OGH 1Ob564/94

OGH1Ob564/9430.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margit K*****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei F***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Richard Larcher und Dr. Erwin Markl, Rechtsanwälte In Innsbruck, wegen 202.242 S sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 10. Jänner 1992, GZ 4 R 298/91-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. August 1991, GZ 17 Cg 26/90-23, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 9.518,40 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.586,40 S USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin kaufte bei der G***** Gesellschaft mbH (im folgenden Verkäuferin) mit Kaufvertrag vom 11./16.Dezember 1985 um einen in sieben Teilzahlungen gemäß dem Baufortschritte zu entrichtenden Betrag von 2.405.604 S insgesamt 157/2415 Miteigentumsanteile an einer Liegenschaft in W*****, mit denen das Wohnungseigentum am Reihenhaus (Wohneinheit) top 11 untrennbar verbunden ist. Die wesentlichen Punkte des Vertrages lauten:

„ I. Die ....... (Verkäuferin) ist aufgrund des Kaufvertrages vom 18.10.1984 bzw 20.10.1984 Alleineigentümerin der Liegenschaft in ..........

II. Die ... (Verkäuferin) erstellt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr auf den unter Punkt I. genannten Grundparzellen eine Wohnhausanlage... nach den von der Gemeinde W***** mit rechtskräftigen Baubescheiden vom 5.12.1984 genehmigten Bauplänen, die den Vertragsteilen genau bekannt sind.

III. Zweck dieses Kaufvertrages ist nicht nur die Eigentumsübertragung von Miteigentumsanteilen, sondern der Verkauf und Kauf der vertragsgegenständlichen und von der ... (Verkäuferin) schlüsselfertig errichteten Einheit. Mit den zu übertragenden Miteigentumsanteilen ist das Wohnungseigentum dieser Einheit untrennbar verbunden.

...

IX. Die Übernahme gilt als erfolgt, soferne die Käuferin die Übernahme im Protokoll bestätigt. ...

XI. Die Verkäuferin leistet Gewähr, daß ihre Leistungen die im Vertrag ausdrücklich bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften haben und den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Die Gewährleistung umfaßt alle Mängel, die im Zeitpunkt der Übernahme vorhanden sind. .......“

Bei einem Gespräch mit einem Konsulenten der Verkäuferin machte die Klägerin den Kauf eines Reihenhauses davon abhängig, daß sie den Keller (gemeint: den westlich gelegenen Hobbyraum des Kellers) auch für Wohnzwecke benützen könne. Im Vorvertrag vom 3.Juni 1985 wurde von der Verkäuferin der Klägerin die kostenlose Errichtung einer Fußbodenheizung im Keller zugesichert. Das Reihenhaus wies bei Übergabe am 23. Dezember 1985 eine Reihe von verbesserungsfähigen, aber trotz Zusage nicht verbesserten Mängeln auf, von denen folgende jetzt noch relevant sind: 1) Zwischen den Wohnräumen der Häuser top 11 und 12 fehlt die erforderlicher Schalldämmung; die Sanierung ist durch Anbringen einer Vorsatzschale im Wohnraum der Klägerin möglich, wobei ein Flächenverlust eintritt. Der Schaden der Klägerin beträgt dabei 27.600 S an Verbesserungskosten, 7.500 S an Wertminderung des Liegenschaftsanteiles infolge des Flächenverlustes und 1.500 S für die notwendige Verlegung von Steckdosen. 2) Ein im Anbot enthaltener eigener Kaminanschluß (zweiter Kamin) wurde wegen einer Änderung der (nun zentralen) Heizungsanlage nicht errichtet. Deshalb ist die Installierung einer Zusatzheizung, die einen Abzugskamin benötigt, zur Erreichung einer höheren Raumtemperatur nicht mehr möglich. Der nachträgliche Einbau würde mindestens 50.000 S kosten. 3) Im 1. Obergeschoß wird im westlichen Schlafzimmer durch die Bodenheizung nur eine Raumtemperatur von 16 bis 17 Grad erreicht. In den anderen Räumen funktioniert die Heizung einwandfrei. Einstellversuche der Heizanlage blieben erfolglos. Um die Ursache des Mangels feststellen zu können, müßte die Bodenkonstruktion im Raum abgetragen werden, der Heizkreis überprüft und allenfalls neu verlegt werden. Die wirtschaftlich vertretbare Mängelbehebung liegt im Anbringen einer elektrischen Zusatzheizung um 7.200 S. 4) Im westlichen Kellerraum befindet sich ein Heizkörper, der an einer Stelle nur lauwarm wird. Die Ursache steht nicht fest, die von der beklagten Partei zu vertretenden Behebungskosten belaufen sich in einer Bandbreite von 1.500 S bis 7.500 S.

Die beklagte Partei, die die Wohnhausanlage 1985 errichtet hatte, wurde infolge Verschmelzung vom 17. Juni 1987 Gesamtrechtsnachfolgerin der Verkäuferin und trat nach dieser Verschmelzung in den Kaufvertrag mit der Klägerin ein. Am 2. Dezember 1988 kam es zu einer Besprechung zwischen dem Klagevertreter und der beklagten Partei, bei der sämtliche von der Klägerin geltend gemachten Mängel erörtert wurden; im Einvernehmen zwischen dem Klagevertreter und dem damaligen Geschäftsführer der beklagten Partei wurde bei dieser Besprechung die Frist zur Geltendmachung der Ansprüche (Gewährleistung, Schadenersatz und Wertminderung) bis 31. März 1989 verlängert. Eine endgültige Klärung sollte nach Rücksprache der beklagten Partei mit ihrem Anwalt erfolgen. Am 27. Jänner 1989 teilte die beklagte Partei dem Klagevertreter mit, daß der Geschäftsführer der beklagten Partei die Angelegenheit am 7. Februar 1989 mit dem Beklagtenvertreter besprechen werde. Bei einem Telefongespräch zwischen den Parteienvertretern am 9. März 1989 erwähnte der Beklagtenvertreter, die bis 31.März 1989 verlängerte Frist werde, solange die weitere Vorgangsweise nicht geklärt sei, nicht enden. Am 5. April 1989 fand eine weitere Besprechung zwischen den Parteienvertretern statt, die jedoch zu keiner Einigung führte, bei der jedoch der Beklagtenvertreter eine Äußerung der beklagten Partei zu Vorschlägen der Klägerin ankündigte. Diese Äußerung wurde vom Klagevertreter mit Schreiben vom 6. November 1989 urgiert. Am 28.November 1989 teilte der Klagevertreter der Klägerin mit, er sei vom Beklagtenvertreter informiert worden, daß die beklagte Partei zu einer gütlichen Lösung nur insofern bereit sei, als die Angelegenheit bei Verzicht auf alle gegenseitigen Forderungen auf sich beruhe.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 23. Jänner 1990 eingebrachten Klage von der beklagten Partei zuletzt (ON 21, 22) 204.742 S sA aus dem Titel des Schadenersatzes; ihr ursprüngliches Begehren auf Haftung der beklagten Partei für alle Schäden, welche ihre Ursache in der mangelhaften Herstellung der Wohneinheit ... haben, wurde in ein Eventualbegehren auf Durchführung verschiedener Bauleistungen im Reihenhaus, auf Zahlung von 26.442 S sA und auf Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle künftigen Schäden aus der mangelhaften Herstellung der klägerischen Wohneinheit geändert. Dazu trägt die Klägerin, soweit jetzt noch relevant vor, die Verkäuferin habe sich ihr gegenüber verpflichtet, die Wohneinheit entsprechend den Bauplänen, Bauunterlagen und Baubescheiden auszuführen und dabei die allgemein anerkannten Regeln der Technik einzuhalten, sie habe sich nicht bloß zur Übergabe einer Sache, wie sie liege und stehe, sondern zur ordnungsgemäßen Herstellung der gekauften Wohneinheit verpflichtet. Ihren Verpflichtungen sei die Verkäuferin aber nicht nachgekommen. Das Reihenhaus habe bei Übergabe eine Reihe von im einzelnen aufgezählten Mängeln aufgewiesen, die nur zum Teil behoben worden seien; teilweise seien die Mängel wieder aufgetreten, in Ansehung zahlreicher anderer sei die Behebung überhaupt unterblieben. Begehrt werden für im einzelnen genannten Verbesserungsaufwand, Aufwand zur Herstellung des nicht ausgeführten zweiten Kamins (30.000 S) und Wertminderung insgesamt 303.925 S, wovon der aushaftende Kaufpreisrest von 99.183 S in Abzug zu bringen sei. Da auch die Schäden durch die Verbesserungsmaßnahmen noch nicht feststünden, habe die Klägerin (im Rahmen ihres Eventualbegehrens) auch ein Feststellungsinteresse an der Ersatzpflicht der beklagten Partei.

Die beklagte Partei wendet im wesentlichen ein, die gerügten Mängel wegen Feuchtigkeit und Wassereintritt im Keller und wegen mangelnder Schallisolierung seien bereits zur Gänze behoben worden. Allfällige Schadenersatzansprüche seien verjährt. Ein Verschulden der beklagten Partei liege nicht vor, weil sie sich befugter Gewerbsleute bedient habe, welche nicht als ihre Erfüllungsgehilfen anzusehen seien. Ein Betrag von 90.158 S (Kaufpreisrest von 99.183 S abzüglich eines anerkannten Schadens der Klägerin von 9.025 S für Sachschäden infolge eines fehlerhaften Boilers) werde compensando eingewendet.

Das Erstgericht erachtete die Klagsforderung mit 292.400 S sA und die Gegenforderung von 90.158 S als zu Recht bestehend, sprach der Klägerin 202.242 S sA in einer Reihe von Positionen zu und wies das Mehrbegehren von 2.500 S sA (für Wertminderung infolge eines von Zeit zu Zeit im Wohnzimmer auftretenden knallartigen Geräusches) rechtskräftig ab. Die erste Instanz stellte noch fest: Um die Räumlichkeiten (im Keller) als Aufenthaltsräume für ständigen Aufenthalt - ein Raum, der als Hobbyraum bezeichnet werde, benötige nicht die Tauglichkeit eines Aufenthaltsraumes für ständige Aufenthalte - zu erzielen, sei eine Wärmedämmung erforderlich, deren Kosten für einen Raum 125.000 S betragen. Rechtlich ging die Erstrichterin, soweit hier relevant, davon aus, daß die beklagte Partei als Rechtsnachfolgerin der Verkäuferin der klagenden Käuferin gegenüber zur Lieferung eines mängelfreien Werkes verpflichtet gewesen sei. Werde das Werk nicht mängelfrei geliefert, könne die Klägerin Mängelbehebung verlangen. Erfolge diese nach einer gesetzten Frist nicht, könnten auch Schadenersatzansprüche wegen Nichterfüllung gestellt werden. Der Verjährungsverzicht der beklagten Partei beziehe sich nach sachgerechter Vertragsauslegung nicht nur auf Gewährleistungs-, sondern auch auf Schadenersatzansprüche der Klägerin. Im Laufe des Prozesses habe die Klägerin von ihrer Wahlmöglichkeit (Mängelbehebung oder Leistung des Erfüllungsinteresses bei erfolglosen Mängelbehebungsversuchen) Gebrauch gemacht und das Klagebegehren auf Mängelbehebung als Eventualbegehren gestellt. Die Klägerin begehre innerhalb offener Frist zu Recht das Erfüllungsinteresse der von der beklagten Partei bzw von deren Erfüllungsgehilfen verursachten, noch unbehobenen Mängeln. Von den vom Erstgericht zugesprochenen Teilbeträgen sind noch folgende Beträge dem Grunde nach strittig: Kosten der Anbringung der Wärmedämmung im Keller 125.000 S, Schalldämmungskosten 27.600 S, Kosten für die Herstellung eines zweiten Kamins 30.000 S, Kosten des Einbaues einer zusätzlichen Elektroheizung im 1. Obergeschoß 7.200 S, Behebungskosten in Ansehung des sich nur lauwarm erwärmenden Heizkörpers im Keller (als Mittelwert) 4.500 S sowie Verlegungskosten für Steckdosen 1.500 S.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache und sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei. Die zweite Instanz billigte die erstgerichtlichen Feststellungen und traf nach Beweisergänzung folgende weitere Feststellungen zur Verjährungsfrage: Der Beklagtenvertreter kündigte in der Besprechung der Streitteile vom 5. April 1989 eine Äußerung der beklagten Partei zu Vorschlägen der Klägerin an, die mit Schreiben des Klagevertreters vom 6. November 1989 urgiert wurden und worin für den Eingang einer Stellungnahme der beklagten Partei eine Frist von vier Wochen vorgemerkt und angekündigt wurde, sonst bleibe der Klägerin nichts anderes übrig, als ihre Ansprüche klagsweise durchzusetzen.

In rechtlicher Hinsicht ging das Berufungsgericht im wesentlichen von folgenden Überlegungen aus: Die beklagte Partei sei passiv legitimiert, weil nach § 96 GmbHG und §§ 219, 234 AktG zu beurteilende Gesamtrechtsnachfolge durch Fusion vorliege. Das Erstgericht habe zu Recht die Berechtigung des Klagsanspruches aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes abgeleitet. Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes könne auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes das Erfüllungsinteresse verlangt werden, wobei jener Schaden zu ersetzen sei, der nach bzw infolge der Behebung von Mängeln verblieben sei. Es könne der Ersatz des Erfüllungsinteresses in Gestalt des Deckungskapitals für den Verbesserungsaufwand auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist, aber innerhalb der Verjährungsfrist des § 1489 ABGB gefordert werden. Eine verjährungsunterbrechende Wirkung müsse auch dann bejaht werden, wenn über ein zunächst berechtigt gewesenes Feststellungsbegehren aus formalen Gründen (Umstellung zu einem Eventualbegehren) nicht mehr entschieden worden sei. Sowohl das ursprüngliche Begehren (Schadenersatz durch Naturalrestitution) als auch das nunmehrige Begehren (Schadenersatz durch Geldleistung) zielten auf den Ersatz ein- und desselben Schadens ab. Für die bloße Minderung der Wohnqualität durch die Bau- und Reinigungsarbeiten als nicht ersatzfähigen immateriellen Schaden würde zwar kein Schadenersatz gebühren, doch insoweit liege eine gehörig ausgeführte Rechtsrüge nicht vor. Den sie treffenden Entlastungsbeweis iS des § 1298 ABGB habe die beklagte Partei nicht erbracht; mit dem Vorbringen, sich zur Planung und Errichtung des Wohnbauprojektes befugter Gewerbsleute bedient zu haben, sei es nicht getan. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Personen, deren sich die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei bei der Planung und Herstellung des Kaufobjektes bedient habe, als Erfüllungsgehilfen iS des § 1313 a ABGB anzusehen seien. Die Verkäuferin sei eine Wohnbaugesellschaft, bei welcher davon auszugehen sei, daß sie über einen technischen Stab verfüge. Es könne daher zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß bei einer entsprechenden Organisation des Betriebes die zu den Mängeln führenden Fehlplanungen und Fehlausführungen erkennbar gewesen oder sogar erkannt worden seien, ohne daß entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen worden seien. Diese Zweifel gingen aber nach der Beweislastverteilung des § 1298 ABGB zu Lasten der beklagten Partei. Die Klägerin habe den ihr obliegenden Beweis der objektiven Fehlerhaftigkeit und somit eines objektiven Vertragsverstoßes erbracht.

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei, die von der Klagsforderung nur einen Teilbetrag von 70.112,40 S (sechs Teilforderungen) als gerechtfertigt erachtet (ON 29 AS 372) und infolge ihrer unangefochten mit 90.158 S festgestellten Gegenforderung die gänzliche Klagsabweisung anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Die von der beklagten Partei gerügte Aktenwidrigkeit (§ 503 Z 3 ZPO) ist nach ständiger Rechtsprechung nur gegeben, wenn ein Widerspruch zwischen dem Akteninhalt und der darauf beruhenden - wesentlichen - Tatsachenfeststellung im Urteil, der nicht Ergebnis eines richterlichen Werturteils ist, vorliegt. Sobald dieser Widerspruch seine Ursache nicht im Übertragungsvorgang hat, sondern vom Ergebnis von Schlußfolgerungen des Richters ist, liegt keine Aktenwidrigkeit vor. Soweit ein solcher Fehler in der Wertung tatsächlicher Feststellungen liegt, ist er unrichtige Beweiswürdigung (Fasching, Lehrbuch2 Rz 1771). Hier stellen die Erwägungen der zweiten Instanz (ON 29 AS 342, 344), daß sich die Feststellungen der Erstrichterin zur Schadenshöhe von 125.000 S ohnehin nur auf den Hobbyraum und nicht auf den ganzen Keller beziehen, eine derartige Wertung bei Erledigung der Beweisrüge der beklagten Partei dar, weil der Sachverständige - offenbar abweichend von seinem schriftlichen Gutachten ON 11 - bei der Verhandlungstagsatzung vom 19.März 1991 ON 15 aussagte, mit dem Betrag von 125.000 S wäre eine Sanierung möglich ..., sodaß dieser Raum für Wohnzwecke verwendet werden kann. Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein weiteres Eingehen dazu, ungeachtet des mit dem Rechtsmittel vorgelegten Schreibens des Sachverständigen Dipl. Ing. Peter T***** vom 19.Oktober 1992, verwehrt.

b) Die beklagte Partei erachtet den Zuspruch der Schalldämmungskosten in Höhe von 27.600 S deshalb als nicht gerechtfertigt, weil sie sich zwar zur Planung und Errichtung der Wohnhausanlage, nicht jedoch zur Erfüllung der der Klägerin vertraglich geschuldeten Leistung (Übergabe eines mängelfreien Reihenhauses aufgrund eines Kaufvertrages) Fachfirmen bedient habe; den mit der Planung und Errichtung des Gebäudes befaßten Gewerbsleuten komme daher nicht Erfüllungsgehilfeneigenschaft zu.

Diesen Ausführungen kommt Berechtigung nicht zu. Die Klägerin macht gegen die beklagte Partei einen Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung (fehlende Herstellung eines zweiten Kamins) und Schlechterfüllung des Kaufvertrages über ein Wohnungseigentums-Reihenhaus geltend. Nach nun ständiger Rechtsprechung besteht beim Werkvertrag volle Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatz (verstärkter Senat SZ 63/37 = JBl 1990, 648 mit Anm von Reischauer = EvBl 1990/129 = RdW 1990, 153 = ecolex 1990, 279; ecolex 1993, 377; JBl 1992, 245 ua: Koziol-Welser, Grundriß9 I 271). In der Entscheidung JBl 1990, 792 = ecolex 1990, 474 = RdW 1990, 375 wurde der Rechtssatz über die Konkurrenz von Gewährleistung und Schadenersatz auch auf Kaufverträge erstreckt.

Wer mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung der diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird, ist Erfüllungsgehilfe iS des § 1313 a ABGB. Normzweck dieser Bestimmung ist, daß der, der den Vorteil der Arbeitsteilung in Anspruch nimmt, auch das Risiko tragen soll, das an seiner Stelle der Gehilfe schuldhaft rechtlich geschützte Interessen des Gläubigers verletzt (WBl 1988, 403; Koziol, Österr. Haftpflichtrecht2 II 336). Nach herrschender Auffassung ist für die Beurteilung der Gehilfenhaftung nach § 1313 a ABGB maßgebend, ob der Gehilfe bei der Verfolgung der Interessen des Schuldners tätig war, das heißt, ob er in das Interessenverfolgungsprogramm des Schuldners und damit in seinen Risikobereich einbezogen war (WBl 1988, 403; Reischauer in Rummel 2, Rz 2 und 6 zu § 1313 a ABGB). Beim Kauf verpflichtet sich der Verkäufer - anders als beim Werkvertrag - nicht zur Erzeugung der Ware, sondern nur zur Beschaffung derselben. In der Entscheidung SZ 54/116 wurde demgemäß der Produzent nicht als Erfüllungsgehilfe des Händlers, der Waren beim Produzenten bezogen hatte, angesehen. Gleiches gilt für den Kauf von Waren bei einem Produzenten, der sich bei der Herstellung der Waren eines Zulieferers von Rohstoffen oder Bestandteilen bedient; auch hier ist der Zulieferer in der Regel nicht Erfüllungsgehilfe des Produzenten (JBl 1988, 650; 3 Ob 550/91).

Der vorliegende Vertrag kann nicht als Bauträgervertrag qualifiziert werden, für den kennzeichnend ist, daß der Bauträger auf einem Grundstück, das nicht dem Betreuten gehört, im eigenen Namen, aber für Rechnung des Betreuten ein Bauwerk errichtet, das der Betreute dann erwirbt (Krejci in Rummel 2 Rz 25 zu §§ 1165, 1166 ABGB). Zunächst wurde in dem mit der Klägerin abgeschlossenen Vertrag ausdrücklich vereinbart, daß der Verkäufer das Bauwerk für eigene Rechnung errichtet, zudem kann auch nicht gesagt werden, daß nach der Vertragsgestaltung Elemente spezifischer Herstellung für den Betreuten überwiegen, was die Einordnung des Bauträgervertrages als Werkvertrag rechtfertigt (Krejci aaO). Das Vertragswerk ist auch nicht als Generalunternehmervertrag zu beurteilen, zumal für den Generalunternehmer kennzeichnend ist, daß er - wie der Bauträger - zwar im eigenen Namen, aber auf dem Grund des Bauherrn baut (Krejci aaO Rz 44). Es liegt aber auch nicht einer jener typischen Kaufverträge vor, bei denen der Verkäufer die zu verkaufende Ware von einem Dritten erwirbt, der sie selbst oder durch Gehilfen herstellen ließ: bei dieser Fallgestaltung kann der Lieferant, wie bereits dargestellt, nicht als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers beurteilt werden. Hier hat sich die Verkäuferin im Vertrag mit der Klägerin aber ausdrücklich zur Herstellung des Bauwerks verpflichtet, das sie dann mit einem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft der Klägerin ins Eigentum übertrug. Die Verkäuferin übernahm damit eine spezifische Herstellungspflicht, wie sie auch für den Werkvertrag kennzeichnend ist. Dann ist es aber, wie auch beim Werkvertrag, nicht entscheidend, ob die Herstellungspflicht selbst oder durch Heranziehung anderer Unternehmer erfüllt wird. Hat der Verkäufer auch die Herstellungspflicht übernommen, hat er die Sache unter seiner Verantwortung herzustellen bzw herstellen zu lassen (vgl § 1165 ABGB). Die vom Verkäufer, der selbst die Herstellungspflicht übernommen hat, zur Erfüllung dieser Verpflichtung herangezogenen Personen sind dann aber Erfüllungsgehilfen, für deren Verschulden der Verkäufer gemäß § 1313 a ABGB einzustehen hat. Es kommt dann aber nicht darauf an, ob die beklagte Partei nur die Planung der Wohnhausanlage selbst durchführte und sich zur Ausführung derselben befugter Gewerbsleute bediente. Gegen die Art der Schadensberechnung und die Höhe des Schadens der Klägerin wird im Rechtsmittel nichts vorgetragen.

c) Der Rechtsmittelvorwurf der beklagten Partei, die klagende Käuferin habe das Vorliegen eines Mangels der Heizung nicht bewiesen, weshalb sich die Erbringung eines Entlastungsbeweises durch die beklagte Partei nach § 1298 ABGB erübrige, übersieht, daß das Berufungsgericht die Feststellung des Erstgerichtes übernahm, die Heizung sei mangelhaft, weil im 1. Obergeschoß im westlichen Schlafzimmer die Bodenheizung nur eine Raumtemperatur von 16 bis 17 Grad bewirke, in anderen Räumen die Heizung aber einwandfrei funktioniere und Einstellversuche der Heizung erfolglos geblieben seien. Damit ist von der Klägerin der Beweis eines Funktionsmangels der Heizung, unabhängig von den nicht genau feststellbaren Ursachen, erbracht (§ 1296 ABGB), weil beim objektiv fehlerhaften Zustand der Schlechterfüllung zumindestens prima facie von einem wenigstens sorgfaltswidrigen Verhalten auf Schädigerseite iS einer Rechtswidrigkeitsvermutung auszugehen ist (ecolex 1993, 733 mit Anm von Wilhelm; vgl dazu auch Wilhelm, Wieder Verwirrung um § 1298 ABGB in ecolex 1993, 73). Für den Nachteil, der in der Mangelhaftigkeit der Sache selbst liegt, entfällt in der Regel ein besonderer Kausalitätsbeweis, weil der Schaden eben schon in der mangelhaften Leistung (hier: mangelhaften Heizleistung) liegt (Welser, Schadenersatz statt Gewährleistung 54). Der beklagten Partei fällt damit für den Schaden kausales, rechtswidriges Verhalten bei der Vertragserfüllung zur Last. Den Beweis, dafür mangels Verschuldens nicht einstehen zu müssen, hat sie nicht erbracht (§ 1298 ABGB). Gegen die Art der Schadensberechnung und die Höhe des Schadens wird nichts vorgetragen.

d) Die außerordentliche Revision führt weiters ins Treffen, aus der Nichterrichtung des zuerst vorgesehenen zweiten Kamins sei der Klägerin kein Schaden entstanden, der fehlende Kamin habe den Verkehrswert des Reihenhauses nicht gemindert.

Der erkennende Senat erachtet es als sachgerecht, wenn von der Verkäuferin die Herstellung eines zweiten Kamins zugesagt, aber vertrags- und damit rechtswidrig nicht ausgeführt wurde, daß die Klägerin Anspruch darauf hat, vermögensmäßig so gestellt zu werden, wie sie stünde, hätte die Verkäuferin die ihr obliegende Verpflichtung erbracht. Von den Tatsacheninstanzen wurden die dazu notwendigen Kosten mit mindestens 50.000 S festgestellt, sodaß der Zuspruch von 30.000 S als Deckungskapital des Verbesserungsaufwandes (ecolex 1990, 677; 1993, 377) keinen Bedenken begegnet. Der Einwand der beklagten Partei, der Anspruch der Klägerin müsse schon daran scheitern, daß sie gar keinen Schaden erlitten habe, ist nicht gerechtfertigt. Gewiß setzt der Schadenersatzanspruch voraus, daß überhaupt ein Schaden eingetreten ist, so daß der Erfüllungsanspruch, der ohne Rücksicht darauf gebührt, ob die Erfüllung dem Gläubiger nützt nicht mit dem Schadenersatzanspruch gleichgesetzt werden kann, ohne daß geprüft wird, ob das Ausbleiben dem Gläubiger schadet (so Welser, Schadenersatz statt Gewährleistung, 31 FN 109). Grundsätzlich kann daher nur die Differenz zwischen dem objektiven Wert der mangelhaften und dem objektiven Wert der mangelfreien Sache begehrt werden (Welser aaO 30). Wird durch eine notwendige Reparatur nicht nur der vor der Schädigung entstandene Zustand wiederhergestellt, sondern gleichzeitig, weil dieselbe Reparatur auch ohne das schadensstiftende Ereignis hätte vorgenommen werden müssen, über die Naturalherstellung hinaus eine Verbesserung der beschädigten Sache bewirkt, so besteht der Schaden nur in der Differenz zwischen dem auch ohne das Schadensereignis verminderten Verkehrswert und dem durch das schädigende Ereignis noch weiter verringerten Verkehrswert, nicht aber in Höhe der vollen Reparaturkosten (JBl 1990 718 mit Anm Christian Huber). Damit soll eine Bereicherung des Geschädigten vermieden werden. Im vorliegenden Fall des Verkaufes eines neu errichteten Hauses kommt dieser Gedanke der ungerechtfertigten Besserstellung des Gläubigers nicht zum Tragen. Es bedarf aber auch nicht einer Ermittlung einer Wertdifferenz zwischen einem Haus mit einem und einem Haus mit zwei Kaminen. Sofern es sich nicht um einen sinnlosen Aufwand handelt, schlägt sich der Aufwand, der zur Erbringung der ausgebliebenen Leistung (hier des zweiten Kamins) erforderlich ist, in einer erhöhten Gebrauchstauglichkeit nieder, um deretwillen der Aufwand getätigt wird. Der Schaden liegt dann im Verlust der Gebrauchstauglichkeit. Wenn aber ein Aufwand in bestimmter Höhe erforderlich ist, um die Gebrauchstauglichkeit herbeizuführen, so ist dieser Aufwand zugleich Schaden, wenn die vertragsmäßig zugesagte Leistung unterbleibt. Auf das von Welser aaO 27 und Anm zu ecolex 1993, 377 erörterte Problem des Primats der Naturalrestitution ist hier allein schon deshalb nicht einzugehen, weil die beklagte Partei, wie der Verfahrensgang zeigt, zu einer Naturalrestitution nicht bereit ist.

e) Vergleichsverhandlungen bis zum Ablauf der Verjährungsfrist - auch der nach § 1489 ABGB - rechtfertigten nach der älteren Rechtsprechung gegenüber der Verjährungseinrede die Replik der Arglist. Nach der neueren Rechtsprechung liegt eine Ablaufhemmung eigener Art vor; gehemmt wird das „Zuendegehen“ der Verjährungsfrist. Scheitern Vergleichsverhandlungen nach einem Zeitpunkt, in dem ohne sie der Rechtsverlust bereits eingetreten wäre, tritt Verjährung dann nicht ein, wenn die Klage unverzüglich, das heißt in angemessener Frist, eingebracht wird (ZVR 1990/51; JBl 1989, 460; SZ 58/58 uva; Schubert in Rummel 2, Rz 2 zu § 1501 ABGB). Der Forderungsberechtigte kann in diesem Fall nach Treu und Glauben und nach der Übung des redlichen Verkehrs darauf vertrauen, daß im Fall des Scheiterns der Vergleichsverhandlungen seine Ansprüche in einem späteren Prozeß nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden. Unbestritten dauerten die Vergleichsverhandlungen der Rechtsvertreter der Streitteile über die bestehenden Mängel des Hauses und eine Gesamtbereinigung bis 28. November 1989. In der Entscheidung 4 Ob 335/80 wurde ein Fortsetzungsantrag zwei Monate nach Ablehnung des Vergleichsanbotes in diesem Sinne als rechtszeitig beurteilt. Eine Frist von zwei Monaten ist bei der gegebenen Sachlage und unter Berücksichtigung der Weihnachts- und Neujahrsferien nicht unangemessen, sodaß mit der am 23. Jänner 1990 eingebrachten Klage die beklagte Partei „unverzüglich“ belangt wurde.

Das letzte Anbot der beklagten Partei diente einer Gesamtbereinigung. Es ist weder von der beklagten Partei im Verfahren erster Instanz behauptet, noch von den Tatsacheninstanzen festgestellt worden, daß Klagsteilforderungen wie etwa die über den Schaden der Klägerin wegen der fehlenden Schalldämmung zwischen ihrem Reihenhaus und dem Nachbarhaus top 12 von dieser Gesamtbereinigung ausgenommen sein sollte oder in diesen Vergleichsverhandlungen nur über Gewährleistungsansprüche verhandelt und somit die Schadenersatzfrist nicht verlängert worden wäre. Daher sind weder die Klagsteilforderungen betreffend die fehlende Schalldämmung zwischen den Reihenhäusern top 11 und 12, noch betreffend die Kosten der Errichtung eines zweiten Kamins oder die Verlegung der Steckdosen verjährt.

Ob die schadenersatzrechtliche Verjährungsfrist des § 1489 ABGB für jeden Mangel(schaden) gesondert und damit zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnt, stellt sich damit nicht mehr.

Der außerordentlichen Revision ist nicht Folge zu geben. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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