Spruch:
Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte in der am 13. November 1987 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung von S 49.189,86 (Reparaturschaden von S 45.889,86, Wertminderung von S 3.000,--, pauschalierte unfallkausale Spesen von S 300,--) s.A. mit der Begründung, die Beklagte habe ihre Verpflichtung, auf dem betreffenden Straßenstück für die Verkehrssicherheit zu sorgen, verletzt. Sie hätte angesichts der voraussehbaren Witterungs- und Temperaturverhältnisse früher mit einer entsprechenden Streuung beginnen, zumindest aber die Autofahrer zur Verwendung von Schneeketten verpflichten müssen. Eigentlicher Straßenerhalter sei das Land Tirol, die Beklagte habe die Betreuung der Straße zwischen Igls und Vill auf Grund eines Übereinkommens mit der Landesstraßenverwaltung übernommen und gehöre somit nicht zu den "Leuten" des Wegehalters im Sinne des § 1319 a ABGB, sodaß sie nicht nur bei grobem Verschulden hafte.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete ein, sie sei als Weghalterin im Sinne des § 1319 a ABGB anzusehen und hafte nur bei grobem Verschulden. Sie habe die ihr obliegende Bestreuung von Straßen ausreichend organisiert und im konkreten Fall zwischen 4,00 Uhr und 7,00 Uhr Splitt gestreut. Nach dem Wiedereinsetzen von starkem Schneefall um 7,15 Uhr sei es dem Streufahrzeug nicht mehr möglich gewesen, den Einsatzort kurzfristig zu erreichen, sodaß in der Zeit von 7,30 Uhr bis 7,50 Uhr die Fahrbahn schneeglatt gewesen sei. Weitergehende Maßnahmen wären der Beklagten nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, daß die Beklagte keine Schneekettenpflicht angeordnet habe, da sie selbst in Igls wohnhaft und mit den örtlichen Verhältnissen vertraut sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren in der Hauptsache statt und wies lediglich ein Zinsenmehrbegehren ab. Die erste Instanz legte ihrer Entscheidung im wesentlichen folgenden Sachverhalt zugrunde:
Am 16. Februar 1987 fuhr Dr. Hansjörg T***, der Ehemann der Klägerin, mit deren PKW gegen 7,45 Uhr von Igls nach Vill. Die Straße verläuft in Kurven von Süden nach Norden und weist teilweise ein mittelstarkes Gefälle auf; vor Vill verläuft sie in einer Höhe von über 820 m über dem Meeresspiegel. Die an die Straße angrenzenden Flächen sind unmittelbar oberhalb von Vill nicht verbaut.
Während die Straße zwischen Vill und dem eigentlichen Ortsgebiet von Innsbruck vom Land Tirol betreut und teilweise auch mit Salz bestreut wird, ist die Beklagte für die Betreuung der etwa 1 km langen Straße zwischen Vill und Igls zuständig. Sie entschloß sich, dort kein Salz, sondern nur Splitt zu streuen. Igls ist ein Ort mit Winterfremdenverkehr, bei Schneelage wird ein einheitliches weißes Bild mit einer schneebedeckten Fahrbahn angestrebt. Ein Schutzbedürfnis einer besonders ausgeprägten Vegetation unmittelbar neben der Straße besteht nicht. Eine gewisse optische Wirkung wird damit bisweilen auch für ankommende und abfliegende Fluggäste erzielt.
In den Hanglagen im Norden der Stadt läßt die Beklagte hingegen Salz streuen, wenn Straßenglätte zu erwarten ist. Eine Schneeräumung ist erst ab einer Schneehöhe von einigen Zentimetern wirksam und wird dann auch durchgeführt. Die Beklagte hat für ihren Winterdienst insgesamt 28 Fahrzeuge zur Verfügung. Während der Nacht besteht ein Bereitschaftsdienst aus vier Fahrzeugen, wobei eines allein für den Bereich Vill-Igls vorgesehen ist. Der Nachtbereitschaftsdienst endet um 7 Uhr morgens. Weil alle Winterdienstfahrzeuge eine offene Ladefläche aufweisen, können sie erst unmittelbar vor dem Einsatz mit Streugut beladen werden, das sonst über Nacht festfrieren würde. Die Beladung für den Tagdienst wird zwischen 7 Uhr und 8 Uhr im Westen von Innsbruck vorgenommen. Der für den Einsatz in Igls-Vill vorgesehene Fahrer kann die entsprechenden Straßenstücke erst gegen 8 Uhr erreichen. Eine Streuung des betreffenden Straßenstücks mit Salz oder einem anderen - umweltverträglichen - Auftaumittel gegen 6,30 Uhr wäre binnen einer halben Stunde wirksam geworden. In Anbetracht des folgenden Schneefalls wäre statt Fahrbahnglätte eine Art Schneematsch entstanden. Am 15. Februar 1987 regnete es in Innsbruck leicht bis mäßig. Der Regen setzte sich in den tieferen Lagen bis 4,00 Uhr fort. Auf der Höhe von Vill setzte um diese Zeit leichter Schneefall ein. Bis zum Morgen des 16. Februar 1987 betrug die Niederschlagsmenge in Vill ein bis zwei Millimeter, die Neuschneehöhe ein bis zwei Zentimeter. Dabei fiel die Hälfte des gesamten nächtlichen Niederschlags zwischen 5 und 7 Uhr. Von 7 Uhr bis 13 Uhr fiel wiederum ein Zentimeter Neuschnee, davon der größte Anteil zwischen 7 Uhr und 9 Uhr. Zwischen 7 Uhr und 8 Uhr waren die Schneefälle auf der Höhe von Vill leicht bis mäßig. Während die Temperaturen in der ersten Nachthälfte bis etwa ein Grad über dem Nullpunkt lagen, sanken sie ab etwa 4 Uhr auf einen Wert um den Nullpunkt ab. Neuschneeverfrachtungen gab es am Morgen des 16. Februar 1987 nicht. Der Leiter des Straßenreinigungsbereitschaftsdienstes der Beklagten sah sich auf Grund seiner Temperaturmessungen und der Wettervorhersage um 3 Uhr veranlaßt, in den Hanglagen des Stadtgebietes Streufahrzeuge einzusetzen; weil Straßenglätte zu erwarten war, ordnete er für die nördlichen Gebiete Salzstreuung an, für den Bereich Igls-Vill hingegen Splittstreuung; zuletzt wurde dort um 6,30 Uhr gestreut. Bei einer Fahrt gegen 6,45 Uhr stellte der Leiter des Bereitschaftsdienstes der beklagten Partei keine Behinderungen fest. Von 6,30 Uhr bis 8 Uhr ist das Verkehrsaufkommen auf der Igler Straße einerseits durch Linienbusse, andererseits durch privaten Autoverkehr nach Innsbruck erhöht. Dabei wurde das Streugut zum Teil aus der Fahrspur geschleudert und der nachfallende Schnee auf der Fahrbahn festgepreßt. Solange Schneefälle andauern, ist es insbesonders auf Gefällestrecken praktisch unmöglich, durch Splittstreuung die Verkehrssicherheit voll aufrecht zu erhalten. Nach 7,30 Uhr war die abwärts führende Fahrspur der Igler Straße in der letzten Rechtskurve vor Vill glatt, was dazu führte, daß Fahrzeuge quer zur Fahrbahn standen. Ein Fahrzeuglenker konnte seinen PKW am Fahrbahnrand zum Stillstand bringen. Der Ehegatte der Klägerin fuhr mit deren PKW, einem mit Vorderradantrieb ausgestatteten Citroen CX, im zweiten Gang mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h. Bei der Ausfahrt aus einer Linkskurve sah er ein zur Fahrbahn quer stehendes Fahrzeug, meinte aber, leicht stehenbleiben zu können. Als er zu bremsen begann, blockierten die Räder. Weder ein sukzessives Betätigen und Auslassen der Bremse noch ein Ausweichversuch verhinderten, daß das Fahrzeug ohne zu schleudern geradeaus auf das vor ihm stehende Fahrzeug rutschte. Erst nachdem es zu zwei weiteren Unfällen gekommen war, wurde die Straße durch die Polizei gesperrt. Weder der Lenker des Fahrzeugs der darin mitfahrenden Klägerin noch diese selbst hatten in Igls eine Straßenglätte bemerkt. Eine Schneekettenpflicht war nicht angeordnet worden. In Igls ist allgemein bekannt, daß auch das steilere Straßenstück nicht mit Salz bestreut wird. Am Fahrzeug der Klägerin entstand ein Reparaturschaden von S 45.889,86. Eine Wertminderung konnte nicht festgestellt werden.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Beklagte sei als Halterin der Straße zwischen Igls und Vill anzusehen und hafte nach § 1319 a ABGB bei grob fahrlässigem Verschulden für den mangelhaften Zustand der Straße. Eine noch ausgedehntere Splittstreuung wäre der Beklagten nicht zumutbar gewesen. Eine wirksame Abhilfe hätte nur durch Salzstreuung bewirkt werden können. Darin, daß die Beklagte für den Bereich Igls-Vill - anders als für die nördlichen Hanglagen in Innsbruck - bewußt auf Salzstreuung verzichtet habe, liege eine Fehlentscheidung, die, auf den vorliegenden Schadensfall bezogen, als so schwerwiegend beurteilt werden müsse, daß sie einer groben Fahrlässigkeit entspreche. Umstände, die ein Mitverschulden des Lenkers des Fahrzeugs der Klägerin begründen würden, seien nicht nachgewiesen worden. Dem Klagebegehren sei daher voll stattzugeben gewesen.
Infolge Berufung der Beklagten änderte das Gericht zweiter Instanz das Urteil des Erstgerichts, das in der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens unangefochten geblieben war, dahin ab, daß unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teils der Entscheidung der Klägerin S 24.594,93 s.A. zugesprochen und das Mehrbegehren von S 24.594,93 s.A. abgewiesen wurde; die Revision wurde gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für zulässig erklärt. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als unbedenklich und billigte auch dessen rechtliche Beurteilung dahin, daß die Organe der Beklagten eine grobe Fahrlässigkeit deshalb zu verantworten hätten, weil seitens der Beklagten die Gefährlichkeit der Situation erkannt und in anderen Hanglagen des Stadtbereichs durch Salzstreuung bekämpft, im Bereich von Igls aber im Interesse des Fremdenverkehrs, das bei vernünftiger Abwägung weit hinter die Interessen der Verkehrssicherheit zurücktreten müsse, nicht wirksam beseitigt worden sei.
Allerdings sei der Berufung darin beizupflichten, daß sich die Klägerin gemäß § 7 Abs 2 EKHG ein Mitverschulden des Lenkers ihres Fahrzeugs anrechnen lassen müsse. Wer im Winter mit einem Kraftfahrzeug eine Gefällstrecke befahre, müsse die Witterungsverhältnisse im Auge behalten und selbst überprüfen, ob die Voraussetzungen für Fahrbahnglätte vorliegen. Bei Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt müsse jederzeit mit einer Eisbildung auf der Fahrbahn gerechnet werden, zumal eine lückenlose Glättebekämpfung nicht immer möglich sei. Dem Lenker des Fahrzeugs der Klägerin habe auf der Basis des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts die Gefahr von Fahrbahnglätte bekannt sein müssen. Er hätte dieser Gefahr entweder durch das zwar nicht vorgeschriebene, aber gebotene und mögliche Anlegen von Schneeketten oder durch die Wahl einer besonders niederigen Geschwindigkeit im gefährdeten Bereich Rechnung tragen müssen; die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h sei bei der Gefahr von Eisglätte im Gefälle als überhöht anzusehen. Dabei sei darauf zu verweisen, daß es einem anderen Fahrzeuglenker gelungen sei, sein Fahrzeug vor einem Zusammenstoß anzuhalten. Das Verschulden des Lenkers des Fahrzeugs der Klägerin sei gleich wie jenes der Beklagten anzusetzen, sodaß ein Schadensausgleich im Verhältnis 1 : 1 zu erfolgen habe. Die Beklagte habe der Klägerin daher die Hälfte des Schadens zu ersetzen. Dabei sei von einem Schaden in der Höhe von S 49.189,86 auszugehen, da die Höhe des vom Erstgericht angenommenen Schadens nicht bekämpft worden sei.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts wenden sich die Revisionen beider Parteien aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung; während die Klägerin Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsstattgebung anstrebt, beantragt die Beklagte Abänderung im Sinne der gänzlichen Klagsabweisung; hilfsweise stellen beide Parteien Aufhebungsanträge.
In ihren Revisionsbeantwortungen beantragen beide Parteien, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen sind zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), jedoch nicht berechtigt.
1. Zur Revision der Beklagten:
Die Beklagte bringt vor, die Maßnahmen, die ein Weghalter in Entsprechung der Norm des § 1319 a ABGB zu ergreifen habe, hätten im Rahmen ihrer Angemessenheit und Zumutbarkeit geprüft zu werden. Gerade in Zeiten einer eminenten Bedrohung des Lebensraums der Menschen durch Umweltverschmutzungen verschiedenster Art und Weise müsse es einem politischen Entscheidungsträger freigestellt sein, auf den Einsatz umweltgefährdender und -schädigender Substanzen im Rahmen des winterlichen Räumungsbetriebs zu verzichten. Auch wenn der Sicherheit des Verkehrs zugegebenermaßen Bedeutung zukomme, so dürfe nicht übersehen werden, daß das Umweltschutzbedürfnis höher einzustufen sei, wenn zur Sicherung des Straßenverkehrs nicht gerade die absolut wirksamsten Mittel, sondern andere grundsätzlich taugliche Streumittel eingesetzt werden. Die von der Beklagten im Rahmen der Gemeindeautonomie erlassene ortspolizeiliche Verordnung, mit welcher die Verwendung von Salzstreugut auf dem Straßenstück zwischen Vill und Igls untersagt wurde, könne nicht schon an und für sich ein grob fahrlässiges Verhalten darstellen, da die entsprechende Verordnung erst nach vorangegangener Meinungsbildung und Abstimmung im Gemeinderat bzw. im Verkehrsausschuß erlassen wurde. Eine derartige Verordnung stehe auch deshalb im öffentlichen Interesse, da mit einer solchen Regelung nicht nur die negativen Auswirkungen der Salzstreuung auf die Bodenbeschaffenheit, die Güte der Oberflächengewässer und auf die Vegetation vermieden werden, sondern auch das Erreichen von fremdenverkehrspolitischen Zielen erleichtert werden solle. Eine Interessenabwägung zeige daher, daß im gegenständlichen Fall eine Einschränkung von Sicherungsmaßnahmen für den Straßenverkehr gerechtfertigt sei. Die politische Entscheidung der Beklagten sei daher weder überhaupt fahrlässig noch grob fahrlässig.
Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.
Nach § 1319 a ABGB haftet, wenn durch den mangelnden Zustand eines Weges ...... eine Sache beschädigt wird, derjenige für den Ersatz des Schadens, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat. Auch die Haftung für eine Vernachlässigung der Streupflicht durch den Halter eines Weges ist nach § 1319 a ABGB zu beurteilen (EvBl 1979/157; EvBl 1981/231 ua). Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß die Beklagte die "Halterin" jener Straße ist, auf der sich der Unfall des PKWs der Klägerin ereignet hat, und daß sie als solche für deren ordnungsgemäße Räumung von Schnee und für die Bestreuung bei Schnee und Glatteis zu sorgen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs richtet sich der Umfang der in den Rahmen der Instandhaltungspflicht des Straßenhalters fallenden Streupflicht nach dem Verkehrsbedürfnis und der Zumutbarkeit entsprechender Maßnahmen im Einzelfall. Der im § 1319 a Abs 1 ABGB verwendete Begriff der groben Fahrlässigkeit wird in ständiger Rechtsprechung dahin ausgelegt, daß darunter eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen ist, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falls in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn ein objektiv schwerer Verstoß auch subjektiv schwer anzulasten ist (vgl. ZVR 1986/11, ZVR 1974/30 ua.). Nach ständiger Rechtsprechung haftet die beklagte Stadtgemeinde, da es sich bei ihr um eine juristische Person handelt, für eigenes Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn ihre Organisation unzureichend war, um einen entsprechenden Schneeräum- und Streudienst sicherzustellen (vgl. SZ 58/154 ua.).
Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist die Revisionswerberin zunächst darauf hinzuweisen, daß sie sich im Verfahren erster Instanz gar nicht darauf berufen hat, aus Gründen des Umweltschutzes auf dem Straßenstück zwischen Vill und Igls, auf dem sich der Unfall ereignete, keine Salzstreuung, sondern nur eine Streuung mit Splitt vorzunehmen. Nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen der Tatsacheninstanzen besteht für diesen Bereich kein Schutzbedürfnis einer besonders ausgeprägten Vegetation unmittelbar neben der Straße. Igls ist jedoch ein Ort mit Winterfremdenverkehr; bei Schneelage wird mit einer schneebedeckten Fahrbahn ein einheitliches weißes Landschaftsbild angestrebt. Eine gewisse optische Wirkung wird damit bisweilen auch für ankommende und abfliegende Fluggäste erzielt. Im Interesse der Verkehrssicherheit läßt die Beklagte hingegen in den nördlichen Hanglagen zwischen Hötting und Arzl Salz streuen, wenn Glättebildung erwartet wird. Durch Streuung von Splitt allein ist es während Schneefalls - wie im Unfallszeitpunkt - praktisch unmöglich, insbesondere auf Gefällstrecken wie im Bereich der Unfallsstelle, die Verkehrssicherheit voll aufrecht zu erhalten. Bei Streuung von Salz oder eines umweltverträglichen Auftaumittels wäre dieses etwa innerhalb einer halben Stunde wirksam geworden und es wäre statt der Fahrbahnglätte eine Art Schneematsch entstanden.
Diese Feststellungen sind bei der Beurteilung des Verschuldens des für die Sicherstellung der Organisation eines ausreichenden Schneeräum- und Streudiensts der Beklagten verantwortlichen Organe zu berücksichtigen. Entscheidend ist, daß die Streuung der Gefällstrecke, auf der sich der Unfall ereignete und deren Gefährlichkeit bezüglich des Auftretens von Straßenglätte bei Witterungsverhältnissen, wie sie in den Morgenstunden des Unfallstages herrschten, den verantwortlichen Organen der Beklagten bekannt war, mit einem Auftaumittel - allenfalls auch einem umweltverträglichen - deshalb unterlassen und nur eine zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit unzureichende Splittstreuung vorgenommen wurde, um durch die schneebedeckte Fahrbahn im Interesse des Fremdenverkehrs ein einheitlich weißes Landschaftsbild zu erzielen. In der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß den für diese Vorgangsweise verantwortlichen Organen der Beklagten eine grob fahrlässige Vernachlässigung der die Beklagte gemäß § 1319 a ABGB treffenden Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Bestreuung der Straße zur Last fällt und daher jedenfalls die Mithaftung der Beklagten für den Schaden der Klägerin besteht, kann daher keine unrichtige rechtliche Beurteilung erblickt werden. Die Art des Zustandekommens des von der Beklagten für den gegenständlichen Straßenbereich erlassenen Verbots der Salzstreuung vermag die Haftung der Beklagten entgegen der Meinung der Revision in keiner Weise zu beseitigen.
Der Revision der Beklagten, die jegliche Haftung der Beklagten für den Schaden der Klägerin bestreitet, war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.
2. Zur Revision der Klägerin:
Die Klägerin bestreitet ein Mitverschulden des Lenkers ihres Fahrzeugs mit dem Vorbringen, die vom Lenker eingehaltene Geschwindigkeit sei nicht überhöht gewesen, noch falle ihm eine andere Sorgfaltsverletzung oder eine unrichtige Reaktion zur Last; er habe vielmehr die äußerste nach den Umständen mögliche Sorgfalt angewendet; das Alleinverschulden an dem Unfall treffe vielmehr die Beklagte wegen der grob fahrlässigen Unterlassung der wirksamen Bestreuung der Straße im Unfallsbereich.
Auch diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Vielmehr hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, daß der Lenker des Fahrzeugs der Klägerin angesichts der Witterungsverhältnisse mit der Gefahr des Auftretens von Fahrbahnglätte insbesondere auf der ihm bekannten Gefällstrecke hätte rechnen müssen und verpflichtet gewesen wäre, seine Fahrgeschwindigkeit den gegebenen Umständen anzupassen (§ 20 Abs 1 StVO). Daß die von ihm gewählte Fahrgeschwindigkeit von 30 bis 40 km/h für die gegebenen Straßen- und Witterungsverhältnisse demnach zu hoch war, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum erkannt. Daß die Klägerin ein Mitverschulden des Lenkers ihres Fahrzeugs zu vertreten hat, welches dem Verschulden der Beklagten etwa gleichkommt und daher eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 1 gerechtfertigt ist, wurde vom Berufungsgericht somit rechtlich richtig beurteilt. Es war daher auch der Revision der Klägerin ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich ebenfalls auf die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.
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