Normen
ABGB §33
ABGB §1501
CMR - Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr BGBl. 1961/138
ABGB §33
ABGB §1501
CMR - Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr BGBl. 1961/138
Spruch:
Art. 32 CMR regelt die Verjährung aller Ansprüche aus einer dem Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr unterliegenden Beförderung, auch wenn der Anspruch nicht aus diesem selbst abgeleitet wird
Die zu bejahende Frage, ob eine vom Erstgericht abgelehnte Verjährungseinrede in der Berufung ausdrücklich aufrechterhalten werden muß, um vom Berufungsgericht wahrgenommen werden zu dürfen, ist eine solche des Prozeßrechtes und daher stets nach österreichischem Recht zu beurteilen
OGH 14. Jänner 1976, 1 Ob 337/75 (KG Steyr R 145/75; BG Enns C 852/73 )
Text
Zu M 304/71 (sodann C 605/71 ) des Erstgerichtes begehrte die klagende Partei vom Beklagten "für diverse Transportleistungen" 1361 S (später nach Einschränkung 1241 S) samt Anhang. Der Beklagte bestritt am 16. Feber 1972 die Erbringung von Transportleistungen der klagenden Partei für ihn und behauptete darüber hinaus, gegenüber der klagenden Partei eine Forderung von 3703.60 S zu haben, welche gegen die Klagsforderung aufrechnungsweise eingewendet werde. In der Tagsatzung vom 6. Dezember 1972 änderte die klagende Partei ihr Vorbringen dahin, daß sie vor etwa einem Jahr für Frachtleistungen des Beklagten eine Akontozahlung von 3000 DM geleistet habe, die Frachtleistung des Beklagten jedoch nicht diesen Wert erreicht hätte, weshalb der Differenzbetrag eingeklagt werde. Der Beklagte sprach sich gegen dieses als Klagsänderung anzusehende Vorbringen aus. Das Erstgericht ließ die Klagsänderung nicht zu und wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. In der nunmehrigen, am 30. Oktober 1973 überreichten Klage, mit der die Bezahlung von 169, 40 DM samt Anhang zum Schillinggegenwert am Tage der Zahlung begehrt wird, brachte die klagende Partei vor, der Beklagte habe für sie im Jahre 1971 verschiedene Transportleistungen erbracht. Sie habe dem Beklagten für seine Leistungen jeweils Gutschriften, die unbeanstandet entgegengenommen worden seien, übersandt. Da der Beklagte schon vor der endgültigen Abrechnung Geld kassiert habe, sei es zu einer Überzahlung von 169.54 DM gekommen. Der Beklagte brachte in der Tagsatzung vom 28. November 1973 zunächst vor, daß die klagende Partei wohl eine Überzahlung von 169.54 DM an den Beklagten geleistet habe, von der klagenden Partei dabei aber eine Rechnung des Beklagten über 3703.60 S vom 22. Mai 1971 nicht berücksichtigt worden sei; diese Rechnung habe der Beklagte über eine Leistung präsentiert, die in einer Fahrt mit einem mit Milchpulver beladenen LKW-Zug des Beklagten vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück, die wegen Nichtausfolgung des Carnets T 2 der klagenden Partei an den Beklagten, dem sie versichert gehabt hätte, daß die Papiere vollständig seien, bestanden habe. Die klagende Partei erwiderte hierauf am 25. April 1974, daß das etwaige Fehlen von Transportpapieren nach den allgemeinen Transportbedingungen der Beklagte zu verantworten habe. In der Tagsatzung vom 13. August 1974 erklärte der Beklagte, daß die Anerkennung der Überzahlung von
169.54 DM auf einen lnformationsirrtum zurückgehe und nun nach Aufklärung des tatsächlichen Sachverhaltes widerrufen werde. Die klagende Partei brachte vor, die Gegenforderung des Beklagten sei verjährt, weil die Verjährungsfrist nach den deutschen und österreichischen Spediteurbedingungen sechs Monate betrage. Der Beklagte bestritt die Anwendung der allgemeinen Spediteurbedingungen auf das Verhältnis zwischen Spediteur und Frachtführer. In der Tagsatzung vom 1. Juli 1975 behauptete der Beklagte Verjährung der Klagsforderung nach den CMR-Bestimmungen, worauf die klagende Partei erwiderte, daß die CMR-Bestimmungen auf den der Klage zugrundeliegenden Sachverhalt nicht anzuwenden seien. Letztlich brachte der Beklagte noch vor, daß der Klagsbetrag von 169.54 DM zu Recht bestunde, hätte nicht der Beklagte schon vorher der klagenden Partei seine Rechnung wegen seiner Fahrten vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück über einem die Klagsbetrag übersteigenden Betrag gelegt und damit eine höhere Gegenforderung geltend gemacht; die vom Beklagten wegen dieser Fahrt geltend gemachte Forderung sei mit der Präsentierung der Rechnung fällig gewesen.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Klagsforderung mit 169.40 DM zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, verurteilte den Beklagten im Sinne des Klagebegehrens und stellte im wesentlichen fest: Im Jahre 1971 habe der Beklagte als Frachtführer mehrmals Gütertransporte für die klagende Partei als Spediteurin durchgeführt. Diese habe noch vor der entsprechenden Abrechnung an den Beklagten einen Betrag ausbezahlt, der um 169.40 DM (tatsächlich 169.54 DM) über dem späteren Abrechnungsergebnis gelegen sei. Der Beklagte habe vorher anläßlich eines Gütertransportes von der Bundesrepublik Deutschland über Österreich nach Italien mit seinem LKW-Zug vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück zum Brenner fahren müssen, weil ihm ein von der italienischen Zollbehörde gefordertes Frachtpapier nicht übergeben worden wäre. Mit Rechnung vom 22. Mai 1971 habe der Beklagte dafür einen Schadenersatzbetrag von 3703.60 S gefordert. Die klagende Partei habe damals zunächst mit Schreiben vom 18. Juni 1971 die Schadenersatzforderung des Beklagten bestritten, habe ihn aber zu einer Schilderung des Schadensfalles aufgefordert. Der Beklagte habe dies mit seinem Schreiben vom 29. Juni 1971 auch getan, doch habe die klagende Partei mit Schreiben vom 1. Juli 1971 Schadenersatz abgelehnt. Bei der rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, daß die Feststellungen im Zusammenhang mit der Leistung des Betrages von 169.40 DM, die ohne Berücksichtigung der Schadenersatzforderung des Beklagten eine Überzahlung, also Leistung einer Nichtschuld darstellten, unbestritten seien. Gemäß § 1431 ABGB könne eine irrtümlich geleistete Sache, die zu fordern der Empfänger kein Recht hatte, zurückgefordert werden. Die klagende Partei habe am 12. Juli 1971 um
169.40 DM mehr an den Beklagten geleistet, als sie in Abdeckung ihrer Verbindlichkeiten leisten sollte und wollte. Die Verjährungseinrede des Beklagten sei nicht berechtigt, da die klagende Partei ihre Forderung innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB gerichtlich geltend gemacht habe. Die besonderen Verjährungsbestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) kämen nicht zur Anwendung, weil der Rückforderungsanspruch aus dem Titel der Zahlung einer Nichtschuld und nicht aus einem Beförderungsvertrag entstanden sei. Die Verjährungsbestimmungen der CMR seien hingegen auf die einredeweise geltend gemachte Schadenersatzforderung des Beklagten anzuwenden, da es sich um einen Transport von der Bundesrepublik Deutschland nach Italien gehandelt habe und die Bundesrepublik Deutschland Vertragsstaat sei. Der Schadenersatzanspruch des Beklagten gehöre zu den Ansprüchen aus einer Beförderung, die nach Art. 32 CMR in einem Jahr und drei Monaten nach Abschluß des Beförderungsvertrages verjähren; der Anspruch könne auch nicht durch Einrede geltend gemacht werden. Die Argumentation des Beklagten, die Überzahlung sei keine Leistung einer Nichtschuld gewesen, weil er inzwischen schon eine Schadenersatzforderung geltend gemacht hätte, sei nicht stichhältig, weil die klagende Partei die Überzahlung in Unkenntnis, wieviel der Beklagte für die erbrachten Transportleistungen zu bekommen habe, nicht aber etwa absichtlich zur teilweisen Abdeckung der Schadenersatzforderung des Beklagten geleistet habe.
Die Berufung des Beklagten argumentierte vor allem dahin, daß die klagende Partei die angebliche Überzahlung am 12. Juli 1971 nach Geltendmachung der Schadenersatzforderung des Beklagten und damit auf eine bestehende Schuld geleistet habe. Im Vorprozeß C 605/71 des Erstgerichtes habe er in der Tagsatzung vom 16. Feber 1972 eine auch materiellrechtlich beachtliche Aufrechnungserklärung abgegeben; die beiden Forderungen seien sich damit unverjährt aufrechenbar gegenübergestanden, so daß die vermeintliche Forderung der klagenden Partei bereits damals durch die Aufrechnung erloschen sei. Die Verjährungseinrede habe die klagende Partei nur auf die österreichischen und die deutschen Spediteurbedingungen, nicht aber auf die internationalen CMR-Bestimmungen gestützt, so daß die Gegenforderung nicht als verjährt angesehen hätte werden dürfen. Zusammenfassend hielt die Berufung an ihrer Auffassung fest, daß die klagende Partei nicht eine Nichtschuld bezahlt, sondern, wenn auch unbeabsichtigt, einen Teil der Forderung des Beklagten erfüllt habe. Die Auffassung des Erstgerichtes, die Verjährungseinwendung des Beklagten gegen die Klagsforderung sei unberechtigt, bekämpfte die Berufung nicht.
Das Berufungsgericht, das davon ausging, es sei unangefochten, daß die klagende Partei als Spediteurin 1971 durch den Beklagten als Frachtführer mehrere Gütertransporte aus der Bundesrepublik Deutschland durch Österreich nach Italien durchführen ließ und dafür einen Akontobetrag leistete, der um 169.54 DM mehr betrug, als die nachträgliche Abrechnung ausmachte, änderte das erstgerichtliche Urteil nach Verlesung der Aussagen der im Rechtshilfeweg vernommenen Zeugen Rudolf H und Erhard S dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Die klagende Partei habe entgegen der Auffassung des Erstgerichtes nicht irrtümlich eine Nichtschuld, sondern die 3000 DM bewußt in der Absicht geleistet, damit eine Akontozahlung vorzunehmen. Nach der Aussage des Zeugen Rudolf H hätten sich, als der Beklagte zur Abrechnung erschienen sei, die Rechnungen des Beklagten gerade beim Rechenzentrum, von dem die klagende Partei ihre Buchhaltung durchführen lasse, befunden, weshalb man dem Beklagten als Akontozahlung einen Scheck über 3000 DM mit der Auflage übergeben habe, daß die Differenz nach oben oder unten ausgeglichen werden müßte. Auf diesen Sachverhalt sei § 1431 ABGB unanwendbar, weil niemand irrtümlich eine Zahlung geleistet habe, aber auch § 1435 ABGB, weil die klagende Partei die 3000 DM nicht als eine wahre Schuldigkeit geleistet habe. Die klagende Partei habe auch nicht Teilzahlung auf die Schadenersatzforderung geleistet, weil sie diese zuvor ausdrücklich bestritten hatte. Der Rückforderungsanspruch der klagenden Partei ergebe sich aus der getroffenen Vereinbarung. Er sei jedoch trotzdem abzuweisen, weil die Verjährungseinrede des Beklagten begrundet sei. Der Anspruch auf Abrechnung des vorschußweise geleisteten Beförderungsentgelts sei als Anspruch aus den zwischen den Streitteilen geschlossenen Beförderungsverträgen anzusehen. Auch für die Forderung der klagenden Partei gelte gemäß Art. 32 Abs. 1 CMR die einjährige Verjährungsfrist, die nach lit. c mit dem Ablauf von drei Monaten nach Abschluß des Beförderungsvertrages zu laufen begonnen habe. Die letzte Leistung des Beklagten sei ihm von der klagenden Partei am 12. Juli 1971 gutgeschrieben worden; die drei Monate seien deswegen spätestens am 12. Oktober 1971 abgelaufen. Die Verjährungsfrist habe spätestens am 13. Oktober 1972 geendet, die gegenständliche Klage sei jedoch erst am 30. Oktober 1973 erhoben worden. Durch die Einbringung der Klage C 605/71 des Erstgerichtes habe die Verjährung nicht unterbrochen werden können, da sie auf einen anderen Rechtsgrund gestützt und deswegen rechtskräftig abgewiesen worden sei. Im übrigen bejahte das Berufungsgericht grundsätzlich auch die Verjährung der Gegenforderung des Beklagten. Anders wäre die Rechtslage nur, wenn die klagende Partei selbst dem Beklagten dessen Fahrt vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück aufgetragen hätte wie es der Beklagte in seiner Parteiaussage behauptet habe. In diesem Fall hätte es sich um einen weiteren Beförderungsauftrag der klagenden Partei gehandelt, dessen Entgelt sie schon bei ihrer Abrechnung vom 30. Juli 1971 berücksichtigen hätte müssen; ein Guthaben der klagenden Partei wäre dann gar nicht entstanden. Feststellungen darüber fehlten. Eine Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils könne jedoch unterbleiben, weil schon der Klagsanspruch wegen Verjährung abzuweisen sei. Daß die klagende Partei ihre Einwendung nur auf die Spediteurbedingungen gestützt habe, sei unerheblich, da der Beklagte sich selbst auf die CMR berufen habe.
Der Oberste Gerichtshof hob über die Revision der klagenden Partei die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR; BGBl. 1961/138) gilt nur für Verträge über die entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen, wenn der Ort der Übernahme des Gutes und der für die Ablieferung vorgesehene Ort, wie sie im Vertrage angegeben sind, in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist (Art. 1 Z. 1). Die klagende Partei hat in erster Instanz ausdrücklich bestritten, daß die CMR-Bedingungen auf den der Klage zugrundeliegenden Sachverhalt anzuwenden seien; das Erstgericht stellte nur fest, daß der Beklagte als Frachtführer mehrmals Gütertransporte für die klagende Partei als Spediteurin durchgeführt habe, ohne festzustellen, ob jeweils die Orte der Übernahme und Ablieferung in zwei verschiedenen Staaten lagen. Es war daher aktenwidrig, wenn das Berufungsgericht davon ausging, es stehe unangefochten fest, daß die vom Beklagten für die klagende Partei durchgeführten Gütertransporte, für die die klagende Partei zunächst 3000 DM bezahlt hatte, von der Bundesrepublik Deutschland über Österreich nach Italien durchgeführt worden wären. Die Revision ficht die Annahme des Berufungsgerichtes aber nicht wegen Aktenwidrigkeit an. Es ist daher offenbar richtig, daß es sich tatsächlich jeweils um Gütertransporte von der Bundesrepublik Deutschland nach Italien handelte, jedenfalls ist aber der allein zu überprüfenden rechtlichen Beurteilung auch die unbekämpfte zusätzliche Feststellung des Berufungsgerichtes zugrunde zu legen. Sowohl Österreich und Italien (BGBl. 1961/138) als auch die Bundesrepublik Deutschland (BGBl. 1963/14) sind Vertragsstaaten des CMR-Übereinkommens, so daß dessen Bestimmungen auf den vorliegenden Fall anzuwenden sind.
Nach Art. 32 Z. 1 CMR verjähren Ansprüche aus einer dem Übereinkommen unterliegenden Beförderung in einem Jahr; die Verjährungsfrist begann, da es sich nicht um Ansprüche aus Verlust, Beschädigung oder Überschreitung der Lieferfrist handelt, mit dem Ablauf einer Frist von drei Monaten nach dem Abschluß der Beförderungsverträge (Art. 32 Z. 1 lit. c CMR). Die Bestimmung des Art. 32 CMR wollte die Verjährung aller Ansprüche aus einer der CMR-Konvention unterliegenden Beförderung, also unter Umständen auch solcher Ansprüche, die gar nicht aus der CMR selbst abgeleitet werden, regeln und die Durchführung von Reklamationen aus grenzüberschreitenden Beförderungsverträgen gegenüber den allgemeinen Verjährungsbestimmungen verkürzen (Muth, Leitfaden zu CMR[3], 114; sinngemäß auch Precht, CMR-Handbuch über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr[2], 107). Mit der Frage, ob auch der Anspruch des Absenders auf Rückgewähr zuviel gezahlter Fracht der einjährigen Verjährung des Art. 32 CMR unterliegt, hatte sich bereits der Bundesgerichtshof der Bundesrepublik Deutschland zu befassen und bejahte sie, da im Art. 32 CMR nicht nur vertragliche, sondern auch andere mit der Güterbeförderung im Zusammenhang stehende Ansprüche gemeint seien (NJW 1972, 873); in einem Fall, indem die Parteien letztlich nur über die Höhe der Fracht streiten, kann es nach Auffassung des Bundesgerichtshofes für die Frage der Anwendung der Verjährungsvorschriften des Art. 32 CMR nicht entscheidend darauf ankommen, ob es der Frachtführer ist, der den ihm zustehenden Vergütungsanspruch geltend macht, oder ob der Absender, der im Vertrauen auf die Richtigkeit der ihm erteilten Rechnung zuviel gezahlt hat, die Rückgewähr einer Überzahlung fordert; auch in letzterem Fall handle es sich um die dem Frachtführer zustehende Vergütung, jedenfalls aber fehle es nicht an einem Zusammenhang zwischen einer der CMR unterliegenden, tatsächlich ausgeführten Beförderung und dem geltend gemachten Anspruch. Diese Entscheidung hat auch in der Literatur Zustimmung gefunden (Muth, 114). Rechtlich Gleiches muß natürlich auch für einen Anspruch wie den von der klagenden Partei in diesem Prozeß geltend gemachten gelten, in dem nach den ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichtes mangels sofortiger Möglichkeit der Einsicht in die Rechnungen des Beklagten diesem eine runde Summe mit der Vereinbarung ausgezahlt worden war, daß späterhin die Differenz nach oben oder unten ausgeglichen werden sollte. Auch in einem solchen Fall macht die klagende Partei Ansprüche aus den Beförderungsverträgen mit dem Beklagten geltend. Gerade daraus, daß nach der Vereinbarung entweder der klagenden Partei oder dem Beklagten noch eine Ausgleichsforderung auf die tatsächlich geschuldete Summe zustehen sollte, wird klar, daß die eine oder andere Forderung rechtlich nicht verschieden beurteilt werden kann. Mit Recht konnte daher der Beklagte dann aber Verjährung des Anspruches der klagenden Partei einwenden, da die gegenständliche Klage erst am 30. Oktober 1973 erhoben worden war.
Dennoch wurde vom Berufungsgericht zu Unrecht das Klagebegehren allein deswegen abgewiesen. Der Beklagte wendete nämlich zwar in erster Instanz die Verjährung des Anspruches der klagenden Partei ein, unterließ es jedoch, die die Verjährung ablehnende Rechtsauffassung des Erstgerichtes in seiner Berufung zu bekämpfen. Unter welchen Voraussetzungen auf die Verjährung Bedacht zu nehmen ist, wird in der CMR nicht geregelt. Nach ihrer Zielsetzung ist die CMR dahin zuverstehen, daß alles, was sie selbst als Vertragsordnung nicht regelt, nach dem nationalen Vertragsrecht der jeweiligen Länder zu beurteilen ist (Muth, 15; Precht, 42 f.). Während nun aber die CMR sowohl für Österreich als auch für die Bundesrepublik Deutschland gilt, enthalten die Rechtsordnungen der beiden Staaten über die Verjährung nicht gleichlautende Bestimmungen. Grundsätzlich gilt das für den Vertrag maßgebliche Recht auch für die Verjährung (ZVR 1973/218; EvBl. 1973/17; EvBl. 1972/319; JBl. 1971, 39; SZ 40/88 und die in diesen Entscheidungen zitierte zahlreiche Literatur und weitere Judikatur; Schwind, Handbuch des österreichischen IPR 345). Die Untergerichte trafen keine Feststellungen über den Ort der Vertragsabschlüsse bzw., falls es sich um Vertragsabschlüsse durch Korrespondenz handelte, wer als Offerent, dessen Recht dann maßgeblich ist (JBl. 1974, 369 u. a.), zu gelten hat. Die kollisionsrechtliche Frage kann jedoch offen gelassen werden, wenn die in Betracht kommenden Rechtsordnungen meritorisch zum gleichen Ergebnis führen (SZ 32/120 u. a.; Kegel, IPR[3], 198). Im vorliegenden Fall kommt die Anwendung des materiellen Rechtes Österreichs und der Bundesrepublik Deutschland in Betracht. Nach § 1501 ABGB ist auf die Verjährung ohne Einwendung der Partei von Amtswegen kein Bedacht zu nehmen. Auch nach § 222 Abs. 1 BGB ist nach der Vollendung der Verjährung der Verpflichtete nur berechtigt, die Leistung zu verweigern, was ebenfalls dahin verstanden wird, daß auf die Verjährung nur über Einrede Bedacht zu nehmen ist (Soergel - Augustin, BGB[10] 1, 976 Anm. 4; Palandt, BGB[34], 186 Anm. 1; Johannsen in BGB-RGRK[11], 727 Anm. 1; Coing in Staudinger, BGB[11] I, 1171 Anm. 4). Die Rechtsordnungen in beiden in Betracht kommenden Staaten führen also zum gleichen Ergebnis. Der Beklagte erhob nun allerdings in erster Instanz ohnehin die Verjährungseinrede. Die weitere Frage, ob sie bei Ablehnung der Verjährung durch das Erstgericht in der Berufung ausdrücklich aufrecht erhalten werden muß, ist nicht mehr eine solche des materiellen Rechtes, sondern des Prozeßrechtes. Die österreichischen Verfahrensvorschriften enthalten keine Bestimmungen, die die Anwendung ausländischen Verfahrensrechtes ermöglichten; es sind daher von österreichischen Gerichten nur inländische Verfahrensvorschriften anzuwenden (ÖBl. 1972, 113; EvBl. 1970/113 u. a.; Schwind, 23; Fasching III, 5; Sperl, Lehrbuch, 28; Pollak, System[2], 93). Es ist nun allerdings ständige Rechtsprechung, daß bei gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge die Rechtslage nach allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten zu überprüfen ist (JBl. 1971, 39; EvBl. 1970/129 u. a.). Das gilt jedoch nicht für die Einwendung der Verjährung; wurde diese in der Berufung nicht aufrecht erhalten, so darf nach ständiger Rechtsprechung auf sie im Rechtsmittelverfahren auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung von Amts wegen Bedacht genommen werden (SZ 19/262; in diesem Sinne auch SZ 37/184; 7 Ob 165/74; 8 Ob 112/70; dagegen Fasching IV, 161; auch in der Bundesrepublik Deutschland wird die Rechtslage anders beurteilt: RGWarnR 1935/111; Soergel - Augustin, 977 Anm. 4). Da sich der Beklagte in seiner Berufung nicht mehr auf Verjährung berief, war das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht geltend macht nicht mehr berechtigt, den an sich als zu Recht bestehend erkannten Anspruch nur wegen Verjährung abzuweisen.
Könnte damit aber die Forderung der klagenden Partei zu Recht bestehen, gewinnen nun wieder die übrigen Einwendungen des Beklagten Bedeutung, aber auch der Umstand, daß die klagende Partei behauptete, der Anspruch des Beklagten auf die 3703.60 S sei verjährt. Handelte es sich tatsächlich um eine erst in diesem Rechtsstreit eingewendete Gegenforderung des Beklagten, wäre sie wirklich, wie die Untergerichte übereinstimmend ausführten, verjährt. Daß sich die klagende Partei bei ihrer Verjährungseinrede nur auf Speditionsbedingungen und nicht auf die CMR berief, müßte ohne entscheidende Bedeutung sein, da die Verjährungseinrede allgemein erhoben werden kann und sich nicht auf eine bestimmte Gesetzesstelle beziehen muß. Es wurde auch bereits oben dargelegt, daß Art. 32 CMR die Verjährung aller Ansprüche aus dem Übereinkommen unterliegenden Beförderungen betrifft und damit auch für Ansprüche, die dadurch entstehen, daß sich der Beförderungsweg verlängerte, weil vom Brenner nach Kiefersfelden zurückgefahren werden mußte, um dort ein fehlendes Grenzdokument abzuholen, umfaßt. Da der angebliche Anspruch des Beklagten im Jahre 1971 entstanden war, war er, wenn er erst in diesem Prozeß geltend gemacht wurde, zweifellos bereits verjährt. Verjährte Ansprüche können aber auch nicht mehr im Wege der Widerklage oder der Einrede geltend gemacht werden (Art. 32 Z. 4 CMR). Die Revisionsbeantwortung meint allerdings, der Fall des Art. 32 Z. 4 CMR liege nicht vor, weil die Aufrechnungslage bereits durch die Geltendmachung der Forderung des Beklagten im Mai/Juni 1971 eingetreten sei. Das Gegenüberstehen gleichartiger Forderungen schafft aber zunächst nur ein Aufrechnungsverhältnis; dieses führt erst dann zur Schuldtilgung durch Aufrechnung, wenn die Aufrechnungshandlung hinzutritt, welche in der Geltendmachung des Rechtes der Aufrechnung durch einen der Beteiligten, sei es außergerichtlich, sei es gerichtlich, besteht (RZ 1973/85; EvBl. 1972/187; JBl. 1970, 418 u. a.; Gschnitzer in Klang[2] VI, 494;
Ehrenzweig[2] II/1, 341 f.; Koziol - Welser[3] I, 204); gleiches gilt nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (§388 BGB;
Soergel - Reimer - Schmidt,2.480 Anm.1 ;Palandt, 387 Anm. 1; Löscher in BGB-RGRK[11], 1350 f. Anm. 3). Eine solche während der Verjährungsfrist abgegebene Aufrechnungserklärung wurde nicht behauptet. Im Rechtsstreit C 605/71 des Erstgerichtes wendete der Beklagte allerdings am 16. Feber 1972, also vor Ablauf der Verjährungsfrist, gegen den dort erhobenen Anspruch die Forderung von 3703.60 S aufrechnungsweise ein. Dieses Vorgehen war schon deswegen nicht mit einer außergerichtlichen Aufrechnung gegen die nunmehr erhobene Forderung gleichzusetzen, da der Beklagte im Vorprozeß gegen eine andere, auf eine Fehlinformation des Klagevertreters zurückzuführende Forderung, deren Nichtbestehen dem Beklagten bekannt war, aufrechnete.
Damit steht aber doch noch nicht abschließend fest, ob dem Klagebegehren stattzugeben ist. Im Gegensatz zum Vorprozeß C 605/71 des Erstgerichtes machte der Beklagte nämlich im vorliegenden Rechtsstreit nicht mit völliger Deutlichkeit eine Gegenforderung geltend, sondern behauptete zwar unpräzise, aber doch unter ausdrücklichem späteren Widerruf des anfänglichen Zugeständnisses einer Überzahlung, daß die klagende Partei seine Rechnung über 3703.60 S zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Auch das allerdings wieder undeutliche Vorbringen in der Tagsatzung vom 1. Juli 1975 könnte dahin verstanden werden, daß die Kosten für die Fahrt des Beklagten vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück in die Abrechnung der bezahlten 3000 DM einzubeziehen gewesen wären, so daß gar keine Überzahlung vorliege; dies könnte dann richtig sein, wenn der Beklagte die erwähnte Fahrt über Auftrag der klagenden Partei im Rahmen oder auf Grund einer eventuellen Erweiterung des bestehenden Beförderungsvertrages durchgeführt hätte. Das Berufungsgericht hielt das Verfahren in diesem Punkt trotz seiner ergänzenden Feststellung die auch dahin verstanden werden könnte, daß schon nach der Vereinbarung der Parteien auf die 3000 DM nur andere Ansprüche des Beklagten, nicht aber der von der klagenden Partei schon abgelehnte Anspruch für die Fahrt vom Brenner nach Kiefersfelden und zurück abgerechnet werden sollte, an sich auch nicht für abgeschlossen und sah nur deswegen von einer Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles ab, weil - es den Klagsanspruch für verjährt ansah. Da es aber auf diese Verjährung nicht von Amts wegen Bedacht nehmen durfte, kommt nunmehr dem vom Berufungsgericht aufgezeigten Mangel Bedeutung zu.
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