OGH 3Ob191/17k

OGH3Ob191/17k23.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

 Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei L***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, MBA, Rechtsanwalt in Graz, wegen 9.159,48 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 24. Juni 2017, GZ 5 R 6/17i‑52, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 25. Oktober 2016, GZ 206 C 661/14y‑45, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00191.17K.0523.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Folgender (soweit in dritter Instanz noch relevanter, vom Berufungsgericht unbeanstandet ergänzter und vom Obersten Gerichtshof um den unstrittigen Inhalt der Urkunden Beilagen ./9 und ./10 erweiterter [RIS‑Justiz RS0121557]; jüngst 2 Ob 167/17y [P 5.1.] mwN) Sachverhalt steht fest:

Die Streitteile sind die Parteien eines Zins-Swap-Geschäfts.

Die Klägerin ist seit etwa 30 Jahren im Geschäftsbereich „Vermietung von Objekten“ tätig. Sie nahm ua fortlaufend Ankäufe von Objekten, deren Sanierung oder Umbauten vor. Seit dem Jahr 1983 ist H***** zeichnungsberechtigte und selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Klägerin. Sie absolvierte eine Handelsschule und in der Folge ein Praktikum in einer Steuerberatungskanzlei. Der Mehrheitseigentümer der Klägerin fungiert auch als deren Steuerberater.

Im März 2011 finanzierte die Klägerin Umbaukosten über einen bei einer Drittbank aufgenommenen Kredit über 1.800.000 EUR und einer Laufzeit von 20 Jahren mit variabler Verzinsung (Aufschlag von 1,25 % auf den 3‑Monats‑Euribor). Als ständiger Berater der Klägerin bei der Drittbank fungierte in allen Bankangelegenheiten H***** (in Hinkunft: Berater).

Nach dessen Wechsel zur Beklagten kontaktierte er im Februar 2012 die Klägerin mit dem Vorschlag, aufgrund des zu diesem Zeitpunkt bestehenden niedrigen Zinsniveaus eine Umwandlung des bestehenden Kredits durchzuführen. Die Streitteile vereinbarten für den 28. Februar 2012 eine Präsentation, zu der ein Prokurist der Beklagten, der Berater und von Seiten der Klägerin ua die Geschäftsführerin sowie der Mehrheitseigentümer erschienen. Dabei wurden den Vertretern der Klägerin Unterlagen vorgelegt, anhand einer Bildschirmpräsentation das Angebot der Beklagten erörtert bzw diese aufgeklärt.

Die Klägerin sah danach ein Swap-Geschäft als ein für sie interessantes Angebot an. Auf ihr Betreiben vereinbarten die Streitteile einen weiteren Termin und nach Übermittlung erforderlicher Unterlagen den Unterfertigungstermin für den 16. März 2012, den die Geschäftsführerin der Klägerin gewählt hatte, weil sie, „eine weitere Zinserhöhung fürchtend“, „noch schnell vor Urlaubsantritt“ das Geschäft abschließen wollte. Mit ihr wurden in der Folge alle vorgelegten Urkunden wie die Grundregeln, die Rahmenbedingungen, die Vereinbarung über die Geschäftsabwicklung, die Sonderbedingungen, das Anlegerprofil etc durchbesprochen, bzw wurde sie noch einmal auf die vereinbarten Inhalte hingewiesen, wie sie von der Geschäftsführerin dann auch akzeptiert und dem streitgegenständlichen Geschäft zugrunde gelegt wurden. Sodann wurde der Prokurist der Beklagten dieser– telefonischen – Besprechung beigezogen und dieser versicherte sich, dass sich die Geschäftsführerin der Klägerin auch über alle Inhalte im Klaren sei. Sie versicherte, dass sie den Vertrag zu den besprochenen Bedingungen, einer 15‑jährigen Laufzeit ab dem 2. April 2012 und einem fixen Zinssatz von 2,55 % zum ausgewiesenen Anfangsnominalbetrag, nunmehr mündlich abschließe; der Prokurist wies sie noch einmal darauf hin, dass „Sie das Geschäft jederzeit wieder auflösen können, allerdings kann es sein, dass es dann einen negativen Marktwert gibt. Darüber bekommen Sie Marktwertverständigungen, die Ihnen jeweils einmal im Monat zugehen.“ Auf die Frage, „Ist dieses Geschäft so für Sie in Ordnung? Wollen Sie zu 2,55 % abschließen?“, antwortete die Geschäftsführerin der Klägerin: „Jawohl!“

Über diesen Gesprächsinhalt legte die Beklagte der Geschäftsführerin der Klägerin eine Zusammenfassung vor, in der alle wesentlichen Eckdaten enthalten waren, und ersuchte, diese Zusammenfassung firmenmäßig unterfertigt zu retournieren. In der Textzeile über der Unterschrift ist auf dieser Zusammenfassung vermerkt: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass ein vorzeitiger Ausstieg aus diesem Zins-Swap grundsätzlich jederzeit zu Marktkonditionen möglich ist, die Marktentwicklung aber auch negativ sein kann – das könnte zu erheblichen Kosten führen.“ Diesen Inhalt las die Geschäftsführerin der Klägerin, akzeptierte ihn und retournierte die Zusammenfassung unterfertigt.

Die Streitteile schlossen, basierend auf dem „Rahmenvertrag vom 14. März 2012“ (Beilage ./9) ein Zinstauschabkommen (Interest Rate Swap – IRS) am Abschlusstag 16. März 2012, mit einer Laufzeit von 2. April 2012 bis 1. April 2027 zu einem Anfangsnominalbetrag von 1.752.403,75 EUR ab, wobei sich die Klägerin verpflichtete, einen fixen Zinsbetrag von 2,55 % pa laut dem angeschlossenen Cash-Flow-Kalender für den fixen Zins, aus welchem sich der Nominalbetrag, Start- und Enddatum der Verzinsung sowie der jeweilige Zahlungstermin detailliert ergibt, zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin einen variablen Zinssatz auf Basis des 3‑Monats‑Euribor (ohne Spread) laut dem angeschlossenen Cash-Flow-Kalender für den variablen Zins, aus welchem der jeweilige Nominalbetrag, das Fixing-Datum, Start- und Enddatum der Zinsperiode, sowie der vereinbarte Zahlungstermin detailliert ersichtlich sind, zu bezahlen. Weiters ist darin die Anwendung der AGB der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung vorgesehen (Beilage ./E).

Die AGB der Beklagten in der Fassung Juli 2013 (Beilage ./X) lauten auszugsweise:

„V. Änderungen von Entgelten und Leistungen

 

A. Entgelts- und Leistungsänderungen gegenüber Unternehmen

 

Z 43. (1) Das Kreditinstitut kann im Geschäft mit Unternehmern Entgelte für Dauerleistungen, die das Kreditinstitut oder der Kunde zu leisten hat (einschließlich Soll- und Habenzinsen auf Giro- oder anderen Konten, Kontoführungsgebühren etc.) unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen auf dem Geld- oder Kapitalmarkt, Veränderungen der Refinanzierungskosten, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwandes, Veränderungen des Verbraucherpreisindex etc.) nach billigem Ermessen ändern. Gleiches gilt für die Änderung anderer Leistungen des Kreditinstituts, die aufgrund der Änderung gesetzlicher Anforderungen, der Sicherheit des Bankbetriebs, der technischen Entwicklung oder des erheblich gesunkenen, die Kostendeckung wesentlich beeinträchtigenden Nutzungsgrads einer Leistung erfolgen. (...)“

 

Der Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte vom 14. März 2012, unterfertigt am 11./16. März 2012 (Beilage ./9„Erstfassung“) und jener unterfertigt am 14./16. März 2012 (Beilage ./H) lauten auszugsweise:

„§ 7 – Beendigung

 

1) Sofern Einzelabschlüsse getätigt und noch nicht vollständig abgewickelt sind, ist der Vertrag nur aus wichtigem Grund kündbar. Die Benachrichtigung und die Kündigung müssen schriftlich oder fernschriftlich erfolgen. Eine Teilkündigung einzelner und nicht aller Einzelabschlüsse ist ausgeschlossen.

 

2) Ein wichtiger Grund gemäß Abs. 1 liegt insbesondere im Fall der folgenden demonstrativ aufgezählten Kündigungsgründe vor: (…)

 

 

§ 11 – Verschiedenes (…)

 

9) „Anfechtungsverzicht“: Die Parteien verzichten ausdrücklich auf das Recht, diesen Rahmenvertrag oder die Einzelabschlüsse wegen Irrtums, wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes oder einem anderen Grund (z.B. „Einwand von Spiel und Wette“), der den wirtschaftlichen Vertragszweck verletzen würde, anzufechten.

 

10) Ergänzend gelten – soweit anwendbar – die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Bank sowie die „Sonderbedingungen für Devisen- und Optionsgeschäfte“.

 

Die Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte (Beilage ./10„Erstfassung“) lauten auszugsweise:

„6. Deckung (Sicherheiten)

Vor Ausführung von außerbörslichen Derivatgeschäften ist vom Vertragspartner Deckung zu hinterlegen, dies jeweils gemäß den folgenden Bestimmungen.

6.1 Die Bank behält sich vor, die Erbringung von zusätzlichen Vermögenswerten als Deckung innerhalb von 48 Stunden zu verlangen, sofern dies nach ihrer Einschätzung der Zins-, Kurs- und Preisänderungsrisiken aus Geschäften mit dem Vertragspartner erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn sich die Risikoeinschätzung der Bank oder der Wert der erbrachten Deckung ändert.

6.2  Die als Deckung erbrachten Vermögenswerte gelten der Bank zur Besicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche, die der Bank aus der Durchführung bzw. Glattstellung von mit dem Kunden abgeschlossenen Geschäfte, als verpfändet. (...)

7. Vorzeitige Beendigung und Glattstellung

Eine vorzeitige Beendigung des Geschäfts durch den Kunden ist während der unter Punkt 2 beschriebenen Zeiten jederzeit zu Marktkursen möglich. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Geschäfts können für den Kunden zusätzliche Kosten entstehen. (…)

Verlangt die Bank zusätzliche Sicherheiten und werden diese innerhalb der von ihr gesetzten Frist nicht gestellt oder wird die Sicherstellung zusätzlicher Sicherheiten abgelehnt, kann die Bank die den offenen Positionen zugrunde liegenden Geschäfte und Auftragsverhältnisse ohne Fristsetzung ganz oder teilweise beenden, bzw. die aus solchen Geschäften resultierenden offenen Positionen ganz oder teilweise durch ein Gegengeschäft glattstellen. (…)

10. Schadenersatz

Die Bank hat in allen Fällen einer vorzeitigen Beendigung bzw. einer Glattstellung einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Kunden.

11. Einwendungen (...)

12. Kundenerklärung

Der Kunde bestätigt, dass er über die mit Devisen-, Swap- und Optionsgeschäften verbundenen Risiken aufgeklärt wurde und das alleinige wirtschaftliche Risiko aus diesen Geschäften trägt. Von Seiten der Bank wird die Entwicklung der Geschäfte nicht beobachtet. Die Produktberatung wurde anhand der dem Kunden ausgehändigten Produktbeschreibung vorgenommen.

Der Kunde bestätigt die Kenntnisnahme und Erhalt der 'Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte'. Jegliche Änderung dieser Erklärung bedarf einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung.“

 

Die Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte (Beilage ./i) lauten auszugsweise:

„6. Deckung (Sicherheiten)

 

Vor Ausführung von außerbörslichen Derivatgeschäften ist vom Vertragspartner Deckung zu hinterlegen, dies jeweils gemäß den folgenden Bestimmungen.

 

6.1 Die Bank behält sich vor, die Erbringung von zusätzlichen Vermögenswerten als Deckung innerhalb einer angemessenen Frist zu verlangen, sofern dies nach ihrer Einschätzung der Zins-, Kurs- und Preisänderungsrisiken aus Geschäften mit dem Vertragspartner erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn sich die Risikoeinschätzung der Bank oder der Wert der erbrachten Deckung ändert.

 

6.2. Die als Deckung erbrachten Vermögenswerte gelten der Bank zur Besicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche, die der Bank aus der Durchführung bzw. Glattstellung von mit dem Kunden abgeschlossenen Geschäfte, als verpfändet. Wird als Deckung Geld hinterlegt, erfolgt eine Verwertung durch entsprechende Umbuchung.

 

7. Vorzeitige Beendigung und Glattstellung

Eine vorzeitige Beendigung des Geschäfts durch den Kunden ist während der unter Punkt 1 beschriebenen Zeiten jederzeit zu Marktkursen möglich. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Geschäfts können für den Kunden zusätzliche Kosten entstehen. (…)

 

Verlangt die Bank zusätzliche Sicherheiten und werden diese innerhalb der von ihr gesetzten Frist nicht gestellt oder wird die Sicherstellung zusätzlicher Sicherheiten abgelehnt, kann die Bank die den offenen Positionen zugrunde liegenden Geschäfte und Auftragsverhältnisse ohne Fristsetzung ganz oder teilweise beenden, bzw. die aus solchen Geschäften resultierenden offenen Positionen ganz oder teilweise durch ein Gegengeschäft glattstellen. (…)

 

10. Einwendungen (…)

 

11. Kundenerklärung

Der Kunde bestätigt, dass er über die mit Swapgeschäften verbundenen Risiken aufgeklärt wurde und das alleinige wirtschaftliche Risiko aus diesen Geschäften trägt. Von Seiten der Bank wird die Entwicklung der Geschäfte nicht beobachtet. Die Produktberatung wurde anhand der dem Kunden ausgehändigten Produktbeschreibung vorgenommen.

Der Kunde bestätigt die Kenntnisnahme und Erhalt der 'Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte'. Jegliche Änderung dieser Erklärung bedarf einer gesonderten schriftlichen Vereinbarung.“

 

Die Klägerin kalkulierte das mit dem Kredit bei der Drittbank finanzierte Immobilienprojekt ursprünglich mit einer Zinsenbelastung aus dem Kredit zwischen 4,5 % und 5 % und wollte durch den Abschluss des Zins-Swaps erreichen, dass die Kreditbelastung nicht über 3,8 % steigt. Der Mehrheitseigentümer (= Steuerberater) und die Geschäftsführerin der Klägerin gingen davon aus, dass die Klägerin durch den Abschluss des Swap-Geschäfts bei der Beklagten als Fixzinssatz 2,55 % erhält und bei der Drittbank ab diesem Zeitpunkt nur noch deren Marge von 1,25 % zu zahlen hat.

Am 19. März 2012 übergab die Klägerin der Beklagten ein Sparbuch mit einer Einlage von 50.000 EUR.

Ab 7. Mai 2012 übermittelte die Beklagte der Klägerin regelmäßig Abrechnungen zum Kontostand des Swap-Geschäfts, welche der Klägerin zwar zukamen, denen sie aber keine besondere Bedeutung zumaß, da sie darin bloß kalkulatorische Berechnungen erblickte.

Am 26. Juli 2012 teilte die Drittbank der Klägerin mit, dass sie aufgrund der wesentlich erhöhten Refinanzierungskosten die Konditionen verschlechtern müsse. In diesem Zusammenhang akzeptierte die Klägerin, dass dem Kredit bei einem unveränderten Aufschlag von 1,25 % ein Mindest‑Euribor von 1 % zugrunde gelegt wird; das führte zu einer Erhöhung der effektiven Zinsenbelastung für die Klägerin.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2013 begehrte sie von der Beklagten die Rückabwicklung des Swap-Geschäfts und erklärte in weiterer Folge mehrfach den Rücktritt vom Vertrag. Sie weigerte sich auch, die Zinsendifferenzen an die Beklagte zu überweisen. Infolge eines für das erste Quartal 2014 bestehenden Zinsenrückstands nahm die Beklagte eine teilweise Verwertung der von der Klägerin gegebenen Sicherheit (verpfändetes Sparbuch) in Höhe des Klagsbetrags von 9.159,48 EUR vor.

Die bei einem Fixzinskredit zu leistende Vorfälligkeitsentschädigung entspricht jenem negativen Marktwert eines Swaps, der (nur) bei vorzeitiger Auflösung von der Vertragspartei an die Bank zu zahlen ist. Der negative Marktwert des Swaps bei Abschluss kann als Preis für die Flexibilität während der Laufzeit, vom Fixzins wieder in eine variable Verzinsung durch Rücklösung des Geschäfts auszusteigen, verstanden werden. In diesem Fall würde man von einem vorteilhaften Marktumfeld profitieren. Der negative Marktwert des Swaps repräsentiert sowohl den Vorteil der Fixierung der Refinanzierung als auch die Option auf Kündigung. Ein negativer Marktwert ist nicht unüblich und repräsentiert den Ertrag der Bank.

Mit dem Abschluss des verfahrensgegenständlichen Geschäfts eliminierte die Klägerin das Zinsrisiko – als Risiko steigender oder auch fallender Zinsen aufgrund der Veränderungen des 3-Monats-Euribor – für ihren variabel verzinsten Kredit bzw drückte es auf „Null“. Beim gegenständlichen Swap handelt es sich um einen an die Bedürfnisse der Klägerin nach dem Tilgungsplan zum Kredit bei der Drittbank angepassten Amortisations-Swap, bei dem das Risiko einer nachteiligen Veränderung des Referenzzinssatzes „3‑Monats‑Euribor“ gegen den Fixzins von 2,55 % getauscht werden sollte. Im vorliegenden Fall ist der Swap als adäquates Finanzinstrument zur Ausschaltung von Risiken aufgrund der Schwankung des 3‑Monats‑Euribor anzusehen und hatte dieser – im Hinblick auf den bereits zuvor bestehenden Kreditvertrag bei der Drittbank – risikoreduzierende Eigenschaften.

(a) Von einem Mangel an einschlägigen Kenntnissen kann bei der Klägerin als Unternehmerin keine Rede sein.

Die Klägerin begehrt 9.159,48 EUR sA, welche die Beklagte aus dem als Sicherheit übergebenen Sparbuch zur Abdeckung angeblich fälliger Zinsforderungen abgebucht habe, aus jedem erdenklichen Rechtsgrund. Sie bringt dazu (zusammengefasst) vor:

Von der Vereinbarung habe die Klägerin mehrfach den (ua auf Irrtum und List gestützten) Rücktritt erklärt. Dieser sei auch aufgrund von Pflichtverletzungen nach dem WAG und Verletzungen vorvertraglicher Aufklärungs- und Schutzpflichten gerechtfertigt, weil die Klägerin von der Beklagten nicht über den anfänglichen negativen Kapitalwert des Swaps und unrichtig über die Risken und Kosten eines Ausstiegs der Klägerin aus dem Geschäft informiert worden sei. Die Ungültigkeit werde auch auf § 879 ABGB gestützt.

Die Beklagte sei im Februar 2012 an die Klägerin damit herangetreten, dass man das bestehende niedrige Zinsniveau „fix machen“ könne. Im Rahmen einer Präsentation sei seitens der Beklagten betont worden, dass die Anlage völlig ohne Risiko wäre, man könne – auch bei gleichbleibendem Zinsniveau – jederzeit ohne irgendeinen Verlust aussteigen; der bestehende absolut niedrige Zinssatz könne nur mehr nach oben gehen; der Swap sei das absolut geeignetste für die Klägerin. Ein schon von Anfang an bestehender negativer Marktwert von ca 50.000 EUR sei nie erwähnt worden. Am 16. März 2012 habe die Geschäftsführerin ungelesen die Vertragsunterlagen unterfertigt. Die Beklagte habe auch ein Sparbuch über 50.000 EUR als Sicherstellung verlangt, das ihr am 19. März 2012 übergeben worden sei.

Die Klägerin habe angenommen, dass ein Gewinn der Beklagten eintreten werde, wenn der Euribor unter 2,55 % läge, im umgekehrten Fall aber ein Gewinn der Klägerin; dass die Bank ihr Risiko (wenn der 3‑Monats‑Euribor bis zum Ablauf der 15 Jahre über 2,55 % steige) und ihre Aufschläge bereits in diesem Swap-Satz eingepreist habe; und dass das Geschäft von der Klägerin jederzeit ohne Abschlagszahlung (ausgenommen geringer Spesen) aufgelöst werden könne. Sie sei von ausgeglichenen Wettchancen ausgegangen, nicht jedoch davon, dass der Finanzmarkt aus dem Blickwinkel einer Wahrscheinlichkeitsberechnung schon bei Abschluss des Geschäfts von massiv geschmälerten Erfolgsaussichten der Klägerin ausgegangen sei. Der Preis des Swap-Geschäfts müsse in einem komplexen Verfahren aus schwierig identifizierbaren Strukturelementen abgeleitet werden, wozu nur wenige Marktteilnehmer in der Lage seien. Die Klägerin habe nicht über das finanzmathematische Wissen und die finanzmathematischen Informationen verfügt, welche die Beklagte bei Abschluss besessen habe. Sie hätte auch über den bei der Beklagten bestehenden Interessenkonflikt, weil diese die Risikostruktur bewusst zu Lasten der Klägerin gestaltet habe, aufgeklärt werden müssen; sowie darüber, dass eine Nachschusspflicht für Sicherheiten bestehe. Wenn sie darüber informiert worden wäre, dass ein Verlust von ca 50.000 EUR schon bei Abschluss eingetreten sei, den die Klägerin bei einem Ausstieg in den ersten Tagen leisten hätte müssen, hätte sie das Geschäft nicht abgeschlossen; ebenso, wenn sie gewusst hätte, dass die Beklagte bei veränderten Refinanzierungskosten eine Kündigungsmöglichkeit habe. Dann wäre ein Geschäftsabschluss unterblieben und der geltend gemachte Schaden nicht eingetreten.

Nach Realisierung, dass der negative Marktwert eine Abschlagszahlung darstelle, welche die Klägerin bei der Kündigung des Swaps bezahlen müsse, habe sie erstmals am 4. Juli 2013 die Rückabwicklung verlangt.

Abgesehen davon, dass die Irrtümer der Klägerin grob fahrlässig verursacht worden seien, käme den Anfechtungsverzichten der Klägerin keine Wirksamkeit zu.

Erst nach dem Geschäftsabschluss am 16. März 2012 seien der Klägerin der Rahmenvertrag und die Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte übermittelt und bekannt geworden. Sie habe dann an die Beklagte konkrete, zum Teil akzeptierte Änderungswünsche herangetragen. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin nicht ausreichend über das Risiko des abgeschlossenen Geschäfts aufgeklärt worden sei.

Die Absicht der Klägerin sei gewesen, das damals bestehende Zinsniveau abzusichern, nicht jedoch zu spekulieren. Sie sei einem Geschäftsirrtum unterlegen, weil sie über den anfänglichen negativen Marktwert nicht aufgeklärt worden sei und hätte bei entsprechender Aufklärung dazu alternative Finanzierungen und den Abschluss eines Fixzinskredits gesucht, bei dem die Zinszahlungen zumindestens um 0,2 % geringer gewesen wären.

Die Beklagte bestritt und wendete (im Wesentlichen) ein, über Wunsch der Klägerin sei ein Zins-Swap-Geschäft der einfachsten Art geschlossen worden, dessen Struktur von der Beklagten aufgrund des Tilgungsplans zum Kredit ausgestaltet worden sei. Der Klägerin seien die Abläufe eines solchen Swap-Geschäfts im Detail bekannt gewesen; ihr Risiko sei in einem weiteren Fall des Zinsniveaus gelegen. Da die Klägerin auch schriftlich zur Kenntnis genommen habe, dass ein vorzeitiger Ausstieg jederzeit zu Marktbedingungen möglich sei, was aber auch kostenintensiv sein könnte, bestünden keine Rücktritts- oder Anfechtungsgründe. Auf die Irrtumsanfechtung sei wirksam verzichtet worden. Es sei auch zu keinen „Aufklärungs- und Beratungspflichtenverletzungen“ durch die Beklagte gekommen. Ein allfälliger Schadenersatzanspruch daraus müsste „als Gegenforderung eingewandt werden“. Der derzeit tatsächlich bestehende erhebliche negative Marktwert komme nur bei einem vorzeitigen Vertragsausstieg zum Tragen.

Die Klägerin sei bei Abschluss offenbar davon ausgegangen, dass der Euribor in den nächsten 15 Jahren steigen werde und habe sich dagegen absichern wollen. Mangels eines spekulativen Swap-Geschäfts sei die von der Klägerin verwertete Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) und des Obersten Gerichtshofs (OGH) nicht anwendbar.

Unterlagen seien nicht rückdatiert worden, vielmehr habe die Klägerin nachträglich im April 2012 Präzisierungen (auch zum Kundenprofil) gewünscht, denen die Beklagte nahezu vollständig nachgekommen sei. Die Klägerin habe die Unterlagen genauestens studiert und gewusst, was sie unterschreibe. Sie sei weder in Irrtum geführt worden, noch liege List vor. Die behaupteten Zusicherungen und Beteuerungen durch die Beklagte seien nie erfolgt. Eine Sicherstellung in Form eines Sparbuchs sei schon vor dem 16. März 2012 vereinbart worden.

Zu einem Wechsel des Vertragspartners der Klägerin sei es nicht gekommen, die Beklagte habe nur einen „Absicherungsswap“, nicht jedoch einen „Gegenswap“ abgeschlossen.

Den nachträglichen Änderungswünschen der Klägerin sei mit einer Ausnahme zu § 7 des Rahmenvertrags ohnehin entsprochen worden. Der Klägerin sei vollkommen klar gewesen, dass ein vorzeitiger Ausstieg mit Kosten verbunden sei; einem in der Immobilienbranche tätigen Unternehmen müsse dies ohnehin bewusst sein.

Der negative Marktwert von anfänglich 34.910,80 EUR spiegle nicht den voraussichtlichen (Miss‑)Erfolg wider, er sei nichts anderes, als die in jedes Finanzprodukt eingerechnete, nicht aufklärungspflichtige Bruttomarge der Bank, hier in marktüblichem Ausmaß von 0,2 % pa. Der Zinsswap sei für die Klägerin ein zur Ausschaltung etwaiger Risken aufgrund der Schwankungen des 3‑Monats‑Euribor adäquates Finanzinstrument mit primär risikoreduzierenden Eigenschaften gewesen.

Die Klägerin hätte den konnexen Swap-Vertrag auch in Kenntnis des anfänglichen Marktwerts angenommen.

Das Erstgericht wies die Klage ausgehend vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt ab. Eine Aufklärung der Klägerin sei – (b) selbst wenn die Beklagte bei Vertragsabschluss darüber aufgeklärt habe – auch nach § 40 WAG 2007 nicht notwendig, weil diese Bruttomarge der Bank nicht den voraussichtlichen (Miss‑)Erfolg des Geschäfts widerspiegle, sondern von der künftigen Zinsentwicklung und dem Tag der vorzeitigen Vertragsauflösung abhängig sei; zudem liege kein Spekulationsgeschäft vor. Das Swap-Geschäft diene der Absicherung gegenläufiger Zinsrisiken (c) aus konnexen Grundgeschäften . Von einem Mangel an einschlägigen Kenntnissen könne bei der Klägerin als Unternehmerin nach den getroffenen Feststellungen keine Rede sein. Die Klägerin sei auch über ihre Zahlungspflicht bei vorzeitiger Auflösung aufgeklärt worden. Ein allfälliger negativer Marktwert bei Vertragsschluss sei von der Beklagten nicht listig verheimlicht worden, weil er nur rechnerisch existiert habe und nur bei vorzeitiger Vertragsauflösung zum Tragen gekommen wäre; deshalb habe durch ihn auch bei Vertragsschluss kein Ungleichgewicht bestanden. Auf die Irrtumsanfechtung habe die Klägerin verzichtet; eine Fehlvorstellung der Klägerin über die Risikostruktur sei von der Beklagten ohnehin nicht verursacht worden. Laesio enormis komme bei Glücksverträgen, wie dem Zinstauschabkommen nicht zur Anwendung. Es liege weder eine sittenwidrige Äquivalenzstörung nach § 879 Abs 1 ABGB noch Wucher nach § 879 Abs 2 Z 4 ABGB vor.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Es verwarf die Beweisrügen der Klägerin und folgerte rechtlich: Nach der Judikatur des BGH sei bei einem hochkomplexen, sogenannten „CMS-Spread-Ladder-Swap-Vertrag“ über den Umstand, dass der von der Bank empfohlene Swap-Vertrag zum Abschlusszeitpunkt einen für die Vertragspartnerin negativen Marktwert aufgewiesen hatte, aufzuklären. Die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen habe der OGH zu 8 Ob 11/11t „in den Grundzügen“ für anwendbar erachtet. Nach Auseinandersetzung mit der Folgejudikatur des BGH kam das Berufungsgericht zum Ergebnis, deren Grundsätze seien auch auf die österreichische Rechtslage übertragbar. Dennoch verneinte es eine Aufklärungspflicht der Beklagten. Es liege nämlich keine reine Zinswette vor, weil der Zinsswap primär die Funktion der Absicherung habe. Das einzig spekulative Element, das dem gegenständlichen Zins-Swap innewohne, bestehe in der Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung bzw Glattstellung des Swaps zu einem für die das Kündigungsrecht ausübende Partei möglichst vorteilhaften Zeitpunkt. Die zu Vertragsbeginn zu Ungunsten der Klägerin bestehende Diskrepanz zwischen den wechselseitig zu leistenden Zinszahlungen wäre aber insbesondere für eine seit mehr als 30 Jahren als Geschäftsführerin einer im Geschäftsbereich Objektvermietung tätigen Absolventin einer Handelsschule leicht zu erkennen gewesen. Ein „versteckter Interessenkonflikt“, über den deshalb aufzuklären gewesen wäre, weil die Klägerin mit einem Gewinninteresse der Bank und dem Einpreisen der Bruttomarge in die Risikostruktur des vorliegenden Swap-Geschäfts nicht habe rechnen müssen, habe aufgrund dessen Offensichtlichkeit nicht bestanden.

Dennoch sei die Sache nicht entscheidungsreif, weil es das Erstgericht verabsäumt habe, eine hinreichende Feststellungsgrundlage zu schaffen, die eine abschließende Beurteilung der Frage, ob die behauptete Verletzung von (vorvertraglichen) Schutz-, Sorgfalts-, Beratungs- und Aufklärungspflichten vorliege, nicht zulasse. Den Feststellungen lasse sich nämlich insbesondere nicht entnehmen, ob und wenn ja, über welche konkreten Inhalte, Besonderheiten und Risiken die Verantwortlichen der Klägerin von den Mitarbeitern der Beklagten im Zuge der Präsentation oder der folgenden Termine aufgeklärt worden seien. Weiters fehle es an Feststellungen zum Vorbringen der Klägerin zu Fehlinformationen der Mitarbeiter der Beklagten, „dass die Zinsen eigentlich nur mehr steigen könnten“, „dass die Anlage völlig ohne Risiko wäre“ und dass „die Klägerin jederzeit, ohne irgendeinen Verlust oder Nachteil aus dem Swap aussteigen“ könnte. Sollte das Erstgericht zum Ergebnis kommen, dass der Beklagten eine schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten anzulasten sei, müsste auch eine ergänzende Feststellung zu deren Kausalität getroffen werden. Schließlich seien konkrete Feststellungen dazu zu treffen, welche Vertragsgrundlage dem streitgegenständlichen Swap-Geschäft von den Parteien zugrunde gelegt worden seien, weil die Parteien dazu zwei voneinander abweichende Fassungen, sowohl des Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte (Beilagen ./9 und ./H) als auch der Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte (Beilagen ./10 sowie ./i), vorgelegt hatten.

Die genannten Feststellungsmängel verhinderten auch die rechtliche Beurteilung, ob das Vertragsverhältnis wegen Irrtums angefochten werden könne. Darauf könne zwar zwischen Unternehmern wirksam verzichtet werden, die Behauptungen der Klägerin zu Fehlinformationen durch die Beklagte erschienen aber grundsätzlich geeignet, eine (zumindest) grob fahrlässige Irreführung zu begründen. Die Beklagte sei ihrer Beweislast bezüglich der Kausalität bisher nicht nachgekommen. Wegen der Feststellungsmängel könne auch die geltend gemachte listige Irreführung nicht beurteilt werden; ebensowenig die angeblich unterbliebene Aufklärung über die Leistung von (weiteren) Sicherheiten und die von der Klägerin ins Treffen geführte Sittenwidrigkeit.

Der Rekurs an den OGH sei zulässig, weil die Frage nach der Reichweite einer Aufklärungspflicht über das Bestehen und über die Höhe eines bereits bei Vertragsabschluss bestehenden negativen Marktwerts auch bei weniger komplex strukturierten Swap-Geschäften in der österreichischen oberstgerichtlichen Rechtsprechung nach wie vor weitestgehend ungeklärt sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, der Klage stattzugeben. Die umfangreichen, sich mehrfach wiederholenden und wenig strukturierten Rechtsmittelausführungen werden – soweit erforderlich – ihm Rahmen ihrer Behandlung erwähnt.

Die Beklagte begehrt in ihrer Rekursbeantwortung primär die Zurückweisung des Rekurses und „jedenfalls“ diesem nicht Folge zu geben. Sie stellt klar, dass sie „der Klägerin tatsächlich diesen anfänglichen negativen Marktwert nicht mitgeteilt hat“, weil dazu keine Verpflichtung bestanden habe.

Der Rekurs der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, weil der OGH zu den Aufklärungspflichten einer Bank bei Abschluss eines Zins-Swap-Geschäfts über dessen anfänglich negativen Marktwert jedenfalls bei Geltung des WAG 2007 noch nicht Stellung genommen hat; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Vorweg ist klarzustellen:

I.1. Der im Rekurs aus der Berufung wiederholten Beweisrüge betreffend die oben kursiv und fett wiedergegebene Feststellung des Erstgerichts (a) ist zu erwidern, dass die Richtigkeit von Feststellungen vom OGH der keine Tatsacheninstanz ist, nicht überprüft werden kann (RIS‑Justiz RS0042903 [T5]).

Eine bloß mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren nicht angefochten werden (RIS‑Justiz RS0043371). Die Entscheidung des Berufungsgerichts über eine Beweisrüge ist mängelfrei, wenn es sich mit dieser überhaupt befasst, die Beweiswürdigung des Erstgerichts überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung anstellt und in seinem Urteil festhält (RIS‑Justiz RS0043150). Dies ist hinsichtlich der Feststellung (a) der Fall.

I.2. Auch die Auslegung des Ersturteils durch das Berufungsgericht dahin, dass die oben wiedergegebene Äußerung des Erstgerichts (b) gar keine Tatsachenfeststellung enthält, ist nicht zu beanstanden.

I.3. Dem Berufungsgericht ist weiters dahin zu folgen, dass die zu oben (c) vorgenommene Wertung des Erstgerichts, der bei der Drittbank aufgenommene Kredit sei als konnexes Grundgeschäft anzusehen, einen Akt der rechtlichen Beurteilung darstellt.

I.4. Was aber den geltend gemachten Verstoß des Berufungsgerichts gegen die Selbstergänzungspflicht nach § 496 Abs 3 ZPO betrifft, kann dieser schon deshalb nicht vorliegen, weil die Beklagte in ihrer Rekursbeantwortung außer Streit stellte, dass sie „der Klägerin tatsächlich diesen anfänglichen negativen Marktwert nicht mitgeteilt hat“. Demgemäß erübrigt sich eine Behandlung weiterer – somit gegenständlicher – Argumente des Rekurses zu dieser Tatfrage.

Auch dessen – vom Sachverständigen (ON 17 S 8) unbeanstandet ermittelte – Höhe von 34.910,80 EUR ist in dritter Instanz als unstrittig anzusehen, weil nunmehr beide Seiten diesen Wert in ihrem Vorbringen nennen (die Klägerin mehrfach im Rekurs und die Beklagte [nach ursprünglichem Leugnen der Existenz eines solchen: ON 5 S 12] ausdrücklich in ON 38). Das gilt auch für seine Prämissen, die vom Sachverständigen – ebenso unbeanstandet – wie folgt beschrieben wurden (ON 17 S 5, 8 und 13): Während bei Vertragsabschluss die Höhe der Zahlungen der Klägerin für die gesamte Laufzeit bekannt war, herrschte Unsicherheit, was die Höhe der Zahlungen der Beklagten an die Klägerin betrifft, weil der 3‑Monats‑Euribor ein sogenannter Referenzzinssatz ist, der täglich durch Angebot und Nachfrage bzw repräsentative Befragung diverser Banken ermittelt wird. Der Marktwert eines Swaps ist als Differenz der Barwerte der fixen Zahlungen gegenüber den Barwerten der (vom Markt erwarteten) variablen Zahlungen definiert. Hier errechnete sich der Marktwert beim Abschluss am 16. März 2012 wie folgt: Barwert fixe Zahlungen 402.872,94 EUR, Barwert variable Zahlungen 367.962,14 EUR, Marktwert aus der Sicht der Klägerin minus 34.910,80 EUR, weil der Barwert der von der Klägerin zu leistenden Zahlungen um diesen Betrag höher war.

Die pauschale Rüge einer Verletzung der Selbstergänzungspflicht auch „zu sämtlichen Punkten dieser Rechtsrüge“ lässt die erforderliche Konkretisierung vermissen und stellt deshalb keine gesetzmäßige Ausführung einer Mängelrüge dar.

I.5. Entgegen der Ansicht der Klägerin brachte die Beklagte in erster Instanz vor, dass die Klägerin den Swap-Vertrag auch in Kenntnis des anfänglichen Marktwerts angenommen hätte, sodass die „nicht vorgenommene konkrete Aussage zu diesem Marktwert in keinster Weise für den Ankauf kausal“ gewesen sei (ON 42 S 8).

I.6. Die in erster Instanz auch noch geltend gemachten Rechtsgründe für ihren Rücktritt vom Vertrag der laesio enormis, des Wuchers und des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ließ die Klägerin im Rechtsmittelverfahren fallen.

II. Im Zentrum des Rekurses steht die Bekämpfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Klägerin nicht über den anfänglichen negativen Kapitalwert aufklären müssen, wozu sich die Klägerin im Wesentlichen auf die Argumente der Judikatur des BGH und anderer deutscher Gerichte beruft.

II.1.1. Mit dem Urteil vom 22. März 2011, XI ZR 33/10, formulierte der BGH folgende Leitsätze: Bei einem (im Jahr 2005 abgeschlossenen) CMS Spread Ladder Swap-Vertrag muss die beratende Bank über den negativen Marktwert aufklären, den sie in die Formel zur Berechnung der variablen Zinszahlungspflicht des Anlegers einstrukturiert hat, weil dieser Ausdruck ihres schwerwiegenden Interessenkonflikts ist und die konkrete Gefahr begründet, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgibt. Eine Bank, die eigene Anlageprodukte empfiehlt, muss grundsätzlich nicht darüber aufklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt. Der insofern bestehende Interessenkonflikt ist derart offenkundig, dass auf ihn nicht gesondert hingewiesen werden muss, es sei denn, es treten besondere Umstände hinzu. Solche besonderen Umstände liegen beim CMS Spread Ladder Swap-Vertrag vor, weil dessen Risikostruktur von der Bank bewusst zu Lasten des Anlegers gestaltet worden ist, um unmittelbar im Zusammenhang mit dem Abschluss des Anlagegeschäfts das Risiko verkaufen zu können, das der Kunde aufgrund ihrer Beratungsleistung übernommen hat.

Den angenommenen schwerwiegenden Interessenkonflikt begründet der BGH im Wesentlichen damit (Rz 34 ff), dass die beratende Bank als Partnerin der Zinswette eine Rolle übernehme, die den Interessen des Kunden entgegengesetzt sei. Für sie erweise sich der „Tausch" (englisch Swap) der Zinszahlungen nur dann als günstig, wenn ihre Prognose zur Entwicklung des Basiswerts gerade nicht eintrete und die Kundin damit einen Verlust erleide. Als Beraterin der Kundin hingegen sei sie verpflichtet, die Interessen der Klägerin zu wahren. Sie müsse daher auf einen möglichst hohen Gewinn der Kundin bedacht sein, was einen entsprechenden Verlust für sie selbst bedeute. Der jeweils gültige Marktwert des Vertrags werdeanhand finanzmathematischer Berechnungsmodelle, die normalerweise nur die Bank und nicht auch der Kunde beherrsche, in der Weise ermittelt, dass – unter Berücksichtigung gegebenenfalls enthaltener Optionsbestandteile – die voraussichtlichen künftigen festen und variablen Zinszahlungen der Parteien gegenübergestellt und mit den an den entsprechenden Zahlungsterminen gültigen Abzinsungsfaktoren auf den Bewertungszeitpunkt abgezinst würden. Da der Verlauf des variablen Zinssatzes naturgemäß unbekannt sei, würden die künftigen Zahlungspflichten des Kunden dazu mittels eines Simulationsmodells errechnet, das auf den im Bewertungszeitpunkt rechnerisch ermittelten Terminzinssätzen basiere. Bewerte der „Markt" – nach den zur Verfügung stehenden Simulationsmodellen – zum Abschlusszeitpunkt das Risiko, das die Klägerin übernehme, in bestimmter Höhe negativ, bedeute dies für die Bank, dass ihre Chancen in dieser Höhe positiv bewertet würden. Diesen Vorteil habe sie sich durch „Hedge-Geschäfte" abkaufen lassen können. Wenn die beratende Bank daraus Vorteile ziehe, dass der Markt das Risiko, das der Kunde mit dem von ihr empfohlenen Produkt übernehme, derzeit in bestimmter Höhe negativ sehe, so bestehe die konkrete Gefahr, dass sie ihre Anlageempfehlung nicht allein im Kundeninteresse abgebe; diese erscheine aus Sicht des Kunden in einem anderen Licht, wenn er wisse, dass die überaus komplexe Zinsberechnungsformel für seine Zahlungen so strukturiert worden sei, dass derzeit der Markt seine Risiken negativer sehe als die gegenläufigen Risiken seiner – ihn beratenden – Vertragspartnerin. Dabei spiele es keine Rolle, ob die einstrukturierte Gewinnmarge der Bank marktüblich sei und die Erfolgschancen des Kunden nicht wesentlich beeinträchtige. Der aufklärungspflichtige Interessenkonflikt bestehe weder in der generellen Gewinnerzielungsabsicht der Bank noch in der konkreten Höhe der von ihr einkalkulierten Gewinnmargen. Zu einer Aufklärungspflicht führe allein die dargestellte Besonderheit des von ihr konkret empfohlenen Produkts, die der Kunde – anders als die generelle Gewinnerzielungsabsicht der Bank – gerade nicht erkennen könne.

II.1.2. Mit dem Urteil vom 22. März 2016, XI ZR 425/14 traf der BGH zu den Voraussetzungen der Konnexität von Grund- und Gegengeschäft folgende Klarstellung (Rz 27 ff): Ist die zu einem Zinssatz-Swap-Vertrag mit ihr selbst ratende Bank zugleich Darlehensgeberin des Kunden, muss sie nicht offenbaren, dass sie in einen Zinssatz-Swap-Vertrag eine Bruttomarge eingepreist hat, sofern Zinssatz-Swap-Vertrag und Darlehensvertrag konnex sind. Ist die beratende Bank zugleich Vertragspartner des Darlehensvertrags, muss der Kunde bei normativ-objektiver Betrachtung damit rechnen, dass die Bank als Darlehensgeberin nicht nur mit dem Darlehensgeschäft, sondern auch mit dem wirtschaftlich einer Änderung der Bedingungen des Darlehensvertrags gleichkommenden Zinssatz-Swap-Geschäft eigennützige Interessen verfolgt. Über den in der Einpreisung des anfänglichen negativen Marktwerts liegenden schwerwiegenden Interessenkonflikt ist daher ausnahmsweise nicht aufzuklären, wenn es bei wirtschaftlicher Betrachtung ausschließlich darum gehe, die Parameter eines konkreten Kreditverhältnisses abzuändern. Ausgangs- und Bezugspunkt müssen jedenfalls ein bei der beratenden Bank unterhaltener, bestehender oder zeitgleich abgeschlossener Darlehensvertrag und dessen Bedingungen sein.

II.1.3. Zuletzt fasste der BGH im Urteil vom 20. Februar 2018, XI ZR 65/16, wie folgt zusammen (Rz 15): Auch wenn das Einpreisen einer Bruttomarge in ein Swap-Geschäft kein Umstand ist, über den die beratende Bank im Rahmen der objektgerechten Beratung informieren müsste, hat sie unter dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts bei Swap-Verträgen im Zweipersonen-Verhältnis und damit unabhängig von deren konkreten Bedingungen die Pflicht, über die Einpreisung eines anfänglichen negativen Marktwerts, dh der den Nettogewinn und die Kosten der Bank umfassenden Bruttomarge, sowie über dessen Höhe aufzuklären, es sei denn der Swap-Vertrag dient nur dazu, die Konditionen eines konnexen Kreditverhältnisses abzuändern.

II.2. Zu 8 Ob 11/11t (JBl 2012, 441 [zust Graf]) erachtete der OGH (auch) den zu Punkt II.1.1. wiedergegebenen Leitsatz des BGH für ein zwischen einer Bank und einer Sozialversicherungsanstalt am 18. Oktober 2005 geschlossenes Swap-Geschäft für beachtlich, das als komplex strukturiertes Produkt mit einem der Höhe nach kaum kalkulierbaren, aber schon wegen des einseitigen Kündigungsrechts asymmetrisch verteilten Risiko qualifiziert wurde.

III. Diese Judikatur (sowohl des BGH als auch des OGH) und die Problematik des anfänglichen negativen Marktwerts bei Zins-Swap-Geschäften wurden im Schrifttum in Österreich – soweit überblickbar – mehrfach kommentiert.

III.1. Laut Wilhelm (Über Zins-Swapping – das „Tauschen“ von Zinsen, ecolex 2012, 280 ff; Aufklärung über den negativen Marktwert des Zinsen-Swap-Vertrags, ecolex 2015, 729) gehe es um eine Wette darauf, dass den anderen ein höherer Zinssatz treffe. Die unterschiedlichen Swap-Varianten würden sich zwar im Gegenstand der Wette und in deren Feinabstimmung unterscheiden, die Bank befinde sich aber bei allen Swap-Geschäften in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt. Für sie sei der Geschäftsabschluss nur dann gewinnbringend, wenn ein Verlust ihres Kunden nach der Markteinschätzung wahrscheinlich sei (negativer Marktwert). Kraft Beratungspflicht müsse sie dagegen die Interessen des Kunden wahren. Sie müsse daher auf einen Gewinn des Kunden bedacht sein, was für sie in concreto einen Verlust bedeuten würde. Angesichts ihrer Pflichten nach WAG habe die Bank daher nur zwei Handlungsalternativen: Den Konflikt vermeiden, indem sie vom Geschäft abstehe, oder ihn offenlegen, dh sie müsse den Kunden über den negativen Marktwert (und dessen Bedeutung) aufklären. Der Inhalt des Swaps sei so konzipiert, dass er der Bank ohne Deckungsgeschäfte nicht zugesonnen werden könne; diese würden die Grundlage des Swaps, dh den Geschäftsinhalt bilden, über den nach allgemeinen Regeln aufzuklären sei.

III.2. Klausberger/Rüger (Zu den Aufklärungs- und Beratungspflichten einer Bank bei strukturierten Produkten, Überlegungen aus Anlass der „Zinswette“-Entscheidung des BGH [XI ZR 33/10], ÖBA 2012, 97 ff [101 f]) treten deren Ergebnis nicht entgegen und verweisen auf ein grundlegenderes Problem bei Wertpapierdienstleistungen: Zwischen einer dem Warenhandel angenäherten Vertriebsstruktur und dem Modell der fremdnützigen Geschäftsbesorgung, von dem § 31 dWpHG wie § 38 WAG ausgehen, bestehe an sich ein Wertungswiderspruch, weil die Bank nicht nur als Anlageberater tätig geworden sei, sondern dem Kunden vielmehr auch als Partnerin der Zinswette gegenüberstehe. Der BGH habe jedenfalls in seiner Entscheidung klar die Beraterpflicht über das Vertriebsinteresse der Bank gestellt. Für das österreichische Recht könne man diese Offenlegungspflicht aus § 35 Abs 5 WAG 2007 ableiten.

III.3. Karollus (Aufklärungspflicht über den anfänglichen negativen Marktwert bei strukturierten Finanzprodukten?, ÖBA 2013, 306  ff [314 ff]) verneint eine solche und hält die Nähe eines Zins-Swap-Geschäfts zu einer Wette für unverkennbar. Der Marktwert eines strukturierten Finanzprodukts wie etwa eines Zins- und Währungsswaps werde nach der gängigen Marktpraxis mit Hilfe finanzmathematischer Modelle ermittelt, die bei Kenntnis der maßgeblichen, in die jeweilige Berechnungsformel einzusetzenden Parameter zwar an sich eindeutige Ergebnisse liefern würden. Die Schwierigkeit bestehe aber in der zutreffenden Ermittlung dieser Parameter. Es handle sich also beim Marktwert nicht um eine objektivierte Größe, sondern lediglich um eine Wiedergabe der aktuellen subjektiven Einschätzung der Händler auf dem Interbankenmarkt im Sinn einer Momentaufnahme dafür, wie „der Markt“ ein bestimmtes Produkt gerade bewerten würde. Ein legitimes Interesse des Kunden daran, über die mit dem Produkt verbundenen Chancen- und Risikoverhältnisse und die bei einem vorzeitigen Ausstieg aus dem Produkt zu erwartenden Konditionen korrekt informiert zu werden, lasse sich nicht leugnen; eine verlässliche Information darüber, wie die Wette für ihn ausgehen werde, erhalte der Kunde schon angesichts der Prognoseunsicherheiten aus diesem Marktwert gerade nicht. Der aus der Doppelrolle der Bank als Berater und zugleich „Wettpartner“ resultierende Interessenkonflikt bestehe ganz unabhängig davon, ob das betreffende Produkt einen anfänglichen negativen Marktwert aufweise und sei für jeden nicht naiven Kunden offenkundig. Hinzu komme, dass der Kunde ohne weiteres damit rechnen müsse, dass die Struktur des Geschäfts auf eine Vorteilsziehung durch die Bank ausgerichtet und insoweit naturgemäß zu seinem Nachteil ausgestaltet sei. Dann handle es sich aber auch dabei – und nicht nur bei der Gewinnerzielungsabsicht als solcher – um einen für den Kunden offensichtlichen Umstand, über den daher nicht aufzuklären sei. Allerdings räumt dieser Autor auch ein, dass man im Fall einer Anlageempfehlung durch die Bank „allenfalls noch darüber nachdenken“ möge, ob die Beratungsleistung der Bank durch den vom BGH angenommenen Interessenkonflikt in ihrer Integrität erschüttert sein könnte.

III.4. Oppitz (Aktuelle Rechtsfragen des Derivatgeschäfts, ÖBA 2013, 321 ff [329 ff]) betont, dass der negative Marktwert nicht mit der Gewinnmarge des Kreditinstituts gleichzusetzen sei, sondern auch Risikokosten enthalte, die zum Großteil von der Kundenbonität abhängen würden. Weise ein derartiges Geschäft aufgrund dieser Konditionengestaltung bereits zu Beginn einen negativen Barwert auf, falle es dem Kreditinstitut dementsprechend leichter, das Geschäft aus den eigenen Büchern der Bank zu nehmen und auf dem Interbankenmarkt zu platzieren. Mit dem Hedgen der eigenen Position neutralisiere das Kreditinstitut nur das Marktrisiko, nicht aber das Ausfallsrisiko des Kunden. Allein aus dem negativen Marktwert könne ex ante eine robuste Bewertung des Chancen-Risikoprofils eines Finanzinstruments nicht abgeleitet werden. Hedge-Geschäfte von Kreditinstituten zur Absicherung des eigenen Risikos seien zulässig und nicht zuletzt bankaufsichtsrechtlich gefordert; sie würden per se auch keinen Interessenkonflikt begründen. Eine Interessenkonflikteignung bestehe vielmehr darin, dass sich die Bank angesichts ihres Bemühens, Positionen auszuhedgen, versucht sehen könnte, gegenüber ihren Kunden im Zweifel Konditionen zu vereinbaren, die für diese nach objektiven Kriterien nachteilig, aber einem Hedge-Geschäft mit dritten Marktteilnehmern, welches die Bank abschließen möchte, förderlich ausgestaltet seien. Wenn der Kunde im Rahmen der zugrundeliegenden Spekulation jene Position einnehme, welche vom Markt als die ungünstigere angesehen und daher mit einem negativen Barwert „bestraft“ werde, was der Bank den Vorteil vermittle, die eigenen Risiken aus diesem Geschäft zu günstigen Konditionen am Markt weiterreichen zu können, fehle es an einer Wette mit gleichen Startchancen für beide Seiten. Der Kunde sei auf die vom Markt vorgenommene – und daher im Barwert zum Ausdruck kommende – Bewertung seiner Gewinnchancen aus dem Geschäft hinzuweisen.

III.5. Auch für Dullinger (Rechtliche Möglichkeiten bei Swap-Geschäften, ecolex 2014, 310 ff) seien Swap-Geschäfte – wie die meisten Differenz- und Terminkontrakte – den Glücksverträgen iSd §§ 1267 ff ABGB zuzuordnen. Häufig sei nach den einschlägigen Wahrscheinlichkeitsrechnungen für den Kunden schon die Verlustgefahr als solche größer als seine Gewinnchance. Bei all den Strukturelementen handle es sich um zentrale und damit verkehrswesentliche Eigenschaften der entsprechenden Produkte. Eine Gestaltung der Risikostruktur zu Lasten des Kunden führe in der Regel zu einem anfänglich negativen Marktwert, der sich aus Sicht der Bank durchaus positiv darstelle. Auch wenn mit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank grundsätzlich zu rechnen sei, dürfe der Kunde grundsätzlich – mangels gegenteiliger Information – auf ein ausgeglichenes Chancen-Risiko-Verhältnis vertrauen. Der anfänglich negative Marktwert des konkreten Produkts werde als solcher nicht von entscheidender Bedeutung sein. Vielmehr betreffe das zentrale und schutzwürdige Informationsbedürfnis des Kunden bei den gegenständlichen Swap-Geschäften die wertbildenden Eigenschaften des Produkts, vor allem eine zum Nachteil des Kunden gestaltete Risikostruktur, das Ausmaß der entsprechenden Benachteiligung und die (Maximal-)Höhe der gegenseitigen Einsätze.

III.6. Nach Reich-Rohrwig (Aufklärungspflichten vor Vertragsabschluss [2015] 444 ff) könne die Tatsache, dass ein Finanzprodukt für den Kunden einen negativen Bar- bzw Marktwert habe, grundsätzlich nicht den Ausschlag für den Bestand einer diesbezüglichen Offenbarungspflicht geben: Denn ein für den Kunden negativer Marktwert eines Finanzprodukts bedeute bloß, dass der Kunde einen Preis zahle, der über jenem liege, den der Markt zahlen würde. Der Wert des Produkts sei nach allgemeinem Ermessen des Markts somit weniger wert als die Gegenleistung des Kunden. Dies wiederum bedeute bloß, dass der Kunde die Zukunft und somit seine Chancen auf einen Gewinn positiver als der Markt einschätze. Nun sei es allerdings grundsätzlich völlig unbestritten, dass weder über den Marktpreis (bzw dessen Überschreitung) noch über die eigene Einschätzung zukünftiger Entwicklungen Aufklärungspflichten bestünden. Darüber hinaus sei die Tatsache, dass Banken heute für fast jedes (Fremdwährungs‑)Geschäft eine Risikoabsicherung suchen (also Gegengeschäfte oder Versicherungen abschließen), nicht nur als allgemein bekannt vorauszusetzen, sondern nach §§ 39, 39a BWG sogar gesetzlich geboten.

IV. Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

IV.1. Das WAG 1996 (BGBl 1996/753) trat mit Ablauf des 31. Oktober 2007 außer Kraft (§ 106 WAG 2007), ab 1. November 2007 stand das WAG 2007 (BGBl I 2007/60) in Geltung (§ 108 WAG 2007). Mittlerweile trat auch dieses mit Ablauf des 2. Jänner 2018 außer Kraft und es gilt seit 3. Jänner 2018 das WAG 2018, BGBl I 107/2017 (§§ 117 f WAG 2018). Die in §§ 112 f WAG 2018 enthaltenen Übergangsbestimmungen sind hier nicht relevant. Fehlt eine Rückwirkungsanordnung, sind nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0008715 [T2; T5; T20]) nur nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes verwirklichte Sachverhalte nach der neuen Rechtslage zu beurteilen.

Die Klägerin macht ua einen Schadenersatzanspruch wegen Verletzung von Aufklärungs-, Beratungs- und Informationspflichten geltend. Für die Beurteilung dieser Ansprüche ist auf den Zeitpunkt der Handlung oder Unterlassung, aus der sie eine Verletzung der Wohlverhaltensregeln der Beklagten ableitet, abzustellen. Da die Klägerin der beklagten Bank Pflichtverletzungen im ersten Halbjahr 2012 und damit ausschließlich während der Geltung des WAG 2007 vorwirft, ist die durch dieses Gesetz geschaffene Rechtslage maßgeblich (vgl 6 Ob 179/12k; 1 Ob 48/12h mwN), die Wohlverhaltenspflichten der Beklagten vorsieht.

IV.2.1. Ganz allgemein bezweckten die Wohlverhaltensregeln des WAG (1996 wie 2007) den Kundenschutz durch ausreichende Information. § 13 Z 3 und 4 WAG 1996 schrieben die bereits bis dahin von der Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0026135; RS0027769) und Lehre zu Effektengeschäften insbesondere aus culpa in contrahendo, positiver Forderungsverletzung und dem Beratungsvertrag abgeleiteten Aufklärungspflichten und Beratungspflichten fest (RIS‑Justiz RS0119752), woran auch für das WAG 2007 festzuhalten ist (1 Ob 21/16v; Harrer/Wagner in Schwimann/Kodek ABGB4 § 1300 Rz 96; Graf, Wie das WAG 2007 die Anlageberaterhaftung verschärft, ecolex 2011, 1093 ff FN 7, und in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2011] § 38 Rz 46); auch (und weiterhin) nach § 40 Abs 1 WAG 2007 muss der Kunde nach vernünftigem Ermessen in die Lage versetzt werden, die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs des Finanzinstruments zu verstehen, um so auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen zu können (1 Ob 21/16v mwN; vgl auch RIS‑Justiz RS0108073 [T8]; RS0123046).

IV.2.2. Einige der Bereiche, die im WAG 1997 in den §§ 11–18 geregelt waren, sind im WAG 2007 nicht mehr in jenen Bestimmungen normiert, die der Umsetzung des Art 19 der MiFID dienen: Während sich das WAG 1997 mit der Problematik von Interessenkonflikten in § 16, also im mit „Wohlverhaltensregeln“ übertitelten Abschnitt beschäftigte, regelt das WAG 2007 diese Frage in Umsetzung des Art 18 der MiFID nunmehr in § 35 (Graf in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2011] § 38 Rz 5). Das ändert aber nichts daran, dass auch diese Regelungen als Konkretisierung (vor‑)vertraglicher Aufklärungspflichten der Bank anzusehen sind, weil sie unabhängig von ihrer Einordnung in das WAG 2007 – wie die Wohlverhaltensregeln – dem Anlegerschutz (= Kundenschutz) dienen (Seggermann in Brandl/Saria WAG [2015] § 34 Rz 7 und 10; Gruber in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2009] § 34 Rz 4).

IV.3. Das von der Klägerin stets behauptete Zustandekommen eines Beratungsvertrags zwischen den Streitteilen wurde von der Beklagten – zutreffend – nie substantiiert bestritten. Regelmäßig wird der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags iSd § 1300 ABGB angenommen, wenn die Umstände des Falls bei Bedachtnahme auf die Verkehrsauffassung und die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs den Schluss rechtfertigen, dass beide Teile die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten machen, etwa wenn klar zu erkennen ist, dass der Auskunftswerber eine Vermögensdisposition treffen und der Berater durch die Auskunft das Zustandekommen des geplanten Geschäfts fördern will (RIS‑Justiz RS0014562). Nach den Feststellungen sind die genannten Voraussetzungen hier zweifellos gegeben, zumal es ja die Beklagte war, die an die Klägerin herantrat und ihr Information gab, um sie von der Modifikation ihrer Zinsenbelastung aus dem Kredit bei der Drittbank zu überzeugen. Aus dem Sachverhalt ergibt sich auch die Empfehlung eines bestimmten Finanzinstruments, und zwar eines iSd § 1 Z 6 lit d WAG 2007 (Zins-Swap), sodass auch die Voraussetzungen einer Anlageberatung nach § 1 Z 2 lit e WAG 2007 vorliegen (Graf, Wie das WAG 2007 die Anlageberatung verschärft, ecolex 2011, 1093 ff FN 8).

IV.4. Ein Zins-Swap, bei dem zwei Vertragspartner vereinbaren, zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten Zinsenzahlungen auszutauschen, kann entweder als Sicherungsinstrument gegen Zinsschwankungen einer bestimmten Verbindlichkeit oder Veranlagung, oder aber ohne Verbindung mit einer bestehenden Position als reines Spekulationsinvestment benützt werden. Es liegt kein Absicherungsgeschäft vor, wenn mit einem Zins-Swap ein neues Risiko geschaffen oder ein bestehendes erhöht wird; die Inkaufnahme eines – wenn auch subjektiv als gering eingeschätzten – Risikos zur Realisierung erhoffter Gewinnchancen ist vielmehr das Charakteristikum eines Spekulationsgeschäfts. Ein Absicherungsgeschäft wirft keinen Gewinn ab, sondern verursacht in jedem Fall Kosten und verhindert dafür – ähnlich einer Versicherung – mögliche Verluste (8 Ob 11/11t).

Es ist unstrittig, dass hier der Abschluss des Zins-Swap-Geschäfts nicht Spekualtionszwecken diente (Klägerin ON 41; Beklagte ON 5) und es steht fest, dass die Klägerin dadurch erreichen wollte, dass ihre Zinsenbelastung aus dem variabel verzinsten Kredit bei der Drittbank (Aufschlag von 1,25 % pa auf den 3‑Monats‑Euribor von damals 0,853 % pa) nicht über 3,8 % pa steigt. Der Swap diente daher zur Ausschaltung von Risiken aufgrund der Schwankung des 3‑Monats‑Euribor und deshalb zur Absicherung eines bestehenden Risikos.

IV.5. Das ändert aber nichts daran, dass ein aleatorisches Element (§ 1267 ABGB: „Hoffnung eines noch ungewissen Vorteils“) den zentralen Gegenstand des Geschäfts bildet, nämlich die zukünftige und daher ex ante ungewisse Entwicklung des variablen Zinssatzes. Dementsprechend sind Swap-Geschäfte nach in Österreich herrschender Ansicht den Glücksverträgen iSd §§ 1267 ff ABGB zugeordnet, und zwar als Wette (Wilhelm ecolex 2012, 280; Karollus ÖBA 2013, 307; Oppitz ÖBA 2013, 335; Dullinger ecolex 2014, 311; Binder/Denk in Schwimann/Kodek ABGB4 § 1267 Rz 21). Beide Parteien wetten darauf, dass den anderen der höhere Zinssatz treffen wird.

IV.6. Die (zusammengefassten) Behauptungen der Klägerin, es sei ihr unbekannt gewesen, dass der Finanzmarkt schon bei Abschluss des Swap-Geschäfts aus dem Blickwinkel einer Wahrscheinlichkeitsberechnung von geschmälerten Erfolgsaussichten der Klägerin ausgegangen sei; dessen Preis werde in einem komplexen Verfahren aus schwierig identifizierbaren Strukturelementen abgeleitet und die Klägerin habe nicht über das erforderliche finanzmathematische Wissen und die entsprechenden Informationen verfügt, während die Beklagte diese bei Abschluss besessen habe, blieben ohne substantiierte Bestreitung der Beklagten, obwohl ihr dies leicht möglich gewesen wäre. Sie sind daher als schlüssig zugestanden anzusehen (RIS‑Justiz RS0039927 [T1]; jüngst 3 Ob 195/17y [P 5.2.]). Dass die Ausgestaltung der Struktur des Swap-Geschäfts, die als Ergebnis den schon anfänglichen negativen Marktwert inkludiert, durch die Beklagte erfolgte, gestand diese ebenso zu, wie (nunmehr) die unterlassene Aufklärung über diesen.

Es ist somit auch im Anlassfall davon auszugehen, dass die Klägerin als Kundin im Rahmen des abgeschlossenen Glücksgeschäfts jene Position einnahm, die vom Markt schon ursprünglich als die ungünstigere angesehen und daher mit einem negativen Marktwert als Differenz der Barwerte der fixen Zahlungen versus der Barwerte der (vom Markt erwarteten) variablen Zahlungen belegt wurde, was der beklagten Bank den selbst gestalteten Vorteil verschaffte, die eigenen Risiken aus diesem Geschäft zu günstigen Konditionen am Markt durch Hedge-Geschäfte weiterreichen zu können. Eine Behauptung, diese Umstände wären der Klägerin bei Abschluss des Geschäfts bekannt gewesen, stellte die beklagte Bank nicht auf, sodass auch von der Unkenntnis der Klägerin davon auszugehen ist.

IV.7. Nach § 38 WAG 2007 hat ein Rechtsträger bei der Erbringung von Wertpapierdienstleitungen und Nebendienstleistungen – also unterschiedslos bei jedweder Dienstleistung, gleichgültig, ob es sich um Anlagevermittlung, Anlageberatung oder Vermögens-verwaltung handelt – ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen Interesse seiner Kunden zu handeln und den §§ 36 bis 51 WAG 2007 zu entsprechen. Die Verpflichtung zum Handeln im bestmöglichen Interesse des Kunden statuiert eine umfassende Interessenwahrungspflicht. Der Rechtsträger muss sein Fachwissen ohne Einschränkungen in den Dienst des Kunden stellen und darf keine den Kundeninteressen gegenläufigen Eigeninteressen (ausgenommen das bloße Entgeltinteresse) verfolgen (Brandl/Klausberger in Brandl/Saria WAG 2007 [2015] § 38 Rz 26 und 42; Gruber in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2009] § 34 Rz 1). Daraus folgt die Verpflichtung der Beklagten als Anlageberaterin, im Interesse der Klägerin einen Zins-Swap zu einem möglichst niedrigen Fixzinssatz zu empfehlen, also einen, der möglichst der Markterwartung über die künftige Entwicklung des 3‑Monats‑Euribor entspricht oder diese sogar unterschreitet. Dem steht ihr Eigeninteresse als Wettpartner an der Gestaltung eines Swap-Geschäfts gegenüber, die es ihr ermöglicht, die eigenen Risiken daraus zu möglichst günstigen Konditionen am Markt weiterreichen zu können, also ihr Eigeninteresse an einem möglichst hohen anfänglich negativen Marktwert als Folge eines möglichst hohen Fixzinssatzes.

Dieses Eigeninteresse der Bank geht über das bloße Entgeltinteresse weit hinaus, weil es die Risikoverteilung des Swap-Geschäfts zu Gunsten der Beklagten betrifft. Der anfänglich negative Marktwert bringt nämlich zum Ausdruck, dass die Gewinnchancen nach Ansicht des Marktes ungleich verteilt sind, weil eine bestimmte Zinsentwicklung wahrscheinlicher ist als die mit der Klägerin vereinbarte, woraus die Bank Nutzen zu ziehen vermag. Die Gestaltung einer Wette mit ungleichen Startchancen für beide Teilnehmer durch die beklagte Bank begründete daher im vorliegenden Fall ihrer (zulässigen) Doppelstellung als Berater und Wettpartner der Klägerin einen– systemimmanenten (Klausberger/Rüger ÖBA 2012, 101) und daher – unvermeidbaren Interessenkonflikt in der Person der Beklagten (Oppitz ÖBA 2013, 334 f), der der Klägerin nicht offenkundig war. Auch wenn der Kunde mit der Gewinnerzielungsabsicht der Bank zu rechnen hat, darf er grundsätzlich – mangels gegenteiliger Information – auf ein ausgeglichenes Chancen-Risiko-Verhältnis vertrauen (Dullinger ecolex 2014, 312).

Die gegenteiligen rechtlichen Überlegungen des Berufungsgerichts zur leichten Erkennbarkeit der zu Ungunsten der Klägerin bestehende Diskrepanz zwischen den wechselseitig zu leistenden Zinsenzahlungen, die es als Grund für eine Verneinung einer Aufklärungspflicht heranzog, erweisen sich daher nicht nur deshalb als unzutreffend, weil es nicht um eine Gegenüberstellung des Barwerts der fixen Zahlungen zum Barwert der Zahlungen auf Basis des bei Abschluss geltenden 3‑Monats‑Euribor geht, sondern zum Barwert, der der Markterwartung über dessen Verlauf in den nächsten 15 Jahren entspricht.

IV.8. Für die Annahme eines Interessenkonflikts reicht es nicht aus, dass dem Rechtsträger ein Vorteil entstehen kann. Vielmehr muss ua gleichzeitig für den Kunden ein potenzieller Nachteil entstehen können (Gruber in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2009] § 34 Rz 18). Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil die Gestaltung des Swap-Geschäfts mit einem anfänglichen negativen Marktwert einen Nachteil des Kunden darstellt, der gleichzeitig einen potentiellen Vorteil der Bank bedeutet (so etwa Wilhelm ecolex 2012, 284).

IV.9. Bei unvermeidbaren Interessenkonflikten hat der Rechtsträger jedem (Gruber in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2009] § 34 Rz 14) Kunden nach § 35 Abs 5 Satz 1 WAG 2007 die Art und die Ursache des Interessenkonflikts offenzulegen, bevor er Geschäfte für den Kunden tätigt. Durch die Offenlegung sollen Kunden soviel an Information erhalten, dass es ihnen möglich ist, alle Risiken in Zusammenhang mit dem von ihnen in Aussicht genommenen Geschäft einzuschätzen, um sich dann bewusst für oder gegen die tatsächliche Durchführung des Auftrags entscheiden zu können oder gegebenenfalls einen Auftrag entsprechend abzuändern (Gruber in Gruber/Raschauer WAG 2007 [2009] § 35 Rz 32). Der Kunde soll in die Lage versetzt werden, die Vor- und Nachteile von Dienstleistungen abzuwägen, die ihm ein nicht frei von Interessenkonflikten handelnder Rechtsträger verschafft, und danach zu handeln (Seggermann in Brandl/Saria WAG 2007 [2015] § 35 Rz 27).

Es geht im Ergebnis also iSd § 40 Abs 1 WAG 2007 darum, den Kunden trotz eines bestehenden Interessenkonflikts beim Rechtsträger in die Lage zu versetzen, die genaue Art und die Risiken der Wertpapierdienstleistungen und des speziellen Typs des Finanzinstruments zu verstehen, um so auf informierter Grundlage Anlageentscheidungen treffen zu können. Solange aber der Kunde über die genannte Besonderheit des von der Beklagten gestalteten und empfohlenen Swap-Geschäfts, dh über den schon anfänglich bestehenden negativen Marktwert, dessen Höhe, Bedeutung und Zustandekommen nicht Bescheid weiß (wovon hier bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts auszugehen ist), wurde den dargestellten Anforderungen an die dem Kunden zu gebenden Informationen nicht entsprochen. Deshalb hätte die Beklagte die Klägerin darüber aufzuklären gehabt, was unstrittig unterblieben ist.

IV.10. Ein Interessenkonflikt setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die drohenden Nachteile und Vorteile bereits eingetreten sind; Voraussetzung für sein Bestehen ist nur die Möglichkeit ihres Eintritts im Fall des Abschlusses des empfohlenen Geschäfts mit dem Kunden. Soll wie hier ein Zins-Swap mit anfänglichem negativen Barwert abgeschlossen werden, kommt es daher darauf, ob die Bank ein für sie günstiges Hedge-Geschäft tatsächlich abschließen wird, nicht an; es genügt, dass ihr das nach dem Zustandekommen offen steht, wovon hier ebenfalls auszugehen ist.

Es ist auch nicht relevant, ob die einstrukturierte Bruttomarge der Bank ein marktübliches Ausmaß aufweist, weil die Marktüblichkeit der Gewinnmarge den dargestellten Interessenkonflikt nicht zu beseitigen vermag. Auch die Komplexität eines Swap-Geschäfts und dessen Zweck haben keinen Einfluss auf dessen Bestehen, weil diese Kriterien nichts daran ändern können, dass von der Bank eine Wette mit ungleichen Startchancen für beide Teilnehmer gestaltet und empfohlen wird, aus der sie Vorteile zu lukrieren vermag.

IV.11. Zwar wurden mit dem vorliegenden Swap-Geschäft Risiken aus einem schon bestehenden Kreditvertrag mit einer Drittbank abgesichert und bei der Gestaltung auf den dafür geltenden Tilgungsplan Bedacht genommen. Das ändert aber nichts daran, dass die Klägerin mit dem Swap-Vertrag ein selbständiges, rechtlich vom Kreditvertrag unabhängiges Rechtsgeschäft mit einer anderen Vertragspartnerin im Rahmen eines eigenständigen mit dieser geschlossenen Beratungsvertrags eingegangen ist. Die auf dieser Grundlage erfolgte Anlageberatung/-empfehlung muss daher auch ohne Bedachtnahme auf die Positionen, Erwartungen und Erwägungen der Vertragsparteien bei Abschluss des Kreditvertrags geprüft werden.

IV.12. Soweit die Bank durch die Erteilung der erforderlichen Aufklärung auch Informationen preiszugeben hat, die sie allenfalls bei wirtschaftlichen Umsatzgeschäften unter Kaufleuten im Allgemeinen nicht offenlegen müsste, wie zB die für die Preisbildung maßgeblichen Umstände (vgl RIS‑Justiz RS0014787; RS0048335), ist dies eine Konsequenz der sie als Rechtsträger treffenden besonderen Wohlverhaltspflichten nach dem WAG 2007.

IV.13. Als Zwischenergebnis ist daher Folgendes festzuhalten:

Wenn die Bank dem Kunden in der Doppelrolle aus einem Beratungsvertrag und aus einem von ihr initiierten und gestalteten Zins‑Swap‑Geschäft, das einen für den Kunden anfänglich negativen Marktwert aufweist, gegenübersteht, hat sie vor Abschluss des Zins‑Swap‑Geschäfts über den in ihrer Person bestehenden Interessenkonflikt (§ 35 Abs 5 WAG 2007) und damit über den schon anfänglich bestehenden negativen Marktwert, dessen Höhe, Bedeutung und Zustandekommen aufzuklären.

V. Zur Kausalität der Verletzung einer Aufklärungspflicht:

V.1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Geschädigte nicht nur den Eintritt des behaupteten Schadens und dessen Höhe, sondern auch den Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schadenseintritt zu behaupten und zu beweisen hat (RIS‑Justiz RS0022862; RS0022686). Die Beweislast, dass bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft ebenfalls den Geschädigten (RIS-Justiz RS0022700; RS0022900 [T5 und T11]). Auch in der Frage des Kausalitätsbeweises bei einer Haftung wegen Aufklärungs- oder Beratungsfehlern bei einer Vermögensanlage folgt der OGH dem allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsatz, wonach der geschädigte Kläger die Voraussetzungen für seinen Ersatzanspruch nachzuweisen hat (RIS‑Justiz RS0106890). Den geschädigten Anleger trifft die Behauptungs- und Beweislast nicht nur dafür, dass er bei korrekter Information die tatsächlich gezeichnete Anlageform nicht erworben hätte, sondern auch dafür, wie er sich bei korrekter Information hypothetisch alternativ verhalten und sich so sein Vermögen entwickelt hätte. Dabei kommt ihm aber zugute, dass wegen der Unmöglichkeit eines exakten Nachweises von Ereignissen, die tatsächlich nicht stattgefunden haben, keine strengen Anforderungen an den Beweis des hypothetischen Kausalverlaufs zu stellen sind (RIS‑Justiz RS0106890 [T27]). Es genügt vielmehr die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das Unterlassen des pflichtgemäßen Handelns zurückzuführen ist (RIS‑Justiz RS0022700 [T5 und T7]; RS0022900 [T4; T6 bis T14; T20; T23; T24 bis T26; T28; T30 bis T37; T40]). Dieses Kriterium liegt unter dem Regelbeweismaß der ZPO, wonach für eine Feststellung eine „hohe“ Wahrscheinlichkeit erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0110701). Dem Beklagten steht dann seinerseits der Nachweis offen, dass ein anderer Verlauf doch wahrscheinlicher wäre (RIS‑Justiz RS0022900 [T6]).

V.2. Im Anlassfall behauptete die Klägerin, sie hätte, wenn sie davon informiert worden wäre, dass ein Verlust von ca 50.000 EUR schon bei Abschluss eingetreten sei, den sie bei einem Ausstieg in den ersten Tagen zu leisten gehabt hätte, das Geschäft gar nicht abgeschlossen; sie hätte bei entsprechender Aufklärung alternative Finanzierungen und den Abschluss eines Fixzinskredits gesucht, bei dem die Zinszahlungen mindestens um 0,2 % geringer gewesen wären.

Die fehlenden Feststellungen zu diesem hypothetischen Alternativverhalten werden im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.

VI. Den weiteren Ausführungen der Klägerin im Rekurs ist Folgendes zu erwidern:

VI.1. Die Klägerin vermisst Feststellungen zum Inhalt der (eingangs zitierten) Bestimmungen des Z 43 Abs 1 der AGB der Beklagten in der Fassung Juli 2013 (Beilage ./X). Sie übersieht dabei die (unbeanstandet gebliebene) ergänzende Feststellung des Berufungsgerichts aus dieser ihrem Inhalt nach unstrittigen Urkunde. Dieser Punkt der AGB 2013, deren Geltung die Klägerin mit ihrer Argumentation unterstellt, sieht freilich die von der Klägerin behauptete Kündigungsmöglichkeit des Swap-Geschäfts im Fall einer Änderung der Refinanzierungskosten gar nicht vor. Die daraus abgeleitete asymetrische Verteilung des Risikos aus dem Swap‑Geschäft, die dessen Sittenwidrigkeit iSd § 879 Abs 1 ABGB begründen soll, stellt daher eine schon im Ansatz unzutreffende rechtliche Schlussfolgerung dar.

VI.2. Das Berufungsgericht geht ohnehin davon aus, dass eine Feststellung zur Mitteilung der Beklagten, wonach die Zinsen eigentlich nur mehr steigen könnten, erforderlich wäre.

VI.3. Zu Punkt IV.10 wurde bereits dargelegt, dass es für die Beurteilung eines eine Aufklärungspflicht der Beklagten auslösenden Interessenkonflikts nicht darauf ankommt, ob die Beklagte ein (für sie günstiges) Hedge-Geschäft abgeschlossen hat.

VI.4. Wenn die Klägerin weiters rügt, es sei unterlassen worden festzustellen, sie sei nicht darüber aufgeklärt worden, dass sie Sicherheiten während des Swap-Geschäfts in Höhe des jeweils negativen Marktwerts zu leisten hätte; die Spareinlage mit 50.000 EUR sei nur zur Gründung einer geschäftlichen Beziehung gewünscht worden; und für den Fall des Verlangens einer Sicherheit vom Geschäft Abstand genommen worden wäre; setzt sie sich zum einem mit dem festgestellten Sachverhalt und zum anderen mit ihrem eigenen Vorbringen in Widerspruch:

Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass es nach dem 16. März 2012 zu einer Änderung der Vertragsgrundlagen über Wunsch der Klägerin kam (Klägerin ON 29 S 2 f; Beklagte ON 32 S 2). Erkennbar deshalb liegen ua die Sonderbedingungen für Devisen-, Swap- und Optionsgeschäfte in zwei geringfügig abgewandelten, jeweils von der Klägerin unterfertigten Fassungen vor, und zwar Beilage ./10 (die Erstfassung) und – von der Klägerin vorgelegt – Beilage ./i (die endgültige Fassung). Der Inhalt der maßgeblichen, weil von der Klägerin letztendlich akzeptierten Sonderbedingungen Beilage ./i wurde auszugsweise vom Berufungsgericht festgestellt und weist zum von der Klägerin ua beanstandeten Punkt 6.1. betreffend „Deckung (Sicherheiten)“ den im Rahmen des Sachverhalts wiedergegebenen Inhalt auf (siehe das inhaltlich unstrittige Schreiben der Klägerin vom 6. April 2012, Beilage ./FF = ./6, Punkt II.). Dieser unterscheidet sich zur ursprünglichen Formulierung laut Beilage ./10 nur bezüglich der Frist für die Erfüllung der Forderung der Bank nach Erhöhung der Sicherheit die von „innerhalb von 48 Stunden“ auf „innerhalb einer angemessenen Frist“ abgeändert wurde. Von einer unterbliebenen Aufklärung über die Befugnis der Beklagten, nachträglich weitere Sicherheiten (uU auch in Höhe des jeweils negativen Marktwerts) von der Klägerin zu verlangen, kann daher keine Rede sein. Vielmehr nahm die Klägerin die zu diesem Thema im Wesentlichen unveränderten Sonderbedingungen nach Diskussion darüber (neuerlich) durch Unterfertigung an.

Außerdem entspricht es dem erstinstanzlichen Vorbringen der Klägerin, dass die Beklagte ein Sparbuch über 50.000 EUR als Sicherstellung verlangt, das ihr die Klägerin am 19. März 2012 übergeben habe. Die Behauptung, für den Fall des Verlangens einer Sicherheit wäre vom Geschäft Abstand genommen worden, steht damit aber in unüberbrückbarem Widerspruch.

VI.5. Die Rechtsansicht des Erstgerichts, die Klägerin sei durch den Abschluss des Swap-Geschäfts „nicht beschwert“, wurde vom Berufungsgericht ohnehin nicht übernommen und ist deshalb hier nicht zu prüfen.

VI.6. Der (bereits wiedergegebenen) Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es bedürfe ergänzender Feststellungen, um rechtlich beurteilen zu können, ob weitere Verletzungen der Aufklärungspflicht vorliegen und ob das Vertragsverhältnis wegen nicht auszuschließender (listiger) Irreführung angefochten werden könne, tritt im Rekursverfahren keine der beiden Seiten entgegen, sodass sich eine Stellungnahme des OGH erübrigt.

VII. Es hat daher bei der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Aufhebung des Ersturteils zu bleiben. Für den zweiten Rechtsgang ist nur noch Folgendes klarzustellen:

VII.1. Zunächst wird die von der Klägerin behauptete Kausalität der unterbliebenen Aufklärung über den anfänglich negativen Marktwert zu prüfen sein. Sollte das Erstgericht im Rahmen seiner Feststellungen die Kausalität im Sinn der zu Punkt V.1. dargestellten Grundsätze bejahen, wäre dem der Höhe nach unstrittigen Klagebegehren stattzugeben.

Der gegen die Klageforderung einzig vorgetragene und in der Rekursbeantwortung wiederholte Einwand der Beklagten, die Klägerin „hätte eigentlich darlegen müssen, dass sie im Hinblick auf diese Ausgleichszahlung als Gegenforderung eine Schadenersatzforderung“ habe, ist nämlich nicht nachvollziehbar; macht die Klägerin doch eine Schadenersatzforderung in einem Aktivprozess geltend, weshalb es an der Beklagten läge, eine ihr allenfalls zustehende Gegenforderung durch Aufrechnungserklärung oder prozessual einzuwenden.

VII.2. Sollte die Kausalität verneint werden, weil die Klägerin die Anlageentscheidung auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung getroffen hätte (RIS‑Justiz RS0127507), bedarf es hingegen ergänzender Feststellungen im Sinn der bereits zu Punkt VI.6. erwähnten Ausführungen des Berufungsgerichts.

VIII. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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