OGH 6Ob521/81

OGH6Ob521/8127.8.1981

SZ 54/116

Normen

ABGB §1295
ABGB §1299
ABGB §1295
ABGB §1299

 

Spruch:

Den Händler trifft seinen Kunden gegenüber die Pflicht zur Kontrolle der gehandelten Ware und zur notwendigen Aufklärung nach dem Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB. Er kann sich aber in der Regel auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der vom Produzenten gegebenen Hinweise und Gebrauchsanweisungen verlassen

OGH 27. August 1981, 6 Ob 521/81 (OLG Linz 1 R 174/80; LG Salzburg 9 Cg 441/78)

Text

Der Kläger begehrte von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von 162 846.45 S samt Nebengebühren. Er habe 1975 bei der Beklagten einen serienmäßig mit einer vollautomatischen R-Anhängerkupplung ausgerüsteten LKW gekauft. 1977 habe sich wegen eines Konstruktionsfehlers dieser Kupplung ein Anhänger vom LKW gelöst und sei umgestürzt. Das Verschulden der Beklagten liege darin, daß sie mit der Anhängerkupplung ohne entsprechende Prüfung eine mangelhafte Ware und ein insoweit nicht betriebsbereites Fahrzeug verkauft habe, wobei sich schon vorher mit solchen Kupplungen ähnliche Vorfälle ereignet gehabt hätten und die Verkäuferin daher besondere Sorgfalt hätte anwenden müssen. In der von der Beklagten übergebenen Betriebsanleitung sei kein Hinweis darauf enthalten, daß drei Befestigungsschrauben an dieser Kupplung, welche sich vor dem Unfall von selbst gelöst und so das Freiwerden des Anhängers bewirkt hätten, besonders bedeutsam seien und daher wegen ihres Halts besonders überwacht und gegebenenfalls nachgezogen werden müßten. Die Beklagte hätte wegen der genannten früheren Vorfälle die Betriebsanleitung entsprechend ergänzen müssen. Schließlich ergebe sich die Haftung der Beklagten aus den vertraglichen Sorgfaltspflichten mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Ein etwa im Kaufvertrag enthaltener Ausschluß von Schadenersatzansprüchen wäre wegen Verstoßes gegen den redlichen Geschäftszweck sittenwidrig.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, sie habe die Anhängerkupplung nicht erzeugt und nicht montiert; vielmehr habe es sich um eine von der Firma R erzeugte Kupplung gehandelt, welche von der Herstellerin des LKW, der Firma D AG in der Bundesrepublik Deutschland auf das Fahrzeug montiert und der Beklagten dann so geliefert worden sei. Es hätten sich noch keine auf Mängel der Kupplung zurückzuführende Schadensereignisse ergeben. Die Kupplung sei in Österreich behördlich typisiert und zugelassen worden. Die Beklagte habe daher keinen Anlaß zu besonderen Überprüfungen und Warnungen oder zu Ergänzungen der Betriebsanleitung gehabt. Der Unfall sei nicht etwa auf einen Mangel der Kupplung, sondern auf unsachgemäße Bedienung sowie mangelhafte Behandlung durch den Kläger und auf besondere äußere Einwirkungen zurückzuführen, wobei dem Kläger bei gehöriger Sorgfalt auch ein Lockern von Befestigungsschrauben hätte auffallen müssen, weil dies ein längerdauernder Vorgang gewesen sein müsse. Im übrigen sei mit dem Kaufvertrag ein Ausschluß von Schadenersatzansprüchen zumindest bei Fehlen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit vereinbart worden. Einzelne geltend gemachte Ansprüche seien überhöht.

Die Firma R trat dem Rechtsstreit auf der Seite der Beklagten als Nebenintervenientin bei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging von folgendem Sachverhalt aus: Der Kläger bestellte am 1. Dezember 1975 von der Beklagten in deren Zweigniederlassung in Linz einen am 23. Dezember 1975 ausgelieferten LKW der Herstellerfirma D AG mit einer R-Anhängerkupplung der Type G. Die Beklagte ist lediglich Händlerin und Importeurin. Der Kläger wußte, daß die R-Kupplung nicht von der Firma D AG, welche die Montage vornahm, sondern von der Firma R hergestellt wurde. Er hatte bei seinen anderen Fahrzeugen mit dieser Kupplung gute Erfahrungen gemacht und vertraute diesem Namen. Das Fahrzeug war zusammen mit der Kupplung bereits vom Landeshauptmann für Oberösterreich typisiert und zum Verkehr zugelassen worden. Der Kupplung dieser Type war vom Kraftfahr- Bundesamt in Flensburg im Jahre 1969 mit späteren Nachträgen die "allgemeine Bauartgenehmigung" erteilt worden. In der schriftlichen Bestellung vom 1. Dezember 1975 sind die Liefer- und Verkaufsbedingungen der Beklagten enthalten, deren Punkt VI. 7 lautet: "Weitergehende Gewährleistungsansprüche sind ausgeschlossen, insbesondere solche auf Wandlung, Minderung und Schadenersatz." Der Kläger las diese Bedingungen nicht durch, kannte jedoch die Gewährleistungsbedingungen, insbesondere, daß die Gewährleistung nach einer Gesamtfahrleistung von 100 000 Kilometern erlösche. Mit der Übergabe des Fahrzeuges erhielt der Kläger die von der Firma D AG herausgegebene Betriebsanleitung, worin es hinsichtlich des Ankuppelns heißt: "Nach dem Ankuppeln richtigen Sitz des Kupplungsbolzens der Anhängerkupplung an der entsprechenden Sicherung oder Kontrollanzeige (Taststift oder Sicherungsknopf) nachprüfen." Ein Hinweis darauf, daß die drei Schrauben, welche das Sperrgehäuse festhalten, zu überprüfen seien, war darin nicht enthalten. Die Kupplung wurde vom Fahrer des Klägers, Alois K, regelmäßig gewaschen und geschmiert. Eine Überprüfung der drei Schrauben, welche das Sperrgehäuse festhalten, wurde nicht vorgenommen. Beim letzten Ankuppeln des Anhängers vor dem Unfall kontrollierte Alois K, ob der Kuppelbozen eingerastet und der Taststift zur Gänze verschwunden war. Es fiel ihm nicht auf, daß sich etwa das Sperrgehäuse der Kupplung beim Ankuppeln etwas gehoben hätte. Sodann wurde mit dem LKW-Zug eine Strecke von rund 500 km bis in die Gegend Frankfurt am Main zurückgelegt, wobei auch gebremst werden mußte und "ein Schub des Anhängers entstand". Ein gegen Alois K wegen des Unfalles in der Bundesrepublik Deutschland eingeleitetes Strafverfahren wurde eingestellt. Bei der R-Kupplung kann es zu einer Belastung des Sperrgehäuses und mit zunehmendem Verschleiß der oberen Büchse und in der Bohrung des oberen Lappens zu einer verstärkten Lastverlagerung auf das Sperrgehäuse kommen. Die Situation verschlechtert sich dann ganz besonders, wenn die Bohrung im oberen Lappen durch Verschleiß ausgeweitet wird. Dadurch wird nämlich das Sperrgehäuse nicht nur durch das obere Ende des Kupplungsbolzens belastet, sondern auch durch den Zentriersatz der oberen Büchse. Die Belastung muß dann über die Befestigungsschrauben des Sperrgehäuses geführt werden. Für diese Lasten sind diese Schraubverbindungen aber nicht bestimmt und auch nicht geeignet. Bei der Kupplung sind zwar zwei Sicherungen gegen das Öffnen der Kupplung vorhanden, welche bewirken, daß der Bolzen nicht in das Sperrgehäuse einfahren und damit die Zugöse freigeben kann. Lösen sich aber die drei Befestigungsschrauben des Sperrgehäuses, dann kann der Kupplungsbolzen auch bei ordnungsgemäß eingekuppelter Kupplung gemeinsam mit dem Sperrgehäuse aus den Büchsen nach oben ausfahren und sich dadurch die Zugöse aus der Kupplung lösen. Zur Verhinderung der Lösung des Kupplungsbolzens gemeinsam mit dem Kupplungsgehäuse sind bei der gegenständlichen Konstruktion nur die drei Befestigungsschrauben vorhanden, welche bloß durch Federringe gesichert sind. Die Verwendung von Federringen als Sicherung für die drei Schrauben zur Befestigung des Sperrgehäuses ist eine unzweckmäßige Sicherung und entspricht heute nicht mehr dem Stand der Technik. Die Konstruktion entspricht nicht den Anforderungen, welche die Herstellerfirma selbst aufstellt. Die Toleranzen sind so gewählt, daß auch bei zeichnungsgerechter Ausführung das Sperrgehäuse durch den Kupplungsbolzen belastet wird. Die genaue Ursache des Lösens des Anhängers konnte nicht mehr festgestellt werden. Die größte Wahrscheinlichkeit für das Lösen liegt darin, daß durch ungeeignete Sicherung, unterstützt durch Vibration am Fahrzeug und dadurch, daß der Kupplungsbolzen jedenfalls durch das entstandene Spiel in den Bohrungen des Lappens und der Büchse Längskräfte auf das Sperrgehäuse übertrug, eine Lockerung der drei genannten Schrauben eintrat, wobei diese Schrauben auch durch den Ein- und Auskupplungsvorgang gelockert wurden. Waren nur zwei der drei Schrauben beim Einkuppeln vor der letzten Fahrt nicht mehr im Gewinde im Eingriff, dann ist es möglich, daß das Sperrgehäuse beim Einkuppeln abhob und so der Kupplungsbolzen nicht mehr oder nur mehr in einem geringen Maß in die untere Büchse einfuhr. War nun die dritte Schraube stark gelockert, dann war der durch die Zugöse aufgebrachten lotrechten Kraft nur das Gewicht des Sperrgehäuses samt Einbauten entgegengerichtet. Dieses Gewicht ist nicht sehr groß, weshalb das Gehäuse mit Fortschreiten der Lockerung der dritten Schraube nach oben derart stark abgehoben werden konnte, daß der Kupplungsbolzen aus der unteren Büchse endgültig freikam, die letzte Befestigungsschraube endgültig aus dem Gewinde herausgerissen wurde und sich der Anhänger vom Zugfahrzeug löste. Die Kupplung war in einem sehr schlechten Wartungszustand. Wesentliche Bauteile waren bereits derart verschlissen, daß sie bei ordnungsgemäßer Wartung schon geraume Zeit vor dem Unfall ersetzt gehört hätten. Nur einem entsprechend qualifizierten und gewissenhaften Fahrer hätte auffallen müssen, daß zwischen Gehäuseflansch und oberem Lappen ein Spalt vorhanden war. Einem "normalen Kraftfahrer" hätte dies nicht auffallen müssen, da für die gegenständliche Kupplung keine diesbezügliche Vorschrift besteht und auch bei der Ausbildung zum Kraftfahrer auf diese Schrauben nicht besonders hingewiesen wird. Der Beklagten war ein Bericht aus der Verkehrsrundschau 1966 bekannt. Aus diesem Bericht ergibt sich jedoch, daß der Fahrer die Schrauben des Sperrgehäuses gelöst und vergessen hatte, diese drei Schrauben wieder richtig festzuziehen. Dem Bericht ist nicht zu entnehmen, daß sich die vom Herstellermerk Firma R angezogenen Schrauben des Sperrgehäuses von selbst gelöst hätten. Den Angestellten der Beklagten Erwin W und Gottfried W war nicht bekannt, daß bestimmte Anhängerkupplungen der Firma R von der Firma D AG nicht montiert würden und sie äußerten sich auch nicht in dieser Richtung gegenüber dem Kläger.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflicht der Beklagten als Händlerin, wenn man verlangte, ihr hätte der Konstruktionsfehler der gegenständlichen Anhängerkupplung auffallen oder sie hätte auf eine Ergänzung der Betriebsanleitung in der Richtung drängen müssen, daß auch die drei Befestigungsschrauben bezüglich des Sperrgehäuses der Kupplung überprüft bzw. nachgezogen werden müßten. Ein Verschulden der Beklagten sei jedenfalls nicht nachgewiesen. Auch aus der Produzentenhaftung und dem Gedanken von Schutz- und Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter sei für den Prozeßstandpunkt des Klägers nichts zu gewinnen, weil der Kläger nicht den Produzenten, sondern den Händler belangt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen aus: Auf diese Rechtssache sei österreichisches Recht anzuwenden. Das IPR-Gesetz sei noch nicht heranzuziehen. Ohne Bedeutung sei, daß sich der Unfall im Ausland ereignet und es sich um eine im Ausland hergestellte Ware gehandelt habe, denn die Ansprüche würden aus einem zwischen inländischen Unternehmen im Inland abgeschlossenen Kaufvertrag abgeleitet. Der Kläger mache einen sogenannten Mangelfolgeschaden geltend. Grundsätzlich käme ein Schadenersatzanspruch in Betracht, wenn durch den Kaufgegenstand (oder im Zusammenhang mit der Erfüllung des Kaufvertrages) ein Schaden verursacht werde und dazu ein rechtswidriges schuldhaftes Verhalten des Verkäufers vorliege. Dementsprechend habe der Kläger den behaupteten Anspruch ausdrücklich auf ein Verschulden der Beklagten gestützt. Ein solches liege aber nicht vor. Da sich dies auf Grund der erstinstanzlichen Feststellungen ohnehin ergäbe, sei nicht bedeutsam, wen die Beweislast für das Verschulden oder die Schuldlosigkeit (§ 1298 ABGB) treffe. Ein Verschulden der Beklagten sei weder im Verkauf der gegenständlichen Anhängerkupplung noch in der Übergabe der von der D AG herausgegebenen Betriebsanleitung zu erblicken. Sowohl bei der Firma D AG als auch bei der Firma R habe es sich um namhafte Unternehmungen auf ihren Fachgebieten gehandelt; derartige Kupplungen seien offenbar schon seit langem in großer Zahl und mit großem Verbreitungsgebiet verwendet worden. Auch der Kläger habe damit gute Erfahrungen gemacht. Jedenfalls habe es sich um eine serienmäßig hergestellte Anhänger-Kupplung gehandelt, welche sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in Österreich im Hinblick auf den Kraftfahrzeugverkehr ordnungsgemäß behördlich genehmigt und zugelassen gewesen sei. Daß es mit dieser Kupplung anderwärts bedenkliche Anstände gegeben hätte, sei nicht hervorgekommen, wobei der in der Verkehrsrundschau 1966 veröffentlichte und der Beklagten bekanntgewesene Fall wegen des dortigen Verhaltens des Fahrers bei der Beklagten keine Bedenken hinsichtlich der Konstruktion selbst und bezüglich der Betriebsanleitung habe bewirken müssen. Im Regelfall hafte der Verkäufer einer Handelsware, welcher nicht deren Hersteller sei, dem Käufer für einen allfälligen Folgeschaden aus einem Herstellungsmangel nicht. Auf Fragen der Haftung des Herstellers brauche nicht weiter eingegangen werden, weil die Beklagte nicht Herstellerin der Kupplung gewesen sei. Auch der Gedanke vertraglicher Sorgfaltspflichten mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sei hier nicht heranzuziehen, weil der Kläger als Käufer in der Beziehung zur Beklagten als Verkäuferin nicht Dritter, sondern unmittelbarer Vertragspartner gewesen sei. Es wäre nicht richtig, etwa den Erzeuger als bloßen Erfüllungsgehilfen des Verkäufers anzusehen, sodaß der Verkäufer für ein Verschulden des Erzeugers zu haften hätte, weil es sich um selbständige Kaufverträge zwischen dem Erzeuger und Händler einerseits sowie dem Händler und dem Letztverbraucher andererseits handle. Da ein Verschulden und eine Haftung der Beklagten nicht gegeben seien, käme auch der Bestimmung des Punktes VI. 7 der Vertragsbedingungen keine Bedeutung zu.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wenn der Kläger die Auffassung vertritt, daß der Verkäufer dem Käufer für fehlerhafte Produkte, von welchen Produzenten diese auch immer stammen mögen, voll einzustehen habe und damit offensichtlich meint, der Verkäufer hafte uneingeschränkt auch für die durch ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten des Produzenten verursachte Mängelfolgeschäden, kann ihm nicht zugestimmt werden. Da jeder grundsätzlich bloß für das eigene, nicht aber für das fremde Verhalten einzustehen hat, kommt nur in den gesetzlich geregelten Fällen eine Haftung für fremdes Verschulden in Betracht (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 259; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[5] I, 372). Es wurde zwar vereinzelt die Auffassung vertreten, daß der Produzent Erfüllungsgehilfe des Händlers im Sinne des § 1313a ABGB sei und dieser daher für das Verschulden des Produzenten hafte (Reischauer, Der Entlastungsbeweis des Schuldners, 249 ff.), doch ist diese Auffassung nach herrschender Meinung abzulehnen (VersR 1959, 259; VersR 1962, 480; JBl. 1979, 653; Koziol, Grundfragen der Produkthaftung, 12 mit weiteren Literaturangaben). Dabei wird nicht übersehen, daß durch die Bejahung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Erzeugers die vom Kläger in der Revision dargestellten Schwierigkeiten, den Ersatzpflichtigen zu finden - diese Schwierigkeiten hebt besonders Reischauer a.a.O. hervor -, vermieden würden. Trotzdem muß aber nach der herrschenden Auffassung dieser Lösungsversuch abgelehnt werden, weil den Händler - wie noch näher auszuführen sein wird - die Pflicht zur Kontrolle nur in sehr eng begrenztem Umfang trifft. Es bleibt daher nur zu prüfen, ob die Beklagte für den geltend gemachten Mangelfolgeschaden haftet, ob ihr infolge Handelns ihrer Organe (Koziol - Welser a.a.O., 64) oder jener Personen, deren sie sich zur Erfüllung ihrer gegenüber dem Kläger übernommenen Pflichten als Erfüllungsgehilfen (§ 1313a ABGB) bedient hat, ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten anzulasten ist. Nur dann käme gemäß § 932 Abs. 1 letzter Satz und den §§ 1295 ff. ABGB eine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Kläger in Betracht. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte als Händlerin dem Kläger bloß für die Erfüllung der sie als solche treffenden Pflichten haftet. Es kann sich dabei nur um die Pflicht zur Kontrolle der gehandelten Ware und zur notwendigen Aufklärung handeln (Koziol, Grundfragen der Produkthaftung, 11 f.; Purtscheller in Kramer - Mayrhofer, Konsumentenschutz, 76; 1 Ob 775/80). Für den Sorgfaltsmaßstab des Händlers ist dabei § 1299 ABGB maßgebend, wonach der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad der Aufmerksamkeit entscheidend ist. Es kommt also nicht auf den Sorgfaltsmaßstab des Durchschnittsmenschen, sondern auf die übliche Sorgfalt jener Personen an, die derartige Tätigkeiten ausüben (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 149). Während es sonst bei der Prüfung der Frage, ob jemandem ein Schuldvorwurf gemacht werden kann, auf die subjektiven Fähigkeiten und Kenntnisse ankommt, führt § 1299 ABGB für die vom Sachverständigen geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse einen objektiven Maßstab ein (SZ 49/47; Koziol a.a.O.). Entscheidend ist also der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe (vgl. Staudinger, BGB[12], RZ 18 zu § 276). Das Ausmaß der Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden. Es wäre wirtschaftlich sinnlos, wenn nicht nur der Fabrikationsbetrieb, sondern jeder einzelne Zwischenhändler kostspielige Maßnahmen zur Kontrolle der Produkte treffen müßte (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 174; Purtscheller a.a.O., 74). Der Händler muß sich insoweit regelmäßig auf die ihm vom Produzenten gegebenen Hinweise verlassen können, sofern er nicht auf Grund der ihm bereits bekanntgewordenen Schadensfälle Zweifel an der Richtigkeit der Angaben haben muß (SZ 49/14; JBl. 1979, 653; 1 Ob 775/80; Schmidt - Salzer, Produkthaftung, 122). Auch hinsichtlich der Gebrauchsanleitung muß es in der Regel genügen, wenn der Händler die Gebrauchsanweisung des Herstellers dem Käufer weitergibt, soweit er nicht aus ihm bereits bekanntgewordenen Schadensfällen Zweifel an der Richtigkeit derselben haben muß oder sich aus seiner Kenntnis des individuellen Verwendungszweckes seines Abnehmers Hinweispflichten ergeben (vgl. Schmid - Salzer a.a.O., 99).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß die Vorinstanzen zu Recht ein Verschulden der Beklagten verneint haben. Sie war nämlich entgegen der vom Kläger in der Revision vertretenen Auffassung nicht zu einer "genauesten Überprüfung des Produktes selbst, der Pläne und der Betriebsanleitung" verpflichtet. Sie konnte sich vielmehr, weil - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - auch aus dem Bericht der Verkehrsrundschau vom März 1966 nichts darüber hervorging, daß sich die Halteschrauben von selbst lösen könnten, auf die Weitergabe des Produktes und der Betriebsanleitung beschränken. Aus den vom Kläger in der Revision zitierten Entscheidungen EvBl. 1969/216 und EvBl. 1963/377 kann nichts gegenteiliges entnommen werden. Die Entscheidung EvBl. 1969/216 betrifft die Haftung eines Lieferanten einer technischen Anlage, wobei er die einzelnen Teile solcher Anlagen bei verschiedenen Firmen einkaufte, die Aufstellung der Montage der Anlagen an Subunternehmer übertrug und nur nachträglich die auftragsgemäße Durchführung dieser Arbeiten überprüfte. Die dazu entwickelten Rechtsgrundsätze können auf die hier zur Entscheidung stehende Frage der Haftung eines Händlers nicht angewendet werden. Bei dem in der Entscheidung EvBl. 1963/377 entschiedenen Fall handelte es sich um die Haftung eines Unternehmers, welcher die Sicherheit eines Frachtführers, der im Auftrag eines anderen Waren vom Werksgelände abtransportierte, zu gewährleisten hatte. Es stand die Frage der Sorgfaltspflicht als vertraglicher Nebenverpflichtung zur Entscheidung, also die Schutzpflicht der Vertragspartei dritten Personen gegenüber, die, ohne selbst Vertragspartner zu sein, der vertraglichen Leistung nahestehen. Der Kläger im vorliegenden Verfahren war jedoch in Beziehung auf die Beklagte Vertragsparnter und nicht Dritter, weshalb schon aus diesem Grund aus den in der genannten Entscheidung angestellten rechtlichen Erwägungen für ihn nichts zu gewinnen ist.

Liegt aber nach diesen Ausführungen trotz der nach § 1299 ABGB zu beurteilenden Sorgfaltspflicht kein Verschulden der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen vor, dann muß dies zur Abweisung der gegen die Beklagte erhobenen Klage führen, wobei ungeprüft bleiben kann, ob eine Klage gegen den Produzenten hätte Erfolg haben können. Ebenso kann bei dieser Sachlage - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Frage der Wirksamkeit eines Verzichtes auf Schadenersatz unerörtert bleiben. Da der Sachverhalt zur Verneinung eines Verschuldens der Beklagten oder ihrer Erfüllungsgehilfen ausreicht, braucht auch auf die vom Kläger aufgeworfene Frage der Beweislastregel des § 1298 ABGB nicht eingegangen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte