OGH 3Ob610/83 (RS0028626)

OGH3Ob610/8330.11.1983

Rechtssatz

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des OGH, dass zwar auch vorsätzliche unerlaubte Handlungen in Erfüllung einer vertraglichen Pflicht in einer dem Schuldner zurechenbaren Weise vom Erfüllungsgehilfen begangen werden können, dass jedoch hiezu ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung gefordert, also umgekehrt davon jede Schädigung ausgeschlossen wird, die der Gehilfe dem Gläubiger nur gelegentlich (anlässlich) der Erfüllung zugefügt hat und die einer selbständigen unerlaubten Handlung entsprungen ist. Nur dann, wenn die unerlaubte Handlung des Gehilfen in den Aufgabenbereich eingreift, zu dessen Wahrnehmung er vom Schuldner bestimmt worden ist, hat der Schuldner dafür einzustehen.

Normen

ABGB §1313a I

3 Ob 610/83OGH30.11.1983
1 Ob 643/84OGH12.12.1984

Beisatz: Der Zusammenhang mit dem wahrzunehmenden Aufgabenbereich bleibt insbesonders gewahrt, wenn der Gehilfe gegen eine ausdrückliche Weisung des Geschäftsherrn verstößt. (T1) <br/>Veröff: SZ 57/196 = RdW 1985,209 = JBl 1986,101

7 Ob 400/97tOGH31.03.1998

Auch; nur: Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des OGH, dass auch vorsätzliche unerlaubte Handlungen in Erfüllung einer vertraglichen Pflicht in einer dem Schuldner zurechenbaren Weise vom Erfüllungsgehilfen begangen werden können. (T2)

3 Ob 296/98wOGH26.04.2000

Vgl auch; Beisatz: Dass der Gläubiger seine Rechtssphäre dem Schuldner und seinen Hilfspersonen wegen des Schuldverhältnisses öffnet und deshalb besonderen Vertrauensschutz verdient, darf nicht dazu führen, dass man dem Schuldner auch solches Verhalten der Hilfsperson zurechnen könnte, das mit dem Schuldverhältnis in keinem inneren Zusammenhang mehr steht, sondern in den Bereich der allgemeinen Lebensführung des Gehilfen gehört, in deren Rahmen er seine eigenen Interessen verfolgt. Dieser Bereich lässt sich vom Schuldner nicht besser beherrschen als vom Gläubiger, so dass die schadenersatzrechtliche Abwicklung im Verhältnis zwischen Gläubiger und Erfüllungsgehilfen zu erfolgen hat. Eine Haftung des Schuldners für vorsätzliche unerlaubte Handlungen des Erfüllungsgehilfen in Bezug auf Rechtsgüter des Gläubigers besteht nur dann, wenn er den Gehilfen zu Verwahrung, Bewachung oder Verrichtungen mit der Sache beauftragt, also nicht, wenn er dem Erfüllungsgehilfen nur die tatsächliche Gelegenheit zu Diebstählen, Betrügereien oder Körperverletzungen zum Nachteil des Gläubigers verschafft hatte. (T3)

2 Ob 193/04bOGH23.09.2004

Beis wie T1; Beisatz: Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Schaffung der Gefahrenlage. (T4)<br/>Beisatz: Hier: Naheverhältnis bejaht wenn ein Kellner eine Mitfahrgelegenheit bei einem betrunkenen Gast organisiert und sich der Unfall 5 Minuten nach dem Verlassen des Lokals eintritt. (T5)

3 Ob 234/05sOGH20.10.2005

Auch; Beisatz: Auch vorsätzliche unerlaubte Handlungen in Erfüllung einer vertraglichen Pflicht sind dem Geschäftsherrn zuzurechnen, wenn ein innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen und der Erfüllung des Vertrags besteht, das Delikt also innerhalb des Pflichtenkreises gesetzt wird, den der Geschäftsherr vertraglich übernommen hat. (T6)

3 Ob 283/06yOGH31.01.2007

Auch; Beisatz: Hier: Der Betrug des Erfüllungsgehilfen steht nur in einem äußeren Zusammenhang (nach Zeit und Ort der Vertragsanbahnung) mit den vorvertraglichen Pflichten des Geschäftsherrn - Verneinung eines inneren sachlichen Zusammenhangs der schädigenden Handlung mit dem vorvertraglichen Pflichtenkreis des Geschäftsherrn stellt zumindest eine vertretbare Rechtsansicht dar. (T7)

1 Ob 127/07vOGH29.11.2007

Auch; Beisatz: Aus der bloßen Erteilung des Auftrags, bei betrunkenen Gästen gleich zu kassieren, kann keine Vorhersehbarkeit von Straftaten gegen Leib und Leben durch den Gehilfen abgeleitet werden. (T8)

10 Ob 119/07hOGH10.03.2008

Auch; nur: Die Haftung für den Erfüllungsgehilfen entfällt, wenn der Schaden bloß „gelegentlich der Erfüllung" verursacht wurde. Dann allerdings, wenn die unerlaubte Handlung des Gehilfen in den Aufgabenbereich eingreift, zu dessen Wahrnehmung er vom Geschäftsherrn bestimmt worden ist, hat dieser dafür einzustehen. (T9)<br/>Beis wie T6

1 Ob 150/09dOGH08.09.2009

Vgl auch; Beisatz: Hier: Verletzung eines Gastes durch den Türsteher. (T10)

1 Ob 208/12pOGH13.12.2012

Vgl; Veröff: SZ 2012/137

9 Ob 53/12bOGH21.02.2013

Auch

2 Ob 191/12wOGH30.07.2013

Vgl

1 Ob 43/15bOGH21.05.2015

Auch; Beisatz: Hier: Die abredewidrige Verwendung des vom Anleger dem Anlageberater überlassenen blanko unterfertigten Transaktionsformulars steht mit den der Bank als Geschäftsherrin zukommenden Pflichten bloß in einem äußeren Zusammenhang und stellt daher keine typisch nachteilige Folge dar, für die sie einzustehen hätte. (T11)

6 Ob 90/16bOGH30.05.2016

Auch

8 Ob 63/17yOGH28.09.2017
5 Ob 4/18aOGH13.02.2018
5 Ob 99/19yOGH31.07.2019

Vgl auch

8 Ob 86/20kOGH23.11.2020

Vgl; Beisatz Hier: Die Abgabe einer wirtschaftlich einer Bankgarantie entsprechenden Zusage einer Zahlung durch den Firmenkundenbetreuer einer Bank erfolgte als außerhalb jeglicher gewöhnlichen Tätigkeit von Kundenbetreuern liegende Tätigkeit bloß gelegentlich der Tätigkeit als Firmenkundenbetreuer. (T12)

7 Ob 49/22iOGH25.05.2022

Beisatz: Hier: Versicherungsagent, Betrug. (T13)

Dokumentnummer

JJR_19831130_OGH0002_0030OB00610_8300000_002