OGH 1Ob643/84 (1Ob644/84)

OGH1Ob643/84 (1Ob644/84)12.12.1984

SZ 57/196

Normen

ABGB §1323
CMR Art17
CMR Art28
CMR Art34
HGB §429
HGB §430
ABGB §1323
CMR Art17
CMR Art28
CMR Art34
HGB §429
HGB §430

 

Spruch:

Die Haftung des Unterfrachtführers aus einem CMR-Vertrag ist nicht auf die in Art. 17 CMR angeführten Schäden beschränkt und umfaßt auch Schäden aus der Nichteinhaltung von Alkoholeinfuhrverboten in islamische Länder, für die ausdrücklich die Haftung für jeglichen Schaden übernommen wurde; zu haften ist dann auch für den kurzfristigen Entfall weiterer Frachtaufträge des Frachtführers, die sonst erteilt worden wären

OGH 12. 12. 1984, 1 Ob 643, 644/84 (OLG Linz 2 R 71, 72/84; KG Steyr 3 Cg 7/79)

Text

Beide Streitteile sind Transportunternehmer (Frachtführer). Die Firma Philipp H AG Frankfurt (im folgenden: Firma H) beauftragte die beklagte und widerklagende Partei (im folgenden: beklagte Partei) mit Vertrag vom 21. 2. 1978 mit der laufenden Durchführung von Baumaterialtransporten von der BRD in den Vorderen Orient. In diesem Vertrag verpflichtete sich die beklagte Partei zur strengen Einhaltung der in den arabischen Ländern bestehenden Einfuhrverbote (insbesondere für Alkohol) und übernahm die Haftung für jegliche Schäden, die der Firma H aus einem Zuwiderhandeln gegen diese Verbote entstehen sollten. Die beklagte Partei gab einige der von der Firma H entgegengenommenen Transportaufträge nach Saudi-Arabien an die klagende und widerbeklagte Partei (im folgenden: klagende Partei) weiter. Am 18. 10. 1978 erteilte die beklagte Partei der klagenden Partei den schriftlichen Auftrag, gegen einen Frachtlohn von 108 000 S (abzüglich 3 vH CMR-Versicherung) Baumaterial von Düsseldorf nach Saudi-Arabien (Riad) zu transportieren. Gleichzeitig übermittelte die beklagte Partei der klagenden Partei den Vordruck einer Erklärung mit dem Auftrag, diese vom Lenker des LKWs unterfertigen zu lassen. Die klagende Partei teilte den Kraftfahrer Josef H zur Durchführung dieses Transportes nach Riad ein. Dieser unterfertigte die Erklärung, mit der er zur Kenntnis nahm, daß das Schmuggeln von Alkohol in arabische Länder verboten sei und daß er bei Nichtbeachtung dieser Anweisung sowie bei gesetzwidrigem Verhalten für alle möglichen Folgeschäden verantwortlich gemacht werden würde. Josef H wurde beim Passieren der saudi-arabischen Grenze am 3. 11. 1978 verhaftet, weil er in dem von ihm gelenkten LKW-Zug der klagenden Partei 190 Flaschen Whisky mitgeführt hatte. Der LKW-Zug der klagenden Partei wurde beschlagnahmt. Die Firma H erfuhr davon zwei Tage später und konnte die Umladung und den Weitertransport ihrer Ware nach Riad noch so zeitgerecht veranlassen, daß der Empfänger keine Verspätung der Lieferung geltend machte. Für diese Maßnahmen mußte die Firma H den Gegenwert von 45 545.43 S aufwenden. Infolge dieser Schmuggelaffäre erteilte die Firma H der beklagten Partei zwischen 29. 11. und 11. 12. 1978 keine Transportaufträge mehr, wodurch diese einen Verdienstentgang von mindestens 70 000 S erlitt. Der beklagten Partei entstanden durch die Angelegenheit Telex- und Telefonkosten in der Höhe von 2 800 S. Um die Geschäftsbeziehungen zur Firma H wieder in Gang zu bringen, reiste der Geschäftsführer der beklagten Partei in die BRD, wodurch Kosten von 5 000 S entstanden.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei Zahlung des Frachtlohnes von 108 000 S abzüglich 3 vH CMR-Versicherung und des der Firma H entstandenen Rettungsaufwandes von 45 545.43 S, sohin 59 214.57 S sA. Gegenstand des Revisionsverfahrens bildet nur mehr die dieser Forderung als Gegenforderung und mit Widerklage entgegengesetzte Forderung der beklagten Partei in der Höhe von 77 800 S sA (70 000 S Verdienstentgang infolge vorübergehender Auftragsentziehung durch die Firma H; Rettungsaufwand 5 000 S; Spesen 2 000 S), zu der die klagende Partei vorbrachte, daß sie auf Grund der Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) für derartige Folgeschäden nicht hafte.

Das Erstgericht stellte die Forderung der klagenden Partei mit 59 214.57 S sA als zu Recht, die Gegenforderung der beklagten Partei im Betrag von 77 800 S sA als nicht zu Recht bestehend fest und gab daher dem Klagebegehren (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens) statt, während es das Widerklagebegehren abwies. Auf die gegenständliche Güterbeförderung fänden die Bestimmungen der CMR Anwendung, da es sich um einen Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr handle. Die CMR-Haftung sei aber grundsätzlich auf den unmittelbaren Sachschaden am beförderten Gut begrenzt. Eine Haftung für mittelbare Schäden sei nicht vorgesehen. Bei subsidiärer Heranziehung des nationalen Rechts käme nur eine Haftung nach § 1315 ABGB wegen Untüchtigkeit oder Gefährlichkeit des Besorgungsgehilfen in Betracht, deren Voraussetzungen nicht behauptet worden seien.

Das Berufungsgericht gab der auf Feststellung des Bestandes der Gegenforderung und Stattgebung der Widerklage im Umfang eines (die Klagsforderung übersteigenden) Betrages von 18 585.43 S sA gerichteten Berufung der beklagten Partei Folge, wies das Klagebegehren ab und gab dem Widerklagebegehren statt und sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig ist.

Die beklagte Partei mache mit der Aufrechnungseinrede und der Widerklage zwar einen Schaden aus einer nach der CMR zu beurteilenden Güterbeförderung im grenzüberschreitenden Verkehr geltend, der erhobene Schaden resultiere jedoch nicht aus dem Verlust, der Beschädigung oder der verspäteten Ablieferung des Gutes. Es handle sich vielmehr um einen Folgeschaden wegen Schlechterfüllung des Beförderungsvertrages, der in der CMR nicht geregelt sei. Für die in der CMR nicht behandelten Schadensfälle bestehe kein Haftungsausschluß. Derartige Schäden seien nach den Grundsätzen der allgemeinen schadenersatzrechtlichen Vertragshaftung zu ersetzen. Wegen des Standortes der beiden Streitteile und des Ortes des Abschlusses des Frachtvertrages komme österreichisches Recht zur Anwendung. Da auch die Bestimmungen der §§ 429 ff. HGB keine Sondernormen enthielten, sei die Ersatzpflicht der klagenden Partei für die geltend gemachten Folgeschäden nach den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen des ABGB zu beurteilen. Aus den vorliegenden Urkunden ergebe sich, daß die klagende Partei ausdrücklich die vertragliche Nebenverpflichtung übernommen habe, anläßlich der Beförderung des Gutes nach Saudi-Arabien keinen Alkohol zu schmuggeln. Die klagende Partei hafte gemäß § 1313 a ABGB für die Verletzung dieser Nebenpflicht durch ihren Erfüllungsgehilfen. Der vom Kraftfahrer der klagenden Partei begangene Schmuggel stehe in enger Verbindung mit dem ihm anvertrauten Transportauftrag, da es zu den bei der Durchführung dieses Auftrages zu beachtenden Aufgaben gehört habe, das beförderte Gut ordnungsgemäß zu deklarieren und den jeweiligen zollrechtlichen Vorschriften zu entsprechen. Das Verschulden des Erfüllungsgehilfen sei daher der klagenden Partei zuzurechnen. Die Schadenersatzpflicht der klagenden Partei umfasse sowohl den geltend gemachten Verdienstentgang als auch die sonstigen Aufwendungen der beklagten Partei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Vertrag über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße unterliegt der CMR, da der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer (die BRD) Vertragsstaat des Übereinkommens ist. Die CMR regelt bei weitem nicht alle privatrechtlichen Fragen, die sich aus der Güterbeförderung auf der Straße ergeben. Im wesentlichen werden darin die Haftung des Frachtführers (bzw. Unterfrachtführers Art. 34 CMR) für den Verlust und die Beschädigung des Gutes und für die Überschreitung der Lieferfrist sowie die Regreßansprüche zwischen mehreren Frachtführern aus diesen Schäden (vgl. JBl. 1984, 92) geregelt (6 Ob 673/82, teilveröffentlicht in RdW 1984, 44). Nach ihrer Zielsetzung ist die CMR dahin zu verstehen, daß alles, was sie selbst als Vertragsordnung nicht regelt, nach dem nationalen Vertragsrecht der jeweiligen Länder zu beurteilen ist (SZ 49/3; Muth-Glöckner, Leitfaden zur CMR[5] 13 f.; Heuer, Die Haftung des Frachtführers nach der CMR 34 f.; 183; Precht-Endrigkeit, CMR-HdB[3], 83 f.). Insbesondere enthalten die Art. 17 ff. CMR erkennbar keine abschließende Regelung in dem Sinn, daß der Frachtführer für andere Vertragsverletzungen nicht haftet (Muth-Glöckner aaO 128). Der Frachtführer kann somit insbesondere wegen positiver Vertragsverletzung in Anspruch genommen werden, soweit nicht Sondervorschriften die vertragliche Haftung des Beförderers (bei einzelnen Schadensarten) abschließend regeln (Heuer aaO 183). Gegenteiliges läßt sich aus der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Bestimmung des Art. 28 CMR für den von der beklagten Partei geltend gemachten Schaden nicht gewinnen. Art. 28 Abs. 1 CMR besagt nur, daß sich der Frachtführer, wenn er wegen der in der CMR geregelten Ersatzansprüche (aus Verlust, Beschädigung oder Überschreitung der Lieferfrist) nicht auf Grund seiner CMR-Haftung, sondern aus einem anderen, im betreffenden nationalen Recht vorgesehenen außervertraglichen Haftungsgrund belangt wird, auf die Haftungsausschlüsse und Haftungsbeschränkungen des Übereinkommens berufen kann; der Geschädigte kann sich zwar auch auf das nationale Recht stützen, wird aber dadurch nicht bessergestellt als bei Inanspruchnahme der CMR-Haftung (vgl. Heuer aaO 187 f.).

Auf die durch die CMR nicht erfaßten, vor dem Inkrafttreten des IPRG entstandenen Ersatzansprüche findet, da der Frachtvertrag zwischen inländischen Frachtführern im Inland abgeschlossen wurde, österreichisches Recht Anwendung (§§ 35, 36 ABGB; SZ 39/160; §§ 50, 51 Abs. 1 Z 2 IPRG; SZ 52/10 und 163 ua.), mag sich auch das den Schaden auslösende Ereignis im Ausland zugetragen haben (vgl. SZ 47/117 mwN; ZVR 1976/172 ua.).

Auch die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über den Frachtvertrag, die im wesentlichen nur für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes oder durch Versäumung der Lieferzeit entstanden ist (§§ 429, 430 HGB), haftungsrechtliche Sondervorschriften enthalten, schließen Ersatzansprüche gegen den Frachtführer wegen anderer Vertragsverletzungen (zB wegen unterlassener bzw. verspäteter Übernahme der Beförderung, 1 Ob 587/84) nicht aus. Daß die Haftung nach allgemeinem bürgerlichen Recht neben der Obhutshaftung des HGB in Betracht kommt, ist anerkannt (1 Ob 587/84; Helm in Großkomm. HGB[3], Anm. 88 zu § 429; derselbe, Haftung für Schäden an Frachtgütern 179; Karsten Schmidt, Handelsrecht[2] 697; Hämmerle-Wünsch, HR[3] III 363; BGHZ 55, 217, 219, 220; VersR 1973, 350).

Der Ansicht der Revisionswerberin, sie hafte für den gegen ihre ausdrücklichen Weisungen als Dienstgeberin verstoßenden Alkoholschmuggel ihres Fahrers nicht, weil es sich hiebei um ein selbständiges deliktisches Verhalten handle, das bei Gelegenheit der Beförderung und nicht in deren Ausführung vorgenommen sei, ist nicht beizutreten. Es ist heute allgemein anerkannt, daß jedes Schuldverhältnis nicht nur Haupt- und Nebenleistungspflichten beinhaltet, sondern auch Schutzpflichten mit sich bringen kann. Die Vertragspartner haben ihre Erfüllungshandlungen so zu setzen, daß der andere Teil weder an seiner Person noch an seinen Gütern geschädigt wird. Der Schuldner handelt pflichtwidrig, wenn er die Leistung mangelhaft erbringt und dadurch sonstige Güter des Gläubigers schädigt oder wenn er bei ordentlicher Erbringung der Leistung sonstige Güter des Gläubigers verletzt (sogenannte "positive Vertragsverletzung" oder "positive Forderungsverletzung"; EvBl. 1984/130; SZ 51/26 ua.; ähnl. SZ 50/32; Koziol-Welser[6] I 211 ff.; Koziol, Haftpflichtrecht[2] I 36, II 80). Da sich die Haftung aus der Verletzung vertraglicher (Schutz-)Pflichten auch auf das bloße Vermögen erstreckt (Koziol, Haftpflichtrecht[2] II 19, 72; Koziol-Welser[6] I 352; Welser, Haftung für Rat, Auskunft und Gutachten 7), haftet der Schuldner bei "positiver Vertragsverletzung" auch für (nicht absolut) geschützte Güter betreffende adäquate Folgeschäden nach Vertragsgrundsätzen (ähnl. EvBl. 1984/130). Die klagende Partei war insbesondere dann, wenn darüber sogar eine ausdrücklich getroffene Absprache bestand, verpflichtet, bei der Ausführung der ihr aufgetragenen grenzüberschreitenden Beförderung die jeweils bestehenden besonderen Einfuhrverbote (insbesondere für Alkohol) der auf der Transitroute liegenden Staaten einzuhalten, um nicht Sanktionen der Zollbehörden dieser Staaten auszulösen, die die ordnungsgemäße Ausführung des übernommenen Transportes gefährden konnten. Hätte der Geschäftsführer der klagenden Partei den Transport persönlich ausgeführt und hiebei so wie sein Kraftfahrer die Zollvorschriften vorsätzlich verletzt, hätte die klagende Partei für den daraus der beklagten Partei entstandenen Schaden wegen Verletzung einer ausdrücklich übernommenen, mit der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages untrennbar verbundenen und damit "vertragsspezifischen" Schutzpflicht zu haften (Larenz, Schuldrecht[13] I 279; Löwisch in Staudinger, BGB[12] § 278 Rdz. 24; Hanau in MünchKomm. § 278 BGB Rdz. 33). In gleichem Umfang hat die klagende Partei auch für das Verschulden ihres Kfz.-Lenkers einzustehen. Bei positiver Vertragsverletzung (Verletzung von Schutzpflichten) haftet der Schuldner für das Verschulden seiner Gehilfen nach den Grundsätzen der Vertragshaftung (EvBl. 1984/130; RZ 1982/61; JBl. 1972, 609; Koziol-Welser aaO 212), da es sich um die Nichteinhaltung von Pflichten aus dem Schuldverhältnis handelt. Der Geschäftsherr soll nicht nur die Vorteile des Einsatzes eines Gehilfen genießen, sondern auch die nachteiligen Konsequenzen zu tragen haben.

Der OGH hat in einem ähnlichen Fall (EvBl. 1978/113), bei dem ein Gehilfe eines Frachtführers versuchte, durch Benützung des Transportfahrzeuges als Beförderungsmittel und des darauf befindlichen Frachtgutes als Versteck Flüchtlinge aus der DDR in die BRD zu bringen, die Haftung des Frachtführers für das nach Entdeckung des Vorhabens von den DDR-Behörden beschlagnahmte Frachtgut angenommen, weil Lehre und Rechtsprechung allgemein anerkennen, daß auch vorsätzliche unerlaubte Handlungen bei Erfüllung einer vertraglichen Pflicht in einer dem Schuldner zurechenbaren Weise vom Erfüllungsgehilfen begangen werden können (SZ 32/153; SZ 16/92; zuletzt 3 Ob 610/83). Es wird nur ein innerer Sachzusammenhang der schädigenden Handlung des Erfüllungsgehilfen mit der Vertragserfüllung gefordert und demnach eine Schädigung ausgenommen, die der Gehilfe dem Gläubiger nur gelegentlich (anläßlich) der Erfüllung zugefügt hat und einer selbständigen unerlaubten Handlung entsprungen ist (JBl. 1983, 255; SZ 51/108;

EvBl. 1978/113; Koziol, Haftpflichtrecht[2] II 80 f., 343 f.; Hanau aaO Rdz. 31; Alff in BGB-RGRK[12] § 278 Rdz. 41; Löwisch aaO;

Soergel-Reimer Schmidt, BGB[10] § 278 Rdz. 4, 5; zum Frachtrecht insbesondere Heuer aaO 164 ff.). Betrifft die unerlaubte Handlung des Gehilfen aber jenen Aufgabenbereich, zu dessen Wahrnehmung er vom Geschäftsherrn bestellt worden ist, dann hat der Schuldner dafür einzustehen (EvBl. 1978/113; Hanau aaO; Alff aaO; Reimer Schmidt aaO Rdz. 5; Heinrichs in Palandt BGB[43] 322; Heuer aaO 165; ähnlich Löwisch aaO Rdz. 25). Der Zusammenhang mit dem wahrzunehmenden Aufgabenbereich bleibt insbesondere gewahrt, wenn der Gehilfe gegen eine ausdrückliche Weisung des Geschäftsherrn verstößt (Hanau aaO Rdz. 31; Alff aaO; Soergel-Reimer Schmidt aaO Rdz. 5).

Zu dem dem Kraftfahrer der klagenden Partei übertragenen Aufgabenbereich gehörte die Wahrung der Sicherheit des Gutes. In Erfüllung der übertragenen Obhutspflicht durfte der Gehilfe während der Ausführung der Beförderung wissentlich keine rechtswidrige Handlung vornehmen, die nach dem Rechte eines auf dem Transportweg liegenden Staates verboten war und die Durchführung des Transportes gefährden konnte (EvBl. 1978/113). Der Zusammenhang mit dem dem Gehilfen übertragenen Aufgabenbereich war schon dadurch gewahrt, daß er den ihm anvertrauten LKW-Zug zu einem verbotenen Alkoholschmuggel mißbrauchte, der ohne Zuhilfenahme des Transportgerätes gar nicht möglich gewesen wäre; gerade deswegen war auch die Verpflichtung, kein unzulässiges Gut mitzubefördern, zum ausdrücklichen Vertragsinhalt gemacht worden. Die Handlungsweise des Gehilfen betraf direkt den ihm von der klagenden Partei übertragenen Aufgabenbereich, sodaß der für die Haftung des Geschäftsherrn allgemein geforderte innere Zusammenhang zwischen dem deliktischen Verhalten des Gehilfen und der Vertragserfüllung zu bejahen ist. Die klagende Partei hat daher für das Verhalten ihres Fahrers einzustehen. Sie hat der beklagten Partei die durch den Vorfall verursachten Telex- und Telefonkosten in der Höhe von 2 800 S zu ersetzen.

Einer gesonderten Prüfung bedarf die Frage, ob die klagende Partei auch für den Schaden, der durch den (vorübergehenden) Entzug von Folgeaufträgen eingetreten ist, sowie für den (gleich zu behandelnden) Rettungsaufwand, den die beklagte Partei tätigte, um die Geschäftsbeziehungen zur Firma H wieder in Gang zu bringen, zu haften hat. Die Haftung für diesen Schaden ist nicht selbstverständlich, da aus dem Verhalten des Kraftfahrers der klagenden Partei in erster Linie ein Schaden an der Ladung oder wegen verspäteter Ablieferung zu erwarten war. Daß die Haftung nicht uferlos sein kann, sondern eine Begrenzung der Zurechnung stattzufinden hat, wird allgemein anerkannt. Der Haftungsbegrenzung dienen die Adäquanzlehre und die Lehre vom Schutzzweck der die Haftung begrundenden Norm (Koziol, Haftpflichtrecht[2] I 140).

Die Adäquanzlehre führt nicht zum Ausschluß der Zurechnung des eingetretenen Verdienstentganges. Für die Adäquanz der Verursachung wird nicht gefordert, daß der Schädiger den Schaden vorausgesehen hat oder voraussehen konnte (ZVR 1983/185; ZVR 1977/58; JBl. 1966, 619 ua.). Adäquate Verursachung ist stets dann anzunehmen, wenn das Verhalten unter Zugrundelegung eines zur Zeit der Beurteilung vorhandenen höchsten menschlichen Erfahrungswissens und unter Berücksichtigung der zum Zeitpunkt der Handlung dem Verantwortlichen oder einem durchschnittlichen Menschen bekannten oder erkennbaren Umstände geeignet war, eine Schadensfolge von der Art des eingetretenen Schadens in nicht ganz unerheblichem Grad zu begünstigen (SZ 54/108; SZ 50/24; Koziol, Haftpflichtrecht[2] I 146 mwN). Transportaufträge im Fernverkehr von großen Speditionsunternehmen werden erfahrungsgemäß nicht vereinzelt erteilt. In der Regel besteht eine ständige Geschäftsbeziehung, in deren Rahmen Frachtverträge abgewickelt werden. Das Risiko des Entzuges von Folgeaufträgen kann daher, insbesondere für einen Frachtführer, nicht als eine außerhalb der menschlichen Erfahrung liegende Schadensfolge angesehen werden (1 Ob 587/84).

Da das Bestehen eines Rechtswidrigkeitszusammenhanges nicht nur bei außervertraglicher Schädigung Voraussetzung für die Schadenszurechnung ist, ist auch noch zu prüfen, ob zwischen der Vertragsverletzung und dem eingetretenen Schaden ein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht. Auch derjenige, der eine Vertragspflicht verletzt , haftet seinem Vertragspartner gegenüber für daraus entstandene Schäden nur so weit, als jene Interessen verletzt sind, deren Schutz die übernommene Vertragspflicht bezweckt (JBl. 1984, 41). Welche die geschützten Interessen sind, ist aus dem Sinn und Zweck des Vertrages im Wege der Auslegung zu ermitteln;

anstelle der verallgemeinernden, schematisierenden Betrachtung iS der Adäquanztheorie tritt eine am konkreten Vertragszweck ausgerichtete individualisierende Betrachtung (Koziol aaO 162;

Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts[13] I Allgemeiner Teil 409; Rabel,

Das Recht des Warenkaufs I 495 f.; Lange, Schadensersatz 79; Raiser, Haftungsbegrenzung nach dem Vertragszweck 23; Wilburg, Die Elemente des Schadensrechtes 245 ff.). Bei Vertragsverletzungen kommt der Schutzzwecklehre vor allem Bedeutung für die Begrenzung der Folgeschäden eines vertragswidrigen Verhaltens zu. Für die Reichweite der Verantwortlichkeit kann auch die Entgeltlichkeit bzw. deren Ausmaß von Bedeutung sein (Wilburg aaO). Es wird als Besonderheit des Frachtgeschäftes angesehen, daß Frachtführer und Spediteure im allgemeinen wenig Gelegenheit haben, die Umstände der Versendung, die Verwendungsart der beförderten Güter sowie die damit verbundenen Hoffnungen oder die im Falle des Verlustes drohenden Gefahren zu erkennen. Sie seien daher in besonderem Maße darauf angewiesen, darüber unterrichtet zu werden, was auf dem Spiele steht; dies rechtfertige eine besondere Beschränkung der Haftung (Raiser aaO 39; zu allem 1 Ob 587/84).

Von diesen Grundsätzen ausgehend, hat der erkennende Senat in der bereits mehrmals zitierten Entscheidung vom 14. 11. 1984, 1 Ob 587/84), einen Frachtführer, der sich verpflichtet hatte, eine Güterbeförderung zu einem bestimmten Termin vorzunehmen, in der Folge aber (wegen Verzögerung von Reparaturarbeiten an seinem LKW) das zu befördernde Gut nicht zeitgerecht übernahm, sodaß der Auftraggeber vom Vertrag zurücktrat, für den Schaden des Auftraggebers, den dieser infolge Entzuges weiterer Transportaufträge durch seinen Auftraggeber erlitten hat, nicht haften lassen. Der erkennende Senat führte aus, daß die Übernahme des Risikos aus Verträgen, die vom Vertragspartner mit Dritten abgeschlossen wurden, nicht als vom Schutzzweck jedes Vertrages umfaßt angesehen werden könne, insbesondere ohne besondere Vereinbarung nicht der Schutz der gesamten vertraglichen Beziehungen des Auftraggebers zu Dritten bei einem zwischen den Parteien abgeschlossenen Frachtvertrag.

Im vorliegenden Fall führt jedoch die Bedachtnahme auf den Schutzzweck des konkret abgeschlossenen Vertrages zum gegenteiligen Ergebnis. Der klagenden Partei war aus dem Auftrag bekannt, daß es sich - ebenso wie bei den ihr schon früher übertragenen Transporten - um einen von der beklagten Partei weitergegebenen Auftrag aus dem (laufenden) Arabiengeschäft mit der Firma H handelte. Die klagende Partei hatte auch zur Kenntnis genommen, daß sie im Falle der Verletzung der ihr ausdrücklich überbundenen Verpflichtung, keinen Alkohol in die arabischen Länder zu schmuggeln, für alle möglichen Folgeschäden verantwortlich gemacht werden würde. Erkennbarer Zweck der zwischen den Streitteilen getroffenen besonderen Vereinbarung war es, nicht nur die Durchführung des übernommenen konkreten Transportauftrages zu sichern, sondern das gesamte Arabiengeschäft zwischen der Hauptauftraggeberin (Firma H) und der beklagten Partei, in dem beide Streitteile als Transportunternehmer beteiligt waren, nicht zu gefährden. Die klagende Partei war bei der bekannt strengen Wahrung des Alkoholverbotes in manchen islamischen Staaten und dem entsprechenden Bemühen der Exporteure, dieser Haltung wichtiger Handelspartner Rechnung zu tragen, in der Lage, die Gefahren, die dem Vertragspartner im Falle der Nichtbeachtung des Alkoholschmuggelverbotes für die weitere Abwicklung des Arabiengeschäftes drohten, zu erkennen. Der Schutzzweck des Vertrages umfaßte daher gerade auch die Verpflichtung der klagenden Partei, die Kontinuität der nach ihrem Wissen laufenden Geschäftsbeziehung zwischen der beklagten Partei und deren Auftraggeberin nicht zu gefährden. Die klagende Partei hat daher auch für den Schaden einzustehen, der der beklagten Partei durch Entzug weiterer Transportaufträge durch die Firma H entstand. Eine Haftung in unerträglichem Umfang war der klagenden Partei auch bei diesem Verständnis des Vertragszwecks nicht auferlegt, da einem Frachtführer (Spediteur), der sich zum Ausgleich des Verlustes aus einer ständigen Geschäftsverbindung nicht unverzüglich um andere Aufträge bemüht, eine Verletzung der Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden könnte. Eine zeitliche unbegrenzte Haftung für den Entfall eines Dauerkunden wäre daher auch vom Vertragszweck her nicht berechtigt. Im vorliegenden Fall machte aber die beklagte Partei ohnehin nur für den Zeitraum von zwei Wochen den ihr entstandenen Ausfall von Transportaufträgen als Verdienstentgang geltend.

Ob der Verdienstentgang, dessen Ersatz die beklagte Partei fordert, als wirklicher Schaden (§§ 1323, 1332 ABGB) anzusehen ist, weil die Vernichtung der Erwerbschance im Hinblick auf den mit der Firma H bestehenden Vertrag bereits als gegenwärtiger selbständiger Vermögenswert zu betrachten wäre (SZ 53/148; SZ 53/146 uva.; Koziol, Haftpflichtrecht[2] I 14 ff.) oder als entgangener Gewinn (§§ 1323, 1331 ABGB) zu qualifizieren ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Verletzung der Einfuhrvorschriften durch den Kraftfahrer der klagenden Partei in bezug auf den Schaden der beklagten Partei zwar nicht mit direktem Vorsatz, wohl aber grob fahrlässig erfolgte.

Aus dem Zollabkommen über den internationalen Warentransport mit Carnet TIR (TIR-Abkommen), BGBl. 112/1978, ist für die vorliegende Haftungsfrage nichts zu gewinnen. Im übrigen wurde von der klagenden Partei nicht behauptet, daß sich der Schadensfall bei einem "TIR-Transport" iS dieses Abkommens ereignet habe.

In der Mängelrüge macht die klagende Partei geltend, daß das Beweisverfahren weder zum Gründe noch zur Höhe des Verdienstentganges der beklagten Partei ausreichende Feststellungen erbracht habe. Die Revisionswerberin bekämpft damit die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 26/262 uva.) zur Fassung des § 468 Abs. 2 ZPO vor der ZVN 1983 war die in erster Instanz obsiegende Partei nicht verpflichtet, die ihr nachteiligen Feststellungen des Ersturteils in der Berufungsmitteilung zu bekämpfen, sondern konnte dies in der Revision nachholen, wenn sich erst das Berufungsgericht infolge abweichender rechtlicher Beurteilung auf diese ihr nachteiligen Feststellungen stützte. Nach Ansicht Faschings, Zivilprozeßrecht Rdz. 1785, hat daran die Umbenennung der bisherigen Berufungsmitteilung durch die ZVN 1983 in eine Berufungsbeantwortung nichts geändert. Die Beantwortung der Frage, ob dieser Auffassung beizutreten ist, kann im vorliegenden Fall unterbleiben. Die Geltendmachung der unrichtigen Beweiswürdigung erfordert die bestimmte Angabe, welche Beweismittel die erste Instanz unrichtig gewürdigt hat, aus welchen Erwägungen sich dies ergibt und welche Tatsachen festzustellen gewesen wären (6 Ob 666/82; 4 Ob 556/80; 5 Ob 636/79). Das Erstgericht stützte die Feststellungen über den Verdienstentgang der beklagten Partei auf das Sachverständigengutachten Dris. Peter R und die Vernehmung des Geschäftsführers der beklagten Partei. Die Revision greift diese Beweismittel sowie die Aussage des Zeugen Theo J, der angab, daß der beklagten Partei in der Zeit zwischen 29. 11. und 11. 12. 1978 32 Transportaufträge entgingen, nicht an und enthält keine konkreten Ausführungen, aus welchen Erwägungen sich die Unrichtigkeit der Feststellungen des Erstgerichtes ergeben soll. Die Beweisrüge ist daher nicht gesetzgemäß ausgeführt.

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