Rechtssatz
Unter grober Fahrlässigkeit im Sinne des § 1319a ABGB ist eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist.
3 Ob 693/82 | OGH | 23.03.1983 |
Veröff: EvBl 1983/90 S 353 = ZVR 1984/176 S 184 |
2 Ob 93/89 | OGH | 17.10.1989 |
Beisatz: Grobes Verschulden, wenn eine zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit unzureichende Splittstreuung vorgenommen wurde, um durch die schneebedeckte Fahrbahn im Interesse des Fremdenverkehrs ein einheitlich weißes Landschaftsbild zu erzielen. (T1) <br/>Veröff: ZVR 1990/15 S 55 |
5 Ob 2023/96b | OGH | 26.03.1996 |
Vgl auch; Beisatz: Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 1319a ABGB fordert neben dem objektiv schweren Verstoß auch noch, dass dieser Verstoß subjektiv schwer anzulasten ist. (T2) |
4 Ob 104/97s | OGH | 22.04.1997 |
Auch; Beisatz: Wird einer sich aus dem Wegezustand - also auch aus dem Zustand eines Straßengeländers als einer zum Weg gehörenden Anlage - ergebenden Gefahr durch lange Zeit nicht begegnet, dann ist dem Wegehalter grobes Verschulden vorzuwerfen. (T3) <br/>Veröff: SZ 70/71 |
2 Ob 314/99m | OGH | 18.11.1999 |
Beis wie T2; Beisatz: Ist einem der Leute des Halters die Gefährlichkeit auf Grund der mangelhaften Betreuung einer vereisten Straßenstelle bekannt, dann ist grobe Fahrlässigkeit nur auszuschließen, wenn die Betreuung aus zwingenden Gründen undurchführbar war. (T4) |
8 ObA 125/03w | OGH | 23.01.2004 |
Beisatz: Hier: Die Unterlassung der Streuung auch von Neuschnee bedeckten Eisflächen eines Parkplatzes ist grob fahrlässig. (T5) |
2 Ob 299/04s | OGH | 03.02.2005 |
Auch; Beisatz: Unterlässt ein Wegehalter zumutbare Erhebungen, um sich (etwa durch Einsicht in ihm zur Verfügung stehende „Mappenpläne") über das Ausmaß der zu betreuenden Wegfläche Klarheit zu verschaffen und unterbleibt deshalb in Ansehung eines Wegstückes ein Auftrag zur Besorgung des Winterdienstes, ist der Eintritt eines Schadens nicht nur als möglich sondern geradezu wahrscheinlich vorauszusehen. (T6) |
6 Ob 70/06x | OGH | 06.04.2006 |
Beisatz: Die Beurteilung des Verschuldensgrades stellt jedoch in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar. (T7) |
2 Ob 19/06t | OGH | 29.06.2006 |
Beisatz: Entscheidendes Kriterium für die Beurteilung des Fahrlässigkeitsgrades ist die Schwere des Sorgfaltsverstoßes und die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes, wobei diese Beurteilung stets nur nach den Umständen des Einzelfalles vorgenommen werden kann. (T8)<br/>Beisatz: Hier: Keine grobe Fahrlässigkeit, wenn der für jedermann erkennbare Niveauunterschied zwischen Fahrbahn und Bankett nicht behoben wird. (T9) |
2 Ob 26/06x | OGH | 31.08.2006 |
Beis wie T2; Beisatz: Aus der Tatsache allein, dass die Unfallstelle zur Unfallszeit noch nicht gestreut war, ist noch kein grobes Verschulden ableitbar. (T10)<br/>Veröff: SZ 2006/122 |
8 ObA 81/14s | OGH | 19.12.2014 |
Beisatz: Die Beurteilung eines konkreten Verhaltens als grob fahrlässig hängt regelmäßig von den Umständen des Einzelfalls ab. (T11) |
2 Ob 155/14d | OGH | 13.05.2015 |
Beis wie T2, Beisatz: Hier: Einfahrt mit PKW in erkennbar überschwemmte Unterführung. (T12) |
2 Ob 62/15d | OGH | 13.05.2015 |
Beis wie T2; Beisatz: Hier war die Gefahrenquelle leicht erkennbar; mit einem Verhalten, wie es zum konkreten Unfall führte, musste die Wegehalterin keinesfalls rechnen. (T13) |
6 Ob 39/17d | OGH | 19.04.2017 |
Beis ähnlich wie T3; Beis wie T10 |
2 Ob 77/19s | OGH | 22.10.2019 |
Beis ähnlich wie T2; Beisatz: Hier: Alle vier bis sechs Wochen stattfindende Kontrollen eines Straßennetzes; letzte Überprüfung vor etwa drei Wochen; Verneinung eines Organisationsverschuldens vertretbar. (T14) |
6 Ob 117/20d | OGH | 17.12.2020 |
Beisatz: Hier: Bewusste Belassen der Wege eines Friedhofs in einem vereisten und verschneiten Zustand, ohne jeden regelmäßigen Winterdienst. (T15) |
2 Ob 16/21y | OGH | 25.02.2021 |
Beis wie T4; Beisatz: Hier: Wanderweg mit Seilsicherungen; die Seilsicherungsanlage wies im Unfallbereich schwere Mängel auf und war in einem äußerst schlechten Zustand; der Erstbeklagten war die Mangelhaftigkeit des Weges seit mehreren Jahren bekannt, die Zweitbeklagte wiederum kümmerte sich seit vielen Jahren gar nicht um den Weg; grobe Fahrlässigkeit vom Berufungsgericht jeweils vertretbar bejaht. (T16) |
2 Ob 177/21z | OGH | 25.11.2021 |
Beis wie T2; Beis wie T7; Beis wie T11; Beis wie T14 |
8 Ob 122/22g | OGH | 16.12.2022 |
Vgl; Beis wie T3; Beis wie T6; Beis wie T15; Beisatz: Hier: Die Beklagte als Mithalterin eines Weges (§§ 1319a, 483 Satz 2 ABGB) konnte sich – ua mangels entsprechender Vereinbarung – nicht auf ein begründetes Vertrauen berufen, dass die Anrainer den Winterdienst in ausreichendem Maß besorgen würden. Die Unterlassung jeglicher Erkundigungen und Vorkehrungen zur Erfüllung der (winterlichen) Wegehalterpflichten stellt daher eine auffallende Sorglosigkeit dar. (T17) |
Dokumentnummer
JJR_19830323_OGH0002_0030OB00693_8200000_002
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