BVwG W232 2117960-1

BVwGW232 2117960-111.10.2017

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art.130 Abs1 Z3
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §35
VwGVG §8 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W232.2117960.1.00

 

Spruch:

W232 2117960-1/25E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Simone BÖCKMANN-WINKLER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Äthiopien, vertreten durch RA Dr. Herbert POCHIESER, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 09.12.2016 und am 07.09.2017, zu Recht erkannt:

 

A)

 

I. Der Antrag von XXXX alias XXXX auf internationalen Schutz vom 09.12.2013 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

 

II. Der Antrag von XXXX alias XXXX auf internationalen Schutz vom 09.12.2013 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Äthiopien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen.

 

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wird nicht erteilt.

 

IV. Eine Rückkehrentscheidung wird gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt und XXXX alias XXXX gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

 

V. Der Antrag auf Ersatz der Verfahrenskosten gemäß § 35 VwGVG wird zurückgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Äthiopien, stellte am 09.12.2013 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

 

2. Bei der am 09.12.2013 durchgeführten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, ledig zu sein und eine Tochter zu haben, die sich mit seiner Lebensgefährtin im Bundesgebiet aufhalte. Er sei im Dezember 2011 von Äthiopien über Somalia und Jemen nach Saudi Arabien geflohen. Nach zwei Jahren in Saudi Arabien sei er über den Sudan und Libyen nach Italien gelangt. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass Moslems in Äthiopien seit 2011 von der Regierung verfolgt würden. Er habe zuletzt fünf bis sechs Jahre in einer Moschee gearbeitet. Da er nicht die gleiche Glaubensrichtung wie die Regierung vertrete, würden er und seine Familie verfolgt. Seine Mutter sei verhaftet, jedoch nach vier Tagen wieder freigelassen worden. Sein Vater sei seit etwa zwei Jahren in Haft. Da er auch verhaftet werden sollte, sei er mit einem Sprung aus dem Fenster geflüchtet. Er sei mit dem Umbringen bedroht worden. In Saudi Arabien, wohin er geflüchtet sei, werde Ausländern Gewalt angetan, deshalb sei er in den Sudan geflohen. Die äthiopische und die sudanesische Regierung würden aber kooperieren und der Sudan würde Personen wie ihn ebenfalls verfolgen. Er sei dann nach Libyen, wo er ebenfalls unmenschlich behandelt worden sei, und weiter nach Italien geflüchtet. Da er in Saudi Arabien gewesen sei, bestehe für die äthiopische Regierung die Vermutung, dass er dort radikalisiert bzw. gegen die Regierung aufgehetzt worden sein könne. Daher müsse er in Äthiopien mit dem Tod rechnen.

 

Der Beschwerdeführer war bei seiner Einreise im Besitz eines italienischen Personalausweises, eines italienischen Fremdenpasses und eines italienischen Aufenthaltstitels, die sich als Fälschungen herausstellten.

 

3. Eine EURODAC-Abfrage ergab, dass der Beschwerdeführer am 29.04.2011 in Malta einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte.

 

4. In weiterer Folge wurde der Beschwerdeführer am 15.01.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Dabei gab er an, seine Lebensgefährtin und ihre Tochter wohnten in Wien. Er sei nicht der leibliche Vater, habe sich aber um sie gekümmert. Er habe mit seiner Lebensgefährtin etwa von 1996 bis 1997 oder 1998 in Addis Abeba zusammen gelebt. Er habe sie 1998 das letzte Mal gesehen, wann er das Kind zuletzt gesehen habe, wisse er nicht mehr. Sie habe bei der Familie ihres Vaters gewohnt. Er habe sie nur einmal besucht, aber regelmäßig angerufen. Er sei mit seiner Lebensgefährtin bis jetzt noch nicht verheiratet. In Äthiopien seien ihnen die Dokumente nicht ausgestellt worden. Sie wollten am 26.01.2014 traditionell heiraten.

 

Er habe in keinem anderen Land Asyl beantragt und sei nie in Malta gewesen. Er habe Äthiopien im Dezember 2011 verlassen und sei über Somalia und Jemen nach Saudi Arabien gelangt, wo er ein Jahr und einen Monat gelebt habe. Von dort sei er über Sudan und Libyen nach Italien und Österreich gereist.

 

5. Mit Schreiben vom 05.02.2014 stimmte Malta dem Wiederaufnahmegesuch Österreichs vom 23.01.2014 gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. c Dublin II-VO zu.

 

6. Im Rahmen einer am 12.02.2014 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stattgefundenen Einvernahme gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, dass er sich in Malta aufgehalten habe. Er habe dort auch einen anderen Namen angegeben, in Österreich aber seinen richtigen Namen genannt. Sonst habe er in Österreich die Wahrheit gesagt. Bei der letzten Einvernahme habe es Missverständnisse zur Reisebewegung gegeben. Er sei im Oktober 2008 von Äthiopien in den Sudan, dann nach Libyen gereist, wo er sich bis April 2011 aufgehalten habe, bevor er nach Malta gereist sei. In Malta sei er zweieinhalb Jahre gewesen, davon eineinhalb Jahre im Gefängnis. Der Beschwerdeführer legte eine Heiratsbestätigung des islamischen Zentrums Wien vom 01.02.2014 vor. Er wohne seit einer Woche bei seiner Frau und werde von ihr auch finanziell unterstützt.

 

7. In einer Stellungnahme vom 19.02.2014 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, aufgrund seines muslimischen Glaubens von der äthiopischen Regierung bedroht worden zu sein und um sein Leben fürchten zu müssen, weshalb er in den Sudan geflohen sei. Er habe seine Ehefrau vor mehr als 13 Jahren in Äthiopien kennen gelernt. Sie hätten zuhause im Beisein von vier Zeugen traditionell geheiratet. Somit hätten sie auch keine offiziellen Dokumente zum Beweis der Eheschließung.

 

8. Aus einem medizinischen Gutachten vom 25.02.2014 geht hervor, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Zu seinen Fluchtgründen habe er angegeben, dass er seine Frau geheiratet habe, obwohl diese einem anderen zugedacht gewesen sei. Zusätzlich habe er politische Probleme gehabt. Er sei auch in Gefängnis gewesen, da er Mitglied einer oppositionellen Partei gewesen sei. Im Gefängnis sei er gefoltert worden. Auch sein Vater sei inhaftiert worden.

 

9. In einer Stellungnahme zum Gutachten vom 06.03.2014 brachte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers im Wesentlichen vor, dass dieser an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung leide und bereits einen Suizidversuch unternommen habe. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sei von ihrem ersten Ehemann im Alter von 17 Jahren entführt und von diesem gegen ihren Willen geheiratet worden. Der Beschwerdeführer habe seine Stieftochter in Äthiopien als seine Tochter anerkannt und es habe bis zu seiner Ausreise 2008 ein väterliches Verhältnis bestanden. Die Lebensgefährtin sei mittlerweile schwanger.

 

10. In einer Beschwerde gegen eine von der Landespolizeidirektion Steiermark erlassene Gebietsbeschränkung und Meldeverpflichtung brachte der Beschwerdeführer vor, in Äthiopien aufgrund seiner Religionszugehörigkeit und politischen Tätigkeit verfolgt und inhaftiert worden zu sein. Er sei im Gefängnis unter anderem mit Stromschlägen und heißem Wasser gefoltert worden.

 

11. Mit Schreiben vom 09.11.2015 brachte der Beschwerdeführer eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ein. Gleichzeitig wurde der Ersatz der Verfahrenskosten gemäß § 35 VwGVG iVm VwG-AufwErsV beantragt. Der Ausschluss des Kostenersatzes diskriminiere Beschwerdeführer im Bescheidbeschwerdeverfahren gegenüber Beschwerdeführern im Maßnahmenbeschwerdeverfahren und sei daher verfassungswidrig.

 

12. Mit Schreiben vom 27.10.2016 wurden der Beschwerdeführer, seine Lebensgefährtin, seine Stieftochter und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.12.2017 geladen.

 

13. In einer Stellungnahme vom 02.12.2016 brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine bisherigen Aussagen im Verfahren teilweise der Wahrheit entsprechen würden. Er halte jene der Wahrheit entsprechenden Aussagen weiterhin aufrecht, wolle jedoch Ergänzungen und Richtigstellungen vornehmen. Da die Angabe eines genauen Datums in Äthiopien nicht wichtig sei und sich auch der äthiopische Kalender vom gregorianischen unterscheide, könne er Geschehnisse nur unzureichend zeitlich einordnen und kenne auch sein genaues Geburtsdatum nicht. Weiters enthielt die Stellungnahme ausführliche Schilderungen der Fluchtroute des Beschwerdeführers und seines Aufenthalts in Malta. Er habe seine Ehefrau in Äthiopien kennen gelernt und mit ihr ein Jahr zusammen gelebt. Sie hätten in traditioneller Weise zuhause im Beisein von vier Zeugen geheiratet. Somit hätten sie auch keine offiziellen Dokumente, die die Eheschließung bezeugen könnten, hätten jedoch am 01.02.2014 erneut in einer Moschee in Wien geheiratet. Der Beschwerdeführer sei in Äthiopien wie sein Vater Mitglied der politischen Partei "Ginbot 7" gewesen, die Partei sei jedoch lange Zeit verboten gewesen und hätten die Mitglieder im Geheimen tätig sein müssen. Der Gründer der Partei sei 2005 zum Tode verurteilt worden und lebe seither im Exil. Die Partei existiere heute nicht mehr in dieser Form, sondern sei mit einer anderen Partei fusioniert. Er sei wie viele andere Freunde und Bekannte eingesperrt und gefoltert worden. Offenbar sollten die Namen weiterer Parteimitglieder erpresst werden. Er habe von der Folter noch heute sichtbare Narben am Rücken und leide an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Die Länderinformationen zu Äthiopien seien nicht aktuell, die Sicherheitslage habe sich seit November 2015 verschlechtert. Oppositionelle würden systematisch verfolgt. Er lebe bereits seit drei Jahren mit seiner Frau und den beiden gemeinsamen Kindern in Österreich, seine Frau erwarte ihr drittes Kind.

 

14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 09.12.2016 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Amharisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt wurde. Seine Lebensgefährtin wurde als Zeugin einvernommen.

 

15. Am 14.12.2016 erteilte der Beschwerdeführer seine Zustimmung, dass dem Bundesverwaltungsgericht Auskünfte über sein in Malta geführtes Asylverfahren erteilt würden.

 

16. In einer Stellungnahme vom 09.01.2017 machte der Beschwerdeführer ergänzende Angaben zur "Verdeutlichung" seiner Fluchtgründe und zitierte entsprechende Berichte. Er sei Mitglied der Partei "Coalition for Unity and Democracy – CUD" gewesen, was mit "Qinjit" bzw. "Kinjit" übersetzt werde. Nach den Wahlen 2005 sei es zu willkürlichen Verhaftungen gekommen. Der Bruder des Beschwerdeführers sei verhaftet worden und werde seither vermisst. Auch seine Mutter sei für einige Tage inhaftiert worden, sein Vater und ein Cousin seien vor einigen Jahren von der Polizei mitgenommen worden, und sei sein Vater seither in Haft. Nach einem Aufenthalt in einem Dorf von etwa zwei Jahren sei er in seinen Heimatort zurückgekehrt und wenig später festgenommen worden. Im Gefängnis sei er gefoltert worden. Fotos der Narben würden nachgereicht. Weiters wurde in der Stellungnahme auf das "Istanbul Protokoll" verwiesen und erneut vorgebracht, dass der Beschwerdeführer an einer posttraumatische Belastungsstörung leide. Bei der Erstbefragung am 09.12.2013 habe er unter enormem Druck und Angstzuständen gelitten. Es falle ihm schwer, sich an die damaligen Ereignisse im Detail zu erinnern bzw. konkrete und chronologische Zeitangaben zu den Verfolgungshandlungen zu machen. Darüber hinaus habe es Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher bei der Erstbefragung gegeben. Der Beschwerdeführer habe seine Ehegattin 1996 (nach äthiopischem Kalender) in Addis Abeba kennen gelernt. Nach ihrer Heirat hätten sie ein bis eineinhalb Jahre zusammen gelebt, bis sie entführt worden sei. Die Sicherheitslage in Äthiopien sei weiterhin angespannt. Bei einer Rückkehr erwarte den Beschwerdeführer der sichere Tod. Abschließend wurde der Antrag gestellt, den Namen des Beschwerdeführers auf den schon in der Verhandlung angegebenen Namen

XXXX zu ändern.

 

17. Am 17.02.2017 wurde ein klinisch-psychologischer Befund des Vereins "Hemayat", aus dem die Diagnose "posttraumatische Belastungsstörung" hervorgeht, vorgelegt.

 

18. Am 26.07.2017 wurden die Unterlagen zum Asylverfahren des Beschwerdeführers in Malta an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt.

 

19. Mit Schreiben vom 07.08.2017 wurden der Beschwerdeführer und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.09.2017 geladen.

 

20. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 07.09.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Amharisch eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer ergänzend zu seinen Fluchtgründen befragt und ihm Gelegenheit gegeben wurde, zu den aus Malta übermittelten Unterlagen Stellung zu nehmen.

 

21. Mit Schriftsatz vom 12.09.2017, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 29.09.2017, nahm der Beschwerdeführer Stellung zu den in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Äthiopien (zuletzt aktualisiert am 16.01.2017). Darin wird zusammengefasst ausgeführt, dass diesem zu entnehmen sei, dass vor allem in den Provinzen Oromia und Amhara von einer weiteren Verschlechterung der im gesamten Land vorherrschenden katastrophalen Sicherheitslage ausgegangen werden müsse. Überdies zeige der aktuelle Bericht von Amnesty International vom 16.02.2017 ein Bild exzessiver Gewaltanwendung durch die äthiopischen Sicherheitskräfte gegenüber Oppositionellen, deren Gewaltexzessen seit dem Ausbruch der Proteste im November 2015 bereits mehrere hundert Menschen zum Opfer gefallen seien. Zu demselben Ergebnis komme der aktuelle Bericht von Human Rights Watch, nämlich die katastrophale Sicherheitslage seit den Protesten im Jahr 2015. Oppositionelle würden willkürlich verhaftet und "verschwinden", ohne dass deren Verbleib geklärt werde. Aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage in Äthiopien, die gerichtsnotorisch bekannt sei, würden ihm bei einer Rückkehr nach Äthiopien die Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK drohen. Zur katastrophalen Sicherheitslage in Äthiopien wurde beantragt die Videoaufzeichnung von HRW, abrufbar unter dem Link:

 

"https://www.youtube.com/watch?time_continue=77&v=2k8XE4GY4a4 "

 

in der mündlichen Verhandlung vorzuführen. Zudem wurde der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Unfallchirurgie zum Beweis dafür, dass die an seinem Körper ersichtlichen Narben von der erlittenen Folter stammen würden, gestellt. Die Aussagen seiner Fluchtgründe vor dem zuständigen Gericht würden im Wesentlichen mit jenen aus Malta übereinstimmen, wenngleich er aufgrund seiner diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung an manche Ereignisse kein Erinnerungsvermögen mehr haben würde bzw. dies auch das Erinnerungsvermögen seiner Aussagen in Malta betreffe. Aus diesem Grund sei er seit ein paar Wochen wieder in Therapie. Es wurde weiters der Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Neurologie zum Beweis dafür, dass sich sein neurologischer Gesundheitszustand auf sein Erinnerungsvermögen betreffend die Geschehnisse in Äthiopien sowie sein Erinnerungsvermögen im Allgemeinen auswirke und dadurch die Möglichkeit "lückenhafter" Aussagen seinerseits in der Vergangenheit bis zum heutigen Zeitpunkt bestehen würden, gestellt.

 

I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 09.12.2013, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Säumnisbeschwerde, der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.12.2016 und am 07.09.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem sowie in das Strafregister werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer ist äthiopischer Staatsbürger, stammt aus XXXX und bekennt sich zum Islam. Er verließ 2008 Äthiopien und lebt seit seiner Asylantragstellung im Jahr 2013 in Österreich.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Äthiopien die Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK droht.

 

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

 

Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Lebensgefährtin XXXX , einer äthiopischen Staatsangehörigen, mit der er nach islamischem Recht verheiratet ist, sowie den drei gemeinsame Kindern, XXXX , geb. XXXX , XXXX , geb. XXXX und XXXX , geb. XXXX und einer Tochter der Lebensgefährtin, in einem gemeinsamen Haushalt. Der Beschwerdeführer kennt Frau XXXX aus Äthiopien, war in seinem Herkunftsstaat jedoch nicht mit ihr verheiratet. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und spricht Deutsch auf dem Niveau A1. Er leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

 

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Äthiopien

 

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben.

 

Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Staatendokumentation, Länderinformationsblatt Äthiopien, Stand 16.01.2017 (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht)

 

Politische Lage

 

Entsprechend der 1995 in Kraft getretenen Verfassung ist Äthiopien ein demokratischer Bundesstaat. Die Einführung eines föderalen Systems bedeutete eine Abkehr von der Tradition starker Zentralisierung (AA 8 .2016; vgl. GIZ 1.2017a) und der früheren Dominanz der Volksgruppe der Amharen (AA 8 .2016). Auf allen administrativen Ebenen werden regelmäßig Wahlen durchgeführt, zu denen Oppositionsparteien zwar zugelassen werden, jedoch faktisch in ihren Handlungsoptionen stark eingeschränkt sind (AA 8 .2016). Der Präsident hat eine weitgehend repräsentative Rolle und darf keiner Partei angehören (AA 8 .2016; vgl. GIZ 1.2017a). Die politische Macht liegt beim Premierminister, der die Exekutive leitet, dem Ministerrat vorsitzt und die Streitkräfte befehligt (AA 8 .2016; vgl. CIA 14.12.2016; GIZ 1.2017a).

 

Nach dem Tod des Premierministers Meles Zenawi im August 2012 ging die Führung des Landes friedlich an den damaligen Außenminister Hailemariam Desalegn über. Unter seiner Führung haben sich Regierung und Partei zur Erhaltung des Status Quo und der politischen Kontinuität bekannt (AA 24.3.2016).

 

Dominierende politische Kraft ist die Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front (EPRDF), die sich aus vier Parteien zusammensetzt, der Tigray People's Liberation Front (TPLF), der Amhara National Democratic Movement (ANDM), der Oromo People‘s Democratic Organisation (OPDO) und der Southern Ethiopian Peoples' Democratic Movement (SEPDM) (AA 8 .2016). Traditionellen Führungsanspruch in der EPRDF hat die TPLF, die den Befreiungskrieg gegen das Derg-Regime anführte (AA 24.5.2016). Die Opposition ist ideologisch, ethnisch und regional breit gefächert und gilt nach den Parlamentswahlen 2015 weiterhin als geschwächt. Ihr Handlungsspielraum bleibt eingeschränkt (AA 8 .2016).

 

Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Oberhaus "House of Federation" mit 108 Sitzen, die für eine fünfjährige Amtszeit von der Versammlungen der Regionalstaaten ernannt werden, und dem Unterhaus "House of Peoples' Representatives" mit 547 Sitzen, die für eine ebenfalls fünfjährige Amtszeit vom Volk gewählt werden (CIA 14.12.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Seit den letzten Parlamentswahlen im Mai 2015 hält die EPRDF alle 547 Sitze (CIA 14.12.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Die EU kritisierte im Vorfeld der Wahl die massiven Einschüchterungsversuche gegen Oppositionsparteien und Verhaftungen unabhängiger Journalisten (GIZ 1.2017a). Der Premierminister wird nach den Parlamentswahlen von der Partei ernannt, die die Wahlen für sich entscheiden konnte (CIA 14.12.2016). Der Präsident wird von den beiden Parlamentskammern für eine sechsjährige Amtszeit gewählt. Bei den letzten Präsidentschaftswahlen am 7. Oktober 2013 wurde Teshome Wirtu MULATU gewählt (CIA 14.12.2016).

 

Seit Ende des Jahres 2015 gab es immer wieder Proteste gegen den so genannten "Masterplan" für Addis Abeba, der eine Vergrößerung der Hauptstadt in den umliegenden Bundesstaat Oromia hinein vorsah. Im Januar 2016 gab die äthiopische Regierung nach anhaltenden (teils gewalttätigen) Protesten die Rücknahme des "Masterplans" bekannt. Die regierungskritischen Proteste hatten sich in 2016 stetig ausgeweitet. Angehörige der ethnischen Gruppen der Oromo und Amhara protestierten gegen die Korruption und die politische Dominanz der regierenden EPRDF, forderten eine bessere Verteilung der Früchte des Wirtschaftswachstums und mehr politische Mitbestimmung. Die Regierung ging weiterhin rigide gegen die Proteste vor. Hunderte Personen kamen ums Leben, Tausende sollen im Rahmen des im Oktober 2016 verhängten Ausnahmezustandes verhaftet worden sein. Es ist davon auszugehen, dass die Regierung durch ihre Maßnahmen im Rahmen des Ausnahmezustandes die Lage weitestgehend wieder unter ihre Kontrolle gebracht hat. Inwieweit politische Maßnahmen wie der Austausch des Regierungskabinetts durch Premierminister Hailemariam langfristig zu einer Harmonisierung beitragen können, bleibt abzuwarten (GIZ 1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

Die äthiopische Regierung hat am 9. Oktober 2016 den Ausnahmezustand verhängt. Vorausgegangen waren Massendemonstrationen und teils gewaltsame Proteste gegen die Regierung, überwiegend in den Regionen Oromia und Amhara (AA 3.1.2017). Diese hatten bereits Ende des Jahres 2015 begonnen, als die Hauptstadt Addis Abeba in den umliegenden Bundesstaat Oromia hinein vergrößert werden sollte. Die Proteste erweiterten sich später mit Forderungen nach einem Ende willkürlicher Festnahmen und ethnischer Ausgrenzung sowie gegen die Dominanz der Regierungspartei und mit der Forderung nach mehr politischer Mitbestimmung. Die Regierung ging rigide gegen die Proteste vor wobei mehrere hundert (AI: 800, GIZ: 400) Personen durch Sicherheitskräfte getötet wurden (AI 9.11.2016; vgl. GIZ 1.2017a). Nachdem sich die Sicherheitssituation in den Provinzen Oromia und Amhara und im Gebiet Konso in der SNNPR (Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker) zwischen Juli und Anfang Oktober 2016 zeitweise massiv verschlechtert hat, ist in der Provinz Amhara nunmehr eine gewisse Beruhigung eingetreten. In der Provinz Oromia sowie im Konso-Gebiet bleibt die Lage jedoch weiterhin angespannt. Mit einem Wiederaufflammen gewalttätiger Proteste und einer erneuten Verschlechterung der Sicherheitslage in den Provinzen Oromia und Amhara muss gerechnet werden (BMEIA 3.1.2017a).

 

Die Grenze zu Eritrea ist gesperrt und die Lage im Grenzgebiet ist angespannt (BMEIA 3.1.2017b). Bei Fahrten in das direkte Grenzgebiet zu Eritrea und in die Danakilsenke in Nord-Afar können Überfälle durch Banditen und örtliche Untergrundorganisationen sowie Entführungen nicht ausgeschlossen werden (AA 3.1.2017).

 

In den letzten Jahren gab es vereinzelte (versuchte) Sprengstoffanschläge in Addis Abeba. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Äthiopien auch zukünftig Ziel von Anschlägen sein wird (AA 3.1.2017). In vielen Regionen Äthiopiens sind Minen verlegt, vor allem bis 80 km innerhalb der Grenzen zu Eritrea, Somalia, Sudan, Südsudan und Kenia (Borana Region); aber auch das Landesinnere ist teilweise vermint (BMEIA 3.1.2017b).

 

Als weitere Sicherheitsbedrohung gilt eine Reihe von bewaffneten Gruppen die von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation eingestuft werden, wie die Oromo Liberation Front (OLF), die Ogaden National Liberation Front (ONLF) und Ginbot 7 (DCR 18.5.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Das äthiopische Rechtssystem enthält Elemente mehrerer westlicher Rechtssysteme und ist schwer zu systematisieren (GIZ 1.2017a). Gesetzlich ist eine unabhängige Justiz vorgesehen (USDOS 13.4.2016; vgl. GIZ 1.2017a), dennoch kommt es regelmäßig zu Einschränkungen von Rechtsstaatlichkeit, zuletzt durch die Erklärung des Ausnahmezustandes für eine Dauer von 6 Monaten am 9. Oktober 2016 (AA 8 .2016). Durch den Ausnahmezustand werden den Provinzverwaltungen Kompetenzen für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entzogen und bei der äthiopischen Bundesregierung zentralisiert. Diese kann damit auf zukünftige Unruhen schneller reagieren (AA 3.1.2017).

 

Das Justizwesen wird als korrupt und undurchsichtig wahrgenommen. Richter gelten als schlecht ausgebildet und nicht immer über die geltenden Gesetze ausreichend informiert. Dies schlägt sich entsprechend in den Verfahren nieder (GIZ 1.2017a). Zivilgerichte arbeiten weitgehend unabhängig, die Strafgerichte sind aber weiterhin schwach, überlastet und werden politisch beeinflusst. Sowohl religiöse als auch traditionelle Gerichte sind verfassungsmäßig anerkannt. Viele Bürger in ländlichen Gebieten haben kaum Zugang zum formalen Justizsystem und sind auf traditionelle Konfliktlösungsmechanismen angewiesen. Scharia-Gerichte können religiöse und Familienrechtsfälle übernehmen, die Muslime betreffen. Scharia-Gerichte erhalten finanzielle Unterstützung durch den Staat und urteilten in der Mehrheit der Fälle in den vorwiegend muslimischen Somali- und Afar-Gebieten. Daneben gibt es noch weitere traditionelle Rechtssysteme, wie etwa Ältestenräte. Einige Frauen stellten fest, dass sie im traditionellen Rechtssystem keinen Zugang zu freien und fairen Verhandlungen haben, da sie traditionellerweise von der Teilnahme an Ältestenräten ausgeschlossen sind und in ländlichen Gebieten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verbreitet ist (USDOS 13.4.2016).

 

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht ersichtlich. Die äthiopische Regierung bestreitet zudem Strafverfolgung aus politischen Gründen. Allerdings berichten Oppositionspolitiker, Journalisten und inzwischen auch vereinzelt muslimische Aktivisten von Einschüchterungen, willkürlichen Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Dies geschieht inzwischen oft unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung und Wahrung der Sicherheit und Integrität des Landes. Bei einer vermuteten Nähe zu gewaltbereiten Gruppen (OLF, ONLF, Ginbot 7) oder einem (teilweise noch unbestätigten) Verdacht, zu Terrorismus anstiften zu wollen, wird hart durchgegriffen (AA 24.5.2016).

 

Das in der Verfassung verankerte Recht, nach der Verhaftung innerhalb von 48 Stunden einem Richter vorgeführt zu werden, wird - unter anderem wegen Überlastung der Justiz - häufig nicht umgesetzt. Darüber hinaus gibt es regelmäßig Berichte über Misshandlungen, insbesondere in Untersuchungshaft, unbekanntem Verbleib zwischen Verhaftung und Vorführung vor Gericht bzw. Einlieferung in ein staatliches Gefängnis oder auch darüber, dass Familienangehörige von Verhafteten unter Druck gesetzt werden. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die z.B. das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung (AA 24.5.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die Bundespolizei untersteht dem Ministerium für Bundesangelegenheiten, das wiederum parlamentarischer Aufsicht unterliegt. Diese Aufsicht ist allerdings locker. Jeder der neun Regionalstaaten hat eine eigene Staats- oder Sonderpolizeieinheit, die jeweils den regionalen zivilen Behörden untersteht (USDOS 13.4.2016). Im ganzen Land gibt es zudem lokale Milizen, die sich in ihrer Arbeit mit regionalen und föderalen Polizei- und Militäreinheiten lose abstimmen. Das Ausmaß der Abstimmung variiert in den einzelnen Regionen. In vielen Fällen sind die Milizen der verlängerte Arm der Regierungspartei (USDOS 13.4.2016). Die Milizen sind von Gemeindevertretern gewählte, jedoch bewaffnete Personen, die ehrenamtlich militärische und Polizeidienste leisten und im Wesentlichen Polizeiaufgaben in (teilweise sehr entlegenen) ländlichen Gebieten erfüllen (vergleichbar mit "Community Police"). In manchen Fällen werden Milizen auch im Kampf gegen bewaffnete Rebellen eingesetzt, insbesondere in der Somali-Region im Osten Äthiopiens gegen die Ogaden National Liberation Front (ONLF) (AA 24.5.2016).

 

Die Sicherheitskräfte handeln im Allgemeinen diszipliniert und sind effektiv (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016), sind aber oftmals schlecht ausgebildet, schlecht ausgerüstet und ohne Kenntnis der gesetzlichen Vorschriften (AA 24.5.2016). Straffreiheit ist weiterhin ein ernstes Problem. Mechanismen zur Untersuchung von Missbräuchen durch die Bundespolizei sind nicht bekannt und die Regierung gibt die Untersuchungsergebnisse nur selten öffentlich bekannt. Sie bemüht sich aber, Menschenrechtsschulungen für Polizei- und Militärschüler anzubieten (USDOS 13.4.2016). Es wird zudem berichtet, dass sich in Einzelfällen die Sicherheitsorgane oder andere Behörden über Gerichtsurteile hinweggesetzt haben (z.B. in Ostäthiopien/ Ogaden) (AA 24.5.2016).

 

Die Streitkräfte wurden in den letzten Jahren mit dem Ziel umstrukturiert, sie von Aufgaben der inneren Sicherheit, die der Polizei obliegen, zu entbinden. Dies ist noch nicht landesweit umgesetzt. In einigen Regionen (Oromia, Somali Region/Ogaden, Gambella, Sidamo) gehen Polizei und Militär weiterhin gezielt gegen vermutete und tatsächliche Unterstützer und Angehörige der dort aktiven, z.T. militant bis terroristisch operierenden oppositionellen Gruppierungen ONLF, OLF, Ethiopian National United Patriotic Front (ENUPF) und Sidamo Liberation Front (SLF) vor (AA 24.5.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (USDOS 13.4.2016). Das in der Verfassung verankerte Verbot von Folter wird in der Praxis unterlaufen. Von verschiedener Seite werden immer wieder Vorwürfe über Misshandlungen durch Polizei und Militär laut (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Berichte von Folter und Misshandlung gibt es insbesondere während der Untersuchungshaft und von Häftlingen, die unter Verdacht stehen, mit Terrororganisationen in Verbindung zu stehen. Eine adäquate und konsistente Reaktion der Behörden auf z.B. in Gerichtsverfahren geäußerte Folter- und Misshandlungsvorwürfe ist nicht zu erkennen (AA 24.5.2016). Zudem verschwinden Berichten zufolge nach Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Rebellengruppen immer wieder Zivilisten – jedoch gibt es weniger glaubwürdige Berichte darüber als in den Vorjahren (USDOS 13.4.2016).

 

Systematische Verhaftungen und Folter bzw. Misshandlung durch Polizei, Militär und andere Mitglieder der Sicherheitskräfte sind nicht auszuschließen, insbesondere in Fällen, in denen der Verdacht oppositioneller Tätigkeit oder der Mitgliedschaft in bewaffneten Oppositionsgruppen und ein (vermuteter) Zusammenhang mit Terrorismus bestehen. Das Ersuchen des Sonderberichterstatters des UN-Menschenrechtsrates gegen Folter um einen Länderbesuch in Äthiopien wurde bisher abgelehnt (letzte Anfrage 2011) (AA 24.5.2016).

 

Laut NGO-Berichten, wurden tausende Oromos, denen die Regierung Terrorismus vorwirft, willkürlich festgenommen und in manchen Fällen gefoltert (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Korruption

 

Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 27.1.2016). In Äthiopien hat es einige spektakuläre Korruptionsfälle gegeben, in die hochrangige Vertreter der Regierung verwickelt waren. In den bekannt gewordenen Fällen hat es Verurteilungen gegeben (GIZ 1.2017a). Trotz der Strafverfolgung vieler Beamter aufgrund von Korruption sind einige Beamte weiterhin in korrupte Praktiken involviert. Insbesondere auf niedriger Ebene ist Korruption – vor allem das Einfordern von Bestechungsgeldern – ein Problem. Auch bei der Polizei und in der Justiz ist Korruption weiterhin ein Problem (USDOS 13.4.2016; vgl. FH 27.1.2016), ebenso im Alltag (GIZ 1.2017a). Auf dem Corruption Perceptions Index 2014 von Transparency International lag Äthiopien auf Platz 103 von 168 untersuchten Ländern (TI 2015).

 

Beim Justizministerium ist eine Bundeskommission für Ethik und Antikorruption (FEACC) eingerichtet. Der Strafprozess wegen Korruption gegen den Generaldirektor der Äthiopischen Steuer- und Zollbehörde, dessen Stellvertreter und weitere Regierungsbeamte und privater Geschäftsleute wurde im Jahr 2015 weitergeführt (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage, Opposition

 

Der äthiopischen Regierung ist die Gewährleistung von Sicherheit und Stabilität erkennbar wichtiger als demokratische Freiräume, Bürger- und individuelle Menschenrechte (AA 24.5.2016). Zu den signifikantesten Menschenrechtsproblemen in Äthiopien zählen die Einschränkung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit (unter anderem durch Festnahmen), politisch motivierte Gerichtsverfahren, Schikane und Einschüchterung von Oppositionspolitikern und Journalisten, sowie die Einschränkungen von Printmedien, Zivilgesellschaft und NGOs (USDOS 13.4.2016).

 

Die Verfassung und weitere Gesetze sehen die Meinungs- und Pressefreiheit vor (USDOS 13.4.2016). Journalisten, Oppositionsaktivisten und regierungskritische Personen werden jedoch schikaniert, verhaftet und strafrechtlich verfolgt. Die Aktivitäten der politischen Opposition werden überwacht und behindert (USDOS 13.4.2016; vgl. HRW 27.1.2016). Stärker als das Medien- und Informationsgesetz wirkt sich das Antiterrorgesetz auf die Meinungs- und Pressefreiheit in Äthiopien aus. Denn es umfasst nicht nur direkte und indirekte Unterstützung von Terrorismus als Tatbestand, sondern auch Berichterstattung über terroristische Gruppen oder Aktivitäten, die von der Öffentlichkeit als Anstiftung bzw. Propaganda aufgefasst werden könnten. Hinzu kommen weitreichende Befugnisse, die das Antiterrorgesetz den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden einräumt, z.T. auch ohne gerichtliche Überwachung (AA 24.5.2016). Angesichts der Verhaftungen und Prozesse herrscht eine große Verunsicherung bei Medienvertretern, was die Praxis einer gewissen Selbstzensur verschärft (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).

 

Das Antiterrorgesetz schränkt auch die Meinungsfreiheit im Internet ein. Das Internet spielt in Äthiopien mit einer geschätzten Anwender-Zahl von unter 1,5% der Bevölkerung (die Regierung beziffert die Internetanwenderquote mit 4%) eine untergeordnete, aber im urbanen Bereich wachsende Rolle. Die Regierung filtert und sperrt im Internet den Zugang zu unerwünschten Seiten bzw. Inhalten. Eine ganze Reihe von (regierungs-)kritischen Webseiten, Blogs und Internetmedien werden blockiert, aber vereinzelt auch internationale Webseiten und Programme. Die staatliche Ethio-Telecom ist der einzige Anbieter von Telekommunikationsdiensten. Eine Privatisierung des Telekommunikationssektors lehnt die Regierung ausdrücklich ab (AA 24.5.2016).

 

Die Verfassung gewährleistet Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, beide werden in der Praxis aber eingeschränkt (FH 27.1.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Versammlungen sind genehmigungspflichtig. Die Behörden können die Genehmigung (dem Gesetz nach) nicht verweigern, können aber verlangen, die Veranstaltung an einem anderen Ort oder Zeitpunkt zu veranstalten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 24.5.2016). In der Realität werden Demonstrationen allerdings meist von Sicherheitskräften blockiert, Menschen festgehalten oder verhaftet, mit der Begründung, dass keine Genehmigung vorliege (AA 24.5.2016). Seit den Protesten im Herbst 2015 kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Protestierenden, bei denen es zahlreiche Tote und Verletzte gab (AA 3.1.2017).

 

Im Bereich der Vereinigungsfreiheit haben das NGO-Gesetz (Verbot für NGOs, in bestimmten Bereichen tätig zu sein) sowie die Ende 2011 dazu eingeführten Verwaltungsvorschriften erhebliche Auswirkungen auf zivilgesellschaftliches Engagement, insbesondere im Menschenrechtsbereich (AA 24.5.2016). Die unabhängige Tätigkeit von Gewerkschaften im Lande wird trotz der in der Verfassung garantierten Vereinigungsfreiheit behindert, nicht partei- bzw. regimetreue Gewerkschaften werden oftmals untergraben (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Opposition

 

Die zugelassene politische Opposition hat nur wenige Möglichkeiten, sich zu entfalten und zu arbeiten. Parteibüros werden durchsucht, Parteimitglieder und –anhänger (gelegentlich) verhaftet oder – v.a. von den Sicherheitskräften – eingeschüchtert. Weite Teile der Opposition werden von der Regierung nicht als legitime politische Akteure anerkannt. Die Regierung hat wiederholt versucht, die legalen Oppositionsparteien als "Schirm" für Terroristen, extremistische islamische Gruppierungen oder ethnische Separatisten dazustellen. Die Vorgehensweise gegen Oppositionelle begründet die Regierung regelmäßig mit gesetzlichen Bestimmungen (Antiterrorgesetz, Strafrecht), Sicherheitsgründen sowie der Bekämpfung des Terrorismus (AA 24.5.2016). Zu den wichtigsten Oppositionsparteien gehören das Forum for Democratic Dialogue in Ethiopia (Medrek), Oromo Federalist Democratic Movement (OFDM), Unity for Democracy and Justice (UDJ), Semayawi Party und All Ethiopian Unity Party (AEUP) (UKHO 12.2016a).

 

Einer Studie von Amnesty International vom Oktober 2014 zufolge sind zwischen 2011 und 2014 mindestens 5.000 Angehörige der Volksgruppe der Oromos (ca. 35% der äthiopischen Bevölkerung) aufgrund einer tatsächlichen oder vermuteten Gegnerschaft zur Regierung verhaftet worden, die Mehrzahl hiervon offenbar ohne Haftbefehl oder wochenbis jahrelang ohne Anklage. Die in der Studie behauptete systematische Verfolgung der Oromo konnte allerdings auf im November 2014 stattfindenden Feldmissionen westlicher Botschaften nach Oromia nicht belegt werden (AA 24.5.2016). Bei den Protesten von 2015/2016 die in der Region Oromia begonnen haben und immer wieder als gewalttätig und terroristisch bezeichnet wurden, ging die äthiopische Regierung besonders gegen die Oromos und die Protestierenden dort vor. Dabei kam es zu vielen Toten und zahlreichen - zum Teil willkürlichen - Verhaftungen. Besonders betroffen waren u.a. Studierende, Aktivisten und Oppositionsmitglieder (UKHO 12.2016b).

 

Neben der legalen politischen Opposition gibt es militante "Befreiungs"-Bewegungen (AA 8 .2016). Gegen diese militanten Gruppen, insbesondere diejenigen, die vom Parlament als Terrororganisation gelistet wurden und/oder sich für Waffengewalt und Terrorismus aussprechen, wird hart vorgegangen. Wer in führender oder verantwortlicher Stellung in einer solchen Organisation tätig war bzw. ist oder dessen verdächtigt wird, muss mit Strafverfolgung wegen terroristischer Aktivitäten rechnen. Dies betrifft vor allem die OLF, Teile der ONLF, Ginbot 7, al Qaida und al Shabaab, aber auch "al-Ittihad Al-Islamia" (AIAI), ENUPF und SLF. 2010 wurde jeweils ein Friedensabkommen mit Teilen der ONLF und der United Western Somali Liberation Front (UWSLF) abgeschlossen, das die Freilassung von Gefangenen, die Reintegration ehemaliger Kämpfer und eine Amnestie für diejenigen zusichert, die ihre Waffen freiwillig abgeben. Allerdings ist die Umsetzung der Abkommen weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Manche ehemaligen Kämpfer wurden nach Freilassung wieder eingesperrt, andere Kämpfer sind zu dem noch kämpfenden Flügel der ONLF übergelaufen (AA 24.5.2016). Schätzungen bezüglich der Anzahl politischer Gefangener variieren erheblich (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 16 von 26

 

 

 

 

 

 

Haftbedingungen

 

Es gibt in Äthiopien 6 Bundes- und 120 regionale Gefängnisse. Die Behörden sperren manchmal Jugendliche mit Erwachsenen ein. Männliche und weibliche Gefangene werden in der Regel getrennt. Die Bedingungen in Gefängnissen und Untersuchungshaftanstalten sind weiterhin schlecht, in einigen Fällen lebensbedrohlich (USDOS 13.4.2016) und jedenfalls nicht mit europäischen Standards vergleichbar (AA 24.5.2016). Die Gefängnisse sind überfüllt (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). In der Regel erfolgt die Unterbringung in großen Gemeinschaftszellen. Verpflegung und sanitäre Anlagen sind landestypisch einfach. Aufgebessert werden die Haftbedingungen entweder durch finanzielle Mittel oder durch die weit verbreitete Unterstützung durch Angehörige (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 13.4.2016). Es wird immer wieder berichtet, dass Angeklagten und/oder Verurteilten unter dem Antiterrorgesetz der Zugang zu Anwälten, Besuch von Angehörigen sowie adäquate medizinische Versorgung verwehrt wird (AA 24.5.2016). Zudem gibt es Berichte, dass Wärter Häftlinge schlagen. Die medizinische Versorgung nach solchen Schlägen ist in manchen Fällen unzureichend (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Religionsfreiheit

 

Im Zensus 2007 wurde geschätzt, dass 44% der Bevölkerung der äthiopisch-orthodoxen Kirche angehören, 34% sunnitische Muslime sind und 19% evangelikalen oder Pfingstkirchen angehören. Des Weiteren gibt es eine kleine Anzahl von Katholiken, Zeugen Jehovas, Juden, Mormonen und einige Anhänger indigener Religionen (USDOS 10.8.2016; vgl. GIZ 1.2017b).

 

Die Verfassung und die meisten Gesetze und Richtlinien schützen die Religionsfreiheit (USDOS 10.8.2016; vgl. AA 24.5.2016), Staat und Religion sind getrennt. Die Regierung bemüht sich, bei hochrangigen Personalentscheidungen (Ernennung von Vize-Premiers oder Ministerposten), die Muslime des mehrheitlich christlich geprägten Landes einzubinden. Ihr Anteil an politischen Entscheidungsfunktionen spiegelt aber unverändert nicht ihre Bedeutung in der Gesellschaft wider (AA 24.5.2016).

 

Grundsätzlich sieht sich Äthiopien als Modell für interreligiöse Toleranz und Verständigung (AA 24.5.2016) und ist für die friedliche Koexistenz der verschiedenen Glaubensgemeinschaften, vor allem für das friedliche Zusammenleben von Muslimen und Christen, bekannt (GIZ 1.2017b). In den letzten Jahren kommt es jedoch vor allem durch den Einfluss (islamischer und christlicher) fundamentalistischer Kräfte zunehmend zu Konflikten. In der Praxis existieren daher vielschichtige Spannungen inter- und intrareligiöser Art. Inzwischen erkennt die Regierung religiöse Spannungen an und versucht, darauf zu reagieren (AA 24.5.2016).

 

Die Regierung beobachtet angeblich islamistisch-fundamentalistische Strömungen besonders kritisch, ebenso den wachsenden Einfluss wahhabitischer bzw. salafistischer Gruppen und begründet hartes Vorgehen gegen Muslime mit dem Kampf gegen extremistische Strömungen und Terrorismus. Äthiopische Muslime ihrerseits werfen der Regierung Einmischung in religiöse Angelegenheiten und eine Beschränkung der Ausübung der Religionsfreiheit vor, z.B. im Zusammenhang mit den Wahlen zum Islamischen Rat (Islamic Affairs Supreme Council) und mit vom äthiopischen Ministerium für föderale Angelegenheiten im Zusammenarbeit mit dem (regierungsnahen) Islamic Affairs Supreme Council organisierten Lehrgängen zur äthiopischen Verfassung und zu einer gemäßigten Form des Islam (Al-Ahbash) (AA 24.5.2016; vgl. USDOS 10.8.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Obwohl im Gesetz die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit für Reisen innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr verankert ist, wird dieses Recht in der Praxis von der Regierung teilweise eingeschränkt. Die Regierung hat die Einschränkung der Bewegungsfreiheit in und innerhalb der Somali-Region gelockert, aber nicht vollständig abgeschafft (USDOS 13.4.2016).

 

Unter dem seit Oktober 2016 ausgerufenen Ausnahmezustand kann die äthiopische Regierung u.a. Ausgangssperren verhängen (EDA 13.1.2017).

 

Internationale Menschenrechtsorganisationen üben Kritik an von der Regierung begonnenen Programmen zur Umsiedlung der ländlichen Bevölkerung, insbesondere in der Region Gambella und im Süden des Landes. Die Umsiedlungsmaßnahmen, die laut Regierung freiwillig sind und der Bereitstellung einer besseren Infrastruktur und Basisversorgung für die ländliche Bevölkerung dienen, werden nach Aussagen von Menschenrechtsorganisationen willkürlich durchgeführt und gehen mit ernsten Verletzungen der Menschenrechte einher (AA 8 .2016).

 

Für Opfer staatlicher Repression besteht grundsätzlich die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in andere Landesteile zu verlegen, womit sie einer lokalen Bedrohungssituation entgehen können. Die Gründung einer neuen wirtschaftlichen und sozialen Existenz in anderen Landesteilen ist jedoch angesichts des niedrigen Existenzniveaus in allen Landesteilen und der ethnischen Abgrenzung schon aus sprachlichen Gründen schwierig. In den größeren Städten ist ein wirtschaftlicher Neuanfang im Vergleich leichter möglich (AA 24.5.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Äthiopien ist bei etwa 99,3 Millionen Einwohnern mit einem jährlichen Brutto-National-Einkommen von etwa 686,6 US-Dollar pro Kopf (2015) eines der ärmsten Länder der Welt, auch wenn das Wirtschaftswachstum in den letzten zehn Jahren wesentlich über dem regionalen und internationalen Durchschnitt lag. Ein signifikanter Teil der Bevölkerung lebt unter der absoluten Armutsgrenze: laut Weltbank-Daten von 2015 lebten im Jahr 2011 30,7% von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag, 2005 waren es noch 39% (AA 10 .2016). Jugendarbeitslosigkeit ist akut. Beschäftigung im öffentlichen Sektor, dem führenden Arbeitgeber in Äthiopien nach der Landwirtschaft, erfordert die Parteimitgliedschaft oder gute Verbindungen zur herrschenden Elite (UKHO 12.2016b). In den ländlichen Regionen ist die Arbeitslosigkeit niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft. Öffentliche Arbeitsagenturen bieten in regionalen Büros, die mit dem äthiopischen Ministerium für Arbeit und Soziales (MOLSA) www.molsa.gov.et in Verbindung stehen, ihre Dienste an (IOM 6.2014).

 

Der wichtigste Erwerbszweig bleibt die Landwirtschaft mit 81% der Erwerbstätigen, die 2014 rund 40% des Bruttoinlandsprodukts erzeugten (AA 10 .2016; vgl. GIZ 10.2016). Von der Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion hängt die Sicherheit der Lebensmittelversorgung ab (AA 10 .2016). Etwa 10% des jährlichen Nahrungsmittelbedarfs wird grundsätzlich ganzjährig durch internationale Hilfe gewährleistet (GIZ 10.2016). Rund 3 Millionen Äthiopier erhalten jährlich Nahrungsmittelhilfe zur Überbrückung ihrer Engpässe. Zusätzlich werden 7,8 Mio. Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigen würden (AA 10 .2016; vgl. AA 24.5.2016). Im Human Development Index 2014 liegt Äthiopien auf Platz 174 von 188 Ländern. Die strukturellen Probleme - Auswirkungen wiederkehrender Dürreperioden auf die Landwirtschaft, rasches Bevölkerungswachstum und daraus resultierende Folgen für Wirtschaftswachstum, fortschreitende Bodenerosion und Ressourcenmangel - bleiben trotz großer Anstrengungen ungelöst (AA 10 .2016).

 

Äthiopien hat nach dem Fall des Derg-Regimes 1991 einen langen Weg von der Umstellung einer marxistischen Planwirtschaft auf eine offenere Wirtschaftsform hinter sich. Die meisten Preise sind freigegeben (wichtige Ausnahme: Treibstoffe; es bestehen zudem verbilligte Preise für Zucker und Öl bei staatseigenen Verkaufsstellen) und Privatunternehmen in fast allen Sektoren zugelassen. Die Regierung übt allerdings durch staatliche Monopolunternehmen, parteinahe Unternehmensgruppen und eine kontrollierende Bürokratie unverändert beherrschenden Einfluss auf die Wirtschaft aus. Privater Landbesitz ist gemäß Verfassung nicht zulässig (AA 10 .2016).

 

Äthiopien bietet, mit der Ausnahme von Pensionskassen für Beamte und Offiziere, kein umfassendes staatlich gefördertes Sozialhilfesystem (BS 2016). Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Kindergeld o.ä. werden von der äthiopischen Regierung nicht erbracht (AA 24.5.2016). Die äthiopische Bevölkerung verlässt sich auf die Solidarität der Großfamilie, der Clan- und Dorfstrukturen sowie auf religiöse und traditionelle Bräuche (BS 2016). Das Rückgrat der sozialen Wohlfahrt bilden die traditionellen Verbände. Es gibt im gesamten Land eine Reihe von Wohlfahrtsprogrammen, die auf religiöser, politischer oder familiärer Basis gegründet wurden. Zu den beiden am weitesten verbreiteten Verbänden zählen die sogenannten "iddir"-Systeme. Es handelt sich hierbei um Gemeinschaften, die Menschen aus der Nachbarschaft, aus dem gleichen Berufsfeld oder Freunden finanzielle und andere Hilfen gewähren (IOM 6.2014).

 

Farmer und Familien die vom landwirtschaftlichen Sektor leben, sind am ehesten davon betroffen, ihre Lebensgrundlage zu verlieren, da die Regierung sehr daran bemüht ist, ihr Land kommerziell zu nutzen (BS 2016).

 

Quellen:

 

 

 

.BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 25 von 26

 

 

amt.de/sid_1405D462D27F69391D711CFFF6521ED1/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aethiopien/Wirtschaft_node.html, Zugriff 29.12.2016

 

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Die Gesundheitsversorgung ist trotz erheblicher Anstrengungen und bereits erzielter Fortschritte noch mangelhaft (GIZ 1.2017b). Medizinische Versorgungsmöglichkeiten sind begrenzt, die Qualität ist unvorhersehbar, eine staatliche notfallmedizinische Versorgung auf europäischem Niveau ist landesweit nicht vorhanden (BMEIA 3.1.2017c). Generell ist die medizinische Versorgung auf dem Land wegen fehlender Infrastruktur erheblich schlechter als in den städtischen Ballungszentren (AA 24.5.2016).

 

Es gibt in Äthiopien weder eine kostenlose medizinische Grundversorgung noch beitragsabhängige Leistungen. Die medizinische Behandlung erfolgt entweder in staatlichen Gesundheitszentren bzw. Krankenhäusern oder in privaten Kliniken. Die Behandlung akuter Erkrankungen oder Verletzungen ist durch eine medizinische Basisversorgung gewährleistet. Komplizierte Behandlungen können wegen fehlender Ausstattung mit hochtechnologischen Geräten nicht durchgeführt werden (AA 24.5.2016).

 

Die wichtigsten Gesundheitsprobleme in Äthiopien betreffen vor allem Müttersterblichkeit, Malaria, Tuberkulose und HIV/AIDS die durch akute Unterernährung und fehlendem Zugang zu sauberem Wasser und zu sanitären Einrichtungen verstärkt werden (WHO o.D.). Viele Menschen sind von häufigen Durchfällen betroffen. Diese stellen bei Kindern die häufigste Todesursache dar (GIZ 1.2017b). Chronische Krankheiten, die auch in Äthiopien weit verbreitet sind, wie Diabetes, Schwäche des Immunsystems etc. können mit der Einschränkung behandelt werden, dass bestimmte Medikamente ggf. nicht verfügbar sind. Durch die Entwicklung der Devisenreserven in Äthiopien sind Einfuhren von im Ausland hergestellten Medikamenten von Devisenzuteilungen durch die Nationalbank zur Bezahlung von Handelspartnern im Ausland abhängig. Deswegen kommt es bei bestimmten Medikamenten immer wieder einmal zu Versorgungsengpässen (AA 24.5.2016). Der Zugang zu den wesentlichen Medikamenten ist nur einem Teil der Bevölkerung möglich. Schätzungen zufolge lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung mehr als 10 km von der nächsten Gesundheitseinrichtung entfernt (WHO o.D.; vgl. GIZ 1.2017b).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Es sind bisher keine Fälle bekannt, dass zurückgekehrte Äthiopier Benachteiligungen oder gar Festnahme oder Misshandlung ausgesetzt waren. Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer, insbesondere für unbegleitete Minderjährige gibt es nicht. Rückkehrer können nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen (AA 24.5.2016).

 

Die Regierung arbeitet bei der Flüchtlingshilfe und bei zurückkehrenden Staatsbürgern generell mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen. Die Arbeit von Hilfsorganisationen in unsicheren Regionen wird aber manchmal durch Behörden und bewaffnete Gruppen eingeschränkt (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

2. Beweiswürdigung:

 

Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

 

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Herkunft und seiner Religionszugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

 

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben sowie zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verwaltungsakten seiner Familie, seinen Angaben und den vorgelegten Befunden.

 

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

 

Zur Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine gezielte konkrete Verfolgung droht, ist zunächst auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nämlich dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31).

 

Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes geht nach Durchführung zweier mündlichen Verhandlungen und aufgrund ihres persönlichen Eindruckes des Beschwerdeführers davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Seine Angaben mit Belegen zu untermauern, war der Beschwerdeführer nicht imstande, weshalb es umso wichtiger gewesen wäre, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden:

 

Wenn auch die Angaben in der Erstbefragung, die sich gemäß § 19 Abs 1 AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen haben, nicht überbewertet werden sollten (vgl. idS auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), so ist im vorliegenden Fall dennoch unübersehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung eine völlig andere Fluchtgeschichte als in den mündlichen Verhandlungen vorbrachte.

 

So machte der Beschwerdeführer im Zuge seiner Erstbefragung am 09.12.2013 eine Verfolgung aufgrund seiner Religionszugehörigkeit geltend. Er habe in einer Moschee gearbeitet und sowohl er selbst als auch seine Familie seien von der Regierung aufgrund ihres muslimischen Glaubens verfolgt worden. Er sei der Verhaftung durch einen Sprung aus dem Fenster entkommen und zunächst nach Saudi Arabien geflohen. Auffällig ist, dass die Fluchtgründe in der Erstbefragung ungewöhnlich ausführlich (auf etwa einer halben Seite) festgehalten wurden. Auch wenn in der Erstbefragung üblicherweise nur eine kurze Zusammenfassung der wesentlichen Fluchtgründe erfragt wird, ist die ausführliche Schilderung eines völlig anderen Fluchtgrunds als in der mündlichen Verhandlung dennoch beachtlich und muss in die Prüfung der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers mit einbezogen werden. Diese unterschiedlichen Angaben lassen sich auch nicht durch die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Angstzustände erklären, da sich die Unterschiede nicht bloß auf Details und Zeitangaben beschränken. Dem Beschwerdeführer wurde das Protokoll der Erstbefragung rückübersetzt und die Frage nach Verständigungsproblemen wurde von ihm verneint. Er bestätigte die Richtigkeit des Protokolls mit seiner Unterschrift. Das Vorbringen, es sei zu Verständigungsproblemen mit dem Dolmetscher gekommen, ist daher auch aufgrund der ausführlichen Schilderung von Fluchtgründen und Fluchtroute nicht glaubhaft.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.12.2016 gab der Beschwerdeführer an, aus politischen Gründen verfolgt zu werden. Er sei Mitglied einer oppositionellen Partei gewesen. Nach der Wahl 2005 seien Mitglieder dieser Partei verhaftet worden. Er habe daraufhin seinen Heimatort verlassen und habe sich etwa zwei Jahre in einem weit entfernten Dorf versteckt. Wenige Tage nach seiner Rückkehr sei er verhaftet und für acht Monate inhaftiert worden. Während der Haft sei er gefoltert worden. Mit Hilfe seines Onkels sei ihm die Flucht aus dem Gefängnis gelungen.

 

Im Gegensatz dazu gab er in seinen Einvernahmen im Zuge seines Asylverfahrens in Malta an, der Verhaftung aufgrund seiner Parteimitgliedschaft durch einen Sprung aus dem Fenster entkommen zu sein. Er habe sich anschließend im Haus seiner Tante versteckt und sei dann in den Sudan geflohen. Eine Verhaftung und Folter in der Haft erwähnte er in Malta nicht. Darüber hinaus gab er auch in Malta als Fluchtgrund an, dass sein Bruder und seine Schwester zum Christentum konvertiert seien und deshalb Diskriminierungen ausgesetzt gewesen seien.

 

Der Beschwerdeführer vermochte diese gravierenden und den Kern des Fluchtvorbringens betreffende Widersprüche zwischen seinen Angaben in Malta und in Österreich nicht zu erklären. Auch wenn der Beschwerdeführer, wie vorgebracht, Angst gehabt und an Depressionen gelitten zu haben, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb er in Malta die gravierendsten Vorkommnisse, nämlich seine Inhaftierung für eine Dauer von acht Monaten und die erlittene Folter, mit keinem Wort erwähnen sollte. Der Beschwerdeführer wurde in Malta zwei Mal (am 25.07.2011 und am 05.08.2011) ausführlich zu seinen Fluchtgründen befragt. Die erste Einvernahme fand auch nicht, wie vom Beschwerdeführer in der Verhandlung am 07.09.2017 vorgebracht, unmittelbar nach seiner Antragstellung am 29.04.2011, sondern erst drei Monate später statt. Zudem hat danach noch eine zweite Einvernahme stattgefunden, was das Beschwerdevorbringen, er habe aufgrund der Tatsache, dass er gleich nach der Ankunft in Malta, wo er schlecht behandelt worden sei, nicht alles schildern können, relativiert. Das Vorbringen, er sei in Malta nicht genau befragt worden, erweist sich angesichts des Protokolls der Einvernahmen, das sich über 12 Seiten erstreckt, als unrichtig. Aufgrund dieser Ausführungen ist auch die Erklärung im Schriftsatz vom 12.09.2017, der Beschwerdeführer habe aufgrund der erlittenen Geschehnisse Erinnerungslücken, nicht geeignet, die aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten zu erklären, weshalb auch dem erstmals in diesem Schriftsatz gestellten Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachbereich der Neurologie nicht stattzugeben war.

 

Die vom Beschwerdeführer in der Verhandlung am 07.09.2017 vorgelegten Fotos von Narben an Beinen und Knien sind nicht geeignet, die behaupteten Folterungen nachzuweisen, da unklar ist, ob die Fotos überhaupt den Beschwerdeführer zeigen und vor allem nicht dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der primär Schläge auf den Rücken und Folter mit heißem Wasser und Stromschlägen vorbrachte, entsprechen können. Die Narben würden schon eher zu dem Vorbringen passen, dass er nach seiner Ankunft in Malta durch das Salzwasser am Bein und im Gesäßbereich Hautverletzungen hatte. Dem erstmals im Schriftsatz vom 12.09.2017 gestellten Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Unfallchirurgie zum Beweis dafür, dass die an seinem Körper ersichtlichen Narben von der erlittenen Folter stammen würden, war daher nicht näher zu treten.

 

Gegen die Glaubhaftwürdigkeit des Beschwerdeführers spricht auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seines Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Namen XXXX führte. In der Erstbefragung gab er den Namen seines Vaters mit XXXX an. Auch in den Geburtsurkunden seiner drei Kinder ist der Beschwerdeführer mit diesem Namen bezeichnet und tragen die Kinder daher auch den Nachnamen XXXX . In einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 12.02.2014 gab der Beschwerdeführer an, in Malta unrichtige Angaben gemacht, in Österreich aber seinen richtigen Namen genannt zu haben. In der mündlichen Verhandlung am 09.12.2016 nannte er hingegen XXXX als seinen richtigen Namen. Dabei handelt es sich um den Namen, den der Beschwerdeführer in Malta angegeben hatte. Bemerkenswert ist, dass diese Korrektur durch den Beschwerdeführer in der Verhandlung erst erfolgte, nachdem die erkennende Richterin die Zustimmung des Beschwerdeführers zur Einsicht in die Unterlagen des Asylverfahrens in Malta eingeholt hatte. Aus diesem Aussageverhalten ist abzulesen, dass der Beschwerdeführer bereit ist, auch vor den Bundesverwaltungsgericht unwahre Angaben zu machen, um ein günstiges Verfahrensergebnis zu erreichen.

 

Dies zeigt sich auch in den unterschiedlichen Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen. In der Erstbefragung am 09.12.2013 gab der Beschwerdeführer an, dass er ledig sei. In seiner Einvernahme am 15.01.2014 brachte er vor, mit seiner Lebensgefährtin nicht verheiratet zu sein. Die Eheschließung sei in Äthiopien aufgrund fehlender Dokumente nicht möglich gewesen, eine traditionelle Heirat sei erst in Österreich beabsichtigt. In einer Stellungnahme vom 19.02.2014 wurde hingegen angegeben, dass in Äthiopien eine traditionelle Heirat vor vier Zeugen erfolgt sei. Offizielle Dokumente zum Nachweis der Eheschließung gebe es daher nicht. In einer Stellungnahme vom 06.03.2014 wurde vorgebracht, dass die Lebensgefährtin von ihrem "ersten Ehemann" entführt und gegen ihren Willen geheiratet worden sei. In der mündlichen Verhandlung am 09.12.2016 gab der Beschwerdeführer hingegen an, dass eine traditionelle Eheschließung vor etwa 50 Gästen stattgefunden habe. Anschließend habe sein Vater ein Formular von den Behörden besorgt.

 

Hinzu kommt, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in ihrem Asylverfahren (der Antrag wurde im September 2008 gestellt) bis zur Einreise des Beschwerdeführers gleichbleibend angegeben hatte, von ihrem ersten Ehemann entführt und unter Zwang geheiratet worden zu sein. Eine vorherige Beziehung erwähnte sie nicht. Der Beschwerdeführer gab zu der vorgebrachten Trennung von seiner Lebensgefährtin aufgrund der Entführung befragt, nur ausweichende Antworten. Wie die Trennung bzw. gewaltsame Entführung vonstattengegangen sein soll, wollte der Beschwerdeführer nicht erklären.

 

Wenn auch das erkennende Gericht zu dem Schluss gekommen ist, dass sich der Beschwerdeführer und Frau XXXX bereits im Herkunftsland gekannt haben, ist aufgrund der genannten zahlreichen Widersprüche der Angabe des Beschwerdeführers, die Ehe zu seiner in Österreich subsidiär schutzberechtigten Lebensgefährtin habe schon im Herkunftsland bzw. vor der Flucht nach Österreich bestanden, die Glaubhaftigkeit abzusprechen.

 

In Gesamtschau ist festzuhalten, dass die Angaben des Beschwerdeführers aufgrund der Tatsache, dass er in Malta, bei seiner Erstbefragung und im Zuge der mündlichen Verhandlungen drei verschiedene Fluchtgeschichten präsentierte und auch zu seinen persönlichen Verhältnissen unwahre bzw. widersprüchliche Angaben machte, als nicht glaubhaftig zu bewerten waren. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer in seinem Heimatland wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hatte.

 

Soweit der Beschwerdeführer im Verfahren einen Fluchtgrund aus religiösen Gründen geltend gemacht hat, so sind ihm die Länderberichte entgegenzuhalten, aus denen hervorgeht, dass Äthiopien für die friedliche Koexistenz der verschiedenen Glaubensgemeinschaften, vor allen von Muslimen und Christen, bekannt ist. Zwar ist von gewissen interreligiösen Spannungen und Konflikten zwischen Regierung und islamischen Glaubensgemeinschaften die Rede, eine asylrelevante Verfolgung aller äthiopischer Muslime, die immerhin 34 % der Bevölkerung ausmachen, ist aber jedenfalls auszuschließen.

 

Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im hypothetischen Fall seiner Rückkehr einer asylrelevanten Verfolgung allein aufgrund seines muslimischen Glaubens ausgesetzt wäre.

 

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137), wobei es grundsätzlich dem Antragsteller obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen. Eine derartige Situation ist den Länderberichten nicht zu entnehmen, so geht insbesondere aus diesen hervor, dass sie innenpolitische Lage in weiten Landesteilen derzeit relativ ruhig ist. Ebenso ist aus dem Vorbringen nichts hervorgekommen, was darauf deuten würde, dass der Beschwerdeführer persönlich von allfälligen negativen Lebensumständen in Äthiopien in höherem Maße betroffen gewesen wären als jeder andere Staatsbürger in einer vergleichbaren Lage (allgemeine Sicherheitslage). Dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich des harten Vorgehens gegen Oppositionelle ist entgegenzuhalten, dass dem Fluchtvorbringen die Glaubhaftigkeit abzusprechen war und insofern nicht erkennbar ist, inwiefern der Beschwerdeführer von diesem Vorgehen betroffen sein soll. Das erstmals im Schriftsatz vom 12.09.2017 mit einem Link angeführte Youtube Video zeigt die gewaltsame Proteste Ende des Jahres 2015 und das harte Vorgehen gegen die Proteste. Das Video war daher nicht geeignet ein aktuelles Bild der Sicherheitslage in Äthiopien wiederzugeben und war daher dem Antrag auf eine weitere mündliche Verhandlung nicht stattzugeben.

 

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche der Partei im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da weder im BFA-VG noch im AsylG 2005 eine Senatsentscheidung vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Zu A)

 

Zu Spruchpunkt I:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn ein/e Beschwerdeführer/in die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diese/n trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er/sie hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine/ihre Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers, voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt wurde, kommt dem fluchtauslösenden Vorbringen des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zu, weshalb es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Diese ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht besteht.

 

Abschließend ist noch anzumerken, dass die Partei, für die der Beschwerdeführer tätig gewesen sein soll, nach seinem eigenen Vorbringen seit Jahren nicht mehr besteht in Äthiopien. Der Beschwerdeführer konnte zudem in der mündlichen Verhandlung keine konkrete Rückkehrbefürchtung darlegen, sondern erklärte lediglich pauschal, er würde umgebracht werden. Eine plausible Begründung warum im Falle einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach neun Jahren die Regierung nach wie vor ein Interesse an seiner Person haben sollte, war der Beschwerdeführer nicht imstande darzulegen.

 

Der Antrag auf internationalen Schutz ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II.:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I 75/1997 idF BGBl. I 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG – welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann – ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028).

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH jeweils vom 31.03.2005, 2002/20/0582, 2005/20/0095).

 

Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07 , Slg. 2009, I-0000, Rn 45).

 

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

 

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Gewährung von subsidiärem Schutz somit aus.

 

Der VwGH hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (vgl. u.a. VwGH 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, Zl. 200/01/0443).

 

Für Äthiopien kann nicht festgestellt werden, dass in diesem Herkunftsstaat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unrechtmäßig erscheinen ließe. Auch ist kein kennzeichnender Grad willkürlicher Gewalt aufgrund eines bewaffneten Konflikts gegeben, der ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr allein durch seine Anwesenheit tatsächlich Gefahr laufen würde, einer individuellen Bedrohung des Lebens ausgesetzt zu sein. Dem Beschwerdevorbringen hinsichtlich des harten Vorgehens gegen Oppositionelle ist wie in der Beweiswürdigung bereits ausgeführt, entgegenzuhalten, dass dem Fluchtvorbringen die Glaubhaftigkeit abzusprechen war und insofern nicht erkennbar ist, inwiefern der Beschwerdeführer von diesem Vorgehen betroffen sein soll. Die Abschiebung des Beschwerdeführers würde ihn jedenfalls nicht in eine "unmenschliche Lage" wie etwa Hungertod, unzureichende oder gar keine medizinische Versorgung, massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar Verlust des Lebens, versetzen.

 

Auch wenn im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers die Todesstrafe praktiziert wird, so müssten konkrete Anhaltspunkte vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt wäre. Nachdem keine derartige Gefährdung glaubhaft geltend gemacht wurde, liegt auch keine reale Gefahr einer Verletzung des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe vor.

 

Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Äthiopien in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnte, zumal es sich bei dem Beschwerdeführer um einen jungen, arbeitsfähigen Mann handelt. So ging er nach eigenen Angaben in Äthiopien einer Arbeit als Maler nach. Es kann daher nicht von dem realen Risiko ausgegangen werden, dass er nicht in der Lage wäre, sich ein Existenzminimum zu sichern. Die Existenz des Beschwerdeführers wäre daher - trotz aller nicht zu verkennenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten einer Existenz in Äthiopien - als gesichert anzusehen. Darüber hinaus wäre es dem Beschwerdeführer unbenommen, gegebenenfalls die Rückkehrhilfe der in Äthiopien tätigen UNHCR sowie anderer humanitärer Organisationen in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der oben angeführten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen könnte und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten würde. Auch die Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers vermag an dieser Feststellung nichts ändern, ergibt sich doch aus keiner Länderfeststellung, dass es Muslimen in Äthiopien nicht möglich wäre, sich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen.

 

Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens in Äthiopien verbracht hat und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Eine völlige Perspektivenlosigkeit kann für den Beschwerdeführer somit nicht erkannt werden.

 

Krankheitsbedingte Abschiebehindernisse kamen ebenfalls nicht hervor. Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich im Bedarfsfall in der Lage wäre, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso ho. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E und ho. Erk. Vom 19.12.2012, E10 430719-1/2012/5E mwN).

 

Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren weder hervorgetreten, noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

 

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände und der Tatsache, dass dem Fluchtvorbringen die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde, kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

 

§ 34 AsylG 2005 lautet:

 

"(1) Stellt ein Familienangehöriger von

 

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

 

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

 

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

 

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

 

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

 

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

 

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;

 

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

 

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

 

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

 

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

 

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

 

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

 

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind."

 

§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 lautet:

 

"22. Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat;"

 

Der Beschwerdeführer hat keine Nachweise für die von ihm behauptete Eheschließung in Äthiopien mit seiner Lebensgefährtin vorgelegt. Wie aus der Beweiswürdigung hervorgeht, hat sich sein diesbezügliches Vorbringen aufgrund zahlreicher Widersprüche als nicht glaubhaft erwiesen. Er ist kein Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 22 iVm § 34 Abs. 1 AsylG 2005, da im Herkunftsstaat keine Ehe zu seiner in Österreich subsidiär schutzberechtigten Lebensgefährtin bestanden hat. Eine Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 34 Abs. 3 AsylG 2005 scheidet daher aus. Da den minderjährigen Kindern des Beschwerdeführers der Status der subsidiär Schutzberechtigten in einem Verfahren nach § 34 AsylG 2005, abgeleitet von ihrer Mutter, zuerkannt wurde, ist § 34 AsylG 2005 auf den Beschwerdeführer als Familienangehöriger seiner minderjährigen, subsidiär schutzberechtigten Kinder ebenfalls nicht anwendbar.

 

Zu Spruchpunkt III. und IV.:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Säumnisbeschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

 

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.

 

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und des Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Ausweisung, nicht erst deren Vollzug einen Eingriff in das durch Art. 8 Abs. 1 gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt (vgl. die bei Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, S 344 zitierte Judikatur des VfGH).

 

Entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (in Folge "EGMR") als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Ziels verhältnismäßig sein.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Der Beschwerdeführer verfügt über umfassende familiäre bzw. private Anknüpfungspunkte in Österreich. Er lebt im Bundesgebiet im gemeinsamen Haushalt mir seiner Lebensgefährtin, ihrer Tochter und den drei gemeinsamen minderjährigen Kindern des Beschwerdeführers, welche subsidiär schutzberechtigt sind. Laut EGMR ist maßgebend das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Im vorliegenden Fall kann von einer engen Verbundenheit des Beschwerdeführers zu seiner rechtmäßig in Österreich aufhältigen Lebensgefährtin und den Kindern ausgegangen werden. In die Abwägung ist allerdings auch miteinzubeziehen, dass der Beschwerdeführer sein Privat- bzw. Familienleben in Österreich zu einem Zeitpunkt begründete, als sein Aufenthalt ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt war.

 

Zu beachten ist jedoch auch, dass selbst wenn die Begründung des Familienlebens zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem sich der Fremde der Unsicherheit seines Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, dieser Umstand einerseits nicht zur Folge hat, dass eine allfällige aufenthaltsbeendende Maßnahme keinen Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Familienlebens darstellen würde (VfGH 25.02.2013, U 2241/12; VfGH 19.06.2015, E 426/2015). Andererseits hat das Wissen um einen unsicheren Aufenthaltsstatus vor dem Hintergrund der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht zur Konsequenz, dass der während eines unsicheren Aufenthalts erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist und ein solcherart begründetes privates und familiäres Interesse nie zur Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung führen kann (VwGH 24.01.2013, 2012/21/0212; 17.04.2013, 2013/22/0088). Hinzukommt, dass, wenn auch eine Eheschließung in Äthiopien zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin nicht festgestellt werden konnte, die beiden sich bereits im Herkunftsland gekannt haben und daher auch aus diesem Grund von einer engen Verbundenheit zwischen den Partnern auszugehen ist.

 

Eine Trennung der Ehepartner ist nur dann gerechtfertigt, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (VwGH 11.11.2013, 2013/22/0224; 07.05.2014, 2012/22/0084) oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regelungen über eine geordnete Zuwanderung und den "Familiennachzug" (VwGH 18.10.2012, 2011/23/0503; VwGH 20.10.2016, Ra 2017/21/0271).

 

Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Auch wenn die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken vermag (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029), ist sie doch positiv in die Waagschale zugunsten des Beschwerdeführers zu werfen. Der Beschwerdeführer befindet sich seit knapp vier Jahren in Österreich; die Verfahrensdauer gründet sich auf die Säumnis des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl und ist ihm daher die Verfahrensdauer nicht zuzurechnen.

 

Gleichzeitig ist nicht zu verkennen, dass der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen verfügt. Dass der Beschwerdeführer jedoch sein Heimatland bereits vor neun Jahren verlassen hat und keine Feststellungen zu dem Aufenthalt seiner Familienangehörigen getroffen werden konnte, relativiert seine Bindungen zum Heimatland jedoch. Die zweifellos vorliegenden Anknüpfungspunkte an sein Herkunftsland vermögen zudem nicht den gewichtigen Umstand aufzuheben, dass der Beschwerdeführer seine Familie in Form der Lebensgefährtin und drei gemeinsamen Kleinkindern und einer Stieftochter in Österreich hat und es der Familie aufgrund ihrer subsidiären Schutzberechtigung in Bezug auf Äthiopien nicht möglich ist, nach Äthiopien zurückzukehren, um das Privat- und Familienleben fortzusetzen. Im konkreten Fall ist daher im Hinblick auf die Vereinbarkeit der Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK daher die Interessensabwägung zu treffen, ob das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer wiegt, als die Interessen des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung seines Privat- und Familienlebens (und mittelbar des Kindswohls der leiblichen Kinder, mit dem Vater aufwachsen zu können).

 

Aus all den dargelegten Umständen ergibt sich unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer die Kriterien, die bei der Abwägung der betroffenen Interessen maßgeblich zu berücksichtigen sind, erfüllt und diese besonders intensiven privaten und vor allem familiären Interessen auch die öffentlichen Interessen an der Ausweisung überwiegen. Der Beschwerdeführer führt seit knapp vier Jahren ein Familienleben hoher Intensität. Er kümmert sich uneingeschränkt um die drei kleinen Kinder. Der Beschwerdeführer hat auch Deutschkurse besucht und ist weiterhin bemüht die deutsche Sprache zu erlernen und gewillt, weitere Schritte in Richtung Integration zu setzen.

 

Vor dem Hintergrund der getroffenen Sachlage ist unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur (Erk. d. VfGH vom 05.03.2008, B1859/07ua) im Rahmen einer Interessensabwägung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das erkennende Gericht auf Dauer unzulässig ist. Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften im Rahmen einer Güterabwägung grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch ist im gegenständlichen Fall aus den eben dargelegten Gründen in einer Gesamtschau und Abwägung aller Umstände das private Interesse an der - nicht nur vorübergehenden - Fortführung des Familien- und Privatlebens des Beschwerdeführers dennoch höher zu bewerten, als das öffentliche Interesse an einer Ausweisung. So ist auch keine ausreichende Rechtfertigung zu erkennen, warum öffentliche Interessen es zwingend erfordern würden, dass der Beschwerdeführer Österreich verlassen müsste.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer auf Dauer unzulässig ist.

 

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

 

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z 2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß Abs. 2 eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

Der Beschwerdeführer erfüllt die Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005.

 

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 14a Abs. 4 NAG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4).

 

Das Modul 1 dient gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 NAG dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung. Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 hat gemäß § 14 Abs. 3 NAG der Integrationsvereinbarung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen. Ziel des Deutsch-Integrationskurses (Modul 1 der Integrationsvereinbarung) ist gemäß § 7 Abs. 1 IV-V die Erreichung des A2-Niveaus des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, wie im Rahmencurriculum für Deutsch-Integrationskurse (Anlage A) beschrieben. Den Abschluss des Deutsch-Integrationskurses bildet gemäß § 7 Abs. 2 IV-V eine Abschlussprüfung, zumindest auf dem A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen, durch den ÖIF. Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß §§ 14a Abs. 4 Z 2 oder 14b Abs. 2 Z 1 gelten gemäß § 9 Abs. 4 IV-V Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

 

Der Beschwerdeführer hat keinen Sprachnachweis des ÖIF vorgelegt (§ 14a Abs. 4 Z 1 NAG). Er verfügt weder über einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG (§ 14a Abs. 4 Z 4 NAG), noch über einen Schulabschluss, der der allgemeinen Universitätsreife iSd § 64 Abs. 1 UG 2005 entspricht (§ 14a Abs. 4 Z 3 NAG). Er hat auch keine allgemein anerkannten Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere vom "Österreichisches Sprachdiplom Deutsch", "Goethe-Institut e.V." oder der "Telc GmbH" (§ 9 Abs. 2 IV-V) vorgelegt. Er übt zum Entscheidungszeitpunkt auch keine erlaubte Tätigkeit aus, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze erreicht wird.

 

Es ist ihm somit gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat dem Beschwerdeführer den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen, der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Der Aufenthaltstitel gilt gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

 

Zu Spruchpunkt V.:

 

In der Beschwerde wurde beantragt, dem Beschwerdeführer seitens des Rechtsträgers der belangten Behörde gemäß § 35 VwGVG iVm der VwG-AufwErsV den Ersatz der ihnen entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. § 35 VwGVG sieht jedoch Kostenersatz ausdrücklich nur im Falle der Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbar verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 b B-VG) vor (vgl. Abs. 1 leg cit.), weshalb dieser Antrag mangels Rechtsgrundlage zurückzuweisen war.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde in den obigen rechtlichen Erwägungen wiedergegeben. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich allen erheblichen Rechtsfrage auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

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