prioritäten für die anstehende Gefängnisreform nennt die Regierung eine bessere Bezahlung und Ausbildung des Gefängnispersonals, transparente Auswahlverfahren und eine "Demilitarisierung" der Personalstrukturen. Für eine tatsächliche und merkbare Verbesserung der Haftbedingungen in der Ukraine fehlen jedoch in erster Linie die budgetären Mittel, weshalb weiterhin viele Gefängnisse und dementsprechend auch die Haftbedingungen in diesen unter anderem auch unter Personalmangel leiden. Trotz eines Anstiegs der Zahl der Insassen sank das Budget 2018 unter das Niveau von 2017 (ÖB 2.2019). Es wurde eine Roadmap gegen Folter erstellt, die Maßnahmen enthält um die Ermittlungen in Folterfällen, die medizinische Versorgung in Gefängnissen, die Haftbedingungen und die Beschwerdemechanismen zu verbessern. Das Justizministerium hat zusammen mit Experten des Europarats neue Standards für das Gefängnismanagement erarbeitet (Gov 30.1.2019).
Die Art der Haftanstalt, in der ein Verurteilter seine Haftstrafe verbüßen muss, wird von den Behörden gemäß den ukrainischen Gesetzen festgelegt. Straftäter, welche zum ersten Mal für eine schwere oder besonders schwere Straftat eine Freiheitsstrafe verbüßen, werden in Haftanstalten des mittleren Sicherheitsniveaus untergebracht. Straftäter, welche zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt wurden oder denen eine Todesstrafe (zu einem Zeitpunkt als es diese in der Ukraine noch gab) in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde, werden in Haftanstalten des maximalen Sicherheitsniveaus untergebracht. Ebenso betrifft dies Straftäter, welche für besonders schwere, in Haftanstalten des mittleren Sicherheitsniveaus begangene, vorsätzliche Verbrechen verurteilt wurden (VB 7.3.2019.)
Die Ombudsperson der Ukraine fungiert gleichzeitig als Nationaler Präventivmechanismus (NPM) des Optionalen Protokolls des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigen sich bei derartigen Besuchen kooperativ. Da das Staatsbudget keine entsprechenden Mittel vorsieht, werden diese Besuche bislang über internationale Geldgeber finanziert. Zwischen 2012 und 2018 wurden 1.363 Kontrollbesuche im Rahmen des NPM durchgeführt (Gov 30.1.2019; vgl. ÖB 2.2019).
Quellen: - Gov - Government of Ukraine (30.1.2019): UN Human Rights
Committee: Eighth periodic report submitted by Ukraine under article 40 of the Covenant, due in 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457251/1930_1548938085_g1902199.pdf , Zugriff 24.4.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019 - VB - Verbindungsbeamter des BM.I für Ukraine (7.3.2019): Auskunft der ukrainischen Nationalpolizei, per E-Mail
Todesstrafe
Die Todesstrafe wurde 1999 vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, im Jahr 2000 abgeschafft und durch lebenslange Haft ersetzt. Die Ukraine ist Vertragsstaat des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019
Ethnische Minderheiten
Die Misshandlung von Angehörigen von Minderheitengruppen und die Belästigung von Ausländern mit nicht-slawischem Aussehen sind weiterhin ein Problem. NGOs zufolge haben fremdenfeindliche Vorfälle 2018 erheblich zugenommen. Für eine Anklage als Hassverbrechen (Straftaten, die aus ethnischem, nationalem oder religiösem Hass resultieren) ist der Nachweis eines Vorsatzes erforderlich, was es schwierig macht, dies in der Praxis anzuwenden. 2018 wurden auch nur zwei entsprechende Strafverfahren eröffnet. Polizei und Staatsanwaltschaft klagen solche Straftaten weiterhin eher als Hooliganismus oder verwandte Straftaten an (USDOS 13.3.2019).
Diskriminierung von Roma ist ein Problem. Es gab 2018 zahlreiche Berichte über gesellschaftliche Gewalt gegen Roma, die häufig von bekannten Mitgliedern gewalttätiger nationalistischer Gruppen begangen wurden, darunter mehrere Angriffe auf Roma-Siedlungen, bei denen es auch ein Todesopfer gab. In einigen Fällen lehnte es die Polizei ab, einzugreifen und es gibt selten Ermittlungen wegen solcher Gewalttaten (ÖB 2.2019; vgl. FH 4.2.2019, HRW 17.1.2019, USDOS 13.3.2019).
2012 wurde eine nicht abschließende Liste von Gründen eingeführt, aus denen Diskriminierung verboten ist. Diese Schutzmaßnahmen werden jedoch uneinheitlich durchgesetzt, und die Minderheit der Roma wird in der Praxis erheblich diskriminiert. Roma erhalten im Allgemeinen nur dann Schutz durch Polizei oder Justiz, wenn erheblicher zivilgesellschaftlicher Druck aufgebaut wird (FH 4.2.2019; vgl. HRW 17.1.2019). Im Westen des Landes kommt es teilweise zur Segregation von Roma in Schulen und medizinischen Einrichtungen, in einigen Fällen wurde ihnen medizinische Versorgung verweigert, was einen Verstoß gegen ukrainisches Recht darstellt (ÖB 2.2019). Roma sind weiterhin erheblichen Hindernissen beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, Sozialleistungen und Beschäftigung ausgesetzt. Laut einer Roma-NGO behindern lokale Behörden Roma einerseits beim Zugang zu Ausweisdokumenten und andererseits beim Zugang zu Bildung, wenn Ausweisdokumente fehlen. Zudem werden Roma-Kinder oft in eigenen Schulen oder Klassen mit geringerer Qualität unterrichtet (USDOS 13.3.2019).
Weitere ethnische bzw. sprachliche Minderheiten in der Ukraine sind laut der letzten Volkszählung von 2001 auch noch Weißrussen (0,6% der Bevölkerung), Moldauer (0,5%), Bulgaren (0,4%), Ungarn, Polen und Rumänen (jeweils 0,3%) und Juden (0,2%). Vor allem die Ereignisse rund um den sogenannten Euromaidan 2014 führten in der Ukraine zu einem verstärkten Bestreben, sich von Russland abzugrenzen und die eigene Identität als Nation zu stärken. In diesem Zusammenhang wurden auch zahlreiche Gesetzesentwürfe zur Stärkung der Rolle der ukrainischen Sprache, beispielsweise in Hochschulen und im Sekundarschulbereich, verabschiedet. Diese Initiativen wurden und werden zum Teil auch von westlichen Nachbarn der Ukraine kritisiert, allen voran von Ungarn, die darin eine Benachteiligung angestammter Minderheiten und ihrer verfassungsmäßigen Rechte sehen (ÖB 2.2019).
Quellen: - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019
- Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 - HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019
- Ukraine, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002209.html, Zugriff 25.4.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019
Russen / Russischsprachige
Russisch ist in der Ukraine keineswegs die Sprache einer kleinen Minderheit und wird nicht bloß regional begrenzt gesprochen. Zwar haben sich bei der Volkszählung 2001 nur 17 Prozent der Bevölkerung zu ethnischen Russen erklärt, aber es sprechen bedeutend größere Gruppen der Bevölkerung in ihren Familien und im Alltag Russisch. In derselben Volksbefragung gaben 34 Prozent der Befragten an, in ihrer Alltagskommunikation Russisch zu verwenden, 64 Prozent hingegen Ukrainisch. In genaueren Untersuchungen wurde 1994 festgestellt, dass 37 Prozent nur Russisch, 33 Prozent nur Ukrainisch und 29 Prozent beide Sprachen gleichermaßen nutzen. Bis 2008 hatte sich das Verhältnis etwas zugunsten der Staatssprache geändert, aber nicht grundlegend gewandelt. Nun waren die entsprechenden Zahlen: 31, 45 und 25 Prozent. Russisch wird also im Durchschnitt des Landes von ca. der Hälfte der Bevölkerung aktiv verwendet und damit nur etwas weniger häufig als Ukrainisch (DS 19.10.2017).
Aus einer Analyse von Meinungsumfragen aus den Jahren 2012, 2014 und 2017 geht hervor, dass russischsprachige Staatsbürger der Ukraine keine homogene Gemeinschaft bilden, die sich durch ihre bevorzugte Sprache vom Rest der Bevölkerung abhebt, sondern dass sie seit Ende der Sowjetunion eine allmähliche Verwandlung von Sowjetbürgern zu Ukrainern vollzogen haben, ohne ihren Sprachgebrauch groß zu verändern. Die meisten von ihnen sprechen weiterhin vorwiegend Russisch, ohne dass es jedoch entscheidend für ihre Selbstidentifikation wäre. Vor dem Hintergrund der Aggression Russlands gegen die Ukraine seit dem Jahr 2014 haben sich die meisten Russischsprachigen in der Ukraine, selbst in den vermeintlich prorussischen Regionen im Osten und Süden, eher mit ihren Mitbürgern als mit ihren sprachlichen "Brüdern" auf der anderen Seite der Grenze verbündet. Trotzdem brachte das einen großen Teil der Bevölkerung der Ukraine nicht dazu, den Sprachgebrauch radikal zu verändern. Obwohl viele Menschen, die zuvor fast ausschließlich Russisch gesprochen haben, nun stärker bereit zu sein scheinen, in bestimmten Bereichen etwas Ukrainisch zu verwenden, handelt es sich dabei keineswegs um einen umfassenden Wechsel von einer Sprache zur anderen. Die meisten Menschen in der heutigen Ukraine nutzen sowohl Ukrainisch als auch Russisch in ihrem Alltag, wenn auch zu einem sehr unterschiedlichen Anteil. 21 Prozent (2017) kombinieren die beiden Sprachen in mehr oder weniger gleich großen Teilen. Die Förderung des Ukrainischen führte nicht zu einer systematischen Diskriminierung der Russischsprachigen (UA 22.2.2018).
Es gibt in der Ukraine generell keine Diskriminierung der russischen Sprache. Seit Beginn des Konflikts in der Ostukraine im Jahr 2014, fördert die ukrainische Politik jedoch in bestimmten Bereichen aktiv die ukrainische Sprache, was von der Mehrheit der Menschen unterstützt wird. Manche russische soziale Netzwerke wurden in der Ukraine abgeschaltet, weil sie von russischen Sicherheitsdiensten genutzt wurden, auch um kriegsrelevante Daten abzuschöpfen. Ebenso wurden manche russischsprachige Bücher sowie Radio- und Fernsehsendungen wegen antiukrainischer Propaganda verboten. Der Import russischer Bücher ist seit 2017 generell erschwert. Schließlich verabschiedete das Parlament 2017 ein Gesetz, das die elektronischen Massenmedien, die landesweit senden, verpflichtet, 75% der Zeit in ukrainischer Sprache auszustrahlen. Für die regionalen Radio- und Fernsehstationen gilt eine Quote von 50%. Ein wichtiges Medium der Ukrainisierung ist seit vielen Jahren das Schul- und Vorschulwesen. Heute besuchen fast 90% der Schüler Schulen mit ukrainischer Unterrichtssprache. Dieser Anteil ist höher als der Anteil der ukrainischen Muttersprachler an der Bevölkerung, entspricht aber in etwa dem Anteil der Bürger, die sich als Ukrainer identifizieren. Neun Prozent der Schüler lernen an Schulen mit russischer Unterrichtssprache, 25 Prozent der Schüler haben Russisch als obligatorisches Unterrichtsfach. Gegen dieses Gesetz hat insbesondere die ungarische Regierung lautstarken Protest auf internationaler Bühne bis in die Nato hinein erhoben. In der Praxis funktioniert die allgegenwärtige ukrainisch-russische Zweisprachigkeit im Alltag in aller Regel erstaunlich reibungslos (UA 29.11.2017). Fälle von Einschüchterung oder Angriffen gegen ethnische Russen oder Vertreter der In der russischsprachigen Gemeinschaft in der Ukraine, sind sporadische Einzelfälle (Cedoca 10.1.2018).
Ende April 2019 hat das ukrainische Parlament ein Gesetz zur Stärkung der ukrainischen Sprache verabschiedet. Das Gesetz verpflichtet vor allem Beamte auf allen Ebenen, wie Lehrer, Ärzte, Soldaten usw. in Zukunft Ukrainisch zu sprechen, da andernfalls Geldstrafen drohen. Zudem wird die Quote für ukrainischsprachige Fernseh- und Radioprogramme weiter erhöht. Während Russland die neue Regelung verurteilte, kündigte der frisch gewählte designierte Präsident Selenskiy an, das Gesetz nach seinem Amtsantritt im Juni zu überprüfen. Der scheidende ukrainische Präsident Petro Poroschenko befürwortet das Gesetz. Das Gesetz wird in drei Jahren voll wirksam. Bis dahin sollen Zentren zum Erlernen der ukrainischen Sprache im Land eröffnet werden (DS 25.4.2019, Reuters 25.4.2019).
Quellen: - Cedoca - Documentation and Research Department of the CGRS (Commissariaat-generaal voor de Vluchtelingen en de Staatlozen) (10.1.2018): OEKRAÏNE. Actuele situatie voor etnische Russen en/of Russischsprekenden op het gebied van taal en veiligheid, per E-Mail - DS - Der Standard (19.10.2017): Russisch als Minderheitensprache in der Ukraine?,
https://derstandard.at/2000065947266/Russisch-als-Minderheitensprache-in-der-Ukraine , Zugriff 26.4.2019 - DS - Der Standard (25.4.2019): Ukrainisches Parlament beschließt Gesetz gegen russische Sprache, https://derstandard.at/2000102038947/Ukrainische-Parlament-beschliesst-Gesetzgegen-russische-Sprache?ref=rec , Zugriff 7.5.2019 - Reuters (25.4.2019): Ukraine passes language law, irritating president-elect and Russia, https://uk.reuters.com/article/uk-ukraine-parliament-language/ukraine-passes-language-lawirritating-president-elect-and-russia-idUKKCN1S1111 , Zugriff 25.4.2019 - UA - Ukraine Analysen (22.2.2018): Die Identität der russischsprachigen Staatsbürger der Ukraine, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen196.pdf , Zugriff 26.4.2019 - UA - Ukraine Analysen (29.11.2017):
Sprachenpolitik in der Ukraine, http://www.laenderanalysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen192.pdf , Zugriff 26.4.2019
Bewegungsfreiheit
Die Bewegungsfreiheit ist in der Ukraine generell nicht eingeschränkt; im Osten des Landes jedoch ist diese aufgrund der Kampfhandlungen faktisch eingeschränkt (FH 4.2.2019).
Die Ausreisefreiheit wird (vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen) von der Verfassung jedermann garantiert (Art. 33 Absatz 1). Ausreisewillige ukrainische Staatsangehörige müssen über einen Reisepass verfügen, der auf Antrag und gegen Gebühr ausgestellt wird. Bei Ausreise zur ständigen Wohnsitznahme im Ausland ist zudem zuvor ein gebührenpflichtiger Sichtvermerk des Staatlichen Migrationsdienstes (DMSU) einzuholen und dem Zoll eine Bestätigung des zuständigen Finanzamts vorzulegen, dass sämtliche steuerlichen Verpflichtungen erfüllt wurden. Weitergehende Verpflichtungen sind seit 1. Oktober 2016 entfallen. Die ukrainischen Grenzschutzbehörden kontrollieren an der Grenze, ob ein gültiger Reisepass und gegebenenfalls ein Visum des Ziellandes vorliegen, der Ausreisende in der Ukraine zur Fahndung ausgeschrieben ist oder andere Ausreisehindernisse bestehen. Ausgereist wird vornehmlich auf dem Landweg. Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass bei männlichen Reisenden an der Grenze der Status ihrer Wehrpflicht überprüft wird (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002619.html , Zugriff 24.4.2019 15. IDPs und Flüchtlinge Die Zahl der vom ukrainischen Sozialministerium registrierten Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons - IDPs) lag gemäß der neu errichteten IDP-Datenbank des ukrainischen Sozialministeriums am 22.4.2019 bei 1.370.000 Personen (UNHCR 4.2019). Diese erhalten (nur) durch die Registrierung Zugang zu Sozialleistungen. Nach Angaben von UNHCR halten sich darüber hinaus ca. 1,55 Mio. Ukrainer in Nachbarländern, v. a. in Russland und Belarus, auf (Asyl und andere legale Formen des Aufenthalts) (AA 22.2.2019).
Binnenvertreibung ist nach wie vor ein Problem. Auf der einen Seite gab es 2018 aufgrund von Kampfhandlungen, oder weil das Militär Häuser beschlagnahmte, ca. 12.000 zusätzliche IDPs. Auf der anderen Seite mussten zahlreiche ältere bzw. ärmere Personen in gefährdete Gebiete zurückkehren. 2018 konnten rund 12.000 IDPs ihre Situation in irgend einer Weise zumindest partiell verbessern, etwa durch Heimkehr oder lokale Integration (IDMC 5.2019).
Die Regierung arbeitet mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die meisten Binnenvertriebenen leben in Gebieten, die unmittelbar an die Konfliktzonen angrenzen, in den von der Regierung kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk, sowie in den Gebieten Charkiw, Dnipropetrovsk und im Oblast Zaporizhzhya. Laut Gesetz stehen IDPs monatlich UAH 880 (USD 33) für Kinder und Menschen mit Behinderungen und UAH 440 (USD 16) pro Monat für arbeitsfähige Personen zu; für Familien jedoch maximal UAH 2.400 (USD 89) monatlich. Laut Gesetz sollte die Regierung den Vertriebenen auch eine Unterkunft zur Verfügung stellen, was jedoch mangelhaft umgesetzt wird. Im Oktober 2018 unterzeichnete der Präsident ein Gesetz, das die vorrangige Bereitstellung von Sozialwohnungen für Binnenvertriebene mit Behinderungen vorsieht. Wohnen, Beschäftigung und Empfang von Sozialleistungen und Renten sind weiterhin die größten Sorgen der Binnenvertriebenen. Für die Integration der IDPs fehlt eine Regierungsstrategie, was die Bereitstellung von Finanzmitteln behindert. Lokale Organisationen der Zivilgesellschaft und internationale humanitäre Organisationen leisten zeitweise den größten Teil der Hilfe für Binnenvertriebene, ihre Kapazitäten sind aber eingeschränkt. UN-Agenturen berichten, der Zustrom von Binnenvertriebenen habe im Rest des Landes zu Spannungen im Wettbewerb um die knappen Ressourcen (Wohnungen, Arbeitsplätze, Bildung) geführt. Insbesondere in den von der Regierung kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk haben IDPs oft ungenügenden Zugang zu sanitären Einrichtungen, Unterkünften und Trinkwasser. NGOs berichteten von Diskriminierung von IDPs bei der Arbeitssuche. IDPs haben nach wie vor Schwierigkeiten beim Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung und Dokumenten. Medienberichten zufolge haben IDPs von der Krim eingeschränkten Zugang zu Bankdienstleistungen, obwohl ein Gerichtsurteil von 2015 den Banken diese Praxis verbietet (USDOS 13.3.2019).
Das ukrainische Ministerkabinett hat im November 2018 den Aktionsplan zur Umsetzung der nationalen IDP-Strategie beschlossen, der jegliche Diskriminierung beseitigen und die sozialen Rechte der IDPs schützen soll (UNOCHA 31.12.2018).
Im Dezember 2018 hatten 44% der befragten IDPs einen Arbeitsplatz; zum Vergleich lag in der ukrainischen Gesamtbevölkerung die Beschäftigungsquote bei 58%. IDPs hatten im Dezember 2018 durchschnittlich pro Kopf UAH 2.429 Einkommen; zum Vergleich lag dieses in der ukrainischen Gesamtbevölkerung bei UAH 4.382. 60% der IDP-Haushalte sind von einem Einkommen aus Arbeit abhängig, 51% von staatlicher IDP-Beihilfe, 34% von einer Pension und 25% von Sozialhilfe. 49% der IDPs leben in gemieteten Wohnungen, 10% in gemieteten Häusern, 4% in gemieteten Zimmern, 4% in Dormitorien und 3% in IDP-Unterbringungszentren. 14% leben bei Verwandten oder Gastgeberfamilien, 12% leben in eigenen Immobilien. 69% der IDPs leben seit drei Jahren an ihrem derzeitigen Aufenthaltsort, 28% wollen nach Ende des Konflikts zurückkehren, 34% schließen eine Rückkehr auch nach Ende des Konflikts aus. 50% waren seit der Binnenvertreibung in der Konfliktzone zu Besuch, meist um sich um Besitz zu kümmern oder Freunde/Verwandte zu besuchen. 5% wollen sich eine Arbeit im Ausland suchen. 50% sagen sie seien in der Gastgemeinde integriert, 34% meinen sie seien teilweise integriert. Am wichtigsten für die Integration erachten IDPs eine Unterkunft, regelmäßiges Einkommen und einen Arbeitsplatz. 12% der IDP-Haushalte waren seit Konfliktbeginn von einer Suspendierung von Sozialleistungen betroffen (meist wegen Abwesenheit während einer Überprüfung durch das Sozialamt oder wegen fehlender Erwerbstätigkeit). Meist betraf die Suspendierung die monatliche Wohnzulage oder eine Rente. 67% der Betroffenen waren sich über die Gründe der Suspendierung und 61% über das Prozedere für eine Wiederaufnahme der Zahlungen im Klaren. Durchschnittlich dauerten die Suspendierungen 5,6 Monate; wenn die Wiederaufnahme eingeklagt werden musste, dauerte dies durchschnittlich 8 Monate. 80% der IDPs fühlen sich an ihrem Aufenthaltsort sicher, 16% fühlen sich des Abends und in entlegenen Gegenden unsicher, 3% fürchten Kriegshandlungen und 5% fürchten Kriminalität (IOM 12.2018). Im Dezember 2018 zeigten sich 68% der befragten IDPs sind zufrieden mit dem Zugang zu medizinischer Versorgung (IOM 12.2018). Im September 2018 frequentierten 71% der befragten IDPs öffentliche medizinische Einrichtungen. Von jenen IDPs die trotz gesundheitlicher Probleme keinen Arzt aufsuchten, sagten 48%, sie hätten dies aus Mangel an Geld nicht getan. 41% zeigten sich mit den Kosten medizinischer Leistungen unzufrieden, 58% mit den Kosten von Medikamenten. 43% bezeichneten Medikamente, die sie normalerweise benötigen, als unleistbar. 89% konnten binnen 30 Minuten zu Fuß eine Apotheke erreichen, 59% eine Ambulanz und 54% eine Klinik (IOM 9.2018).
Pensionisten aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine müssen sich weiterhin in dem von der Regierung kontrollierten Gebiet als IDPs registrieren lassen und aufhalten, um Zugang zu ihren Renten zu erhalten. Die Vorschriften verbieten ihnen, mehr als 60 aufeinanderfolgende Tage in den Separatistengebieten zu verbringen, oder sie riskieren die Suspendierung ihrer Renten. Mittlerweile gibt es Gerichtsurteile gegen diese diskriminierenden Bestimmungen, die jedoch von der Regierung noch umzusetzen sind (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). In den ersten fünf Monaten des Jahres 2018 passierten mehr als eine Million Menschen die fünf Kontrollpunkte zum Übertritt der Kontaktlinie, das waren ca. 33.500 Übertritte pro Tag. Die meisten der Reisenden sind über 60 Jahre alt. Es handelt sich meist um Pensionisten, die in den von der Regierung kontrollierten Gebieten als IDPs registriert sind, aber in den Separatistengebietenwohnen, und daher die Kontaktlinie regelmäßig überqueren müssen, um ihre Pensionsberechtigung nicht zu verlieren (UN 7.2018b).
Im August 2014 waren in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der Ostukraine (NGCA) 1.278.200 Rentner registriert. Nach Ausbruch des Konflikts mussten sie in die von der Regierung kontrollierten Gebiete (GCA) reisen und sich als IDPs registrieren lassen, wenn sie weiterhin eine ukrainische Pension beziehen wollten. 75% der Betroffenen in der NGCA taten dies. Viele behielten jedoch ihren Wohnsitz in der NGCA und pendelten regelmäßig über die Kontaktlinie hin und her. Die ukrainischen Behörden wussten das und akzeptierten es zunächst. Mitte 2016 begannen die ukrainischen Behörden den Aufenthalt der als IDPs registrierten Rentner in der GCA zu überprüfen. Es wurde ein Verifizierungsprozess geschaffen, der Besuche von Sozialarbeitern, Identitätsüberprüfung bei der Pensionsauszahlung auf der Bank und Datenaustausch mit Grenzwache und Geheimdienst zur Ermittlung der in der NGCA verbrachten Zeit enthielt. 2017 wurden plötzlich Rentenzahlungen an jene Pensionäre eingestellt, die in der GCA einen offiziellen Wohnsitz angemeldet und folglich ihre IDP-Zertifikate zurückgelegt hatten. Grund hierfür war eine Bestimmung, der zufolge bei einem Wohnsitzwechsel auch der Papierakt zum neu zuständigen Büro des Pensionsfonds migriert werden muss, was in jenen Fällen faktisch nicht möglich war. Von dieser Regelung sind nur Rentner mit IDP-Status ausgenommen. Der ukrainische Pensionsfonds suspendiert weiterhin die Pensionen von Empfängern, die verdächtigt werden sich permanent in der NGCA aufzuhalten. Von 123.500 Personen, die eine Wiederaufnahme der Zahlungen beantragt haben, wurde dem in 91.600 Fällen nachgekommen. Im April 2018 wurde festgelegt, dass bei der Wiederaufnahme der Zahlungen auch nicht ausbezahlte Beträge vom Fonds nachgezahlt werden müssen, hat aber verabsäumt dafür einen verwaltungstechnischen Ablauf vorzugeben, sodass dies in der Praxis nicht passiert. Im Juli 2018 erhielten 477.000 Rentner mit Meldeadresse in der NGCA weiterhin eine staatliche ukrainische Pension (UN 7.2018a)
Am 29. Januar 2019 wurden Änderungen mehrerer Beschlüsse präsentiert, welche die Zahlung von Sozialleistungen und Renten an IDPs regeln. In dem Entwurf wird vorgeschlagen, Renten vom Überprüfungsprozess hinsichtlich der Leistungen an Binnenvertriebene auszunehmen und dass Rentner, die ihren IDP-Status zurücklegen, weil sie einen offiziellen Wohnsitz in der GCA anmelden, ebenfalls von der günstigeren Regelung für IDP-Pensionäre profitieren sollen. Der Entwurf enthält aber auch problematische Bestimmungen, wie die Notwendigkeit für IDPPensionisten, ein Lichtbild für ihren Pensionsakt bereitzustellen, während andere Bürger dies nicht tun müssen. Außerdem dupliziert dies die physische Verifizierung (inklusive Foto), welche Oshchadbank als pensionsauszahlende Stelle vornehmen muss. Die Bank gibt hierzu eine Scheckkarte mit Foto des Inhabers aus. Der Entwurf enthält auch keinerlei Bestimmungen zum Informationsprozess für Rentner, denen die Pensionszahlungen suspendiert werden. Der Prozess der Wiederaufnahme der Pensionszahlungen ist langwierig und geht oftmals über die Gerichte (UNHCR 2.2019).
Im Dezember 2018 gaben 5% der befragten IDPs in der Ukraine an, Opfer von Diskriminierung geworden zu sein (6% weniger als noch drei Monate zuvor). Die wahrgenommene Diskriminierung betrifft in den meisten Fällen die Unterbringung (31%), medizinische Versorgung (31%), das Berufsleben (30%) und Interaktion mit der lokalen Bevölkerung (26%). Die effektivsten Wege um Diskriminierung bekannt zu machen, sind für 46% der befragten Betroffenen die Medien, für 44% die lokalen Behörden für 40% die zentralen Regierungsbehörden, für 32% internationale Organisationen und für 30% NGOs (IOM 12.2018).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/ dokument/2002209.html, Zugriff 25.4.2019 - IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (ehemals: Global IDP Project) (5.2019): Ukraine Figure Analysis - Displacement related to conflict and violence,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2008303/GRID 2019 - Conflict Figure Analysis UKRAINE.pdf, Zugriff 21.5.2019 - IOM - International Organization for Migration (9.2018): National Monitoring System Report on the Situation of Internally Displaced Persons,
www.iom.org.ua/sites/default/files/nms_round_11_eng_press.pdf , Zugriff 26.4.2019 - IOM - International Organization for Migration (12.2018): National Monitoring System Report on the Situation of Internally Displaced Persons,
http://iom.org.ua/sites/default/files/nms_round_12_eng_screen.pdf , Zugriff 24.5.2019
- UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (4. 2019): Operational Update, https://www.unhcr.org/ua/wp-content/uploads/sites/38/2019/05/2019-04-UNHCRUKRAINE-Operational-Update_FINAL.pdf , Zugriff 27.5.2019 - UNHCR - Office of the United Nations High Commissioner for Refugees (2.2019): Legislative Update - February 2019,
https://www.unhcr.org/ua/wp-content/uploads/sites/38/2019/04/2019-02Legislative-Update-1.pdf , Zugriff 7.5.2019 - UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.12.2018): Situation Report: Ukraine - 31 Dec 2018,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1456512/1788_1547736289_3112.pdf , Zugriff 30.1.2019 - UN - United Nations UKRAINE (7.2018a): Pensions for IDPs and persons living in the areas not controlled by the Government in the east of Ukraine, https://www.unhcr.org/ua/wp-content/uploads/sites/38/2018/09/Pensions-for-IDPs-and-personsliving-in-the-areas-not-controlled-by-the-Goverment-in-the-east-of-Ukraine.pdf , Zugriff 17.5.2019 - UN - United Nations UKRAINE (7.2018b): Freedom of movement across the line of contact in eastern Ukraine, https://www.unhcr.org/ua/wp-content/uploads/sites/38/2018/09/Freedom-ofmovement-across-the-line-of-contact-in-eastern-Ukraine-2.pdf , Zugriff 17.5.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019):
Country Report on Human Rights Practices 2018 - Ukraine, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004269.html , Zugriff 29.3.2019
Grundversorgung
Die makroökonomische Lage stabilisiert sich nach schweren Krisenjahren auf niedrigem Niveau. Ungeachtet der durch den Konflikt in der Ostukraine hervorgerufenen, die Wirtschaftsentwicklung weiter erheblich beeinträchtigenden, Umstände, wurde 2018 ein Wirtschaftswachstum von geschätzten 3,4% erzielt; die Inflation lag bei rund 10%. Der gesetzliche Mindestlohn wurde zuletzt mehrfach erhöht und beträgt seit Jahresbeginn 4.173 UAH (ca. 130 EUR) (AA 22.2.2019).
Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Vor allem in ländlichen Gebieten stehen Strom, Gas und warmes Wasser zum Teil nicht immer ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade von auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kindern bleibt daher karg. Die Ukraine gehört zu den ärmsten Ländern Europas. Ohne zusätzliche Einkommensquellen (in ländlichen Gebieten oft Selbstversorger) bzw. private Netzwerke ist es insbesondere Rentnern und sonstigen Transferleistungsempfängern kaum möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sozialleistungen und Renten werden zwar regelmäßig gezahlt, sind aber trotz regelmäßiger Erhöhungen größtenteils sehr niedrig. In den von Separatisten besetzten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk müssen die Bewohner die Kontaktlinie überqueren, um ihre Ansprüche bei den ukrainischen Behörden geltend zu machen (AA 22.2.2019).
Nachdem die durchschnittlichen Verdienstmöglichkeiten weit hinter den Möglichkeiten im EURaum, aber auch in Russland, zurückbleiben, spielt Arbeitsmigration am ukrainischen Arbeitsmarkt eine nicht unbedeutende Rolle (ÖB 2.2019).
Das ab der zweiten Hälfte der 1990er Jahre eingeführte ukrainische Sozialversicherungssystem umfasst eine gesetzliche Pensionsversicherung, eine Arbeitslosenversicherung und eine Arbeitsunfallversicherung. Aufgrund der Sparpolitik der letzten Jahre wurde im Sozialsystem einiges verändert, darunter Anspruchsanforderungen, Finanzierung des Systems und beim Versicherungsfonds. Die Ausgaben für das Sozialsystem im nicht-medizinischen Sektor sanken von 23% des BIP im Jahr 2013 auf 18,5% im Jahr 2015 und danach weiter auf 17,8%. Die ist vor allem auf Reduktion von Sozialleistungen, besonders der Pensionen, zurückzuführen. Das Wirtschaftsministerium schätzte den Schattensektor der ukrainischen Wirtschaft 2017 auf 35%, andere Schätzungen gehen eher von 50% aus. Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde für Jänner 2019 mit 1.853 UAH beziffert (ca. 58 EUR), ab 1. Juli 2019 mit 1.936 UAH (ca. 62 EUR) und ab 1. Dezember 2019 mit 2.027 (ca. 64,5 EUR) festgelegt. Alleinstehende Personen mit Kindern können in Form einer Beihilfe für Alleinerziehende staatlich unterstützt werden. Diese wird für Kinder unter 18 Jahren (bzw. StudentInnen unter 23 Jahren) ausbezahlt. Die Zulage orientiert sich am Existenzminimum für Kinder (entspricht 80% des Existenzminimums für alleinstehende Personen) und dem durchschnittlichen Familieneinkommen. Diese Form von Unterstützung ist mit einer maximalen Höhe von 1.626 UAH (ca. 50,8 EUR) für Kinder im Alter bis zu 6 Jahren, 2.027 UAH (ca. 63,3 EUR) für Kinder im Alter von 6 bis 18 Jahren bzw. 1.921 UAH (ca. 60 EUR) für Kinder im Alter von 18 bis 23 Jahren pro Monat gedeckelt. Außerdem ist eine Hinterbliebenenrente vorgesehen, die monatlich 50% der Rente des Verstorbenen für eine Person beträgt; bei zwei oder mehr Hinterbliebenen werden 100% ausgezahlt. Für Minderjährige gibt es staatliche Unterstützungen in Form von Familienbeihilfen, die an arme Familien vergeben werden. Hinzu kommt ein Zuschuss bei der Geburt oder bei der Adoption eines Kindes sowie die o.g. Beihilfe für Alleinerziehende. Der Geburtenzuschuss beträgt derzeit in Summe
41.280 UAH (ca. 1.288 EUR). Davon werden 10.320 UAH (ca. 322,15 EUR) in den zwei bis drei Monaten nach Geburt/Adoption ausgezahlt, die restliche Summe in gleichen Zahlungen von 860 UAH (ca. 26,85 UAH) monatlich im Laufe der folgenden drei Jahre. Laut geltenden ukrainischen Gesetzen beträgt die Dauer des Mutterschutzes zwischen 126 Tagen (70 Tage vor und 56 Tage nach der Geburt) und 180 Tagen (jeweils 90 Tage vor und nach der Geburt). Für diese Periode bekommen die Mütter ihren Lohn hundertprozentig ausbezahlt. In den nächsten drei Karenzjahren bekommen die Mütter keine weiteren Auszahlungen außer dem o.g. Geburtenzuschuss bzw. den finanziellen Zuschüssen für Alleinerziehende. Gesetzlich ist grundsätzlich ebenfalls die Möglichkeit einer Väterkarenz vorgesehen, wobei diese in der Praxis weiterhin kaum in Anspruch genommen wird. Versicherte Erwerbslose erhalten mindestens 1.440 UAH (ca. 45 EUR) und maximal
7.684 UAH (240 EUR) Arbeitslosengeld pro Monat, was dem Vierfachen des gesetzlichen Mindesteinkommens entspricht. Nicht versicherte Arbeitslose erhalten mindestens 544 UAH (ca. 17 EUR). In den ersten 90 Kalendertagen werden 100% der Berechnungsgrundlage ausbezahlt, in den nächsten 90 Tagen sind es 80%, danach 70%. Die gesetzlich verpflichtende
Pensionsversicherung wird durch den Pensionsfonds der Ukraine verwaltet, der sich aus Pflichtbeiträgen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aus Budgetmitteln und diversen Sozialversicherungsfonds speist. Im Oktober 2017 nahm das ukrainische Parlament eine umfassende Pensionsreform an, die vor allem auch von internationalen Geldgebern zur Reduzierung des großen strukturellen Defizits gefordert wurde. Darin enthalten ist vor allem eine Anhebung der Mindestpension, welche von knapp zwei Drittel aller Pensionisten bezogen wird, um knapp 700 UAH (ca. 22 EUR). Ebenfalls vorgesehen ist eine automatische Indexierung der Mindestpension sowohl an die Inflationsrate, wie auch an die Entwicklung des Mindestlohns. Weiters wurde für arbeitende Pensionisten der Beitrag zur staatlichen Pensionsversicherung von 15% zur Gänze gestrichen. Das Pensionsantrittsalter wurde bei 60 Jahren belassen, die Anzahl an Beitragsjahren zur Erlangung einer staatlichen Pension wurde jedoch von 15 auf 25 Jahre erhöht und soll sukzessive bis 2028 weiter auf 35 Jahre steigen. Ebenfalls abgeschafft wurden gewisse Privilegien z.B. für öffentliche Bedienstete, Richter, Staatsanwälte und Lehrer. Im Jahr 2017 belief sich die Durchschnittspension auf 2.480,50 UAH (ca. 77 EUR), die durchschnittliche Invaliditätsrente auf 1.996,20 UAH (ca. 62,31 EUR) und die Hinterbliebenenpension auf 2.259,99 UAH (ca. 70,55 EUR). Viele Pensionisten sind dementsprechend gezwungen, weiter zu arbeiten. Private Pensionsvereinbarungen sind seit 2004 gesetzlich möglich. Die Ukraine hat mit 12 Millionen Pensionisten (knapp ein Drittel der Gesamtbevölkerung) europaweit eine der höchsten Quoten in diesem Bevölkerungssegment, was sich auch im öffentlichen Haushalt widerspiegelt: 2014 wurden 17,2% des Bruttoinlandsprodukts der Ukraine für Pensionszahlungen aufgewendet (ÖB 2.2019; vgl. UA 27.4.2018).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019):
Asylländerbericht Ukraine,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019 - UA - Ukraine Analysen (27.4.2018): Rentenreform, http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen200.pdf , Zugriff 27.5.2019
Medizinische Versorgung
Das ukrainische Spitalswesen ist derzeit nach einem hierarchischen Dreistufenplan organisiert: die Grundversorgung wird in Rayonskrankenhäusern bereitgestellt. Das Rückgrat des ukrainischen Spitalswesens stellen die Distriktkrankenhäuser dar, die sich durch Spezialisierung in den verschiedenen medizinischen Disziplinen auszeichnen. Die dritte Ebene wird durch überregionale Spezialeinrichtungen und spezialisierte klinische und diagnostische Einrichtungen an den nationalen Forschungsinstituten des ukrainischen Gesundheitsministeriums gebildet. Ursprünglich als Speerspitze der Gesundheitsversorgung für komplizierte Fälle konzipiert, sind die Grenzen zwischen Einrichtungen der zweiten und dritten Ebene in letzter Zeit zunehmend verschwommen. Auch die laufende Dezentralisierungsreform dürfte in Zukunft Auswirkungen auf die Struktur des ukrainischen Gesundheitssystems haben. Aufgrund der dafür nötigen, jedoch noch nicht angenommenen Verfassungsänderung, bleibt diese Reform jedoch vorerst unvollendet, die Zusammenlegung von Gemeinden erfolgt bislang auf freiwilliger Basis. Von einigen Ausnahmen abgesehen ist die technische Ausstattung ukrainischer Krankenhäuser als dürftig zu bezeichnen. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten. Die hygienischen Bedingungen, vor allem in den Gesundheitseinrichtungen am Land, sind oftmals schlecht. Aufgrund der niedrigen Gehälter und der starken Motivation gut ausgebildeter MedizinerInnen ins Ausland zu gehen, sieht sich das ukrainische Gesundheitssystem mit einer steigenden Überalterung seines Personals und mit einer beginnenden Ausdünnung der Personaldecke, vor allem auf dem Land und in Bereichen der medizinischen Grundversorgung, konfrontiert. Von Gesetzes wegen und dem ehemaligen sowjetischen Modell folgend sollte die Bereitstellung der jeweils nötigen Medikation - mit der Ausnahme spezieller Verschreibungen im ambulanten Bereich - durch Budgetmittel gewährleistet sein. In der Realität sind einer Studie zufolge in 97% der Fälle die Medikamente von den Patienten selbst zu bezahlen, was die jüngst in Angriff genommene Reform zu reduzieren versucht. Dies trifft vor allem auf Verschreibungen nach stationärer Aufnahme in Spitälern zu. 50% der PatientInnen würden demnach aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten eine Behandlung hinauszögern oder diese gänzlich nicht in Anspruch nehmen. In 43% der Fälle mussten die PatientInnen entweder Eigentum verkaufen, oder sich Geld ausleihen, um eine Behandlung bezahlen zu können. In der Theorie sollten sozial Benachteiligte und Patienten mit schweren Erkrankungen (Tbc, Krebs, etc.) von jeglichen Medikamentenkosten, auch im ambulanten Bereich, befreit sein. Aufgrund der chronischen Unterdotierung des Gesundheitsetats und der grassierenden Korruption wird das in der Praxis jedoch selten umgesetzt (ÖB 2.2019). Patienten müssen in der Praxis die meisten medizinischen Leistungen und Medikamente informell aus eigener Tasche bezahlen (BDA 21.3.2018).
Ende 2017 wurde eine umfassende Reform des ukrainischen Gesundheitssystems auf die Wege gebracht. Eingeführt wird unter anderem das System der "Familienärzte". Patienten können in dem neuen System direkt mit einem frei gewählten Arzt, unabhängig von Melde- oder Wohnort, eine Vereinbarung abschließen und diesen als Hauptansprechpartner für alle gesundheitlichen Belange nutzen. Ebenfalls ist eine dringend nötige Modernisierung der medizinischen Infrastruktur in ländlichen Regionen vorgesehen, und ein allgemeiner neuer Zertifizierungsprozess inklusive strikterer und transparenterer Ausbildungsanforderungen für Ärzte vorgesehen. Weiters sind ukrainische Ärzte nunmehr verpflichtet, internationale Behandlungsprotokolle zu befolgen. Die Umsetzung der Reform schreitet nur schrittweise voran und wird noch einiges an Zeit in Anspruch nehmen. Im Zuge der Gesundheitsreform wurde im März 2018 ein Nationaler Gesundheitsdienst gegründet, der in Zukunft auch als zentrales Finanzierungsorgan für alle (öffentlichen und privaten) ukrainischen Gesundheitsdienstleister dienen und die Implementierung der Gesundheitsreform vorantreiben soll. Über die Hälfte aller in der medizinischen Grundversorgung tätigen Institutionen haben bereits neue Verträge mit dem Nationalen Gesundheitsdienst abgeschlossen (ÖB 2.2019).
Der Nationale Gesundheitsdienst hat die Funktion einer staatlichen, budgetfinanzierten Einheitskrankenversicherung übernommen. Zugleich wurde ein modernes, IT-gestütztes e-HealthSystem (Ärzte/Patienten-Register, Erfassung abrechnungsfähiger Dienstleistungen/Verschreibungen von erstattungsfähigen Arzneien etc.) eingeführt. Das noch im Aufbau begriffene System umfasst derzeit ca. 700 medizinische private und kommunale Einrichtungen mit ca. 24 Mio. Patienten sowie mehr als 17 Mio. einzelne Patientenverträge mit ihren Familienärzten, und deckt damit etwa die Hälfte aller Einrichtungen der primären medizinischen Fürsorge ab. Es ermöglicht derzeit bereits mehr als 40% der ukrainischen Bevölkerung freie Hausarztwahl sowie einen geregelten Zugang zu erstattungsfähigen Arzneien (derzeit mehr als 300 gelistete Arzneien) (AA 22.2.2019). Die Gesundheitsreform sieht eine Rückerstattung der Kosten für eigens gelistete Medikamente für Herzkreislauf-Erkrankungen, Asthma und Typ 2 Diabetes vor, die bei teilnehmenden Apotheken und mit einem entsprechenden Rezept teils auch kostenlos oder stark vergünstigt erworben werden können. Die Verfügbarkeit dieses Angebots ist zwar vorerst weiterhin von den an diesem Programm teilnehmenden Apotheken abhängig, allgemein scheint dieses System jedoch in der Praxis gut zu funktionieren (ÖB 2.2019; Liste der Medikamente siehe unter: MOZ o.D.).
Soweit die Gesundheitsreform noch nicht umgesetzt ist, ist der Beginn einer Behandlung in der Regel auch weiterhin davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind außerhalb des Nationalen Gesundheitsdienstes jedoch für die meisten Ukrainer nicht bezahlbar. Gebräuchliche Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor (AA 22.2.2019).
In den unter Kontrolle der ukrainischen Regierung stehenden Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk leidet die medizinische Versorgung unter kriegsbedingten Engpässen: so wurden einige Krankenhäuser beschädigt und/oder verloren wesentliche Teile der Ausrüstung; qualifizierte Ärzte sind nach Westen gezogen. Im Donezker Gebiet gibt es zurzeit nur eingeschränkte psychiatrische
Betreuung, da das entsprechende Gebietskrankenhaus vollständig zerstört wurde und bisher nur die Einrichtungen für Kinder und Tuberkulosekranke wieder hergerichtet werden konnten. Das Gebietskrankenhaus des Luhansker Gebiets musste sämtliche Ausrüstung zurücklassen und konnte sich nur provisorisch in Rubishne niederlassen. Eine qualifizierte Versorgung auf sekundärem Niveau (oberhalb der Versorgung in städtischen Krankenhäusern) ist dort zurzeit nicht gegeben (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019 - BDA - Belgian Immigration Office via MedCOI (21.3.2018): Question & Answer, BDA-6768 - MOZ - Ukrainisches Gesundheitsministerium (o.D.): Affordable Medicines, http://en.moz.gov.ua/affordable-medicines , Zugriff 24.5.2019 - ÖB - Österreichische Botschaften (2.2019): Asylländerbericht Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003113/UKRA_ ÖB-Bericht_2018.doc, Zugriff 11.4.2019
Rückkehr
Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer an den Ort begeben, an dem sie zuletzt gemeldet waren. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie bei anderen Personengruppen auch - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben (AA 22.2.2019).
Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458484/4598_1551701473_auswaertiges-amt-berichtueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-ukraine-stand-februar-2019-22-022019.pdf , Zugriff 18.3.2019
Die allgemeine Situation in der Ukraine ist so, dass der Beschwerdeführerin eine gefahrlose Rückkehr zumutbar sein wird. Wäre eine Situation einer systematischen Verfolgung weiter Bevölkerungsschichten derzeit gegeben, wäre jedenfalls anzunehmen, dass vor Ort tätige Organisationen, wie jene der Vereinten Nationen, diesbezügliche Informationen an die Öffentlichkeit gegeben hätten. Eine allgemeine Gefährdung von allen Rückkehrern wegen des Faktums ihrer Rückkehr lässt sich aus den Quellen ebenso wenig folgern.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer (Staats-Volksgruppen- Religionszugehörigkeit), zu ihrem Familienstand sowie zu ihren Aufenthaltsorten, ihrem Leben in Österreich, zu ihren Sprachkenntnissen, zu ihrer Schulbildung-und ihrer beruflichen Tätigkeit ergeben sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Zuge des bisherigen Verfahrens. Die Feststellung zu ihren Familienangehörigen und deren Aufenthalten ergeben sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin. Darüber hinaus ergibt sich die Feststellung zur Antragstellung zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.
Die Behauptungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Fluchtgrund bzw. zu ihrer geschilderten Bedrohungssituation in der Ukraine werden der Entscheidung nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt, da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Dies aus folgenden Gründen:
Sofern die Beschwerdeführerin vorbrachte, dass sie wegen der politischen Ansichten ihre Eltern Verfolgung fürchte, ist darauf hinzuweisen, dass ihre Mutter (siehe auch Ausführungen zu BF W196 2149862-1) eine diesbezügliche Bedrohung nicht glaubhaft machen konnte.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, inwiefern die Beschwerdeführerin wegen ihrer politischen Ansichten Verfolgung fürchte, zumal sie in diesem Zusammenhang erklärte, dass sie kein Parteimitglied gewesen sei. Wenngleich sie angab, die Partei der Regionen unterstützt zu haben, indem sie bei den Präsidentschaftswahlen Flyer ausgeteilt habe und erklärte, in solchen Momenten habe sie geholfen. Sie habe aber nicht ständig mitgeholfen. Sie habe Vorsitzende einer Wahlkommission werden wollen, aber ihre Chefin habe es ihr nicht erlaubt. Neben dem Umstand, dass die Präsidentschaftswahlen in der Ukraine im Jahr 2010 und im Mai 2014 stattgefunden haben, ist nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin Mitte September 2014 ihre Arbeit wegen politischer Probleme aufgegeben haben will. Die ist hat sie weder konkret vorgebracht und ist vor dem Hintergrund ihrer Angaben nicht erkennbar. Nicht plausibel ist zudem, wenn die Beschwerdeführerin einerseits vorbringt, dass ihr von ihrer Chefin verboten worden sei, als Wahlbeisitzerin bei den Präsidentschaftswahlen zu helfen, sich jedoch in anderer Form - mit Öffentlichkeitwirksamkeit - die Partei unterstützten habe.
Ferner wurde in der Beschwerde moniert, dass die Beschwerdeführerin nicht Ziel der Entführung, sondern bloß Mittel zum Zweck gewesen sei. Sie sei nicht aufgrund ihrer eigenen politischen Tätigkeit, sondern der ihrer Eltern entführt worden. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich die diesbezüglichen Angaben - bei Abgleich der Angaben der Beschwerdeführerin und jener ihrer Mutter - als nicht glaubhaft herausstellten.
Ferner konnte ihre Mutter keine Bedrohung oder Furcht vor Verfolgung glaubhaft darlegen. So gab ihre Mutter an: "Wir haben an den Präsidentschaftswahlen 2010 teilgenommen. Wir haben den Leuten Flyer verteilt, Infostände gehabt. Vor 2010 hat die Bevölkerung schlecht gelebt. Janukovic hatte ein gutes Wahlprogramm, ein gutes Team und wir hatten gehofft, er würde es schaffen die Ukraine aus der Krise herauszuziehen. Ich war im Wahllokal Wahlbeobachterin", wobei sie keine Bedrohung geltend machte und verneinte sie die Frage, ob sie jemals persönlich angehalten oder inhaftiert worden sei. Des Weiteren erklärte sie zwar registriert gewesen zu sein, jedoch gab sie an: "Es gab sieben oder acht Abgeordnete in der Stadt. Es gab viele Mitglieder. Genau kann ich es nicht sagen wie viele, aber es waren viele." Neben dem zeitlichen Aspekt, dass sie 2010 einmal als Wahlbeobachterin tätig gewesen sei und Flyer verteilt und einen Infostand gehabt habe, kann nicht erkannt werden, dass die Mutter der Beschwerdeführerin eine exponierte Stellung gehabt hätte.
Auffallend ist, dass die Mutter der Beschwerdeführerin insgesamt keine konkreten Bedrohungen geltend machte und ihr Vorbringen steigerte und auswechselte. So schilderte die Mutter der Beschwerdeführerin in der Erstbefragung und im Rahmen der Einvernahme: "Mein Ehemann und mein älterer Sohn sind nach wie vor in der Ukraine, wo genau weiß ich nicht. Sie wollten humanitäre Hilfe leisten in der Ukraine und sind am Weg zwischen Donjezk und Lugansk verschwunden", und erklärte sie in der Einvernahme vor dem Bundesamt: "Das war am 04.01.2015. An diesem Tag hatte ich den letzten Kontakt mit meinem Mann", und erklärte sie auch vor dem Bundesveraltungsgericht "Es war eine humanitäre Hilfsaktion in Dnipropetrovsk wurden Hilfskonvois zusammengestellt, die in die betreffenden Regionen gefahren sind. Es musste um Genehmigungen angesucht werden, um die Kontrollpunkte zu passieren. Bei einem solchen Hilfskonvoi sind mein Ehemann und mein Sohn mitgefahren und seither verschollen."
Auch die Beschwerdeführerin gab an, dass ihr Vater und ihr älterer Bruder verschollen sei, wobei dieses Vorbringen nicht glaubhaft ist, zumal die Mutter der Beschwerdeführerin wiederum im Zuge der weiteren Beschwerdeverhandlung angab: "Wir haben keine direkte Verbindung, aber über einen Großvater haben sie sich gemeldet. Erste Zeichen gab es im Oktober. Sie waren in Gefangenschaft. Sie müssen sich jetzt verstecken, weil sie Feinde der Ukraine sind. Sie sind jetzt in der Nähe von Dnipropetrovsk, ich habe dort einen Neffen. Sie wohnen in einer ehemaligen Kolchose, er hat ein Grundstück dort. Er hat einen kleinen Garten dort und wohnt dort. Sie unterstützen meinen Neffen und deshalb dürfen sie dort wohnen. Sie verstecken sich dort. Sie dürfen die Ortschaft nicht verlassen Ab und zu kann ich über Skype mit meinem Vater (81 Jahre) kommunizieren. Wir versuchen ihn zu schonen und ihm nicht erzählen, was passiert ist" (vgl. Verhandlungsschrift S 5). Darüber hinaus ist es nicht plausibel, wenn die Mutter der Beschwerdeführerin davon spricht, dass hinsichtlich der Hilfskonvois um Genehmigung habe angesucht werden müssen und vor dem Bundesamt angibt: "Wir haben für sie Lebensmittel und Kleidung gesammelt und wollten sie unterstützen, obwohl dies nicht erlaubt war."
Zur behaupteten Entführung kamen Widersprüche, innerhalb der Angaben der Beschwerdeführerin und jener ihrer Mutter und ihres Bruders, bei Durchsicht der Niederschriften und Verhandlungsprotokolle hervor. So gab die Mutter der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt an, dass ihre Kinder von 01.12.2014 bis 03.12.2014 entführt worden seien.
"Als ich nach Hause kam stand die Wohnungstür offen. Die Wohnung war durchwühlt. Man suchte die Unterlagen über Korruption, die unser Chef XXXX , der 2014 umgebracht wurde, gesammelt hatte. Meine Kinder wurden entführt. Man verlangte von mir, dass ich diese Unterlagen hergebe. Die Tasche meiner Tochter mit Dokumenten und Schlüsseln ist bei diesen Leuten geblieben. Unsere ukrainischen Pässe wurden mitgenommen, ich habe nur mehr das was ich hieramts vorgelegt hatte." Dabei handelt es sich um eine vage Vermutung, zumal die Mutter der Beschwerdeführerin auf die Frage, warum sie glaube, dass ausgerechnet ihre Kinder entführt worden seien, da sie keine besondere Position in der Partei innegehabt habe, angab: "Ich glaube sie suchten Menschen die ihnen sagen könnten wo sich diese Unterlagen befinden. Ich weiß nicht warum gerade meine" und äußerte sie entgegen der Einvernahme wiederum äußerst konkret vor dem Bundesverwaltungsgericht: "Die Kinder wurden von denjenigen Personen gekidnappt, die auf der Suche nach Beweisen waren, die XXXX zusammengetragen hatte, das hat mir mein Ehemann gesagt. Das Geld wurde wahrscheinlich über Pawel überbracht. Mein Mann sah die Kidnapper nicht". Hinzu kommt, dass die Mutter der Beschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht erwähnte, dass von ihr Dokumente verlangt worden seien, sondern, dass ihr Mann gesagt habe, dass sie ihnen nur das Geld, 50.000 Euro geben sollten, dann käme alles in Ordnung.
Zudem wechselte die Mutter der Beschwerdeführerin Teile ihres Fluchtvorbringens aus und steigerte sie dieses, indem sie vor dem Bundesamt angab: "Diejenigen, die für die Partei der Regionen waren, wurden gegen die Partei aufgehetzt. Eine Liste mit unseren Namen war an unserer Haustür. Es stand darauf, dass diese Leute die verbrecherische Regierung unterstützen und jeder davon zur Verantwortung gezogen werden muss. Diesen Zettel habe ich nicht aufbehalten, kann ihn nicht vorweisen", wobei sie vor dem Bundesverwaltungsgericht eine derartige Liste mit keinem Wort erwähnte.
Dazu ist festzuhalten, dass der Antragsteller grundsätzlich in der Lage sein müsste, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit nicht ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich schlüssiger Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflohen zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich naturgemäß ins Bewusstsein einprägen, konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbrachte, dass sie der russischen Minderheit angehöre, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sie selbst angab, ukrainische Staatsangehörige und der Volksgruppe der Ukrainer anzugehören und verfügte sie laut eigenen Angaben im Herkunftsstaat über identitätsbezogene, vom Staat ausgestellte, Dokumente. Auch lebte die Beschwerdeführerin finanziell abgesichert, was ebenfalls problemlos möglich war bzw. wurden in diesem Zusammenhang keinerlei Probleme geltend gemacht. Sie besuchte die Schule und studierte und arbeitete in der Ukraine. Diskriminierung wegen der Zugehörigkeit zur russischen Minderheit kann von Seiten des Gerichtes nicht erkannt werden. Vor dem Hintergrund der Länderinformationen kann eine vom Staat oder den Behörden ausgehende Diskriminierung, die laut Ländermaterial die Rechte der Minderheiten generell beschützt, nicht erkannt werden. Wenngleich die Beschwerdeführerin angab, neben Ukrainisch auch Russisch zu sprechen, so ergibt sich aus den Länderinformationen, dass Russisch in der Ukraine keineswegs die Sprache einer kleinen Minderheit ist und wird nicht bloß regional begrenzt gesprochen. Inwiefern die Beschwerdeführerin zur russischen Minderheit gehören sollte oder diesbezüglich in Erscheinung getreten sein soll ist somit nicht nachvollziehbar.
Schließlich ist den im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Internetberichten zu entgegnen, dass diese keinen direkten Bezug zur Beschwerdeführerin aufweisen.
Im Übrigen gilt die Ukraine als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 14 Herkunftsstaaten-Verordnung, BGBl. II Nr. 177/2009 idF BGBl. II BGBl. II Nr. 145/2019, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Behörden in der Ukraine spricht (vgl. VwGH vom 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Im Lichte des zuvor Ausgeführten waren die Schilderungen der Beschwerdeführerin auch nicht geeignet, die Annahme der Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der ukrainischen Behörden zu erschüttern.
Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführerin als Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist nicht anzunehmen. Daher ist nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hatte bzw. sich eine solche zukünftig ergibt.
Letztlich kann jedoch auch dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin bedroht worden ist, da die allgemeinen Länderberichte darlegen, dass der wesentlich größere Teil der Ukraine nicht vom innerstaatlichen Konflikt in der Ostukraine betroffen ist.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren sowie aus dem Akteninhalt. Weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsakt finden sich Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin an einer psychischen oder physischen Erkrankung leidet und/oder behandlungsbedürftig ist. Hieraus ergibt sich auch die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin arbeitsfähig ist. Zudem gab sie selbst an, dass sie als Buchhalterin gearbeitet hat.
Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug SA vom 10.07.2019.
Ferner ergibt sich, dass in der Ukraine die Grundversorgung der Bevölkerung gegeben ist und sohin auch für die Beschwerdeführerin eine Existenzgrundlage vorliegt, ergibt sich aus den Länderfeststellungen im gegenständlichen Erkenntnis und aus dem Amtswissen. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich die Feststellungen zum Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin, zu ihrem sozialen Leben in Österreich sowie zu sonstigen, im Hinblick auf eine Ausweisung relevanten Aspekte aus dem Akteninhalt und den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin ergeben. Zudem ergeben sich die Feststellungen zu den integrativen Aspekten aus den vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin verwandtschaftlichen Bezugspunkte im Bundesgebiet hat, ergibt sich ebenfalls aus ihren eigenen Vorbringen sowie aus der Einsicht in die Verwaltungs- und Gerichtsakten ihrer Mutter (BF zu W196 2149862-1) und jene ihres Bruders (BF zu W196 2149853-1), die diesbezüglich alle gleichlautende Angaben tätigten.
Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Ukraine beruht darauf, dass die Beschwerdeführerin - wie in der rechtlichen Beurteilung näher ausgeführt - keine konkreten Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge gegenwärtig eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Eine medizinische Grundversorgung ist in der Ukraine gewährleistet und sind auch sonst keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 aus von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).
2.2. Die Feststellungen zur Situation in der Ukraine beruhen auf den angeführten Quellen. Bei den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in der Ukraine ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht.
Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der dem § 3 Abs. 1 AsylG 2005 zugrunde liegenden, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung (vgl. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334). Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sei, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z.B. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (vgl. VwGH 21.9.2000, Zl. 2000/20/0241; VwGH 14.11.1999, Zl. 99/01/0280). Die Verfolgungs-gefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt daher nur dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einen in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Bei der Beurteilung, ob die Furcht "wohlbegründet" ist, kommt es nicht auf den subjektiven Angstzustand des Asylwerbers an, sondern es ist vielmehr zu prüfen, ob die Furcht objektiv nachvollziehbar ist, ob also die normative Maßfigur in derselben Situation wie der Asylwerber ebenfalls Furcht empfinden würde. Das UNHCR-Handbuch spricht davon, dass nicht nur die seelische Verfassung der entsprechenden Person über ihre Flüchtlingseigenschaft entscheidet, sondern dass diese seelische Verfassung durch objektive Tatsachen begründet sein muss. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, wenn substanzielle Gründe für das Vorliegen der Gefahr sprechen. Erst dann kann vom Bestehen einer "Verfolgungsgefahr" ausgegangen werden (vgl. "Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, Asylgesetz 2005 idF Asylgerichtshofgesetz 2008, 5. Auflage", K7 und K8 zu § 3 AsylG; Seite 66). In diesem Sinne ergibt sich auch aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine "Verfolgungsgefahr" dann anzunehmen ist, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Verfolgung muss konkret dem Asylwerber drohen - nicht etwa einem Verwandten oder Bekannten. Nur wenn auch diesbezüglich die erforderliche Wahrscheinlichkeit vorliegt, ist die Furcht objektiv begründet (vgl. "Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, Asylgesetz 2005 idF Asylgerichtshofgesetz 2008, 5. Auflage", K13 zu § 3 AsylG; Seite 67). Damit die Verfolgung asylrelevant ist, muss sie in einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) stehen, wobei der Konventionsgrund ein wesentlicher Faktor für die Verfolgung sein, jedoch nicht als einziger oder beherrschender Faktor vorliegen muss (vgl. dazu "Putzer - Rohrböck, Asylrecht, Leitfaden zur neuen Rechtslage nach dem AsylG 2005, Wien 2007", Rz 72).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Bürgerkriegssituation (bzw. die eines sonstigen bewaffneten Konfliktes) in der Heimat des Antragstellers schließt eine aus asylrechtlich relevanten Gründen drohende Verfolgung zwar nicht generell aus. Der Antragsteller muss in diesem Zusammenhang jedoch behaupten und glaubhaft machen, dass die Ereignisse in seiner Heimat, die zu seiner Flucht geführt haben, als eine individuell gegen seine Person aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität etc. gerichtete Verfolgung zu werten wären und nicht als mehr oder weniger zufällige Folge im Zuge der Bürgerkriegshandlungen (VwGH 8.7.2000, 99/20/0203).
Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Asylgewährung auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 26.6.2018, Ra 2018/20/0307, mwN).
Es ist demnach für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass der Mitbeteiligte bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Selbst wenn daher der Mitbeteiligte im Herkunftsstaat bereits asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war, ist entscheidend, ob er im Zeitpunkt der Entscheidung (der Behörde bzw. - im vorliegenden Fall - des Verwaltungsgerichts) weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2017/01/0203, mwN).
Aus den Gesamtangaben der Beschwerdeführerin ist nicht ableitbar, dass er zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte. Ein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung oder Probleme im Herkunftsstaat im asylrelevanten Ausmaß hat sich nicht ergeben, zumal es der Beschwerdeführerin - wie beweiswürdigend dargelegt - nicht gelungen ist, diese glaubhaft zu machen.
Es ergaben sich auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt - aktuell alleine wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.
Auch sonst haben sich von Amts wegen keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen asylrelevanten Verfolgungsgefahr bzw. Eingriffen von erheblicher Intensität in ihre zu schützende persönliche Sphäre ausgesetzt wären. Auch aus der allgemeinen Lage in der Ukraine lässt sich konkret für die Beschwerdeführerin kein Status eines Asylberechtigten ableiten.
Unabhängig davon steht der Beschwerdeführerin jedenfalls auch die Möglichkeit eines Aufenthaltes im Westen der Ukraine offen, weshalb eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bereits auch vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen scheint:
Der Beschwerdeführerin steht es frei sich übrigen Staatsgebiet der Ukraine niederzulassen, wobei darauf hinzuweisen ist, dass ihre Heimatstadt an der Konfliktregion angrenzt. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin selbst angab, dass sie von ihrem Bekannten abgeholt und in die Westukraine gebracht wurde.
§ 11 AsylG lautet:
(1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.
Besteht für einen Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der älteren Rechtsprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen -mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates- im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).
Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun (vgl. etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen (vgl. VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).
Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist, ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.
Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).
Die Annahme einer innerstaatlichen Schutz- oder Fluchtalternative erfordert nach der Rechtsprechung im Hinblick auf das ihr unter anderem innewohnende Zumutbarkeitskalkül insbesondere nähere Feststellungen über die im Falle eines Ortswechsels zu erwartende konkrete Lage des Beschwerdeführers (VwGH 28. 10. 2009, 2006/01/0793 = ZfVB 2010/650; 17. 3. 2009, 2007/19/0459 = ZfVB 2009/1708; zur Maßgeblichkeit auch für Entscheidungen über den Refoulementschutz:
VwGH 17. 10. 2006, 2006/20/0120 = ZfVB 2007/1540; 31. 1. 2002,
Wie beweiswürdigend dargelegt, ist es der Beschwerdeführer jedenfalls möglich und zumutbar, sich einer allenfalls bezogen auf ihre Herkunftsregion befürchteten Gefahrenlage durch einen innerstaatlichen Umzug zu entziehen.
Im Fall der Beschwerdeführerin ergibt sich keine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Auch sonst haben sich von Amts wegen keine Hinweise ergeben, dass die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer aktuellen asylrelevanten Verfolgungsgefahr bzw. Eingriffen von erheblicher Intensität in ihre zu schützende persönliche Sphäre ausgesetzt wären. Auch aus der allgemeinen Lage in der Ukraine lässt sich konkret für die Beschwerdeführerin kein Status eines Asylberechtigten ableiten.
Der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war daher der Erfolg zu versagen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:
Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:
§ 8 Abs. 3 iVm. § 11 Abs. 1 AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß § 1 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.
Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Art. 3 EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben (vgl. EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates (vgl. EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).
Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen (vgl. EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).
Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Art. 3 EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.
Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (vgl. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu gelangen.
Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.
Weder aus den Angaben der Beschwerdeführerin zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).
Ausgehend von den dargestellten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der Ukraine einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, wobei bereits beweiswürdigend festgehalten wurde, dass eine Rückkehr in die Ukraine außerhalb der Ostukraine möglich und zumutbar ist.
Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführerin für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden, wobei auf die Ausbildung und die Berufstätigkeit, den Umstand, dass sie über Familienangehörige im Herkunftsstaat verfügt, und die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise aus der Ukraine finanziell abgesichert gelebt hat, hinzuweisen ist. Zudem ist auch auf die staatlichen Unterstützungsleistungen hinzuweisen.
Der Beschwerdeführerin wird es demnach offensichtlich - wie in der Vergangenheit - zumutbar sein, in der Ukraine durch eigene Arbeit sowie Unterstützung durch den Staat sowie nichtstaatliche Organisationen den lebensnotwendigen Unterhalt zu erwirtschaften.
Aufgrund der Arbeitswilligkeit und -fähigkeit und der Berufserfahrung der Beschwerdeführerin ist davon auszugehen, dass sie dort - wie in der Vergangenheit - den Lebensunterhalt durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten können wird. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- oder Nischenwirtschaft stattfinden.
Für die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, wonach die Beschwerdeführerin für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.
Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Weiters gilt es zu bedenken, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat aufgewachsen ist, den größten Teil ihres Lebens dort verbracht hat und die Sprache beherrscht.
Unter Verweis auf die zitierten Länderinformationen kann für die gesamte Ukraine zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.
Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen. Derartiges wurde auch in der Beschwerde nicht vorgetragen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (vgl. VwGH vom 15.10.2015, Zl. Ra 2015/20/0218 bis 0221).
Es ergibt sich somit kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführerin in die Ukraine zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.
Eine andere generelle Sichtweise würde im Übrigen den exzeptionellen Ausnahmecharakter des Zuspruchs subsidiären Schutzes bei nichtstaatlicher Verfolgung in nicht vertretbarer Weise relativieren.
Im Ergebnis war daher die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
Zu Spruchpunkt III. und IV des angefochtenen Bescheides:
Zur Rückkehrentscheidung:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin ist nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Sie ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführerin nicht vor, wobei dies weder im Verfahren vor dem Bundesamt noch im Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführerin ist weder eine begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihr ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall Folgendes auszuführen:
Gemäß den getroffenen Feststellungen verfügt die Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet über familiäre Anknüpfungspunkte. So leben ihre Mutter und ihr volljähriger Bruder in Österreich, im gemeinsamen Haushalt. Da jedoch auch die Mutter und der volljährige Bruder mit Erkenntnis am selben Tag, von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, stellt die Rückkehrentscheidung jedenfalls keinen Eingriff in das Familienleben der Beschwerdeführerin dar.
Die Beschwerdeführerin sowie ihre Angehörigen sind somit allesamt im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, weswegen im Falle einer gemeinsamen Rückkehr in den Herkunftsstaat diesbezüglich kein Eingriff in das Familienleben vorliegt.
Es bleibt zu prüfen, ob mit einer Rückkehrentscheidung ein Eingriff in ihr Privatleben einhergeht.
Die Beschwerdeführerin lebt seit Jänner 2015- sohin seit ca. viereinhalb Jahren - in Österreich. Die Beschwerdeführerin geht in Österreich keiner legalen Arbeit nach, sondern lebt seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet von der Grundversorgung, sodass festzustellen ist, dass es der Beschwerdeführerin nicht ist möglich ist sich selbst zu erhalten, zumal sie nicht über eigene, für ihren Lebensunterhalt ausreichende Mittel verfügt.
Es wird von Seiten der zuständigen Einzelrichterin nicht verkannt, dass die Beschwerdeführerin integrative Bemühungen setzte. Sie legte Zeugnisse eines Ausbildungszentrums für Sozialberufe der Caritas vor. Sie spricht Deutsch und hat mittlerweile in Österreich Bekanntschaften geknüpft und auch Empfehlungsschreiben vorgelegt. Dennoch kann dies nicht als ausreichend ausgeprägte Integration in die österreichische Gesellschaft gewertet werden. Zu dem vorgelegten Empfehlungsschreiben ist festzuhalten, dass diese aus dem unmittelbaren Lebensumfeld der Beschwerdeführerin stammen, wodurch zwar eine gewisse soziale Vernetzung, aber keine relevante außergewöhnliche Integration der Beschwerdeführerin herauszulesen ist. In diesem Zusammenhang ist auch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen da-her nur untergeordnete Bedeutung zukommt (vgl. VwGH vom 06.11.2009, Zl. 2008/18/0720 sowie vom 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).
Zur Ausbildung in einem Sozialbetreuungsberuf ist zum einen darauf hinzuweisen, dass aus einem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, worin der VwGH unter Bedachtnahme auf seine bisherige Rechtsprechung zur Interessenabwägung nach Art. 8 MRK die Berücksichtigung der Absolvierung einer Lehre in einem Mangelberuf als öffentliches Interesse zugunsten des Fremden ausschloss (vgl. auch VwGH vom 18.03.2019, Ra 2019/01/0068).
Auch hier gibt es zahlreiche Judikatur, die darauf hinweist, dass selbst beim Vorliegen einer "Einstellungszusage" nicht das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes überwiegt (VwGH 18.3.2010, Zl. 2010/22/0023 - sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; VwGH 17.05.2017, Zl. Ra 2017/22/0059 - mehr als achtjährige Aufenthaltsdauer; Tätigkeit als Zeitungsverteiler, Gewerbeberechtigung, Sozialversicherung und Einstellungszusage für Vollbeschäftigung als "Pizzafahrer"; Freundschaften zu Österreichern im Bundesgebiet).
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt zudem die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl Thym, EuGRZ 2006, 541).
Der Aufenthalt im Bundesgebiet seit Antragstellung in der Dauer über ca. viereinhalb Jahren war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können (vgl. VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (vgl. VwGH vom 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124).
Weiters musste der Beschwerdeführerin im Hinblick auf ihren unberechtigten Antrag auf internationalen Schutz bewusst sein, dass sie etwaige eingegangene Bindungen im Bundesgebiet nicht aufrechterhalten können wird. Das Gewicht des Aufenthalts im Bundesgebiet ist noch dadurch gemindert, als dieser nur insofern legal war, als er sich auf die Stellung eines unberechtigten Antrages auf internationalen Schutz stützte.
Die Beschwerdeführer verfügt hingegen über starke Bindungen zum Herkunftsstaat, zumal sie die Landessprache spricht, dort sozialisiert wurde ist daher davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin auch nach einer über viereinhalbjährigen Abwesenheit von ihrem Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird.
Festzuhalten ist auch, dass es der Beschwerdeführerin bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG auch nicht verwehrt ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren (so auch VfSlg. 19.086/2010 unter Hinweis auf Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 861).
Den nur schwach ausgeprägten privaten Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. z.B. VwGH vom 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251). Insgesamt ergab also die Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin mit den öffentlichen Interessen, dass die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes schwerer wiegen als die Auswirkungen der Rückkehrentscheidungen auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der Beschwerdeführerin haben sich nicht ergeben. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können wird. Aufgrund des Umstandes, dass sie den größten Teil ihres Lebens in der Ukraine verbracht hat, kann davon ausgegangen werden, dass neben ihren Familienangehörigen in der Ukraine nach wie vor noch weitere Anknüpfungspunkte zu ihrem Herkunftsstaat bestehen. Es kann nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführerin ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würde.
Bei einer Zusammenschau überwiegen im vorliegenden Fall jene Umstände, die für eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in den Herkunftsstaat sprechen. Bei der Beschwerdeführerin liegen keine besonderen Vulnerabilitäten oder außergewöhnliche Umstände vor.
Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, gegenüber dem persönlichen Interesse der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.
Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist nicht geboten.
Die Voraussetzungen des § 10 AsylG liegen vor. Da der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG von Amts wegen zu erteilen.
Zur Zulässigkeit der Abschiebung:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine zulässig ist (Spruchpunkt III.). Wie sich aus den Länderfeststellungen und aus den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin ergibt, besteht keine Gefahr, dass durch die Abschiebung der Beschwerdeführerin Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für die Beschwerdeführerin als Zivilpersonen mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebehindernis gemäß § 50 Abs. 2 oder Abs. 3 FPG, - ein Solches wurde weder substanziiert von der Beschwerdeführerin vorgebracht noch ist es aus dem Akteninhalt ersichtlich - sodass das Bundesamt die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine zurecht für zulässig erklärt hat.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Wie der rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es zu irgendeinem Aspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Daher war spruchgemäß zu entscheiden.
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