Rechtssatz
Für die Beurteilung der Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB ist maßgebend, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, das heißt, ob er in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war.
1 Ob 127/07v | OGH | 29.11.2007 |
Vgl auch; Beisatz: Der Schuldner haftet nicht für ein Verhalten der Hilfspersonen, das mit dem Schuldverhältnis in keinem inneren Zusammenhang mehr steht, sondern in den Bereich der allgemeinen Lebensführung des Gehilfen gehört, in deren Rahmen er seine eigenen Interessen verfolgt. (T1) |
10 Ob 96/08b | OGH | 22.12.2008 |
Beisatz: Steht das Verhalten des Gehilfen in sachlichem Zusammenhang mit der Interessenverfolgung, so ist die Haftung nach § 1313a ABGB zu bejahen. Der sachliche Zusammenhang ist vor allem dort zu bejahen, wo ein Gehilfe innerhalb seines Aufgabenkreises schadensstiftende Handlungen setzt. (T2)<br/>Beisatz: Setzt der Gehilfe aus eigenem Antrieb nicht geschuldete Handlungen, die vom sachlichen Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung nicht zur Gänze gelöst sind, so ist dafür nach § 1313a ABGB zu haften. (T3) |
4 Ob 130/09k | OGH | 29.09.2009 |
Auch; Beisatz: Das Verhalten eines Reisebüromitarbeiters ist dem Veranstalter dann zuzurechnen, wenn und soweit sich dieser des Reisebüros zur Verfolgung eigener Interessen gegenüber dem Kunden bedient. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn der Reisebüromitarbeiter Pflichten erfüllt, die nicht bloß das Reisebüro als Vermittler, sondern auch den Veranstalter selbst treffen. (T4)<br/>Veröff: SZ 2009/127 |
8 Ob 49/14k | OGH | 26.06.2014 |
Beis. wie T4; nur: Allgemein ist das Verhalten eines Reisebüros dem Reiseveranstalter dann zuzurechnen, wenn und soweit sich dieser des Reisebüros zur Verfolgung eigener Interessen gegenüber dem Kunden bedient. (T5)<br/>Beisatz: Dies gilt vor allem für vertragliche Zusicherung eines Reisebüromitarbeiters. Ist das Reisebüro auch zur Entgegennahme von Zahlungen für den Reiseveranstalter befugt, so fungiert dieses als Zahlstelle. Der Vertretungsbefugte nimmt die Zahlung wirksam für den Reiseveranstalter in Empfang; Leistungsempfänger ist somit der Veranstalter. (T6) |
8 Ob 53/14y | OGH | 26.06.2014 |
Vgl; Beisatz: Wesentlich ist die Einbeziehung des Gehilfen in das Interessenverfolgungsprogramm des Geschäftsherrn bei der von diesem veranlassten Erfüllung eigener Vertragspflichten. Entscheidend ist, welche konkreten Leistungspflichten bzw Schutz- und Sorgfaltspflichten der Geschäftsherr gegenüber seinem Vertragspartner übernommen hat. (T7)<br/>Beisatz: Hier: Die ordnungsgemäße Reinigung der Stiegen- und Gangflächen in der Abflugshalle zählt zu den vertraglichen Pflichten der Fluglinie gegenüber ihren Fluggästen. Die Beklagte (Flughafenbetreiberin) - und auch das Reinigungsunternehmen im Sinn einer Erfüllungsgehilfenkette - ist hier als Erfüllungsgehilfin der Fluglinie zu qualifizieren. (T8)<br/> |
6 Ob 94/16s | OGH | 27.02.2017 |
Auch; Beis wie T7 nur: Entscheidend ist, welche konkreten Leistungspflichten bzw Schutz- und Sorgfaltspflichten der Geschäftsherr gegenüber seinem Vertragspartner übernommen hat. (T9)<br/>Beisatz: Hier: Schiverleih samt Werkstatt und Schischule im Hinterhof eines Hotels – Zurechnung zum Hotelbetreiber verneint, zumal die Leistungen jedermann angeboten und den Kunden direkt in Rechnung gestellt wurden. (T10) |
6 Ob 146/18s | OGH | 31.08.2018 |
Auch; Beis wie T2; Veröff: SZ 2018/67 |
8 Ob 52/19h | OGH | 24.07.2019 |
Auch; Beisatz: Hier: Anscheinsgehilfe. (T11) |
7 Ob 19/24f | OGH | 06.03.2024 |
Beisatz: Diese Frage kann aber immer nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls gelöst werden, weshalb sie regelmäßig – von einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufwirft. (T12)<br/>Beisatz: Hier: Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass die Beklagte für einen von ihr im Rahmen eines Umbaus eines Gebäudes beauftragten Baumeister nicht als Erfüllungsgehilfe gemäß § 1313a ABGB dem Kläger gegenüber haftet, wenn der Umbau mehrere Jahre vor dem – zum Zeitpunkt des Umbaus weder absehbaren noch geplanten – Abschluss des Bestandverhältnisses mit dem Kläger bereits abgeschlossen wurde. Das hält sich im Rahmen der dargestellten Rechtsprechung und ist daher nicht korrekturbedürftig. (T13); Beisatz wie T9 |
Dokumentnummer
JJR_19940530_OGH0002_0010OB00564_9400000_008
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