OGH 6Ob90/16b

OGH6Ob90/16b30.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** S*****, vertreten durch Dr. Klaus Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei ***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Raits Bleiziffer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Feststellung (Streitwert 80.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 21. März 2016, GZ 3 R 30/16a‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00090.16B.0530.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass für die Beurteilung der Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB maßgebend ist, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, ob er also in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in dessen Risikobereich einbezogen war (RIS‑Justiz RS0028425). Steht das Verhalten des Gehilfen in sachlichem Zusammenhang mit dieser Interessenverfolgung, so ist die Haftung nach § 1313a ABGB zu bejahen. Der sachliche Zusammenhang ist vor allem dort zu bejahen, wo ein Gehilfe innerhalb seines Aufgabenkreises schadensstiftende Handlungen setzt (RIS‑Justiz RS0028425 [T2]). Auch dann, wenn der Gehilfe aus eigenem Antrieb nicht geschuldete Handlungen setzt, die vom sachlichen Zusammenhang mit der vom Schuldner angestrebten Interessenverfolgung nicht zur Gänze gelöst sind, ist dafür nach § 1313a ABGB zu haften (RIS‑Justiz RS0028425 [T3]).

Der Geschäftsherr haftet aber nur für jene Schäden, die der Gehilfe in Erfüllung seiner Pflichten zufügt, nicht aber für jene, die dieser bloß gelegentlich der Erfüllung verursacht (RIS‑Justiz RS0028429 [T5]). Nicht jedes Gehilfenverhalten kann deshalb als Erfüllungshandlung des Geschäftsherrn angesehen werden (RIS‑Justiz RS0028582 [T4]). Gefordert wird vielmehr ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung: Nur dann, wenn die unerlaubte Handlung des Gehilfen in den Aufgabenbereich eingreift, zu dessen Wahrnehmung er vom Schuldner bestimmt worden ist, hat der Schuldner dafür einzustehen (RIS‑Justiz RS0028626). Der Geschäftsherr haftet daher nicht nach § 1313a ABGB, wenn das Verhalten des Gehilfen aus dem allgemeinen Umkreis des Aufgabenbereichs, den der Gehilfe im Rahmen der Interessenverfolgung für den Schuldner wahrzunehmen hatte, herausfällt (RIS‑Justiz RS0028499). Der Geschäftsherr haftet somit etwa nicht für Diebstähle (3 Ob 296/98w) oder Betrügereien (3 Ob 283/06y), aber auch dann nicht, wenn der Gehilfe einen Rat in einem Bereich erteilt, der durch den Vertrag zwischen Geschädigtem und Geschäftsherr nicht gedeckt ist (Harrer in Schwimann, ABGB-Praxiskommentar³ [2006] § 1313a Rz 24 mwN; Schacherreiter in ABGB-ON1.03 [2015] § 1313a Rz 75).

2. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Vermittlung des Fremdwährungskredits zwischen dem Kläger und der ***** Bank ***** AG durch den Kundenbetreuer der beklagten Bausparkasse, die Bausparverträge abschließt und Bausparfinanzierungen abwickelt, nicht im Rahmen seiner Tätigkeit als deren Kundenbetreuer und ohne deren Zustimmung erfolgte; zwischen der Bank und der Beklagten bestand auch keine Vertriebsvereinbarung hinsichtlich der Finanzprodukte der Bank.

Da der Kundenbetreuer bei der Beklagten angestellt war, um deren Bausparprodukte zu verkaufen, die Vermittlung von Fremdwährungskrediten jedoch nicht zu seinen Aufgaben oder jenen der Beklagten gehörte und auch im konkreten Fall die Vermittlung des Fremdwährungskredits ohne Zustimmung der Beklagten erfolgte, ist die einzelfallbezogene (RIS‑Justiz RS0121745 [T2]) Beurteilung der Vorinstanzen, der Kundenbetreuer habe gegenüber dem Kläger nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten gehandelt, nicht zu beanstanden.

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