Spruch:
Den Produzenten, der Waren in Verkehr bringt, treffen auch für an sich fehlerfreie Produkte, die unter bestimmten voraussehbaren Voraussetzungen gefahrenträchtig sind, sich aus der Unterlassung von Hinweisen auf diese Gefahren ergebende vertragliche Schutzpflichten zugunsten jener Drifter, die durch eine Kette von Kauf- und Werkverträgen über das Produkt als berechtigt ausgewiesen sind.
OGH 4. Feber 1976, 1 Ob 190/75 (OLG Wien 1 R 99/75; HG Wien 11 Cg 56/72)
Text
Die Klägerin begehrt die Bezahlung des Betrages von 198.185 S samt Anhang und die Feststellung, daß die Beklagten zur ungeteilten Hand jenen Schaden zu ersetzen hätten, der in Hinkunft am Hause in Wien 1, L-Gasse 10, durch die metallaggressive Eigenschaft der in diesem Haus eingebauten, von den Beklagten erzeugten Porit-Kombiplatten auftreten werde. Die Klägerin brachte vor: Sie sei Eigentümerin des in ihrem Auftrag von 1965 bis 1967 errichteten Büro- und Geschäftshauses in Wien I, L-Gasse 10. Zur Isolierung der Eisenrohre der im Erdgeschoß des Hauses installierten Heizungs- und Klimaanlage seien sogenannte Porit-Kombiplatten verwendet worden. Diese Platten würden von der Zweitbeklagten erzeugt und vertrieben. Die Erstbeklagte wirke an der Erzeugung dieser Platten dadurch mit, daß sie im Auftrage der Zweitbeklagten die aus einem Poritkern bestehenden Platten mit einer zementgebundenen Holzwollauflage in ihrem eigenen Betrieb beschichte. Die mit dem Bau des Hauses beauftragte U Hoch- und Tiefbau AG habe beim Kauf dieser Platten bei der Baustoffgroßhandlung W und Co. ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Platten zur Isolierung eiserner Heizschlangen verwendet würden und daher diese nicht chemisch angreifen dürfen. Die Firma W und Co. habe sich vor der Lieferung der Platten über die von der Firma U Hoch- und Tiefbau AG geforderte Unschädlichkeit der Platten erkundigt und von beiden Beklagten die Erklärung erhalten, daß die Platten Eisen nicht angreifen. Im Jahre 1970 habe sich herausgestellt, daß die Heizschlangen im Bereich des Parterrelokals Nr. 2 an zahlreichen Stellen durch Korrosion und Lackfraßbildung an den Rohren bedingte Undichtheiten aufwiesen; diese seien durch den Gehalt an Calziumchlorid in der Holzwollschicht der von der Firma W und Co. gelieferten Kombiplatten hervorgerufen worden. Es sei deshalb das Heiz- bzw. Kühlwasser der Leitungsrohre ausgeflossen. Eine Behebung der festgestellten Schäden wäre unwirtschaftlich gewesen, daher sei der Einbau von Truhen-Klimageräten vorgenommen worden. Die durch die Rohrgebrechen entstandenen Kosten, insbesondere für die Nachforschung nach den Schäden, die Wiederherstellung des früheren Zustandes und den Einbau der neuen Heizung hätten 198.185 S betragen.
Der Erstbeklagte brachte vor, er stehe mit der Zweitbeklagten seit mehreren Jahren in Geschäftsverbindung. Von der Zweitbeklagten erzeugter Schaumstoff werde von ihm mit einer Schicht mineralisierter Holzwolle versehen und zu Platten zugeschnitten. Die hieraus entstehenden Kombi-Isolierplatten verkaufe er an Baustoffhändler, u. a. auch an die Zweitbeklagte. Rechtsbeziehungen zwischen ihm und der Klägerin bzw. der U Hoch- und Tiefbau AG sowie der Baustoffgroßhandlung W und Co. hätten nicht bestanden. Er habe auch keiner der erwähnten Firmen gegenüber eine Garantieerklärung bezüglich einer bestimmten Eigenschaft der von ihm in den Handel gebrachten Kombi-Isolierplatten abgegeben; die an ihn gerichtete Anfrage der Zweitbeklagten habe sich ausschließlich darauf bezogen, ob die Zementauflage auf den Kombiplatten Eisen angreife. Diese Anfrage habe er richtig in verneinendem Sinne beantwortet. Es wäre Aufgabe der von der klagenden Partei beauftragten Personen gewesen, sich vor dem Baubeginn über die Verwendungsmöglichkeit der Kombi-Isolierplatten zu informieren und alle Maßnahmen zu treffen, um die Heizschlangen vor Korrosion zu schützen. Es werde überhaupt bestritten, daß im Gebäude der Klägerin von ihm erzeugte Kombi-Isolierplatten verlegt worden seien und hiedurch ein Schaden entstanden sei. Er produziere diese Platten seit dem Jahre 1956, sie seien wiederholt ohne Anstände zur Isolierung von Bodenheizungen
Die Zweitbeklagte wendete ein, sie sei mit der klagenden Partei niemals in Geschäftsverbindung gestanden und habe ihr auch keine Porit-Kombiplatten geliefert. Irgendwelche Zusagen oder Garantien bezüglich der Verwendbarkeit der zur Auslieferung gebrachten Baustoffe seien niemals abgegeben worden. Es sei ihr auch nicht angegeben worden, welcher Zweckbestimmung die von ihr vertriebenen Porit-Kombiplatten zugeführt werden sollten. Die Frist für die Geltendmachung eines Gewährleistungsanspruches sei abgelaufen.
Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen und im wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:
Die Zweitbeklagte befaßt sich mit der Kunststoffverarbeitung auf industriellem Weg und produziert Kunststoffplatten. Der Erstbeklagte kauft solche Kunststoffplatten von der Zweitbeklagten, beschichtet sie und verkauft diese Platten dann zum Teil wieder an die Zweitbeklagte. Die Zweitbeklagte bezog 60 bis 70% ihres Umsatzes an beschichteten Platten vom Erstbeklagten.
Im Auftrag der Klägerin errichtete die U Hoch- und Tiefbau AG von 1965 bis 1967 das Büro- und Geschäftshaus in Wien I, L-Gasse 10. Die K-AG installierte eine Heiz- und Klimaanlage, wobei der Einbau wärmedämmender Platten in den Fußboden, in welchem eiserne Heizschlangen zu verlegen waren, vorgesehen war. Im Zusammenhang damit verlangte der als Baumeister bei der K-AG beschäftigte Dipl.- Ing. M von der U Hoch- und Tiefbau AG, daß kein Heraklith verwendet werden dürfe, sondern daß die Holzwollschicht auf der Platte zementgebunden sein müsse. Die Vertreter der U Hoch- und Tiefbau AG und der K-AG kamen schließlich überein, daß "Sandwich-Platten" (Kombiplatten), bestehend aus zwei Schichten, und zwar einer Schicht aus dem Kunststoff Styropor und einer Schicht aus zementgebundener Holzwolle, verwendet werden sollten. Die U Hoch- und Tiefbau AG erkundigte sich daraufhin fernmündlich bei der Firma W und Co., Baustoffgroßhandlung, über die Eisenunschädlichkeit dieser Platten. Die Firma W und Co. fragte dann telephonisch bei der Zweitbeklagten an, ob die von dieser ihr gelieferten Kombiplatten Eisen angreifen. Auf Grund der Anfrage der Firma W und Co. richtete der Prokurist der Zweitbeklagten E an den Erstbeklagten die Anfrage, ob die Zementauflage der von ihm hergestellten Platten Eisen angreife. Der Erstbeklagte leitete diese Frage an einen ihm bekannten Architekten weiter, der die Auskunft erteilte, "... daß dies auf keinen Fall zutrifft und daß im Gegenteil Zementanstriche auf Stahl oder Eisen als Rostschutz dienen können". Diese Antwort wurde mit dem Schreiben des Erstbeklagten vom 7. Mai 1966 (Beilage./C) an die Zweitbeklagte weitergegeben; zugleich wurde ihr mitgeteilt, daß bei der Verarbeitung von Kombiplatten keinerlei Korrosionsgefahr bestehe, es sei denn daß feuchte Platten verarbeitet werden; dann sei es aber nicht die Platte, sondern das Wasser, welches an der Rostbildung Schuld trage. Am 9. Mai 1966 bestellte die Firma U Hoch- und Tiefbau AG bei der Firma W und Co. Porit-Kombiplatten, wobei ausdrücklich das Wort "zementgebunden" in den Bestellschein aufgenommen wurde. Weiters verlangte die Firma U Hoch- und TiefbauAG in diesem Bestellschein: "Sie müssen die Haftung übernehmen, daß Porit Eisen nicht angreift und zerstört; wir ersuchen deshalb, der Lieferung eine Erklärung beizulegen, daß Eisen durch Porit-Kombiplatten nicht angegriffen wird." Die Firma W und Co. lieferte am 10. oder 11. Mai 1966 570 m2 Porit-Kombiplatten an die Firma U Hoch- und Tiefbau AG. Es kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, daß Kombiplatten aus der Erzeugung des Erstbeklagten mit der Lieferung der Zweitbeklagten an die Firma W und Co. Bzw. an die Firma U Hoch- und Tiefbau AG weiterveräußert und im gegenständlichen Bau verwendet wurden. Als die von der Firma U Hoch- und Tiefbau AG gekauften Platten schließlich auf der Baustelle L-Gasse 10 verlegt werden, vergewisserte sich Dipl.-Ing. M nochmals, daß es sich bei der Beschichtung um zementgebundene Holzwolle handelte und daß eine entsprechende Bestätigung der Lieferfirma angefordert wurde. Die Isolierplatten wurden mit der Schaumstoffschichte nach unten und der Holzwollauflage nach oben verlegt. Die obere Schichte befand sich in der Nähe der eisernen Heizschlangen. Dipl.-Ing. M war dabei der Auffassung, daß eine zementgebundene Holzwolle notwendigerweise chloridfrei sei. Eine Chloridfreiheit der Holzwolle war nicht ausdrücklich verlangt worden. Der Einbau der Anlage erfolgte im Juli 1966. Im Jahre 1970 kam es an der Heiz- und Kühlanlage zu Wasserverlusten. Die mit Rostschutzfarbe versehenen Rohre des Heizregisters wiesen eine Leckstelle und starke Korrosionen auf. Diese Schäden wurden durch wasserlösliche Calziumchloride verursacht, die zur Mineralisierung der Holzwolle verwendet worden waren. Durch das Auftreten von Kondenswasser an den Heizungsrohren wurden die Calziumchloride gelöst und gelangten auf die Heizschlangen. Die Klägerin führte umfangreiche Reparaturarbeiten durch, war jedoch schließlich gezwungen, eine neue Heizanlage zu installieren. Die Komplementärin der Firma W und Co., Christine S, zedierte allfällige Forderungen der Firma W und Co. gegen die Zweitbeklagte aus dem Titel des Vertrages oder des Schadenersatzes an die Klägerin.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, mangels vertraglicher Beziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten hafteten die Beklagten nicht. Garantiererklärungen hätten sie keine abgegeben. Die Zweitbeklagte sei überdies nur als Händler aufgetreten, daher könne sie nicht als Produzent haftbar gemacht werden. Im übrigen sei nicht erwiesen, daß Kombiplatten aus der Erzeugung des Erstbeklagten Verwendung gefunden haben.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin Folge, hob es unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung der Verhandlung und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, die Haftung des Erstbeklagten sei grundsätzlich zu bejahen, sofern erweislich wäre, daß von ihm erzeugte Porit-Kombiplatten Verwendung gefunden haben. Es könne als offenkundig gelten, daß in modernen Bauten auch eiserne Bestandteile Verwendung finden. Es wäre daher Sache des Plattenherstellers gewesen, den Einfluß der Platten auf solche Eisenbestandteile durch eine genaue chemische Untersuchung prüfen zu lassen und dafür zu sorgen, daß entweder eine Gefahr für Eisenbestandteile ausgeschaltet oder zumindest der Endabnehmer auf die Gefahren für Eisen entsprechend hingewiesen werde. Mangels einer solchen Warnung hätten die Endabnehmer auf eine völlige Ungefährlichkeit der Platten vertrauen können. Durch das Unterbleiben einer solchen Warnung habe zumindest der Erstbeklagte seine Schutzpflicht gegenüber der klagenden Partei als dem Endverbraucher verletzt. Die Annahme einer solchen Schutzpflicht werde noch dadurch bekräftigt,daß die Baufirma im Wege der Firma W und Co. die Beklagten auf die Möglichkeit eines Kontaktes mit eisernen Bestandteilen hingewiesen und ausdrücklich nach der Möglichkeit einer schädlichen Einwirkung gefragt hatte. Die Zweitbeklagte habe dadurch, daß sie die Anfrage der Firma W und Co. und die Antwort hierauf entgegengenommen und weitergeleitet habe, zu erkennen gegeben, daß sie sich für das Produkt verantwortlich erachte, so daß auch die Haftung der Zweitbeklagten zu bejahen sei. Im Schreiben des Erstbeklagten vom 7. Mai 1966 sei im übrigen eine Garantieerklärung zu erblicken. Mit der Weiterleitung dieses Schreibens habe auch die Zweitbeklagte dem von der U Hoch- und Tiefbau AG gestellten Verlangen nach Abgabe einer Garantieerklärung entsprochen und die geforderte Garantieerklärung konkludent abgegeben. Aus dieser Garantieerklärung werde die Klägerin berechtigt, weil erkennbar gewesen sei, daß sie als Bauherr durch die vertragliche Garantievereinbarung begünstigt werden sollte. Im übrigen bestunde die Haftung beider Beklagten aber auch nach deliktischen Grundsätzen. Jeder Hersteller müßte Sorge dafür tragen, daß nur solche Produkte seinen Bereich verlassen und für den Vertrieb freigegeben werden, aus deren bestimmungsgemäßer Verwendung keine Gefahren für den Benützer erwachsen können. Der Produzent müsse daher vor gefahrbringenden Eigenschaften der Ware warnen. Es wäre daher Sache des Erstbeklagten als Hersteller der Kombiplatten gewesen, eine genaue Prüfung derselben vorzunehmen, ob und auf welche Stoffe schädliche Auswirkungen eintreten könnten. Sollte es zutreffen daß die Zweitbeklagte im geschäftlichen Verkehr als Herstellerin der Platten aufgetreten sei, dann würde sie diese Pflicht ebenfalls treffen. Nun habe das Erstgericht die von der Klägerin angebotenen Beweise darüber, ob die eingebauten Kombiplatten aus der Produktion des Erstbeklagten stammten und von der Zweitbeklagten geliefert wurden, nicht aufgenommen. Darin liege ein Verfahrensmangel. Das Erstgericht habe weiter wohl festgestellt, daß das Schreiben der Erstbeklagten an die Zweitbeklagte weitergeleitet worden sei, jedoch keine Feststellungen darüber getroffen, ob und wann sein Inhalt an die Firma W und Co. bekanntgegeben worden sei. Feststellungen fehlten auch darüber, ob die Zweitbeklagte die Kombiplatten als eigenes Erzeugnis vertrieben habe.
Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
1. Zum Rekurs des Erstbeklagten:
Den Ausführungen des Rekurses ist darin beizupflichten, daß die zivilrechtliche Haftung des Produzenten für Schäden, die durch Mängel einer Sache beim Verbraucher von Waren eintreten, der diese Waren von einem Zwischenhändler erworben hat, keine besondere gesetzliche Regelung erfahren hat. Lehre und Rechtsprechung waren aber bemüht, für die Fälle dieser sogenannten Produzentenhaftpflicht auf der Grundlage der allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes eine mit den Grundwerten des Gesetzes in Übereinstimmung stehende Lösung zu finden.
Die österreichische Rechtsprechung zum Problem der Produzentenhaftpflicht ist - soweit ersichtlich - noch nicht sehr umfangreich. In der Entscheidung des OGH, Rspr. 1934/301 wurde die unmittelbare Haftung des Erzeugers eines mangelhaften Rades, durch das ein Dritter einen Unfall erlitt, mit der Begründung bejaht, es sei schon nach allgemeinen Grundsätzen und Vorschriften (§§ 431, 335 StG) Pflicht des Erzeugers von Gebrauchsgegenständen und somit auch des Erzeugers von Fahrradbestandteilen, mit gehöriger Aufmerksamkeit dafür vorzusorgen und darüber zu wachen, daß die hergestellten und von ihm in den Handel gebrachten Erzeugnisse von solchen Erzeugungsfehlern frei sind, die schon beim bloßen bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache eine Gefahr für die körperliche Sicherheit des Gebrauchers herbeiführen. Die Unterlassung dieser Pflicht stelle eine rechtswidrige Handlung dar, für die der Erzeuger nach § 1295 ABGB zu haften habe. Wahle verwies in der (zustimmenden) Besprechung dieser Entscheidung auf die französische Judikatur und Entscheidungen des deutschen Reichsgerichtes, die gleichfalls eine Haftung des Warenherstellers gegenüber dritten Personen, welche durch diese Waren einen Schaden am Leben oder der Gesundheit erlitten haben, bejahen. Aus der neueren Rechtsprechung ist die Entscheidung des OGH, JBl. 1959, 414 hervorzuheben. Der Käufer einer Dreschmaschine, der diese von einer landwirtschaftlichen Genossenschaft erworben hatte, wurde bei Benützung dieser Maschine körperlich verletzt; der als Legalzessionar auftretende Sozialversicherungsträger begehrte vom Erzeuger der Maschine gemäß § 1242 RVO Ersatz der von ihm an den Geschädigten erbrachten Leistungen und behauptete, daß die Dreschmaschine gesetzlichen Sicherheitsbestimmungen nicht entsprochen habe. Der OGH sprach aus, daß die Klage auf einen Schadenersatzanspruch des Verletzten gegrundet werde und daher eine Deliktsklage vorliege. Die allgemeine Rechtspflicht, niemanden körperlich zu verfetzen, bestehe immer und gegenüber jeder Person, gleichviel ob die Sache, mit der die Verletzung herbeigeführt wurde, mittels Vertrages oder ohne Vertrag in den Handlungsbereich des Verletzten gekommen sei. Diese Rechtspflicht werde nicht dadurch beseitigt, daß es ein Vertrag gewesen sei, durch den die Möglichkeit der Einwirkung auf den Körper des anderen gegeben wurde. Der Schädiger müsse immer auch demjenigen ersatzpflichtig sein, dessen Schutz die übertretene Norm bezwecke. Schon aus diesem Gründe sei die Haftung der Erzeugerfirma aus unerlaubter Handlung gegenüber jedem Dritten grundsätzlich zu bejahen, wenn ein Schutzgesetz übertreten oder ein allgemeines Gefährdungsverbot verletzt worden sei. Die Entscheidung 8 Ob 174, 175/72 betrifft den Schadenersatzanspruch des Käufers eines in Italien erzeugten Jauchenfasses gegenüber dem Importeur dieses Fasses, wobei Vertragspartner des Klägers eine landwirtschaftliche Lagerhausgenossenschaft war, die ihrerseits den Auftrag "als Vermittler" der beklagten Partei erteilt hatte. Es wurde ausgesprochen, daß es nicht entscheidend sei, ob der Kläger beim Kauf des Jauchenfasses selbst Vertragspartner der beklagten Partei gewesen sei oder aber ob die landwirtschaftliche Lagerhausgenossenschaft das Faß von der beklagten Partei gekauft und an den Kläger weiterveräußert habe; auch im letzteren Falle sei der Kläger derjenige gewesen, für den das Jauchenfaß bestimmt gewesen sei und der der vertraglichen Leistung der Beklagten nahestand. Der Grundsatz, daß derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, auch die notwendigen Vorkehrungen zu treffen habe, um eine Schädigung nach Tunlichkeit abzuwenden, gelte auch für den Lieferanten einer technischen Anlage oder Maschine. Die Beklagte, die das Jauchenfaß importierte, wäre verpflichtet gewesen, eine betriebssichere Arbeitsmaschine im Inland in den Verkehr zu bringen, wozu es auch gehöre, solche Schutzvorrichtungen anzubringen, durch die in der Natur der Maschine gelegene Gefahren beseitigt werden. Die Entscheidung SZ 43/177 sprach aus, daß der Hersteller des mangelhaften Bestandteiles eines Gebrauchsgegenstandes (im Gegenstandsfall einer Leiter) jedem Benützer desselben, der durch den Mangel zu Schaden komme, hafte, wenn das Hinzutreten weiterer Ursachen für diese Beschädigung nicht ganz außergewöhnlich ist. Die Verwendung eines solchen Bestandteiles müsse als Verstoß gegen das aus den Bestimmungen der §§ 335, 431 StG. und § 1293 ABGB, abzuleitende allgemeine Gefährdungsverbot gewertet werden.
Die vorgenannten Entscheidungen wurden demnach im wesentlichen deliktsrechtlich begrundet, wobei insbesondere in der Entscheidung 8 Ob 174, 175/72 die Lehre von den Verkehrssicherungspflichten (vgl. hiezu die bei Kapfer, ABGB[29], zu § 1295 unter Punkt 16 bis 16 f. zitierten Entscheidungen) auch auf den Lieferanten von Maschinen erstreckt wurde.
Die deliktsrechtliche Begründung der Produzentenhaftung, insbesondere ihre Ableitung aus Verkehrssicherungspflichten, wird in der Lehre von Bydlinski (Klang[2] IV/2, 175) gebilligt, der jedoch hervorhebt, daß die Deliktshaftung oftmals keine taugliche Anspruchsgrundlage bietet, weil der Anspruch des Geschädigten vielfach an der Beschränkung der Gehilfenhaftung (§ 1315 ABGB) und dem grundsätzlich ihm obliegenden Beweis, daß den Produzenten persönlich bzw., wenn es sich um eine juristische Person handelt, eines ihrer Organe im haftungsrechtlichen Sinn ein Verschulden trifft, scheitern wird. Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 61 meint, daß denjenigen, der gefährliche Sachen in Verkehr bringt, erhöhte Sorgfaltspflichten treffen daß auf die deliktische Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten aber nicht zurückgegriffen werden müsse, weil Verhältnis Produzenten und Käufer vertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten bestehen. Auch Bydlinski grundet seinen eigenständigen Lösungsansatz (181) auf eine genaue Analyse der Schutzpflichten aus dem Vertrag. Es ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt, daß aus einem Schuldverhältnis Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber solchen dritten Personen bestehen, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung voraussehbar war und die der Vertragspartner entweder erkennbar durch Zuwendung der Hauptleistung begünstigt oder an denen er ein sichtbares eigenes Interesse hat oder denen er selbst zur Fürsorge verpflichtet ist (Bydlinski, Vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter, JBl. 1960, 359; Koziol - Welser, Grundriß[3] I, 225; Koziol, I 268 f.; EvBl. 1974/98; SZ 43/236 und die in diesen Entscheidungen bezogenen weitere Literatur und Judikatur; weiter 5 Ob 88/72, 2 Ob 266/74, 5 Ob 105/75 und 5 Ob 200/75). Es ist auch anerkannt, daß solche Schutzpflichten nicht nur bezüglich der körperlichen Unversehrtheit Dritter, sondern auch gegenüber Sachen bestehen, die dritten Personen gehören, insbesondere wenn diese Sachen in Kontakt mit der Hauptleistung treten und damit einer erhöhten Gefahr ausgesetzt werden (vgl. Koziol II, 72; EvBl. 1976/3; JBl. 1974/573; EvBl. 1974/98; SZ 43/236; EvBl. 1969/216; JBl. 1960, 386). Auf dieser dogmatischen Grundlage wurde etwa in der Entscheidung SZ 46/59 die Haftung des Händlers, der eine Haushaltsleiter verkauft hatte, welche eine erforderliche Sicherheitsvorkehrung nicht aufwies, für den daraus einer dritten Person, die neben der Leiter stand, um für die auf der Leiter arbeitende Person erforderliche Handreichungen vorzunehmen, entstandenen Schaden bejaht. Der Entscheidung EvBl. 1969/216 lag der Sachverhalt zugrunde, daß der Beklagte dem Käufer eine Hühnermastanlage geliefert hatte, zu deren Betrieb eine ständige Be- und Entlüftung mittels Ventilatoren notwendig war. Er unterließ es jedoch, eine Alarmvorrichtung anzubringen, die den Ausfall der Ventilatoren anzeigen konnte. Der später Geschädigte hatte eine Anzahl Hühner gekauft und sie auf Grund eines Werkvertrages beim Käufer der Mastanlage zwecks Fütterung bis zur Schlachtreife eingestellt. Durch einen Ausfall der gesamten Ventilatoren erstickten 2000 schlachtreife Hühner. Der OGH kam zu der Ansicht, diejenigen, die in den Fertigstall Hühner einstellten, kämen als Personen in Betracht, die der vertraglichen Leistung des Beklagten nahestunden, ohne Vertragspartner zu sein; ihnen gegenüber bestunde demzufolge eine Schutzpflicht des beklagten Verkäufers. Demgemäß wurde die Haftung des Beklagten für den eingetretenen Schaden bejaht. Die Entscheidung SZ 46/121 sprach aus, daß der Unternehmer einer Kraftfahrzeugreparatur bei fehlerhafter Ausführung für seinen Gehilfen gemäß § 1313a ABGB gegenüber einem Dritten einzustehen habe, wenn dieser wegen der Vertragsverletzung einen Unfall oder als (vom Besteller der Reparatur erschiedener) Eigentümer des Fahrzeuges einen Schaden an diesem erleidet.
Auf der in Judikatur und Lehre gesicherten dogmatischen Grundlage der Schutzpflichten zugunsten Dritter ist in Fortentwicklung dieser Lehre auch das Problem der Produzentenhaftpflicht zu lösen. Der Produzent strebt ja den Absatz der von ihm erzeugten Produkte an, es ist ihm klar, daß diese Produkte gegebenenfalls durch eine Kette von Kauf- oder Werkverträgen zu einem Endabnehmer gelangen, der im Vertrauen auf die einwandfreie Beschaffenheit dieser Produkte seine Rechtsgüter der Einwirkung der erworbenen Sachen eröffnet. Es erscheint dann aber der erste Kaufvertrag als Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten dessen, der durch eine Kette von weiteren Verträgen, seien es Kauf- oder Werkverträge, als berechtigt ausgewiesen wird (Bydlinski, 180, 184; Koziol II, 74). Im einzelnen ist freilich der Umfang der dem Produzenten erwachsenden Sorgfalts- und Aufklärungspflichten zu prüfen. Als in der Judikatur gesichert kann gelten, daß eine Pflichtverletzung jedenfalls dann vorliegt, wenn der Produzent Sachen in den Verkehr bringt, die technische Mängel aufweisen (vgl. SZ 46/59; EvBl. 1969/216). Es ist zu fordern, daß der Hersteller seine Erzeugnisse sach- und zweckgerecht konstruiert, sie müssen im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren fehlerfrei sein, so daß bei normalem bestimmungsgemäßem Gebrauch keine Schäden auftreten (vgl. Schmidt - Salzer, Produkthaftung, 43); insbesondere müssen dabei die einschlägigen Unfallsverhütungsvorschriften beachtet werden.
Der hier vorliegende Fall unterscheidet sich allerdings insofern wesentlich von den bisher dargestellten Fällen, als es sich nicht um ein Erzeugnis handelt, das technische Mängel aufweist, sondern um ein Produkt, das als solches (abstrakt-generell) fehlerfrei ist, jedoch in (individuell-konkreten) Teilbereichen seiner Verwendung zu Schädigungen führt, mithin gefahrenträchtig ist. Nun kann freilich auch in solchen Fällen eine Haftung des Produzenten für aufgetretene Schäden dann bejaht werden, wenn er mit einer derartigen Verwendung rechnen mußte und dennoch auf die in bestimmten Teilbereichen drohenden Gefahren - hier die Entwicklung von Chloriden bei Einwirkung von Wasser - hinzuweisen unterläßt (vgl. Schmidt - Salzer, 95). Es wäre daher zunächst durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären, ob es sich bei der Verwendung der Platten für die Isolierung von Bodenheizungen, die zugleich auch als Klimaanlage Verwendung finden, bei denen daher mit einer länger dauernden Wasserentwicklung gerechnet werden muß, eine übliche oder, wie dies der Erstbeklagte behauptet, um eine irreguläre Art der Verwendung handelt. Im ersteren Fall wäre dem Erstbeklagten ganz allgemein die Verpflichtung oblegen, in geeigneter Weise auf die bei Wassereinwirkung entstehenden Gefahren hinzuweisen. Im vorliegenden Fall kommt freilich auch dem Umstand Bedeutung zu, daß der Käufer, hier die von der klagenden Partei betraute U Hoch- und Tiefbau AG sowie die K-AG als sachkundige Verbraucher anzusprechen sind. Auf die unterlassene Aufklärung könnte sich die Klägerin jedenfalls dann nicht berufen, wenn die in spezifischen Teilbereichen drohenden Gefahren für eine sachkundigen Verbraucher ohnehin offenkundig wären, was jedoch gleichfalls nicht feststeht.
Der vorliegende Fall ist weiter dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagten über allfällige schädliche Eigenschaften der Isolierplatte befragt wurden. Nach den getroffenen Feststellungen wurde an den Erstbeklagten (im Wege der Firma W und Co. und die Zweitbeklagte) die Anfrage gerichtet, ob die Zementauflage der Platten Eisen angreift. Diese Anfrage war freilich ganz allgemein gehalten und stellte nicht gerade auf die Folgen der Einwirkung von Wasser auf die Platten ab, doch oblag dem Erstbeklagten bei Beantwortung der Anfrage eine spezielle Sorgfaltspflicht. Es wird festzustellen sein, ob der Erstbeklagte bei sachkundiger Beurteilung (§ 1299 ABGB) der an ihn gerichteten Anfrage, ob die Zementauflage der Platten Eisen angreift, auch den Fall einer relativ dauernden Wassereinwirkung bedenken mußte, wobei nur ein irreguläre Art der Verwendung von ihm nicht ins Auge gefaßt werden mußte. Bei verbleibenden Zweifeln, die etwa daraus resultieren konnten, daß es sich nicht gerade um eine durchwegs übliche, sondern seltene, aber eben doch nicht irreguläre Art der Verwendung handelt, wäre dem Erstbeklagten oblegen, auf eine nähere Präzisierung der Fragestellung in bestimmter Richtung zu dringen. Ist eine spezielle Aufklärungspflicht nach dem Vorgesagten zu bejahen, wäre vom Erstbeklagten zu fordern, daß er dem Verbraucher ein exaktes Bild von Art und Umfang der bestehenden Gefahren gibt. Andererseits wäre aber auch festzustellen, ob nicht für die sachkundigen Verbraucher klar sein -mußte, daß die gegebene Antwort unrichtig oder doch unvollständig ist, zumal das Problem der dauernden Wassereinwirkung nicht behandelt wurde. Auch diesbezüglich werden ergänzende Tatsachenfeststellungen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Erst nach Ergänzung des Beweisverfahrens auch in der aufgezeigten Richtung wird eine abschließende Beurteilung der Sache möglich sein.
2. Zum Rekurs der Zweitbeklagten:
Die Haftung der Zweitbeklagten wird von der Klägerin nach dem Inhalt der Klage darauf gegrundet, daß die von ihr erzeugten und vertriebenen Platten in der Holzwolleschicht Calziumchlorid enthalten, das infolge seiner Metallaggressivität Korrosionen und Lochfraßbildungen an den Rohren verursacht habe. Die zementgebundene Holzwolleauflage sei vom Erstbeklagten im Auftrage der Zweitbeklagten angebracht worden. Dieses Sachvorbringen könnte dahin zu verstehen sein, daß die Klägerin die Zweitbeklagte deshalb in Anspruch nimmt, weil sie der Firma U Hoch- und Tiefbau AG gegenüber als (alleiniger) Produzent der verkauften Platten aufgetreten ist. Bezeichnet sich jemand im Verkehr als Produzent und wird ihm daher das Warenvertrauen entgegengebracht, dann ist es gleichgültig, ob das Produkt tatsächlich von ihm hergestellt wurde, es trifft dann ihn die Haftung für das Produkt (Bydlinski, 186). Sollte freilich - was noch klarzustellen sein wird - gemeint sein, daß die Zweitbeklagte als Produzent der Schaumstoffplatten (neben dem Erstbeklagten als dem Produzenten des schadensträchtigen Anteils, nämlich der zementgebundenen Holzwolleschicht) in Anspruch genommen wird, so käme eine Produzentenhaftung der Zweitbeklagten wegen Beteiligung am Produktionsvorgang durch Lieferung der an sich unschädlichen Schaumstoffplatten nicht in Betracht. Die an der Warenherstellung Beteiligten sind nämlich keineswegs Gesamtschuldner des eingetretenen Schadens, vielmehr trifft von mehreren am Produktionsvorgang beteiligten Unternehmern die Haftung nur jenen, aus dessen Sphäre der schadensstiftende Fehler stammt (vgl. auch Bydlinski, 185). Die bloße Tatsache der Lieferung eines an sich vollkommen unschädlichen Produkts, das von einem anderen Unternehmen zu einer gefahrenträchtigen Ware verarbeitet wird, ist nicht haftungsbegrundend. Bei dieser Sachlage käme dann eine Haftung der Zweitbeklagten als Händlerin der Isolierplatten in Betracht, wenn ihr die schuldhafte Verletzung einer Prüfungspflicht angelastet werden könnte. Eine solche Pflicht wurde etwa in den bereits erwähnten Fällen angenommen, wenn eine Ware verkauft wird, welche die nötigen Sicherheitsvorkehrungen nicht aufweist (SZ 46/59; 8 Ob 174, 175/72. Darüber hinaus kann freilich, insbesondere bei bloß gefahrenträchtigen Waren, dem Händler eine besondere Prüfungspflicht im allgemeinen nicht auferlegt werden, weil dies eine Überspannung der ihm obliegenden Sorgfaltspflichten bedeuten würde (Bydlinski, 175; Diederichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 34). Hier wurde freilich (zunächst) an die Zweitbeklagte die Anfrage über die Eisenunschädlichkeit der Platten gerichtet; diese Anfrage leitete die Zweitbeklagte an den Erstbeklagten weiter. Feststellungen werden nun darüber zu treffen sein, in welcher Weise die Antwort des Erstbeklagten an die U Hoch- und Tiefbau AG weitergegeben wurde, insbesondere ob die Funktion der Zweitbeklagten als bloßer Bote ersichtlich war und ob die Zweitbeklagte zum Ausdruck brachte, daß sie mangels eigener Sachkunde über die Frage der Eisenunschädlichkeit der Platten keine Auskunft geben könne, sondern diesbezüglich auf die Auskunft des Produzenten angewiesen sei. Hingegen bedarf die Frage, ob die Zweitbeklagte eine Garantieverpflichtung übernommen hat und ob Ansprüche aus dieser Garantie rechtswirksam an die Klägerin übertragen wurden, deshalb keiner Klärung, weil die Klägerin die Übernahme einer Garantieverpflichtung durch die Zweitbeklagte im Verfahren erster Instanz nicht behauptet hat. Das Vorbringen in der Klage, die Beklagten hätten "beruhigende Erklärungen" über die Unschädlichkeit der Platten abgegeben, beinhalten nicht die Behauptung, die Zweitbeklagte hätte eine Garantieverpflichtung für allfällige Schäden übernommen.
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