European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0100OB00058.16A.0518.000
Spruch:
A) Soweit sich die Revision der klagenden Partei gegen die Abweisung des Hauptklagebegehrens, die beklagte Partei sei schuldig der klagenden Partei binnen 14 Tagen 693.746,63 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 9. 2013 zu zahlen, richtet, wird sie zurückgewiesen .
B) Den Revisionen der klagenden, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin wird jeweils teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird teils bestätigt und teils dahin abgeändert, dass sie unter Einschluss des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils als Teilurteil zu lauten hat:
„Die Klagebegehren
1. die beklagte Partei sei schuldig der klagenden Partei binnen 14 Tagen 693.746,63 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 9. 2013 zu zahlen, in eventu
2. die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei 346.873,31 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 9. 2013 Zug um Zug gegen das Angebot auf Abtretung der Hälfte der Rechte aus der Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive Agio) an der D***** GmbH & Co KG mit Sitz in H*****, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts H***** unter HRA *****, zu zahlen, in eventu
3. es werde mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei in einem die Hälfte übersteigenden Ausmaß für jeden Schaden hafte, welcher der klagenden Partei daraus entsteht, dass sie aus der Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive Agio) an der D***** GmbH & Co KG mit Sitz in H*****, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts H***** unter HRA ***** weniger als 693.746,63 EUR samt 4 % Zinsen seit 26. 9. 2013 (dem Klagstag) erhält, sowie
4. es werde mit Wirkung zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei die klagende Partei in einem die Hälfte übersteigenden Ausmaß für alle zukünftigen Schäden schad- und klaglos zu halten hat, die aus oder im Zusammenhang mit der Kommanditbeteiligung der klagenden Partei im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive Agio) an der D***** GmbH & Co KG mit Sitz in H*****, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts H***** unter HRA ***** entstehen, insbesondere aber nicht eingeschränkt auf Ansprüche der Gesellschaftsgläubigerin Sparkasse K***** oder der Kommanditgesellschaft selbst auf Rückforderung von Ausschüttungen, die die klagende Partei erhalten habe,
werden jeweils abgewiesen.“
Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten.
Im Übrigen wird die Entscheidung des Berufungsgerichts einschließlich der Kostenentscheidung aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger erwarb am 20. 1. 2003 über Vermittlung des beklagten Bankunternehmens bzw dessen Mitarbeiters eine Kommanditbeteiligung an der deutschen Kommanditgesellschaft „D***** GmbH & Co KG“ (im Folgenden: nur „KG“) im Nominale von 720.000 EUR. Diese KG investierte das von den Anlegern zur Verfügung gestellte Kapital sowie weitere Mittel aus einer Kreditfinanzierung in drei Büroimmobilien in den Niederlanden, um Mieteinnahmen zu erzielen. Der Kommanditanteil des Klägers wurde über gesonderten Auftrag treuhändig von der T*****gesellschaft für Publikumsfonds mbH (in weiterer Folge: „Treuhänderin“) für den Kläger gehalten.
Zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten bestand eine Vertriebsvereinbarung, nach der die Beklagte von der Nebenintervenientin eine Einmalprovision für die Vermittlung von Kommanditbeteiligungen an der KG erhielt.
Der Kläger begehrt mit der am 26. 9. 2013 eingebrachten Klage zuletzt 693.746,63 EUR samt 4 % Verzugszinsen. Weiters stellt er zwei Eventualbegehren. In eventu wird die Zahlung von 693.746,63 EUR sA Zug um Zug gegen das Angebot auf Abtretung seiner sämtlichen Rechte aus der Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive des Agios von 36.000 EUR) an der KG begehrt. Das zweite Eventualbegehren ist auf die Feststellung der Haftung der Beklagten für jeden dem Kläger daraus entstehenden Schaden gerichtet, dass er aus seiner Kommanditbeteiligung an der KG weniger als 693.746,63 EUR samt 4 % Verzugszinsen seit Klagstag erhalte. In einem „jedenfalls“ erhobenen weiteren Feststellungsbegehren wird die Feststellung begehrt, die beklagte Partei habe den Kläger für alle Schäden vollständig schad- und klaglos zu halten, die aus oder im Zusammenhang mit seiner Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive des Agios) an der KG entstehen, insbesondere aber nicht eingeschränkt auf Ansprüche der Gläubigerin der KG, der Sparkasse K***** oder der KG selbst auf Rückforderung der vom Kläger erhaltenen Ausschüttungen (AS 69 in Bd II). Die Formulierung dieses letzteren Feststellungsbegehrens wurde vom Erstgericht dahingehend verstanden, dass es sich nur auf zukünftige Schäden bezieht, weshalb bereits im erstgerichtlichen Urteilsspruch eine entsprechende Klarstellung (durch den Zusatz „... für alle zukünftigen Schäden ...“) erfolgte.
Der Kläger stützt sein Hauptbegehren auf Schadenersatz und bringt zusammengefasst vor, er sei fehlerhaft bzw nicht darüber aufgeklärt worden, dass er Anteile an einer Kommanditgesellschaft nach deutschem Recht erworben habe, dass das Risiko des Totalverlusts bestehe und dass es sich bei den halbjährlichen Auszahlungen um Liquiditätsausschüttungen und nicht um Erträge der KG handle. Er sei auch nicht über die – neben dem Agio von 36.000 EUR – der Beklagten zustehende Innenprovision im Zusammenhang mit dem Erwerb des Anlageprodukts aufgeklärt worden, die zu Eigeninteressen der Beraterbank und damit zu einem Interessenskonflikt gegenüber dem Kunden führen müsse. Bei richtiger und vollständiger Beratung hätte er die Beteiligung nicht erworben, sondern das Geld in Sparbüchern oder festverzinslichen Wertpapieren angelegt und Zinsen von zumindest 4 % erzielt. Der Mitarbeiter der Beklagten habe ihm beim Beratungsgespräch am 20. 1. 2003 weder die Informationsbroschüre noch den Kapitalmarktprospekt, das Risikoprofil und den Gesellschaftsvertrag übergeben. Die Beitrittsbedingungen habe er erstmals am 28. 1. 2003 – somit nach Ende der einwöchigen Rücktrittsfrist – per Post von der Treuhandgesellschaft erhalten, auch dieses Schriftstück habe aber keine vollständigen Risikohinweise enthalten. Den in den Beitrittsbedingungen enthaltenen Hinweis auf das Totalverlustrisiko habe er nach telefonischer Rücksprache mit dem Berater und dessen Mitteilung, er solle den Hinweis nicht so ernst nehmen, durchgestrichen (AS 477). Der Betrag von 693.746,63 EUR errechne sich aus der Einlage samt Agio von 756.000 EUR abzüglich der bis zur Klagseinbringung erhaltenen Ausschüttungen von 385.200 EUR zuzüglich des alternativen Zinsgewinns von 322.946,33 EUR. Er sei erst im Jahr 2012 über den schlechten Stand seines Anlageprodukts informiert worden und habe in weiterer Folge erfahren, dass das Anlageprodukt wertlos sei und ihm Rückzahlungen drohten. Es sei vom Totalverlust auszugehen. Sollte dieser nicht feststellbar sein, wäre er auf einen Feststellungsanspruch verwiesen. Da ein Verkauf der Beteiligung oder die Übertragung an die beklagte Partei infolge Zustimmung aller 1.285 Gesellschafter faktisch nicht möglich sei, werde in eventu ein Feststellungsbegehren erhoben, wonach die beklagte Partei für jeden Schaden hafte, der ihm daraus entstehe, dass er aus seiner Beteiligung weniger als 693.746,63 EUR erhalte. Im Hinblick auf etwaige Rückzahlungsforderungen der bisher ausgeschütteten Beträge habe er jedenfalls ein rechtliches Interesse an der Feststellung daran, dass die beklagte Partei ihn im Fall einer Inanspruchnahme im Zusammenhang mit den bisher geschehenen Ausschüttungen schad‑ und klaglos halte.
Die Beklagte bestritt und beantragte Klageabweisung. Eine Verpflichtung zur Aufklärung habe nicht bestanden, weil der Kläger ein erfahrener Anleger und Unternehmer sei. Nichtsdestotrotz sei er ausführlich und richtig über die Veranlagung informiert worden. Die Ansprüche seien verjährt, weil der Kläger spätestens bei der Reduktion der Ausschüttungen im Jahr 2009 erkennen habe müssen, dass er keine sichere Veranlagung erworben habe. Überdies treffe ihn ein Mitverschulden, weil er sich nicht über die erworbene Veranlagung informiert und Risikohinweise und das Informationsmaterial nicht gelesen habe. Insgesamt sei das Klagebegehren unzulässig und die begehrte Naturalrestitution untunlich. Das Halten der Veranlagung widerspreche den von der Beklagten verfolgten Geschäftszielen und erfordere einen Aufwand an Eigenmitteln. Die Untunlichkeit ergebe sich aber vor allem auch aus dem Erfordernis der Zustimmung aller 1.285 Gesellschafter (§ 16 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags der KG).
Die Nebenintervenientin schloss sich dem Vorbringen der Beklagten an und verwies darauf, dass der Kläger mehrfach auf das Risiko der allfälligen Rückforderbarkeit der nicht gewinngedeckten Ausschüttungen hingewiesen worden sei.
Das Erstgericht traf über die eingangs wiedergegebenen Festellungen hinaus weitere Feststellungen, aus denen – soweit sie vom Berufungsgericht dessen Entscheidung bisher zu Grunde gelegt wurden – folgende Feststellungen hervorzuheben sind:
Der Kläger war vor seiner Anlageentscheidung selbständig unternehmerisch tätig, unter anderem war er als Gesellschafter an einer Kommanditgesellschaft beteiligt. Nach Verkauf seines Unternehmens übte er eine Aufsichtsratsfunktion sowie beratende Funktionen bei mehreren Gesellschaften aus. Er verfügte neben Immobilienvermögen und einem Wasserkraftwerk über Spareinlagen und über in Anleihen gebundenes Kapital.
In dem der Veranlagungsentscheidung vom 20. 1. 2003 vorausgehenden (einzigen) Beratungsgespräch betonte der Kläger, dass er kein Risiko eingehen möchte, sich allerdings eine Rendite von etwa 8 % erwarte. Sein Anlageziel sei Vorsorge mit regelmäßigen Ausschüttungen. Der Mitarbeiter der Beklagten erläuterte dem Kläger, dass die Performance der KG 8 % betrage, wobei es jährlich zwei Ausschüttungen gebe.Dass diese Ausschüttungen (aus gesellschaftsrechtlichen Gründen) allenfalls zurückzuzahlen wären und die Beklagte für die Vermittlung des Produkts zusätzlich zum vereinbarten Agio von 36.000 EUR eine Provision erhält, teilte er dem Kläger nicht mit. Im Rahmen des Beratungsgesprächs unterzeichnete der Kläger die vom Mitarbeiter vorgefertigten Formulare, die Beitrittserklärung (Beilage ./1), in der sich ein gesondert zu unterfertigender Absatz befindet:
„Ich habe die umseitigen Beitrittsbedingungen zur Kenntnis genommen und erkläre mich mit ihrem Inhalt in sämtlichen Punkten einverstanden.“
Die Beitrittsbedingungen waren auf der Rückseite aber nicht abgedruckt. Weiters unterfertigte der Kläger am 20. 1. 2003 das Anlegerprofil (Beilage ./2) und stellte das Angebot auf Abschluss eines Treuhandvertrags zur Beteiligung an der KG. Im Anlegerprofil war der Punkt „Risikobereitschaft“ „bedeutendes Risiko (Ertragschancen bei höheren Verlustrisiken)“ angekreuzt. Als Anlageziel war „Vorsorge und Steuervorteile“ angekreuzt. Die Risikohinweise für mitunternehmerschaftliche Beteiligungen auf der Rückseite des Anlegerprofils las der Kläger nicht durch. Darin war unter anderem der Hinweis enthalten:
„... in diesem Fall würden die Anleger ihr gesamtes eingesetztes Kapital verlieren und müssten eventuell sogar erhaltene Ausschüttungen wieder zurückzahlen“(Urteil des Berufungsgerichts S 28).
Den Kapitalmarktprospekt erhielt der Kläger nicht, jedoch einen Verkaufsprospekt mit Bildern.
Der Kläger zahlte den Betrag von 765.000 EUR an die Treuhänderin. Diese übermittelte ihm mit Schreiben vom 24. 1. 2003 die in der Beitrittserklärung genannten Beitrittsbedingungen zur nachträglichen Unterzeichnung. Darin heißt es unter anderem:
… So kann es insbesondere aufgrund von wirtschaftlichen Risken (beispielsweise Anschluss- vermietungen zu einem späteren Zeitpunkt, außerplanmäßige Instandhaltungsaufwendungen) zu negativen Abweichungen von den Planzahlen kommen. Dies könnte dazu führen, dass die laufenden Ausschüttungen reduziert werden müssten und/oder der Verkaufserlös geringer ausfiele. Dies hätte zur Folge, dass die tatsächliche Ertragserwartung hinter den prognostizierten Beträgen zurückbleiben kann. Diese Risiken können im Extremfall bis zum Verlust der Einlage des Kommanditisten reichen …
Der Kläger strich bei der Unterzeichnung den Satz „Diese Risiken können im Extremfall bis zum Verlust der Einlage des Kommanditisten reichen“ durch und retournierte das Dokument an die Beklagte. In der Folge wurde ihm ein Zertifikat des Emissionshauses zugesendet. Später erhielt er regelmäßig Grundlagen‑, Geschäfts‑ und Treuhandberichte sowie Schreiben der Treuhandgesellschaft mit Informationen über die Höhe der Liquiditätsausschüttungen. In diesen Schreiben wurde jeweils darauf hingewiesen, dass es sich nicht um Kapitalverzinsungen handle und die Ausschüttungen steuerneutral seien. Der Kläger nahm fallweise auch an Abstimmungen über Änderungen der Gesellschaftsverträge teil ohne die Gesellschaftsverträge durchzulesen. Er erhielt aus der Beteiligung Ausschüttungen von 385.200 EUR. Tatsächlich handelte es sich bei diesen Ausschüttungen um Liquiditätsausschüttungen. Diese sind dadurch charakterisiert, dass sie aus dem Ertrag abzüglich Aufwendungen lukriert werden sollen, aber nicht zwangsläufig vom Bilanzgewinn gedeckt, sondern nur operativ aus der KG erwirtschaftet worden sein müssen und die Einlage reduzieren. Hätte der Kläger dies gewusst, hätte er die Anlage nicht erworben. Die Möglichkeit der Rückforderung von Ausschüttungen wurde dem Kläger (positiv) erstmals durch das Schreiben vom 12. 9. 2012 (Beilage ./D) bewusst.
Im Jahr 2007 beteiligte sich der Kläger über Vermittlung einer Sparkasse mit 50.000 EUR an der „Z*****s mbH & Co KG“.
Hätte der Kläger die Beteiligung an der KG nicht erworben, hätte er österreichische Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 5 bis 15 Jahren gekauft und damit eine Verzinsung von zumindest 4 % erzielt.
Das Erstgericht wies das Hauptzahlungsbegehren ab und gab dem eventualiter erhobenen Zug-um-Zug-Leistungsbegehren sowie dem Feststellungsbegehren im Umfang der Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden statt.
Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, im Hinblick auf das vom Kläger geäußerte Veranlagungsziel hätte er über das Totalverlustrisiko sowie darüber informiert werden müssen, dass es bei den jährlichen Ausschüttungen zu Rückforderungen kommen könnte. Diese fehlenden bzw unrichtigen Informationen, ebenso die fehlende Information über die Innenprovision für die Vermittlung der Kommanditbeteiligung würde eine gravierende Verletzung der Informationspflichten begründen, die für die Anlageentscheidung des Klägers kausal gewesen sei. Die Ansprüche seien nicht verjährt, weil der Kläger erstmals im Jahr 2012 Kenntnis davon erlangt habe, dass die Gefahr des Totalverlusts und der Rückforderbarkeit der erhaltenen Ausschüttungen bestehe. Ein Mitverschulden treffe ihn nicht. Angesichts der im Verkaufsfolder enthaltenen Versprechungen sei dem Kläger nicht vorzuwerfen, dass er die Risikohinweise auf der Rückseite des Anlegerprofils nicht gelesen habe. Der Kläger habe Anspruch auf Naturalrestitution durch Rückzahlung des Ankaufspreises zuzüglich Agio und des Zinsgewinns aus der Alternativveranlagung abzüglich der erhaltenen Ausschüttungen Zug um Zug gegen das Angebot auf Abtretung der Beteiligung. Die Rückabwicklung möge schwierig sein, sei faktisch aber nicht ausgeschlossen. Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung der Beteiligung des Klägers auf die Beklagte fielen in den Risikobereich der schadenersatzpflichtigen Beklagten und nicht in denjenigen des geschädigten Klägers. Das Anbot der Abtretung der Rechte aus der Beteiligung bzw dem Treuhandvertrag sei ausreichend. Auch das Feststellungsbegehren sei berechtigt, weil dem Kläger künftig noch die Gefahr drohe, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen zu müssen. Die Formulierung des Feststellungsbegehrens sei allerdings dahingehend klarzustellen gewesen, dass sich die darin angesprochene Haftung nur auf zukünftige Schäden beziehe.
Das Berufungsgericht gab den (nur) von der Beklagten und der Nebenintervenientin gegen diese Entscheidung erhobenen Berufungen teilweise Folge und änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass (unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen Teils) das Hauptbegehren auf Zahlung von 693.746,63 EUR sA und das erste Eventualbegehren auf Zahlung von 693.746,63 EUR sA Zug um Zug gegen das Angebot auf Abtretung sämtlicher Rechte aus der Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR (exklusive Agio) an der KG abgewiesen wurden. Hingegen wurde mit Wirkung zwischen dem Kläger und der Beklagten festgestellt, dass die Beklagte zur Hälfte für jeden Schaden haftet, der dem Kläger daraus entsteht, dass er aus seiner Kommanditbeteiligung im Nennwert von 720.000 EUR an der Gesellschaft ... weniger als 693.746,63 EUR samt 4 % Verzugszinsen seit dem 26. 9. 2013 erhält; weiters wurde dem Klagebegehren stattgegeben, die Beklagte habe den Kläger zur Hälfte für alle zukünftigen Schäden schad- und klaglos zu halten, die im Zusammenhang mit dieser Kommanditbeteiligung entstehen, insbesondere nicht eingeschränkt auf Ansprüche der Gläubigerin der KG, der Sparkasse K***** oder der KG selbst auf Rückforderung der vom Kläger erhaltenen Ausschüttungen. Das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung und der Verpflichtung zur Schad‑ und Klagloshaltung für künftige Schäden im Ausmaß der weiteren Hälfte wurde abgewiesen.
Der auf einen (etwaigen) Beratungsfehler über das Kapitalverlustrisiko gestützte Schadenersatzanspruch sei verjährt, weil der Kläger zumindest seit der Unterzeichnung der ihm am 24. 1. 2003 übermittelten Beitrittsbedingungen von diesem Risiko Kenntnis hatte. Seine subjektive Meinung durch Streichung dieses Satzes das Totalverlustrisiko abbedingen zu können, habe außer Betracht zu bleiben. Ob ein Beratungsfehler über das Totalverlustrisiko überhaupt vorliege, sei daher nicht relevant. Die Verjährung des auf einen Beratungsfehler (zum „Kapitalverlustrisiko“) gestützten Ersatzanspruch führe nicht dazu, dass der Ersatzanspruch nicht doch mit Erfolg auf einen anderen Beratungsfehler („Ausschüttungsschwindel“) gestützt werden könne. Die Rechtsnatur der Ausschüttungen, die schon aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen teilweise die Rückzahlung der eigenen Kommanditeinlage darstellen können und unter gewissen Voraussetzungen rückforderbar seien, stelle einen völlig anderen Aspekt der unerwünschten Anlage dar, mit dem der Kläger nicht habe rechnen müssen und über den er aufgeklärt werden hätte müssen. Über den Charakter der Ausschüttungen und die sich daraus ergebende Gefahr einer Rückzahlungsverpflichtung hätte daher gesondert aufgeklärt werden müssen. Der auf die unterlassene Aufklärung in diesem Punkt gestützte Schadenersatzanspruch sei nicht verjährt, weil diese Gefahr erstmals im Schreiben vom 16. 5. 2012 (Beilage ./S) ausdrücklich angesprochen worden sei und die Klage am 26. 9. 2013 eingebracht worden sei. Ob die unterlassene Aufklärung über die Innenprovision einen eigenen Schadenersatzanspruch begründe, könne dahingestellt bleiben. Den Kläger treffe durch Nichtbeachtung der schriftlichen Unterlagen ein Mitverschulden von 50 %. Er habe nicht nur gemeint, durch einfaches Wegstreichen das Totalverlustrisiko abbedingen zu können, sondern habe es auch unterlassen, die Angaben zu seiner Risikobereitschaft im Anlegerprofil („bedeutendes Risiko“) zu hinterfragen und die Risikohinweise auf der Rückseite des Anlegerprofils (mit dem deutlichen Hinweis: „In diesem Fall würden die Anleger ihr gesamtes eingesetztes Kapital verlieren und müssten sogar erhaltene Ausschüttungen wieder zurückbezahlen“) zu lesen. Er habe es auch unterlassen, sich mit dem Kapitalmarktprospekt auseinanderzusetzen, dessen Ausfolgung er als im Wirtschaftsleben stehender Unternehmer begehren hätte können und aus dem sich die Rechtsqualität der Ausschüttungen erschlossen hätte. Die Rechtsprechung, wonach die Haftung des Anlageberaters ausgeschlossen sei, wenn sich lediglich ein allgemeines Marktrisiko verwirkliche, komme nicht zur Anwendung, weil der Schaden des Klägers im Erwerb des unerwünschten Anlageprodukts selbst bestehe. Unstrittig sei, dass der Kläger nicht mehr Treuhandkommanditist, sondern seit 2009 Direktkommanditist gewesen sei. Wie er vorbringe, erfordere jede Verfügung über seine Beteiligung die Zustimmung aller 1.285 Gesellschafter. Angesichts dieses Erfordernisses erscheine es äußerst unwahrscheinlich, dass die Beklagte überhaupt in der Lage wäre, die Kommanditistenstellung zu erlangen. Das bloße Anbot der Abtretung der Rechte sei daher nicht geeignet, eine zumindest – theoretische mögliche – Bereicherung des Klägers durch den Behalt seiner Kommanditbeteiligung infolge Scheiterns der Übertragung zu verhindern. Die Naturalrestitution sei demnach bei einer direkten Kommanditbeteiligung zufolge Beteiligung Dritter untunlich, weshalb nur ein Feststellungsanspruch bestehe.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil gesicherte Rechtsprechung weder zur Frage der unterschiedlichen Verjährung bei mehreren Beratungsfehlern noch zur Möglichkeit der Naturalrestitution bei Kommanditbeteiligungen vorliege.
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen des Klägers, der Beklagten sowie der Nebenintervenientin.
Der Kläger ficht die Entscheidung in ihrem gesamten Umfang an. Die Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin richten sich jeweils gegen die Stattgebung der Feststellungsbegehren (samt der Kostenentscheidung).
Rechtliche Beurteilung
Soweit sich die Revision des Klägers gegen die Abweisung des Hauptklagebegehrens auf Zahlung von 693.746,63 EUR sA richtet, steht ihr der Umstand entgegen, dass der Kläger diese Abweisung durch das Erstgericht unangefochten gelassen hat, weshalb der Anfechtung die Rechtskraft entgegensteht; insoweit ist die Revision des Klägers als unzulässig zurückzuweisen. Auf das zum (Haupt‑)Zahlungsbegehren erstattete Revisionsvorbringen ist deshalb nicht einzugehen.
Im Übrigen sind die Revisionen des Klägers, der Beklagten und der Nebenintervenientin jeweils zulässig und teilweise auch berechtigt.
I. Zur Revision der beklagten Partei und der Nebenintervenientin
In ihren Revisionen stellen die beklagte Partei und ihre Nebenintervenientin folgende Aspekte in den Vordergrund:
– Eine Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen und der Möglichkeit eines Totalverlusts sei nicht verletzt worden; vor allem habe sich auch ein allgemeines Marktrisiko verwirklicht, weshalb es an Adäquanz und Rechtswidrigkeitszusammenhang fehle.
– In Bezug auf die Innenprovision habe keine Aufklärungspflicht bestanden.
– Etwaige Schadenersatzansprüche des Klägers seien verjährt (dies insbesondere auch im Hinblick auf die den Kläger treffende Erkundigungsobliegenheit).
– Der Schaden sei unrichtig berechnet worden.
– Das Verschulden des Klägers überwiege bei weitem dasjenige der beklagten Partei, das vergleichsweise zu vernachlässigen sei.
– Naturalersatz scheide wegen Unmöglichkeit oder Untunlichkeit aus; ein Anbot zur Abtretung der Anteile reiche nicht aus.
1. Allgemein zur Verjährung von Anlegerschadenersatzansprüchen aus einer Fehlberatung
Es ist zweckmäßig, vorweg zur Frage der Verjährung Folgendes festzuhalten:
1.1 Sollte eine fehlerhafte Anlageberatung zu bejahen sein, ist dem Kläger schon dadurch ein realer Schaden (Primärschaden) entstanden, dass er beispielsweise eine risikobehaftete Anlageform – wie auch eine Kommanditbeteiligung – erworben hat, die die von ihm gewünschten Eigenschaften nicht erfüllt, etwa weil die Gefahr eines Totalverlusts besteht (RIS‑Justiz RS0022537 [T22 und T24]). Beim Erwerb einer (ungewollten) Kommanditbeteiligung ist der Schaden mit dem Zeitpunkt der Zeichnung eingetreten (10 Ob 39/11z), im vorliegenden Fall somit im Jänner 2003.
1.2 Da sich die Verjährung auf den jeweils geltend gemachten Anspruch bezieht, der – wie der Streitgegenstand (RIS‑Justiz RS0039255) – durch die zu seiner Begründung vorgebrachten Tatsachen konkretisiert wird, liegen dann, wenn der Kläger sein Begehren alternativ auf verschiedene Sachverhaltsvarianten stützt, mehrere Ansprüche vor, die auch verjährungsrechtlich getrennt zu beurteilen sind (3 Ob 112/15i mwN). Aus diesem Grund ist auch in Anlegerhaftungsfällen die Verjährung für jeden Beratungsfehler getrennt zu beurteilen, wenn bei mehreren spezifischen Risiken jeweils eine gesonderte Verletzung von Aufklärungspflichten in Betracht kommt (3 Ob 112/15i, ÖBA 2016, 207 [Klausberger/Lenz]; 5 Ob 133/15t, VbR 2016, 122 [Kolba]). Nach 5 Ob 133/15t setzt eine gesonderte Prüfung voraus, dass der behauptete Beratungsfehler tatsächlich eine eigenständige, den geltend gemachten Anspruch begründende Pflichtverletzung bildet. An dieser Auffassung („Trennungsthese“) hat zuletzt auch der 10. Senat des Obersten Gerichtshofs in ausführlicher Auseinandersetzung mit kritischen Anmerkungen im Schrifttum festgehalten (10 Ob 70/15i mwN; ebenso 2 Ob 99/16x). Es besteht kein Grund, davon wieder abzugehen.
2. Verletzung der Pflicht zur Aufklärung über die Rückforderbarkeit von Ausschüttungen und die Möglichkeit eines Totalverlusts
2.1 Es steht fest, dass der Kläger vom Berater nicht darüber aufgeklärt wurde, dass die Ausschüttungen, die er erhält, aus gesellschaftsrechtlichen Gründen allenfalls zurückzuzahlen sind.
Es kann dahingestellt bleiben, ob über das Risiko des Totalverlusts und der „Ausschüttungsschwindel“ gesondert aufzuklären gewesen wäre, da die darauf gestützten Schadenersatzansprüche jedenfalls verjährt sind.
2.2 Im vorliegenden Fall war für den Kläger nach Zeichnung der Anlageform bereits mit Erhalt der am 24. Jänner 2003 übersandten Beitrittsbedingungen objektiv erkennbar, dass ein Totalverlustrisiko besteht. Dass er subjektiv der Ansicht war, dieses Risiko nachträglich durch Streichung in den Beitrittsbedingungen abbedingen zu können, kann ihm im gegebenen Zusammenhang nicht zugutekommen, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
2.3 Auch ein auf einen etwaigen Beratungsfehler über den Charakter der Ausschüttungen und deren möglicherweise gegebene Rückforderbarkeit gestützter Schadenersatzanspruch ist verjährt.
2.3.1 Die dreijährige Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB beginnt nach dem Wortlaut des Gesetzes mit Kenntnis von Schaden und Schädiger. Kennenmüssen reicht daher grundsätzlich nicht aus (RIS‑Justiz RS0034366 [T3, T6]). In gewissem Umfang wird aber dann eine Erkundigungsobliegenheit angenommen (RIS‑Justiz RS0034686 [T12]), wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann (RIS‑Justiz RS0034524 [T21]; RS0034366 [T20]). Diese Erkundigungspflicht darf aber nicht überspannt werden (2 Ob 41/13p; RIS‑Justiz RS0034327). Sie setzt regelmäßig deutliche Anhaltspunkte für einen Schadenseintritt voraus. Es braucht konkrete Verdachtsmomente, aus denen der Anspruchsberechtigte schließen kann, dass Verhaltenspflichten nicht eingehalten wurden (RIS‑Justiz RS0034327 [T21]).
2.3.2 Nach der Rechtsprechung (8 Ob 135/10a, ecolex 2012, 480 [Wilhelm]) kann sich der Anleger nicht darauf berufen, dass er ihm übersandte Mitteilungen, aus denen sich weitere Erkundigungsobliegenheiten ergeben, nicht gelesen habe. Maßgebend ist danach der Zugang solcher Mitteilungen (3 Ob 112/15i), nicht deren konkrete Kenntnisnahme. Anderes gilt allerdings in Bezug auf übersandte Geschäftsberichte, wenn der Anleger keinen Grund zu Misstrauen gegenüber dem Berater und zu Nachforschungen hatte (10 Ob 39/11z, ZFR 2012, 85 [Bayer] = ÖBA 2013, 278 [Madl 282]).
2.3.3 An dieser Rechtsprechung wurde festgehalten (so etwa 10 Ob 39/11z und 2 Ob 99/16x). Anleger, die ihnen übermittelte Unterlagen ignorieren und damit jede Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten vermissen lassen, sollen nicht besser gestellt sein als solche, die diese Unterlagen lesen. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich dabei nicht um umfangreiche Geschäftsberichte handelte, zu deren genauer Lektüre ein Anleger aufgrund der Umstände des Einzelfalls bei Fehlen von Anhaltspunkten für eine Fehlberatung keinen Anlass hatte.
2.4 Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Kläger vor seiner Anlageentscheidung bereits als Gesellschafter an einer Kommanditgesellschaft beteiligt war und Aufsichtsratsfunktionen in mehreren Gesellschaften ausgeübt hat. Eine Täuschung über die Qualität der Ausschüttungen als solche in dem Sinn, dass er nicht gewusst habe, eine Unternehmensbeteiligung (Kommanditbeteiligung) zu erwerben, sondern davon ausgegangen sei, er erwerbe ein Anlageprodukt mit einer Verzinsung des eingesetzten Kapitals (etwa im Sinn einer Anleihe oder eines Sparbuchs), ist auch aus der Gesamtheit der Feststellungen nicht ableitbar. Nach den bisherigen Feststellungen hat er bei seiner Anlageentscheidung die sich aus einer Kommanditbeteiligung ergebenden Steuervorteile in Anspruch nehmen wollen, er hat aus den ihm in Papierform zugesandten Beitrittsbedingungen (nochmals) entnommen, es handle sich um eine Kommanditbeteiligung, und hat später an Abstimmungen über Änderungen der Gesellschaftsverträge teilgenommen. Damit kann er nicht mit einem „Sparbuchsparer“ verglichen werden, dem ein Berater trotz riskanter Veranlagung eine sichere Verzinsung versprochen hatte und der in diesem Fall tatsächlich ohne Vorliegen weiterer Indizien für eine Fehlberatung keine Veranlassung hätte, umfangreiche Geschäftsberichte zu studieren (10 Ob 39/11z). Allein der Umstand, dass er auf regelmäßige Ausschüttungen (im Sinn von erzielten Gewinnen) hoffte und erwartete, am Ende der Laufzeit sein Kapital wieder zurückzuerhalten, lässt noch nicht die Schlussfolgerung zu, er habe gemeint, eine Anleihe oder ein Sparbuch zu erwerben. Da ihm schon 2003 das jeder Kommanditbeteiligung inhärente Totalverlustrisiko aus den Beitrittsbedingungen objektiv bekannt geworden war (und sein Berater dieses Risiko auf Rückfrage hin zu verharmlosen versucht hatte), hätte er im eigenen Interesse die Frage nach der Entwicklung seiner Beteiligungen stellen und zu diesem Zweck die ihm übersandten Grundlagen-, Geschäfts- und Treuhandberichte sowie Schreiben der Treuhandgesellschaft lesen müssen. In diesen wurde jeweils darauf hingewiesen, dass es sich bei den Liquiditätsausschüttungen nicht um Kapitalverzinsungen handle und die Ausschüttungen keine Gewinne, sondern „steuerneutral“ seien. Wie sich aus einer in der Beweiswürdigung des Erstgerichts enthaltenen (dislozierten) Feststellung ergibt, hat der Kläger diese Schreiben aber nur „überflogen“. Hätte er sich näher damit auseinandergesetzt, hätte er aufgrund seiner Vorerfahrungen auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ableiten können, dass er nicht nur das Risiko des Totalverlusts seiner Einlage trug, sondern dass er unter Umständen auch zur Rückzahlung von Ausschüttungen verpflichtet sein könnte, wenn diese Ausschüttungen zu Lasten des Kapitalkontos erfolgt sein sollten.
2.5 Damit begann die dreijährige Verjährungsfrist in Bezug auf den aus der Nichtaufklärung über die mögliche Rückforderung von Ausschüttungen abgeleiteten Schadenersatzansprüche bereits ab Erhalt der ersten Grundlagen-, Geschäfts- und Treuhandberichte zu den zweimal jährlichen Liquiditätsausschüttungen, somit spätestens 2004. Die Ansicht, aus allen diesen Schreiben wäre die Gefahr einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung nicht ersichtlich gewesen, findet in den Feststellungen keine Stütze. Insofern bestehende Ansprüche waren daher bei Einbringung der Klage im September 2013 bereits verjährt, sodass letztlich offen bleiben kann, ob der Berater den Kläger über den Charakter der Ausschüttungen und eine etwaige Rückzahlungsverpflichtung aufklären musste. Die Feststellung, dass dem Kläger die mögliche Rückzahlungsverpflichtung erstmals durch das Schreiben der Beklagten (Beilage ./D) aus dem Jahr 2012 (positiv) bewusst geworden ist, kann den im Sinn der oben dargelegten Rechtsprechung früher anzunehmenden Beginn der Verjährungsfrist nicht hindern.
3. Zur Pflicht zur Aufklärung über den Erhalt einer Innenprovision
3.1 Ausgehend von seiner Rechtsansicht hat das Berufungsgericht die erstgerichtliche Feststellung, der Kläger hätte die Kommanditbeteiligung nicht erworben, wenn er vor der Anlageentscheidung Kenntnis davon gehabt hätte, dass die Beklagte zusätzlich zum Agio Provisionen ausbezahlt erhält, nicht als Sachverhaltsgrundlage übernommen und die diesbezügliche Beweisrüge (S 99 ff der Berufung der Beklagten, S 30 der Berufung der Nebenintervenientin) unerledigt gelassen. Da der Oberste Gerichtshof diese Rechtsansicht nicht teilt, wird sich das Berufungsgericht mit den entsprechenden Beweisrügen zu befassen haben.
3.2 Zur Frage, ob der Berater bzw die Beraterbank zum Zeitpunkt der Beratung (§ 39 WAG 2007, BGBl I 2007/60, war noch nicht anwendbar) bei zusätzlich zum Agio lukrierten (verdeckten) Innenprovisionen Aufklärung schuldet und gegebenenfalls der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen ist, hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 2 Ob 99/16x mit ausführlicher Begründung Stellung genommen. Demnach hatte der Anlageberater den Anleger bereits vor dem Inkrafttreten des WAG 2007 auf ihm von dritter Seite zufließende Provisionen hinzuweisen, wenn der Anleger – etwa wegen der Verrechnung eines Ausgabeaufschlags durch den Berater – nicht mit solchen (weiteren) Zahlungen und der damit verbundenen Gefahr einer Interessenkollision rechnen musste.
3.3 Eine Verletzung dieser Pflicht begründet den Anspruch auf Ersatz des im Erwerb einer nicht gewünschten Anlage liegenden Schadens, wenn der Berater nicht nachweist, dass der Erwerb der Anlage mangels Vorliegens einer Interessenkollision nicht im Rechtswidrigkeits-zusammenhang mit der Pflichtverletzung steht (eingehend 2 Ob 99/16x).
3.4 Daher ist zu klären,
– ob ein etwaiger Aufklärungsfehler über eine verdeckte Innenprovision kausal für die Anlageentscheidung war und
– ob eine Interessenkollision vorlag.
Feststellungen zu diesen Themen wären entbehrlich, wenn sich aus dem Zeitpunkt der erstmaligen Kenntniserlangung (oder des Kennenmüssens) über die Leistung der Innenprovision ergibt, dass ein allenfalls daraus resultierender Schadenersatzanspruch verjährt ist.
3.5 Bereits jetzt kann aber festgehalten werden, dass Verjährung nicht deshalb gegeben ist, weil der Kläger Beteiligungen an der Z***** mbH & Co KG gehalten hat, deren Ausschüttungen im Juli 2010 (und somit früher als drei Jahre vor Klageeinbringung) eingestellt wurden. Eine Erkundigungsobliegenheit (auch) nach der verfahrensgegenständlichen Beteiligung würde voraussetzen, dass dem Kläger die Identität der Struktur der Veranlagungen bewusst gewesen wäre, was aber aufgrund der Verfahrensergebnisse nicht feststeht.
4. Zum Einwand, dass sich lediglich ein allgemeines Marktrisiko verwirklicht habe
Das
allgemeine Marktrisiko bezieht sich auf Kursverluste, die nicht in Zusammenhang mit dem Beratungsfehler stehen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hätte der Kläger bei ordnungsgemäßer Aufklärung sein Geld nicht in eine Kommanditbeteiligung veranlagt, sondern österreichische Bundesanleihen mit einer Laufzeit von 5 bis 15 Jahren gekauft und damit eine Verzinsung von zumindest 4 % erhalten. Dem
allgemeinen Marktrisiko hätte er sich diesfalls nicht ausgesetzt (siehe 6 Ob 98/15b). Eine Haftung ist somit nicht deshalb ausgeschlossen, weil sich – wie die Beklagte in ihrer Revision vorbringt – infolge der ex ante nicht vorhersehbaren Lehmann‑Insolvenz und der dadurch ausgelösten Finanz- sowie weltweiten Wirtschaftskrise lediglich ein allgemeines Marktrisiko verwirklicht habe, das vom Kläger zu tragen sei, weil selbst bei erfolgter Aufklärung über das Totalverlustrisiko, über die Rückforderbarkeit der Ausschüttungen und über die Innenprovision die Weltwirtschaftskrise dieselben Auswirkungen auf die Kommanditgesellschaft bzw deren Ausschüttungen gehabt hätte. Es begründet auch keinen Verfahrensmangel, wenn der dazu beantragte Zeuge nicht einvernommen wurde.
5. Zur Abwägung von Verschuldensquoten wird bei Behandlung der Revision des Klägers Stellung genommen.
6. Unmöglichkeit oder Untunlichkeit der Naturalrestitution liegt, wie der Oberste Gerichtshof bereits in den ebenfalls Hollands-Fonds betreffenden Entscheidungen 10 Ob 70/15i und 2 Ob 99/16x ausgeführt hat, nicht vor.
6.1 Entschließt sich der Geschädigte, die unerwünschte Anlage vorläufig zu behalten, besteht ein vereinfacht als „Naturalrestitution“ bezeichneter Anspruch, der auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen einen Bereicherungsausgleich durch Übertragung des noch vorhandenen Finanzprodukts an den Schädiger gerichtet ist (RIS‑Justiz RS0108267 [T15], RS0120784 [T22]; zuletzt etwa 6 Ob 7/15w). Da die Alternativanlage der Klägerin nach den Feststellungen das Kapital erhalten hätte, bestehen keine Bedenken, tatsächlich – im Umfang der Haftung – den Kaufpreis und nicht etwa die Verschaffung der Alternativanlage zuzusprechen (4 Ob 67/12z, JBl 2012, 788 [Dullinger], Punkt 5.2).
6.2 Die Beklagte und die Nebenintervenientin nehmen den Standpunkt ein, ein Anbot auf Abtretung der Kommanditanteile durch den geschädigten Kläger sei keinesfalls ausreichend; im Übrigen sei die Naturalrestitution im Hinblick auf die gesellschaftsrechtliche Struktur unmöglich oder untunlich. Der Kläger vertritt dagegen die Ansicht, dass ein Klagebegehren, das ein Anbot auf Abtretung der Rechte aus der Kommanditbeteiligung beinhalte, zur Naturalrestiution ausreiche, auch wenn er ab 2009 Direktkommanditist und nicht mehr Treuhandkommanditist gewesen sei. § 16 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags stelle Treuhand‑ und Direktkommanditisten insofern gleich, als zur Übertragung von Kommanditanteilen gleichermaßen die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich sei.
6.3 Dass die Naturalrestitution im Hinblick auf die Beteiligung Dritter (hier im Hinblick auf das behauptete Zustimmungserfordernis einer Vielzahl von Mitgesellschaftern) unmöglich sei, hat der sich auf die Unmöglichkeit Berufende zu behaupten und zu beweisen. Zweifel darüber gehen zu seinen Lasten (RIS‑Justiz RS0034226; RS0034223). Die bloße Behauptung, der Dritte sei zur Erteilung der Zustimmung nicht bereit, genügt für die Unmöglichkeit der Naturalrestitution nicht. Es müsste vielmehr vorgebracht und bewiesen werden, dass alles redlich Zumutbare unternommen wurde, um den Dritten erfolglos zur Mitwirkung zu bewegen (RIS‑Justiz RS0016423 [T8]).
6.4 Naturalersatz könnte auch dann nicht verlangt werden, wenn das dagegen stehende Interesse des Schädigers unverhältnismäßig größer ist als das hierauf gerichtete Interesse des Beschädigten, wenn also die Wiederherstellung den berechtigten Interessen des Schädigers widerspricht bzw wenn dadurch unverhältnismäßig in entgegenstehende Interessen des Schädigers eingegriffen wird (RIS‑Justiz RS0030140 [T1, T3]).
6.5 Nach der bisherigen Rechtsprechung kann die Naturalrestitution im Zusammenhang mit Anlegerhaftungsfällen wegen der Unzumutbarkeit der Rückabwicklung infolge der Beteiligung Dritter untunlich sein, wenn mehrere Verträge mit verschiedenen Vertragspartnern abgeschlossen wurden (8 Ob 66/14k), etwa bei einer Kombination von Rentenversicherung, fondsgebundener Lebensversicherung und Kreditvertrag (3 Ob 49/12w), allgemein wenn es um komplexe Finanzprodukte mit mehreren Vertragspartnern geht (6 Ob 53/13g).
6.6 In der Entscheidung 10 Ob 70/15i hat der Oberste Gerichtshof mit ausführlicher Begründung die Unmöglichkeit bzw Untunlichkeit der Naturalrestitution sowohl bei einer treugeberisch gehaltenen Kommanditeinlage als auch bei Übertragung der Position der Mitgesellschafterin an die Beklagte ausdrücklich verneint. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass Unmöglichkeit der Naturalrestitution (im Sinn eines dauerhaften Hindernisses, vgl RIS‑Justiz RS01099496) nur dann vorläge, wenn die anderen Gesellschafter – ihre aus Gründen des Gesellschaftsrechts – notwendige Zustimmung zur Abtretung bereits verweigert hätten oder schon feststünde, dass sie diese nicht erteilen würden. Etwaige gesellschaftsrechtliche Schwierigkeiten bei der Übertragung der Fondsbeteiligung des Klägers auf die Beklagte stehen der angeordneten Zug-um-Zug-Leistung nicht entgegen, weil sie in den Risikobereich der schadenersatzpflichtigen Beklagten fallen.
6.7 Nach der – ebenfalls zu „Holland-Fonds“ ergangenen – Entscheidung 2 Ob 99/16x ist der Kläger nach Annahme des Abtretungsanbots durch die Beklagte auch aufgrund ergänzender Vertragsauslegung verpflichtet, erforderlichenfalls auf Verlangen und Rechnung der Beklagten alle zur Verwertung der Anteile oder Erträge erforderlichen Erklärungen abzugeben und einen ihm allenfalls zufließenden Erlös an die Beklagte herauszugeben, weshalb schon aus diesem Grund die Unmöglichkeit der Naturalrestitution zu verneinen ist. Die behauptete Untunlichkeit aufgrund langfristiger Bindung liegt nicht vor, weil in erster Instanz unstrittig war, dass die Beteiligungen nach zehn Jahren – mit der Folge einer Abschichtung – gekündigt werden können (vgl wiederum 10 Ob 70/15i; 2 Ob 99/16x).
II. Zur Revision des Klägers (soweit sie nicht als unzulässig zurückgewiesen wurde):
In seiner Revision stellt der Kläger folgende Punkte in den Vordergrund:
– Der auf Fehlberatung über das Kapitalverlustrisiko gestützte Anspruch sei nicht verjährt, ebenso wenig der Anspruch aus einem Beratungsfehler zu den Ausschüttungen.
– Der Schadenersatzanspruch aufgrund des Beratungsfehlers zur Innenprovision sei nicht verjährt; der Rechtswidrigkeitszusammenhang sei zu bejahen.
– Ein Mitverschulden des Klägers sowie eine Verletzung der Schadensminderungspflicht seien zu verneinen.
– Im Zusammenhang mit der Naturalrestitution genüge auch im hier zu beurteilenden Fall ein Abtretungsanbot des Geschädigten.
1. Zur Frage der Verjährung wurde bereits bei der Behandlung der Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin Stellung genommen.
2. Gleiches gilt für die Beurteilung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs im Zusammenhang mit der Pflicht zur Aufklärung über Innenprovisionen.
3. Zum Mitverschulden des Klägers
Aus den nachstehenden Erwägungen begegnet die Zurechnung eines 50%igen Mitverschuldens keinen Bedenken (siehe auch 2 Ob 99/16x).
3.1 Hat der Geschädigte selbst eine Ursache gesetzt, die gleichermaßen wie die vom Dritten gesetzte Ursache geeignet war, allein den Schaden herbeizuführen, haben beide gemeinsam für den Schaden einzustehen (RIS‑Justiz RS0027284). Das Mitverschulden des Geschädigten an der Herbeiführung seines eigenen Schadens im Sinn des § 1304 ABGB setzt die Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern voraus (RIS‑Justiz RS0032045). Bei fehlerhafter Anlageberatung kann ein Mitverschulden nach den Umständen des Einzelfalls in Betracht kommen, wenn dem Kunden die Unrichtigkeit der Beratung hätte auffallen müssen, sei es aufgrund eigener Fachkenntnisse, oder weil er deutliche Risikohinweise nicht beachtet und Informationsmaterial nicht gelesen hat (RIS‑Justiz RS0102779 [T6, T7]; RS0078931 [T6]; 8 Ob 93/14f).
3.2 Ähnlich wie bei dem der Entscheidung 2 Ob 99/16x zugrunde liegenden Sachverhalt wusste auch im vorliegenden Fall der Kläger, dass er sich an einer Kommanditgesellschaft beteiligen und damit ein unternehmerisches Risiko eingehen würde. Obwohl ihm ein produktbezogenes Anlegerprofil vorgelegt wurde, in dem auf die mögliche Verpflichtung zur Rückzahlung hingewiesen wurde, hat er diese Hinweise nicht gelesen. Dies stellt im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Erfahrungen als selbständiger Unternehmer, als Gesellschafter einer (anderen) Kommanditgesellschaft und als Aufsichtsrat eine nicht zu vernachlässigende Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten dar. Dieses Verhalten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung war ebenfalls kausal für den Schaden, der – wie dargestellt – schon im Erwerb einer nicht gewünschten Anlage besteht.
3.3 Das anzunehmende Mitverschulden des Klägers führt dazu, dass das halbe Zahlungsbegehren (Zug um Zug gegen Abtretung der Hälfte der Rechte an den Beteiligungen) schon zum jetzigen Zeitpunkt abzuweisen ist. Ebenso ist das Feststellungsbegehren zur Hälfte unberechtigt.
4. Zur Frage der Möglichkeit bzw Tunlichkeit der Naturalrestitution wurde bereits bei Behandlung der Revisionen der Beklagten und ihrer Nebenintervenientin Stellung genommen.
Der Ansicht des Berufungsgerichts, das Leistungsbegehren Zug um Zug gegen Übertragung sämtlicher Rechte aus der Kommanditbeteiligung sei wegen Untunlichkeit der Naturalrestitution zur Gänze abzuweisen, ist aus den dort angeführten Gründen nicht zu folgen, weshalb in (teilweiser) Stattgebung der Revision des Klägers die Entscheidung des Berufungsgerichts über dieses Begehren dahin abzuändern ist, dass mit Teilurteil lediglich die Hälfte des Zahlungsbegehrens (im Hinblick auf das 50%ige Mitverschulden) abzuweisen ist.
5. Infolge des 50%igen Mitverschuldens ist auch das eventualiter erhobene Feststellungsbegehren in einem die Hälfte der Schäden des Klägers übersteigenden Ausmaß abzuweisen. Die in diesem Ausmaß abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts trifft im Ergebnis zu.
Zum weiteren (nicht eventualiter, sondern „jedenfalls“) erhobenen Feststellungsbegehren ist mit den Vorinstanzen davon auszugehen, dass es sich auf die Feststellung zukünftiger Schäden bezieht. Zusätzlich zum Begehren in Form der „Naturalrestitution“ kommt ein Feststellungsbegehren insoweit in Betracht, als der Anleger behauptet und nachweist, dass ihm künftig, derzeit noch nicht bekannte Schäden entstehen können (RIS‑Justiz RS0129706). Diese Gefahr kann im vorliegenden Fall darin bestehen, dass der Kläger aus gesellschaftsrechtlichen Gründen die erhaltenen Ausschüttungen zurückzahlen muss. Die abweisende Entscheidung des Berufungsgerichts in Bezug auf die Hälfte der Haftung für zukünftige Schäden trifft im Hinblick auf das 50%ige Mitverschulden im Ergebnis daher zu, sodass auch insofern die Entscheidung des Berufungsgerichts zu bestätigen war.
6. Im Übrigen (in Bezug auf die andere Hälfte der Klagebegehren, sowohl des Zug‑um‑Zug-Leistungsbegehrens als auch der Feststellungsbegehren) ist eine Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts erforderlich, um die Verjährungsfrage (im Zusammenhang mit der Gewährung von Innenprovisionen) abschließend beurteilen zu können.
III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 4 ZPO (Teilurteil) und § 52 Abs 1 Satz 4 ZPO (Teilaufhebung).
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