European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00115.16K.0517.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten Idriz G***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Idriz G***** (richtig) mehrerer Verbrechen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse nach § 153d Abs 1, 2 und 3 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in der S***** als faktischer Geschäftsführer mehrerer Unternehmen jeweils gewerbsmäßig und in Bezug auf eine größere Zahl von Personen deren Anmeldung zur Sozialversicherung und deren Meldung zur Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse in dem Wissen, dass die infolge der (An‑)Meldung auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge sowie Zuschläge nach dem Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungsgesetz nicht vollständig geleistet werden sollen, vorgenommen, vermittelt oder in Auftrag gegeben, wobei die infolge der (An‑)Meldung auflaufenden Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge sodann nicht vollständig geleistet wurden, nämlich
(1) vom 13. Februar 2006 bis zum 31. Mai 2006 in Bezug auf 28 Dienstnehmer der A***** BauGmbH mit einem Schaden der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse von 51.478,85 Euro sowie der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse von 36.651,05 Euro,
(2) vom 8. Mai 2005 bis zum 13. November 2006 in Bezug auf 52 bzw 46 Dienstnehmer der U***** Handels GmbH mit einem Schaden der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse von 147.958,85 Euro sowie der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse von 114.189,61 Euro,
(3) vom 28. August 2006 bis zum 4. Mai 2010 in Bezug auf 56 bzw 19 Dienstnehmer der At***** Personalbereitstellungs GmbH mit einem Schaden der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse von 88.202,08 Euro sowie der Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse von 37.466,83 Euro und
(4) vom 8. Jänner 2007 bis zum 16. März 2010 in Bezug auf 12 Dienstnehmer der Sa***** Handels GmbH mit einem Schaden der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse von 16.134,36 Euro.
Die dagegen vom Angeklagten Idriz G***** aus Z 5, 5a, (richtig) 9 lit a und 10, von der Staatsanwaltschaft aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen – wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt – fehl:
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Idriz G *****:
Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen, also – soweit hier von Interesse (Sanktionsfragen werden von der Beschwerde nicht angesprochen) – über schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatumstände (RIS‑Justiz RS0106268).
Hievon ausgehend nennt das Gesetz fünf Kategorien von Begründungsfehlern, die Nichtigkeit aus Z 5 nach sich ziehen:
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn – nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, somit aus objektiver Sicht – nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesonders T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Urteilsaussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen nicht nebeneinander bestehen können (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/43; RIS‑Justiz RS0119089).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431).
In Bezug auf alle fünf Fehlerkategorien ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (11 Os 53/07i, SSt 2007/68; RIS‑Justiz RS0119370).
Wo das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), ist überdies der entsprechende Aktenbezug herzustellen, was bei – wie hier – umfangreichem Aktenmaterial die genaue Angabe der jeweiligen Fundstelle erfordert (RIS‑Justiz RS0124172).
Diesen Anfechtungsrahmen verlässt die Beschwerde, indem sie – großteils ohne konkreten Konnex zu entscheidenden Tatsachen – die Einwände der Widersprüchlichkeit sowie „massiver Begründungsmängel“ nicht aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe entwickelt, Aktenwidrigkeit behauptet, ohne Verfahrensergebnisse zu bezeichnen, welche aus ihrer Sicht unrichtig wiedergegeben wurden, und der tatrichterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) eigene Beweiswerterwägungen entgegenstellt.
Die Tatsachenrüge (Z 5a), die Fehler in der Sachverhaltsermittlung nicht behauptet, leitet ihre Argumentation nicht aus – im Sinn des Gesetzes ebenfalls konkret zu bezeichnenden (RIS‑Justiz RS0119310 [T5]) – Verfahrensergebnissen (§ 258 Abs 1 StPO) ab und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).
Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), das Erstgericht hätte aufgrund des von § 61 zweiter Satz StGB verlangten Günstigkeitsvergleichs Tatzeitrecht anwenden und solcherart zu einem Freispruch gelangen müssen, weil die festgestellten Verhaltensweisen nach § 153d StGB idF vor BGBl I 2015/112 bloß „eine Beitrags‑ oder Bestimmungstäterschaft“ dargestellt hätten, ist mit Blick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB (13 Os 137/00, EvBl 2001/75, 316; RIS‑Justiz RS0013731 und RS0117604, jüngst 13 Os 18/16w; Fabrizy in WK2 StGB § 12 Rz 16 mwN) unverständlich.
Der Einwand, das Tatzeitrecht wäre für den Beschwerdeführer mit Blick auf die Qualifikationsnorm des § 153d Abs 3 StGB idF BGBl I 2015/112 günstiger als das Urteilszeitrecht (der Sache nach Z 10), entzieht sich einer meritorischen Erledigung, weil er die gebotene Ableitung der angestrebten rechtlichen Konsequenz aus dem Gesetz unterlässt (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569): Die Beschwerde lässt nämlich nicht erkennen, worin in concreto der Vorteil der verlangten Anwendung von Tatzeitrecht gelegen sein soll, obwohl nach den Urteilskonstatierungen auch die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsnorm des § 153d Abs 2 StGB idF vor BGBl I 2015/112 erfüllt sind.
Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht (in Anwendung des § 153d Abs 3 StGB idF BGBl I 2015/112) zu Recht von der Verwirklichung bloß eines einzigen Qualifikationstatbestands ausgegangen ist (siehe insbesondere US 47). § 153d Abs 3 StGB idF BGBl I 2015/112 normiert nämlich einen alternativen Mischtatbestand, indem er wahlweise zwei Spielarten repetitiver Kriminalität – und zwar einerseits die Delinquenz in der Absicht der wiederkehrenden Begehung längere Zeit hindurch (Gewerbsmäßigkeit) und andererseits jene in Bezug auf eine größere Zahl vonPersonen – mit einer gegenüber den Grundtatbeständen erhöhten Strafdrohung versieht. Dies folgt auch aus den Materialien zum Strafrechtsänderungsgesetz 2015 BGBl I 2015/112, wonach die in Rede stehende Qualifikationsnorm auf die Anmeldung oder Meldung einer größeren Personenanzahl und „alternativ“ dazu auf die gewerbsmäßige Begehung abstellt (EBRV 689 BlgNR 25. GP 25).
Hinsichtlich der Dienstnehmer, auf welche die vom Schuldspruch umfassten Sozialabgaben entfallen, erschöpft sich die Beschwerde in der Bestreitung der Urteilsfeststellungen (US 29 bis 37), womit sie den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit verfehlt (RIS‑Justiz RS0099810).
Die vermisste Begründung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (der Sache nach Z 5 vierter Fall) findet sich auf den US 41 f. Der dabei gezogene Schluss vom äußeren Tatgeschehen auf die innere Tatseite ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671 und RS0116882).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich nicht am Gesetz, weil die Qualifikationsvarianten des § 153d Abs 3 StGB – wie dargelegt – rechtlich gleichwertig sind, womit bei (wie hier) festgestellter Verwirklichung beider Varianten die Subsumtion nach einer davon der Anfechtung aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO entzogen ist (15 Os 73/02, EvBl 2002/217, 851; RIS‑Justiz RS0116655).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Die Subsumtionsrüge (Z 10) strebt einen Schuldspruch nach – ausschließlich – dem Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs (§§ 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB) und mehrerer Vergehen der organisierten Schwarzarbeit (§ 153e Abs 1 Z 2 StGB) an. Da sie dabei zwar Argumente für die Subsumtion nach §§ 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall StGB und nach § 153e Abs 1 Z 2 StGB vorbringt, jedoch nicht darlegt, warum der Schuldspruch nach § 153d Abs 1, 2 und 3 StGB fehlerhaft sein soll, ist sie einer inhaltlichen Antwort nicht zugänglich (12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569; vgl auch RIS‑Justiz RS0100226 [T6]).
Hinzugefügt sei, dass die Tatbestände des Betrugs (§§ 146 ff StGB) sowie des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter‑Urlaubs- und Abfertigungskasse (§ 153d StGB) echt konkurrieren:
Spezialität (dafür Bugelnig SbgK § 153d Rz 115) scheidet aus, weil weder § 146 StGB sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 153d Abs 1 StGB oder des § 153d Abs 2 StGB enthält noch umgekehrt (vgl 11 Os 46/86, SSt 57/31; RIS‑Justiz RS0091146).
Subsidiarität ist gegeben, wenn die scheinbar zusammentreffenden strafbaren Handlungen erkennen lassen, dass eine davon nur begründet sein soll, wenn nicht eine andere begründet ist. Im Falle einer gesetzlichen Subsidiaritätsklausel liegt ausdrückliche, sonst stillschweigende Subsidiarität vor ( Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 36). Dabei ist Erstere als Normalform anzusehen, weil bei Subsidiarität aufgrund der gleichen begriffslogischen Lage auch Idealkonkurrenz in Frage kommt ( Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 37). Ordnet der Gesetzgeber – wie hier – Subsidiarität nicht ausdrücklich an, bedarf es demnach einer zweifelsfreien Begründung für die Annahme, es solle ausnahmsweise Verdrängung infolge stillschweigender Subsidiarität stattfinden (13 Os 132/10a, SSt 2011/13; RIS‑Justiz RS0113812). Anhaltspunkte für eine solche Begründung sind hier nicht ersichtlich. Zu diesem Ergebnis führt auch der Blick auf die unterschiedlichen Schutzfunktionen der in Rede stehenden Tatbestände. Während nämlich beim Betrug allein das Vermögen geschütztes Rechtsgut ist ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 4, Kert SbgK § 146 Rz 8), zielt § 153d StGB in erster Linie auf den Schutz vor den volkswirtschaftlichen Schäden und den Wettbewerbsverzerrungen, die aus dem pönalisierten Missbrauch des Sozialsystems resultieren ( Kirchbacher/ Presslauer in WK 2 StGB § 153d Rz 2, Bugelnig SbgK § 153d Rz 24 f, jeweils mwN). Nach dem (für die stillschweigende Subsidiarität maßgebenden) abstrakten Verhältnis der in Rede stehenden strafbaren Handlungen zueinander ergibt sich somit auch unter diesem Aspekt gerade nicht die Verdrängung der einen durch die andere (vgl 14 Os 172/11t, EvBl 2012/163, 1094 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0128225; Burgstaller , Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, 393 [398]; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 36).
Das Scheinkonkurrenzverhältnis der Konsumtion lässt sich (anders als jenes der Subsidiarität) nicht allein durch das abstrakte Verhältnis der jeweiligen strafbaren Handlungen zueinander erklären, sondern erfordert zusätzlich die Berücksichtigung der konkreten Umstände des Tatgeschehens. Konsumtion setzt also ein kriminologisches Naheverhältnis voraus, von dem angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe es bei der Aufstellung der Strafsätze berücksichtigt (Burgstaller, JBl 1978, 393 [459]; Eder‑Rieder SbgK § 28 Rz 56; Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 57). Von den insoweit unterschiedlichen Fallgruppen der straflosen Vortat, der straflosen Nachtat und der typischen Begleittat ist im gegebenen Zusammenhang nur das Vorliegen Letzterer zu prüfen. Von einer typischen Begleittat ist auszugehen, wenn die Verwirklichung einer bestimmten strafbaren Handlung regelmäßig mit der Erfüllung einer anderen verbunden ist und diese im Verhältnis zu jener einen wesentlich geringeren Unwertgehalt aufweist (14 Os 76/08w, SSt 2008/47; RIS‑Justiz RS0124022; Burgstaller, JBl 1978, 393 [459 f]; Ratz in WK2 Vor §§ 28 bis 31 Rz 58), welche Voraussetzungen hier nicht vorliegen (bei ähnlicher Konstellation für die Konsumtion des Betrugs, allerdings ohne auf die Voraussetzung des wesentlich geringeren Unwertgehalts eingehend: Schwamberger, Die Konkurrenz von §§ 146 und 153d StGB, ZfG 2016, 108 [112]).
Exklusivität kommt hier keinesfalls in Betracht, weil die in Rede stehenden Tatbestände nicht – wie für Exklusivität erforderlich – einander widerstreitende Merkmale enthalten (14 Os 172/11t, EvBl 2012/163, 1094 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0128225; Eder‑Rieder SbgK § 28 Rz 3; Ratz in WK 2 StGB Vor §§ 28 bis 31 Rz 3).
Mangels Vorliegens eines Scheinkonkurrenz-verhältnisses (bei gleichzeitig fehlender Exklusivität) konkurrieren die Tatbestände des Betrugs und des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse somit echt (12 Os 103/16p, RIS‑Justiz RS0131254; aM Bertel/Schwaighofer/Venier BT I 13 § 153d Rz 1).
Echte Konkurrenz zwischen den Tatbeständen des Betrugs (§§ 146 ff StGB) und der organisierten Schwarzarbeit (§ 153e StGB) ist unstrittig (12 Os 27/13g, JBl 2014, 468; Derntl , Sozialmissbrauch und Sozialbetrug, in Kert/Kodek , Wirtschaftsstrafrecht Rz 5.19).
Auch zwischen den Tatbeständen des betrügerischen Anmeldens zur Sozialversicherung oder Bauarbeiter‑Urlaubs‑ und Abfertigungskasse (§ 153d StGB) und der organisierten Schwarzarbeit (§ 153e StGB) scheidet Spezialität aus, weil diese Tatbestände nicht im Verhältnis von Art und Gattung zueinander stehen.
Bezüglich allfälliger Subsidiarität wird zunächst auf die grundsätzlichen Darlegungen zum Verhältnis der Tatbestände der §§ 146 ff StGB und des § 153d StGB zueinander verwiesen. Hinzu kommen auch hier unterschiedliche Schutzfunktionen der in Rede stehenden Normen, weil zwar beide unter anderem einen fairen Wettbewerb sicherstellen sollen, § 153d StGB aber überdies das Vermögen der Sozialversicherungsträger schützt, wogegen § 153e StGB nicht zuletzt auch die Interessen der Beschäftigten sichert ( Kirchbacher/Presslauer in WK 2 StGB § 153d Rz 2 und § 153e Rz 2, Bugelnig SbgK § 153d Rz 24 f und § 153e Rz 13 f).
Eine Überschneidung der Tatbestände des § 153d StGB und des § 153e StGB ist nur dann möglich, wenn die illegale Erwerbstätigkeit auf einer unrichtigen Anmeldung zur Sozialversicherung beruht ( Bugelnig SbgK § 153e Rz 101). Da mit diesbezüglicher Verwirklichung einer der in Rede stehenden strafbaren Handlungen die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale der jeweiligen anderen strafbaren Handlung nicht typischerweise verbunden ist, scheidet auch Verdrängung infolge Konsumtion aus.
Mangels Vorliegens eines Scheinkonkurrenz-verhältnisses (bei nicht gegebener Exklusivität) konkurrieren die Tatbestände des § 153d StGB und des § 153e StGB somit echt (Leukauf/Steininger/Zierl, StGB4 § 153d Rz 24; aM Bugelnig SbgK § 153d Rz 113 und § 153e Rz 101, der jedoch nicht sagt, von welchem Scheinkonkurrenztypus er insoweit ausgeht).
Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde gegen den – wenngleich nicht nichtigkeitsbegründend, so doch verfehlt in Urteilsform ergangenen (RIS‑Justiz RS0101841 und RS0120887) – Beschluss auf Erteilung einer Weisung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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