OGH 2Ob191/12w

OGH2Ob191/12w30.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** AG, *****, und 2. A***** SE, *****, beide vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. J***** GmbH, *****, und 2. A***** D*****, beide vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung (Streitinteresse 20.000 EUR), über die Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. Juli 2012, GZ 6 R 74/12p-12, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 28. Februar 2012, GZ 6 Cg 85/11w-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die zweitbeklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien je zur Hälfte die mit 818,65 EUR (darin 136,44 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Am 18. 6. 2008 ereignete sich auf dem in Österreich gelegenen Betriebsgelände der I***** GmbH ein Arbeitsunfall, bei dem der dort als Lagerleiter beschäftigte J***** H***** schwere Beinverletzungen erlitt.

Die zweitklagende Partei war von der I***** GmbH beauftragt worden, Ware (Klebestreifen) anzuliefern. Die zweitklagende Partei erteilte den Transportauftrag an die „C***** GmbH“, die ihrerseits die „Fa. L*****“ beauftragte. Diese gab den Auftrag an die erstbeklagte Partei weiter, bei welcher der Zweitbeklagte als Kraftfahrer beschäftigt war. Der Zweitbeklagte führte den Transport zum Betriebsgelände der I***** GmbH durch. Ob er nach dem Auftragsinhalt dort die Ware abzuladen hatte, steht nicht fest. Bei früheren Lieferungen an die I***** GmbH hatte er den Lkw immer selbst entladen.

Auf besagtem Betriebsgelände befinden sich zwei räumlich voneinander getrennte Laderampen, die zur Entladung großer Lkws verwendet werden. Die geöffneten Ladeflächen der Fahrzeuge weisen dabei in das Innere einer Halle, die mit heb-, senk- und ausfahrbaren Rampenbühnen ausgestattet ist. Mit Hilfe dieser Vorrichtungen kann ein Übergang zu den Ladeflächen der zu entladenden Fahrzeuge geschaffen werden, der auch mit einem Flurstapler befahren werden kann. Die Rampenbühnen sind mit den Ziffern „2“ und „3“ bezeichnet. Die Bedienungseinheiten sind rechts von der jeweiligen Rampe an der Wand angebracht und ebenfalls mit den Ziffern „2“ und „3“ gekennzeichnet. Diese Ziffern (schwarz auf gelbem Grund) reichen über die gesamte Breite des jeweiligen Bedienelements. Dieses besteht aus einem „Not-Stopp-Knopf“, Drehschaltern zum Heben und Senken der Rampe sowie zum Ausfahren des beweglichen Rampenteils und einem Bedienknopf mit der Bezeichnung „returno-automatico“. Bei Betätigung dieses Knopfs wird die Rampe zunächst angehoben; danach wird der ausgefahrene Teil eingezogen und die Rampe wird auf Bodenniveau abgesenkt. Der Hebevorgang dauert 4,5 Sekunden und verursacht ein sehr geringes Geräusch.

Der Zweitbeklagte entlud den Lkw auf der Rampe „2“. Zur selben Zeit entlud der Lagerleiter J***** H***** einen anderen Lkw auf der Rampe „3“, wozu er sich eines Flurstaplers bediente. Bei der I***** GmbH war die Anwesenheit eines Lagerarbeiters bei der Entladung üblich. Der ihm von J***** H***** deshalb erteilten Anweisung, mit der Entladung noch zuzuwarten, weil er zuerst selbst den Lkw entladen müsse und sein Kollege nicht da sei, hatte der Zweitbeklagte nicht Folge geleistet und - wie schon mehrmals davor - die Bedienungseinheit der Rampenbühne selbständig betätigt. Nachdem der Zweitbeklagte das Ladegut abgeladen hatte, wollte er die zuvor von ihm ausgefahrene Hebebühne wieder in den Vorzustand zurückversetzen, um mit dem Lkw wegfahren zu können. Dabei betätigte er versehentlich den Knopf am Bedienelement für die Rampe „3“. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt zwischen den beiden Rampen, mit dem Körper der Rampe „2“ zugewandt. Da diese sich nicht hob, drehte er sich nach zwei bis drei Sekunden um. Er erkannte seinen Fehler, wandte sich der Rampe „3“ zu und „ging auf dieselbe“, gab jedoch keinen Warnruf ab. Während sich die Rampenbühne hob, fuhr J***** H***** auf der Ladefläche des zu entladenden Lkws, auf dem Trittbrett des Flurstaplers stehend, mit einer Geschwindigkeit von 8 km/h rückwärts in Richtung Halle. Als er das Ende der Ladefläche erreichte, stieß er mit den Beinen gegen die Kante der Rampenbühne, die sich bis dahin auf 28 bis 30 cm Höhe gehoben hatte. Der Unfall war für ihn nicht vermeidbar. Er erlitt einen erstgradigen offenen Schienbeinbruch, weitere Knochenbrüche, eine Sprungbeinverrenkung und eine Rissquetschwunde. Spätfolgen sind möglich.

In der Folge traten sowohl der Geschädigte als auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), die den Unfall des Geschädigten als Arbeitsunfall anerkannte, an die zweitklagende Partei mit Ersatzansprüchen heran. Die erstklagende Partei ist der Haftpflichtversicherer der zweitklagenden Partei.

Die klagenden Parteien begehrten mit ihrer am 16. 6. 2011 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Feststellung, dass die beklagten Parteien sämtliche Schäden, die den klagenden Parteien aufgrund der beim Unfall vom 18. 6. 2008 erlittenen Verletzungen des J***** H***** künftig entstehen würden, zu ersetzen hätten. Zur Begründung ihres Feststellungsinteresses brachten sie zusammengefasst vor, die zweitklagende Partei hafte aus dem Vertragsverhältnis mit der I***** GmbH, das Schutzwirkungen zu Gunsten des Geschädigten entfaltet habe. Sie sehe sich bereits mit Ersatzansprüchen des Geschädigten und der AUVA konfrontiert. Der Zweitbeklagte habe den Unfall verschuldet und deshalb für den Schaden einzustehen. Die erstklagende Partei habe als deckungspflichtiger Haftpflichtversicherer allfällige Versicherungsleistungen zu erbringen. In diesem Umfang würden Ansprüche auf sie übergehen und sie wäre insoweit zur Geltendmachung von Regressansprüchen aktiv legitimiert.

Die beklagten Parteien wandten fehlendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung sowie die Verjährung deliktischer Ersatzansprüche ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren, soweit es sich gegen die erstbeklagte Partei richtete, ab und gab ihm hinsichtlich des Zweitbeklagten statt.

Das nur vom Zweitbeklagten angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, der Liefervertrag zwischen der zweitklagenden Partei und der I***** GmbH habe Schutzwirkungen zugunsten des Geschädigten entfaltet, weshalb die zweitklagende Partei diesem gegenüber für das Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB hafte. Der Zweitbeklagte stehe am Ende einer Gehilfenkette und habe den Unfall verschuldet. Aufgrund der erstinstanzlichen Negativfeststellung könne allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass das Abladen der gelieferten Ware Vertragsinhalt gewesen sei. Entscheidend für die Zuweisung des Risikos einer über den Auftrag hinausgehenden Handlung des Gehilfen sei allein die Interessenverfolgung. Die Abgrenzung zur alleinigen Deliktshaftung des Gehilfen sei derart zu ziehen, dass die Haftung des Geschäftsherrn dann nicht eintrete, wenn das Verhalten des Gehilfen aus dem allgemeinen Umkreis des von ihm für den Geschäftsherrn wahrzunehmenden Aufgabenbereichs herausfalle und der sachliche Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung zur Gänze gelöst erscheine. Letzteres treffe auf das Verhalten des Zweitbeklagten nicht zu. Die Fehlbedienung der Rampe anlässlich der Entladung der gelieferten Ware falle nicht aus dem allgemeinen Umkreis des vom Zweitbeklagten wahrzunehmenden Aufgabenbereichs der zweitklagenden Partei (Anlieferung) heraus, von einer gänzlichen Lösung des Sachzusammenhangs könne keine Rede sein. Die zweitklagende Partei hafte daher gemäß § 1313a ABGB für das Fehlverhalten des Zweitbeklagten.

Nach der Rechtsprechung rechtfertige die Solidarhaftung des Geschäftsherrn (ex contractu) und seines Erfüllungsgehilfen (ex delicto) gegenüber dem Geschädigten iSv § 1302 letzter Halbsatz ABGB die analoge Anwendung der Vorschriften über die vertragliche Solidarschuld und damit insbesondere des § 896 Satz 1 ABGB. Solidarhaftung trete vor allem bei schuldhafter Verletzung absolut geschützter Güter des Dritten durch den Gehilfen ein. Dabei regle § 896 ABGB den Regress (Rückgriff, Ausgleich) unter den Gesamtschuldnern, wobei nicht nur ein gemeinsamer Schuldvertrag, sondern auch gesetzliche, insbesondere auf einer Deliktsobligation beruhende Gesamtschulden Ausgangspunkt des Rückgriffs seien. Das Regressrecht bestehe unabhängig davon, ob die Gesamtschuld auf gemeinsamem Rechtsgrund beruhe oder nicht. Die Feststellungsklage sei innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist seit Schadenseintritt eingebracht worden und schon deshalb nicht verjährt.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil „zur Frage der Abgrenzung vertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten bei einem Transportauftrag gegenüber vertragsfernen Personen (Dritten) keine gefestigte Rechtsprechung vorliege und sich in diesem Zusammenhang nicht selten Probleme stellen“ würden.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Zweitbeklagten gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

I. In der Begründung des zweitinstanzlichen Zulassungsausspruchs wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht dargetan:

1. Eine solche wird nicht schon dadurch begründet, dass ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden wurde (RIS-Justiz RS0107773). Die Beurteilung, ob das Fehlverhalten eines Gehilfen noch innerhalb des für den Geschäftsherrn wahrzunehmenden Pflichtenkreises liegt und ein sachlicher Zusammenhang mit dem Interessenverfolgungsprogramm des Geschäftsherrn besteht (vgl RIS-Justiz RS0028425, RS0028499, RS0028626, RS0028691; Karner in KBB³ § 1313a Rz 8), entzieht sich einer allgemeinen Aussage und richtet sich typischerweise nach den konkreten Umständen des Einzelfalls (vgl 1 Ob 127/07v; 9 Ob 53/12v; RIS-Justiz RS0028429, RS0028530). Davon abgesehen kommt es hier nicht auf die vertraglichen Pflichten „bei einem Transportauftrag“, sondern - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ohnedies selbst erkennt - nur auf jene aus dem Vertragsverhältnis der zweitklagenden Partei zur I***** GmbH, somit aus dem zwischen diesen Vertragsparteien geschlossenen Kauf- und Liefervertrag an (vgl Karner aaO § 1313a Rz 4).

2. Das Berufungsgericht stützte sich auf die Entscheidung 1 Ob 711/89 = SZ 63/201, in der dem Geschäftsherrn eine den Auftrag überschreitende Handlung seines Erfüllungsgehilfen mit der Begründung zugerechnet wurde, dass dieses Verhalten weder örtlich noch sachlich aus dem allgemeinen Umkreis seines Aufgabenbereichs herausgefallen sei, die vertragliche Beziehung zwischen den damaligen Streitteilen dem Gehilfen erst den Zugang zum Ort der schadensstiftenden Handlung eröffnet habe und der Gehilfe auch annehmen habe dürfen, dass er bei der gefälligkeitshalber erfolgten Überschreitung seines Aufgabenbereichs im Rahmen der Verfolgung der Interessen seines Geschäftsherrn geblieben sei. Es gelangte zu dem Ergebnis, dass die Handlung des Zweitbeklagten trotz Auftragsüberschreitung vom sachlichen Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung noch nicht zur Gänze gelöst gewesen sei (vgl 10 Ob 96/08b; Reischauer in Rummel, ABGB³ II/2 § 1313a Rz 3).

Der Zweitbeklagte führt in der Revision dagegen nur ins Treffen, es sei „vollkommen unerfindlich“, warum die zweitklagende Partei gegenüber dem Geschädigten für einen außerhalb ihrer vertraglichen Leistungspflicht (beim Abladen) entstandenen Schaden haften solle, ohne auch nur mit einem Wort auf die in der angefochtenen Entscheidung ausführlich wiedergegebenen Grundsätze der zitierten Rechtsprechung und die darauf gegründeten Erwägungen des Berufungsgerichts einzugehen. Gründe, aus denen diese Grundsätze im vorliegenden Fall nicht anwendbar sein könnten, werden im Rechtsmittel nicht dargelegt. Damit gelingt es dem Zweitbeklagten aber auch nicht, eine korrekturbedürftige krasse Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zu der erörterten Abgrenzungsfrage im vorliegenden Einzelfall aufzuzeigen. Die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage stellt sich daher nicht.

II. Der Zweitbeklagte zeigt in seiner Revision aber auch keine sonstige Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Vertrag zwischen der zweitklagenden Partei und der I***** GmbH habe Schutzwirkungen zugunsten des verletzten Lagerleiters entfaltet, wurde auf einschlägige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gestützt (10 Ob 81/00k; vgl auch RIS-Justiz RS0017195, RS0034594, RS0037785). Es entspricht ferner herrschender Judikatur, dass ein Schuldner bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten, die ihn gegenüber einem Dritten treffen, nicht nur dem Gläubiger der Hauptleistung, sondern auch dem Dritten für seinen Gehilfen nach § 1313a ABGB haftet (10 Ob 96/08b; RIS-Justiz RS0017185). Der Zweitbeklagte bezeichnet die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zwar als unrichtig, unterlässt es jedoch abermals, seinen Standpunkt zu begründen. Auch insoweit vermag er daher keine erhebliche Rechtsfrage darzutun.

2. Auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Zweitbeklagte sei als Dienstnehmer der erstbeklagten Partei Teil der angenommenen „Gehilfenkette“, hat ihre Grundlage in höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl etwa 1 Ob 711/89; jüngst auch 2 Ob 4/13x; Reischauer aaO § 1313a Rz 16 mwN). Der in der Revision relevierte Umstand, dass der Zweitbeklagte in keinem Vertragsverhältnis zur zweitklagenden Partei stand, hindert daher nicht seine Rechtsstellung als Erfüllungsgehilfe. Ob der Geschädigte außerhalb der „Gehilfenkette“ stand, ist im gegebenen Zusammenhang bedeutungslos. Auch insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor.

3. Es trifft zu, dass der Zweitbeklagte nur dem Geschädigten gegenüber deliktisch haftet (vgl 6 Ob 26/09f [Gehilfenkette]; RIS-Justiz RS0022481, RS0022801). Da auch die vertragliche Haftung der zweitklagenden Partei mit vertretbarer Begründung bejaht wurde (siehe II.1), liegt ein Fall der Solidarhaftung (von zweitklagender Partei und Zweitbeklagtem) vor (vgl Karner aaO § 1313a Rz 10). Das Berufungsgericht hat im Einklang mit der herrschenden Rechtsprechung dargelegt, dass bei dieser Konstellation ein Regressanspruch des Geschäftsherrn nach den §§ 1302, 896 ABGB in Frage kommen kann (RIS-Justiz RS0017495; Gamerith in Rummel, ABGB³ § 896 Rz 6). In der Revision wird dazu nichts ausgeführt.

Der Regressanspruch nach § 896 ABGB ist ein selbständiger Anspruch, dessen Art und Umfang sich nach dem zwischen den Streitteilen bestehenden „besonderen Verhältnis“ richtet (2 Ob 112/10z mwN; RIS-Justiz RS0017522; P. Bydlinski in KBB³ § 896 Rz 4). Dieses kann auf rechtsgeschäftlichen Beziehungen zwischen den Mitschuldnern beruhen, aber auch auf schadenersatzrechtlichen Verflechtungen und sonstigen Umständen, die im konkreten Fall ein Abweichen vom Rückgriff nach Kopfteilen rechtfertigen (2 Ob 112/10z; vgl RIS-Justiz RS0017501).

Im vorliegenden Fall ging das Berufungsgericht von der Möglichkeit künftigen Regresses in vollem Umfang aus. Auch diese Rechtsansicht wirft mangels eines vertraglichen Verhältnisses zum Zweitbeklagten und in Anbetracht dessen - in der Revision gar nicht mehr bestrittenen - Alleinverschuldens an dem Unfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die offenbar dem Transportrecht entnommenen Überlegungen zum Verbot eines „Sprungregresses“ kommen hier nicht zum Tragen.

4. Dass sich der Zweitbeklagte den klagenden Parteien gegenüber nicht auf das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz berufen kann, ist darin begründet, dass er nicht Dienstnehmer der zweitklagenden Partei ist. Von einer „Umgehung“ des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes kann entgegen der in der Revision vertretenen Meinung keine Rede sein.

5. Der Regressanspruch nach den §§ 1302, 896 ABGB entsteht zwar nicht schon mit dem Schadensereignis, sondern erst, wenn wirklich Ersatz geleistet worden ist (2 Ob 332/99h mwN; 8 ObA 33/11b; RIS-Justiz RS0017519). Allerdings wird in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung künftiger Regressansprüche bejaht. Voraussetzung ist, dass solche Ansprüche möglich sind (SZ 42/172; SZ 46/128; 2 Ob 332/99h; 2 Ob 31/07h; 2 Ob 251/08p; 8 ObA 33/11b; RIS-Justiz RS0017548; vgl Gamerith aaO § 896 Rz 2).

Da unter den erörterten rechtlichen Prämissen sowie im Hinblick auf die außergerichtlich bereits erfolgte Inanspruchnahme der zweitklagenden Partei durch den Geschädigten und einen Sozialversicherungsträger künftige Regressansprüche der klagenden Parteien - anders als etwa in dem zu 2 Ob 212/12h entschiedenen Fall - möglich erscheinen, hat das Berufungsgericht das Feststellungsinteresse in zumindest vertretbarer Weise bejaht.

6. Letzteres gilt auch für die erstklagende Partei. Soweit der Zweitbeklagte seine mögliche künftige Haftung dieser gegenüber erneut als „vollkommen unerfindlich“ bezeichnet, ist er darauf zu verweisen, dass die erstklagende Partei entgegen seiner nunmehrigen Behauptung ausreichendes - von ihm allerdings nie substantiiert bestrittenes - Prozessvorbringen zu ihrer Deckungspflicht als Haftpflichtversicherer der zweitklagenden Partei, ihrer Aktivlegitimation für künftige Regressansprüche und ihrem daraus abzuleitenden Feststellungsinteresse erstattet hat. Auf diese (unbestrittenen) Prozessbehauptungen hat erkennbar schon das Erstgericht seine Entscheidung hinsichtlich der erstklagenden Partei gestützt. Da die Ersatzansprüche des Geschädigten bzw der Sozialversicherungsträger die Haftpflichtversicherungssumme übersteigen könnten - Spätfolgen sind nach den Feststellungen möglich - wäre trotz Deckungspflicht der erstklagenden Partei nicht ausgeschlossen, dass künftig Regressansprüche beider klagenden Parteien entstehen.

Davon abgesehen hatte der Zweitbeklagte diesen rechtlichen Gesichtspunkt in seiner Berufung nicht einmal ansatzweise thematisiert. Die allseitige Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Berufungsurteils durch den Obersten Gerichtshof beschränkt sich jedoch auf jene Umstände, die Gegenstand des Berufungsverfahrens gewesen sind (2 Ob 137/05v mwN; RIS-Justiz RS0043573 [T31, T36, T41 und T42]). Auch insoweit zeigt der Zweitbeklagte in der Revision daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

7. In Rechtsprechung und Lehre ist anerkannt, dass Feststellungsansprüche, weil im Prozessrecht (§ 228 ZPO) wurzelnd, grundsätzlich unverjährbar sind, jedoch an der Feststellung eines verjährten Rechts im Allgemeinen kein rechtliches Interesse besteht (2 Ob 31/07h mwN; 2 Ob 235/08k; RIS-Justiz RS0034358, RS0034403). Bei Regressansprüchen nach den §§ 1302, 896 ABGB setzt nach der Rechtsprechung der Lauf der Verjährungsfrist erst mit der Entstehung des Anspruchs ein (siehe II.5; 2 Ob 332/99h mwN; RIS-Justiz RS0017390 [T1], RS0017519 [T3]). Schon aus diesem Grund ist die Verneinung der eingewendeten Verjährung durch das Berufungsgericht unbedenklich.

Der Verjährungseinwand kann aber auch nicht darauf gegründet werden, dass - wie der Zweitbeklagte meint - die Direktansprüche des Geschädigten ihm gegenüber bereits verjährt seien, weil keine Identität dieser Ansprüche mit den Regressansprüchen nach den §§ 1302, 896 ABGB besteht (zur Verjährung als bloß subjektiv wirkender Erlöschensgrund vgl überdies RIS-Justiz RS0017539). Im Übrigen wurde die Feststellungsklage innerhalb von drei Jahren ab dem schadensbegründenden Ereignis eingebracht.

III. Aus den dargelegten Gründen beruht die Bejahung des rechtlichen Interesses an der begehrten Feststellung auf einer vertretbaren Rechtsansicht des Berufungsgerichts. Da es der Lösung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf, ist die Revision - die ohne jedes Paragraphen- oder Judikaturzitat auskommt - zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die klagenden Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihnen Kostenersatz (nach Kopfteilen) gebührt.

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