OGH 6Ob311/66

OGH6Ob311/665.10.1966

SZ 39/160

Normen

ABGB §36
ABGB §879 (2) Z2
RAO §16
ABGB §36
ABGB §879 (2) Z2
RAO §16

 

Spruch:

Eine in Österreich von einem Österreicher abgeschlossene Streitanteilvereinbarung ist auch dann nichtig, wenn sie mit einem Ausländer vereinbart wurde und eine Rückstellungssache betrifft

Entscheidung vom 5. Oktober 1966, 6 Ob 311/66

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien

Text

Der Antragsteller hat zur Sicherung des von ihm behaupteten Honoraranspruches in der Höhe von 975.000 S beantragt, es werde eine einstweilige Verfügung mit Wirksamkeit bis 31. Dezember 1967 durch gerichtliches Drittverbot an die Sammelstelle XY, Wien, hinsichtlich eines Betrages von 975.000 S erlassen, welcher der Gegnerin der gefährdeten Partei auf Grund eines Vergleiches in der Rückstellungssache Rk .../61 in der Gesamthöhe von 6.500.000 S zuzukommen hat; es werde zur klagsweisen Geltendmachung des behaupteten Anspruches eine Frist bis 15. Oktober 1966 erteilt. Er hat diesen Antrag damit begrundet, daß ihm auf Grund einer mit der Antragsgegnerin am 30. September 1957 abgeschlossenen Vereinbarung ein Anspruch auf ein Erfolgshonorar in der Höhe von 15% des Gegenwertes eines Aktienpaktes der Österreichischen D. AG. zustehe, dessen Rückführung in den Besitz der Antragsgegnerin auf Grund seiner jahrelangen rechtsanwaltlichen Tätigkeit dergestalt zustandegekommen sei, daß vergleichsweise ein Gegenwert in der Höhe von 6.500.000 S ausbezahlt werde.

Das Erstgericht hat die einstweilige Verfügung erlassen. Es nahm auf Grund der Information vom 30. September 1957 als bescheinigt an, daß dem Antragsteller das behauptete Erfolgshonorar in der Höhe von 15% zustehe. Aus dem Erkenntnis der Rückstellungskommission Rk .../61 vom 14. September 1964 ergebe sich, daß die Antragsgegnerin zur Hereinbringung des Gegenwertes für das Aktienpaket der Österreichischen D. AG. einen Rückstellungsantrag eingebracht habe. Durch Vorlage des Schreibens des Rechtsanwaltes Dr. Wilhelm R. vom 28. Juni 1966 sei bescheinigt, daß ein Vergleichsabschluß zwischen der Republik Österreich und der Sammelstelle XY in Aussicht genommen sei und letztere einen Betrag von 6.500.000 S für das entzogene Vermögen der D. AG. erhalten solle. Die Gefährdung sei mit Rücksicht auf den Wohnsitz der Antragsgegnerin im Ausland gemäß § 379 (2) Z, 2 EO. gegeben.

Das Rekursgericht hat den Rekurs der Antragsgegnerin für unbegrundet erachtet und den Beschluß des Erstgerichtes dahin abgeändert, daß der Antrag auf Erlassung der eingangs wiedergegebenen einstweiligen Verfügung abgewiesen wurde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ausführungen im Revisionsrekurs gehen zunächst dahin, daß im vorliegenden Fall die Vereinbarung eines Erfolgshonorars nicht gegen die guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB. verstoße, denn es sei die Vereinbarung mit einer ausländischen Staatsbürgerin geschlossen worden, betreffe eine ausländische Rechtsangelegenheit, in der die Vertretung vor ausländischen Behörden und nach ausländischem Recht habe erfolgen sollen, und es werde in dem betreffenden Staatsgebiet, nämlich der Bundesrepublik Deutschland, die Vereinbarung von Erfolgshonoraren in Rückstellungsangelegenheiten durchwegs als rechtsgültig und zulässig anerkannt.

Diesen Ausführungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß in erster Instanz lediglich behauptet wurde, die Antragsgegnerin sei ausländische Staatsbürgerin und habe ihren dauernden Wohnsitz im Ausland; mehr läßt sich auch den in erster Instanz vorgelegten Bescheinigungsmitteln nicht entnehmen.

Das darüber hinausgehende Vorbringen im Revisionsrekurs stellt daher insoweit unzulässige Neuerungen dar, auf welche nicht eingegangen werden kann.

Im übrigen ergibt der Inhalt der Information vom 30. September 1957, mit welcher der Antragsteller das Zustandekommen einer Vereinbarung über ein Erfolgshonorar in der Höhe von 15% des für das Aktienpaket der Österreichischen D. AG. einlaufenden Betrages bescheinigen will, daß es sich nicht um ein bloßes Erfolgshonorar, sondern eine Streitanteilvereinbarung handelt, welche in der Rechtsanwaltskanzlei des Antragstellers in Wien, J.-Straße 57, abgeschlossen worden ist. Daß der in die Anwaltsliste eingetragene Antragsteller österreichischer Staatsbürger ist, braucht mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 1 (2) lit. a RAO. nicht näher erörtert zu werden.

Gemäß § 36 ABGB. gilt für Verträge die Regel, daß sie nach den Gesetzen des Ortes zu beurteilen sind, wo der Vertrag abgeschlossen wurde. Demnach gilt für Verträge, die in Österreich von Österreichern mit Österreichern oder mit Ausländern abgeschlossen worden sind - das letztere läßt sich den Bescheinigungsmitteln entnehmen -, österreichisches Recht und es steht den Parteien die Wahl eines örtlichen Rechts nicht zu. Sie können aber innerhalb der Schranken des zwingenden Rechts ausdrücklich Vertragsbestimmungen vereinbaren, welche einem ausländischen Recht entsprechen, da im Vertragsrecht dem Willen der Parteien, soweit das dispositive Recht reicht, freier Spielraum eingeräumt ist (Walker, Verdross - Drossberg, Satter in Klang[2] I/1 236, 237 zu §§ 33 bis 37 ABGB.). Demnach ist die vom Antragsteller behauptete Honorarvereinbarung nach österreichischem Recht zu beurteilen. Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars in der Höhe von 15% der Streitsache stellt, wie bereits oben dargelegt wurde, eine Streitanteilvereinbarung dar, welche gemäß § 879 (2) Z. 2 ABGB. nichtig ist, und zwar auch dann, wenn der ihr entsprechende Honorarbetrag angemessen wäre (Gschnitzer in Klang[2] IV 197 zu § 879 ABGB., 2 Ob 390/55 = JBl. 1955 S. 624), Wiederholt wurde entschieden, daß es sich bei der Nichtigkeit nach § 879 (2) Z. 2 ABGB. um eine absolute Nichtigkeit handelt, und dies damit begrundet, daß das Verbot auch im Interesse des Ansehens des Rechtsanwaltsstandes liegt und durch die Aufnahme in die RAO. (§ 16) der rein privatrechtlichen Sphäre entrückt und zu einer zwingenden Norm geworden ist (SZ. XXIV 93, 2 Ob 390/55 = JBl. 1955 S. 624, 3 Ob 432/59). Damit ist auch ausgeschlossen, daß Vertragsbestimmungen, welche einem fremden, eine Streitanteilvereinbarung zulassenden Recht entsprechen, rechtswirksam vereinbart werden könnten, wobei im vorliegenden Fall eine derartige besondere Vereinbarung weder im Verfahren erster Instanz behauptet wurde noch den Bescheinigungsmitteln entnommen werden kann.

Dem Umstand, daß die Streitanteilvereinbarung eine Rückstellungssache betrifft, kommt keine Bedeutung zu, weil auch in Rückstellungssachen eine Streitanteilsvereinbarung nichtig ist (SZ. XXIV 93, 2 Ob 390/55 = JBl. 1955 S. 624).

Der Antragsteller kann sohin seinen Honoraranspruch nicht auf die von ihm behauptete und bescheinigte, jedoch als Streitanteilvereinbarung zu beurteilende und daher nichtige Vereinbarung vom 30. September 1957 stützen.

Nun hat der Antragsteller behauptet, jahrelang rechtsanwaltliche Arbeiten für die Antragsgegnerin verrichtet zu haben. Der ihm für diese Tätigkeit allenfalls zustehende Anspruch auf ein angemessenes tarifmäßiges Honorar wird durch die Nichtigkeit der Streitanteilvereinbarung vom 30. September 1957 im allgemeinen nicht berührt. Doch kann ein derartiger, im übrigen im Verfahren erster Instanz in keiner Weise konkretisierter Anspruch im vorliegenden Verfahren deshalb keine Berücksichtigung finden, weil es sich in diesem Verfahren um die Sicherung des dem Antragsteller auf Grund der erwähnten Streitanteilvereinbarung zustehenden Anspruches handelt und nicht um die Sicherung eines angemessenen tarifmäßigen Honoraranspruches für die bisher vom Antragsteller für die Antragsgegnerin entfaltete anwaltliche Tätigkeit.

Mangels des behaupteten Anspruches hat daher das Rekursgericht zu Recht den erstgerichtlichen Beschluß im Sinn der Abweisung der beantragten einstweiligen Verfügung abgeändert.

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