Normen
ABGB §1295
HVG §29
UStG §4 Abs1
ZPO §182
ZPO §496 Abs1
ABGB §1295
HVG §29
UStG §4 Abs1
ZPO §182
ZPO §496 Abs1
Spruch:
Der Auftraggeber ist bei einen für ihn unentgeltlichen Vermittlungsauftrag zum Schadenersatz in Höhe der vom Dritten zu bezahlenden Provision verpflichtet, wenn er den abschlußreifen Vertrag grundlos ablehnt
Das Berufungsgericht darf das Ersturteil nicht deshalb aufheben, um dem Beklagten Einwendungen nahezulegen, die nicht einmal andeutungsweise erhoben wurden
OGH 6. November 1980, 7 Ob 704, 705/80 (LGZ Wien 45 R 449/80; BG Döbling 5 C 3264/78)
Text
Die Beklagte war Hauptmieterin der Wohnung Wien 6, W-Gasse 22/1/2. Sie hatte vom Vermieter das Recht erhalten, einen Nachmieter zu suchen, dem die Wohnung unter denselben Bedingungen wie der Beklagten vermietet werde. Da die Beklagte im Herbst 1977 die Wohnung jemand anderem überlassen wollte, rief sie eine in einem Inserat angegebene Nummer an, in welchem eine ähnliche Wohnung gesucht wurde. Hiedurch kam sie mit der Klägerin in Verbindung, die sich als Realitätenvermittlerin zu erkennen gab. Am 19. September 1977 kam es zwischen der Beklagten und einer Angestellten der Klägerin zum Kontakt, wobei die Bedingungen, unter denen die Wohnung überlassen werde, und wie man zur Erlangung eines Interessenten für die Wohnung vorgehen solle, besprochen wurden. Die Beklagte erklärte, eine Ablösesumme von 170 000 S zu verlangen. Sie sagte zwar, einen Vermittlungsauftrag nicht unterschreiben und auch keine Provision zahlen zu wollen, erklärte jedoch, sie sei damit einverstanden, daß ihr die Klägerin Interessenten schicke. Für beide Teile war klar, daß die Beklagte weder im Falle einer erfolgreichen Vermittlung durch die Klägerin noch im Falle eines Scheiterns der Vermittlungsbemühungen Provision zu zahlen habe. Provisionspflichtig wäre lediglich der Nachmieter gewesen. Allerdings gab die Beklagte nicht zu erkennen, daß sie eine fixe Weitergabe nicht beabsichtige oder daß sie mit der Tätigkeit der Klägerin nicht einverstanden sei. Sofort nach der Rückkehr der Angestellten der Klägerin in deren Büro rief der Geschäftsführer der Klägerin die Beklagte an und vereinbarte mit ihr Einzelheiten über die Inserierung und über Termine, zu denen Interessenten kommen könnten. An einem dieser Termine, kurz nach dem 19. September 1977, wurden einige Interessenten gebracht, darunter auch Susanne G und Franz F, die an der Wohnung ernstlich interessiert waren und sich auch mit allen Bedingungen, einschließlich der Zahlung eines Ablösebetrages von 170 000 S, einverstanden erklärten. G und F erbaten sich jedoch Bedenkzeit, weil sie die Ablöse und die Provision mittels Kredits finanzieren und daher erst Klarheit darüber erlangen mußten, ob sie einen solchen Kredit bekommen würden. Die Beklagte erklärte, wenn die Interessenten die Wohnung nehmen, könnten sie binnen etwa zwei Wochen einziehen. Sie erweckte durch ihr Verhalten den Eindruck, daß die Sache von ihr aus abgemacht sei. Sie sagte auch, sie werde sich mit der Hausverwaltung ins Einvernehmen setzen. Während der Besichtigung steckte sie Franz G hinter dem Rücken der Angestellten der Klägerin eine Visitenkarte zu, wobei sie zum Ausdruck brachte, die beiden Interessenten sollten sich bei ihr, unter Umgehung der Klägerin, melden. Bereits am nächsten Tag erhielten G und F eine feste Kreditzusage, worauf sie bei der Klägerin das Kaufanbot unterfertigten und sich zur Zahlung einer Provision von 10% der Ablösesumme zuzüglich 18% Umsatzsteuer, insgesamt sohin 20 060 S, verpflichteten. Dieser Betrag sollte von der Kreditsumme, die bei der Klägerin hinterlegt wurde, einbehalten werden. Am 23. September 1977 richtete hierauf die Klägerin an die Beklagte ein Telegramm, demzufolge die Wohnung zu den bekannten Bedingungen gekauft sei. Die Beklagte erhielt tatsächlich Kenntnis davon, daß F und G sich zum Abschluß eines derartigen Vertrages entschlossen hatten. Sie reagierte jedoch in der Folge auf die Verständigung nicht und setzte sich auch nicht mit dem Vermieter in Verbindung. Als dieser von G und F ausfindig gemacht worden war, erklärte er zwar grundsätzlich zur Vermietung der Wohnung an die beiden zu denselben Bedingungen, die der Vermietung an die Beklagte zugrunde gelegen waren, bereit, hiezu jedoch deshalb derzeit nicht in der Lage zu sein, weil die Beklagte ihn bisher von einer Rücklegung ihrer Mietrechte nicht verständigt habe. Im übrigen bestehe ein dreimonatiger Zinsrückstand.
Als die Beklagte auch in der Folge keinerlei Reaktion zeigte, verlangten G und F von der Klägerin die erlegte Provision zurück, welchem Verlangen die Klägerin am 16. Oktober 1977 entsprach.
Aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt die Klägerin von der Beklagten den Betrag von 20 060 S samt Anhang, was der Provision samt Umsatzsteuer entspricht.
Die Beklagte wendete lediglich ein, sie habe keinerlei Vertrag mit der Klägerin abgeschlossen. Sie habe auch eine Zusicherung, daß der Hauseigentümer mit einem Interessenten zu den gleichen Bedingungen wie mit ihr abschließen werde, nicht gemacht.
Das Erstgericht hat der Klägerin, unter Abweisung eines Mehrbegehrens von 3060 S, 17 000 S samt Anhang zugesprochen. Es nahm die Erteilung eines Vermittlungsauftrages durch die Beklagte an die Klägerin als gegeben an. Zwar habe dieser Auftrag keine Provisionspflicht der Beklagten begrundet, doch hätte die Beklagte ihre erforderliche Mitwirkung zur Ausführung des von der Klägerin vermittelten Geschäftes nicht verweigern dürfen. Das von der Klägerin vermittelte Geschäft zwischen den Wohnungsinteressenten und der Beklagten sei zustande gekommen. Da die Beklagte wider Treu und Glauben ihre Mitwirkung an der Ausführung dieses Geschäftes verweigert habe, sei sie gegenüber der Klägerin schadenersatzpflichtig.
Allerdings sei der Klägerin ein Schaden nur in der Höhe der reinen Provision, nicht aber auch in der Höhe der Umsatzsteuer erwachsen, weil von Schadenersatzbeträgen keine Umsatzsteuer zu zahlen sei.
Das Berufungsgericht bestätigte die Abweisung des Begehrens auf Zahlung von 3060 S aus denselben Gründen, die das Erstgericht für seine diesbezügliche Entscheidung herangezogen hatte. Im übrigen hob es jedoch die erstgerichtliche Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es übernahm zwar die erstrichterlichen Feststellungen, vertrat aber den Rechtsstandpunkt, falls zwischen der Beklagten und dem Vermieter eine Vereinbarung bestanden hätte, wonach der Vermieter jedem von der Beklagten gebrachten Interessenten zu denselben Bedingungen wie an die Beklagte vermieten müsse, sei durch die Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Paar G/F bereits ein Mietvertrag der Letztgenannten mit dem Hauseigentümer zustande gekommen. Dies hätte die Provisionspflicht der Interessenten ausgelöst, weshalb die Klägerin in einem solchen Falle die ihr bereits gezahlte Provision nicht rückerstatten hätte müssen. Diesfalls hätte sie aber keinen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte. Hätte dagegen die Vereinbarung zwischen der Beklagten und dem Vermieter einen anderen Inhalt gehabt, so wäre der Schadenersatzanspruch der Klägerin aus den vorn Erstgericht genannten Gründen gerechtfertigt. Es müsse daher erörtert und geprüft werden, welchen Inhalt die zwischen der Beklagten und dem Hauseigentümer getroffene Vereinbarung gehabt hat.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge, wohl aber ihrem Rekurs, bestätigte das Berufungsurteil im klagsabweisenden Teil und verwies die Rechtssache im übrigen an die zweite Instanz zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Fest steht, daß die Klägerin keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Provision hat. Richtig macht sie daher ihren Anspruch aus dem Titel des Schadenersatzes geltend. Sollte sie daher mit ihrem Begehren Erfolg haben, würde ihr der zugesprochene Betrag als Ersatz eines Schadens zugehen. Nach § 4 Abs. 1 USTg gilt als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Zum Entgelt gehören jedoch nicht Schadenersatzleistungen (Dorazil, Kommentar zum USTg, 63).
Da sohin ein der Klägerin allenfalls zuzusprechender Betrag nicht umsatzsteuerpflichtig wäre, würde die Klägerin insofern steuerlich nicht belastet werden. Der der Provision zugeschlagene Betrag für die Umsatzsteuer wäre aber der Klägerin auch dann nicht verblieben, wenn sie die Provision nicht zurückgezahlt hätte, weil sie diesen Teil an die Steuerbehörde abführen hätte müssen. Demnach ist eine Vermögensminderung der Klägerin im Umfang dieses Teiles keinesfalls eingetreten, weshalb ein Schadenersatzanspruch mangels Vorliegens eines Schadens nicht gegeben sein kann.
Im vorliegenden Fall muß, im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichtes, der nähere Inhalt der zwischen der Beklagten und dem Hauseigentümer bestandenen Vereinbarung nicht geprüft werden. Fest steht jedenfalls, daß der Hauseigentümer bereit gewesen wäre, dem Paar G/F die Wohnung zu den von der Beklagten zugesagten Bedingungen zu vermieten. Ob er hiezu gegenüber der Beklagten ohne weiteres verpflichtet gewesen wäre, spielt keine Rolle. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes hätte eine solche Verpflichtung zwischen dem Hauseigentümer und der Beklagten dazu geführt, daß die Wohnungsinteressenten die von ihnen bereits gezahlte Provision nicht zurückverlangen hätten können. Durch die Rückerstattung der ihr zustehenden Provision hätte demnach die Klägerin gegen eine ihr obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen. Die Verletzung einer Schadensminderungspflicht ist jedoch nicht von Amts wegen, sondern nur auf Grund einer Einwendung desjenigen wahrzunehmen, dessen Schadenersatzpflicht hiedurch vermindert werden könnte. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte, was sich schon aus der Begründung des Aufhebungsbeschlusses ergibt, kein Vorbringen erstattet, das eindeutig eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin dartut. Die Beklagte hat auch nicht etwa eingewendet, der Klägerin sei deshalb kein Schaden entstanden, weil sie die ihr zugestandene Provision sowieso erhalten habe, vielmehr hat sie gerade das Gegenteil geltend gemacht, nämlich die Klägerin hätte gar keinen Provisionsanspruch gehabt. Nicht einmal in der Berufung wurde eine Verletzung der Schadensminderungspflicht behauptet.
Bei dieser Sachlage war das Berufungsgericht nicht berechtigt, das Urteil des Erstgerichtes nur deshalb aufzuheben, damit der Beklagten eine Einwendung nahegelegt werde, die sie nicht einmal andeutungsweise erhoben hat.
Sieht man nun von dem vom Berufungsgericht gewählten Aufhebungsgrund ab, so erweist sich die Sache als spruchreif im Sinne einer Bestätigung des Ersturteils.
Richtig haben die Vorinstanzen erkannt, daß es zwischen den Streitteilen stillschweigend zum Abschluß eines Vermittlungsvertrages gekommen ist. Durch die bewußte Inanspruchnahme der Tätigkeit eines Maklers entsteht nämlich ein schlüssiger Vermittlungsauftrag (HS 8552, 8578, 6693 u. a.). Daß der Beklagten die Eigenschaft der Klägerin als Vermittler bekannt war, steht ebenso fest wie der Umstand, daß sie der Tätigkeit der Klägerin nicht nur nicht widersprochen, sondern vielmehr mit der Klägerin ein gemeinsames Vorgehen abgesprochen hat. Die Beklagte hat daher die Vermittlertätigkeit der Klägerin bewußt in Anspruch genommen. Fest steht allerdings, daß nach dem Inhalt des zustande gekommenen Vermittlungsvertrages ein Provisionsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ausgeschlossen war. Nach Treu und Glauben konnte aber dieser Vertrag nur dahin ausgelegt werden, daß die Klägerin den Abschluß einer Vereinbarung zwischen der Beklagten und einem Interessenten zustande bringen soll, daß aber die Beklagte alles ihr Mögliche zu unternehmen habe, um die Ausführung des zwischen ihr und dem Interessenten abzuschließenden Vertrages realisierbar zu machen. Dies aber setzte die Abgabe entsprechender Erklärungen gegenüber dem Hauseigentümer voraus. Diesbezüglich Bestand auch eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin. Die Weigerung des Geschäftsherrn, das vom Vermittler auftragsgemäß vermittelte Geschäft abzuschließen, macht ihn, den Geschäftsherrn, nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen schadenersatzpflichtig (HS 6698, 3298 u. a.). Hat der Vermittler das zu vermittelnde Geschäft so weit angebahnt, daß dessen Abschluß nur noch vom Geschäftsherrn abhängt, und bildet der Rücktritt des Geschäftsherrn infolge völliger Grundlosigkeit eine gegen Treu und Glauben verstoßende Verletzung seiner Vertragspflichten, so ist der Provisionsanspruch des Vermittlers begrundet (HS 8585; 4517 u. a.). Um sich von seiner Provisionspflicht zu befreien, müßte der Geschäftsherr diesfalls nachweisen, daß die Ausführung des Geschäftes ohne sein Verschulden infolge einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse unmöglich oder unzumutbar geworden ist (HS 8563, 7573 u. a.). Besteht auf Grund der zwischen dem Vermittler und dem Geschäftsherrn getroffenen Vereinbarung kein Provisionsanspruch gegen den Geschäftsherrn, ist jedoch klar, daß bei Abschluß des Geschäftes ein Dritter die Provision zu zahlen hat, so begrundet ein vertragswidriges Verhalten des Geschäftsherrn dann einen Schadenersatzanspruch des Vermittlers, wenn ihm die sonst seitens eines Dritten zugekommene Provision durch das vertragswidrige Verhalten des Geschäftsherrn entgangen ist. Hiebei ist der Nachweis eines vorsätzlichen Handelns des Geschäftsherrn nicht erforderlich, weil die Vernichtung oder Minderung einer objektiv gegebenen Gewinnmöglichkeit einen positiven Schaden darstellt (vgl. Koziol, Haftpflichtrecht I, 13 ff.; JBl. 1979, 203; EvBl. 1978/190 u. a.).
Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen richtig erkannt, daß es zum Abschluß jener Vereinbarung, die die Klägerin vermitteln hätte sollen, nämlich einer Vereinbarung zwischen den Wohnungsinteressenten und der Beklagten, gekommen ist. Die Beklagte hat eine fixe Zusage der Weitergabe der Wohnung zu den von ihr genannten Bedingungen gemacht. Sie hat widerspruchslos zur Kenntnis genommen, daß die Interessenten, die grundsätzlich mit den Bedingungen der Beklagten einverstanden waren, eine Überlegungsfrist von einigen Tagen verlangen. Weniger als vier Tage nach dieser Vereinbarung wurde der Beklagten die Annahme durch die Interessenten mitgeteilt (die Vereinbarung zwischen den Streitteilen war am 19. September 1977 zustande gekommen, die Annahmeerklärung der Wohnungsinteressenten erfolgte am 23. September 1977 und die ersten Interessenten wurden erst nach der Vereinbarung geschickt). Ein derartig kurzer Zeitraum muß im Hinblick auf das bisherige Verhalten der Beklagten als ausreichend für die Einhaltung der Annahmefrist angesehen werden. Daß es zu einer Vereinbarung deshalb nicht gekommen wäre, weil die Annahme außerhalb einer angemessenen Frist erfolgt sei, hat die Beklagte im übrigen gar nicht eingewendet.
Geht man also davon aus, daß die Klägerin das ihr in Auftrag gegebene Geschäft erfolgreich vermittelt hat, die Ausführung dieses Geschäftes lediglich infolge einer Untätigkeit der Beklagten unterblieben ist und die Beklagte keinerlei Grund für ihre Untätigkeit angegeben hat, so erweist sich der Schadenersatzanspruch der Kläger als berechtigt. Die Höhe des Schadens ist nicht strittig.
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