OGH 10Ob81/00k

OGH10Ob81/00k5.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann K*****, Transportunternehmer, ***** vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Herbert Heigl KEG, Mag. Willibald Berger, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Fritz Schuler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 83.720 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 3. Jänner 2000, GZ 2 R 408/99m-20, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 8. Oktober 1999, GZ 20 C 405/98k-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.086,40 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die F***** GmbH bestellte bei der A***** GesmbH Bleche, die an eine Baustelle zuzustellen waren. Die klagende Partei, die mit dem Transport beauftragt war, gab den Auftrag an die beklagte Partei weiter; diese ließ den Transportauftrag der Klägerin durch einen Subunternehmer (Fa. T*****) durchführen. Dessen Lenker beschädigte nach der Entladung und Ablieferung beim Ausfahren aus dem Baustellengelände die Rohrleitung zur Wasserhaltung der ebenfalls auf dieser Baustelle tätigen R***** GesmbH. Die R***** GesmbH hat die Forderung aus dem Schadensfall an den Kläger abgetreten. Die Rechnung des Unternehmens, das die Reparatur durchführte (Beil/D), wurde direkt an die F***** GesmbH gelegt. Die A***** GesmbH wurde in der Folge von der F***** GesmbH mit dem Reparaturrechnungsbetrag von S 83.720,56 belastet und hat den Abzug in der Meinung, dass er zu Recht erfolgt, akzeptiert und den Kläger damit rückbelastet. Dieser hat den Betrag nicht anerkannt und auch nicht ersetzt. Dass die R***** GesmbH eine Forderung aus dem Schadensereignis hat, kann nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei begehrt die Zahlung des vorgenannten Betrages mit der Begründung, dass der Schaden im Rahmen des Transportauftrages durch den Erfüllungsgehilfen der beklagten Partei verschuldet wurde; die geschädigte R***** GesmbH habe die Forderung überdies an die klagende Partei abgetreten.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Erst nach Abschluss des Transportauftrages sei der Schaden entstanden, sodass eine Ersatzpflicht nicht bestehe. Da der Kläger den Schaden nicht ersetzt habe, könne er nicht im Regresswege Zahlung verlangen. Die Zession wurde bestritten.

Das Erstgericht wies in dem auf den Grund des Anspruches eingeschränkten Verfahren ein Begehren, es möge festgestellt werden, dass die beklagte Partei dem Grunde nach für den im Zusammenhang mit dem Transportauftrag vom 21. 4. 1997 entstandenen Schaden hafte, ab.

Es vertrat die Rechtsansicht, dass der beim Abfahren von der Entladestelle vom Lenker des Unterfrachtführers verursachte Schaden bei einer Nebenhandlung der Beförderung entstanden sei und eine grundsätzliche Haftung bestehe, der Kläger sei aber weder mittelbar noch unmittelbar Geschädigter. Die A***** GesmbH sei mittelbar geschädigt. Dass diese die Forderung abgetreten habe, sei nicht behauptet worden. Die Forderungsabtretung der R***** GesmbH gehe ins Leere, weil nur eine Forderung, die Bestand habe, abgetreten werden könne, der Kläger aber weder behauptet noch bewiesen habe, dass der R***** GmbH aus dem Schadensfall noch eine Forderung zustehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Der Kläger, der keinen Regressanspruch, sondern einen seinem Auftraggeber erwachsenen Schaden eines Dritten geltend macht, sei zwar hiezu legitimiert, der Schaden stehe jedoch mit dem Transportauftrag in keinem innerlichen sachlichen Zusammenhang, weil er erst nach Abschluss des Transportauftrages beim Verlassen des Baustellengeländes eingetreten sei, sodass der Unterfrachtführer auch nicht für seinen Unterfrachtführer als Erfüllungsgehilfen hafte. Für eine deliktische Haftung des Lenkers habe die klagende Partei als Hauptfrachtführer nicht einzustehen.

Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, dass zur Frage der Aktivlegitimation des Hauptfrachtführers zur Geltendmachung von Drittschäden (SZ 69/266) nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes und daher keine "gefestigte" Rechtsprechung vorliege; gleiches gelte für die Abgrenzung der Frage der Schutz- und Sorgfaltspflicht auch vertragsfernen Personen (Dritten) gegenüber bei einem Transportauftrag; dabei handle es sich um Fragen von erheblicher Bedeutung.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Auf die von den Vorinstanzen im Zusammenhang mit dem erhobenen Begehren erörterten §§ 429 ff HGB kann ein Anspruch des Klägers auf Ersatz des verfahrensgegenständlichen Schadens nicht gestützt werden. Diese Betsimmungen regeln nur den Verspätungs- und Güterschaden zwischen den Parteien des Frachtvertrages (unter Einbeziehung auch von Unterfrachtführern); nur in diesem Rahmen finden auch die Bestimmungen über die Gehilfenhaftung (§ 431 HGB) Anwendung. Auf die Regulierung von Schäden, die einem Dritten, der am Frachtvertrag nicht beteiligt ist, entstehen, finden diese Normen keine Anwendung.

Hier kam es anlässlich der Erfüllung des Frachtvertrages, an dem die klagende Partei als Frachtführer und die beklagte Partei als Unterfrachtführer beteiligt waren, im Bereich der Baustelle, an der die Ablieferung erfolgte, durch die Unachtsamkeit des Kraftfahrers eines weiteren Unterfrachtführers, an den die beklagte Partei den Transportauftrag übertragen hatte, zur Beschädigung der Anlage einer dritten Person. Das geschädigte Unternehmen stand mit dem Frachtvertrag in keinerlei Zusammenhang. Eine Haftung nach den Frachtvertragsregeln (§§ 429 ff HGB) kommt daher schon aus diesem Grund nicht in Betracht. Der Dritte kann daher aus Haftungsbestimmungen, die zwischen den Parteien des Frachtvertrages gelten und nur die Durchführung des Transportauftrages selbst (Güter- und Verspätungsschaden) zum Gegenstand haben, keine Ansprüche ableiten. Die klagende Partei kann auch daraus, dass die Schadenersatzforderung durch die Geschädigte an sie abgetreten wurde, keine aus den Bestimmungen der §§ 429 ff HGB abgeleiteten Ansprüche geltend machen, weil solche Ansprüche auch dem Zedenten nicht zustanden, dies unabhängig davon, ob der Frachtvertrag bereits erfüllt war, so dass der Frage, ob die Ausfahrt aus der Baustelle nach der Abladung noch der Erfüllung des Frachtvertrages zuzurechnen ist oder nicht, keine Bedeutung zukommt.

In der Klage stützte die klagende Partei den erhobenen Anspruch darauf, dass die beklagte Partei für einen von der Firma T*****, die sie als Unterfrachtführer heranzog, verschuldeten Schaden nach den Grundsätzen der Erfüllungsgehilfenhaftung einzustehen habe.

Von der Judikatur wird der Unterfrachtführer als Erfüllungsgehilfe von Frachtführern behandelt (Reischauer in Rummel2, Anm 9 zu § 1313a ABGB).

Fraglich könnte in diesem Zusammenhang sein, ob die beklagte Partei für einen Schaden zu haften hat, der durch das Verschulden eines Gehilfen (Gehilfen des Gehilfen) einem Dritten herbeigeführt wurde.

Im Anschluss an Wilburg (ZBl 1930, 648; Bydlinski JBl 1960, 359) arbeitet die Rechtsprechung mit der Figur des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, um Personen, die außerhalb eines Vertrages stehen, die Vorzüge der Vertragshaftung, insbesondere der Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB zukommen zu lassen, um ihnen also einen Ersatzanspruch aus fremdem Vertrag zu gewähren. Man prüft, ob der Dritte erkennbar durch die Zuwendung der Hauptleistung begünstigt werden soll, ob der Gläubiger, dem gegenüber Erfüllungshandlungen gesetzt werden, ein (besonderes) eigenes Interesse (am Schutz) des geschädigten Dritten hat oder diesem zur Fürsorge verpflichtet ist. Man untersucht, ob bei Vertragsabschluss der Kontakt einer Person oder ihrer Sache mit der Leistung bzw mit der Hauptleistung oder der auf das Leistungsergebnis hinzielenden Handlung voraussehbar war und es wird die Erkennbarkeit des Gläubigerinteresses ins Treffen geführt (Reischauer aaO, Anm 30 zu § 1295 ABGB mit zahlreichen Nachweisen).

Fraglich könnte nun sein, ob allein der Umstand, dass mehrere Baufirmen (im Wesentlichen unabhängig von einander - dafür, dass eine besondere Kooperation zwischen der F***** GmbH und der R***** GmbH, die darüber hinausgegangen wäre, dass eben beide auf ein und derselben Baustelle eingesetzt waren, bestand, liegen keine Anhaltspunkte vor) bei ihrer Tätigkeit auf derselben Baustelle in einem engen räumlichen Naheverhältnis stehen, nach den oben dargestellten Kriterien den Schluss rechtfertigt, dass jeder Transportauftrag, den eines dieser Unternehmen erteilt, Schutzwirkungen gegenüber allen anderen Unternehmen entfaltet, die auf derselben Baustelle tätig sind. Es ist jedoch entbehrlich auf diese Frage weiter einzugehen, weil selbst wenn man diese Frage im Sinne der von der klagenden Partei vertretenen Ansicht lösen würde, für ihren Standpunkt letztlich nichts gewonnen wäre.

Der Rückersatzanspruch des Geschäftsherrn ist im § 1313 ABGB geregelt. Es entspricht aber der herrschenden Rechtsprechung und Lehre, dass der Geschäftsherr wie ein Gesamtschuldner nach § 896 ABGB (SZ 54/12; SZ 51/97; SZ 46/128; SZ 42/172; SZ 39/82; SZ 27/41; SZ 18/148 ua; Gschnitzer in Klang2: V/1, 313; Koziol, Haftpflichtrecht I, 299 f; Ehrenzweig2 II/1, 105) Zahlung erst begehren kann, wenn er den seinem Vertragspartner entstandenen Schaden ersetzt hat (SZ 51/97; JBl 1977, 49; SZ 46/19; SZ 39/82 ua; Koziol aaO I, 303 f II 350, insbes FN 91; Gamerith in Rummel2 ABGB Rz 2 bis 4 zu § 896 ABGB; Reischauer in Rummel2 ABGB, Rz 4 zu § 1313 iVm Rz 9 und 10 zu § 1302). Diese Grundsätze gelten auch für den Regress zwischen Frachtführern (SZ 58/6) und auch dann, wenn der Regress einen Ersatzanspruch zum Gegenstand hat, der aufgrund eines Vertrages mit Schutzwirkungen einem Dritten zu leisten war.

Hier steht fest, dass die klagende Partei einen an sie herangetragenen Ersatzanspruch bisher nicht erfüllt hat; dass sie allenfalls damit zu rechnen hat, zur Ersatzleistung herangezogen zu werden, kann keine Grundlage für die Geltendmachung des hier erhobenen Begehrens bilden. Die Rechnung über die Behebung des Schadens an der Leitung der R***** GesmbH wurde direkt an die F***** GesmbH gelegt.

Der Auftraggeber der klagenden Partei A***** GesmbH hat der F***** GesmbH (die ihrerseits nach den Verfahrensergebnissen den Schaden getragen hat) den Schadensbetrag ersetzt. Zu Recht sind die Vorinstanzen zu dem Ergebnis gelangt, dass auch die festgestellte Abtretung der Forderung durch die R***** GesmbH an die klagende Partei keine Grundlage für den erhobenen Anpruch bilden kann. Dass die R***** GesmbH je mit Kosten für die Reparatur belastet wurde, wurde nicht festgestellt, so dass das Begehren auch aus einer Zession einer Forderung auf Ersatz solcher Kosten nicht abgeleitet werden kann.

Die Vorinstanzen sind daher im Ergebnis zutreffend zu eine klageabweisenden Entscheidung gelangt.

Das Erstgericht hat, obwohl Gegenstand der Klage ein Leistungsbegehren war, feststellend entschieden, dass der erhobene Anspruch nicht zu Recht bestehe. Die Fassung des Spruches blieb aber im Weiteren unbekämpft und ist daher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, so dass auf diese Frage nicht mehr einzugehen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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