European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00103.17M.0626.000
Spruch:
I. Die Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung des Leistungsbegehrens im Umfang von 3.354,30 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. 7. 2016 richtet, zurückgewiesen.
Insoweit wird auch die Revisionsbeantwortung zurückgewiesen. Die beklagte Partei hat die auf dieses Teilbegehren entfallenden Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
II. Aus Anlass der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren im Umfang der Abweisung eines Teilbegehrens von 8.720,67 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. 7. 2016 als nichtig aufgehoben. Die Klage wird insoweit zurückgewiesen.
Die auf dieses Teilbegehren entfallenden Verfahrenskosten aller drei Instanzen werden gegenseitig aufgehoben.
III. Im Übrigen, hinsichtlich der Abweisung eines weiteren Teilbegehrens von 1.083,33 EUR samt 4 % Zinsen seit 27. 7. 2016 und des Feststellungsbegehrens sowie im Kostenpunkt werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. In diesem Umfang wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die hierauf entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Am 25. 11. 2010 ereignete sich gegen 23:42 Uhr auf der A1 Westautobahn ein Verkehrsunfall, an dem A***** D***** als Lenker eines in Polen zum Verkehr zugelassenen Lkws Iveco Daily samt Anhänger, A***** V***** als Lenker eines Pkws Land Rover und L***** H***** als Lenker eines Pkws Audi A6 beteiligt waren.
Die klagende Partei ist der polnische Haftpflichtversicherer des Lkws und des Anhängers. Die beklagte Partei ist der Kasko- und Haftpflichtversicherer des Land Rover sowie der Haftpflichtversicherer des Audi.
Ausgelöst wurde der Unfall dadurch, dass sich der Anhänger des Lkws vom Zugfahrzeug löste und auf der Fahrbahn zum Stehen kam. In weiterer Folge stieß der Land Rover gegen den Anhänger und kam auf dem Pannenstreifen zum Stehen. Schließlich stieß der Audi zuerst gegen den Anhänger und anschließend gegen den Land Rover.
Im Verfahren 24 Cg 106/11b des Landesgerichts St. Pölten (erster Vorprozess) begehrte der Lenker des Audi vom Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs als Haftpflichtigen für den Lkw unter Anerkennung eines Mitverschuldens von einem Viertel den Ersatz seines Personen- und Sachschadens, der insgesamt und ungekürzt mit 52.324 EUR ermittelt wurde. Das Berufungsgericht hielt eine Verschuldensteilung von 1 : 2 zu Lasten des Lkw-Lenkers für sachgerecht, sodass sich für den damaligen Kläger ein Ersatzanspruch in Höhe von 34.882,67 EUR ergab. Da er vorprozessual bereits eine Zahlung von 10.505,33 EUR erhalten hatte, wurden ihm 24.377,34 EUR sA zugesprochen.
Des weiteren wurde die Haftung der damaligen beklagten Partei, beschränkt mit der Höhe der Haftpflichtversicherungssumme, im Ausmaß von zwei Dritteln für allfällige Spät- und Dauerfolgen gegenüber dem damaligen Kläger festgestellt.
Im Verfahren 38 Cg 112/13s des Landesgerichts St. Pölten (zweiter Vorprozess) nahm die nunmehr beklagte Partei als Klägerin die nunmehr klagende Partei als Beklagte unter Anerkennung eines Mitverschuldens von einem Drittel auf Zahlung von zuletzt 17.788,01 EUR sA in Anspruch. Gegenstand dieses Verfahrens waren folgende Teilbegehren der damaligen Klägerin:
‑ Sie begehrte als Kaskoversicherer des Land Rover den anteiligen Ersatz der an den Versicherten auf den mit 30.260 EUR ermittelten Fahrzeugschaden (wirtschaftlicher Totalschaden) erbrachten Leistungen, der ihr – unter Zugrundelegung einer Verschuldensteilung von 1 : 2 zu Lasten des Lkw-Lenkers und Berücksichtigung der Teilzahlung eines Dritten in Höhe von 10.333,34 EUR – in Höhe von 9.839,99 EUR zuerkannt wurde.
‑ Als Haftpflichtversicherer des Land Rover begehrte sie den anteiligen Ersatz eines Betrags von 6.500 EUR, den sie an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zur Abgeltung der von dieser an den verletzten Audi-Lenker erbrachten Leistungen entrichtet hatte. Aus diesem Titel wurden ihr 4.333,33 EUR zuerkannt.
‑ Des weiteren machte sie einen im Wege der Legalzession auf den Sozialversicherungsträger übergegangen Anspruch des Audi-Lenkers von weiteren 2.503,40 EUR geltend, den ihr der Sozialversicherungsträger abgetreten hatte. Dieser Betrag wurde mit Hinweis auf das Quotenvorrecht ungekürzt als berechtigt erachtet und nach einer Teilzahlung mit restlichen 834,46 EUR zuerkannt.
‑ Insgesamt wurde daher das Klagebegehren in der Höhe von 15.007,78 EUR als zu Recht bestehend erkannt.
Die damalige Beklagte vertrat in diesem zweiten Vorprozess die Ansicht, dass sich die Klägerin auch das Verschulden des Audi-Lenkers anrechnen lassen müsse. Sie wandte gegen die Klageforderung folgende Gegenforderungen aufrechnungsweise ein:
‑ Sie habe der A***** 3.492,29 EUR für einen Schaden an der Leitschiene und von 1.877,92 EUR für Wiederinstandsetzungs- und Aufräumarbeiten, insgesamt daher 5.370,21 EUR, ersetzt. Unter Anrechnung eines Mitverschuldens des Lkw-Lenkers wende sie zwei Drittel dieses Betrags, somit 3.580,14 EUR, ein.
‑ Sie habe aufgrund des ersten Vorprozesses 34.882,67 EUR an den Audi-Lenker bezahlt. Diese Forderung werde ebenfalls zu zwei Drittel, also im Betrag von 23.255,12 EUR als Regressforderung geltend gemacht.
‑ Hinsichtlich des Schadens am Land Rover müsse sich die Klägerin ein Drittel ihrer Regressforderung gegen sie selbst als Haftpflichtversicherer des Audi in Höhe von 4.206,74 EUR entgegenhalten lassen.
‑ Dasselbe gelte für ein Drittel ihrer Regressforderungen aus der Zahlung an den Sozialversicherungsträger, demnach in Höhe von 2.278,91 EUR.
Das damalige Erstgericht vertrat zu den Gegenforderungen die Ansicht, dass sich die damalige Klägerin „in diesem Verfahren“ das Mitverschulden des Audi-Lenkers nicht anrechnen lassen müsse. Eine derartige Vorgehensweise sei in der Rechtsprechung unbekannt und würde Verfahren, in welchen die Unfallbeteiligten bei derselben Versicherung versichert seien, unmöglich machen bzw ad absurdum führen. Ausgehend von der Verschuldensteilung von 1 : 2 zu Lasten des Lkw-Lenkers erachtete es die erste dieser Gegenforderungen in einer Höhe von insgesamt 1.790,08 EUR als zu Recht bestehend. Die zweite Gegenforderung hielt es mangels kausalen, rechtswidrigen und schuldhaften Verhaltens des Lenkers des Land Rover für unberechtigt. Die Berufung der damaligen Beklagten blieb erfolglos. Auf die weiteren Gegenforderungen gingen weder das Erstgericht noch das Berufungsgericht ein.
Davon ausgehend wurden der nunmehrigen beklagten Partei als Klägerin im zweiten Vorprozess 13.270,70 EUR zugesprochen.
In beiden Vorprozessen wurde dem Lenker des Lkws zum Vorwurf gemacht, dass er den Anhänger nicht ordnungsgemäß angekoppelt und dadurch gegen § 102 KFG verstoßen habe. Ferner habe er die ihn gemäß § 89 Abs 2 StVO treffende Verpflichtung zum Aufstellen einer Warneinrichtung verletzt. Den Lenkern des Land Rover und des Audi wurde jeweils ein Verstoß gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht angelastet, weil sie trotz eingeschaltetem Abblendlicht mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h gefahren seien.
Mit der nunmehrigen Klage begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei die Zahlung eines Betrags von 13.992,76 EUR sA sowie die Feststellung deren Haftung für ein Sechstel sämtlicher von ihr aufgrund des Urteils im ersten Vorprozess an den Lenker des Audi für dessen Spät- und Dauerfolgen aus dem Verkehrsunfall vom 25. 11. 2010 zu erbringenden Leistungen; dies begrenzt mit der vertraglich vereinbarten Versicherungssumme aus dem den Land Rover betreffenden Versicherungsvertrag.
Sie brachte vor, sie habe den dem geschädigten Audi-Lenker im ersten Vorprozess zugesprochenen Betrag aufgrund „interner Abkommen“ als Haftpflichtversicherer letztlich selbst zu tragen gehabt. Aus „anwaltlicher Vorsicht“ habe ihr die damalige beklagte Partei (der Versicherungsverband) die aus deren Haftpflicht resultierenden (Regress‑)Ansprüche zediert. In den beiden Vorprozessen hätten die Gerichte im Rahmen der jeweiligen Einzelabwägung für die beiden Pkw-Lenker ein Mitverschulden von jeweils einem Drittel angenommen. Nunmehr sei eine Gesamtabwägung vorzunehmen, die eine Haftungsteilung von 2 : 1 : 1 zu Lasten des Lkw-Lenkers ergebe. Die klagende Partei habe daher gegenüber den übrigen Geschädigten nur mit einer Quote von 50 % zu haften, während sie tatsächlich jeweils mit einer Quote von zwei Dritteln belastet worden sei. Es stünden ihr deshalb Regressansprüche in Höhe folgender übermäßiger Zahlungen zu:
‑ Aus dem ersten Vorprozess habe sie an den Audi-Lenker 34.882,67 EUR geleistet. Der tatsächlich zu tragende Anteil von 50 % des Gesamtschadens dieses Geschädigten (52.324 EUR) betrage nur 26.162 EUR, sodass sich ein Regressbetrag von 8.720,67 EUR ergebe.
Das Feststellungsbegehren folge aus der vorgenommenen Einzelabwägung und dem sich bei einer Gesamtabwägung ergebenden Überhang von einem Sechstel, der auf die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Land Rover entfalle.
‑ Aufgrund des zweiten Vorprozesses habe sie für den Fahrzeugschaden am Land Rover 9.839,99 EUR an die beklagte Partei als Kaskoversicherer zahlen müssen. Bei dem mit 30.260 EUR bezifferten wirtschaftlichen Totalschaden sei zwischen der durch den Frontschaden eingetretenen objektiven Wertminderung (15.500 EUR) und jener, die durch den Heckschaden eingetreten sei (14.760 EUR), zu unterscheiden. Während erstere nur der Einzelabwägung zwischen Lkw und Land Rover unterliege, sei bei letzterer eine Gesamtabwägung vorzunehmen, weil eine konkrete Abgrenzung der Schadensverursachung nicht möglich sei. Danach habe die klagende Partei nur 50 %, somit 7.380 EUR dieses Schadens zu tragen, sodass ein Überhang von 2.459,99 EUR bestehe.
Hinsichtlich der weiteren Zahlungspflicht von 4.333,33 EUR ergebe die Gesamtabwägung nur einen Haftungsanteil von 3.250 EUR, sodass ein weiterer Regressanspruch von 1.083,33 EUR bestehe.
Die an die beklagte Partei abgetretene Forderung von 2.503,40 EUR habe die klagende Partei zur Gänze befriedigt. Aufgrund der insoweit maßgeblichen Einzelabwägung zwischen Lkw und Audi stehe der klagenden Partei eine Regressforderung von einem Drittel, dies seien 834,46 EUR zu.
Die aus den Zahlungen an die A***** resultierende Gegenforderung sei mit insgesamt 1.790,08 EUR als zu Recht bestehend erachtet worden. Die Gesamtabwägung ergebe jedoch einen Anspruch von 2.685,11 EUR, weshalb der klagenden Partei eine weitere Regressforderung von 894,31 EUR zustehe.
Die beklagte Partei wandte ein, die Voraussetzungen für die Verknüpfung der bisherigen Einzelabwägungen mit einer Gesamtabwägung lägen nicht vor. Im gegenständlichen Rechtsstreit sei vielmehr neu zu beurteilen, ob und inwieweit die klagende Partei durch die ihr in den Vorprozessen auferlegten Zahlungen mit einer höheren Quote belastet worden sei, als es dem Verschulden des Lkw-Lenkers und dem Mitverschulden der beiden Pkw-Lenker entspreche. Die klagende Partei vernachlässige, dass bei der von ihr angestrebten Schadensteilung im Verhältnis von 2 : 1 : 1 auch die beiden anderen Geschädigten statt – wie in den Vorprozessen – mit jeweils einem Drittel tatsächlich nur mit einem Viertel zu belasten wären. Daraus folge eine Kürzung des aus dem ersten Vorprozess abgeleiteten Regressanspruchs um 2.180,17 EUR und der aus dem zweiten Vorprozess abgeleiteten Regressansprüche um 1.230 EUR und 168,37 EUR, insgesamt daher um 3.578,54 EUR. Dieser Betrag werde auch compensando gegen die Klageforderung eingewandt.
Unberechtigt sei auch das Feststellungsbegehren, das auf ein Zwölftel zu beschränken wäre. Dessen ungeachtet erfordere ein entsprechender Überhang eine Solidarhaftung, die nicht apodiktisch für sämtliche Folgeschäden des Audi-Lenkers vorausgesetzt werden könne. Schließlich sei die Haftung der beklagten Partei um jenes Ausmaß zu mindern, in welchem sie (als Haftpflichtversicherer des Land Rover) von diesem Geschädigten in einem über 50 % hinausgehenden Umfang in Anspruch genommen werden könnte.
Richtigerweise sei aber mangels Bindung an die Haftungsquoten der Vorprozesse bei einer Gesamtbetrachtung von einer Haftungsteilung im Verhältnis 6 : 1 : 1 auszugehen, sodass die der klagenden Partei auferlegten Zahlungen ohnedies nur ihrem Anteil am Gesamtschaden entsprochen hätten.
Über das mit 834,46 EUR bezifferte Teilbegehren schlossen die Parteien in der mündlichen Streitverhandlung vom 2. 12. 2016 einen Teilvergleich, sodass ein restliches Zahlungsbegehren von 13.158,30 EUR verblieb. Während die klagende Partei die Richtigkeit des in den Vorprozessen festgestellten Sachverhalts außer Streit stellte, war die beklagte Partei zu einer solchen Erklärung nicht bereit.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Es traf keine eigenen Feststellungen zum Unfallsgeschehen, sondern verwies nur auf die Feststellungen aus den beiden Vorprozessen, die es der Urteilsausfertigung anschloss.
In seiner rechtlichen Beurteilung gab das Erstgericht zunächst die von ihm geteilte Rechtsansicht des Berufungsgerichts des ersten Vorprozesses wieder, der sich auch das Gericht des zweiten Vorprozesses angeschlossen habe. Damit stünden die Grundlagen für die Gesamtabwägung fest, die in die Beurteilung der Verantwortlichkeit aller drei Lenker gemeinsam einzufließen hätten. Auf der Basis der im Einzelverhältnis anzunehmenden Verschuldensquoten von 2 : 1 ließen sich zwei Maximalpositionen herausarbeiten, je nachdem, welchem Fahrzeuglenker das Verschulden des bis dahin nicht berücksichtigten dritten Fahrzeuglenkers „zugeschlagen“ werde. Treffe dies den Lenker des Lkws, so käme es zu einer Aufteilung im Verhältnis von 4 : 1 : 1, andernfalls zu einer solchen im Verhältnis von 2 : 1 : 1. In einem ersten Schritt sei zu prüfen, ob die von der klagenden Partei aus den Vorprozessen unverändert übernommenen Verschuldenskomponenten die von ihr vertretene Quotierung tragen könnten. Dabei sei zu beachten, dass sich das Fehlverhalten des Lkw-Lenkers schadensverursachend auf beide andere Fahrzeuge ausgewirkt habe, während der Lenker des Land Rover primär nur den Zusammenstoß mit dem stehenden Anhänger mitverursacht habe und nur der Lenker des Audi sekundär auch einen Zusammenstoß mit dem Land Rover. Weiters sei ein Verhältnis zu wählen, bei dem das deutlich überwiegende Verschulden des Lkw-Lenkers zum Ausdruck komme. Aus diesem Grund erweise sich eine Aufteilung im Verhältnis von 4 : 1 : 1 als sachgerecht. Betrachte man den Unfall und den daraus resultierenden Schaden als Ganzes, bleibe immer noch der Lkw-Lenker „deutlich überwiegend zu je zwei Drittel schuld“ an den gemeinsam zu verantwortenden Auswirkungen. Selbst unter Annahme der Richtigkeit aller Klagebehauptungen gebe es daher keinen einen Regress rechtfertigenden „Überhang“.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht führte aus, in der Rechtsprechung und im Schrifttum werde „für manche Konstellationen“ der Standpunkt vertreten, dass eine im Vorprozess im Rahmen der Einzelabwägung durchgeführte Verschuldensteilung der im Folgeprozess anzustellenden Gesamtabwägung zugrundezulegen sei. Diese Ansicht stehe aber in einem Spannungsverhältnis zur gefestigten Judikatur, wonach sich die Rechtskraftwirkungen eines Urteils nur auf den Spruch erstrecken würden. Aus diesem könnten aber nur im Fall eines – in keinem der Vorprozesse gefällten – Zwischenurteils Mitverschuldensquoten abgeleitet werden. Darüber hinaus sei zu beachten, dass keine der beiden Parteien am ersten Vorprozess beteiligt gewesen sei, weshalb eine Bindung an die dort durchgeführte Verschuldensteilung auch am Fehlen der Parteienidentität scheitere. Daraus folge, dass die von der klagenden Partei angestrebte Gesamtschau 2 : 1 : 1 nicht zwingend sei. Vielmehr teile das Berufungsgericht die „sorgfältig begründete“ Rechtsansicht des Erstgerichts, dass eine Gesamtabwägung von 4 : 1 : 1 den gravierenden Sorgfaltsverletzungen des Lkw-Lenkers besser gerecht werde, indem sie seine bereits in den Vorprozessen befürwortete Verantwortung für zwei Drittel der an den beteiligten Pkws eingetretenen Schäden aufrecht erhalte. Hinzu komme, dass die Parteien an den im zweiten Vorprozess gefällten Urteilsspruch gebunden seien, zumal sie diesen Vorprozess in umgekehrten Rollen geführt hätten. Über diese Bindungswirkung setze sich das nunmehrige Leistungsbegehren hinweg, das darauf hinauslaufe, die bereits erfolgten Zusprüche teilweise wieder rückgängig zu machen. Auch unter Berücksichtigung dieser Bindungswirkung seien die hier zu beurteilenden Begehren abzuweisen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine gefestigte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der bedeutsamen Rechtsfrage existiere, in welchen Konstellationen die in einem Vorprozess bei der Beurteilung des Mitverschuldens vorgenommene Einzelabwägung für die im Folgeprozess durchzuführende Gesamtabwägung bindend sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung das Rechtsmittel zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
A) Die Revision ist jedenfalls unzulässig, soweit sie sich gegen die bestätigende Entscheidung des Berufungsgerichts über die Abweisung eines Teilbegehrens von 3.354,30 EUR sA richtet:
1. Gemäß § 55 Abs 1 Z 2 JN sind mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie von mehreren oder gegen mehrere Personen erhoben werden, die materielle Streitgenossen nach § 11 Z 1 ZPO sind. Nach ständiger Rechtsprechung bilden mehrere aus einem Unfall Geschädigte keine materielle, sondern nur eine formelle Streitgenossenschaft iSd § 11 Z 2 ZPO (2 Ob 21/17b; RIS‑Justiz RS0110982). Ihre Ansprüche sind daher nicht zusammenzurechnen. Die Zulässigkeit der Revision ist in diesen Fällen für jeden Streitgenossen gesondert zu beurteilen (2 Ob 40/15v; RIS‑Justiz RS0035588, RS0035710).
2. Die Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Unfallereignis sind auch dann nicht zusammenzurechnen, wenn sie durch Zession auf einen Kläger übergehen (2 Ob 21/17b; RIS‑Justiz RS0042882). Auch wenn ein Sozialversicherungsträger, der an mehrere bei einem Unfall verletzte Personen Leistungen erbracht hat und dafür mit einer einheitlichen Klage Ersatz begehrt, als Legalzessionar auftritt, werden die von den einzelnen Versicherten auf ihn übergegangenen Ansprüche nicht zusammengerechnet (2 Ob 152/88; RIS‑Justiz RS0042717). Das Gleiche gilt, wenn ein Kasko- und Haftpflichtversicherer aufgrund von Zahlungen an seinen Versicherungsnehmer und an verschiedene Geschädigte einen Mithaftenden auf Rückersatz in Anspruch nimmt (vgl 2 Ob 152/88; 2 Ob 51/89). In allen diesen Fällen ist die prozessuale Lage nicht anders, als wenn diese Forderungen von den ursprünglich Berechtigten – als Streitgenossen – geltend gemacht würden (2 Ob 152/88 mwN; 2 Ob 21/17b).
3. Gleiches gilt auch hier:
3.1 Die klagende Partei leitet die geltend gemachten Regressforderungen daraus ab, dass sie als Haftpflichtversicherer mehreren aus dem Unfall Geschädigten überproportionalen Ersatz geleistet hat, nämlich
a) dem Lenker des Audi,
b) dem Halter des Land Rover und
c) der A*****.
3.2 Auf den Lenker des Audi entfallen die Leistungsteilbegehren von 8.720,67 EUR und – wie noch näher darzustellen sein wird – 1.083,33 EUR sowie das Feststellungsbegehren betreffend die Haftung für künftige Schäden. Diese beiden Leistungs- und das Feststellungsbegehren stehen in einem rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang (§ 55 Abs 1 Z 1 JN). Nur auf diese Begehren kann sich auch der Ausspruch des Berufungsgerichts über die Bewertung des Entscheidungsgegenstands beziehen.
3.3 Auf den Halter des Land Rover entfällt der „Überhang“ von 2.459,99 EUR aus der Zahlung an die beklagte Partei als Kaskoversicherer, auf die der anteilige Ersatzanspruch des Geschädigten gemäß § 67 VersVG zunächst übergegangen war.
3.4 Aus dem der A***** entstandenen Schaden resultiert die mit 894,31 EUR bezifferte Regressforderung.
4. Das bedeutet, dass der Entscheidungs-gegenstand des Berufungsgerichts in Ansehung der aus dem Schaden am Land Rover und dem Schaden der A***** abgeleiteten Regressforderungen der klagenden Partei jeweils unter 5.000 EUR lag. Da eine Zusammenrechnung mit den weiteren Regressforderungen nicht stattfindet, ist die Revision im Umfang dieser Teilbegehren gemäß § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen.
5. Insoweit ist auch die Revisionsbeantwortung unzulässig. Die Beantwortung eines jedenfalls unzulässigen Rechtsmittels ist dem Verfahrensgesetz fremd (2 Ob 40/15v; RIS‑Justiz RS0123268). In der Revisionsbeantwortung wurde überdies auf die absolute Unzulässigkeit der Revision im erörterten Umfang nicht hingewiesen.
B) Im Übrigen ist die Revision zulässig, weil das Berufungsgericht von gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist.
Aus Anlass der zulässigen Revision ist jedoch zunächst wahrzunehmen, dass den Entscheidungen der Vorinstanzen im Umfang des Teilbegehrens von 8.720,67 EUR sA der Nichtigkeitsgrund der rechtskräftig entschiedenen Sache anhaftet. Dazu ist auszuführen:
1. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich beide Parteien in ihrem Prozessvorbringen auf den Inhalt des in erster Instanz auf Antrag beider Parteien verlesenen Akts des zweiten Vorprozesses berufen haben. Der Akteninhalt ist somit, was den Gang des Verfahrens anlangt, als unstrittig anzusehen. Nach herrschender Rechtsprechung ist es prozessual unbedenklich, unstrittiges Parteivorbringen ohne weiteres der Entscheidung zugrunde zu legen (§§ 266 f ZPO). Dies gilt auch für das Verfahren vor dem Revisionsgericht, weshalb zum besseren Verständnis neben den vom Erstgericht seinem Urteil beigefügten Passagen aus der Entscheidung des Vorprozesses weiterer Akteninhalt, insbesondere soweit er die eingewendeten Gegenforderungen betrifft, wiedergegeben werden konnte (vgl 2 Ob 142/16w; RIS‑Justiz RS0121557 [T4, T5]).
2. Die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand einer vom Beklagten zur Kompensation geltend gemachten Gegenforderung ist gemäß § 411 Abs 1 Satz 2 ZPO der Rechtskraft bis zur Höhe des Betrags teilhaft, mit welchem aufgerechnet werden soll. Die Bestimmung wird in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dahin ausgelegt, dass über eine prozessuale Aufrechnungseinrede immer nur dann und soweit entschieden werden „kann“, als die Klagsforderung als zu Recht bestehend erkannt wird (3 Ob 173/16m; RIS‑Justiz RS0033887). In diesem Umfang begründet die Entscheidung über den Bestand oder Nichtbestand einer vom Beklagten zur Kompensation geltend gemachten Gegenforderung in einem Folgeprozess das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache (vgl RIS‑Justiz RS0041281).
3. Einem Beklagten steht es frei, der Klageforderung mehrere Gegenforderungen entgegenzuhalten. Er ist nicht verpflichtet, mehrere Gegenforderungen in ein Eventualverhältnis zueinander zu setzen, also dem Gericht eine Prüfungsreihenfolge vorzugeben (4 Ob 42/15b SZ 2015/46; RIS‑Justiz RS0130155). Stehen eine oder mehrere Gegenforderungen mehreren Hauptforderungen gegenüber, so ist für die Frage, welche Hauptforderung getilgt wird, mangels Widmung der „Zahlung“ die gesetzliche Tilgungsreihenfolge (§ 1416 ABGB) maßgeblich (RIS‑Justiz RS0033300). Welche der mehreren Gegenforderungen zur Tilgung herangezogen wird, hat hingegen das Gericht zumindest in den Gründen seiner Entscheidung klarzustellen. Aus dem Urteil muss sich ergeben, welche dieser Forderungen in welchem Ausmaß von der Rechtskraft erfasst und damit– aus materiell-rechtlicher Sicht – getilgt wird. Da sich die sachlichen Grenzen der Rechtskraft bestimmt aus der Entscheidung ergeben müssen, darf diese Frage nicht auf einen Folgeprozess verschoben werden (4 Ob 42/15f). Das hat auch zu gelten, wenn über den Nichtbestand einer Gegenforderung entschieden wird.
4. Die nunmehr klagende Partei hielt im zweiten Vorprozess den Hauptforderungen ua den von ihr in Höhe von 34.882,67 EUR getragenen Schaden des Audi-Lenkers, der den Gegenstand des ersten Vorprozesses gebildet hatte, im Umfang von zwei Dritteln (23.255,12 EUR) aufrechnungsweise entgegen:
4.1 Dabei blieb das offenkundig dem Audi zugedachte Drittel inhaltlich ungeprüft, weil die Gerichte des zweiten Vorprozesses die Meinung vertraten, dass das Mitverschulden des Audi-Lenkers „in diesem Verfahren“ nicht berücksichtigt werden könne.
4.2 Die Haftung der damaligen Klägerin und nunmehr beklagten Partei im Umfang des auf den Land Rover entfallenden Drittels wurde hingegen mangels Kausalität und fehlenden Verschuldens des Fahrzeuglenkers als nicht berechtigt erachtet. Zwar enthält der Spruch der Entscheidung keinen ausdrücklichen Ausspruch, dass die Gegenforderung in diesem Umfang nicht zu Recht besteht. Das wird in der Rechtsprechung aber auch nicht für nötig befunden; es genügt, dass dieser Ausspruch in den Gründen der Entscheidung enthalten ist (RIS‑Justiz RS0041281). Die Berufung der nunmehr klagenden Partei blieb (auch) in diesem Punkt erfolglos.
4.3 In diesem Umfang, also hinsichtlich eines Betrags von 11.627,56 EUR, wurde der nunmehr klagenden Partei die Regressforderung daher aberkannt (vgl 3 Ob 173/16m). Die Entscheidung über den Nichtbestand dieser Gegenforderung wurde in vollem Umfang rechtskräftig, weil sie zusammen mit der als berechtigt erachteten weiteren Gegenforderung (Summe: 13.714,64 EUR) die Summe der berechtigten Hauptforderungen (15.007,78 EUR) nicht übersteigt.
5. Im gegenständlichen Rechtsstreit legt die klagende Partei dessen ungeachtet der Berechnung ihrer Regressforderung den vollen (von ihr getragenen) Betrag von 34.882,67 EUR zugrunde. Sie begehrt von der beklagten Partei anteiligen Ersatz, wofür sie weiterhin das Mitverschulden des Lenkers des Land Rover ins Treffen führt. Neues Tatsachenvorbringen hat sie dazu nicht erstattet. Nach den obigen Ausführungen sind von dem genannten Betrag aber 11.627,56 EUR in Abzug zu bringen, sodass nur noch 23.255,11 EUR zur Verteilung auf die Haftenden gelangen könnten. Da sich die klagende Partei einen Schadensanteil von 26.162 EUR selbst zurechnet, bleibt für eine Regressforderung kein Raum. Vielmehr macht die klagende Partei jenen (infolge anderer Berechnung bloß betraglich reduzierten) Regressanspruch gegen die beklagte Partei (wieder als Versicherer des Land Rover) geltend, dessen Berechtigung zwischen denselben Parteien im zweiten Vorprozess bereits rechtskräftig verneint worden ist.
6. Die Entscheidung über dieses Teilbegehren verstößt daher gegen die Rechtskraft, was von Amts wegen wahrzunehmen ist. Insoweit sind die Urteile der Vorinstanzen einschließlich des ihnen vorangegangenen Verfahrens als nichtig aufzuheben. Die Klage ist in diesem Umfang zurückzuweisen.
7. Die Entscheidung über die auf den nichtigen Teil entfallenden Kosten gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO. Die beklagte Partei hat sich ohne Hinweis auf den vorliegenden Nichtigkeitsgrund in das Verfahren eingelassen. Die Voraussetzungen für die Belastung nur der klagenden Partei mit den gesamten Verfahrenskosten liegen daher nicht vor. Die Barauslagen sind von der Aufhebung umfasst (5 Ob 251/15w mwN; Obermaier, Kostenhandbuch³ [2018], Rz 1.189).
C) Im Übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.
Die klagende Partei macht geltend, dass das vom Berufungsgericht angenommene Verhältnis von 4 : 1 : 1 dem rechtskräftig bestimmten Verhältnis von 2 : 1 aus dem (gemeint offenbar: zweiten) Vorprozess widerspräche. Das Berufungsgericht verkenne ferner den Umfang der Bindungswirkung, welche nicht nur Parteien- sondern auch Anspruchsidentität erfordere. Schließlich stehe dem angenommenen Verhältnis von 4 : 1 : 1 entgegen, dass beiden Pkw-Lenkern ein erheblicher Verstoß gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht zur Last falle. Bei sachgerechter Abwägung der jeweiligen Sorgfaltsverstöße sei daher bei der Gesamtabwägung auf ein Verhältnis von 2 : 1 : 1, in eventu allenfalls ein solches von 3 : 1 : 1 abzustellen. Aus anwaltlicher Vorsicht werde das Fehlen von Feststellungen zum Fahrverhalten der beiden Pkw-Lenker gerügt.
Hiezu wurde erwogen:
I. Kollisionsrecht:
1. Im Hinblick auf die Beteiligung eines polnischen Kraftfahrzeugs am Unfall liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor, was bisher unbeachtet blieb. Daher ist in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Recht auf die verbliebenen Ansprüche der klagenden Partei anzuwenden ist.
2. Die Schadenersatzansprüche des durch den Unfall geschädigten Audi-Lenkers sind nach dem Haager Straßenverkehrsübereinkommen (HStVÜ) zu beurteilen, das zufolge der Ausnahmebestimmung des Art 28 Abs 1 Rom II‑VO grundsätzlich vorrangig anzuwenden ist. Sie richten sich gemäß Art 3 HStVÜ nach österreichischem Recht, weil sich der Unfall in Österreich ereignet hat. Dabei ist es in Ermangelung von Gegenseitigkeitserfordernissen (§ 11 HStVÜ) unerheblich, ob Polen Vertragsstaat des Übereinkommens ist (2 Ob 136/15m EvBl 2017/4 [Wittwer]; RIS‑Justiz RS0008688; zum Ratifizierungsstand im Zeitpunkt des Unfalls vgl Ofner in Fucik/Hartl/Schlosser, Handbuch des Verkehrsunfalls² VI [2012] Rz 994).
3. Gemäß Art 2 Z 4 und 5 HStVÜ gilt das Übereinkommen jedoch nicht für Rückgriffsansprüche zwischen haftpflichtigen Personen und für Rückgriffsansprüche und den Übergang von Ansprüchen, soweit Versicherer betroffen sind (2 Ob 35/15h SZ 2015/112; 2 Ob 65/16x ZVR 2016/189 [Michtner]; RIS‑Justiz RS0074389). Die in Art 8 Z 5 HStVÜ erwähnte Übertragbarkeit von Ersatzansprüchen bezieht sich nicht auf Fälle der Legalzession. Erfasst wird jedoch die Übertragbarkeit durch rechtsgeschäftliche Abtretung (2 Ob 35/15h mwN; 2 Ob 65/15x), wobei die Übertragung selbst nach Art 14 Rom I‑VO gesondert anzuknüpfen ist.
4. Soweit das HStVÜ keine Vorschriften enthält, ist die Rom II‑VO beachtlich, so auch für die Legalzession und die Ausgleichsansprüche bei Haftung mehrerer Personen (2 Ob 35/15h mwN; 2 Ob 65/15x; Neumayr in KBB5 Art 28 Rom II‑VO Rz 2). In der Entscheidung 2 Ob 35/15h SZ 2015/112 = ZVR 2016/150 (Rudolf) = EvBl 2016/66 (Rubin) hat der Senat in einem vergleichbaren Fall auf eine kombinierte Anwendung von Art 19 und Art 20 Rom II‑VO abgestellt (vgl dazu auch Schacherreiter, Ergo Insurance und Gjensidige Baltic, ZVR 2017/246, 468 [471]; Schaub, Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen mit Auslandsbezug – Regelungsgeflecht und Grenzen der Rechtsangleichung, iprax 2017, 521; Michtner in Kainz/Michtner/Reisinger, Die Kfz-Versicherung [2017] 89 ff). Ein Vorabentscheidungs-ersuchen war im damaligen Anlassfall nicht erforderlich, weil alle in Betracht kommenden Varianten zur Anwendung österreichischen Rechts führen mussten.
5. Mittlerweile hat sich der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 21. 1. 2016 in den verbundenen Rechtssachen C‑359/14 ERGO Insurance/If P & C Insurance AS, C‑475/14 Gjensidige Baltic AAS/PZU Lietuva UAB DK, VersR 2016, 768 (Staudinger/Friesen) = GPR 2017, 134 (Lehmann/Ungerer) = iprax 2017, 360 (Martiny) = ZVR 2017/246 (Schacherreiter) aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens eines litauischen Gerichts zur Frage geäußert, welches Recht auf den Regress unter Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherern anzuwenden ist. Beide Rechtssachen bezogen sich auf Verkehrsunfälle in Deutschland, die jeweils von einem litauischen Fahrzeuggespann verursacht und bei denen Dritte geschädigt wurden. In beiden Fällen waren Zugfahrzeug und Anhänger bei unterschiedlichen litauischen Versicherern versichert.
6. Der Gerichtshof kam zu dem Ergebnis, dass das auf eine Regressklage des Versicherers einer Zugmaschine, der den Schaden der Opfer eines vom Fahrer dieses Fahrzeugs verursachten Unfalls beglichen hat, gegen den Versicherer des bei diesem Unfall gezogenen Anhängers anzuwendende Recht nach Art 7 Rom I‑VO bestimmt wird, wenn die nach Art 4 ff Rom II‑VO auf diesen Unfall anzuwendenden deliktischen Haftungsnormen eine Aufteilung der Schadenersatzpflicht vorsehen.
Daher hätten die Gerichte als Erstes zu prüfen, wie der den Geschädigten zu leistende Schadenersatz gemäß dem nach der Rom II‑VO anzuwendenden nationalen Recht zwischen dem Fahrer und Halter der Zugmaschine einerseits und dem Halter des Anhängers andererseits aufzuteilen sei (Rn 61). Als Zweites sei nach Art 7 Rom I‑VO das auf die Versicherungsverträge zwischen den in den Ausgangsverfahren klagenden Versicherern und ihrem jeweiligen Versicherten anzuwendende Recht zu bestimmen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang diese Versicherer aus abgeleitetem Recht die Ansprüche des Geschädigten gegen den Versicherer des Anhängers geltend machen könnten (Rn 62).
7. Die Grundsätze dieser Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sind auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Ihre sinngemäße Anwendung führt zu folgender kollisionsrechtlichen Beurteilung:
7.1 Die Prüfung der Fragen, ob und in welchem Umfang die Schädiger dem Geschädigten aus dem Verkehrsunfall haften und wie ihre Verpflichtungen untereinander aufzuteilen sind, richtet sich nach dem Deliktsstatut, das sich hier – wegen des Vorrangs des Übereinkommens – nach Art 3 HStVÜ bestimmt, daher nach österreichischem Recht.
7.2 Die Prüfung der Fragen, ob und in welchem Umfang der noch streitverfangene Anspruch auf den zahlenden und hier klagenden Versicherer übergegangen ist und ob er diesen Anspruch gegen den weiteren Schädiger und dessen Versicherer geltend machen kann, richtet sich hingegen nach dem gemäß Art 7 Rom I‑VO anzuwendenden Recht, voraussichtlich also nach polnischem Recht.
II. Verteilung des Schadens bei mehreren Schädigern:
1. Haften dem bei einem Verkehrsunfall Geschädigten mehrere Schädiger, so stellt sich die Frage, in welchem Umfang jeder Einzelne herangezogen werden kann:
1.1 Fällt dem Geschädigten weder ein Mitverschulden noch eine mitwirkende Betriebsgefahr zur Last, so haften alle Schädiger solidarisch. Grundlage der solidarischen Haftung ist § 8 Abs 1 EKHG (Schauer in Schwimann/Kodek 4 VII § 11 EKHG Rz 57). Dem zahlenden Gesamtschuldner steht gegen die übrigen der Rückgriffsanspruch nach § 11 Abs 1 Satz 1 EKHG zu, der als lex specialis zum allgemeinen Gesamtschuldnerregress nach § 896 ABGB das dort angesprochene „besondere Verhältnis“ zwischen mehreren Beteiligten an einem Verkehrsunfall, die einem Dritten haften, konkretisiert (2 Ob 152/16s EvBl 2017/59 [Klicka] mwN; RIS‑Justiz RS0127151; Schauer in Schwimann/Kodek 4 VII § 11 EKHG Rz 10).
1.2 Muss sich der Geschädigte dagegen ein Mitverschulden oder eine mitwirkende Betriebsgefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen, sind die Ansprüche des Geschädigten auf Ersatz des die Quote seiner Mitverantwortlichkeit übersteigenden Schadens nach herrschender Ansicht durch eine Kombination von Gesamtabwägung und Einzelabwägung zu ermitteln (2 Ob 24/16t ÖJZ 2017/5 [Gruber]). Die Rechtsgrundlagen für diesen Ausgleichsanspruch finden sich in § 1304 ABGB und in § 11 Abs 1 Satz 2 EKHG (Schauer in Schwimann/Kodek 4 VII § 11 EKHG Rz 58). Diese Methode findet auch Anwendung, wenn einer der Schädiger Rückgriff nimmt (2 Ob 43/01 ZVR 2001/62 [Kletečka]). Die dafür maßgeblichen Grundsätze sind im Folgenden näher darzustellen.
1.3 Voraussetzung für die Möglichkeit zum Rückgriff zwischen den Haftpflichtversicherern mehrerer Schädiger ist aber, dies sei an dieser Stelle zur Vermeidung von Missverständnissen nochmals betont, der nach dem anzuwendenden Recht (Art 7 Rom I‑VO) erfolgte Übergang des Anspruchs auf den zahlenden Versicherer.
2. Haben mehrere Täter nicht im einverständlichen Handeln (Mittäter), sondern als Nebentäter unabhängig voneinander eine Bedingung für den eingetretenen Schaden gesetzt, berücksichtigt der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung 8 Ob 107/77 ZVR 1978/207 = EvBl 1978/84 in ständiger Rechtsprechung das Mitverschulden des (jeweiligen) Geschädigten – und nur darum geht es dabei – im Wege einer Gesamtschau durch Verknüpfung einer Einzelabwägung mit einer Gesamtabwägung (RIS‑Justiz RS0017470):
2.1 Zunächst sind die Verschuldensquoten aller Beteiligten – also der Schädiger und des Geschädigten – zu bestimmen; der vom Geschädigten zu tragende Schadensteil ergibt sich aus der ihn insofern treffenden Verschuldensquote (Gesamtabwägung). Sein Anspruch gegenüber dem jeweiligen Schädiger bestimmt sich demgegenüber aus dem Verhältnis der ihn und diesen Schädiger treffenden Verantwortlichkeit (Einzelabwägung). Der jeweilige Schädiger haftet dem Geschädigten daher (nur) in jenem Ausmaß, in dem er haften würde, wenn er allein gehandelt hätte (2 Ob 24/16t).
2.2 Ergibt zB die Einzelabwägung zwischen dem Geschädigten und zwei Schädigern jeweils eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Schädigers, kann der Geschädigte von jedem Schädiger zwei Drittel des Schadens fordern. Hingegen folgt aus der Gesamtabwägung (1 : 2 : 2), dass ihm insgesamt ein Ersatz von vier Fünfteln gebührt. Das Hinzutreten eines weiteren Schädigers kommt somit dem Geschädigten zugute. Es darf aber die Haftung des einzelnen Schädigers weder vermindern noch erhöhen (2 Ob 221/97g; RIS‑Justiz RS0017470 [T4]).
2.3 Die Methode aus der Gesamtschau durch Verknüpfung einer Einzelabwägung mit einer Gesamtabwägung ist allerdings nur anzuwenden, wenn der Geschädigte gegen mehrere Schädiger gleichzeitig vorgeht oder wenn sich nach der Inanspruchnahme eines Schädigers die Frage stellt, was die übrigen Schädiger noch aufzubringen haben. Bei der Inanspruchnahme nur eines von mehreren Schädigern kann hingegen nicht über die Beteiligung der übrigen nach freier Überzeugung mitbefunden und daran eine Gesamtschau angeschlossen werden. Die angenommenen Quoten der außerhalb des Rechtsstreits stehenden Schädiger wären diesen gegenüber nicht bindend (8 Ob 107/77; 2 Ob 35/01p; 2 Ob 24/16t; RIS‑Justiz RS0017470 [T1, T6]).
2.4 Für den Fall getrennter Inanspruchnahme mehrerer Schädiger ist nach der Rechtsprechung so vorzugehen, dass das im Vorprozess zwischen Geschädigtem und bereits verurteiltem Schädiger festgesetzte Verhältnis erhalten bleibt und dass bei der Einzelabwägung im Folgeprozess das dieser Einzelabwägung entsprechende Verhältnis zum Schadensanteil des Geschädigten im Vorprozess in Relation gesetzt wird (8 Ob 107/77; 2 Ob 520/88; auch 9 ObA 245/94; 4 Ob 162/00b).
2.5 Diese Vorgangsweise bestimmt nur das Verhältnis zwischen dem Geschädigten und den Schädigern und ist insoweit unbedenklich. Zwar kommt in den Fällen getrennter Inanspruchnahme eine Bindung des zweiten Schädigers an das Urteil des Vorprozesses nicht in Frage, es sei denn, dass ihm dort der Streit verkündet wurde. Das hindert aber nicht die im Folgeprozess durchzuführende Gesamtabwägung, weil dieser die – im Verhältnis zwischen Geschädigtem und zweitem Schädiger allein relevante – Einzelabwägung voranzugehen hat. Eine Abänderung der Schadensteilung aus dem Vorprozess würde am Umfang der Haftung des zweiten Schädigers gegenüber dem Geschädigten nichts ändern. Auch wenn etwa in obigem Beispiel das Verhältnis im Vorprozess nicht 2 : 1, sondern 3 : 1 zu Lasten des ersten Schädigers (Gesamtabwägung 1 : 3 : 2) oder 1 : 1 (Gesamtabwägung 1 : 1 : 2) zu lauten gehabt hätte, bliebe es dennoch dabei, dass der zweite Schädiger aufgrund der Einzelabwägung im Folgeprozess dem Geschädigten mit nicht mehr als zwei Dritteln haftet.
2.6 Anderes gilt allerdings für den das Innenverhältnis zwischen den Schädigern regelnden Regressprozess. Für diesen ist die Schadensteilung zwischen dem Geschädigten und dem ersten Schädiger durchaus bedeutsam, weil sie die Regresspflicht des zweiten Schädigers zu dessen Gunsten oder Ungunsten verändern kann (in obigem Beispiel 3 : 2 oder 1 : 2 statt 1 : 1). Zum Zweck der Beurteilung, ob und in welchem Umfang der erste Schädiger tatsächlich zum Regress berechtigt ist, steht dem am Vorprozess nicht beteiligten zweiten Schädiger, dem auch nicht der Streit verkündet wurde, im Regressprozess daher der Einwand offen, dass die im Vorprozess vorgenommene Einzelabwägung zu seinem Nachteil unrichtig ist (vgl 2 Ob 152/16s zur insoweit vergleichbaren Interessenlage beim Gesamtschuldnerregress). Gelingt ihm dieser Nachweis, ist im Regressverhältnis die geänderte Schadensteilung zugrunde zu legen. Erfolgversprechend für den zweiten Schädiger könnte dabei aber nur eine Erhöhung des Haftungsanteils des ersten Schädigers sein. Die Rechtskraft der Entscheidung des Vorprozesses bleibt davon jedenfalls unberührt.
III. Zum Feststellungsbegehren der klagenden Partei:
1. Im ersten Vorprozess erging gegen den für den Lkw haftenden Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs auf Basis einer Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten des Lkw-Lenkers ein Feststellungsurteil, woraus das nunmehr gestellte, den künftigen Personenschaden des Audi-Lenkers betreffende Feststellungsbegehren der klagenden Partei gegen die beklagte Partei (als Haftpflichtversicherer des Land Rover) resultiert.
2. Dieses Feststellungsbegehren ist in mehrfacher Hinsicht erörterungsbedürftig:
2.1 Zunächst ist klarzustellen, dass das im ersten Vorprozess festgelegte Verhältnis für die Schadensteilung für die beklagte Partei schon deshalb nicht bindend sein kann, weil sie an diesem Verfahren nicht beteiligt war und ihr auch nicht der Streit verkündet wurde.
2.2 Im zweiten Vorprozess war hingegen die Frage der Haftung der nunmehr beklagten Partei als Haftpflichtversicherer des Land Rover für den als Regressanspruch compensando eingewendeten anteiligen Schaden des Audi-Lenkers Prozessgegenstand. Die Haftung wurde dem Grunde nach verneint (s Punkt B). Diese Entscheidung entfaltet – soweit sie den Personenschaden des Geschädigten umfasste – keine Bindungswirkung für das nunmehrige Feststellungsbegehren der klagenden Partei:
Mit der Aufrechnungseinrede strebte die nunmehr klagende Partei im Vorprozess die Vernichtung des Klageanspruchs an; das Bestehen der Gegenforderung war dafür nur Vorfrage. Die Rechtsprechung nimmt eine Bindung nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage, nicht aber an eine dort beurteilte Vorfrage an (9 Ob 50/17g; RIS‑Justiz RS0127052). Allein das Bedürfnis nach „Entscheidungsharmonie“ reicht für eine Bindung nicht aus (2 Ob 164/17g; RIS‑Justiz RS0102102). Die Verneinung des Bestands einer Gegenforderung wird aus diesem Grund nur bis zur Höhe der Klageforderung der Rechtskraft teilhaft. Eine darüber hinausgehende Wirkung – welcher Art auch immer – gibt es in Folgeprozessen nicht (4 Ob 87/07h SZ 2007/177).
2.3 Nach dem unstrittigen Sachverhalt stand der Land Rover auf dem Pannenstreifen, als der Audi zuerst mit dem Anhänger des Lkws und dann mit dem Land Rover kollidierte. Sonstige Feststellungen zum Unfallgeschehen hat das Erstgericht nicht getroffen. Sein Hinweis auf die nicht bindenden Feststellungen aus den Vorprozessen ersetzt nicht die auf eigener Beweisaufnahme beruhende Feststellung eines Sachverhalts. Es kann daher derzeit noch nicht beurteilt werden, ob den Lenker und/oder Halter des Land Rover überhaupt eine Mithaftung am Personenschaden des Audi-Lenkers trifft, er also ein für diesen Schaden mitverantwortlicher Nebentäter war, für den die beklagte Partei einzustehen hätte.
2.4 Nur wenn dies zu bejahen wäre, würde sich die nach den folgenden Kriterien zu beurteilende Frage nach der quotenmäßigen Verteilung des künftig allenfalls eintretenden Personenschadens des Audi-Lenkers stellen:
Eine Gesamtabwägung würde zunächst eine neuerliche Prüfung der die beklagte Partei nicht bindenden Einzelabwägung zwischen dem Geschädigten und dem Lkw-Lenker (erster Schädiger) erfordern, weil die beklagte Partei eine höhere Gewichtung dessen Verschuldensanteils anstrebt. Weitere Voraussetzung wäre eine Einzelabwägung zwischen dem Geschädigten und dem zweiten Schädiger, demnach also im Verhältnis zwischen den beiden Pkws. Im Regressprozess behauptet die klagende Partei einen auf sie übergegangenen Ersatzanspruch des Geschädigten für künftige Schäden, sodass, falls diese Prämisse zutreffen sollte, die Einzelabwägung möglich ist.
2.5 Bliebe es bei einem Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Lkw-Lenkers und wären im Verhältnis zwischen den Pkws die Haftungsanteile gleich zu gewichten, würde dies in der Gesamtschau eine Verteilung des (künftig eintretenden) Schadens zwischen Geschädigtem, erstem und zweitem Schädiger im Verhältnis von 1 : 2 : 1 ergeben. Das entspräche dem Prozessstandpunkt der klagenden Partei. Ein Verhältnis von 1 : 4 : 1, wie es die Vorinstanzen annahmen, käme hingegen nur dann in Frage, wenn die Einzelabwägung zwischen den Lenkern von Audi und Lkw eine Verschuldensteilung von 4 : 1 zu Lasten des Lkw-Lenkers ergeben würde. Die Begründung der Vorinstanzen widerspricht hingegen den Grundsätzen der erörterten Rechtsprechung (vgl Punkt II) und trägt eine solche Schadensverteilung nicht.
2.6 Der Einwand der beklagten Partei, dass sich bei der von der klagenden Partei angestrebten Gesamtabwägung auch die Haftungsanteile der Pkw-Lenker verringern würden, ist für das Verhältnis zur klagenden Partei irrelevant. Diesbezüglich hätte die beklagte Partei als Haftpflichtversicherer beider Fahrzeuge einen internen Ausgleich herbeizuführen.
2.7 Zu prüfen ist aber auch das Feststellungsinteresse:
(a) Dieses wird in ständiger Rechtsprechung schon dann bejaht, wenn nur die Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts besteht (RIS‑Justiz RS0038865). Auch im Verhältnis zwischen Gesamtschuldnern entsteht der Regressanspruch nicht schon mit dem Schadensereignis, sondern erst wenn wirklich Ersatz geleistet wird (RIS‑Justiz RS0017459). Dennoch wird in ständiger Rechtsprechung das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung künftiger Regressansprüche bejaht. Voraussetzung ist, dass solche Ansprüche möglich sind (2 Ob 191/12w; RIS‑Justiz RS0017548, RS0038996 [Sozialversicherungsträger]). Schon zwecks Vermeidung eines Wertungswiderspruchs hat Gleiches auch für künftige Ausgleichsansprüche eines von mehreren Nebentätern zu gelten.
(b) Zwar richtet sich der Titel aus dem ersten Vorprozess gegen den Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, der jedoch als „behandelndes Büro“ gemäß Art 5 der Internal Regulations (Anhang 1 [Geschäftsordnung des Rates des Büros] des Übereinkommens zwischen den nationalen Versicherungsbüros der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums und anderen assoziierten Staaten vom 30. 5. 2002; abgedruckt bei Grubmann, KHVG4 Anh III.3.2; vgl dazu 2 Ob 35/15h mwN; 2 Ob 227/15v; 2 Ob 65/16x) vom jeweiligen Haftpflichtversicherer die Rückerstattung seiner Aufwendungen begehren kann. Aus diesem Grund könnte die klagende Partei mit der Rückerstattung belastet werden, sodass nach Maßgabe des für den Übergang der Ansprüche maßgeblichen (polnischen) Rechts künftige Regressansprüche möglich sind. Sollte es jedoch auf die von ihr behauptete Zession ankommen (AS 3), wäre für das anzuwendende Recht Art 14 Rom I‑VO maßgeblich.
(c) Die Formulierung des Feststellungsbegehrens bezieht sich allerdings nicht auf die künftige Rückerstattung an den Versicherungsverband oder den Übergang dessen künftiger Regressforderungen durch Zession, sondern geht von einer unmittelbaren Haftung der klagenden Partei gegenüber dem geschädigten Audi-Lenker aus. Aus welchen Gründen eine solche bestehen könnte, ist aus dem Vorbringen der klagenden Partei nicht erschließbar und bedarf im fortgesetzten Verfahren der Erörterung (§ 182a ZPO).
(d) Nicht geteilt werden kann die Meinung des Berufungsgerichts, dass die Anspruchslegitimation der klagenden Partei zwischen den Parteien ohnedies unstrittig ist (Berufungsurteil S 3). Eine ausdrückliche Außerstreitstellung ist nicht erfolgt. Die noch ungeklärten Umstände fallen allesamt in die Sphäre der klagenden Partei, in die die beklagte Partei ohne entsprechende Nachweise keinen Einblick hat. Konkrete Tatsachenbehauptungen zur Widerlegung der Anspruchslegitimation konnten von ihr daher nicht erwartet werden (vgl 2 Ob 8/16i mwN). Dazu kommt, dass die kollisionsrechtlichen Aspekte in erster Instanz nicht erörtert wurden und die für die Legalzession voraussichtlich maßgebliche polnische Rechtslage bisher ungeklärt ist.
IV. Zum (restlichen) Leistungsbegehren:
1. Im zweiten Vorprozess hat die nunmehr beklagte Partei als Haftpflichtversicherer des Land Rover einen weiteren Anspruch des geschädigten Audi-Lenkers geltend gemacht, der zunächst im Wege der Legalzession nach § 190 GSVG auf den Sozialversicherungsträger, der Leistungen aus der Krankenversicherung erbrachte, und danach aufgrund des bestehenden Teilungsabkommens auf sie übergegangen war. Dieser Forderungsübergang wurde durch eine „vertragliche entgeltliche Weiterzession“ des Anspruchs bewirkt, infolge deren der Haftpflichtversicherer die Ersatzansprüche des Sozialversicherungsträgers so geltend machen kann, wie dies der Sozialversicherungsträger tun hätte können (RIS‑Justiz RS0032687; Neumayr in Schwimann/Kodek 4 VII § 332 ASVG Rz 115 f).
2. Sowohl der Rechtserwerb des Sozialversicherungsträgers durch die Legalzession (RIS‑Justiz RS0034514 [T1]) als auch jener des Haftpflichtversicherers durch die Weiterzession (vgl Neumayr in KBB5 § 1394 Rz 1) als auch der behauptete anteilige Forderungsübergang auf die nunmehr klagende Partei ließen den Inhalt des Anspruchs unberührt. Im Ergebnis begehrt die klagende Partei somit im Regressweg anteiligen Rückersatz für den Schaden des Audi-Lenkers von der als Haftpflichtversicherer eben dieses Fahrzeugs in Anspruch genommenen beklagten Partei. Damit zieht sie den Halter des Audi als weiteren Mithaftenden heran. Denn nur, wenn dessen Haftung für den Schaden des Lenkers nach dem EKHG zu bejahen wäre, käme auch eine Haftung der beklagten Partei als Haftpflichtversicherer des Audi für diesen Schaden in Betracht.
3. Nach § 3 Z 3 EKHG ist im Fall der Tötung oder Verletzung eines durch die Eisenbahn oder das Kraftfahrzeug beförderten Menschen das EKHG hinsichtlich der beförderten Eisenbahn oder des beförderten Kraftfahrzeugs insofern nicht anzuwenden, als der Verletzte zur Zeit des Unfalls beim Betrieb der Eisenbahn oder beim Betrieb des Kraftfahrzeugs tätig war.
Der Oberste Gerichtshof vertritt zu diesem Haftungsausschluss nach § 3 Z 3 EKHG grundsätzlich die Auffassung, dass der Lenker eines Kraftfahrzeugs jedenfalls zu dem beim Betrieb tätigen Personenkreis zu zählen ist und zwar – ungeachtet der historischen Konzeption dieser Bestimmung – unabhängig davon, ob er Dienstnehmer des Halters war oder nicht (2 Ob 13/12v mwN ZVR 2013/31 [Huber]). Er hält jedoch eine teleologische Reduktion des § 3 Z 3 EKHG in jenen Fällen geboten, in denen der Unfall auf eine durch das Verhalten eines nicht beim Betrieb tätigen Dritten oder eines Tieres ausgelöste außergewöhnliche Betriebsgefahr zurückzuführen oder aufgrund eines Fehlers in der Beschaffenheit oder des Versagens der Verrichtungen eingetreten ist. Kommt einer dieser risikoerhöhenden Umstände auf Seiten des Halters zum Tragen, erscheint es sachgerecht, dem beim Betrieb Tätigen die Gefährdungshaftung zu eröffnen und ein allfälliges (aber nicht allein schadenstiftendes) Mitverschulden des Geschädigten nach § 7 EKHG iVm § 1304 ABGB angemessen zu berücksichtigen (2 Ob 109/04z SZ 2006/40; 2 Ob 13/12v; 8 ObA 55/17x; RIS‑Justiz RS0120591).
4. Der eingangs wiedergegebene unstrittige Sachverhalt, der auch dem Tatsachenvorbringen der klagenden Partei entspricht, indiziert zwar das Vorliegen risikoerhöhender Umstände im obigen Sinn. Ob sie tatsächlich vorlagen, könnte ohne entsprechende Feststellungen nicht beurteilt werden. Primäre Voraussetzung für die Haftung des Halters wäre jedoch, dass er mit dem geschädigten Lenker nicht identisch ist. Andernfalls könnte kein auf die Normen des EKHG gestützter Ersatzanspruch begründet werden, weil niemand gegen sich selbst Forderungen haben und so sein eigener Schuldner sein kann. In diesem Fall würde auch die beklagte Partei nicht haften (vgl 2 Ob 73/05g ZVR 2006/102 [Huber]).
Dazu steht, dem Vorbringen der klagenden Partei folgend, bisher nur fest, dass der Lenker selbst auch der Zulassungsbesitzer war. Zur Haltereigenschaft liegt keine Feststellung vor. Im zweiten Vorprozess war offenbar unstrittig, dass Halter des Audi eine „Amsüß & Heinrich Automobile“ war. Jedenfalls bedarf auch diese Frage im fortgesetzten Verfahren der Erörterung (§ 182a ZPO).
5. Sollte eine Haftung zu bejahen sein, stünde dem Anspruch nicht entgegen, dass die klagende Partei im zweiten Vorprozess eine auch auf die (wenngleich mit dem Verschulden des Audi-Lenkers begründete) Mithaftung der beklagten Partei und damaligen Klägerin als Haftpflichtversicherer des Audi für den gegenständlichen Schaden des Audi-Lenkers gestützte Gegenforderung erhoben hat. Denn das damalige Erstgericht bemerkte einleitend, dass „das Mitverschulden“ des Audi-Lenkers „in diesem Verfahren“ nicht geltend gemacht werden könne. Mit dieser– vom Berufungsgericht gebilligten – Begründung hat es in diesem Umfang weder über den Bestand noch über den Nichtbestand der Gegenforderung abgesprochen, sondern sie, wenngleich nicht spruchgemäß, im Ergebnis zurückgewiesen. Dabei kann im Folgeprozess dahinstehen, ob diese Vorgangsweise rechtlich richtig war. Eine meritorische Behandlung dieses Teils der Gegenforderung wurde jedenfalls rechtskräftig abgelehnt. Es besteht daher, anders als im Falle der in Punkt B) erörterten Gegenforderung, kein prozessuales Hindernis für die Geltendmachung im gegenständlichen Regressprozess (vgl 9 Ob 38/16b).
6. Zur fehlenden Bindungswirkung der Entscheidung über den Nichtbestand der in Punkt B) erörterten Gegenforderung kann auf die Ausführungen in Punkt III.2.2 verwiesen werden.
V. Zusammenfassung und Ergebnis:
Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind aus den dargelegten Erwägungen in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben und dem Erstgericht ist die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Dieses wird im fortgesetzten Verfahren zu berücksichtigen haben:
Streitverfangen sind nur noch das mit 1.083,33 EUR bezifferte Leistungsteilbegehren sowie das Feststellungsbegehren, zu deren abschließenden Beurteilung es im fortgesetzten Verfahren vor allem der Feststellung eines Sachverhalts bedarf. Zur Klärung der Sachlegitimation der klagenden Partei wird das nach Art 7 Rom I‑VO maßgebliche Recht zu ermitteln und an Hand dessen der behauptete Übergang des geltend gemachten Anspruchs zu prüfen sein. Vorrangig zu erörtern sind jedoch die offenen Fragen zum Feststellungsbegehren und zum Fahrzeughalter des Audi.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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